L 9 AS 505/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
9
1. Instanz
SG Ulm (BWB)
Aktenzeichen
S 8 AS 3618/11
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 AS 505/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 7. Januar 2015 wird zurückgewiesen und die Klage gegen den Bescheid vom 13. September 2018 abgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist zuletzt noch ein Anspruch des Klägers auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in der Zeit vom 06.08.2010 bis 30.11.2010 dem Grunde nach und in der Zeit vom 01.12.2010 bis 16.01.2011 der Höhe nach streitig.

Der 1983 geborene Kläger war ab dem 01.10.2007 als ordentlicher Studierender für das Bachelorstudium Philosophie an der Universität W. eingeschrieben. Nach seinen Angaben zog er im August 2010 zunächst nach B., später nach 89597 U., A.-Kreis, wo er ausweislich der Anmeldebestätigung des Bürgermeisteramts U. ab dem 01.12.2010 gemeldet war. Am 08.11.2010 stellte er bei der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit U., als Rechtsvorgängerin des Beklagten (im Folgenden einheitlich: der Beklagte) einen Antrag auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Er gab an, seit Anfang August 2010 nicht mehr an der Universität W. immatrikuliert zu sein; am 08.11.2010 habe er seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland geändert und falle nun in den Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Zugleich beantragte er bei dem Landratsamt A.-Kreis Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung.

Die Universität W. bestätigte mit Schreiben vom 12.11.2010 gegenüber dem Sozialgericht B., dass der Kläger seit 01.10.2007 ununterbrochen als ordentlicher Studierender für das Bachelorstudium Philosophie angemeldet sei. Die Fortsetzungsmeldung/Beitragszahlung für das kommende Wintersemester 2010/11 stehe noch aus; sie sei noch bis einschließlich 30.11.2010 möglich, da ansonsten automatisch die Abmeldung erfolge. Ein Antrag auf (vorherige) Abmeldung sei bis zum 12.11.2010 nicht gestellt worden. Auf Aufforderung des Beklagten legte der Kläger eine Abgangsbescheinigung der Universität W. mit Ausstellungsdatum 17.01.2011 vor.

Das Landratsamt A.-Kreis gewährte mit Bescheid vom 11.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 17.05.2011 ab dem 17.01.2011 Leistungen für Kosten der Unterkunft und Heizung. Mit Bescheid vom 10.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26.03.2011 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 17.01.2011 bis 31.05.2011 Leistungen in Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende von 364,00 EUR monatlich, für Januar 2011 anteilig 182,00 EUR.

Hiergegen legte der Kläger am 06.04.2011 Widerspruch ein, zu dessen Begründung er vortrug, ihm stünden bereits vor dem 17.01.2011 Leistungen zu, weil er diese bereits am 06.11.2010 beantragt habe. Sämtliche bewilligten Leistungen seien daher bereits ab dem 06.11.2010 zu erbringen. Der Beklagte könne nicht einwenden, dass er von Leistungen ausgeschlossen sei, weil er sich bereits seit dem 06.08.2010 nicht mehr in einem förderungsfähigen Ausbildungsverhältnis befunden habe. Die Universität W. habe in der von ihm vorgelegten Abmeldebescheinigung nicht bescheinigt, dass er bis zum 17.01.2011 immatrikuliert gewesen sei. Bei dem 17.01.2011 handle es sich nur um das Ausstellungdatum. Ferner zweifle er die Verfassungsmäßigkeit der Höhe der Regelleistung an und begehre einen Betrag in Höhe von mindestens 1.234,56 EUR monatlich.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2011 zurück; der Kläger sei bis zum 16.01.2011 bei der Universität W. immatrikuliert gewesen und bis zu diesem Zeitpunkt vom Leistungsbezug nach dem SGB II ausgeschlossen.

Hiergegen hat der Kläger am 08.07.2011 Klage beim Sozialgericht Ulm (SG) erhoben und zur Begründung nochmals darauf hingewiesen, mindestens seit dem 06.08.2010 nicht mehr in einem Ausbildungsverhältnis zu stehen. Er habe sein Studium an der Universität W. lange vor dem beantragten Leistungsbeginn bei dem Beklagten beendet und begehre deshalb die vollständige Nachzahlung seines Regelsatzes in mindestens der derzeit gültigen gesetzlichen, aber verfassungswidrigen Leistungshöhe, hilfsweise eine angemessenere Bedarfssicherung von 995,00 EUR sowie die vollständige Übernahme seiner Unterkunftskosten im Rahmen der aktuell beantragten Kostengrößenordnung rückwirkend seit dem 08.11.2011.

Mit Urteil vom 07.01.2015 hat das SG die Klage abgewiesen. Das Begehren des Klägers hat es dahingehend ausgelegt, dass dieser für die Zeit vom 08.11.2010 bis 31.05.2011 die Gewährung von Regelbedarfsleistungen in gesetzlicher Höhe, hilfsweise für die Zeit vom 08.11.2010 bis 31.05.2011 die Gewährung von Leistungen zur Bedarfssicherung in Höhe von 995,00 EUR monatlich sowie Leistungen für seine Unterkunft in der H. in U. begehre. Hinsichtlich der Leistungen zwischen dem 17.01.2011 und dem 31.05.2011 sei bereits der Regelbedarfshöchstsatz gewährt worden, so dass die in der Hauptsache erhobene unechte Leistungsklage schon wegen Erfüllung gemäß § 362 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abzulehnen sei. Für die Zeit vom 08.11.2010 bis 16.01.2011 sei die Klage unbegründet, da der Kläger nach § 7 Abs. 5 SGB II vom Leistungsanspruch ausgeschlossen sei. Es gebe einen allgemeinen Erfahrungssatz, wonach eine Exmatrikulationsbescheinigung nicht nur die Tatsache der Exmatrikulation, sondern auch deren Zeitpunkt bescheinige. Wenn – wie hier – auf der Exmatrikulationsbescheinigung nur das Ausstellungsdatum und kein weiteres Datum ersichtlich sei, bestehe kein Zweifel daran, dass der Tag der Ausstellung der Abgangsbescheinigung mit dem Tag des Abgangs von der Universität identisch sei. Aus einer weiteren Mitteilung der Universität W. vom 12.11.2010 folge, dass der Kläger jedenfalls bis zum Zeitpunkt dieser Mitteilung ununterbrochen als Student angemeldet gewesen sei. Der Kläger habe nicht behauptet, dass, wann und wie er sich zwischen dem 12.11.2010 und dem 17.01.2011 vom Studium in W. abgemeldet habe. Dem Leistungsausschluss stehe nicht entgegen, dass es sich um den Besuch einer Universität im Ausland gehandelt habe, da auch eine solche Ausbildung grundsätzlich nach dem BAföG förderungsfähig sei. Die faktische Aufgabe des Studiums durch die Rückkehr in die Bundesrepublik Deutschland führe ebenfalls nicht zu einem anderen Ergebnis, da der Leistungsausschluss auch dann greife, wenn der abstrakt BAföG-Förderungsberechtigte tatsächlich keine Leistungen nach dem BAföG mehr erhalte, weil allein die dem Grunde nach bestehende Förderungsfähigkeit für den Leistungsausschluss genüge. Auch die hilfsweise erhobene Klage habe keinen Erfolg. Soweit der Kläger Leistungen für seine Unterkunft begehre, habe der Beklagte zu Recht darauf hingewiesen, dass die angefochtene Entscheidung aufgrund der bis zum 31.12.2011 geltenden getrennten Trägerschaft nur die Leistungen für den Lebensunterhalt nach § 20 SGB II, nicht aber auch die Leistungen nach § 22 SGB II betroffen hätten. Soweit der Kläger Leistungen zur Bedarfssicherung in Höhe von 995,00 EUR monatlich begehre, weil er die Höhe der Regelsätze für grundgesetzwidrig halte, sei die Klage ebenfalls unbegründet, da sich ein höherer Anspruch als der gewährte Höchstsatz von 359,00 EUR nicht aus dem Grundgesetz herleiten lasse.

Gegen das ihm am 23.01.2015 zugestellte Urteil hat der Kläger am 14.02.2015 Berufung eingelegt. In der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2018 hat der Kläger nochmals dargelegt, dass er sein Studium bereits vor dem 17.01.2011 beendet habe. Der Kläger hat beantragt, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 08.11.2010 bis 16.01.2011 in gesetzlicher Höhe des Regelbedarfs zu gewähren. Der Senat hat die mündliche Verhandlung wegen weiterer Ermittlungen vertagt. Mit Schriftsatz vom 01.02.2018 hat der Kläger vorgetragen, dass für den in Rede stehenden Leistungszeitraum ab dem 08.11.2010 durch den Beklagten nicht nur der jeweils gültige Regelsatz zur Leistung gebracht werden müsse, sondern zusätzlich noch die Kranken- und Pflegekassenpflichtbeiträge bei der Handelskrankenkasse Bremen durch den Beklagten zu tragen seien. Außerdem müssten die angefallenen Kosten der Unterkunft durch den Beklagten respektive die zum damaligen Zeitpunkt zuständige Sozialleistungsbehörde, hier also das Landratsamt A.-Kreis geleistet werden. Außerdem werde der klagegegenständliche Leistungszeitraum retrograd zum 06.08.2010 angesetzt. Auch hierfür begehre er analoge Leistungen durch den Beklagten.

Nachdem eine Anfrage des Senats bei der Universität W. unbeantwortet geblieben war, hat der Kläger die Abgangsbescheinigung der Universität W. vom 14.02.2018 vorgelegt, in der die Abmeldung des Klägers vom Bachelorstudium Philosophie am 30.11.2010 bestätigt wird.

Mit Bescheid vom 13.09.2018 hat der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.12.2010 bis 31.12.2010 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe von 359,00 EUR und für die Zeit vom 01.01.2011 bis 16.01.2011 in Höhe von 194,13 EUR bewilligt.

Der Kläger beantragt sinngemäß zuletzt,

das Urteil des Sozialgerichts Ulm vom 7. Januar 2015 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung des Bescheids vom 10. März 2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26. März 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22. Juni 2011 sowie des Bescheids vom 13. September 2018 zu verurteilen, ihm Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 6. August 2010 bis 16. Januar 2011 in gesetzlicher Höhe zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 13. September 2018 abzuweisen.

Er verweist auf die Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts sowie des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, des Landratsamts A.-Kreis und der Gerichtsakten beider Instanzen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe nach § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor.

Der Senat ist trotz Ausbleibens des Klägers im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 11.12.2018 nicht gehindert gewesen, zur Sache zu verhandeln und zu entscheiden (vgl. hierzu Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, § 126 Rdnr. 4), da der Kläger zum Termin fristgerecht und auch im Übrigen ordnungsgemäß geladen worden ist (§ 110 Abs. 1 Satz 1 SGG).

Das beklagte Jobcenter ist gemäß § 70 Nr. 1 SGG beteiligtenfähig (vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 18.01.2011 - B 4 AS 99/10 R -, Juris). Nach § 76 Abs. 3 Satz 1 SGB II in der ab dem 01.04.2011 bis zum 31.07.2016 gültigen Fassung vom 13.05.2011 ist die gemeinsame Einrichtung als Rechtsnachfolger am 01.01.2012 im Gerichtsverfahren an die Stelle der Bundesagentur für Arbeit getreten.

Gegenstand des Berufungsverfahrens sind der mit der Klage angefochtene Bescheid vom 10.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26.03.2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2011 sowie der (Teilabhilfe-)Bescheid vom 13.09.2018, der gemäß § 96 Abs. 1 SGG Gegenstand des Berufungsverfahrens geworden ist, da mit der Bewilligung des Regelbedarfes für die Zeit vom 01.12.2010 bis 16.01.2011 in gesetzlicher Höhe dem Antrag des Klägers entsprochen und die Beschwer des Klägers für diesen Zeitraum beseitigt wurde (Schmidt in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 12. Aufl. 2017, § 96 Rdnr. 5, m.w.N.). Der Senat entscheidet über den Bescheid vom 13.09.2018 auf Klage (BSG, Urteile vom 30.01.1963 - 2 RU 35/60 - und vom 25.02.2010 - B 13 R 61/09 R -, Juris).

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des SG vom 07.01.2015 und die Klage gegen den Bescheid vom 13.09.2018 sind im Ergebnis unbegründet.

Die Berufung hat weder hinsichtlich der Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 06.08.2010 bis 30.11.2010 (hierzu 1.) noch hinsichtlich der Gewährung höherer Leistungen und der Berücksichtigung der Kosten für Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 01.12.2010 bis 16.01.2011 (hierzu 2.) Erfolg.

1. Soweit der Kläger nach Erlass des Bescheides vom 13.09.2018 noch die Gewährung von Leistungen für die Zeit vom 06.08.2010 bis 30.11.2010 begehrt, hat die Berufung keinen Erfolg.

Unabhängig davon, dass der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2018 die Berufung bereits auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Regelleistung für die Zeit vom 08.11.2010 bis 16.01.2011 beschränkt hat und die Voraussetzungen für eine Klageänderung nach § 99 Abs. 1, 2 SGG nicht vorliegen, hat der Kläger im geltend gemachten Zeitraum keinen Anspruch auf Leistungen gegenüber dem Beklagten.

Für die Zeit vom 06.08.2010 bis 07.11.2010 ist die Klage auf Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (Arbeitslosengeld II im Sinne des § 19 SGB II) bereits unzulässig, da der Beklagte erst ab dem Zeitpunkt der Antragstellung am 08.11.2010 über den Leistungsanspruch des Klägers entschieden hat und es somit an einer Verwaltungsentscheidung fehlt. Da gemäß § 37 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der ab dem 01.01.2005 bis 31.12.2010 gültigen Fassung vom 24.12.2003 Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht für Zeiten vor der Antragstellung erbracht wurden und der Kläger bei dem Beklagten erstmals am 08.11.2010 einen Antrag gestellt hat, besteht für den Zeitraum davor wegen fehlender Antragstellung auch materiell-rechtlich kein Anspruch.

Für die Zeit vom 08.11.2010 bis 30.11.2010 ist die Klage zulässig, aber nicht begründet. Der Kläger hat in diesem Zeitraum schon dem Grunde nach keinen Anspruch auf Leistungen nach dem SGB II.

Anspruch auf Arbeitslosengeld II haben nach § 19 Abs. 1 SGB II erwerbsfähige Leistungsberechtigte. Erwerbsfähige Leistungsberechtigte sind nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig sind (Nr. 2), hilfebedürftig sind (Nr. 3) und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4).

Ansprüchen des Klägers nach dem SGB II stand im Zeitraum bis zum 30.11.2010 der Leistungsausschluss nach § 7 Abs. 5 SGB II in der hier maßgebenden bis zum 31.03.2011 geltenden Fassung (a.F.) entgegen. Gemäß § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II a.F. haben Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes (BAföG) oder der §§ 60 bis 62 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) dem Grunde nach förderungsfähig ist, keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Der Leitungsausschuss nach § 7 Abs. 5 Satz 1 SGB II in der Fassung bis zum 31.03.2011 ist auch unter dem Gesichtspunkt des Grundrechts auf Gewährleistung eines menschenwürdigen Existenzminimums (Art. 1 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 1 Grundgesetz [GG]) verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 08.10.2014 - 1 BvR 886/11 -, Juris).

Maßgebend für die Frage des Leistungsausschlusses ist allein, ob die Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig ist. Individuelle Versagensgründe, die im Verhältnis zum Träger der Förderungsleistung eingetreten sind, bleiben demgegenüber außer Betracht (BSG, Urteile vom 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R -; vom 06.09.2007 - B 14/7b AS 36/06 R -; vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R -; vom 01.07.2009 - B 4 AS 67/08 R -; vom 19.08.2010 - B 14 AS 24/09 R -, Juris). Die Ausschlussregelung ist auf die Erwägung zurückzuführen, dass bereits die Ausbildungsförderung nach dem BAföG oder gemäß den §§ 60 bis 62 SGB III auch die Kosten des Lebensunterhalts umfasst. Die Grundsicherungsleistungen sollen deshalb nicht dazu dienen, durch die Sicherstellung des allgemeinen Lebensunterhalts das Betreiben einer Ausbildung zu ermöglichen, für die in einem anderen Sicherungssystem grundsätzlich eine Förderung vorgesehen ist. Kann die Ausbildung wegen in der Person des Antragstellers liegender Gründe (vgl. etwa § 7 Abs. 2 und Abs. 3; § 15a BAföG) nicht gefördert werden, würden Grundsicherungsleistungen nach dem SGB II dazu führen, das Fördersystem des BAföG zu unterlaufen und eine (versteckte) Ausbildungsförderung auf breiter Ebene ermöglichen (vgl. BSG, Urteile vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R -; vom 27.09.2011 - B 4 AS 145/10 R -; Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen, Beschlüsse vom 14.04.2011 - L 6 AS 1595/10 B ER -, vom 27.08.2012 - L 19 AS 525/12 -, Juris). Dies widerspräche der Intention des Gesetzgebers, der mit den Absätzen 5 und 6 eine Angleichung an die Regelungen der Sozialhilfe und ein Referenzsystem steuerfinanzierter Fürsorgeleistungen schaffen wollte (BT-Drucks. 15/1749, S. 31; BSG, Urteil vom 30.09.2008 - B 4 AS 28/07 R -, Juris). § 22 SGB XII und dessen Vorgängervorschrift § 26 BSHG stellen aber auch darauf ab, dass die Ausbildung dem Grunde nach gefördert werden kann, auch wenn der Betroffene aus persönlichen Gründen keinen Anspruch auf Leistungen hat. Die Prüfung, ob eine Ausbildung dem Grunde nach förderungsfähig nach dem BAföG ist, richtet sich abschließend nach § 2 BAföG (BSG, Urteile vom 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R -, vom 19.08.2010 - B 14 AS 24/09 R -; vom 27.09.2011 - B 4 AS 145/10 R -, Juris). Die Förderfähigkeit ist durch die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit unter Heranziehung der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts selbstständig zu überprüfen (BSG Urteile vom 22.03.2012 -B 4 AS 102/11 R - und vom 19.08.2010 - B 14 AS 24/09 R -, Juris).

Der Leistungsausschluss erfasst den Kläger, denn seiner Art nach war das absolvierte Vollzeitstudium bei der gebotenen abstrakten Betrachtungsweise dem Grunde nach gemäß § 2 Abs. 1 Nr. 6 BAföG förderungsfähig. Zu einer anderen Beurteilung führt auch nicht, dass der Kläger im Ausland studiert hat. Denn auch ein Hochschulstudium ist nach § 2 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 i.V.m. § 5 Abs. 1 und 2 BAföG grundsätzlich förderungsfähig (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 14.04.2008 - L 7 B 21/08 AS ER - zu dem Besuch einer Hochschule in England). Der Vortrag des Klägers, er habe das Studium an der Universität W. ohne Abschluss spätestens am 06.08.2010 abgebrochen, ist vor dem Hintergrund, dass seitens der Universität W. im Schreiben vom 12.11.2010 mitgeteilt worden ist, der Kläger sei jedenfalls bis zum 30.11.2010 ordnungsgemäß an der Universität eingeschrieben, nicht nachvollziehbar. Durch die Abgangsbescheinigung vom 14.02.2018 wird die Beendigung des Studiums zum 30.11.2010 bestätigt. Für die Förderfähigkeit einer Ausbildung dem Grunde nach und damit den Leistungsausschluss kommt es zwar grundsätzlich auf den "Besuch" der Ausbildungsstätte an. Dieser liegt vor, solange ein Auszubildender einer Ausbildungsstätte organisationsrechtlich zugehört und die Ausbildung an ihr tatsächlich betreibt; bei einer Hochschulausbildung begründet der Auszubildende die Zugehörigkeit zur Universität durch die Immatrikulation (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 102/11 R -, Juris). Die abstrakte Förderfähigkeit des Studiums endet daher nicht dadurch, dass der Studierende, ohne dies durch eine Exmatrikulation zu objektivieren, sein Studium ab- bzw. unterbricht (vgl. LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 18.01.2010 - L 19 AS 66/09 -, Juris) oder sich vorübergehend nicht am Studienort aufhält.

Ein besonderer Härtefall i.S.d. § 7 Abs. 5 Satz 2 SGB II a.F. (nun § 27 Abs. 3 Satz 1 SGB II) und ein Fall des § 7 Abs. 6 SGB II a.F. liegen nicht vor, so dass der Kläger im streitbefangenen Zeitraum vom Bezug von Leistungen nach dem SGB II ausgeschlossen war. Auf die Möglichkeit der Leistungsgewährung für Auszubildende nach § 27 SGB II kann sich der Kläger vorliegend nicht berufen, da diese Norm erst zum 01.04.2011 und damit nach dem streitgegenständlichen Zeitraum in Kraft trat.

2. Der Kläger hat auch keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für die Zeit vom 01.12.2010 bis 16.01.2011 als in Höhe von 359,00 EUR für Dezember 2010 und in Höhe von monatlich 194,13 EUR für die Zeit ab 01.01.2011 bis 16.01.2011.

In diesem Zeitraum hatte der erwerbsfähige Kläger seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland, war hilfebedürftig und nicht mehr vom Leistungsbezug nach § 7 Abs. 5 SGB II a.F. ausgeschlossen. Der Kläger hatte einen Bedarf an Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts - ohne solche für Unterkunft und Heizung - in Höhe der Regelleistung von 359,00 EUR für Dezember 2010 gemäß § 20 Abs. 2 S. 1 und Abs. 4 SGB II in der bis zum 31.12.2010 geltenden Fassung in Verbindung mit der Bekanntgabe über die Höhe der Regelleistung nach § 20 Abs. 2 S. 1 Zweites Buch Sozialgesetzbuch für die Zeit ab 01.07.2010 (BGBl. I, S. 820) und (anteilig) in Höhe von 364,00 EUR gemäß § 20 Abs. 1, 2 Satz 1 SGB II in der ab dem 01.01.2011 gültigen Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch (Regelbedarfs-Ermittlungsgesetz - RBEG) vom 24.03.2011 (BGBl. I, S. 453 ff.). Anhaltspunkte für einen anderen einzubeziehenden Bedarf bestehen nicht. Ein höherer Anspruch als die mit Bescheid vom 13.09.2018 bewilligte Regelleistung bestand daher nicht und wird vom Kläger auch nicht mehr geltend gemacht.

Soweit der Kläger die Übernahme der Kosten zur Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit der Leistungsgewährung begehrt, hat der Beklagte dem Begehren mit der Anmeldung bei der zuständigen Kranken- und Pflegekasse vom 13.09.2018 (Bl. 95 der Senatsakte) entsprochen.

Da der Kläger im Rahmen der mündlichen Verhandlung vom 30.01.2018 die Berufung bereits auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts in Höhe der Regelleistung für die Zeit vom 08.11.2010 bis 16.01.2011 beschränkt hat und die Voraussetzungen für eine Klageänderung im Sinne des § 99 Abs. 1, 2 SGG nicht vorliegen, ist die Klage, soweit der Kläger mit Schreiben vom 01.02.2018 die Gewährung von Kosten für Unterkunft und Heizung begehrt, unzulässig. Darüber hinaus ist die auf die Übernahme von Kosten der Unterkunft und Heizung, wie das SG zutreffend dargelegt hat, bereits von Anfang an unzulässig gewesen. Über den Anspruch auf Kosten für Unterkunft und Heizung ist eine Regelung in dem ursprünglich angefochtenen Bescheid vom 10.03.2011 in der Fassung des Änderungsbescheids vom 26.03.2011 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 22.06.2011 wegen der im streitigen Zeitraum geltenden getrennten Trägerschaft für die Leistungserbringung nicht getroffen worden. Auch mit Bescheid vom 13.09.2018 hat der Beklagte keine Entscheidung hinsichtlich von Kosten der Unterkunft und Heizung getroffen, sondern lediglich im Rahmen des Streitgegenstandes des Berufungsverfahren ein Teilanerkenntnis abgegeben und umgesetzt.

Die Berufung war daher zurückzuweisen und die Klage gegen den Bescheid vom 13.09.2018 abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG; im Rahmen des ihm eingeräumten Ermessens hat der Senat entschieden, dass dem Kläger keine außergerichtlichen Kosten zu erstatten sind. Der Beklagte hat nach Vorlage der Abgangsbescheinigung der Universität W. durch den Kläger am 31.08.2018 mit Bescheid vom 13.09.2018 Leistungen bewilligt und damit der geänderten Sachlage Rechnung getragen. Die Vorlage der entsprechenden Bestätigung lag in der Hand des Klägers, der diese trotz wiederholter Aufforderung durch den Beklagten und den Senat nicht vorgelegt hat. Eine Kostentragung durch die Beklagte ist vor diesem Hintergrund nicht gerechtfertigt.

Gründe für die Zulassung der Revision liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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