Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 16 KA 412/15
Datum
-
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 8/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Knüpft die Regelung, wonach Ärzten bei hohen Honorarverlusten aufgrund der neuen Steuerungselemente ab dem ersten Quartal 2009 ein Verlustausgleich in Form einer Konvergenzzahlung geleistet wird, daran an, dass das Regelleistungsvolumen (RLV) des Arztes ausgeschöpft sein muss, verstößt dies zumindest dann gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, wenn weitere Umstände hinzukommen, die das Ausschöpfen des RLV erschweren. Hier: Höheres RLV aufgrund der Privilegierungsvorschriften für Wachstumsärzte und über 90 % der konvergenzrelevanten Vergütung lag im außerbudgetären Bereich.
Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen. Die Revision wird zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 7.352,28 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honorars der Klägerin für die Quartale I/2009 sowie III/2009 bis II/2010. Im Streit ist insbesondere, ob die Klägerin einen Anspruch auf Konvergenzzuschläge hat. Streitgegenständlich ist hier das Honorar für das Quartal III/2009.
Die Klägerin ist eine fachübergreifende Berufsausübungsgemeinschaft in K , die im streitigen Zeitraum aus den Fachärzten für Anästhesiologie Dr. G , Dr. J , Herrn S und Dr. R bestand. Frau Dr. R ist seit dem Quartal I/2009 bei der Klägerin beschäftigt. Zuvor war sie in einer Einzelpraxis tätig. Sie befand sich im gesamten streitigen Zeitraum noch in der Wachstumsphase.
Im Quartal III/2008 hatte Dr. R in ihrer Praxis in Ka im Kreis Sa 94 Fälle behandelt und ein konvergenzrelevantes Honorar von 14.390,23 EUR erzielt.
Für das Quartal III/2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 4. Juni 2009 eine Gesamt-Obergrenze iHv 9.384,64 EUR mit.
Mit Telefax vom 16. Oktober 2009 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass einige der dort im Einzelnen aufgeführten Fälle aus der Abrechnung für das Quartal III/2009 herausgenommen werden müssten.
Mit Honorarabrechnung vom 4. Februar 2010 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal III/2009 iHv 225.227,98 EUR fest. Die Fallzahl von Frau Dr. R betrug in diesem Quartal 176 gegenüber einer durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe von 166,5. Vom bereitgestellten Regelleistungsvolumen (RLV) in Höhe von 10.323,10 EUR hatte die Klägerin 10.316,13 EUR abgefordert. Obwohl die Beklagte den Honorarverlust der Klägerin gegenüber dem Basisquartal mit 14,38 % bzw. 19.662,11 EUR bezifferte, gewährte sie keine Konvergenzstützung, da das RLV der Klägerin nicht ausgeschöpft worden sei. Im Rahmen der Honorarabrechnung hatte die Beklagte einige sachlich-rechnerische Korrekturen vorgenommen.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2010 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Honorarabrechnung für das Quartal III/2009 ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs kritisierte sie die Abrechnung der Sonderverträge. Zudem machte sie eine Honorar-stützung durch die Konvergenzregelung geltend. Bereits im Quartal II/2009 habe der RLV-Fallwert infolge der noch nicht vorgenommenen Differenzierung innerhalb der Fachgruppe der Anästhesisten so hoch gelegen, dass das RLV für eine schwerpunktmäßig operativ tätige Praxis bei unveränderter Leistungsmenge im Vergleich zum Bemessungszeitraum unter keinen Umständen erreichbar gewesen sei. Der erweiterte Bewertungsausschuss habe in seinem Beschluss vom 15. Januar 2009 zur Einführung einer Konvergenzphase die Bedingung der Ausschöpfung des RLV nicht vorgesehen. Diese Voraussetzung verstoße im Übrigen gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Für sie, die Klägerin, machten die RLV-Leistungen nur einen Anteil von ca. 20 % der Vergütung aus. Die Honorarverluste ergäben sich infolge der geänderten Vergütungssystematik hauptsächlich im operativen Bereich durch die niedrigen Werte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auch diese Honorarverluste müssten im Rahmen einer Konvergenzstützung berücksichtigt werden, auch wenn das RLV nicht ausgeschöpft sei. Ansonsten würden schwerpunktmäßig operativ tätige Anästhesisten massiv benachteiligt. Im Quartal III/2009 sei das RLV lediglich um 6,97 EUR unterschritten worden. Tatsächlich habe sogar eine Überschreitung vorgelegen, die jedoch aufgrund einer unrechtmäßigen sachlich-rechnerischen Korrektur nach unten korrigiert worden sei. Es sei zu diversen Umsetzungen der Grundpauschale gekommen. Dabei seien jedoch nicht alle abgerechneten Grundpauschalen berücksichtigt worden. Die GOP 05210 sei 137 mal abgerechnet, jedoch nur 136 mal in die GOP 05215R umgesetzt worden. Die GOP 05211 EBM sei 630 mal abgerechnet und nur 612 mal in die GOP 05211R umgesetzt worden. Auch bei der GOP 05212 habe eine Reduzierung von 211 abgerechneten Fällen auf nur noch 210 mal GOP 05210X stattgefunden. Schließlich beantragte die Klägerin vorsorglich eine Honorarstützung im Rahmen einer Härtefallanpassung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Sie stellte das Vergütungssystem der Regelleistungsvolumina auf der Grundlage des Euro-EBM dar und führte hinsichtlich des Quartals III/2009 aus, dass eine Korrektur der Honorarabrechnung auf Bitte der Klägerin erfolgt sei, die mit Telefax vom 16. Oktober 2009 um die Herausnahme diverser Patienten aus der Abrechnung gebeten habe. Soweit die Durchschnittsfallzahl erreicht worden sei, sei Dr. R Teilnehmerin an der Konvergenzregelung geworden.
Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 22. August 2011 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Sie hat ausgeführt, hinsichtlich des Begehrens in Bezug auf die Sonderumlage habe die Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 2013 eine Nachvergütung vorgenommen, weshalb dieser Angriffspunkt erledigt, jedoch im Rahmen der Streitwertfestsetzung und im Rahmen der Kostenentscheidung weiter zu berücksichtigen sei. Die Beklagte habe der Klägerin im Quartal III/2009 zu Unrecht eine Teilnahme an der Konvergenzregelung unter Hinweis auf ein nicht ausgeschöpftes RLV verweigert. Das objektiv der Praxis zustehende RLV sei tatsächlich ausgeschöpft worden. Es gehe aus den Verwaltungsakten nicht hervor, dass die in der Honorarabrechnung ausgewiesenen sachlich-rechnerischen Korrekturen im Zusammenhang mit dem Telefaxschreiben vom 16. Oktober 2009 stünden. Die Honorarabrechnung weise vielmehr bereits diverse sachlich-rechnerische Korrekturen für RLV-relevante Leistungen mit der Begründung aus, dass diese Leistungen aufgrund der LANR-Kennzeichnung nach den Präambeln nicht berechnungsfähig seien oder es sich um Leistungen handele, für die keine Genehmigung vorliege. Es werde nachdrücklich bestritten, dass die vorgenommenen sachlich-rechnerischen Korrekturen berechtigt gewesen seien. Zudem habe ungeachtet dieser Korrekturen auch die Qualifizierung von Frau Dr. R als Wachstumsärztin dazu geführt, dass das RLV der gesamten Praxis geringfügig um 6,97 EUR unterschritten und daher zu Lasten der gesamten Praxis die Anwendbarkeit der Konvergenzregelung von der Beklagten abgelehnt worden sei. Dadurch, dass die Obergrenze von Frau Dr. R bei der Berechnung der konvergenzrelevanten Leistungen berücksichtigt und hierbei die im Vergleich zum Vorjahr relativ hohe Fallzahl des Abrechnungsquartals zugrunde gelegt worden sei, sei es zu der relativ hohen Obergrenze gekommen. Sie, die Klägerin, stünde insofern besser, wenn Dr. R nicht als Wachstumsärztin behandelt würde. Dies könne nicht der Zweck der eigentlich gewollten Privilegierung von Ärzten in der Wachstumsphase sein. Des Weiteren seien die im Rahmen der RLV-Berechnung zugrunde gelegten Fallzahlen nicht nachvollziehbar. Es hätten nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses nur kurativ-ambulante Behandlungsfälle für das RLV berücksichtigt werden dürfen. Es sei zu vermuten, dass die Beklagte auch belegärztlich-stationäre Behandlungsfälle bei der Fallzahlzählung berücksichtigt habe, in denen jedoch gar keine dem RLV unterliegenden Leistungen abgerechnet worden seien. Möglicherweise habe die Beklagte auch nicht hinreichend beachtet, dass ab dem Quartal III/2009 Anästhesien aus dem Kapitel 5.3 EBM nicht mehr in das RLV gefallen seien. Ungeachtet der tatsächlichen Voraussetzungen widerspreche es aber auch dem Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), die Honorarstützung im Rahmen der Konvergenzregelung von der Ausschöpfung des RLV abhängig zu machen. Das Honorar für RLV-relevante Leistungen mache in Ihrem Fall, dem der Klägerin, nur einen Anteil von unter 5 % am Gesamthonorar für GKV-Leistungen aus. Der überwiegende Teil der Honorarverluste betreffe außerhalb des RLV verbuchte Leistungen. Es sei keine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung von Praxen abhängig von der Ausschöpfung des zugebilligten RLV ersichtlich.
Die Klägerin hat beantragt,
die Honorarabrechnung für das Quartal III/2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, sie, die Klägerin, unter Beachtung der Rechtserfassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die der Regelung zugrundeliegenden Beschlussfassungen des erweiterten Bewertungsausschusses und die Vereinbarungen der Vertragspartner gestützt und ausgeführt, die Festlegung individueller Obergrenzen für Ärzte in der Wachstumsphase beruhe auf der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der Praxen in der Anfangsphase die Möglichkeit haben müssten, den Honorardurchschnitt der Fachgruppe innerhalb eines absehbaren Zeitraums erreichen zu können. Daher sei von der Zuteilung eines RLV, die Grundlage für die Konvergenzregelung sei, für diese Ärzte abgesehen worden. Es sei zu berücksichtigen, dass Ärzte in der Wachstumsphase bei Anwendung der Konvergenzregelung bei möglichen Gewinnen auch Honorar hätten abgeben müssten. Dies würde aber der Vorgabe des BSG zur Entwicklungsmöglichkeit unterdurchschnittlich abrechnender Wachstumspraxen zuwider laufen. Die Vorgaben des erweiterten Bewertungsausschusses für Neuzulassungen und Umwandlungen der Kooperationsformen hätten gesonderte Regelungen auf Landesebene ermöglicht, sodass auch die Konvergenzregelung nicht zwingend auf diese Praxen anzuwenden gewesen sei. Vor dem Hintergrund, dass Wachstumsärzte bei der Honorierung einen Sonderstatus einnähmen, da davon ausgegangen werde, dass sie sich noch entwickelten und sich auch honorarseitig noch nicht fest etabliert hätten, seien diese mit länger zugelassenen Ärzten nicht vergleichbar, so dass kein Grund zur Annahme eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe. Dr. R habe im Quartal III/2009 die Durchschnittsfallzahl erreicht. Dementsprechend sei ihr das durchschnittliche saisonale RLV der Arztgruppe zugeordnet worden. Mit Erreichen der Durchschnittsfallzahl im Jahr 2009 sei sie folgerichtig auch Teilnehmerin an der Konvergenzregelung geworden.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei es rechtlich nicht zu beanstanden, die Anwendung der Konvergenzregelung von der Ausschöpfung des RLV abhängig zu machen. Im Hinblick auf die erkennbare Zielsetzung, die Vertragsärzte an die neue Honorarverteilungssystematik heranzuführen, sei es sachgerecht und rechtmäßig, eine Honorarstützung davon abhängig zu machen, dass das RLV, in dem der überwiegende Teil der fachgruppentypischen Leistungen abgerechnet werden solle, auch ausgeschöpft worden sei. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei schon deshalb nicht zu erkennen, weil alle Ärzte, die ein RLV erhielten, von dieser Regelung gleichermaßen betroffen gewesen seien.
Mit Bescheid vom 29. Mai 2013 hat die Beklagte dem Begehren der Klägerin hinsichtlich der Höhe der Sonderumlage abgeholfen und Nachvergütungen für die im Streit befindlichen Quartale vorgenommen (für das Quartal III/2009 in Höhe von 1.351,83 EUR). In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten einen Teilvergleich dahingehend geschlossen, dass sich die Beklagte verpflichtet hat, die Hälfte der nicht gewährten strukturvertraglichen Förderung für die einzelnen Quartale jeweils nachzuvergüten und im Rahmen einer Verurteilung wegen der Konvergenzregelung die dadurch bedingte Veränderung der konvergenzrelevanten Leistungsanteile zur Ermittlung des Vergleichshonorars zu berücksichtigen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 9. September 2015 die Honorarabrechnung für das Quartal III/2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 abgeändert und die Beklagte verurteilt, die Honorierung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Honorierung im Quartal III/2009 nicht sachgerecht erfolgt sei. Es sei falsch gewesen, die Gewährung einer Konvergenzstützung davon abhängig zu machen, ob das RLV im Quartal durch die Praxis ausgeschöpft worden sei. Die Besonderheit der Gruppe der operierenden Anästhesisten mit einem Leistungsanteil von nur 10 % innerhalb des RLV und 90 % der erbrachten Leistungen außerhalb des RLV zeige, dass sich die zwingende Voraussetzung der Ausschöpfung des RLV für eine Anwendung der Konvergenzstützung bei einer solchen Gruppe als nicht sachgerecht darstelle. Damit hätten die Vertragsärzte der Gruppe der operierenden Anästhesisten nicht die Möglichkeit, an der zum Ausgleich von Honorarverlusten geschaffenen Konvergenzregelung überhaupt teilnehmen zu können. Die Beklagte habe für die Gruppe der Vertragsärzte der Klägerin angesichts des nur geringen RLV-Leistungsanteils einen anderen Maßstab wählen müssen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 17. Februar 2016 zugestellte Urteil am 11. März 2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Konvergenzregelung solle nicht dazu dienen, sämtliche Honorarverluste aufzufangen. Neben der Konvergenzregelung habe es Regelungen zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Erste Ergänzungsvereinbarung zur "Vereinbarung zur Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahr 2009", unter 5.) gegeben, die allerdings einen Honorarverlust von mindestens 15 % voraussetzten. Mit der Konvergenzregelung hätten nur die möglichen finanziellen Auswirkungen der neuen Honorarverteilungssystematik auf die hiervon betroffenen Praxen abgefedert und eine schrittweise Anpassung an diese ermöglicht werden sollen. Wenn eine Praxis wie die der Klägerin ohnehin lediglich einen sehr geringen Anteil ihres Honorars im Rahmen des RLV generiere, habe die Umstellung der Honorarverteilungssystematik für diese Praxis auch nur sehr geringe Auswirkungen. Werde das RLV nicht ausgeschöpft, sei dieses indiziell dafür, dass mögliche Honorarverluste nicht etwa auf die Umstellung auf die RLV-Systematik zurückzuführen seien, sondern andere Ursachen, zum Beispiel einen Rückgang der ärztlichen Leistungen insgesamt, hätten. Diese anderweitig bedingten Honorarverluste hätten jedoch mit der Konvergenzregelung nicht aufgefangen werden sollen. Dass die Ausschöpfung des RLV eine sachgerechte und nicht etwa willkürlich festgelegte Voraussetzung für eine Honorarstützung sei, verdeutliche der hypothetische Fall eines Vertragsarztes, der seine Tätigkeit nahezu ganz einstelle und nur einen Fall abrechne. Auch dieser hätte, die Auffassung des Sozialgerichts als richtig unterstellt, dann einen Anspruch auf Begrenzung seines Honorarverlustes und damit eine Honorarstützung. Dies könne im Ergebnis nicht richtig sein. Soweit die Klägerin darauf verweise, dass auch eine Absenkung des Orientierungswertes (OW) Teil der Strukturveränderung sei und zu Honorarverlusten unabhängig vom RLV geführt habe, sei anzumerken, dass der OW auf alle Ärzte anzuwenden sei, unabhängig davon, ob die RLV-Regelung bei ihnen eingreife oder nicht. Auch Ärzte, die außerhalb des RLV-Systems abrechneten, seien vom gesetzlich festgelegten OW betroffen, ohne dass dort ein Ausgleich über die Konvergenzregelung erfolgen könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 9. September 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stellt für das Quartal III/2009 beispielhaft dar, dass der Anteil des Vergütungsvolumens im RLV mit 10.316,13 EUR gegenüber dem für die Konvergenzregelung relevanten Honorar in Höhe von 117.110,43 EUR lediglich 8,81 % betrage. Ferner sei dem Einzelleistungsnachweis der Honorarabrechnung III/2009 zu entnehmen, dass ein wesentlicher Teil der außerhalb des RLV, aber im Rahmen des für die Konvergenzregelung relevanten Honorars vergüteten Leistungen aus dem Bereich des Kapitels 31 EBM-Ä und damit aus dem Vergütungsbereich der anästhesiologischen Leistungen im Zusammenhang mit ambulanten belegärztlichen Operationen resultiere. Durch die Nichteinbeziehung in die RLV solle die Förderung dieser Leistungen ermöglicht werden. Den konvergenzrelevanten Honorarverlust von absolut 19.662,11 EUR in diesem Leistungsbereich unberücksichtigt zu lassen, weil das RLV um 6,97 EUR unterschritten worden sei, stehe außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit und dem Willen des Gesetzgebers entgegen. Denn durch eine solche Regelung werde die Abwertung der Praxistätigkeit des Anästhesisten in Verbindung mit den ambulanten belegärztlichen Leistungen statuiert. So stelle auch der Ergänzungsbeschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 15. Januar 2009 ausdrücklich klar, dass sicherzustellen sei, dass bei der Bewertung der Höhe der Honorarverluste der "GKV-Gesamtumsatz einer Praxis einschließlich der zu erwartenden Vergütung für Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und einschließlich der Vergütung aus Vorwegabzügen zu berücksichtigen" sei. Diese Vorgabe des erweiterten Bewertungsausschusses regele deutlich, dass sämtliche Vergütungsbestandteile des gesamten GKV-Umsatzes als Vergütungsteile in der Berechnung des Honorarverlustes zu berücksichtigen und damit auch entsprechend auszugleichen seien. Diese Wertung des erweiterten Bewertungsausschusses werde auch deutlich im Beschluss vom 27. Februar 2009, da dort darauf verwiesen werde, dass das Ziel der schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen insbesondere der arzt- und praxisbezogenen RLV verfolgt werde. Des Adverbs "insbesondere" hätte es bei einer anderen Auslegung nicht bedurft. Die Beschlüsse des erweiterten Bewertungsausschusses gingen nach der Rechtsprechung des BSG den Regelungen des HVV vor. Schließlich gehe die Beklagte fehl, wenn sie schlussfolgere, dass eine Praxis, die lediglich einen geringen Anteil ihres Honorars im Rahmen des RLV generiere, mögliche Honorarverluste nicht durch die Umstellung auf die RLV-Systematik erleide. So beeinflusse das System der RLV auch die Vergütung solcher Leistungen, die nicht Bestandteil der RLV seien. Die Strukturveränderung liege darin, dass zuvor extrabudgetäre Leistungen ab dem Quartal I/2009 mit dem OW zu 3,5 Cent bewertet worden seien. Vor I/2009 hätten die Vergütungswerte zwischen 4 und 5 Cent gelegen. Im Übrigen sei der von der Beklagten hypothetisch gebildete Fall einer Praxis, die lediglich nur noch einen Fall behandelt habe, nicht tragend, da hier die Honorar-stützung bereits daran scheitern würde, dass Honorarverluste gemäß Teil A. 1 des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 15. Januar 2009 nur auszugleichen seien, sofern die Honorarverluste nicht durch von der Praxis zu verantwortende Gründe entstanden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakten verwiesen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondre ist sie innerhalb der Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da das angefochtene Urteil des Sozialgerichts rechtmäßig ist. Der Senat ist wie das Sozialgericht der Auffassung, dass die Honorarabrechnung der Beklagten vom 4. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 rechtswidrig ist und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neufestsetzung ihres Honorars für das Quartal III/2009 durch die Beklagte, wobei diese die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen hat.
Gemäß § 85 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I Seite 378) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen im Sinne des § 85 Abs. 1 SGB V an die Vertragsärzte. In der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung gemäß § 73 SGB V. Sie wendet gemäß Satz 2 der Vorschrift bei der Verteilung den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Gemäß Satz 3 sind bei der Verteilung Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zugrunde zu legen. Für die Honorarverteilung ab dem 1. Januar 2009 enthält § 87b Abs. 2 SGB V besondere von den Vertragspartnern einzuhaltende Bestimmungen. Die Vergütung hat nach § 87b Abs. 1 SGB V ab diesem Stichtag auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V zu erfolgen. Nach Abs. 2 sind ab dem ersten Quartal 2009 zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen. Ein Regelleistungsvolumen in diesem Sinne ist gemäß Satz 2 die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Abweichend von Abs. 1 Satz 1 (Vergütung nach der regional geltenden Euro-Gebührenordnung) ist die das RLV überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden. Die Werte der RLV sind nach § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen. Soweit dazu Veranlassung besteht, sind gemäß § 87b Abs. 3 Satz 3 SGB V auch Praxisbesonderheiten bei der Bestimmung des RLV zu berücksichtigen. Nach § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Abs. 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten. In Ausführung dieser Bestimmung hat der erweiterte Bewertungsausschuss (§ 87 Abs. 4 SGB V) im Beschluss vom 27./28. August 2008, Teil F Ziffer 1.2.4 bestimmt, dass die Zuweisung der Regelleistungsvolumina praxisbezogen erfolgt. Die Ausgestaltung der Regelleistungsvolumina erfolgt in Teil F Ziffer 3.2.1 des Beschlusses. In dem Beschluss ist den Partnern der Gesamtverträge aufgegeben worden, Regelungen für Neuzulassungen und Umwandlungen der Kooperationsform zwischen Ärzten zu treffen (Teil F Ziffer 3.5). Ferner sind Regelungen für Praxisbesonderheiten (Ziffer 3.6) und als Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Ziffer 3.7) zu schaffen. Im Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 15. Januar 2009 hat dieser ergänzend in Teil A Ziffer 1. ausgeführt, dass zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen die im Teil F des Beschlusses vom 27./28. August 2008 beschlossenen Regelungen, insbesondere zu den Praxisbesonderheiten und zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten und zur Modifikation von relevanten Arztgruppen anzuwenden seien. Sollte es nach Anwendung dieser Regelungen nachweislich weiterhin zu überproportionalen Honorarverlusten und zu Pro-blemen der Sicherung der flächendeckenden Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen kommen, könnten die Partner der Gesamtverträge einvernehmlich ab dem 1. April 2009 zeitlich begrenzt bis zum 31. Dezember 2010 das unter den Ziffern 2. bis 4. dargestellte Verfahren zur schrittweisen Anpassung der RLV (Konvergenzverfahren) beschließen, sofern die Honorarverluste nicht durch von der Praxis zu verantwortende Gründe entstanden und durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik begründet seien. Es sei sicherzustellen, dass bei der Bewertung der Höhe der Honorarverluste der GKV-Gesamtumsatz einer Praxis einschließlich der zu erwartenden Vergütung für Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und einschließlich der Vergütung aus Vorwegabzügen berücksichtigt werde. Mit Beschluss vom 27. Februar 2009 änderte der erweiterte Bewertungsausschuss den Beschlussteil A vom 15. Januar 2009 in Teil A Ziffer 1 dahingehend, dass die Partner der Gesamtverträge entsprechende Konvergenzverfahren beschließen könnten, sofern diese Honorarverluste durch die Umstellung der Steuerung auf die neue Systematik begründet seien.
Die Festsetzung des Vertragsinhalts für das Jahr 2009 über die Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen erfolgte in Schleswig-Holstein durch das Landesschiedsamt mit Beschluss vom 25. November 2008 (HVV), der an die Stelle der Honorarvereinbarung der Vertragspartner gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 SGB V tritt (BSG v. 21. Dezember 2012 – B 6 KA 21/11 R – SozR 4-2500 § 87a Nr. 1). Hierzu schlossen die Vertragspartner am 12. Feb¬ruar 2009 eine erste Ergänzungsvereinbarung. Unter Ziffer 3 der Ergänzungsvereinbarung sind Regelungen für Ärzte in der Wachstumsphase getroffen, unter Ziffer 5 sind Regelungen für Härtefälle und Praxisbesonderheiten vorgesehen. In der 2. Ergänzungsvereinbarung zum HVV vom 3. April 2009 trafen die Vertragspartner Regelungen über eine Konvergenzphase für einen Ausgleich zwischen Praxen mit überproportionalen Verlusten und Praxen mit Honorargewinnen. Mit Urteil vom 5. Juni 2013 (B 6 KA 47/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 2) hat das BSG derartige Honorarausgleichsmaßnahmen grundsätzlich für zulässig, jedoch einen Abzug bei den Praxen, die durch die Einführung der RLV einen Honorargewinn erzielt hatten, für unzulässig erachtet.
Gemäß Teil A Ziffer 1.2 a. der zweiten Ergänzungsvereinbarung vom 3. April 2009 wurden die Verluste der Praxen im ersten Halbjahr 2009 auf maximal 7,5 % im GKV-Umsatz und im zweiten Halbjahr 2009 gemäß Ziffer II. a. der vierten Ergänzungsvereinbarung vom 26. Juni 2009 auf 9 % begrenzt. Gemäß Teil A Ziffer 1.1 der zweiten Ergänzungsvereinbarung findet die Konvergenzregelung dabei grundsätzlich Anwendung für Ärzte in Arztpraxen oder anderen Berufsausübungsgemeinschaften, die einer RLV-relevanten Arztgruppe zugeordnet sind und sich in keiner Wachstumsphase befinden. Darüber hinaus hat der Vorstand der Beklagten in einem Grundsatzbeschluss vom 28. August 2009 entschieden, dass auf Antrag auch Praxen mit einer Obergrenze die Möglichkeit eingeräumt werden kann, an der Konvergenzregelung teilzunehmen, sofern im Quartal I/2009 die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe erreicht wurde. Weitere Voraussetzungen für die Anwendung der Beschränkung der Umsatzveränderungen der einzelnen Arztpraxen sind in Teil A Ziffer 1.1 a. bis e. normiert. Gemäß Ziffer 1.1 b darf die die Grenzwerte nach 1.2 überschreitende Höhe der Umsatzveränderung im Vergleich zum Vorjahresquartal nicht durch von der Praxis zu verantwortende Gründe entstanden und muss durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik begründet sein. Nach Ziffer 1.1 d. wird zudem vorausgesetzt, dass das RLV der Praxen mit Honorarverlust ausgeschöpft ist.
Gemäß Teil D Ziffer 2.1 des HVV in der Fassung der ersten Ergänzungsvereinbarung vom 12. Februar 2009 ist unter der Überschrift "Ärzte in der Wachstumsphase" festgelegt, dass Ärzte, die innerhalb des abzurechnenden Quartals weniger als fünf Jahre niedergelassen sind und deren RLV-relevante Fallzahl unterdurchschnittlich ist, Leistungen bis zu einer individuellen Obergrenze aus individueller Fallzahl bis maximal zur durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe und RLV-Fallwert der Gruppe nach der Euro-Gebührenordnung vergütet bekommen. Erreicht die individuelle Fallzahl innerhalb der Wachstumsphase ab I/2009 erstmalig die Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe, so erhält gemäß Teil D Ziffer 2.3 Satz 1 der Arzt für dieses und die folgenden drei Quartale die durchschnittlichen saisonalen RLV der Arztgruppe zugeordnet.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundlagen hält es der Senat für rechtswidrig, die Konvergenzregelung im Quartal III/2009 nicht auf die Klägerin anzuwenden, obwohl sie die ihr zuerkannte Obergrenze bzw. ihr RLV in diesem Quartal nicht ausgeschöpft hat.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der erweiterte Bewertungsausschuss durch die Neuformulierung des Teils A Ziffer 1. mit Beschluss vom 27. Februar 2009 im Vergleich zur Fassung im Beschluss vom 15. Januar 2009 die Ermächtigung der Partner der Gesamtverträge, Konvergenzverfahren zu beschließen, dahingehend geändert hat, dass nunmehr nicht mehr vorausgesetzt wurde, dass die Honorarverluste durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik begründet wurden, sondern lediglich noch auf die Umstellung der Steuerung auf die neue Systematik Bezug genommen wurde. Nach Auffassung des Senats liegt hierin eine Erweiterung der Ermächtigung zur Vereinbarung von Konvergenzregelungen auf Landesebene in dem Sinne, dass die Honorarverluste nicht unbedingt durch neue mengensteuernde Elemente verursacht sein müssen, sondern alle Steuerungselemente der neuen Systematik Anlass geben können, Honorarbegrenzungsmaßnahmen einzuführen. Von dieser erweiternden Ermächtigung haben die Vertragspartner in Schleswig-Holstein letztlich keinen Gebrauch gemacht, da sie in Teil A Ziffer 1.1 b. der zweiten Ergänzungsvereinbarung wiederum die Verursachung der Honorarverluste durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik zur Voraussetzung gemacht haben. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, da es den Vertragspartnern im Rahmen ihres Satzungsermessens generell freigestellt ist, auf welche Weise und in wie weit sie Regelungen aufgrund einer solchen Ermächtigung einführen, solange deren Grenzen nicht überschritten werden. Zu beachten ist allerdings in jedem Fall, dass die Regelung mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, die das Bundessozialgericht aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitet hat (st Rspr., vgl. nur BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R, juris Rn. 43), im Einklang steht.
Dies sieht der Senat zumindest im hier vorliegenden Fall nicht mehr als gegeben an. Anknüpfungspunkt ist dabei die Regelung in Teil A Ziffer 1.1 d. der zweiten Ergänzungsvereinbarung zum HVV, die voraussetzt, dass das RLV für die Anwendung der Konvergenzregelung ausgeschöpft ist. Hiermit sollte nach dem Vortrag der Beklagten sichergestellt werden, dass eine Verlustbegrenzung nur dann stattfand, wenn der Verlust tatsächlich durch die neuen Elemente der Mengensteuerung verursacht wurde. Im Ergebnis führt sie aber zumindest im vorliegenden Fall zu einer Benachteiligung der Klägerin, die sich sachlich nicht mit dem beabsichtigten Ziel hinreichend rechtfertigen lässt.
Jedenfalls wenn – wie hier – Gründe dafür vorliegen, dass das Ausschöpfen oder Nichtausschöpfen des RLV keine Aussage dafür bietet, ob eine Praxis von den zum 1. Januar 2009 eingeführten neuen Steuerungselementen in negativer Hinsicht überproportional stark betroffen ist, kann das Tatbestandsmerkmal des Ausschöpfens des RLV nicht zur Voraussetzung der Gewährung einer Konvergenzstützung gemacht werden. Im vorliegenden Fall liegen sogar zwei Gründe vor, die es nahelegen, die Frage der Konvergenzregelung vom Ausschöpfen des RLV abzukoppeln.
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das RLV der Klägerin aufgrund der Privilegierung durch die Regelungen für Wachstumsärzte höher war als es bei regulärer Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich im Aufsatzquartal abgerechneten Fälle gewesen wäre. Aufgrund der Regelung in Teil D Ziffer 2.3 Satz 1 der ersten Ergänzungsvereinbarung erhielt Frau Dr. R , die im Quartal III/2009 erstmals die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe erreichte, das durchschnittliche saisonale RLV ihrer Arztgruppe zugeordnet. Dieses lag deutlich höher als es ein regulär ermitteltes RLV auf der Basis ihrer Fallzahl des Vorjahresquartals gewesen wäre. Denn im Quartal III/2008 hatte Frau Dr. R eine Fallzahl von lediglich 94, während die durchschnittliche Fallzahl im Quartal III/2009 166,5 betrug. Diese Regelung privilegierte die Klägerin einerseits, da sie mehr Leistungen innerhalb des RLV abrechnen konnte, ohne dass es zu einer abgestaffelten Vergütung kam. Auf der anderen Seite führte die Regelung aber dazu, dass es für die Klägerin schwieriger war, das RLV auszuschöpfen, um von der Anwendung der Konvergenzregelung profitieren zu können. Die Regelung, die Gewährung einer Konvergenzstützung vom Ausschöpfen des RLV abhängig zu machen, führt somit im Ergebnis zu einer Benachteiligung von Praxen, auf die die Privilegierungsvorschriften für Wachstumsärzte Anwendung finden. In anderer Konstellation hat das Bundessozialgericht eine solche Benachteiligung von BAGs mit einem Arzt in der Aufbauphase zuletzt ausdrücklich für nicht mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vereinbar erklärt (Urteil vom 24. Januar 2018 – B 6 KA 2/17 R, Rn. 33). Im dort entschiedenen Fall hatte es dargelegt, dass es ohne Weiteres möglich sei, eine Benachteiligung von Ärzten in der Aufbauphase sowie von Kooperationsformen, an denen solche Ärzte beteiligt seien, systemkonform zu vermeiden (BSG ebd., Rn. 32). Dies sieht der Senat auch für die hier entschiedene Konstellation als gegeben an. Denn erst dadurch, dass die Beklagte an das Ausschöpfen des RLV andere positive Rechtsfolgen geknüpft hat (Anwendung der Konvergenzregelung), kommt es zu dieser systematischen Benachteiligung von Praxen in der Wachstumsphase. Diese wäre systemkonform vermeidbar, wenn die Konvergenzstützung von der Ausschöpfung des RLV abgekoppelt wäre.
Zum anderen führte die Verschiebung diverser Leistungen aus dem Leistungsspektrum der Klägerin aus dem budgetären Bereich in den extrabudgetären Bereich dazu, dass das Leistungsspektrum innerhalb des RLV nur noch sehr gering war. Im Quartal III/2009 betrug das Vergütungsvolumen der Klägerin innerhalb des RLV lediglich 10.316,13 EUR gegenüber einem Honorar im konvergenzrelevanten Bereich in Höhe von 117.110,43 EUR. Die Leistungen innerhalb des RLV betrugen somit lediglich 8,81 % des konvergenzrelevanten Honorars, bzw. 4,58 % des gesamten vertragsärztlichen Honorars. Weitere Leistungen aus dem Kapitel 31 EBM erbrachte die Klägerin im Umfang von 56.885,80 EUR. Diese Leistungen waren zwar konvergenz-, nicht jedoch RLV-relevant. Auch in diesem Fall wirkte sich die Verschiebung von Leistungen in den extrabudgetären Bereich eigentlich zunächst positiv für die Klägerin aus, da mehr Leistungen ohne die mögliche Folge abgestaffelter Vergütung abgerechnet werden konnten. Folge davon war aber ebenso, dass das Ausschöpfen des RLV erschwert wurde.
Im Zusammenspiel dieser Umstände war es für die Klägerin deutlich erschwert, ihr RLV auszuschöpfen. Zugleich war sie jedoch von erheblichen Verlusten aufgrund der zum Quartal I/2009 neu eingeführten Honorarsystematik betroffen. Ihr Verlust betrug im Quartal III/2009 im konvergenzrelevanten Bereich 19.662,11 EUR, was 14,38 % gegenüber dem konvergenzrelevanten Honorar des Vorjahresquartals entsprach. Im Vergleich zu Ärzten, die ihr RLV ggf. nur gering überschritten und dadurch in den Genuss kamen, nicht nur die Verluste aufgrund der abgestaffelten Vergütung oberhalb des RLV auf den Grenzwert von 9 % begrenzt zu erhalten, sondern einen Ausgleich all ihrer Verluste jenseits der 9 % im konvergenzrelevanten Bereich erhielten, sieht der Senat hier eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung in der Honorarverteilung als gegeben an.
Im Übrigen hätte der Senat aber auch ohne diese im vorliegenden Fall gegebenen Besonderheiten erhebliche Bedenken, ob die Regelung in Teil A Ziffer 1.1.d. des HVV geeignet sein kann, das von der Beklagten verfolgte Ziel, nur diejenigen Praxen von der Konvergenzregelung profitieren zu lassen, die auch durch die neuen Elemente der Mengensteuerung besonders betroffen sind, zu erreichen. Vielmehr bestehen insgesamt Bedenken, dass diese Regelung mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit in Einklang zu bringen ist. Dabei sieht es der Senat als problematisch an, dass die genannte Regelung lediglich auf Tatbestandsseite an das Ausschöpfen des RLV anknüpft. Liegt diese Voraussetzung neben den anderen Tatbestandsmerkmalen vor, sind als Rechtsfolge grundsätzlich alle Honorarverluste im konvergenzrelevanten Bereich auf die jeweils geltenden Grenzwerte zu reduzieren. Damit werden auch Verluste erfasst, die nicht unmittelbar auf die neuen Mengensteuerungselemente zurückzuführen sind. Da zum Quartal I/2009 neben der Einführung der RLV diverse weitere Änderungen im System der vertragsärztlichen Honorierung vorgenommen wurden, die als Gesamtpaket die neue Honorarsystematik bestimmen, etwa die Einführung eines festen Orientierungswerts in Höhe von 3,5 Cent, Änderungen der Punktwerte im EBM und Verschiebungen von Leistungen, die zuvor budgetär vergütet wurden, in den extrabudgetären Bereich oder umgekehrt, konnten Verluste – wie im Fall der Klägerin – auch durch die neue Systematik entstehen, die nicht durch die Begrenzung der Leistungsmenge durch die RLV verursacht wurden. Im Ergebnis führt die von den Vertragspartnern getroffene Regelung dazu, dass eine Praxis, die (auch) Verluste durch die Mengensteuerung in Form der RLV erleidet, all ihre Verluste auf den jeweils geltenden Prozentsatz begrenzt erhält, während eine Praxis, die (nur) Verluste aufgrund anderer Module des neuen Systems der Honorarverteilung erfährt und nicht zugleich Teile ihrer Vergütung lediglich abgestaffelt vergütet bekommt, überhaupt nicht in den Genuss der Verlustbegrenzung kommt. Ob sich hieraus ein genereller Verstoß dieser Regelung gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ergibt, kann der Senat im vorliegenden Fall im Ergebnis jedoch offen lassen, da sich, wie bereits dargestellt, zumindest im Fall der Klägerin das Ausschöpfen des RLV als Anknüpfungspunkt für die Gewährung einer Konvergenzstützung verbietet.
Das Argument der Beklagten, dass ohne die hier im Streit stehende Regelung auch ein Vertragsarzt, der lediglich noch einen Fall zur Abrechnung bringe, von der Begrenzung seines Honorarverlustes profitiere, ist demgegenüber nach Auffassung des Senats nicht schlüssig. Durch die Regelungen zum Konvergenzausgleich in den Beschlüssen des erweiterten Bewertungsausschusses und im HVV ist bereits ohne weitere einschränkende Regelungen sichergestellt, dass nur Honorarverluste ausgeglichen werden, die durch die neuen Steuerungselemente verursacht wurden. So müsste etwa ein erheblicher Fallzahlrückgang berücksichtigt werden und gegebenenfalls zum Ausschluss der Konvergenzstützung führen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und folgt der Sachentscheidung.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da er der Rechtssache trotz der mittlerweile geänderten Rechtslage im Hinblick auf noch anhängige weitere Verfahren zu diesem Streitgegenstand grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Höhe des Honorars der Klägerin für die Quartale I/2009 sowie III/2009 bis II/2010. Im Streit ist insbesondere, ob die Klägerin einen Anspruch auf Konvergenzzuschläge hat. Streitgegenständlich ist hier das Honorar für das Quartal III/2009.
Die Klägerin ist eine fachübergreifende Berufsausübungsgemeinschaft in K , die im streitigen Zeitraum aus den Fachärzten für Anästhesiologie Dr. G , Dr. J , Herrn S und Dr. R bestand. Frau Dr. R ist seit dem Quartal I/2009 bei der Klägerin beschäftigt. Zuvor war sie in einer Einzelpraxis tätig. Sie befand sich im gesamten streitigen Zeitraum noch in der Wachstumsphase.
Im Quartal III/2008 hatte Dr. R in ihrer Praxis in Ka im Kreis Sa 94 Fälle behandelt und ein konvergenzrelevantes Honorar von 14.390,23 EUR erzielt.
Für das Quartal III/2009 teilte die Beklagte der Klägerin mit Schreiben vom 4. Juni 2009 eine Gesamt-Obergrenze iHv 9.384,64 EUR mit.
Mit Telefax vom 16. Oktober 2009 wies die Klägerin die Beklagte darauf hin, dass einige der dort im Einzelnen aufgeführten Fälle aus der Abrechnung für das Quartal III/2009 herausgenommen werden müssten.
Mit Honorarabrechnung vom 4. Februar 2010 setzte die Beklagte das Honorar der Klägerin für das Quartal III/2009 iHv 225.227,98 EUR fest. Die Fallzahl von Frau Dr. R betrug in diesem Quartal 176 gegenüber einer durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe von 166,5. Vom bereitgestellten Regelleistungsvolumen (RLV) in Höhe von 10.323,10 EUR hatte die Klägerin 10.316,13 EUR abgefordert. Obwohl die Beklagte den Honorarverlust der Klägerin gegenüber dem Basisquartal mit 14,38 % bzw. 19.662,11 EUR bezifferte, gewährte sie keine Konvergenzstützung, da das RLV der Klägerin nicht ausgeschöpft worden sei. Im Rahmen der Honorarabrechnung hatte die Beklagte einige sachlich-rechnerische Korrekturen vorgenommen.
Mit Schreiben vom 12. Februar 2010 legte die Klägerin Widerspruch gegen die Honorarabrechnung für das Quartal III/2009 ein. Zur Begründung ihres Widerspruchs kritisierte sie die Abrechnung der Sonderverträge. Zudem machte sie eine Honorar-stützung durch die Konvergenzregelung geltend. Bereits im Quartal II/2009 habe der RLV-Fallwert infolge der noch nicht vorgenommenen Differenzierung innerhalb der Fachgruppe der Anästhesisten so hoch gelegen, dass das RLV für eine schwerpunktmäßig operativ tätige Praxis bei unveränderter Leistungsmenge im Vergleich zum Bemessungszeitraum unter keinen Umständen erreichbar gewesen sei. Der erweiterte Bewertungsausschuss habe in seinem Beschluss vom 15. Januar 2009 zur Einführung einer Konvergenzphase die Bedingung der Ausschöpfung des RLV nicht vorgesehen. Diese Voraussetzung verstoße im Übrigen gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit. Für sie, die Klägerin, machten die RLV-Leistungen nur einen Anteil von ca. 20 % der Vergütung aus. Die Honorarverluste ergäben sich infolge der geänderten Vergütungssystematik hauptsächlich im operativen Bereich durch die niedrigen Werte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum. Auch diese Honorarverluste müssten im Rahmen einer Konvergenzstützung berücksichtigt werden, auch wenn das RLV nicht ausgeschöpft sei. Ansonsten würden schwerpunktmäßig operativ tätige Anästhesisten massiv benachteiligt. Im Quartal III/2009 sei das RLV lediglich um 6,97 EUR unterschritten worden. Tatsächlich habe sogar eine Überschreitung vorgelegen, die jedoch aufgrund einer unrechtmäßigen sachlich-rechnerischen Korrektur nach unten korrigiert worden sei. Es sei zu diversen Umsetzungen der Grundpauschale gekommen. Dabei seien jedoch nicht alle abgerechneten Grundpauschalen berücksichtigt worden. Die GOP 05210 sei 137 mal abgerechnet, jedoch nur 136 mal in die GOP 05215R umgesetzt worden. Die GOP 05211 EBM sei 630 mal abgerechnet und nur 612 mal in die GOP 05211R umgesetzt worden. Auch bei der GOP 05212 habe eine Reduzierung von 211 abgerechneten Fällen auf nur noch 210 mal GOP 05210X stattgefunden. Schließlich beantragte die Klägerin vorsorglich eine Honorarstützung im Rahmen einer Härtefallanpassung.
Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juli 2011 wies die Beklagte den Widerspruch der Klägerin zurück. Sie stellte das Vergütungssystem der Regelleistungsvolumina auf der Grundlage des Euro-EBM dar und führte hinsichtlich des Quartals III/2009 aus, dass eine Korrektur der Honorarabrechnung auf Bitte der Klägerin erfolgt sei, die mit Telefax vom 16. Oktober 2009 um die Herausnahme diverser Patienten aus der Abrechnung gebeten habe. Soweit die Durchschnittsfallzahl erreicht worden sei, sei Dr. R Teilnehmerin an der Konvergenzregelung geworden.
Gegen die Entscheidung hat die Klägerin am 22. August 2011 beim Sozialgericht Kiel Klage erhoben. Sie hat ausgeführt, hinsichtlich des Begehrens in Bezug auf die Sonderumlage habe die Beklagte mit Bescheid vom 29. Mai 2013 eine Nachvergütung vorgenommen, weshalb dieser Angriffspunkt erledigt, jedoch im Rahmen der Streitwertfestsetzung und im Rahmen der Kostenentscheidung weiter zu berücksichtigen sei. Die Beklagte habe der Klägerin im Quartal III/2009 zu Unrecht eine Teilnahme an der Konvergenzregelung unter Hinweis auf ein nicht ausgeschöpftes RLV verweigert. Das objektiv der Praxis zustehende RLV sei tatsächlich ausgeschöpft worden. Es gehe aus den Verwaltungsakten nicht hervor, dass die in der Honorarabrechnung ausgewiesenen sachlich-rechnerischen Korrekturen im Zusammenhang mit dem Telefaxschreiben vom 16. Oktober 2009 stünden. Die Honorarabrechnung weise vielmehr bereits diverse sachlich-rechnerische Korrekturen für RLV-relevante Leistungen mit der Begründung aus, dass diese Leistungen aufgrund der LANR-Kennzeichnung nach den Präambeln nicht berechnungsfähig seien oder es sich um Leistungen handele, für die keine Genehmigung vorliege. Es werde nachdrücklich bestritten, dass die vorgenommenen sachlich-rechnerischen Korrekturen berechtigt gewesen seien. Zudem habe ungeachtet dieser Korrekturen auch die Qualifizierung von Frau Dr. R als Wachstumsärztin dazu geführt, dass das RLV der gesamten Praxis geringfügig um 6,97 EUR unterschritten und daher zu Lasten der gesamten Praxis die Anwendbarkeit der Konvergenzregelung von der Beklagten abgelehnt worden sei. Dadurch, dass die Obergrenze von Frau Dr. R bei der Berechnung der konvergenzrelevanten Leistungen berücksichtigt und hierbei die im Vergleich zum Vorjahr relativ hohe Fallzahl des Abrechnungsquartals zugrunde gelegt worden sei, sei es zu der relativ hohen Obergrenze gekommen. Sie, die Klägerin, stünde insofern besser, wenn Dr. R nicht als Wachstumsärztin behandelt würde. Dies könne nicht der Zweck der eigentlich gewollten Privilegierung von Ärzten in der Wachstumsphase sein. Des Weiteren seien die im Rahmen der RLV-Berechnung zugrunde gelegten Fallzahlen nicht nachvollziehbar. Es hätten nach den Vorgaben des Bewertungsausschusses nur kurativ-ambulante Behandlungsfälle für das RLV berücksichtigt werden dürfen. Es sei zu vermuten, dass die Beklagte auch belegärztlich-stationäre Behandlungsfälle bei der Fallzahlzählung berücksichtigt habe, in denen jedoch gar keine dem RLV unterliegenden Leistungen abgerechnet worden seien. Möglicherweise habe die Beklagte auch nicht hinreichend beachtet, dass ab dem Quartal III/2009 Anästhesien aus dem Kapitel 5.3 EBM nicht mehr in das RLV gefallen seien. Ungeachtet der tatsächlichen Voraussetzungen widerspreche es aber auch dem Gleichbehandlungsgebot aus Art. 3 Abs. 1 Grundgesetz (GG), die Honorarstützung im Rahmen der Konvergenzregelung von der Ausschöpfung des RLV abhängig zu machen. Das Honorar für RLV-relevante Leistungen mache in Ihrem Fall, dem der Klägerin, nur einen Anteil von unter 5 % am Gesamthonorar für GKV-Leistungen aus. Der überwiegende Teil der Honorarverluste betreffe außerhalb des RLV verbuchte Leistungen. Es sei keine sachliche Rechtfertigung für eine Ungleichbehandlung von Praxen abhängig von der Ausschöpfung des zugebilligten RLV ersichtlich.
Die Klägerin hat beantragt,
die Honorarabrechnung für das Quartal III/2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 abzuändern und die Beklagte zu verpflichten, sie, die Klägerin, unter Beachtung der Rechtserfassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte hat beantragt
die Klage abzuweisen.
Sie hat sich auf die der Regelung zugrundeliegenden Beschlussfassungen des erweiterten Bewertungsausschusses und die Vereinbarungen der Vertragspartner gestützt und ausgeführt, die Festlegung individueller Obergrenzen für Ärzte in der Wachstumsphase beruhe auf der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, nach der Praxen in der Anfangsphase die Möglichkeit haben müssten, den Honorardurchschnitt der Fachgruppe innerhalb eines absehbaren Zeitraums erreichen zu können. Daher sei von der Zuteilung eines RLV, die Grundlage für die Konvergenzregelung sei, für diese Ärzte abgesehen worden. Es sei zu berücksichtigen, dass Ärzte in der Wachstumsphase bei Anwendung der Konvergenzregelung bei möglichen Gewinnen auch Honorar hätten abgeben müssten. Dies würde aber der Vorgabe des BSG zur Entwicklungsmöglichkeit unterdurchschnittlich abrechnender Wachstumspraxen zuwider laufen. Die Vorgaben des erweiterten Bewertungsausschusses für Neuzulassungen und Umwandlungen der Kooperationsformen hätten gesonderte Regelungen auf Landesebene ermöglicht, sodass auch die Konvergenzregelung nicht zwingend auf diese Praxen anzuwenden gewesen sei. Vor dem Hintergrund, dass Wachstumsärzte bei der Honorierung einen Sonderstatus einnähmen, da davon ausgegangen werde, dass sie sich noch entwickelten und sich auch honorarseitig noch nicht fest etabliert hätten, seien diese mit länger zugelassenen Ärzten nicht vergleichbar, so dass kein Grund zur Annahme eines Verstoßes gegen den Gleichheitsgrundsatz bestehe. Dr. R habe im Quartal III/2009 die Durchschnittsfallzahl erreicht. Dementsprechend sei ihr das durchschnittliche saisonale RLV der Arztgruppe zugeordnet worden. Mit Erreichen der Durchschnittsfallzahl im Jahr 2009 sei sie folgerichtig auch Teilnehmerin an der Konvergenzregelung geworden.
Entgegen der Ansicht der Klägerin sei es rechtlich nicht zu beanstanden, die Anwendung der Konvergenzregelung von der Ausschöpfung des RLV abhängig zu machen. Im Hinblick auf die erkennbare Zielsetzung, die Vertragsärzte an die neue Honorarverteilungssystematik heranzuführen, sei es sachgerecht und rechtmäßig, eine Honorarstützung davon abhängig zu machen, dass das RLV, in dem der überwiegende Teil der fachgruppentypischen Leistungen abgerechnet werden solle, auch ausgeschöpft worden sei. Ein Verstoß gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz sei schon deshalb nicht zu erkennen, weil alle Ärzte, die ein RLV erhielten, von dieser Regelung gleichermaßen betroffen gewesen seien.
Mit Bescheid vom 29. Mai 2013 hat die Beklagte dem Begehren der Klägerin hinsichtlich der Höhe der Sonderumlage abgeholfen und Nachvergütungen für die im Streit befindlichen Quartale vorgenommen (für das Quartal III/2009 in Höhe von 1.351,83 EUR). In der mündlichen Verhandlung haben die Beteiligten einen Teilvergleich dahingehend geschlossen, dass sich die Beklagte verpflichtet hat, die Hälfte der nicht gewährten strukturvertraglichen Förderung für die einzelnen Quartale jeweils nachzuvergüten und im Rahmen einer Verurteilung wegen der Konvergenzregelung die dadurch bedingte Veränderung der konvergenzrelevanten Leistungsanteile zur Ermittlung des Vergleichshonorars zu berücksichtigen.
Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 9. September 2015 die Honorarabrechnung für das Quartal III/2009 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 abgeändert und die Beklagte verurteilt, die Honorierung der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts erneut zu bescheiden. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Honorierung im Quartal III/2009 nicht sachgerecht erfolgt sei. Es sei falsch gewesen, die Gewährung einer Konvergenzstützung davon abhängig zu machen, ob das RLV im Quartal durch die Praxis ausgeschöpft worden sei. Die Besonderheit der Gruppe der operierenden Anästhesisten mit einem Leistungsanteil von nur 10 % innerhalb des RLV und 90 % der erbrachten Leistungen außerhalb des RLV zeige, dass sich die zwingende Voraussetzung der Ausschöpfung des RLV für eine Anwendung der Konvergenzstützung bei einer solchen Gruppe als nicht sachgerecht darstelle. Damit hätten die Vertragsärzte der Gruppe der operierenden Anästhesisten nicht die Möglichkeit, an der zum Ausgleich von Honorarverlusten geschaffenen Konvergenzregelung überhaupt teilnehmen zu können. Die Beklagte habe für die Gruppe der Vertragsärzte der Klägerin angesichts des nur geringen RLV-Leistungsanteils einen anderen Maßstab wählen müssen.
Die Beklagte hat gegen das ihr am 17. Februar 2016 zugestellte Urteil am 11. März 2016 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt sie vor, die Konvergenzregelung solle nicht dazu dienen, sämtliche Honorarverluste aufzufangen. Neben der Konvergenzregelung habe es Regelungen zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Erste Ergänzungsvereinbarung zur "Vereinbarung zur Honorierung vertragsärztlicher Leistungen im Jahr 2009", unter 5.) gegeben, die allerdings einen Honorarverlust von mindestens 15 % voraussetzten. Mit der Konvergenzregelung hätten nur die möglichen finanziellen Auswirkungen der neuen Honorarverteilungssystematik auf die hiervon betroffenen Praxen abgefedert und eine schrittweise Anpassung an diese ermöglicht werden sollen. Wenn eine Praxis wie die der Klägerin ohnehin lediglich einen sehr geringen Anteil ihres Honorars im Rahmen des RLV generiere, habe die Umstellung der Honorarverteilungssystematik für diese Praxis auch nur sehr geringe Auswirkungen. Werde das RLV nicht ausgeschöpft, sei dieses indiziell dafür, dass mögliche Honorarverluste nicht etwa auf die Umstellung auf die RLV-Systematik zurückzuführen seien, sondern andere Ursachen, zum Beispiel einen Rückgang der ärztlichen Leistungen insgesamt, hätten. Diese anderweitig bedingten Honorarverluste hätten jedoch mit der Konvergenzregelung nicht aufgefangen werden sollen. Dass die Ausschöpfung des RLV eine sachgerechte und nicht etwa willkürlich festgelegte Voraussetzung für eine Honorarstützung sei, verdeutliche der hypothetische Fall eines Vertragsarztes, der seine Tätigkeit nahezu ganz einstelle und nur einen Fall abrechne. Auch dieser hätte, die Auffassung des Sozialgerichts als richtig unterstellt, dann einen Anspruch auf Begrenzung seines Honorarverlustes und damit eine Honorarstützung. Dies könne im Ergebnis nicht richtig sein. Soweit die Klägerin darauf verweise, dass auch eine Absenkung des Orientierungswertes (OW) Teil der Strukturveränderung sei und zu Honorarverlusten unabhängig vom RLV geführt habe, sei anzumerken, dass der OW auf alle Ärzte anzuwenden sei, unabhängig davon, ob die RLV-Regelung bei ihnen eingreife oder nicht. Auch Ärzte, die außerhalb des RLV-Systems abrechneten, seien vom gesetzlich festgelegten OW betroffen, ohne dass dort ein Ausgleich über die Konvergenzregelung erfolgen könne.
Die Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 9. September 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie stellt für das Quartal III/2009 beispielhaft dar, dass der Anteil des Vergütungsvolumens im RLV mit 10.316,13 EUR gegenüber dem für die Konvergenzregelung relevanten Honorar in Höhe von 117.110,43 EUR lediglich 8,81 % betrage. Ferner sei dem Einzelleistungsnachweis der Honorarabrechnung III/2009 zu entnehmen, dass ein wesentlicher Teil der außerhalb des RLV, aber im Rahmen des für die Konvergenzregelung relevanten Honorars vergüteten Leistungen aus dem Bereich des Kapitels 31 EBM-Ä und damit aus dem Vergütungsbereich der anästhesiologischen Leistungen im Zusammenhang mit ambulanten belegärztlichen Operationen resultiere. Durch die Nichteinbeziehung in die RLV solle die Förderung dieser Leistungen ermöglicht werden. Den konvergenzrelevanten Honorarverlust von absolut 19.662,11 EUR in diesem Leistungsbereich unberücksichtigt zu lassen, weil das RLV um 6,97 EUR unterschritten worden sei, stehe außerhalb jeder Verhältnismäßigkeit und dem Willen des Gesetzgebers entgegen. Denn durch eine solche Regelung werde die Abwertung der Praxistätigkeit des Anästhesisten in Verbindung mit den ambulanten belegärztlichen Leistungen statuiert. So stelle auch der Ergänzungsbeschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 15. Januar 2009 ausdrücklich klar, dass sicherzustellen sei, dass bei der Bewertung der Höhe der Honorarverluste der "GKV-Gesamtumsatz einer Praxis einschließlich der zu erwartenden Vergütung für Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und einschließlich der Vergütung aus Vorwegabzügen zu berücksichtigen" sei. Diese Vorgabe des erweiterten Bewertungsausschusses regele deutlich, dass sämtliche Vergütungsbestandteile des gesamten GKV-Umsatzes als Vergütungsteile in der Berechnung des Honorarverlustes zu berücksichtigen und damit auch entsprechend auszugleichen seien. Diese Wertung des erweiterten Bewertungsausschusses werde auch deutlich im Beschluss vom 27. Februar 2009, da dort darauf verwiesen werde, dass das Ziel der schrittweisen Anpassung der Steuerung der vertragsärztlichen Leistungen insbesondere der arzt- und praxisbezogenen RLV verfolgt werde. Des Adverbs "insbesondere" hätte es bei einer anderen Auslegung nicht bedurft. Die Beschlüsse des erweiterten Bewertungsausschusses gingen nach der Rechtsprechung des BSG den Regelungen des HVV vor. Schließlich gehe die Beklagte fehl, wenn sie schlussfolgere, dass eine Praxis, die lediglich einen geringen Anteil ihres Honorars im Rahmen des RLV generiere, mögliche Honorarverluste nicht durch die Umstellung auf die RLV-Systematik erleide. So beeinflusse das System der RLV auch die Vergütung solcher Leistungen, die nicht Bestandteil der RLV seien. Die Strukturveränderung liege darin, dass zuvor extrabudgetäre Leistungen ab dem Quartal I/2009 mit dem OW zu 3,5 Cent bewertet worden seien. Vor I/2009 hätten die Vergütungswerte zwischen 4 und 5 Cent gelegen. Im Übrigen sei der von der Beklagten hypothetisch gebildete Fall einer Praxis, die lediglich nur noch einen Fall behandelt habe, nicht tragend, da hier die Honorar-stützung bereits daran scheitern würde, dass Honorarverluste gemäß Teil A. 1 des Beschlusses des erweiterten Bewertungsausschusses vom 15. Januar 2009 nur auszugleichen seien, sofern die Honorarverluste nicht durch von der Praxis zu verantwortende Gründe entstanden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge und der Gerichtsakten verwiesen; sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung und der Beratung gewesen.
Entscheidungsgründe:
Die Berufung der Beklagten ist zulässig, insbesondre ist sie innerhalb der Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingelegt worden.
Die Berufung ist jedoch nicht begründet, da das angefochtene Urteil des Sozialgerichts rechtmäßig ist. Der Senat ist wie das Sozialgericht der Auffassung, dass die Honorarabrechnung der Beklagten vom 4. Februar 2010 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juli 2011 rechtswidrig ist und die Klägerin dadurch in ihren Rechten verletzt. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Neufestsetzung ihres Honorars für das Quartal III/2009 durch die Beklagte, wobei diese die Rechtsauffassung des Senats zu berücksichtigen hat.
Gemäß § 85 Abs. 4 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) in der Fassung des GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetzes vom 26. März 2007 (BGBl. I Seite 378) verteilt die Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen im Sinne des § 85 Abs. 1 SGB V an die Vertragsärzte. In der vertragsärztlichen Versorgung verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung gemäß § 73 SGB V. Sie wendet gemäß Satz 2 der Vorschrift bei der Verteilung den mit den Landesverbänden der Krankenkassen und der Ersatzkassen gemeinsam und einheitlich zu vereinbarenden Verteilungsmaßstab an. Gemäß Satz 3 sind bei der Verteilung Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zugrunde zu legen. Für die Honorarverteilung ab dem 1. Januar 2009 enthält § 87b Abs. 2 SGB V besondere von den Vertragspartnern einzuhaltende Bestimmungen. Die Vergütung hat nach § 87b Abs. 1 SGB V ab diesem Stichtag auf der Grundlage der regional geltenden Euro-Gebührenordnung nach § 87a Abs. 2 SGB V zu erfolgen. Nach Abs. 2 sind ab dem ersten Quartal 2009 zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Arztes und der Arztpraxis arzt- und praxisbezogene Regelleistungsvolumina festzulegen. Ein Regelleistungsvolumen in diesem Sinne ist gemäß Satz 2 die von einem Arzt oder der Arztpraxis in einem bestimmten Zeitraum abrechenbare Menge der vertragsärztlichen Leistungen, die mit den in der Euro-Gebührenordnung gemäß § 87a Abs. 2 SGB V enthaltenen und für den Arzt oder die Arztpraxis geltenden Preisen zu vergüten ist. Abweichend von Abs. 1 Satz 1 (Vergütung nach der regional geltenden Euro-Gebührenordnung) ist die das RLV überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Preisen zu vergüten; bei einer außergewöhnlich starken Erhöhung der Zahl der behandelten Versicherten kann hiervon abgewichen werden. Die Werte der RLV sind nach § 87b Abs. 3 Satz 1 SGB V morbiditätsgewichtet und differenziert nach Arztgruppen und Versorgungsgraden sowie unter Berücksichtigung der Besonderheiten kooperativer Versorgungsformen festzulegen. Soweit dazu Veranlassung besteht, sind gemäß § 87b Abs. 3 Satz 3 SGB V auch Praxisbesonderheiten bei der Bestimmung des RLV zu berücksichtigen. Nach § 87b Abs. 4 Satz 1 SGB V bestimmt der Bewertungsausschuss erstmalig bis zum 31. August 2008 das Verfahren zur Berechnung und zur Anpassung der Regelleistungsvolumina nach den Abs. 2 und 3 sowie Art und Umfang, das Verfahren und den Zeitpunkt der Übermittlung der dafür erforderlichen Daten. In Ausführung dieser Bestimmung hat der erweiterte Bewertungsausschuss (§ 87 Abs. 4 SGB V) im Beschluss vom 27./28. August 2008, Teil F Ziffer 1.2.4 bestimmt, dass die Zuweisung der Regelleistungsvolumina praxisbezogen erfolgt. Die Ausgestaltung der Regelleistungsvolumina erfolgt in Teil F Ziffer 3.2.1 des Beschlusses. In dem Beschluss ist den Partnern der Gesamtverträge aufgegeben worden, Regelungen für Neuzulassungen und Umwandlungen der Kooperationsform zwischen Ärzten zu treffen (Teil F Ziffer 3.5). Ferner sind Regelungen für Praxisbesonderheiten (Ziffer 3.6) und als Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten (Ziffer 3.7) zu schaffen. Im Beschluss des erweiterten Bewertungsausschusses vom 15. Januar 2009 hat dieser ergänzend in Teil A Ziffer 1. ausgeführt, dass zur Vermeidung von überproportionalen Honorarverlusten und zur Sicherung der flächendeckenden Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen die im Teil F des Beschlusses vom 27./28. August 2008 beschlossenen Regelungen, insbesondere zu den Praxisbesonderheiten und zum Ausgleich von überproportionalen Honorarverlusten und zur Modifikation von relevanten Arztgruppen anzuwenden seien. Sollte es nach Anwendung dieser Regelungen nachweislich weiterhin zu überproportionalen Honorarverlusten und zu Pro-blemen der Sicherung der flächendeckenden Versorgung mit vertragsärztlichen Leistungen kommen, könnten die Partner der Gesamtverträge einvernehmlich ab dem 1. April 2009 zeitlich begrenzt bis zum 31. Dezember 2010 das unter den Ziffern 2. bis 4. dargestellte Verfahren zur schrittweisen Anpassung der RLV (Konvergenzverfahren) beschließen, sofern die Honorarverluste nicht durch von der Praxis zu verantwortende Gründe entstanden und durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik begründet seien. Es sei sicherzustellen, dass bei der Bewertung der Höhe der Honorarverluste der GKV-Gesamtumsatz einer Praxis einschließlich der zu erwartenden Vergütung für Leistungen außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung und einschließlich der Vergütung aus Vorwegabzügen berücksichtigt werde. Mit Beschluss vom 27. Februar 2009 änderte der erweiterte Bewertungsausschuss den Beschlussteil A vom 15. Januar 2009 in Teil A Ziffer 1 dahingehend, dass die Partner der Gesamtverträge entsprechende Konvergenzverfahren beschließen könnten, sofern diese Honorarverluste durch die Umstellung der Steuerung auf die neue Systematik begründet seien.
Die Festsetzung des Vertragsinhalts für das Jahr 2009 über die Honorierung der vertragsärztlichen Leistungen erfolgte in Schleswig-Holstein durch das Landesschiedsamt mit Beschluss vom 25. November 2008 (HVV), der an die Stelle der Honorarvereinbarung der Vertragspartner gemäß § 85 Abs. 1 Satz 2 SGB V tritt (BSG v. 21. Dezember 2012 – B 6 KA 21/11 R – SozR 4-2500 § 87a Nr. 1). Hierzu schlossen die Vertragspartner am 12. Feb¬ruar 2009 eine erste Ergänzungsvereinbarung. Unter Ziffer 3 der Ergänzungsvereinbarung sind Regelungen für Ärzte in der Wachstumsphase getroffen, unter Ziffer 5 sind Regelungen für Härtefälle und Praxisbesonderheiten vorgesehen. In der 2. Ergänzungsvereinbarung zum HVV vom 3. April 2009 trafen die Vertragspartner Regelungen über eine Konvergenzphase für einen Ausgleich zwischen Praxen mit überproportionalen Verlusten und Praxen mit Honorargewinnen. Mit Urteil vom 5. Juni 2013 (B 6 KA 47/12 R - SozR 4-2500 § 87b Nr. 2) hat das BSG derartige Honorarausgleichsmaßnahmen grundsätzlich für zulässig, jedoch einen Abzug bei den Praxen, die durch die Einführung der RLV einen Honorargewinn erzielt hatten, für unzulässig erachtet.
Gemäß Teil A Ziffer 1.2 a. der zweiten Ergänzungsvereinbarung vom 3. April 2009 wurden die Verluste der Praxen im ersten Halbjahr 2009 auf maximal 7,5 % im GKV-Umsatz und im zweiten Halbjahr 2009 gemäß Ziffer II. a. der vierten Ergänzungsvereinbarung vom 26. Juni 2009 auf 9 % begrenzt. Gemäß Teil A Ziffer 1.1 der zweiten Ergänzungsvereinbarung findet die Konvergenzregelung dabei grundsätzlich Anwendung für Ärzte in Arztpraxen oder anderen Berufsausübungsgemeinschaften, die einer RLV-relevanten Arztgruppe zugeordnet sind und sich in keiner Wachstumsphase befinden. Darüber hinaus hat der Vorstand der Beklagten in einem Grundsatzbeschluss vom 28. August 2009 entschieden, dass auf Antrag auch Praxen mit einer Obergrenze die Möglichkeit eingeräumt werden kann, an der Konvergenzregelung teilzunehmen, sofern im Quartal I/2009 die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe erreicht wurde. Weitere Voraussetzungen für die Anwendung der Beschränkung der Umsatzveränderungen der einzelnen Arztpraxen sind in Teil A Ziffer 1.1 a. bis e. normiert. Gemäß Ziffer 1.1 b darf die die Grenzwerte nach 1.2 überschreitende Höhe der Umsatzveränderung im Vergleich zum Vorjahresquartal nicht durch von der Praxis zu verantwortende Gründe entstanden und muss durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik begründet sein. Nach Ziffer 1.1 d. wird zudem vorausgesetzt, dass das RLV der Praxen mit Honorarverlust ausgeschöpft ist.
Gemäß Teil D Ziffer 2.1 des HVV in der Fassung der ersten Ergänzungsvereinbarung vom 12. Februar 2009 ist unter der Überschrift "Ärzte in der Wachstumsphase" festgelegt, dass Ärzte, die innerhalb des abzurechnenden Quartals weniger als fünf Jahre niedergelassen sind und deren RLV-relevante Fallzahl unterdurchschnittlich ist, Leistungen bis zu einer individuellen Obergrenze aus individueller Fallzahl bis maximal zur durchschnittlichen Fallzahl der Arztgruppe und RLV-Fallwert der Gruppe nach der Euro-Gebührenordnung vergütet bekommen. Erreicht die individuelle Fallzahl innerhalb der Wachstumsphase ab I/2009 erstmalig die Durchschnittsfallzahl der Arztgruppe, so erhält gemäß Teil D Ziffer 2.3 Satz 1 der Arzt für dieses und die folgenden drei Quartale die durchschnittlichen saisonalen RLV der Arztgruppe zugeordnet.
Unter Zugrundelegung dieser Rechtsgrundlagen hält es der Senat für rechtswidrig, die Konvergenzregelung im Quartal III/2009 nicht auf die Klägerin anzuwenden, obwohl sie die ihr zuerkannte Obergrenze bzw. ihr RLV in diesem Quartal nicht ausgeschöpft hat.
Dabei ist zunächst zu berücksichtigen, dass der erweiterte Bewertungsausschuss durch die Neuformulierung des Teils A Ziffer 1. mit Beschluss vom 27. Februar 2009 im Vergleich zur Fassung im Beschluss vom 15. Januar 2009 die Ermächtigung der Partner der Gesamtverträge, Konvergenzverfahren zu beschließen, dahingehend geändert hat, dass nunmehr nicht mehr vorausgesetzt wurde, dass die Honorarverluste durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik begründet wurden, sondern lediglich noch auf die Umstellung der Steuerung auf die neue Systematik Bezug genommen wurde. Nach Auffassung des Senats liegt hierin eine Erweiterung der Ermächtigung zur Vereinbarung von Konvergenzregelungen auf Landesebene in dem Sinne, dass die Honorarverluste nicht unbedingt durch neue mengensteuernde Elemente verursacht sein müssen, sondern alle Steuerungselemente der neuen Systematik Anlass geben können, Honorarbegrenzungsmaßnahmen einzuführen. Von dieser erweiternden Ermächtigung haben die Vertragspartner in Schleswig-Holstein letztlich keinen Gebrauch gemacht, da sie in Teil A Ziffer 1.1 b. der zweiten Ergänzungsvereinbarung wiederum die Verursachung der Honorarverluste durch die Umstellung der Mengensteuerung auf die neue Systematik zur Voraussetzung gemacht haben. Dagegen ist grundsätzlich nichts einzuwenden, da es den Vertragspartnern im Rahmen ihres Satzungsermessens generell freigestellt ist, auf welche Weise und in wie weit sie Regelungen aufgrund einer solchen Ermächtigung einführen, solange deren Grenzen nicht überschritten werden. Zu beachten ist allerdings in jedem Fall, dass die Regelung mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit, die das Bundessozialgericht aus Art. 3 Abs. 1 und Art. 12 Abs. 1 GG abgeleitet hat (st Rspr., vgl. nur BSG, Urteil vom 9. Dezember 2004 – B 6 KA 44/03 R, juris Rn. 43), im Einklang steht.
Dies sieht der Senat zumindest im hier vorliegenden Fall nicht mehr als gegeben an. Anknüpfungspunkt ist dabei die Regelung in Teil A Ziffer 1.1 d. der zweiten Ergänzungsvereinbarung zum HVV, die voraussetzt, dass das RLV für die Anwendung der Konvergenzregelung ausgeschöpft ist. Hiermit sollte nach dem Vortrag der Beklagten sichergestellt werden, dass eine Verlustbegrenzung nur dann stattfand, wenn der Verlust tatsächlich durch die neuen Elemente der Mengensteuerung verursacht wurde. Im Ergebnis führt sie aber zumindest im vorliegenden Fall zu einer Benachteiligung der Klägerin, die sich sachlich nicht mit dem beabsichtigten Ziel hinreichend rechtfertigen lässt.
Jedenfalls wenn – wie hier – Gründe dafür vorliegen, dass das Ausschöpfen oder Nichtausschöpfen des RLV keine Aussage dafür bietet, ob eine Praxis von den zum 1. Januar 2009 eingeführten neuen Steuerungselementen in negativer Hinsicht überproportional stark betroffen ist, kann das Tatbestandsmerkmal des Ausschöpfens des RLV nicht zur Voraussetzung der Gewährung einer Konvergenzstützung gemacht werden. Im vorliegenden Fall liegen sogar zwei Gründe vor, die es nahelegen, die Frage der Konvergenzregelung vom Ausschöpfen des RLV abzukoppeln.
Zunächst ist zu berücksichtigen, dass das RLV der Klägerin aufgrund der Privilegierung durch die Regelungen für Wachstumsärzte höher war als es bei regulärer Berechnung auf der Grundlage der tatsächlich im Aufsatzquartal abgerechneten Fälle gewesen wäre. Aufgrund der Regelung in Teil D Ziffer 2.3 Satz 1 der ersten Ergänzungsvereinbarung erhielt Frau Dr. R , die im Quartal III/2009 erstmals die durchschnittliche Fallzahl der Arztgruppe erreichte, das durchschnittliche saisonale RLV ihrer Arztgruppe zugeordnet. Dieses lag deutlich höher als es ein regulär ermitteltes RLV auf der Basis ihrer Fallzahl des Vorjahresquartals gewesen wäre. Denn im Quartal III/2008 hatte Frau Dr. R eine Fallzahl von lediglich 94, während die durchschnittliche Fallzahl im Quartal III/2009 166,5 betrug. Diese Regelung privilegierte die Klägerin einerseits, da sie mehr Leistungen innerhalb des RLV abrechnen konnte, ohne dass es zu einer abgestaffelten Vergütung kam. Auf der anderen Seite führte die Regelung aber dazu, dass es für die Klägerin schwieriger war, das RLV auszuschöpfen, um von der Anwendung der Konvergenzregelung profitieren zu können. Die Regelung, die Gewährung einer Konvergenzstützung vom Ausschöpfen des RLV abhängig zu machen, führt somit im Ergebnis zu einer Benachteiligung von Praxen, auf die die Privilegierungsvorschriften für Wachstumsärzte Anwendung finden. In anderer Konstellation hat das Bundessozialgericht eine solche Benachteiligung von BAGs mit einem Arzt in der Aufbauphase zuletzt ausdrücklich für nicht mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit vereinbar erklärt (Urteil vom 24. Januar 2018 – B 6 KA 2/17 R, Rn. 33). Im dort entschiedenen Fall hatte es dargelegt, dass es ohne Weiteres möglich sei, eine Benachteiligung von Ärzten in der Aufbauphase sowie von Kooperationsformen, an denen solche Ärzte beteiligt seien, systemkonform zu vermeiden (BSG ebd., Rn. 32). Dies sieht der Senat auch für die hier entschiedene Konstellation als gegeben an. Denn erst dadurch, dass die Beklagte an das Ausschöpfen des RLV andere positive Rechtsfolgen geknüpft hat (Anwendung der Konvergenzregelung), kommt es zu dieser systematischen Benachteiligung von Praxen in der Wachstumsphase. Diese wäre systemkonform vermeidbar, wenn die Konvergenzstützung von der Ausschöpfung des RLV abgekoppelt wäre.
Zum anderen führte die Verschiebung diverser Leistungen aus dem Leistungsspektrum der Klägerin aus dem budgetären Bereich in den extrabudgetären Bereich dazu, dass das Leistungsspektrum innerhalb des RLV nur noch sehr gering war. Im Quartal III/2009 betrug das Vergütungsvolumen der Klägerin innerhalb des RLV lediglich 10.316,13 EUR gegenüber einem Honorar im konvergenzrelevanten Bereich in Höhe von 117.110,43 EUR. Die Leistungen innerhalb des RLV betrugen somit lediglich 8,81 % des konvergenzrelevanten Honorars, bzw. 4,58 % des gesamten vertragsärztlichen Honorars. Weitere Leistungen aus dem Kapitel 31 EBM erbrachte die Klägerin im Umfang von 56.885,80 EUR. Diese Leistungen waren zwar konvergenz-, nicht jedoch RLV-relevant. Auch in diesem Fall wirkte sich die Verschiebung von Leistungen in den extrabudgetären Bereich eigentlich zunächst positiv für die Klägerin aus, da mehr Leistungen ohne die mögliche Folge abgestaffelter Vergütung abgerechnet werden konnten. Folge davon war aber ebenso, dass das Ausschöpfen des RLV erschwert wurde.
Im Zusammenspiel dieser Umstände war es für die Klägerin deutlich erschwert, ihr RLV auszuschöpfen. Zugleich war sie jedoch von erheblichen Verlusten aufgrund der zum Quartal I/2009 neu eingeführten Honorarsystematik betroffen. Ihr Verlust betrug im Quartal III/2009 im konvergenzrelevanten Bereich 19.662,11 EUR, was 14,38 % gegenüber dem konvergenzrelevanten Honorar des Vorjahresquartals entsprach. Im Vergleich zu Ärzten, die ihr RLV ggf. nur gering überschritten und dadurch in den Genuss kamen, nicht nur die Verluste aufgrund der abgestaffelten Vergütung oberhalb des RLV auf den Grenzwert von 9 % begrenzt zu erhalten, sondern einen Ausgleich all ihrer Verluste jenseits der 9 % im konvergenzrelevanten Bereich erhielten, sieht der Senat hier eine ungerechtfertigte Ungleichbehandlung in der Honorarverteilung als gegeben an.
Im Übrigen hätte der Senat aber auch ohne diese im vorliegenden Fall gegebenen Besonderheiten erhebliche Bedenken, ob die Regelung in Teil A Ziffer 1.1.d. des HVV geeignet sein kann, das von der Beklagten verfolgte Ziel, nur diejenigen Praxen von der Konvergenzregelung profitieren zu lassen, die auch durch die neuen Elemente der Mengensteuerung besonders betroffen sind, zu erreichen. Vielmehr bestehen insgesamt Bedenken, dass diese Regelung mit dem Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit in Einklang zu bringen ist. Dabei sieht es der Senat als problematisch an, dass die genannte Regelung lediglich auf Tatbestandsseite an das Ausschöpfen des RLV anknüpft. Liegt diese Voraussetzung neben den anderen Tatbestandsmerkmalen vor, sind als Rechtsfolge grundsätzlich alle Honorarverluste im konvergenzrelevanten Bereich auf die jeweils geltenden Grenzwerte zu reduzieren. Damit werden auch Verluste erfasst, die nicht unmittelbar auf die neuen Mengensteuerungselemente zurückzuführen sind. Da zum Quartal I/2009 neben der Einführung der RLV diverse weitere Änderungen im System der vertragsärztlichen Honorierung vorgenommen wurden, die als Gesamtpaket die neue Honorarsystematik bestimmen, etwa die Einführung eines festen Orientierungswerts in Höhe von 3,5 Cent, Änderungen der Punktwerte im EBM und Verschiebungen von Leistungen, die zuvor budgetär vergütet wurden, in den extrabudgetären Bereich oder umgekehrt, konnten Verluste – wie im Fall der Klägerin – auch durch die neue Systematik entstehen, die nicht durch die Begrenzung der Leistungsmenge durch die RLV verursacht wurden. Im Ergebnis führt die von den Vertragspartnern getroffene Regelung dazu, dass eine Praxis, die (auch) Verluste durch die Mengensteuerung in Form der RLV erleidet, all ihre Verluste auf den jeweils geltenden Prozentsatz begrenzt erhält, während eine Praxis, die (nur) Verluste aufgrund anderer Module des neuen Systems der Honorarverteilung erfährt und nicht zugleich Teile ihrer Vergütung lediglich abgestaffelt vergütet bekommt, überhaupt nicht in den Genuss der Verlustbegrenzung kommt. Ob sich hieraus ein genereller Verstoß dieser Regelung gegen den Grundsatz der Honorarverteilungsgerechtigkeit ergibt, kann der Senat im vorliegenden Fall im Ergebnis jedoch offen lassen, da sich, wie bereits dargestellt, zumindest im Fall der Klägerin das Ausschöpfen des RLV als Anknüpfungspunkt für die Gewährung einer Konvergenzstützung verbietet.
Das Argument der Beklagten, dass ohne die hier im Streit stehende Regelung auch ein Vertragsarzt, der lediglich noch einen Fall zur Abrechnung bringe, von der Begrenzung seines Honorarverlustes profitiere, ist demgegenüber nach Auffassung des Senats nicht schlüssig. Durch die Regelungen zum Konvergenzausgleich in den Beschlüssen des erweiterten Bewertungsausschusses und im HVV ist bereits ohne weitere einschränkende Regelungen sichergestellt, dass nur Honorarverluste ausgeglichen werden, die durch die neuen Steuerungselemente verursacht wurden. So müsste etwa ein erheblicher Fallzahlrückgang berücksichtigt werden und gegebenenfalls zum Ausschluss der Konvergenzstützung führen.
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung und folgt der Sachentscheidung.
Der Senat hat die Revision gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, da er der Rechtssache trotz der mittlerweile geänderten Rechtslage im Hinblick auf noch anhängige weitere Verfahren zu diesem Streitgegenstand grundsätzliche Bedeutung beigemessen hat.
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