Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
17
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 17 R 1138/14
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 8 BA 179/18
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
Die Klage wird abgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Der Streitwert wird auf 57.125,22 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Streitig ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen, Beiträgen zur Umlage der Arbeitgeber und Säumniszuschlägen in einem Prüfzeitraum vom 01.10.2010 bis 31.10.2012 in Höhe von 57.125,22 EUR.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Dämmung gegen Kälte, Wärme, Schall- und Erschütterung, ein Eisenbiegeunternehmen und beschäftigt in diesem Zusammenhang Arbeitnehmer. Das Material dazu wird von den Auftraggebern gestellt, Aufgabe der Klägerin ist die Verarbeitung des zur Verfügung gestellten Materials.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 15.01.2013 bis 11.10.2013 anhand der vom Hauptzollamt Bielefeld - Standort Paderborn (Bereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit) - überlassenen Unterlagen eine Prüfung des Betriebes der Klägerin nach § 28 p
Sozialgesetzbuch (SGB) IV i.V.m. §§ 2, 6 Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) i. V. m. § 304 SGB III i. V. m. § 31 a der Abgabenordnung (AO) durch. In diesem Zusammenhang vernahm das Hauptzollamt Bielefeld unter anderem die Beigeladenen zu 2) und zu 4). Bezüglich ihrer Aussagen wird auf Blatt 140 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Nach erfolgter Anhörung mit Schreiben vom 19.08.2013 erließ die Beklagte den Bescheid vom 14.10.2013, mit dem sie eine Nachforderung in Höhe von 57.125,22 EUR für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 31.12.2012 hinsichtlich der Nichtabführung von Beiträgen bezüglich der Beigeladenen zu 2) bis 4) geltend machte. Die Beklagte war der Auffassung, dass es sich bei diesen Personen nicht um Subunternehmer, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer gehandelt habe und Versicherungspflicht zu allen Versicherungszweigen bestanden habe. In der Gesamtforderung waren Säumniszuschläge in Höhe von 8.845,50 EUR enthalten.
Mit Schreiben vom 18.11.2013 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den genannten Bescheid, wobei eine Begründung nicht abgegeben wurde. Mit Schreiben vom 20.12.2013 wurde nachträglich eine Aussetzung der Vollziehung beantragt. Der Aussetzungsantrag wurde mit Schreiben vom 13.03.2014 abgelehnt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Widerspruch nicht begründet worden sei, habe eine Überprüfung nur nach Aktenlage erfolgen können; diese habe ergeben, dass die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid nicht rechtswidrig beschwert sei.
Die Klägerin hat am 17.11.2014 Klage beim Sozialgericht Detmold erhoben. Sie ist der Auffassung, die Beigeladenen zu 2) bis 4) seien in den streitigen Zeiten als Subunternehmer tätig gewesen, ebenso Herr E W. Auf der Baustelle seien diese Mitarbeiter nicht in den Arbeitsbereich der Klägerin integriert worden, sondern hätten von auf der Baustelle anwesenden Architekten bzw. Bauleitern eigenständige Teilbereiche zur Ausführung erhalten. Sie seien auch nicht nur in Deutschland, sondern auch in Bulgarien oder Rumänien tätig gewesen. Die drei hätten auch über eigene Betriebsräume verfügt und eigene Arbeitsmittel eingesetzt, nämlich einen Pkw und ihre eigenen Biegezangen, die für die das Arbeiten auf der Baustelle erforderlich waren. Die drei hätten auch über eigene Briefköpfe verfügt und ihre eigenen Rechnungen erstellt. Eine Einweisung in die Arbeit bzw. eine Überwachung der Arbeit sei nicht durch die Klägerin, sondern durch die jeweiligen Bauleiter bzw. Architekten erfolgt. Es habe keine regelmäßigen Anwesenheits- oder Arbeitszeiten gegeben, keine Kontrollrechte durch die Klägerin, kein Arbeitszeitkonto oder eine andere Arbeitszeiterfassung. Auch seien keine schriftlichen Verträge vorhanden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 14.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen im Bescheid vom 14.10.2013. Sie ist der Auffassung, dass nach den übereinstimmenden Aussagen der Beigeladenen zu 2) und 4) im Rahmen von Vernehmungen bei der FKS Paderborn sich ergeben habe, dass die drei mit angestellten Arbeitnehmern der Klägerin zusammengearbeitet hätten. Die drei hätten über keine eigenen Betriebsmittel außer Scheren, Draht und Computer verfügt. Auch sei keine eigene verantwortliche Arbeit auf den Baustellen geleistet worden. Eine Gewährleistung durch diese Subunternehmer könne aufgrund fehlender Werkverträge und Arbeiten im Verbund mit anderen Arbeitnehmern der Klägerin ausgeschlossen werden. Gewerbeanmeldungen seien ausschließlich zur Umgehung des Beschäftigungsverbots beantragt worden.
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen und auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. In den nichtöffentlichen Sitzungen vom 28.02.2018 und 28.03.2018 wurde Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen der Herren U I, K I und B K1 sowie der Beigeladenen zu 2) und 3). Hinsichtlich der Zeugenaussagen wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften der nichtöffentlichen Erörterungstermine.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 14.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 und Abs. 2 SGG beschwert, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig ergangen.
Die Klägerin ist verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 57.125,22 EUR nachzuzahlen.
Grundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28 p SGB IV, nachdem die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung gegenüber den Arbeitgebern Regelungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung treffen. Sie treffen in diesem Rahmen auch Regelungen zur Umlagepflicht und zur Umlagehöhe für den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit, Mutterschaft und für Insolvenzgeld.
Nach §§ 2, 6 SchwarzArbG sowie § 31 a der Abgabenordnung sind die Träger der Rentenversicherung berechtigt bzw. verpflichtet, entsprechende Sonderprüfungen durchzuführen.
Das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist Voraussetzung für das Entstehen von Versicherungspflicht. Es ist nicht identisch mit dem Arbeitsverhältnis, das die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer (z.B. Beschäftigungsdauer, Entgelthöhe und -zahlung, Urlaub, Kündigung usw.) regelt und durch den Arbeitsvertrag zustande kommt.
Nach der Lehre vom faktischen Arbeitsverhältnis ist der Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht erforderlich; das Arbeitsverhältnis entsteht schon durch die mit der Arbeitsaufnahme verbundene Eingliederung in den Betrieb.
Das Beschäftigungsverhältnis ist dagegen die Gesamtheit aller versicherungsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer und der Sozialversicherung.
Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit. Sie äußert sich vornehmlich in der Eingliederung "in" einen Betrieb, womit regelmäßig die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers über "Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung verbunden ist. Diese Weisungsgebundenheit kann aber - besonders bei Arbeitnehmern in leitender Stellung - bei Ausführung der Arbeit auf ein äußerst geringes Maß herabgesetzt sein. Auch wenn die persönliche Einwirkung des Arbeitgebers in Gestalt ausdrücklicher Weisungen nicht in Erscheinung tritt und dadurch die Durchführung der Arbeit dem selbstverantwortlichen Ermessen des Arbeitnehmers überlassen bleibt, liegt eine fremdbestimme Dienstleistung vor, wenn die zu erfüllende Aufgabe
von der Ordnung des Betriebes geprägt wird, und die Arbeitskraft im Dienste des Unternehmens eingesetzt wird.
Insgesamt gesehen ist die persönliche Abhängigkeit daher stets zu bejahen, wenn der Dienstleistende "in" einem Betrieb arbeitet, d.h. also in den Betrieb eingegliedert ist und als Angehöriger des Betriebes angesehen wird, selbst wenn die Weisungsgebundenheit - was die Ausführung der Arbeit anbetrifft - stark eingeschränkt ist.
Bedeutsame Anhaltspunkte für die Abgrenzung von unselbstständiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sind auch das Vorhandensein oder Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und insbesondere eines eigenen Unternehmerrisikos sowie die wirtschaftliche und soziale Stellung des Dienstleistenden.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftig sind, unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung (in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 24 Abs. 1 SGB III). Hiervon abweichend liegt in der gesetzlichen Krankenversicherung u. a. für Arbeiter und Angestellte Versicherungsfreiheit vor, wenn ihr regelmäßiges Entgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGG V). In der gesetzlichen Pflegeversicherung besteht in einem solchen Fall keine Versicherungspflicht (Umkehrschluss aus § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).
Die Beschäftigung wird in § 7 SGB IV gesetzlich näher definiert. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach dem BSG im Urteil Az.: B12 KR 5/97 R ist nachgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.
Bei den Beigeladenen zu 2) bis 4) handelte es sich im streitigen Zeitraum um abhängige Beschäftigte.
Diese Personen wurden als sogenannte "freie Mitarbeiter" beschäftigt. Eckverträge oder schriftliche Unterlagen konnten nicht vorgelegt werden.
Von einer Selbstständigkeit der Beigeladenen zu 2) bis 4) ist nicht etwa deshalb auszugehen, da sie nach Aussage der Klägerin als selbstständige Unternehmer für Teilbereiche eingesetzt waren, vielmehr ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen, die die Beigeladenen zu 2) und zu 4) im Rahmen von Vernehmungen bei der FKS Paderborn gemacht haben, dass sie im Verbund mit Arbeitnehmern und Aufsichtspersonal der Klägerin zusammengearbeitet haben. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten die schwierigen Arbeiten erledigt, die Beigeladenen zu 2) bis 4) die einfachen Sachen. Auch hätten die Mitarbeiter der Klägerin die erledigten Arbeiten kontrolliert.
Eine Betriebsstätte konnten die Beigeladenen zu 2) bis 4) nicht nachweisen. Auch sind keine eigenen Betriebsmittel im größeren Umfang außer Scheren, Draht sowie ein eigener Computer und Drucker eingesetzt worden. Hier kann man nicht von einem typischen Unternehmerrisiko ausgehen. Es wurden auch keine Gewährleistungen vereinbart, sodass auch aus diesem Grunde kein Zugriff auf das Vermögen der Beigeladenen zu 2) bis 4) möglich gewesen wäre.
Zu dem Zeitpunkt als die Beigeladenen nach Deutschland eingereist waren, gab es noch keine Arbeitserlaubnis für bulgarische Staatsbürger. Die Gewerbeanmeldungen wurden somit ausschließlich zur Umgehung des Beschäftigungsverbotes beantragt. Von einer Selbstständigkeit konnte nicht die Rede sein.
Auch haben die Betroffenen ausgesagt, dass sie im streitigen Zeitraum ausschließlich für die Firma S gearbeitet haben.
In einem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14.01.2008 (Az.: 11 R 2762/08) hat das LSG entschieden, dass ausländische Subunternehmer, die mangelnde Sprachkenntnisse aufweisen, keinen Betriebssitz haben und kein Kapital einsetzen, generell keine selbständige Tätigkeit verrichten. Die reine Zurverfügungstellung der Arbeitskraft spreche immer für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Nach dem Urteil des BSG vom 18.11.1980 (Az.: 12 RK 76/79) ist auch eine Gewerbeanmeldung allein kein Kennzeichen für eine selbstständige Tätigkeit. Vielmehr ändert sich an der persönlichen Abhängigkeit einer Beschäftigung nichts, wenn ein Beschäftigter inzwischen ein Gewerbe angemeldet hat.
Herr U I kann sich allenfalls an den Beigeladenen zu 3) erinnern, kann jedoch keine Angaben dazu machen, ob die Mitarbeiter selbstständig oder angestellt tätig waren. Auch aus der Zeugenaussage des Zeugen B K1 ergibt sich kein anderes Bild. Er hat zwar bestätigt, dass er die drei Mitarbeiter kennt und auch, dass sie ihm erzählt haben, dass sie ein Gewerbe angemeldet hätten und selbstständig tätig gewesen wären. Aus dieser Aussage lässt sich jedoch nicht herleiten, dass es sich bei den Beigeladenen zu 2) bis 4) tatsächlich um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt hat. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass der Zeuge Jäger seinen subjektiven Eindruck widergegeben hat. Er war bei einer Fremdfirma tätig und konnte somit über die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse der Beigeladenen zu 2) bis 4) keine Aussage treffen.
Aus den Aussagen der Beigeladenen zu 2) und 3) ergibt sich nicht, dass hier eine selbstständige Tätigkeit vorgelegen hat. Allein die Tatsache, dass die Beigeladenen Rechnungen geschrieben haben, spricht noch nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Auch aus der Aussage des Zeugen K I lässt sich nicht entnehmen, ob die Beigeladenen zu 2) bis 4) selbstständig tätig oder angestellt waren.
Auch dieser Zeuge kann lediglich bestätigen, dass die Beigeladenen auf den entsprechenden Baustellen tätig waren. Wie das Arbeitsverhältnis im Einzelnen ausgestaltet war, dazu kann dieser Zeuge jedoch keine Angaben machen.
Auch die Tatsache, dass ein strafrechtliches Verfahren anhängig ist, hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Ausgang des sozialrechtlichen Streitverfahrens.
Auch die Säumniszuschläge wurden zu Recht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
Tatbestand:
Streitig ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen, Beiträgen zur Umlage der Arbeitgeber und Säumniszuschlägen in einem Prüfzeitraum vom 01.10.2010 bis 31.10.2012 in Höhe von 57.125,22 EUR.
Die Klägerin betreibt ein Unternehmen zur Dämmung gegen Kälte, Wärme, Schall- und Erschütterung, ein Eisenbiegeunternehmen und beschäftigt in diesem Zusammenhang Arbeitnehmer. Das Material dazu wird von den Auftraggebern gestellt, Aufgabe der Klägerin ist die Verarbeitung des zur Verfügung gestellten Materials.
Die Beklagte führte in der Zeit vom 15.01.2013 bis 11.10.2013 anhand der vom Hauptzollamt Bielefeld - Standort Paderborn (Bereich Finanzkontrolle Schwarzarbeit) - überlassenen Unterlagen eine Prüfung des Betriebes der Klägerin nach § 28 p
Sozialgesetzbuch (SGB) IV i.V.m. §§ 2, 6 Schwarzarbeiterbekämpfungsgesetz (SchwarzArbG) i. V. m. § 304 SGB III i. V. m. § 31 a der Abgabenordnung (AO) durch. In diesem Zusammenhang vernahm das Hauptzollamt Bielefeld unter anderem die Beigeladenen zu 2) und zu 4). Bezüglich ihrer Aussagen wird auf Blatt 140 ff. der Verwaltungsakte Bezug genommen. Nach erfolgter Anhörung mit Schreiben vom 19.08.2013 erließ die Beklagte den Bescheid vom 14.10.2013, mit dem sie eine Nachforderung in Höhe von 57.125,22 EUR für den Zeitraum vom 01.10.2010 bis 31.12.2012 hinsichtlich der Nichtabführung von Beiträgen bezüglich der Beigeladenen zu 2) bis 4) geltend machte. Die Beklagte war der Auffassung, dass es sich bei diesen Personen nicht um Subunternehmer, sondern um abhängig beschäftigte Arbeitnehmer gehandelt habe und Versicherungspflicht zu allen Versicherungszweigen bestanden habe. In der Gesamtforderung waren Säumniszuschläge in Höhe von 8.845,50 EUR enthalten.
Mit Schreiben vom 18.11.2013 erhob die Klägerin Widerspruch gegen den genannten Bescheid, wobei eine Begründung nicht abgegeben wurde. Mit Schreiben vom 20.12.2013 wurde nachträglich eine Aussetzung der Vollziehung beantragt. Der Aussetzungsantrag wurde mit Schreiben vom 13.03.2014 abgelehnt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 15.10.2014 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Da der Widerspruch nicht begründet worden sei, habe eine Überprüfung nur nach Aktenlage erfolgen können; diese habe ergeben, dass die Klägerin durch den angefochtenen Bescheid nicht rechtswidrig beschwert sei.
Die Klägerin hat am 17.11.2014 Klage beim Sozialgericht Detmold erhoben. Sie ist der Auffassung, die Beigeladenen zu 2) bis 4) seien in den streitigen Zeiten als Subunternehmer tätig gewesen, ebenso Herr E W. Auf der Baustelle seien diese Mitarbeiter nicht in den Arbeitsbereich der Klägerin integriert worden, sondern hätten von auf der Baustelle anwesenden Architekten bzw. Bauleitern eigenständige Teilbereiche zur Ausführung erhalten. Sie seien auch nicht nur in Deutschland, sondern auch in Bulgarien oder Rumänien tätig gewesen. Die drei hätten auch über eigene Betriebsräume verfügt und eigene Arbeitsmittel eingesetzt, nämlich einen Pkw und ihre eigenen Biegezangen, die für die das Arbeiten auf der Baustelle erforderlich waren. Die drei hätten auch über eigene Briefköpfe verfügt und ihre eigenen Rechnungen erstellt. Eine Einweisung in die Arbeit bzw. eine Überwachung der Arbeit sei nicht durch die Klägerin, sondern durch die jeweiligen Bauleiter bzw. Architekten erfolgt. Es habe keine regelmäßigen Anwesenheits- oder Arbeitszeiten gegeben, keine Kontrollrechte durch die Klägerin, kein Arbeitszeitkonto oder eine andere Arbeitszeiterfassung. Auch seien keine schriftlichen Verträge vorhanden.
Die Klägerin beantragt sinngemäß,
den Bescheid der Beklagten vom 14.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt sinngemäß,
die Klage abzuweisen.
Die Beklagte nimmt Bezug auf ihre Ausführungen im Bescheid vom 14.10.2013. Sie ist der Auffassung, dass nach den übereinstimmenden Aussagen der Beigeladenen zu 2) und 4) im Rahmen von Vernehmungen bei der FKS Paderborn sich ergeben habe, dass die drei mit angestellten Arbeitnehmern der Klägerin zusammengearbeitet hätten. Die drei hätten über keine eigenen Betriebsmittel außer Scheren, Draht und Computer verfügt. Auch sei keine eigene verantwortliche Arbeit auf den Baustellen geleistet worden. Eine Gewährleistung durch diese Subunternehmer könne aufgrund fehlender Werkverträge und Arbeiten im Verbund mit anderen Arbeitnehmern der Klägerin ausgeschlossen werden. Gewerbeanmeldungen seien ausschließlich zur Umgehung des Beschäftigungsverbots beantragt worden.
Im Hinblick auf die weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen und auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten. In den nichtöffentlichen Sitzungen vom 28.02.2018 und 28.03.2018 wurde Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen der Herren U I, K I und B K1 sowie der Beigeladenen zu 2) und 3). Hinsichtlich der Zeugenaussagen wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschriften der nichtöffentlichen Erörterungstermine.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
Das Gericht konnte durch Gerichtsbescheid gem. § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist.
Die Klägerin ist durch den angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 14.10.2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.10.2014 nicht im Sinne des § 54 Abs. 1 und Abs. 2 SGG beschwert, denn der angefochtene Bescheid ist rechtmäßig ergangen.
Die Klägerin ist verpflichtet, Sozialversicherungsbeiträge in Höhe von 57.125,22 EUR nachzuzahlen.
Grundlage des angefochtenen Bescheides ist § 28 p SGB IV, nachdem die Träger der Rentenversicherung im Rahmen der Betriebsprüfung gegenüber den Arbeitgebern Regelungen zur Versicherungspflicht und zur Beitragshöhe in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung treffen. Sie treffen in diesem Rahmen auch Regelungen zur Umlagepflicht und zur Umlagehöhe für den Ausgleich der Arbeitgeberaufwendungen bei Krankheit, Mutterschaft und für Insolvenzgeld.
Nach §§ 2, 6 SchwarzArbG sowie § 31 a der Abgabenordnung sind die Träger der Rentenversicherung berechtigt bzw. verpflichtet, entsprechende Sonderprüfungen durchzuführen.
Das Vorliegen eines Beschäftigungsverhältnisses ist Voraussetzung für das Entstehen von Versicherungspflicht. Es ist nicht identisch mit dem Arbeitsverhältnis, das die arbeitsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber und dem Arbeitnehmer (z.B. Beschäftigungsdauer, Entgelthöhe und -zahlung, Urlaub, Kündigung usw.) regelt und durch den Arbeitsvertrag zustande kommt.
Nach der Lehre vom faktischen Arbeitsverhältnis ist der Abschluss eines Arbeitsvertrages nicht erforderlich; das Arbeitsverhältnis entsteht schon durch die mit der Arbeitsaufnahme verbundene Eingliederung in den Betrieb.
Das Beschäftigungsverhältnis ist dagegen die Gesamtheit aller versicherungsrechtlichen Beziehungen zwischen dem Arbeitgeber, dem Arbeitnehmer und der Sozialversicherung.
Wesentliches Merkmal eines Beschäftigungsverhältnisses ist die persönliche Abhängigkeit. Sie äußert sich vornehmlich in der Eingliederung "in" einen Betrieb, womit regelmäßig die Weisungsbefugnis des Arbeitgebers über "Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung verbunden ist. Diese Weisungsgebundenheit kann aber - besonders bei Arbeitnehmern in leitender Stellung - bei Ausführung der Arbeit auf ein äußerst geringes Maß herabgesetzt sein. Auch wenn die persönliche Einwirkung des Arbeitgebers in Gestalt ausdrücklicher Weisungen nicht in Erscheinung tritt und dadurch die Durchführung der Arbeit dem selbstverantwortlichen Ermessen des Arbeitnehmers überlassen bleibt, liegt eine fremdbestimme Dienstleistung vor, wenn die zu erfüllende Aufgabe
von der Ordnung des Betriebes geprägt wird, und die Arbeitskraft im Dienste des Unternehmens eingesetzt wird.
Insgesamt gesehen ist die persönliche Abhängigkeit daher stets zu bejahen, wenn der Dienstleistende "in" einem Betrieb arbeitet, d.h. also in den Betrieb eingegliedert ist und als Angehöriger des Betriebes angesehen wird, selbst wenn die Weisungsgebundenheit - was die Ausführung der Arbeit anbetrifft - stark eingeschränkt ist.
Bedeutsame Anhaltspunkte für die Abgrenzung von unselbstständiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit sind auch das Vorhandensein oder Fehlen einer eigenen Betriebsstätte und insbesondere eines eigenen Unternehmerrisikos sowie die wirtschaftliche und soziale Stellung des Dienstleistenden.
Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftig sind, unterliegen grundsätzlich der Versicherungspflicht in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherung (in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V, in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Nr. 1 SGB XI, in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI und in der Arbeitslosenversicherung nach § 24 Abs. 1 SGB III). Hiervon abweichend liegt in der gesetzlichen Krankenversicherung u. a. für Arbeiter und Angestellte Versicherungsfreiheit vor, wenn ihr regelmäßiges Entgelt die Jahresarbeitsentgeltgrenze überschreitet (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 SGG V). In der gesetzlichen Pflegeversicherung besteht in einem solchen Fall keine Versicherungspflicht (Umkehrschluss aus § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB XI).
Die Beschäftigung wird in § 7 SGB IV gesetzlich näher definiert. Nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV ist Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach dem BSG im Urteil Az.: B12 KR 5/97 R ist nachgebliches Kriterium für ein Unternehmerrisiko, ob eigenes Kapital oder die eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr eines Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg des Einsatzes der tatsächlichen oder persönlichen Mittel also ungewiss ist.
Bei den Beigeladenen zu 2) bis 4) handelte es sich im streitigen Zeitraum um abhängige Beschäftigte.
Diese Personen wurden als sogenannte "freie Mitarbeiter" beschäftigt. Eckverträge oder schriftliche Unterlagen konnten nicht vorgelegt werden.
Von einer Selbstständigkeit der Beigeladenen zu 2) bis 4) ist nicht etwa deshalb auszugehen, da sie nach Aussage der Klägerin als selbstständige Unternehmer für Teilbereiche eingesetzt waren, vielmehr ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen, die die Beigeladenen zu 2) und zu 4) im Rahmen von Vernehmungen bei der FKS Paderborn gemacht haben, dass sie im Verbund mit Arbeitnehmern und Aufsichtspersonal der Klägerin zusammengearbeitet haben. Die Mitarbeiter der Klägerin hätten die schwierigen Arbeiten erledigt, die Beigeladenen zu 2) bis 4) die einfachen Sachen. Auch hätten die Mitarbeiter der Klägerin die erledigten Arbeiten kontrolliert.
Eine Betriebsstätte konnten die Beigeladenen zu 2) bis 4) nicht nachweisen. Auch sind keine eigenen Betriebsmittel im größeren Umfang außer Scheren, Draht sowie ein eigener Computer und Drucker eingesetzt worden. Hier kann man nicht von einem typischen Unternehmerrisiko ausgehen. Es wurden auch keine Gewährleistungen vereinbart, sodass auch aus diesem Grunde kein Zugriff auf das Vermögen der Beigeladenen zu 2) bis 4) möglich gewesen wäre.
Zu dem Zeitpunkt als die Beigeladenen nach Deutschland eingereist waren, gab es noch keine Arbeitserlaubnis für bulgarische Staatsbürger. Die Gewerbeanmeldungen wurden somit ausschließlich zur Umgehung des Beschäftigungsverbotes beantragt. Von einer Selbstständigkeit konnte nicht die Rede sein.
Auch haben die Betroffenen ausgesagt, dass sie im streitigen Zeitraum ausschließlich für die Firma S gearbeitet haben.
In einem Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 14.01.2008 (Az.: 11 R 2762/08) hat das LSG entschieden, dass ausländische Subunternehmer, die mangelnde Sprachkenntnisse aufweisen, keinen Betriebssitz haben und kein Kapital einsetzen, generell keine selbständige Tätigkeit verrichten. Die reine Zurverfügungstellung der Arbeitskraft spreche immer für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis.
Nach dem Urteil des BSG vom 18.11.1980 (Az.: 12 RK 76/79) ist auch eine Gewerbeanmeldung allein kein Kennzeichen für eine selbstständige Tätigkeit. Vielmehr ändert sich an der persönlichen Abhängigkeit einer Beschäftigung nichts, wenn ein Beschäftigter inzwischen ein Gewerbe angemeldet hat.
Herr U I kann sich allenfalls an den Beigeladenen zu 3) erinnern, kann jedoch keine Angaben dazu machen, ob die Mitarbeiter selbstständig oder angestellt tätig waren. Auch aus der Zeugenaussage des Zeugen B K1 ergibt sich kein anderes Bild. Er hat zwar bestätigt, dass er die drei Mitarbeiter kennt und auch, dass sie ihm erzählt haben, dass sie ein Gewerbe angemeldet hätten und selbstständig tätig gewesen wären. Aus dieser Aussage lässt sich jedoch nicht herleiten, dass es sich bei den Beigeladenen zu 2) bis 4) tatsächlich um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt hat. Vielmehr geht das Gericht davon aus, dass der Zeuge Jäger seinen subjektiven Eindruck widergegeben hat. Er war bei einer Fremdfirma tätig und konnte somit über die Ausgestaltung der Arbeitsverhältnisse der Beigeladenen zu 2) bis 4) keine Aussage treffen.
Aus den Aussagen der Beigeladenen zu 2) und 3) ergibt sich nicht, dass hier eine selbstständige Tätigkeit vorgelegen hat. Allein die Tatsache, dass die Beigeladenen Rechnungen geschrieben haben, spricht noch nicht gegen ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Auch aus der Aussage des Zeugen K I lässt sich nicht entnehmen, ob die Beigeladenen zu 2) bis 4) selbstständig tätig oder angestellt waren.
Auch dieser Zeuge kann lediglich bestätigen, dass die Beigeladenen auf den entsprechenden Baustellen tätig waren. Wie das Arbeitsverhältnis im Einzelnen ausgestaltet war, dazu kann dieser Zeuge jedoch keine Angaben machen.
Auch die Tatsache, dass ein strafrechtliches Verfahren anhängig ist, hat keine unmittelbaren Auswirkungen auf den Ausgang des sozialrechtlichen Streitverfahrens.
Auch die Säumniszuschläge wurden zu Recht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.
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