L 1 KR 498/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Frankfurt (Oder) (BRB)
Aktenzeichen
S 4 KR 53/12
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 1 KR 498/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Im Streit steht ein Krankengeldanspruch.

Der 1960 geborene Kläger war als Stahlbauschlosser beschäftigt und als solcher Pflichtversicherter bei der Beklagten. Am 9. März 2009 erlitt er einen Arbeitsunfall und bezog in der Folgezeit bis zum 11. Mai 2011 Verletztengeld. Anschließend absolvierte er Maßnahmen zur Teilhabe am Arbeitsleben und erhielt Übergangsgeld. Die Maßnahme wurde mit Bescheid vom 10. Mai 2011 ursprünglich bis zum April 2012 bewilligt, musste aber am 17. Juni 2011 wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen abgebrochen werden. Das Arbeitsverhältnis wurde ihm zum 15. Dezember 2014 gekündigt. Aufgrund eines arbeitsgerichtlichen Vergleiches bestand es bis zum 30. Juni 2015 fort. Während der Zeit der vergleichsweisen Fortführung des Arbeitsverhältnisses bezog der Kläger aber keinen Lohn oder sonstige Arbeitsbezüge.

Die Beklagte gewährte dem Kläger für den Zeitraum vom 18. Juli 2011 bis 30. Dezember 2011 Krankengeld. Der medizinische Dienst der Krankenkassen Berlin-Brandenburg e.V. (MDK) untersuchte ihn am 22. Dezember 2011. Der Facharzt für Chirurgie Dr. O gelangte zu dem Ergebnis, dass die Arbeitsunfähigkeit am 30. Dezember 2011 mit positivem Leistungsbild für Umschulungsmaßnahmen ende.

Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 23. Dezember 2011 fest, dass die Zahlung von Krankengeld am 30. Dezember 2011 ende.

Der Kläger erhob hiergegen Widerspruch.

Der MDK-Gutachter reichte mit Datum vom 3. Januar 2012 eine schriftliche Stellungnahme ein. Vom 1. Februar 2012 bis 30. Juni 2012 bezog der Kläger Arbeitslosengeld II.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 14. Februar 2012 zurück.

Hiergegen hat der Kläger am 17. Februar 2012 Klage beim Sozialgericht Frankfurt (Oder) (SG) erhoben.

Zur Klagebegründung hat er ausgeführt, sein ihn behandelnder Arzt habe ihm Arbeitsunfähigkeit (AU) bis auf Weiteres attestiert. Auch über den 23. Dezember 2011 hinaus habe er in einem Arbeitsverhältnis gestanden und seiner Arbeitgeberin seine Tätigkeit als Schlosser geschuldet. Es sei unzulässig, auf ein positives Leistungsbild für Umschulungsmaßnahmen abzustellen.

Das SG hat die Gerichtsakte Sozialgericht Frankfurt (Oder) S 6 R 619/12 mit den darin enthaltenen Gutachten und Befundberichten beigezogen. In seinem Auftrag hat der Chirurg und Sozialmediziner Dr. B unter dem Datum 13. Juni 2017 ein Sachverständigengutachten nach Aktenlage erstellt. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 27. Oktober 2017 hat dieser seine Ausführungen ergänzt und näher erläutert.

Das SG hat mit Urteil vom selben Tag die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Leistungsvermögen des Klägers habe nach dem 30. Dezember 2011 ausgereicht, um wieder an einer laufenden Rehabilitationsmaßnahme teilzunehmen. Dies folge aus der Einschätzung des MDK sowie den stimmigen Ausführungen des Gerichtssachverständigen. Ab dem 24. Juni 2014 sei auf das Leistungsvermögen des Klägers auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt abzustellen gewesen. Der Kläger habe sich zu diesem Zeitpunkt bei der Bundesagentur für Arbeit als arbeitslos gemeldet. Auf das spezifische Leistungsvermögen sei abzustellen, da ab dem 12. Mai 2011 von einer Versicherungspflicht des Klägers nach § 5 Abs. 1 Ziffer 6 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) auszugehen gewesen sei. Trotz bestehenden Arbeitsverhältnisses habe kein Beschäftigungsverhältnis mehr im Sinne des § 5 Abs. 1 Nr. 1 SGB V bestanden.

Gegen das ihm am 7. November 2017 zugestellte Urteil hat der Kläger am 5. Dezember 2017 Berufung eingelegt. Zur Begründung hat er ausgeführt, das SG habe verfehlt einen Berufsschutz des Klägers aus dem bis zum 30. Juni 2015 fortbestandenen Arbeitsverhältnis verneint. Das Arbeitsverhältnis habe nicht bereits deshalb enden können, weil eine Zahlung laufender Vergütung nicht erfolgt sei. Vielmehr habe auch ein versicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis bis zum 30. Juni 2015 fortbestanden. Der dem Kläger zustehende Berufsschutz habe auch nicht dadurch entfallen können, dass er an einer Rehabilitationsmaßnahme teilgenommen habe. In der Folgezeit sei wieder auf den durch das Arbeitsverhältnis des Klägers vermittelten Berufsschutz abzustellen. Die nachfolgende Arbeitslosmeldung habe daran nichts ändern können.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

die Beklagte unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Frankfurt (Oder) vom 27. Oktober 2017 und Aufhebung des Bescheides vom 23. Dezember 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 zu verurteilen, Krankengeld auch über den 30. Dezember 2011 hinaus bis zur Grenze der Bezugsdauer zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Auf die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze und die genannten Unterlagen wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Es konnte im schriftlichen Verfahren und durch den Berichterstatter allein entschieden werden, §§ 155 Abs. 3, 153 Abs. 1, 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Beide Beteiligten haben sich mit einer solchen Vorgehensweise im Erörterungstermin am 7. September 2018 einverstanden erklärt.

Der zulässigen Berufung bleibt Erfolg versagt.

Das SG hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen, auf die zur Vermeidung bloßer Wiederholungen gemäß § 153 Abs. 2 SGG verwiesen wird. Der angefochtene Bescheid vom 23. Dezember 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15. Februar 2012 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

Die Beklagte – und ihr folgend das SG – sind dabei zutreffend davon ausgegangen, dass sich die AU hier nicht auf den ursprünglichen Beruf des Schlossers bezogen hat. Arbeitsunfähig ist allgemein, wer seine zuletzt ausgeübte Erwerbsfähigkeit -bzw. bei Arbeitslosen die Beschäftigungen, für die er sich der Arbeitsverwaltung zwecks Vermittlung zur Verfügung gestellt hat und die von ihm arbeitslosenversicherungsrechtlich zumutbar sind- nicht mehr oder nur unter der Gefahr verrichten kann, seinen Zustand zu verschlimmern (vgl. Bundessozialgericht – BSG, Urteil vom 22. März 2005 – B 1 KR 22/04 R -). Der Begriff der Arbeitsunfähigkeit bezieht sich insoweit grundsätzlich auf die zuletzt ausgeübte Tätigkeit. Allerdings kann bei einem Rehabilitanden nicht mehr an den früher einmal ausgeübten und aus gesundheitlichen Gründen mittlerweile aufgegebenen oder einen möglichen künftigen Beruf angeknüpft werden, sondern allenfalls an der Fähigkeit zur Teilnahme an der laufenden beruflichen Rehabilitationsmaßnahme zu orientieren bzw. ansonsten nach dem allgemeinen Kriterium der Einsatzfähigkeit auf dem Arbeitsmarkt (BSG, Urteil vom 19. September 2002 – B 1 KR 11/02 R- juris-Rdnr. 27ff). Der Kläger übte seine Tätigkeit als Stahlbauschlosser letztmals im April 2009 aus. Auch zukünftig wird eine solche nicht mehr erfolgen. Von einer Arbeitsfähigkeit im Sinne einer Beschäftigung des allgemeinen Arbeitsmarkt bzw. einer beruflichen Rehabilitationsmaßnahme ist auch zur Überzeugung des Senats auszugehen. Der gerichtliche Sachverständige hat die zeitnah erstellte Einschätzung des MDK-Gutachters bestätigt, es bestehe (im Dezember 2011) ein positives Leistungsbild für leichte und mittelschwere körperliche Tätigkeiten unter Vermeidung langen Gehens und von Arbeiten in der Hocke und für Umschulungsmaßnahmen bestätigt. Auf die Ausführungen des SG hierzu wird ergänzend verwiesen.

Etwas anderes gilt hier nicht deshalb, weil dem Kläger hier gegen die ehemalige Arbeitgeberin noch ein Anspruch auf Urlaubsabgeltung zusteht. Denn eine solche würde das Beschäftigungsverhältnis nicht verlängern. Die Urlaubsabgeltung stellt kein Arbeitsentgelt dar (BSG, Urteil vom 4. März 2014 – B 1 KR 68/12 R –, Rdnr. 13).

Die Kostenentscheidung erfolgt aus § 193 SGG und entspricht dem Ergebnis in der Sache.

Gründe zur Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 Nr. 1 oder 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
Saved