Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
46
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 46 R 54/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 R 831/14
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Altersrente unter Aussetzung der Kürzung seiner Rente aus einem Versorgungsausgleich.
Der am 00.00.1941 geborene Kläger bezieht seit 01.06.2004 Altersrente für langjährig Versicherte. Er war seit dem 00.00.1964 mit Frau J C, geb. X, spätere L (Vers.Nr. 00 000000 W 000) verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil vom 00.00.1998 geschieden. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurden für die Ehezeit vom 01.04.1964 bis 30.11.1997 Rentenanwartschaften des Klägers in Höhe von 1.106,03 DM bzw. 23,3143 Entgeltpunkte auf seine Ehefrau übertragen.
Frau L bezog vom 01.09.2006 bis 28.02.2013 (78 Monate) eine Versichertenrente unter Berücksichtigung des Bonus aus dem Versorgungsausgleich. Sie verstarb am 00.00.2013.
Unter dem 22.06.2013, bei der Beklagten eingegangen am 18.07.2013, beantragte der Kläger die Rückübertragung seiner an seine Ex-Frau übertragenen Rentenanwartschaften und die Neuberechnung seiner Rente.
Mit Bescheid vom 27.08.2013 lehnte die Beklagte die Aussetzung der Kürzung der Rente des Klägers durch den Versorgungsausgleich ab. Frau L habe ihre Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht länger als 36 Monate bezogen. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person nach § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) seien daher nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger unter dem 15.09.2013, bei der Beklagten eingegangen am 19.09.2013, Widerspruch ein. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20.03.2013 (B 5 R 2/12 R) entfalle die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs, wenn einerseits beim Versicherten eine spürbare Kürzung der Rentenansprüche erfolge, ohne dass sich andererseits der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes angemessen für den Versicherten auswirke. Dies wäre bei ihm der Fall. Es liege ein besonderer Härtefall vor, weil seine Frau ihn nach über 30 Ehejahren für einen anderen Mann verlassen habe, während die Scheidung und der Versorgungsausgleich für seine Frau eine lukrative Sache gewesen wäre. § 37 VersAusglG, der eine Rückübertragung der Anwartschaft daran knüpfe, dass die Rente vom Ausgleichsberechtigten nicht länger als 3 Jahre bezogen worden sei, sei völlig unverständlich und gegen jeden Gerechtigkeitssinn. Es liege eine Ungleichbehandlung gegenüber Ledigen und bis ans Lebensende Verheirateten vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Gemäß § 37 VersAusglG werde die Rente der ausgleichspflichtigen Person nicht gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben sei und nicht länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen habe. Die frühere Ehefrau des Klägers habe länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen, so dass die Rente des Klägers weiterhin versorgungsausgleichsbedingt gemindert erbracht werden müsse. Dies stehe auch nicht im Widerspruch zum vom Kläger zitierten Urteil des Bundessozialgerichts. Denn im Hinblick auf den über sechsjährigen Rentenbezug seiner früheren Ehefrau lasse sich nicht feststellen, dass sich der durch den Versorgungsausgleich stattgefundene Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes nicht angemessen ausgewirkt habe.
Am 10.01.2014 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Er bezieht sich auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28.02.1980, 1 BvL 17/77 u.a. sowie auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20.03.2013, B 5 R 2/12 R. Er ist der Auffassung, die Beklagte hätte in seinem Fall eine Beurteilung im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der groben Unbilligkeit und der Prüfung eines Härtefalls vornehmen müssen. Dabei hätte die Beklagte auch die Entwicklung nach dem Ehezeitende berücksichtigen müssen. Zur Scheidung hätte damals allein die Ehefrau Anlass gegeben, die mutwillig aus der intakten Ehe ausgebrochen sei und sich einem anderen Mann zugewandt habe. Der Kläger sei dadurch hart getroffen worden, denn er habe nicht nur die Hälfte seines erarbeiteten Vermögens, sondern auch fast die Hälfte seiner bis dahin erworbenen Rentenanwartschaften verloren. Eheliches Fehlverhalten sei ein Härtefall, der zum Wegfall bzw. zur Unbilligkeit eines Versorgungsausgleichs führe. Seine Ehefrau habe nach ihrer Wiederverheiratung nicht nur über die volle Rente ihres neuen Partners verfügen können, sondern zusätzlich auch noch über ihre eigene Rente aus dem Versorgungsausgleich. Der Kläger sei durch die Kürzung seiner Rente übervorteilt worden. Seine Rente liege nach fast 50 Jahren Einzahlungen in die Rentenkasse durch den Versorgungsausgleich unter dem Existenzminimum. Die Beklagte werde durch eine Erhöhung der Rente des Klägers nicht belastet, da sie so nur das zu leisten hätte, was sie sonst auch ohne die Scheidung an den Kläger hätte leisten müssen. Auch sei die Ehefrau selbst schuld an ihrer niedrigen eigenen Rente gewesen, denn sie sei trotz Bitte des Klägers nie auf Steuerkarte arbeiten gegangen. Ihm sei sowohl für den Zeitraum ab eigenem Renteneintritt bis zum Renteneintritt der geschiedenen Ehefrau, also auch für die Zeit nach dem Tod der geschiedenen Ehefrau eine Rente ohne Anwendung des Versorgungsausgleichs zu gewähren.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.08.2013 mit dem Az. 00000000B000 0000 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.12.2013 mit dem Az. 00000000B000SoT aufzuheben und wie folgt abzuändern:
Die Beklagte wird verpflichtet, den Wert des Rechts des Klägers auf Rente unter Feststellung des Rückausgleichs ohne Abschlag von Entgeltspunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich ab dem 30.11.1997 festzusetzen;
die Beklagte wird weiter verurteilt dem Kläger ab dem 1.7.2004 bis 1.9.2006 entsprechend höhere ungekürzte Rentenbeträge rückwirkend zu bezahlen;
die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ab dem 28.2.2013 entsprechend höhere ungekürzte Rentenbeträge zu bezahlen und die derzeitige Rente des Klägers um mindestens monatlich EUR 565,50 zu erhöhen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung weiterhin für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist, soweit sie überhaupt zulässig ist, nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die Aussetzung der Kürzung der Rente des Klägers durch den Versorgungsausgleich abgelehnt. Es ist kein Härtefall erkennbar, der eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 37 VersAusglG notwendig erscheinen lassen würde.
Soweit der Kläger beantragt, den Wert seines Rechts auf Rente unter Feststellung des Rückausgleichs ohne Abschlag von Entgeltspunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich ab dem 30.11.1997 festzusetzen, ist die Klage unzulässig. Vorrangig vor einer abstrakten Wertfestsetzung ist die Leistungsklage, die der Kläger, der bereits Rente bezieht und eine höhere Rente begehrt, mit seinen weiteren Anträgen ebenfalls verfolgt.
Auch soweit der Kläger nunmehr beantragt, ihm ab dem 1.7.2004 bis 1.9.2006 entsprechend höhere ungekürzte Rentenbeträge rückwirkend zu bezahlen, ist die Klage unzulässig. Insoweit fehlt es am Verwaltungsvorverfahren. Die Beklagte hat mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid lediglich über die Aussetzung der Kürzung der Rente des Klägers nach dem Tod der Ausgleichsberechtigten entschieden. Eine höhere Rente vor Rentenbezug der Ausgleichsberechtigten war bisher nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und bis zur Formulierung dieses Klageantrags auch nicht Klagegegenstand.
Das hauptsächliche und ursprüngliche Begehr des Klägers, eine höhere Rente unter Aussetzung der Kürzung aus dem Versorgungsausgleich nach Tod der Ausgleichsberechtigten zu erhalten (sinngemäß mit seinem letzten Klagantrag verfolgt), ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Die Kammer folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 10.12.2013, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung und Urteilsbildung vollumfänglich anschließt. Von einer ausführlichen Darstellung der Entscheidungsgründe wird daher abgesehen, § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Ergänzend sei noch folgendes ausgeführt: Der streitgegenständliche Bescheid steht auch nicht im Widerspruch zur vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der Kläger beruft sich insbesondere auf folgende Passage des Urteils:
"Der rechtskräftig vollzogene Versorgungsausgleich mit der Folge zweier getrennter Rentenversicherungsverhältnisse kann aber auch durch nachträglich eintretende Umstände zu Ergebnissen führen, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs durch Art 6 Abs 1 GG und Art 3 Abs 2 GG entfällt dann, wenn einerseits beim Verpflichteten eine spürbare Kürzung der Rentenansprüche erfolgt, ohne daß sich andererseits der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes angemessen für den Berechtigten auswirkt. In einem solchen Fall erbringt der Verpflichtete ein Opfer, das nicht mehr dem Ausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten dient; es kommt vielmehr ausschließlich dem Rentenversicherungsträger, in der Sache der Solidargemeinschaft der Versicherten, zugute. Dies läßt sich weder mit den Nachwirkungen der Ehe (Art 6 Abs 1 GG) noch mit der Gleichberechtigung der Ehegatten (Art 3 Abs 2 GG) begründen. Eine andere Rechtfertigung ist nicht ersichtlich. Zur Vermeidung solcher ungerechtfertigten Härten muß der Verpflichtete befugt sein, eine nachträgliche Korrektur zu beantragen. Eine solche Befugnis erscheint insbesondere für "Altehen" erforderlich (s dazu C.VII. 3), ist aber auch für die nach dem 1. Juli 1977 geschlossenen Ehen nicht entbehrlich." (BVerfG, Urteil vom 28. Februar 1980 – 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78 –, BVerfGE 53, 257-313)
Hierzu ist festzuhalten, dass das Bundesverfassungsgericht sich in diesem Urteil von 1980 grundsätzlich mit dem 1977 neu in Kraft getretenen Versorgungsausgleich auseinandersetzt und insbesondere für Altehen die Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur zum Ausgleich von Härtefällen fordert. Genau diesem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts ist der Gesetzgeber nachgekommen, unter anderem mit der Regelung des § 37 VersAusglG. Diese Vorschrift sieht vor, dass nach Tod des Ausgleichsberechtigten das Anrecht des Ausgleichspflichtigen nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird, wenn der Ausgleichsberechtigte nicht länger als 36 Monate die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen hat. Der Gesetzgeber hat insoweit den vom Bundesverfassungsgericht gesehenen Härtefall näher konkretisiert und ausgestaltet: Wenn der Ausgleichsberechtigte weniger als drei Jahre Rente bezogen hat, soll das Opfer des Ausgleichsverpflichteten wieder ihm selbst und nicht der Versichertengemeinschaft zu gute kommen. Wurde die Rente jedoch länger als drei Jahre bezogen (hier: 6,5 Jahre), liegt nach der Wertung des Gesetzgebers gerade kein Härtefall vor, denn das Opfer ist dann ausreichend lang dem Ausgleichsberechtigten zu Gute gekommen. Gegen eine solche pauschalisierende Betrachtung ist nichts einzuwenden, sie liegt im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht ist nicht ersichtlich. Die Kürzung der Rente des Klägers hat sich hier über einen angemessen langen Zeitraum als Rentenerhöhung für seine ehemalige Ehefrau ausgewirkt.
Die vom Kläger weiter geltend gemachten Argumente, die seiner Ansicht nach für einen Härtefall sprechen, der eine weitergehende Korrektur erfordern würde, überzeugen die Kammer nicht. Es ist nicht erkennbar, wie sein Fall sich von tausenden anderen Scheidungen nach langjähriger Ehe abheben sollte, deren Folgen der Gesetzgeber u.a. durch den Versorgungsausgleich und das Versorgungsausgleichsgesetz ausdrücklich geregelt hat.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt eine höhere Altersrente unter Aussetzung der Kürzung seiner Rente aus einem Versorgungsausgleich.
Der am 00.00.1941 geborene Kläger bezieht seit 01.06.2004 Altersrente für langjährig Versicherte. Er war seit dem 00.00.1964 mit Frau J C, geb. X, spätere L (Vers.Nr. 00 000000 W 000) verheiratet. Die Ehe wurde durch Urteil vom 00.00.1998 geschieden. Im Rahmen des Versorgungsausgleichs wurden für die Ehezeit vom 01.04.1964 bis 30.11.1997 Rentenanwartschaften des Klägers in Höhe von 1.106,03 DM bzw. 23,3143 Entgeltpunkte auf seine Ehefrau übertragen.
Frau L bezog vom 01.09.2006 bis 28.02.2013 (78 Monate) eine Versichertenrente unter Berücksichtigung des Bonus aus dem Versorgungsausgleich. Sie verstarb am 00.00.2013.
Unter dem 22.06.2013, bei der Beklagten eingegangen am 18.07.2013, beantragte der Kläger die Rückübertragung seiner an seine Ex-Frau übertragenen Rentenanwartschaften und die Neuberechnung seiner Rente.
Mit Bescheid vom 27.08.2013 lehnte die Beklagte die Aussetzung der Kürzung der Rente des Klägers durch den Versorgungsausgleich ab. Frau L habe ihre Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht länger als 36 Monate bezogen. Die rechtlichen Voraussetzungen für eine Anpassung wegen Tod der ausgleichsberechtigten Person nach § 37 Versorgungsausgleichsgesetz (VersAusglG) seien daher nicht erfüllt.
Hiergegen legte der Kläger unter dem 15.09.2013, bei der Beklagten eingegangen am 19.09.2013, Widerspruch ein. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 20.03.2013 (B 5 R 2/12 R) entfalle die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs, wenn einerseits beim Versicherten eine spürbare Kürzung der Rentenansprüche erfolge, ohne dass sich andererseits der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes angemessen für den Versicherten auswirke. Dies wäre bei ihm der Fall. Es liege ein besonderer Härtefall vor, weil seine Frau ihn nach über 30 Ehejahren für einen anderen Mann verlassen habe, während die Scheidung und der Versorgungsausgleich für seine Frau eine lukrative Sache gewesen wäre. § 37 VersAusglG, der eine Rückübertragung der Anwartschaft daran knüpfe, dass die Rente vom Ausgleichsberechtigten nicht länger als 3 Jahre bezogen worden sei, sei völlig unverständlich und gegen jeden Gerechtigkeitssinn. Es liege eine Ungleichbehandlung gegenüber Ledigen und bis ans Lebensende Verheirateten vor.
Mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.2013 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Gemäß § 37 VersAusglG werde die Rente der ausgleichspflichtigen Person nicht gekürzt, wenn die ausgleichsberechtigte Person verstorben sei und nicht länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen habe. Die frühere Ehefrau des Klägers habe länger als 36 Monate Rente aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen, so dass die Rente des Klägers weiterhin versorgungsausgleichsbedingt gemindert erbracht werden müsse. Dies stehe auch nicht im Widerspruch zum vom Kläger zitierten Urteil des Bundessozialgerichts. Denn im Hinblick auf den über sechsjährigen Rentenbezug seiner früheren Ehefrau lasse sich nicht feststellen, dass sich der durch den Versorgungsausgleich stattgefundene Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes nicht angemessen ausgewirkt habe.
Am 10.01.2014 hat der Kläger Klage zum Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Er bezieht sich auf die Urteile des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 28.02.1980, 1 BvL 17/77 u.a. sowie auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 20.03.2013, B 5 R 2/12 R. Er ist der Auffassung, die Beklagte hätte in seinem Fall eine Beurteilung im Einzelfall unter dem Gesichtspunkt der groben Unbilligkeit und der Prüfung eines Härtefalls vornehmen müssen. Dabei hätte die Beklagte auch die Entwicklung nach dem Ehezeitende berücksichtigen müssen. Zur Scheidung hätte damals allein die Ehefrau Anlass gegeben, die mutwillig aus der intakten Ehe ausgebrochen sei und sich einem anderen Mann zugewandt habe. Der Kläger sei dadurch hart getroffen worden, denn er habe nicht nur die Hälfte seines erarbeiteten Vermögens, sondern auch fast die Hälfte seiner bis dahin erworbenen Rentenanwartschaften verloren. Eheliches Fehlverhalten sei ein Härtefall, der zum Wegfall bzw. zur Unbilligkeit eines Versorgungsausgleichs führe. Seine Ehefrau habe nach ihrer Wiederverheiratung nicht nur über die volle Rente ihres neuen Partners verfügen können, sondern zusätzlich auch noch über ihre eigene Rente aus dem Versorgungsausgleich. Der Kläger sei durch die Kürzung seiner Rente übervorteilt worden. Seine Rente liege nach fast 50 Jahren Einzahlungen in die Rentenkasse durch den Versorgungsausgleich unter dem Existenzminimum. Die Beklagte werde durch eine Erhöhung der Rente des Klägers nicht belastet, da sie so nur das zu leisten hätte, was sie sonst auch ohne die Scheidung an den Kläger hätte leisten müssen. Auch sei die Ehefrau selbst schuld an ihrer niedrigen eigenen Rente gewesen, denn sie sei trotz Bitte des Klägers nie auf Steuerkarte arbeiten gegangen. Ihm sei sowohl für den Zeitraum ab eigenem Renteneintritt bis zum Renteneintritt der geschiedenen Ehefrau, also auch für die Zeit nach dem Tod der geschiedenen Ehefrau eine Rente ohne Anwendung des Versorgungsausgleichs zu gewähren.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 27.08.2013 mit dem Az. 00000000B000 0000 und den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 10.12.2013 mit dem Az. 00000000B000SoT aufzuheben und wie folgt abzuändern:
Die Beklagte wird verpflichtet, den Wert des Rechts des Klägers auf Rente unter Feststellung des Rückausgleichs ohne Abschlag von Entgeltspunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich ab dem 30.11.1997 festzusetzen;
die Beklagte wird weiter verurteilt dem Kläger ab dem 1.7.2004 bis 1.9.2006 entsprechend höhere ungekürzte Rentenbeträge rückwirkend zu bezahlen;
die Beklagte wird weiter verurteilt, an den Kläger ab dem 28.2.2013 entsprechend höhere ungekürzte Rentenbeträge zu bezahlen und die derzeitige Rente des Klägers um mindestens monatlich EUR 565,50 zu erhöhen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält ihre Entscheidung weiterhin für zutreffend.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vortrags der Beteiligten wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten und die Gerichtsakte Bezug genommen. Diese Unterlagen waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung, Beratung und Entscheidung.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist, soweit sie überhaupt zulässig ist, nicht begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat zu Recht die Aussetzung der Kürzung der Rente des Klägers durch den Versorgungsausgleich abgelehnt. Es ist kein Härtefall erkennbar, der eine Abweichung von der gesetzlichen Regelung des § 37 VersAusglG notwendig erscheinen lassen würde.
Soweit der Kläger beantragt, den Wert seines Rechts auf Rente unter Feststellung des Rückausgleichs ohne Abschlag von Entgeltspunkten für den durchgeführten Versorgungsausgleich ab dem 30.11.1997 festzusetzen, ist die Klage unzulässig. Vorrangig vor einer abstrakten Wertfestsetzung ist die Leistungsklage, die der Kläger, der bereits Rente bezieht und eine höhere Rente begehrt, mit seinen weiteren Anträgen ebenfalls verfolgt.
Auch soweit der Kläger nunmehr beantragt, ihm ab dem 1.7.2004 bis 1.9.2006 entsprechend höhere ungekürzte Rentenbeträge rückwirkend zu bezahlen, ist die Klage unzulässig. Insoweit fehlt es am Verwaltungsvorverfahren. Die Beklagte hat mit dem hier streitgegenständlichen Bescheid lediglich über die Aussetzung der Kürzung der Rente des Klägers nach dem Tod der Ausgleichsberechtigten entschieden. Eine höhere Rente vor Rentenbezug der Ausgleichsberechtigten war bisher nicht Gegenstand des Verwaltungsverfahrens und bis zur Formulierung dieses Klageantrags auch nicht Klagegegenstand.
Das hauptsächliche und ursprüngliche Begehr des Klägers, eine höhere Rente unter Aussetzung der Kürzung aus dem Versorgungsausgleich nach Tod der Ausgleichsberechtigten zu erhalten (sinngemäß mit seinem letzten Klagantrag verfolgt), ist zwar zulässig, aber nicht begründet. Die Kammer folgt insoweit den zutreffenden Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 10.12.2013, denen sich die Kammer nach eigener Prüfung und Urteilsbildung vollumfänglich anschließt. Von einer ausführlichen Darstellung der Entscheidungsgründe wird daher abgesehen, § 136 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
Ergänzend sei noch folgendes ausgeführt: Der streitgegenständliche Bescheid steht auch nicht im Widerspruch zur vom Kläger zitierten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts. Der Kläger beruft sich insbesondere auf folgende Passage des Urteils:
"Der rechtskräftig vollzogene Versorgungsausgleich mit der Folge zweier getrennter Rentenversicherungsverhältnisse kann aber auch durch nachträglich eintretende Umstände zu Ergebnissen führen, die mit dem Grundgesetz nicht vereinbar sind. Die Rechtfertigung des Versorgungsausgleichs durch Art 6 Abs 1 GG und Art 3 Abs 2 GG entfällt dann, wenn einerseits beim Verpflichteten eine spürbare Kürzung der Rentenansprüche erfolgt, ohne daß sich andererseits der Erwerb eines selbständigen Versicherungsschutzes angemessen für den Berechtigten auswirkt. In einem solchen Fall erbringt der Verpflichtete ein Opfer, das nicht mehr dem Ausgleich zwischen den geschiedenen Ehegatten dient; es kommt vielmehr ausschließlich dem Rentenversicherungsträger, in der Sache der Solidargemeinschaft der Versicherten, zugute. Dies läßt sich weder mit den Nachwirkungen der Ehe (Art 6 Abs 1 GG) noch mit der Gleichberechtigung der Ehegatten (Art 3 Abs 2 GG) begründen. Eine andere Rechtfertigung ist nicht ersichtlich. Zur Vermeidung solcher ungerechtfertigten Härten muß der Verpflichtete befugt sein, eine nachträgliche Korrektur zu beantragen. Eine solche Befugnis erscheint insbesondere für "Altehen" erforderlich (s dazu C.VII. 3), ist aber auch für die nach dem 1. Juli 1977 geschlossenen Ehen nicht entbehrlich." (BVerfG, Urteil vom 28. Februar 1980 – 1 BvL 17/77, 1 BvL 7/78, 1 BvL 9/78, 1 BvL 14/78, 1 BvL 15/78, 1 BvL 16/78, 1 BvL 37/78, 1 BvL 64/78, 1 BvL 74/78, 1 BvL 78/78, 1 BvL 100/78, 1 BvL 5/79, 1 BvL 16/79, 1 BvR 807/78 –, BVerfGE 53, 257-313)
Hierzu ist festzuhalten, dass das Bundesverfassungsgericht sich in diesem Urteil von 1980 grundsätzlich mit dem 1977 neu in Kraft getretenen Versorgungsausgleich auseinandersetzt und insbesondere für Altehen die Möglichkeit einer nachträglichen Korrektur zum Ausgleich von Härtefällen fordert. Genau diesem Auftrag des Bundesverfassungsgerichts ist der Gesetzgeber nachgekommen, unter anderem mit der Regelung des § 37 VersAusglG. Diese Vorschrift sieht vor, dass nach Tod des Ausgleichsberechtigten das Anrecht des Ausgleichspflichtigen nicht länger auf Grund des Versorgungsausgleichs gekürzt wird, wenn der Ausgleichsberechtigte nicht länger als 36 Monate die Versorgung aus dem im Versorgungsausgleich erworbenen Anrecht bezogen hat. Der Gesetzgeber hat insoweit den vom Bundesverfassungsgericht gesehenen Härtefall näher konkretisiert und ausgestaltet: Wenn der Ausgleichsberechtigte weniger als drei Jahre Rente bezogen hat, soll das Opfer des Ausgleichsverpflichteten wieder ihm selbst und nicht der Versichertengemeinschaft zu gute kommen. Wurde die Rente jedoch länger als drei Jahre bezogen (hier: 6,5 Jahre), liegt nach der Wertung des Gesetzgebers gerade kein Härtefall vor, denn das Opfer ist dann ausreichend lang dem Ausgleichsberechtigten zu Gute gekommen. Gegen eine solche pauschalisierende Betrachtung ist nichts einzuwenden, sie liegt im Rahmen des gesetzgeberischen Gestaltungsspielraums. Ein Verstoß gegen Verfassungsrecht ist nicht ersichtlich. Die Kürzung der Rente des Klägers hat sich hier über einen angemessen langen Zeitraum als Rentenerhöhung für seine ehemalige Ehefrau ausgewirkt.
Die vom Kläger weiter geltend gemachten Argumente, die seiner Ansicht nach für einen Härtefall sprechen, der eine weitergehende Korrektur erfordern würde, überzeugen die Kammer nicht. Es ist nicht erkennbar, wie sein Fall sich von tausenden anderen Scheidungen nach langjähriger Ehe abheben sollte, deren Folgen der Gesetzgeber u.a. durch den Versorgungsausgleich und das Versorgungsausgleichsgesetz ausdrücklich geregelt hat.
Nach alledem war die Klage abzuweisen.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 SGG.
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