S 87 KA 273/17

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
SG Berlin (BRB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
87
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 87 KA 273/17
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Die Festlegung eines Termins zur Wahl eines Vorstandsmitgliedes der Kassenärztlichen Vereinigung binnen mehr als drei Wochen nach Ungültigerklärung der Wahl durch ein Gericht und in den Sommerferien stellt keinen Wahlfehler dar.
2. Eine öffentliche Ausschreibung der Position eines hauptamtlichen Vorstandmitgliedes der KV ist nicht verpflichtend vorgegeben.
Die Klage wird abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Gültigkeit der Wahl des dritten Vorstandsmitgliedes der Beklagten am 3. August 2017.

Der Kläger ist Mitglied der Vertreterversammlung der Beklagten und dort Mitglied der Liste des Hausärzteverbandes.

Am 11. Februar 2017 wurde der Vorstand der Beklagten durch die Vertreterversammlung gewählt, unter anderem Herr S. als drittes Vorstandsmitglied.

Aufgrund der dagegen durch den Kläger erhobenen Klage wurde die Wahl des Herrn S. mit Urteil vom 5. Juli 2017, S 22 KA 46/17 für ungültig erklärt.

Mit per Email versandten Schreiben vom 13. Juli 2017 lud die Vorsitzende der Vertreterversammlung die Mitglieder der Vertreterversammlung zum 3. August 2017 zur Nachwahl ein. Die Tagesordnung lautete unter Punkt 2: "Vorbereitung der Wahl des Vorstandsmitgliedes für das 3. Vorstandsamt", Punkt 3: "Wahl des dritten Vorstandsmitgliedes".

Ebenfalls am 13. Juli 2017 erfolgte eine Pressemitteilung der Beklagten über die anstehende Wahl, die auf der Homepage der Beklagten veröffentlicht wurde

Mit Schreiben vom 31. Juli 2017 legte Herr S. sein Amt zum 31. Juli 2017 nieder. Am 3. August 2017 erschien eine Presseerklärung der Listen "Die Fachärzte", "MEDI Berlin/Facharztliste" und "Hausärzteverband", dass die Wahl destruktiv, unfair und intransparent sei und daher die Mitwirkung verweigert würde.

In der Sitzung der Vertreterversammlung vom 3. August 2017 waren 21 der 40 Mitglieder der Vertreterversammlung anwesend und es wurde Herr S. zum Mitglied des Vorstandes der Beklagten gewählt. Herr S. wurde mit 21 Stimmen gewählt. Wegen des Ablaufs der Sitzung wird auf das Protokoll in der Verwaltungsakte verwiesen.

Gegen diese Wahl hat der Kläger am 4. September 2017 Klage erhoben.
Einen am 25. Mai 2018 erhobenen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz des Klägers gegen die Wahl hat das Gericht mit Beschluss vom 16. Juli 2018 zum Aktenzeichen S 87 KA 134/18 ER abgelehnt.

Der Kläger trägt vor, dass die Frist zur Nachwahl zwischen dem Urteil des SG Berlin vom 5. Juli 2017 und der Wahl am 3. August 2017 zu kurz gewesen sei. In der mündlichen Verhandlung vor dem SG Berlin hätte die Vorsitzende der Vertreterversammlung noch mitgeteilt, dass die Nachwahl erst im Herbst mit mehrere Monate dauernder Verzögerung stattfinden würde. Der nun gewählte Termin sei insbesondere auch deshalb zu beanstanden, weil er in den Schulferien läge. Die Frist des § 7 Abs. 6 der Satzung der KV Berlin gelte nur für gewillkürte Abberufungen, Amtsenthebungen und Amtsentbindungen durch die Vertreterversammlung. Nicht erfasst sei eine von Anfang an unwirksame Wahl. Die Nachwahl hätte vor Rechtskraft des Urteils des SG Berlin stattgefunden. Daneben sei die Wahl nicht an die Mitglieder bekannt gegeben worden. Die Pressemitteilung sei keine geeignete Form der Information, da der Antragsgegner auf deren Veröffentlichung keinen Einfluss habe. Es hätte außerdem eine Ausschreibung innerhalb der KV Berlin und in der Öffentlichkeit stattfinden müssen. Der Vorstand einer Körperschaft des öffentlichen Rechts habe eine herausgehobene Stellung mit gesteigerter Verantwortung inne. Daher sei eine Bestenauslese nach ausreichender Bewerbungs- und Auswahlfrist entsprechend § 8 BBeamtG vorzunehmen. Der Vorstand arbeite nach § 7 Abs. 2 der Satzung hauptamtlich mit Dienstvertrag und es könnten sich auch Externe bewerben, so dass Interessierte rechtzeitig Kenntnis erlangen müssten. In der mündlichen Verhandlung trägt der Kläger weiter vor, dass der Vorstand auch ohne die Nachwahl handlungsfähig gewesen sei, weil das dritte Vorstandsmitglied Dr. R. sein Amt unabhängig vom Beginn seines Dienstvertrages ausüben müsse. Das Ansetzen der Wahl in der Ferienzeit sei manipulativ gewesen, damit sollten Mehrheiten gesichert werden.

Der Kläger beantragt,

es wird festgestellt, dass die Wahl des Herrn S. als Mitglied des Vorstandes der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin vom 3. August 2017 ungültig ist.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte trägt vor, dass die Frist zur Wahl ausreichend gewesen sei. Es läge insbesondere keine willkürliche Festlegung des Nachwahltermins vor. Nach § 7 Abs. 6 S. 7 der Satzung der Beklagten sei nach einer Amtsenthebung oder Amtsentbindung binnen drei Wochen eine Nachwahl durchzuführen sei. Der Grundgedanke der Vorschrift sei, dass möglichst schnell und zügig eindeutige und verbindliche Verhältnisse geschaffen werden sollten. Das weitere Vorstandsmitglied Dr. R. habe seine Amtsgeschäfte erst zum 1. September 2017 aufgenommen, so dass die Vorsitzende des Vorstandes Frau Dr. S. und Herr S. bis zum 1. September 2017 die laufenden Dienstgeschäfte wahrgenommen hätten. Es sei aufgrund zum damaligen Zeitpunkt anstehender wichtiger Verhandlungen unerlässlich gewesen, einen handlungsfähigen Vorstand zu haben. Außerdem habe die Nachwahl vor Rechtskraft des Urteils des SG Berlin am 18. August 2018 stattfinden müssen, weil sonst die Beklagte hätte Berufung einlegen müssen, damit Frau Dr. S. und Herr S. die Verwaltungstätigkeit fortführen könnten. Ziel der zügigen Nachwahl sei es nicht gewesen, die aktuellen Mehrheitsverhältnisse auszunutzen. Die Anberaumung von Wahlen in den Schulferien habe im Wahlrecht keine eigene rechtliche Bedeutung. Außerdem hätten sachliche Gründe für die frühe Anberaumung des Termins bestanden, so dass keine Willkür vorläge. Diese Gründe seien auch in der Pressemitteilung vom 13. Juli 2017 und der Einladung an die Mitglieder der Vertreterversammlung vom 13. Juli 2017 benannt worden. Zum einen sei die zügige Nachwahl zur Erhaltung der Handlungsfähigkeit des Vorstandes notwendig gewesen. Zum anderen fehle es an Vorgaben einer Frist für den konkreten Fall in der Satzung der KV Berlin und der Geschäftsordnung der Vertreterversammlung. Jedoch ergebe sich aus den gegebenen Vorschriften der Grundgedanke der zügigen Nachwahl. Das Sozialgericht habe in seinem Urteil nicht angeordnet, wann eine Nachwahl stattfinden solle. Dann sei aber die Frist des § 7 Abs. 6 der Satzung anzuwenden. Eine entsprechende Frist stehe in § 9 Abs. 1 der Satzung für die Zeit zwischen konstitutiver Sitzung der Vertreterversammlung und den Vorstandswahlen. Eine Pflicht zur Ausschreibung der Vorstandsämter bestehe nicht. Dies ergebe sich schon aus § 80 Abs. 2 S. 3 SGB V, der für zwei Vorstandsmitglieder vorschreibe, wer Wahlvorschläge machen dürfe, so dass eine öffentliche Ausschreibung nicht sinnvoll sei. Außerdem könnten auch in der Sitzung der Vertreterversammlung selbst noch Vorschläge gemacht werden. Die Antragsgegnerin verweist insoweit auf das Urteil des LSG Rh-Pf vom 2. Februar 2006, L 5 KA 45/05. Das BBeamtG sei nicht anwendbar, weil es nur für Beamte des Bundes gelte. Außerdem gelte nach der Bundeslaufbahnverordnung die Ausschreibungspflicht nicht für Staatssekretäre. § 80 Abs. 2 Nr. 1 SGB V sehe eine unmittelbare und geheime Wahl vor, die gerade nicht mit der Stellenbesetzung im Beamtenrecht vergleichbar sei. Das aufgrund der Hauptamtlichkeit der Vorstandsmitglieder begründete Dienstverhältnis betreffe allein die Wahrnehmung der Organfunktion. Letztlich seien auch die Mitglieder Antragsgegnerin über die Wahl informiert worden. Die Pressemitteilung vom 13. Juli 2017 sei am selben Tag auf der Internetseite der Antragsgegnerin veröffentlicht worden.

Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten verwiesen, die dem Gericht vorgelegen hat und Gegenstand der mündlichen Verhandlung sowie der geheimen Beratung geworden ist.

Entscheidungsgründe:

Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 2 SGG handelt.

Die als Wahlanfechtungsklage nach § 131 Abs. 4 SGG statthafte Klage ist zulässig.

Sie ist insbesondere innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe des Wahlergebnisses in der Sitzung vom 3. August 2017 und damit fristgerecht erhoben worden (BSG, Urteil vom 11. Februar 2015, B 6 KA 4/14 R Rn 21). Da der 3. September 2017 ein Sonntag war, endete die Frist am 4. September 2017, § 202 SGG, 193 BGB.

Die Klage ist zulässig gegen die betroffene Körperschaft gestellt. Dabei ist die Beklagte durch ihren Vorstand ordnungsgemäß vertreten, § 79 Abs. 5 SGB V, § 3 Abs. 1 b Satzung der Kassenärztlichen Vereinigung Berlin in der Fassung vom 7. März 1991 zuletzt geändert durch Beschluss vom 5. November 2015 (Satzung KV Berlin) (BSG, Urteil vom 15. Oktober 1992, 14a/6 RKa 58/91; LSG Rh-Pf, Beschluss vom 16. November 1998, L ER Ka 43/98 Rn 20).

Der Kläger ist auch klagebefugt, da er als Mitglied der Vertreterversammlung geltend machen kann, in eigenen Rechten verletzt zu sein.

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Wahl des Herrn S. als 3. Vorstandsmitglied der Beklagten am 3. August 2017 ist gültig.

Es liegen keine Wahlfehler vor, die eine Ungültigkeit der Wahl des Herrn S. am 3. August 2017 zur Folge hätten. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist das gerichtliche Wahlprüfverfahren bei Wahlen von Selbstverwaltungsorganen von Selbstverwaltungskörperschaften, wie den Kassenärztlichen Vereinigungen, auf mandatsrelevante Wahlfehler beschränkt (BSG, Urteil vom 14. Juni 1984, 1/8 RK 18/83; Urteil vom 28. Januar 1998, B 6 KA 98/96 R; Urteil vom 16. Dezember 2003, B 1 KR 26/02 R). Es sind nur solche Fehler beachtlich, die sich auch auf das Wahlergebnis auswirken. Dabei ist der gerichtliche Prüfungsmaßstab umfassend. Im Rahmen der Wahlanfechtungsklage kann sich der Kläger als Mitglied der Vertreterversammlung daher nicht nur auf die Verletzung eigener Rechte im Zusammenhang mit der Wahl, sondern auch auf die Verletzung objektiven Wahlrechts berufen (LSG Rh-Pf, Beschluss vom 16. Dezember 1998, L 5 ER-Ka 43/98).

Es liegen keine mandatsrelevanten Fehler vor, die zur Ungültigkeit der Wahl führen könnten.

Die Wahl ist weder wegen einer unzureichenden Frist zwischen Einladung und Wahltermin (1.), noch wegen einer fehlenden Mitteilung an die Mitglieder der Beklagten (2.) noch wegen einer fehlenden Ausschreibung (3.) ungültig.

1.
Gesetzlich geregelt ist in § 80 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGV die unmittelbare und geheime Wahl des Vorstandes durch die Vertreterversammlung. Diese Wahlrechtsgrundsätze ergeben sich ebenfalls aus Art. 38 GG, der auch für die Wahl des Vorstandes gilt, gemeinsamen mit den Grundsätzen der allgemeinen, freien und gleichen Wahl (BSG, Urteil vom 28. Januar 1998, B 6 KA 98/96 R). Die übrigen Vorgaben für das Wahlverfahren sind durch eine Wahlordnung nach § 81 Abs. 1 Nr. 2 SGB V zu regeln, soweit sie das wesentliche Wahlverfahren betreffen. Zwingend zu regeln ist die Festlegung der zur Wahl erforderlichen Mehrheit. Daneben können die Übrigen Einzelheiten, wie auch die Festlegung des Termins als Regelungen der inneren Organisation einer Selbstverwaltungskörperschaft auch in der Geschäftsordnung geregelt werden, ihre Regelung ist aber nicht Voraussetzung für die Gültigkeit der Wahl (SG Main, Urteil vom 30. März 2005, S 8 KA 570/04; LSG Rh-Pf, Urteil vom 2. Februar 2006, L 5 KA 33/05).

Die Satzung KV Berlin regelt in § 7 Abs. 4, dass eine einfache Stimmenmehrheit für die Vorstandswahl gilt.

Die Einladungsfrist stellt eine weitere Verfahrensregel dar, die in § 5 Abs. 2 Geschäftsordnung der Geschäftsordnung der Vertreterversammlung der KV Berlin in der Fassung vom 26. Juni 2014 (GO VV) geregelt ist. Dieser regelt, dass die Ladung sechs Tage vor der Sitzung zugestellt sein soll. Die Einladung erfolgt nach § 4 Abs. 2 Satzung KV Berlin nach Bedarf schriftlich unter Mitteilung der Tagesordnung, sie kann in dringenden Fällen auch mündlich erfolgen. Die dort geregelte Frist von 6 Tagen vor der Sitzung für die Zustellung der Ladung ist zum einen nicht verletzt. Die Einladung zur Sitzung erfolgte per Email am 13. Juli 2017 und damit drei Wochen vor der Sitzung am 3. August 2017. Zum anderen handelt es sich nicht um eine das Wahlverfahren im Wesentlichen betreffende Regelung.

Die Frist von mehr als drei Wochen zwischen der Ungültigerklärung der Wahl des Herrn S. durch Urteil des SG Berlin vom 5. Juli 2017 und der Neuwahl ist ebenfalls nicht zu beanstanden. Im Urteil des SG Berlin wurde keine Regelung nach § 131 Abs. 4 SGG zur Frist für die Nachwahl getroffen. Die einzigen Regelungen zur Frist für eine Nachwahl befinden sich in §§ 7 Abs. 6 Satzung KV Berlin und § 9 Abs. 1 GO VV. In § 7 Abs. 6 Satzung KV Berlin wird für die Fälle einer erforderlichen Nachwahl nach einer Amtsenthebung oder Amtsentbindung eine Frist von drei Wochen vorgeschrieben. In § 9 Abs. 1 GO VV ist geregelt, dass die Wahl des Vorstandes nach Ablauf der Amtsdauer einer VV in der ersten Sitzung der VV am Beginn der Amtsdauer zu erfolgen hat. § 9 Abs. 4 GO VV regelt, dass bei Ausscheiden eines Vorstandsmitgliedes während der Amtsdauer alsbald eine Nachwahl stattzufinden hat.

Grundgedanke dieser Vorschriften ist die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Vorstandes als Organ, das die Beklagte nach § 79 Abs. 5 SGB V, § 3 Abs. 1 b Satzung KV Berlin verwaltet und gerichtlich sowie außergerichtlich vertritt. Die Erhaltung seiner Funktionsfähigkeit ist für die Wahrnehmung der Aufgaben der KV Berlin (§ 77 Abs. 1 SGB V) notwendig. Die Kammer ist der Überzeugung, dass die Orientierung an den ausdrücklich geregelten Fristen sachgerecht war, auch wenn die Frist des § 7 Abs. 6 Satzung KV Berlin nicht ausdrücklich den Fall einer Nachwahl aufgrund der Ungültigerklärung der Wahl durch ein Gericht regelt. Die Ungültigerklärung der Wahl eines Vorstandsmitgliedes durch ein Gericht ist vergleichbar mit dem Ausscheiden aufgrund einer Amtsenthebung oder Amtsentbindung. In allen Fällen ist die Funktionsfähigkeit des Vorstandes aufgrund der Entscheidung zeitweilig eingeschränkt. Der Vorstand der KV Berlin besteht nach § 70 Abs. 4 S. 1 SGB V, 7 Abs. 1 S. 1 KV Berlin aus drei Mitgliedern. Zwar kann der Vorstand nach § 70 Abs. 5 S. 2 SGV V, § 7 Abs. 11 Satzung KV Berlin auch bestimmen, dass im Einzelfall einzelne Vorstandsmitglieder die KV Berlin vertreten. Jedoch gilt grundsätzlich die Vertretung durch den gesamten Vorstand. Die Kammer konnte dem Kläger daher nicht dahingehend folgen, dass der Vorstand auch mit zwei Mitgliedern ausreichend besetzt gewesen sei.

Die Festlegung des Termins auf einen Tag in den Schulferien führt ebenfalls nicht zur Ungültigkeit der Wahl. Insoweit ist insbesondere nicht das rechtsstaatliche Willkürverbot verletzt, das auch bei Entscheidungen im Zusammenhang mit der Vorbereitung von Wahlen Anwendung findet. Dieses ist nur verletzt, wenn kein sachgerechter Grund für eine Maßnahme besteht (vgl. BVerfGE 89, 132, 141 f; VerfGH NRW, Urteil vom 26. Mai 2009, 3/09, Rn 41).

Die Kammer ist schon der Überzeugung, dass die Wahl des Vorstandes durch die gewählten Mitglieder der VV in den Schulferien nicht anders zu bewerten ist als ein Wahltermin außerhalb der Schulferien. Denn die gewählten Mitglieder der VV üben ein Amt aus. Es bestehen keinerlei Regelungen, dass die Amtsausübung während der Schulferien grundsätzlich zu ruhen hat. Daneben gewährleistete die Frist zwischen Einladung und Sitzungstag von drei Wochen, das gegebenenfalls geplante Reisen umgeplant werden konnten. Insoweit sind die Mitglieder der VV mit Schulkindern nicht anders betroffen als solche ohne Schulkinder, die eventuell Reisen zu anderen Zeiten geplant haben, wenn eine Sitzung der VV anberaumt wird.

Daneben sieht die Kammer eine ausreichende sachliche Begründung für die Festsetzung der Wahl in den Schulferien. Insoweit stand im Vordergrund die Erhaltung der Funktionsfähigkeit des Vorstandes der Beklagten. Dass diese durch zügige Nachwahlen zu erhalten ist, ergibt sich aus den ausdrücklich geregelten Vorschriften. Dass das Urteil des SG Berlin vor den Schulferien ergangen ist, so dass bei Einhaltung einer angemessenen Ladungsfrist der Termin zur Nachwahl in die Schulferien fiel, war durch die Beklagte nicht beeinflussbar. Die Wahl würde ebenso in die Schulferien fallen, wenn ein Mitglied vor diesen des Amtes enthoben oder entbunden würde oder aber das Gericht eine entsprechende Frist nach § 131 Abs. 4 SGG festgesetzt hätte.

Dass die Vorsitzende des Vorstandes in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht am 5. Juli 2017 geäußert hat, dass eine Nachwahl erst in größerem zeitlichen Abstand erfolgen könne, ändert nichts daran, dass die Nachwahl am 3. August 2017 durch sachliche Gründe gerechtfertigt ist.

Letztlich wäre die Ladung in den Schulferien nicht mandatsrelevant, auch wenn sie als Fehler angesehen würde. Dies unabhängig davon, dass der Geschehensablauf nicht dafür spricht, dass die nicht anwesenden Mitglieder wegen der Schulferien nicht verhindert waren. Denn die Presseerklärung vom 3. August 2017 beruft sich darauf, dass die Mitwirkung an der Wahl aus politischen Gründen verweigert wird. Jedenfalls wurde Herr S. von den 21 anwesenden Mitgliedern einstimmig gewählt. Auch wenn die nicht anwesenden 19 Mitglieder gegen ihn gestimmt hätten, wäre er mit der notwendigen einfachen Stimmenmehrheit gewählt worden.

2.
Es besteht auch kein Verstoß gegen die Wahlrechtsgrundsätze, weil die Mitglieder der Beklagten nicht über die anstehende Vorstandswahl informiert worden wären.

Entgegen der Ansicht des Klägers genügt die Pressemitteilung der Beklagten vom 13. Juli 2017. Der Kammer ist nicht ersichtlich, wie die Beklagte ihre Mitglieder darüber hinaus über die anstehende Wahl hätte informieren sollen. Eine schriftliche Mitteilung an jedes einzelne Mitglied ist nicht vorgesehen und nach Überzeugung der Kammer auch nicht erforderlich.

3.
Letztlich ist auch keine Ausschreibung der Position des Vorstandsmitgliedes Voraussetzung für die Gültigkeit der Wahl.

Eine Verpflichtung zur Ausschreibung ist allenfalls aus dem verfassungsrechtlich geregelten Leistungsprinzip aus Art. 33 Abs. 2 GG herzuleiten. Art. 33 Abs. 2 GG ist jedoch gerade dann nicht anwendbar, wenn ein Amt durch demokratische Wahlen besetzt wird (BVerfG, Beschluss vom 20. September 2016, 2 BvR 2453/15 Rn 21, Battis in: Sachs GG, 7. Auflage 2014, Art 33 Rn 25). Etwas anderes gilt allenfalls für Wahlbeamte (Battis in: Sachs GG, 7. Auflage 2014, Art 33 Rn 25). Beim Amt des Vorstandes der KV Berlin handelt es sich aber gerade nicht um eine Beamtenstelle, das Amt wird auch nur auf Zeit – nämlich auf sechs Jahre - gewählt. Wenn ein Amt aufgrund demokratischer Wahlen durch einen demokratisch wiederum legitimierten Wahlkörper und nur auf Zeit besetzt wird, ist keine Bestenauslese vorzunehmen. Dies ist vorliegend gegeben. Der Vorstand der Beklagten leitet sein Amt aus einer durchgehend demokratischen Legitimationskette innerhalb der Selbstverwaltungskörperschaft ab. Die Mitglieder der Beklagten wählen die Vertreterversammlung, die dann wiederum den Vorstand wählt, § 3 Abs. 2 Satzung KV Berlin.

Daneben fehlt es an einer gesetzlichen Regelung zur Konkretisierung des Ausschreibungsgebotes. Art. 33 Abs. 2 GG enthält kein allgemeines Ausschreibungsgebot (NK-ArbR/Torsten von Roetteken GG Art. 33 Rn. 23, beck-online).

Eine einfachgesetzliche Regelung, die die Ausschreibung des Vorstandsamtes der KV Berlin vorsieht ist nicht gegeben. Aus § 79 Abs. 6 SGB V und § 7 Abs. 3 S. 3 Satzung KV Berlin ergibt sich allein, dass die Vertreterversammlung darauf zu achten hat, dass die Mitglieder des Vorstandes die erforderliche fachliche Eignung für ihren jeweiligen Geschäftsbereich besitzen. Es ist gerade nicht geregelt, dass eine Ausschreibung und dann Bestenauslese zu erfolgen hat, eine öffentliche Ausschreibung ist demnach nicht verpflichtend (SG Mainz, Urteil vom 20. April 2005, S 2 KA 588/04). Vielmehr spricht die seit 2012 eingeführte Regelung des § 80 Abs. 2 S. 3 SGB V gerade gegen ein Ausschreibungsgebot. Denn diese sieht vor, dass ein Mitglied des Vortandes auf Vorschlag der Mitglieder, die an der hausärztlichen Versorgung teilnehmen und eines auf Vorschlag der Mitglieder, die an der fachärztlichen Versorgung teilnehmen zu wählen ist. Die eingeschränkten Vorschlagsrechte sprechen gegen eine öffentliche Ausschreibung. Der vom Kläger angeführte § 8 BBeamtG ist nicht anwendbar. Beim Amt des Vorstandsmitgliedes der KV Berlin handelt es sich nicht um eine Stelle eines Bundesbeamten. Das Amt ist auch nicht mit einer Beamtenstelle vergleichbar, da es nicht auf Lebenszeit vergeben wird und keine Weisungsgebundenheit besteht und weil es durch eine demokratische Wahl besetzt wird.

Daneben ist gewährleistet gewesen, dass die Mitglieder der Vertreterversammlung entsprechende Vorschläge für das Amt des Vorstandsmitgliedes machen konnten. Die Einladung vom 13. Juli 2017 enthält einen entsprechenden Hinweis. In der Sitzung der Vertreterversammlung am 3. August 2017 wurde ausdrücklich gefragt, ob weitere Kandidaten vorgeschlagen würden. Darauf gab es keine Wortmeldung.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
Saved