L 5 RS 850/17

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 33 RS 1179/16
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 850/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz
Arbeitsentgelt
Glaubhaftmachung des Zuflusses und der Höhe von Jahresendprämien
Zeugenaussagen
VE Braunkohlenkombinat Senftenberg
Der Zufluss von Jahresendprämien sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach kann im konkreten Einzelfall, beispielsweise durch Zeugenaussagen, glaubhaft gemacht werden.
I. Auf die Berufungen des Klägers und der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Oktober 2017 aufgehoben. Die Beklagte wird, unter Aufhebung des Bescheides vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2014, verurteilt den Feststellungsbescheid vom 14. März 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 9. Mai 2006 und vom 13. Februar 2012 abzuändern und für die Jahre 1972 bis 1989 weitere Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betriebe wie folgt festzustellen: Für das Jahr: 1972 893,52 Mark 1973 887,77 Mark 1974 971,12 Mark 1975 982,72 Mark 1976 1.036,48 Mark 1977 979,57 Mark 1978 1.048,80 Mark 1979 1.060,14 Mark 1980 1.127,98 Mark 1981 1.043,56 Mark 1982 1.161,23 Mark 1983 1.099,38 Mark 1984 1.064,93 Mark 1985 1.121,26 Mark 1986 1.162,66 Mark 1987 1.124,39 Mark 1988 1.237,49 Mark 1989 1.266,37 Mark Im Übrigen werden die Klage abgewiesen und die Berufungen jeweils zurückgewiesen.

II. Die Beklagte erstattet dem Kläger dessen notwendige außergerichtliche Kosten zu fünf Sechsteln.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten – im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens – über die Verpflichtung der Beklagten weitere Entgelte des Klägers für Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz für die Zuflussjahre 1969 bis 1990 in Form jährlicher Jahresendprämien festzustellen.

Dem am 24. Januar 1938 geborenen Kläger wurde, nach einem Hochschulstudium in der Fachstudienrichtung Verfahrenstechnik in der Zeit von September 1958 bis Januar 1964 an der Technischen Universität Z ..., mit Urkunde vom 16. Juli 1964 der akademische Grad "Diplomingenieur" verliehen. Er war vom 1. Februar 1964 bis 31. März 1970 als Fachingenieur für Energieerzeugungsanlagen und Fachbearbeiter für Rohrleitungen, Armaturen und Apparate im volkeigenen Betrieb (VEB) Kombinat Schwarze Pumpe, vom 1. April 1970 bis 31. Dezember 1981 als Gruppenleiter und Bearbeiter für Forschung und Entwicklung im VEB Rationalisierung Braunkohle Y ... bzw. im Institut für Braunkohlenbergbau Y ... (Kombinatsbetrieb der VVB Braunkohle X ..., später des volkseigenen Braunkohlenkombinats X ...) sowie vom 1. Januar 1982 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) als Bearbeiter für Forschung und Entwicklung im volkseigenen (VE) Braunkohlenkombinat X ... -Stammbetrieb- beschäftigt. Er erhielt keine Versorgungsurkunde und war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Auf den Antrag des Klägers vom 15. Juni 2000 und auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der LMBV GmbH vom 26. Mai 2000 stellte die Beklagte mit Bescheid vom 14. März 2002 die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1964 (insoweit unzutreffend, richtiger Weise erst ab 16. Juli 1964) bis 31. März 1970 und vom 1. Januar 1977 bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte fest. Nach einem – zu Gunsten des Klägers erfolgreich ausgegangenen – Klageverfahren vor dem Sozialgericht Dresden (Verfahren S 24/26 RA 2276/03) stellte die Beklagte mit Bescheid vom 9. Mai 2006 die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1964 (insoweit unzutreffend, richtiger Weise erst ab 16. Juli 1964) bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, auf der Grundlage der Entgeltbescheinigung der LMBV GmbH vom 26. Mai 2000, fest und hob den Bescheid vom 14. März 2002, soweit er entgegenstand, auf.

Mit Überprüfungsantrag vom 3. Februar 2011 (bei der Beklagten eingegangen am 4. Februar 2011) begehrte der Kläger die Einbeziehung von zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau in die Entgeltfeststellungen. Er legte unter anderem Nachweise über an ihn vom Betrieb ausgezahlte zusätzliche Belohnungen für Werktätige im Bergbau von Juni 1988 (in Höhe von 2.065,00 Mark), vom 20. Juni 1989 (in Höhe von 2.343,00 Mark) und vom 13. Juni 1990 (in Höhe von 2.065,00 Mark) sowie einen Nachweis über eine am 14. Februar 1990 an ihn vom Betrieb ausgezahlte Jahresendprämie (in Höhe von 1.350,00 Mark) vor. Auf eine Anfrage der Beklagten vom 14. März 2011 und eine Erinnerung vom 22. November 2011 bei der Rhenus Office System GmbH bescheinigte diese mit Schreiben vom 25. Januar 2012 die fiktiv ermittelten Entgelte für zusätzliche Belohnungen für Werktätige im Bergbau in den Auszahljahren 1965 bis 1990 und wies darauf hin, dass Unterlagen über bezogene Jahresendprämien nicht (mehr) vorhanden sind. Daraufhin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 13. Februar 2012 (erneut) die Anwendbarkeit von § 1 AAÜG, die Beschäftigungszeiten des Klägers vom 1. Juli 1964 (abermals insoweit unzutreffend, richtiger Weise erst ab 16. Juli 1964) bis 30. Juni 1990 als "nachgewiesene Zeiten" der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz sowie die in diesen Zeiträumen erzielten Arbeitsentgelte, unter Berücksichtigung höherer Entgelte für die Jahre 1965 bis 1990 auf der Grundlage der von der Rhenus Office System GmbH mit Schreiben vom 25. Januar 2012 mitgeteilten, fiktiv ermittelten Werte für zusätzliche Belohnungen für Werktätige im Bergbau in den Jahren 1965 bis 1987 sowie auf der Grundlage der vom Kläger nachgewiesenen zusätzlichen Belohnungen für Werktätige im Bergbau in den Jahren 1988 bis 1990 sowie der nachgewiesenen Jahresendprämie für das Jahr 1990 (in Höhe von 1.350,00 Mark), fest und hob den bisherigen Bescheid (vom 9. Mai 2006), soweit er entgegenstand, auf.

Mit erneutem Überprüfungsantrag vom 20. Dezember 2013 (bei der Beklagten eingegangen am 23. Dezember 2013) begehrte der Kläger die Einbeziehung von Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1969 bis 1990 in die bereits festgestellten Entgelte. Seinem Antrag legte er unter anderem die, gerichtsbekannte, schriftliche Erklärung der Zeugen W ... (Generaldirektor des VE Braunkohlenkombinats X ...) und Dr. V ... (Direktor für Sozialökonomie des VE Braunkohlenkombinats X ...) vom 11. und 26. April 2010 zu in den Kombinatsbetrieben gezahlten Jahresendprämien sowie die, inzwischen ebenfalls gerichtsbekannte, schriftliche Zusatzerklärung des Zeugen W ... vom 13. Februar 2012 zur schriftlichen Erklärung vom 11. und 26. April 2010 bei. Weiterhin fügte er seinem Antrag Jahresendprämiennachweise eines ehemaligen Kollegen (Wolfgang Büder) für die Zuflussjahre 1982 bis 1989 bei. Den Antrag lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 20. März 2014 ab. Mit dem hiergegen am 14. April 2014 eingereichten Widerspruch verwies der Kläger auf die nicht berücksichtigten Erklärungen der Kombinatsverantwortlichen und legte eine eigene Berechnung zu fiktiv ermittelten Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1969 bis 1990 vor. Den Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 3. November 2014 zurück. Zur Begründung führte sie aus: Den Zufluss von Jahresendprämien habe der Kläger weder nachweisen noch glaubhaft machen können. Die Höhe der Jahresendprämien sei von der Erfüllung der für die Werktätigen festgelegten Leistungskriterien abhängig gewesen. Sowohl der Anspruch als auch die Höhe einer Jahresendprämie seien von einer Vielzahl von Faktoren abhängig gewesen, die heute nicht mehr nachvollzogen werden könnten. Die vorgelegten Erklärungen ließen keine eindeutigen Schlüsse zu. Die vorgelegten Jahresendprämiennachweise würden sich nicht auf den Kläger beziehen.

Hiergegen erhob der Kläger am 1. Dezember 2014 Klage zum Sozialgericht Dresden, verwies darauf, dass sein Beschäftigungsbetrieb jedes Jahr Jahresendprämien gezahlt habe und, dass die Kombinatsverantwortlichen dies bezeugt hätten. Er legte erneut die, gerichtsbekannte, schriftliche Erklärung der Zeugen W ... (Generaldirektor des VE Braunkohlenkombinats X ...) und Dr. V ... (Direktor für Sozialökonomie des VE Braunkohlenkombinats X ...) vom 11. und 26. April 2010 zu in den Kombinatsbetrieben gezahlten Jahresendprämien sowie die, inzwischen ebenfalls gerichtsbekannte, schriftliche Zusatzerklärung des Zeugen W ... vom 13. Februar 2012 zur schriftlichen Erklärung vom 11. und 26. April 2010 vor.

Das Sozialgericht Dresden holte schriftliche Erklärungen der befragten Zeugen U ... vom 25. September 2015 sowie T ... vom 11. Oktober 2015 und vom 22. November 2015 ein, ordnete mit Beschluss vom 16. Dezember 2015 das Ruhen des Verfahrens und mit Verfügung vom 9. September 2016 die Fortführung des Verfahrens an. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung am 17. Oktober 2017 begrenzte der Kläger sein Begehren nach Berücksichtigung von Jahresendprämien auf die Zeit ab 1968 und damit auf die Zuflussjahre 1969 bis 1990 und erklärte zusätzlich den Rechtsstreit hinsichtlich der Jahresendprämie für 1989 mit Zufluss im Jahr 1990 für erledigt. Mit Urteil nach mündlicher Verhandlung vom 17. Oktober 2017 hat das Sozialgericht Dresden den Bescheid der Beklagten vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2014 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, den Bescheid vom 13. Februar 2012 zu ändern und weitere Arbeitsentgelte im Rahmen der Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen geleichgestellten Betrieben festzustellen, und zwar in Höhe von 326,71 Mark im Zuflussjahr 1969, in Höhe von 323,78 Mark im Zuflussjahr 1970, in Höhe von 348,54 Mark im Zuflussjahr 1971, in Höhe von 352,47 Mark im Zuflussjahr 1972, in Höhe von 374,12 Mark im Zuflussjahr 1973, in Höhe von 366,60 Mark im Zuflussjahr 1974, in Höhe von 373,31 Mark jeweils in den Zuflussjahren 1975 und 1976, in Höhe von 366,26 Mark im Zuflussjahr 1977, in Höhe von 373,31 Mark im Zuflussjahr 1978, in Höhe von 374,74 Mark im Zuflussjahr 1979, in Höhe von 399,69 Mark jeweils in den Zuflussjahren 1980 und 1981, in Höhe von 421,01 Mark im Zuflussjahr 1982 und in Höhe von 413,42 Mark im Zuflussjahr 1983. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt: Der Kläger habe den Zufluss von Jahresendprämien glaubhaft gemacht. Hinsichtlich der Höhe könne die Mindesthöhe von einem Drittel für die Jahre 1969 bis 1983 angesetzt werden, wie das Sächsische Landessozialgericht wiederholt entschieden habe (Hinweis auf: Sächsisches LSG, Urteil vom 14. August 2017 - L 5 RS 965/15).

Gegen das der Beklagten am 27. Oktober 2017 und dem Kläger am 30. Oktober 2017 zugestellte Urteil haben die Beklagte am 8. November 2017 und der Kläger am 28. November 2017 jeweils Berufung eingelegt. Der Kläger begehrt die Berücksichtigung der Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1969 bis 1989 auf der Grundlage der Erklärungen der Kombinatsverantwortlichen des VE Braunkohlenkombinats X ... Die Beklagte meint, Jahresendprämien seien für keines der geltend gemachten Jahre anzuerkennen, da eine Mindesthöhe nicht vorgesehen sei.

Der Kläger beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

1. das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Oktober 2017 abzuändern und die Beklagte, unter Aufhebung des Bescheides vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2014, zu verurteilen, den Feststellungsbescheid vom 14. März 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 9. Mai 2006 und vom 13. Februar 2012 abzuändern und Jahresendprämien für die Zuflussjahre 1969 bis 1989 nach Maßgabe der Erklärungen der Kombinatsverantwortlichen des VE Braunkohlenkombinats X ... als zusätzliche Entgelte im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten festzustellen, und 2. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

1. das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Oktober 2017 aufzuheben und die Klage insgesamt abzuweisen, sowie 2. die Berufung des Klägers zurückzuweisen.

Der Kläger legte eine, ebenfalls inzwischen gerichtsbekannte, schriftliche Zusatzerklärung des Zeugen W ... vom 5. Juli 2017 zu dessen Erklärungen vom 11. und 26. April 2010 und vom 13. Februar 2012 vor.

Das Gericht hat arbeitsvertragliche Unterlagen des Klägers beigezogen.

Mit Schriftsätzen vom 8. Oktober 2018 (Beklagte) sowie vom 15. Oktober 2018 (Kläger) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II. Die Berufung des Klägers ist ganz überwiegend begründet, währenddessen die Berufung der Beklagten ganz überwiegend unbegründet ist. Denn der Kläger hat in dem tenorierten Umfang Anspruch auf Feststellung zusätzlicher, ihm (nur) in den Jahren 1972 bis 1989 zugeflossener, weiterer Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits (zuletzt) mit Bescheid vom 13. Februar 2012 festgestellten Zeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben. Soweit er darüber hinausgehend noch höhere als die tenorierten Arbeitsentgelte sowie solche für die Zuflussjahre 1969 bis 1971 begehrt, ist die Berufung unbegründet, weshalb sie im Übrigen zurückzuweisen war. Die Berufung der Beklagten ist nur insoweit, also betreffend die Zuflussjahre 1969 bis 1971, begründet. Der Feststellungsbescheid der Beklagten vom 14. März 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 9. Mai 2006 und vom 13. Februar 2012 ist teilweise rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 54 Abs. 2 SGG), weil mit ihm das Recht unrichtig angewandt bzw. von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist (§ 44 des Zehntes Buches Sozialgesetzbuch [SGB X]). Deshalb war das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 17. Oktober 2017 (teilweise) abzuändern und klarstellend (gänzlich) aufzuheben sowie die Beklagte, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheides vom 20. März 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. November 2014, zu verurteilen den Feststellungsbescheid vom 14. März 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 9. Mai 2006 und vom 13. Februar 2012 abzuändern und für die Jahre 1972 bis 1989 weitere und höhere, als vom Sozialgericht ausgeurteilte, Arbeitsentgelte wegen zu berücksichtigender Jahresendprämienzahlungen im Rahmen der bereits festgestellten Zusatzversorgungszeiten der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben, wie tenoriert, festzustellen. Die vom Sozialgericht als zu berücksichtigend ausgeurteilten Jahresendprämien in den Zuflussjahren 1969 bis 1971 sind im Übrigen nicht gerechtfertigt, weil der Kläger in den Jahren 1968 bis März 1970 noch nicht im VE Braunkohlenkombinat X ... beschäftigt war.

Nach § 8 Abs. 1 AAÜG hat die Beklagte als der unter anderem für das Zusatzversorgungssystem der zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben zuständige Versorgungsträger in einem dem Vormerkungsverfahren (§ 149 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch [SGB VI]) ähnlichen Verfahren durch jeweils einzelne Verwaltungsakte bestimmte Feststellungen zu treffen. Vorliegend hat die Beklagte mit dem Feststellungsbescheid vom 14. März 2002 in der Fassung der Feststellungsbescheide vom 9. Mai 2006 und vom 13. Februar 2012 Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG (vgl. § 5 AAÜG) sowie die während dieser Zeiten erzielten Arbeitsentgelte festgestellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 AAÜG). Jahresendprämien hat sie jedoch zu Unrecht (teilweise) nicht berücksichtigt.

Gemäß § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG ist den Pflichtbeitragszeiten nach diesem Gesetz (vgl. § 5 AAÜG) für jedes Kalenderjahr als Verdienst (§ 256a Abs. 2 SGB VI) das erzielte Arbeitsentgelt oder Arbeitseinkommen zugrunde zu legen. Arbeitsentgelt im Sinne des § 14 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) und damit im Sinne des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG stellen auch die in der DDR an Arbeitnehmer rechtmäßig gezahlten Jahresendprämien dar, da es sich um eine Gegenleistung des Betriebs für die vom Werktätigen im jeweiligen Planjahr erbrachte Arbeitsleistung handelte, wobei es nicht darauf ankommt, dass dieser Verdienst nach DDR-Recht nicht steuer- und sozialversicherungspflichtig war (so: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.). Denn der Gesetzestext des § 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG besagt, dass den Pflichtbeitragszeiten im Sinne des § 5 AAÜG als Verdienst (§ 256a SGB VI) unter anderen das "erzielte Arbeitsentgelt" zugrunde zu legen ist. Aus dem Wort "erzielt" folgt im Zusammenhang mit § 5 Abs. 1 Satz 1 AAÜG, dass es sich um Entgelt oder Einkommen handeln musste, das dem Berechtigten während der Zugehörigkeitszeiten zum Versorgungssystem "aufgrund" seiner Beschäftigung "zugeflossen", ihm also tatsächlich gezahlt worden ist. In der DDR konnten die Werktätigen unter bestimmten Voraussetzungen Prämien als Bestandteil ihres Arbeitseinkommens bzw. -entgelts erhalten. Sie waren im Regelfall mit dem Betriebsergebnis verknüpft und sollten eine leistungsstimulierende Wirkung ausüben. Lohn und Prämien waren "Formen der Verteilung nach Arbeitsleistung" (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 192f.). Die Prämien wurden aus einem zu bildenden Betriebsprämienfonds finanziert; die Voraussetzungen ihrer Gewährung mussten in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart werden. Über ihre Gewährung und Höhe entschied der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv. Diese allgemeinen Vorgaben galten für alle Prämienformen (§ 116 des Arbeitsgesetzbuches der DDR vom 16. Juni 1977 [DDR-GBl. I 1977, Nr. 18, S. 185; nachfolgend: AGB-DDR]) und damit auch für die Jahresendprämie (§ 118 Abs. 1 und 2 DDR-AGB). Die Jahresendprämie diente als Anreiz zur Erfüllung und Übererfüllung der Planaufgaben; sie war auf das Planjahr bezogen und hatte den Charakter einer Erfüllungsprämie. Nach § 117 Abs. 1 DDR-AGB bestand ein "Anspruch" auf Jahresendprämie, wenn - die Zahlung einer Jahresendprämie für das Arbeitskollektiv, dem der Werktätige angehörte, im Betriebskollektivvertrag vereinbart war, - der Werktätige und sein Arbeitskollektiv die vorgesehenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte und - der Werktätige während des gesamten Planjahres Angehöriger des Betriebs war. Die Feststellung von Beträgen, die als Jahresendprämien gezahlt wurden, hing davon ab, dass der Empfänger die Voraussetzungen der §§ 117, 118 DDR-AGB erfüllt hatte. Hierfür und für den Zufluss trägt er die objektive Beweislast (sog. Feststellungslast im sozialgerichtlichen Verfahren, vgl. insgesamt: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 21 ff.; dem folgend und diese Beweislast, unter Ablehnung einer Schätzungsmöglichkeit, betonend: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14).

Daraus wird deutlich, dass die Zahlung von Jahresendprämien von mehreren Voraussetzungen abhing. Der Kläger hat, um eine Feststellung zusätzlicher Entgelte beanspruchen zu können, nachzuweisen oder glaubhaft zu machen, dass alle diese Voraussetzungen in jedem einzelnen Jahr erfüllt gewesen sind und zusätzlich, dass ihm ein bestimmter, berücksichtigungsfähiger Betrag auch zugeflossen, also tatsächlich gezahlt worden ist.

Gemäß § 128 Abs. 1 Satz 1 SGG entscheidet das Gericht dabei nach seiner freien, aus dem Gesamtergebnis des Verfahrens gewonnenen Überzeugung. Neben dem Vollbeweis, d.h. der an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit ist, auch die Möglichkeit der Glaubhaftmachung des Vorliegens weiterer Arbeitsentgelte aus Jahresendprämien gegeben. Dies kann aus der Vorschrift des § 6 Abs. 6 AAÜG abgeleitet werden. Danach wird, wenn ein Teil des Verdienstes nachgewiesen und der andere Teil glaubhaft gemacht wird, der glaubhaft gemachte Teil des Verdienstes zu fünf Sechsteln berücksichtigt.

Im vorliegenden konkreten Einzelfall hat der Kläger den Zufluss von Jahresendprämien für die Beschäftigungsjahre 1971 bis 1988 und damit für die Zuflussjahre 1972 bis 1989 dem Grunde nach zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 1.). Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die in den jeweils nachfolgenden Jahren (1972 bis 1988) für das vorangegangene Beschäftigungsjahr (1971 bis 1987) zur Auszahlung an ihn gelangten, hat er ebenfalls zwar nicht nachgewiesen, jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter 2.).

1. Der Zufluss von Jahresendprämien dem Grunde nach ist im vorliegenden Fall – mit Ausnahme für das, infolge der im Klageverfahren erklärten Klagerücknahme, nicht streitgegenständliche Zuflussjahr 1990 – zwar nicht nachgewiesen (dazu nachfolgend unter a), jedoch glaubhaft gemacht (dazu nachfolgend unter b):

a) Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er – mit Ausnahme für das nicht streitgegenständliche Jahr 1990 – nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine – weiteren – Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.

Nachweise zu an den Kläger ausgezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus der Auskunft der Rhenus Office Systems GmbH in der Entgeltbescheinigung vom 25. Januar 2012 ausdrücklich ergibt.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien für die anderen Zuflussjahre liegen auch im Übrigen nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 des Viertes Buches Sozialgesetzbuch [SGB IV]), weshalb bereits die Beklagte im erneuten Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden erneuten Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat.

b) Der Zufluss von Prämienzahlungen dem Grunde nach konkret an den Kläger (in den Zuflussjahren 1972 bis 1989) ist aber im vorliegenden Fall glaubhaft gemacht. Dies gilt allerdings nicht für die vom Kläger ebenfalls begehrten Zuflussjahre 1969 bis 1971.

Gemäß § 23 Abs. 1 Satz 2 SGB X ist eine Tatsache dann als glaubhaft anzusehen, wenn ihr Vorliegen nach dem Ergebnis der Ermittlungen, die sich auf sämtliche erreichbare Beweismittel erstrecken sollen (vgl. dazu auch: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 14), überwiegend wahrscheinlich ist. Dies erfordert mehr als das Vorhandensein einer bloßen Möglichkeit, aber auch weniger als die an Gewissheit grenzende Wahrscheinlichkeit. Dieser Beweismaßstab ist zwar durch seine Relativität gekennzeichnet. Es muss also nicht, wie bei der Wahrscheinlichkeit des ursächlichen Zusammenhanges, absolut mehr für als gegen die glaubhaft zu machende Tatsache sprechen. Es reicht die "gute Möglichkeit" aus, das heißt es genügt, wenn bei mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Möglichkeiten das Vorliegen einer davon relativ am wahrscheinlichsten ist, weil nach Gesamtwürdigung aller Umstände besonders viel für diese Möglichkeit spricht; von mehreren ernstlich in Betracht zu ziehenden Sachverhaltsvarianten muss den übrigen gegenüber aber einer das Übergewicht zukommen. Die bloße Möglichkeit einer Tatsache reicht deshalb nicht aus, die Beweisanforderungen zu erfüllen (vgl. dazu dezidiert: BSG, Beschluss vom 8. August 2001 - B 9 V 23/01 B - SozR 3-3900 § 15 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 5).

Dies zu Grunde gelegt, hat der Kläger im konkreten Einzelfall glaubhaft gemacht, dass die drei rechtlichen Voraussetzungen (§ 117 Abs. 1 DDR-AGB) für den Bezug einer Jahresendprämie in den konkret streitgegenständlichen Beschäftigungsjahren 1971 bis 1988 vorlagen und er jeweils eine Jahresendprämie in den Zuflussjahren 1972 bis 1989 erhalten hat; dies gilt allerdings nicht für die Beschäftigungsjahre 1968 bis 1970 und damit für die Zuflussjahre 1969 bis 1971:

aa) Der Kläger war in den Jahren 1971 bis 1988 jeweils während des gesamten Planjahres Angehöriger des VEB Rationalisierung Braunkohle Y ... bzw. des Instituts für Braunkohlenbergbau Y ... bzw. des VE Braunkohlenkombinats X ... -Stammbetrieb- (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 3 DDR-AGB), wie sich aus den vorgelegten Arbeitsverträgen (Bl. 188-196 der Gerichtsakten) sowie den Eintragungen in seinen Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung (Bl. 210-216 der Gerichtsakte) ergibt.

Das Planjahr 1970, in dem der Kläger erst zum 1. Dezember in den Betrieb eintrat, kann allerdings nicht mitberücksichtigt werden, weil der Kläger gerade nicht das gesamte Planjahr Betriebsangehöriger war. Auch ein gesetzlich geregelter Ausnahmetatbestand, der eine anteilige Jahresendprämie plausibel rechtfertigen würde (vgl. § 117 Abs. 2 DDR-AGB) ist nicht ersichtlich. Daher kommt die Feststellung einer Jahresendprämie mit Zufluss im Jahr 1971 von vornherein nicht in Betracht.

bb) Mindestens glaubhaft gemacht ist darüber hinaus auch, dass die Zahlung von Jahresendprämien für das Arbeitskollektiv, dem der Kläger angehörte, jeweils in einem Betriebskollektivvertrag vereinbart war (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 1 DDR-AGB). Denn der Abschluss eines Betriebskollektivvertrages zwischen dem Betriebsleiter und der zuständigen Betriebsgewerkschaftsleitung war nach § 28 Abs. 1 DDR-AGB zwingend vorgeschrieben. Die Ausarbeitung des Betriebskollektivvertrages erfolgte jährlich, ausgehend vom Volkswirtschaftsplan; er war bis zum 31. Januar des jeweiligen Planjahres abzuschließen (vgl. Kunz/Thiel, "Arbeitsrecht [der DDR] – Lehrbuch", 3. Auflage, 1986, Staatsverlag der DDR, S. 111). Ebenso zwingend waren nach § 118 Abs. 1 DDR-AGB in Verbindung mit § 28 Abs. 2 Satz 3 DDR-AGB die Voraussetzungen und die Höhe der Jahresendprämie in dem (jeweiligen) Betriebskollektivvertrag zu regeln. Konkretisiert wurde diese zwingende Festlegung der Voraussetzungen zur Gewährung von Jahresendprämien im Betriebskollektivvertrag in den staatlichen Prämienverordnungen: So legten die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe im Jahre 1972" vom 12. Januar 1972 (DDR-GBl. II 1972, Nr. 5, S. 49; nachfolgend: Prämienfond-VO 1972) in der Fassung der "Zweiten Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds und des Kultur- und Sozialfonds für volkseigene Betriebe" vom 21. Mai 1973 (DDR-GBl. I 1973, Nr. 30, S. 293; nachfolgend: 2. Prämienfond-VO 1973), mit der die Weitergeltung der Prämienfond-VO 1972 angeordnet wurde, sowie die "Verordnung über die Planung, Bildung und Verwendung des Prämienfonds für volkseigene Betriebe" vom 9. September 1982 (DDR-GBl. I 1982, Nr. 34, S. 595; nachfolgend: Prämienfond-VO 1982) jeweils staatlicherseits fest, dass die Verwendung des Prämienfonds, die in den Betrieben zur Anwendung kommenden Formen der Prämierung und die dafür vorgesehenen Mittel im Betriebskollektivvertrag festzulegen waren (§ 5 Abs. 2 Satz 1 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 1 und 2 Prämienfond-VO 1982). Dabei war, ohne dass ein betrieblicher Ermessens- oder Beurteilungsspielraum bestand, in den Betriebskollektivverträgen zu vereinbaren bzw. festzulegen, unter welchen Voraussetzungen Jahresendprämien als Form der materiellen Interessiertheit der Werktätigen an guten Wirtschaftsergebnissen des Betriebes im gesamten Planjahr angewendet werden (§ 5 Abs. 2 Satz 2 Spiegelstrich 2 Prämienfond-VO 1972, § 8 Abs. 3 Satz 3 Spiegelstrich 4 Prämienfond-VO 1982).

Damit kann in der Regel für jeden Arbeitnehmer in der volkseigenen Wirtschaft, sofern nicht besondere gegenteilige Anhaltspunkte vorliegen sollten, davon ausgegangen werden, dass ein betriebskollektivvertraglich geregelter Jahresendprämienanspruch dem Grunde nach bestand (vgl. dazu auch: Lindner, "Die ‚leere Hülle‘ ist tot – wie geht es weiter?", RV [= Die Rentenversicherung] 2011, 101, 104), auch wenn die Betriebskollektivverträge als solche nicht mehr vorgelegt oder anderweitig vom Gericht beigezogen werden können. Vor diesem Hintergrund ist der von der Beklagten in anderen Verfahren erhobene Einwand, die Betriebskollektivverträge seien anspruchsbegründend, zwar zutreffend, verhindern eine Glaubhaftmachung jedoch auch dann nicht, wenn sie im konkreten Einzelfall nicht eingesehen werden können.

cc) Ausgehend von der schriftlichen Erklärung der Zeugen W ... (ehemaliger Generaldirektor des Kombinats) und Dr. V ... (ehemaliger Direktor für Sozialökonomie des Kombinats) vom 11. und 26. April 2010 (Bl. 13-14 der Gerichtsakten), der schriftlichen Zusatzerklärung des Zeugen W ... vom 13. Februar 2012 (Bl. 15 der Gerichtsakten) und den schriftlichen Auskünften der Zeugen U ... vom 25. September 2015 (Bl. 76-77 der Gerichtsakten) und T ... vom 11. Oktober 2015 (Bl. 79-84 der Gerichtsakten) und vom 22. November 2015 (Bl. 91-92 der Gerichtsakten) sowie ausgehend von den sonstigen Unterlagen, die der Kläger bezüglich seiner Arbeitsleistungen schriftlich zu den Akten reichte, ist zudem glaubhaft gemacht, dass er (und das Arbeitskollektiv, dem er angehörte,) die vorgegebenen Leistungskriterien in der festgelegten Mindesthöhe erfüllt hatte (§ 117 Abs. 1 Voraussetzung 2 DDR-AGB). Dies betrifft allerdings nur die Beschäftigungsjahre, in denen der Kläger in Betrieben des VE Braunkohlenkombinats X ... tätig war. Nur für diese Jahre liegen individuelle Zeugenerklärungen seiner Kollegen sowie der Kombinatsverantwortlichen vor. Soweit der Kläger wiederholt Jahresendprämien auch für die Zuflussjahre 1969 und 1970 (nach dazu auf der Grundlage der Erklärungen der Kombinatsverantwortlichen des VE Braunkohlenkombinats X ...) geltend macht, ist darauf hinzuweisen, dass diesbezüglich keinerlei individuelle Hinweistatsachen vorliegen. Bis einschließlich 31. März 1970 war er im VEB Kombinat Schwarze Pumpe tätig; für diesen Betrieb haben die Erklärungen der Kombinatsverantwortlichen des VE Braunkohlenkombinats X ... keine Geltung. Und auch die Erklärungen der Zeugen U ... und T ... können sich nicht auf den Beschäftigungszeitraum im VEB Kombinat Schwarze Pumpe beziehen, weil die Zeugen mit dem Kläger lediglich im VE Braunkohlenkombinat X ... zusammen gearbeitet haben.

Die Zeugen W ... und Dr. V ... erklärten unter anderem, dass in sämtlichen zum Kombinat (VE Braunkohlenkombinat X ...) gehörenden Kombinatsbetrieben, und damit – ausweislich der gerichtsbekannten Registerauszüge aus dem Register der volkseigenen Wirtschaft – auch im VEB Rationalisierung Braunkohle Y ..., im Institut für Braunkohlenbergbau Y ... und im VE Braunkohlenkombinat X ... -Stammbetrieb-, an jeden Beschäftigten in den Jahren von 1969 bis 1989 jeweils eine Jahresendprämie gezahlt wurde, weil dies im Rahmenkollektivvertrag als neue Form der persönlichen materiellen Interessiertheit der Beschäftigten festgelegt war. In der – inzwischen ebenfalls gerichtsbekannten – schriftlichen Zusatzerklärung des Zeugen W ... vom 13. Februar 2012 führte dieser weitergehend und konkretisierend aus, dass die Jahresendprämien in den Kombinatsbetrieben wegen der jeweiligen Planerfüllung zugeführt wurden. Oberstes Gebot für diese Zuführung im Kombinat über die Mindestgrenze hinaus, die jedem Beschäftigten im Kombinat zustand, war dabei stets die Planerfüllung des Vorjahres durch den einzelnen Betrieb. Die Planerfüllung des Kombinats wurde grundsätzlich durch das übergeordnete Organ (bis 1971 die VVB Braunkohle S ..., seit 1972 bis 1990 das Ministerium für Kohle und Energie) bestätigt. Nach Bestätigung der Jahresendprämien durch das übergeordnete Organ erfolgte die Auszahlung derselben meist in den Monaten Februar oder März des Folgejahres. In Fällen geringerer Planerfüllung erfolgte auf Antrag der Kombinatsleitung beim übergeordneten Organ immer nachträglich eine sog. Plankorrektur, sodass das Ist-Ergebnis zum Soll-Ergebnis erhoben wurde. Da der Anteil jedes Einzelnen an der Planerfüllung des Kombinats nicht exakt mess- bzw. nachweisbar und damit nicht bewertbar war, wurde die Jahresendprämie quasi als 13. Monatsgehalt angesehen.

Der Zeuge U ..., der mit dem Kläger seit April 1970 fast 20 Jahre in der gleichen Gruppe in Betrieben des VE Braunkohlenkombinat X ... zusammenarbeitete, gab an, dass der Betrieb an den Kläger jedes Jahr eine Jahresendprämie zahlte. Deren Höhe war abhängig von der Gehaltshöhe. Dem Zeugen ist nicht erinnerlich, dass es Jahre oder Fälle gab, in denen keine Jahresendprämie gezahlt wurde. Die Jahresendprämie wurde aus dem entsprechenden Monatsbruttogehalt ermittelt und nach einem vorgegebenen Prozentsatz vom Betrieb ausgezahlt.

Der Zeuge T ..., der ebenfalls von 1970 bis 1990 Arbeitskollege des Klägers in der gleichen Abteilung des gleichen Kombinatsbetriebs war und der bis 1978 die Funktion des Gewerkschaftsvertrauensmannes ausübte, gab gleichfalls an, dass der Kläger jedes Jahr eine Jahresendprämie vom Betrieb ausgezahlt erhielt. Die Auszahlung erfolgte jedes Jahr Ende Februar bzw. Anfang März, nach Vorliegen der kombinatseinheitlichen Prozentsätze des Jahresendprämienbetrages. Der Zeuge gab weiterhin an, dass er in seiner Funktion als Gewerkschaftsvertrauensmann an der Erarbeitung der Auszahlungslisten für die Jahresendprämien beteiligt sowie teilweise auch bei der Auszahlung persönlich anwesend war. Jeder Beschäftigte des Betriebes erhielt jedes Jahr Jahresendprämien ausgezahlt. In Bezug auf den Kläger gab er an, dass dieser zu keinem Zeitpunkt von der Auszahlungsliste gestrichen wurde und daher jährlich Jahresendprämien erhalten hat. Die Jahresendprämien wurden immer gegen Quittierung auf der Auszahlungsliste ausgezahlt, wobei die Namen der Kollegen auf den Listen jeweils alphabetisch geordnet waren. Die Auszahlung erfolgte in Tüten jeweils im Februar des Folgejahres für das vorangegangene Jahr; lediglich bei Plankorrekturen gab es manchmal Verzögerungen; dann erfolgte die Auszahlung erst im März des Folgejahres. Mit dem für das jeweilige Jahr geltenden Prozentsatz wurde aus dem durchschnittlichen Monatsbruttogehalt des Vorjahres die auszuzahlende Jahresendprämie in den Listen für die jeweils einzelnen Empfänger ausgewiesen. Die Prozentzahlen, die für die Angehörigen der technischen Intelligenz jeweils meist vom Ministerium für Kohle und Energie vorgegeben waren, unterlagen von 1969 bis 1981 nur geringen Schwankungen; ab 1982 blieb der Prozentsatz konstant. Dazu gab es ab 1982 noch die Regelung, dass für besondere Leistungen (Neuerer- und Verbesserungsvorschläge, Patentanmeldungen, Abschluss der Parteischule der SED, etc.) einzelne Zuschläge bis maximal 300 Mark als Festbetrag gezahlt wurden. Die Jahresendprämien wurden in Tüten als Bargeld an der Kasse ausgezahlt. Die Auszahlung wurde per Unterschrift in den Auszahlungslisten vom Empfänger quittiert.

Die Angaben des Zeugen T ..., der der Gewerkschaftsvertrauensmann der Abteilung war und in dieser Funktion maßgeblich mit der Verteilung der Jahresendprämien (auch konkret an den Kläger) befasst war, beruht damit auf besonderer Sachkunde, weil über die Gewährung von Prämien, und damit auch der Jahresendprämien, sowie über deren Höhe der Betriebsleiter mit Zustimmung der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung nach Beratung im Arbeitskollektiv entschied (§ 116 Abs. 3 Satz 1 DDR-AGB). Dieses gesetzlich vorgesehene Prozedere sollte sicherstellen, dass über die "Prämie dort diskutiert wurde, wo das von der Sachkunde her am besten möglich" war und sollte eine "wirksame Form der demokratischen Mitwirkung der Werktätigen an der Entscheidungsfindung" gewährleisten (vgl. dazu: Gottfried Eckhardt u.a., "Lohn und Prämie – Erläuterungen zum 5. Kapitel des Arbeitsgesetzbuches der DDR" [Heft 4 der Schriftenreihe zum Arbeitsgesetzbuch der DDR], 1989, S. 106). Vor diesem Hintergrund kommt Aussagen der dem gleichen Arbeitskollektiv angehörenden ehemaligen Leiter und Arbeitskollegen sowie Personen, die der zuständigen betrieblichen Gewerkschaftsleitung angehörten (beispielsweise sog. BGL- und AGL-Vorsitzende [= Vorsitzender der Betriebsgewerkschaftsleitung oder der Abteilungsgewerkschaftsleitung]), ein besonderer Aussagewert zu.

Unzulänglichkeiten des Klägers, die gegebenenfalls eine Kürzung oder Nichtzahlung der Jahresendprämie zur Folge hätten haben können, ergeben sich auch nicht aus anderweitigen Indizien oder Hinweistatsachen. Im Gegenteil: Die Angaben der Zeugen U ... und T ... sind vor dem Hintergrund der beigezogenen Leistungsbeurteilungen und Arbeitseinschätzungen des Betriebes über den Kläger plausibel und bestätigen die berechtigte Annahme, dass der Kläger die individuellen Leistungskennziffern bzw. Planvorgaben konkret erfüllte. So wird beispielsweise in den betrieblichen Beurteilungen vom 17. Februar 1971 (Bl. 197 der Gerichtsakten), vom 28. Februar 1972 (Bl. 198 der Gerichtsakten), vom 5. April 1973 (Bl. 199 der Gerichtsakten) und vom 2. Juli 1973 (Bl. 200 der Gerichtsakten) sowie in den betrieblichen Leistungseinschätzungen vom 31. August 1976 (Bl. 201 der Gerichtsakten), vom 7. Dezember 1978 (Bl. 202 der Gerichtsakten), vom 28. Januar 1981 (Bl. 203 der Gerichtsakten) und vom 25. Oktober 1983 (Bl. 204 der Gerichtsakten) ausgeführt, dass der Kläger - eine gute Auffassungsgabe und ein deutlich ausgeprägtes Leistungsbewusstsein besaß, - seine Arbeitsaufgaben selbständig und ideenreich löste, - Schwerpunkte der Arbeit erkannte und versuchte sich auf diese zu konzentrieren, - Eigeninitiative zeigte und den Mut aufbrachte, Risiken einzugehen und Verantwortung zu tragen, - Belastungssituationen gut überstand und auch in diesen den Überblick bewahrte, - pflichtbewusst arbeitete, - eine bemerkenswerte eigenständige schöpferische Denkleistung und Bereitwilligkeit bei seiner Arbeit an den Tag legte, - eine umfassende und systembildende wissenschaftliche Arbeit leistete, - alle Kollegen wirksam in den Arbeitsprozess einzubeziehen und zu begeistern vermochte, - sich mit dem Arbeitsprozess und seinen Ergebnissen deutlich identifizierte, - gute methodische Arbeit leistete, - ein wertvoller und stabilisierender Teil des Kollektivs war, - umfassende und konstruktive Arbeit leistete, - selbständig Schwerpunkte erkannte und es verstand, sich auf diese zu konzentrieren, - jederzeit bereit war, schwierige Aufgaben zu übernehmen und auszuführen, - ein ausgesprochenes Leistungsstreben zeigte und hohe Anforderungen an sich stellte, - planmäßig und systematisch arbeitete, - streng auf Ordnung und hohe Qualität der Arbeit achtete, - schnell und zügig arbeitete, - wendig und anpassungsfähig agierte, - sich ohne große Schwierigkeiten auf neue Bedingungen einstellen konnte.

Aus den vom Kläger vorgelegten Ausweisen für Arbeit und Sozialversicherung (insbesondere Bl. 211 und 215 Rückseite der Gerichtsakten) ergibt sich zudem, dass er in den Jahren 1979, 1981, 1982, 1983, 1984, 1985, 1986, 1987 und 1988 betriebliche Auszeichnungen in Form der Mitgliedschaft in einem "Kollektiv der sozialistischen Arbeit" verliehen bekam. Damit wird unterstrichen, dass seine Arbeit weder Anlass zu Kritik noch Tadel gab. Denn mit diesen Auszeichnungen wurden gemäß § 2 Satz 1 der "Ordnung über die Verleihung und Bestätigung des Ehrentitels Kollektiv der sozialistischen Arbeit ", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 (DDR-GBl. 1978, Sonderdruck Nr. 952, S. 15 ff.) war, jeweils unter anderem vorbildliche Leistungen des Klägers bei der sozialistischen Arbeit, nämlich die Übernahme kontrollier- und abrechenbarer, kollektiver und persönlicher Verpflichtungen durch die Kollektivmitglieder, belobigend hervorgehoben, sodass keinerlei Anhaltspunkte dafür bestehen, dass der Kläger die vom Betrieb vorgegebenen Leistungskriterien oder die für die Ausreichung der Jahresendprämien erwarteten Arbeitsleistungen nicht erfüllt haben könnte.

Darüber hinaus wird die vorbildliche Arbeitsweise des Klägers auch bestätigt durch die ihm vom Betrieb mit Urkunden vom 7. November 1978 (Bl. 205 der Gerichtsakte) und vom 23. September 1986 (Bl. 208 der Gerichtsakte) jeweils verliehenen Auszeichnungen als "Aktivist der sozialistischen Arbeit". Mit diesen Auszeichnungen wurden jeweils unter anderem hervorragende und beispielgebende Arbeitsleistungen gewürdigt (vgl. dazu: § 1 der "Ordnung über die Verleihung des Ehrentitels ‚Aktivist der sozialistischen Arbeit‘", die Bestandteil der "Bekanntmachung der Ordnungen über die Verleihung der bereits gestifteten staatlichen Auszeichnungen" vom 28. Juni 1978 [DDR-GBl. Sonderdruck Nr. 952, S. 1 ff.] waren). Überdies wurde ihm vom Betrieb mit Urkunde vom 7. Juli 1985 (Bl. 207 der Gerichtsakte) in Anerkennung und Würdigung seiner hervorragenden Leistungen im Industriezweig Kohle der DDR die "Medaille für Verdienste in der Kohleindustrie der DDR in Bronze" verliehen.

Soweit die Beklagte – wie wiederholt in der Vergangenheit in anderen Verfahren – meint, die Glaubhaftigkeit der Aussagen des Zeugen W ... seien zu bezweifeln, sodass deren Beweiswert gegen Null tendiere, vermag sich das Gericht dem nicht anzuschließen. Aus dem Umstand, dass der Zeuge W ... mittels eines immer wiederkehrenden – gerichtsbekannten – Standardschreibens seiner Rechtsanwältin (Bl. 30 der Gerichtsakten) auf massenhafte Anfragen von Sozialgerichten der Länder Sachsen, Brandenburg, Berlin und Thüringen seit dem Jahr 2015 jeweils mitteilen lässt, er könne "zum Gegenstand seiner Vernehmung keinerlei Aussage treffen", kann entgegen der Ansicht der Beklagten nicht geschlossen werden, er distanziere sich von seiner im Jahr 2010 abgegebenen Erklärung. Zum einen geht diese von der Beklagten "unterlegte" Distanzierung aus dem Standardschreiben seiner Rechtsanwältin nicht hervor. Zum anderen übersieht die Beklagte, dass die Erklärung aus dem Jahr 2010 nicht allein von Herrn W ..., sondern auch von dem – zwischenzeitlich verstorbenen – Herrn Dr. V ... abgegeben wurde. Zweifel an der Richtigkeit der Erklärung bestehen im Übrigen im vorliegenden Fall allein schon deshalb nicht, weil der Erklärungsinhalt konkret bezogen auf den Kläger auch von den konkret im Verfahren schriftlich befragten Zeugen U ... und T ... bestätigt wurde. Zudem ergibt sich aus der – inzwischen ebenfalls gerichtsbekannten – und im konkreten Verfahren vom Kläger vorgelegten schriftlichen Zusatzerklärung des Zeugen W ... vom 5. Juli 2017 zu dessen Erklärungen vom 11. und 26. April 2010 und vom 13. Februar 2012, dass sich der Zeuge W ... keineswegs von seinen Erklärungen distanziert, sondern nach wie vor hinter diesen steht. Er gab in der schriftlichen Zusatzerklärung vom 5. Juli 2017 an, dass seine Angaben aus dem Jahr 2010 auf den akribischen Arbeiten der Fachkollegen Eichler und Dr. V ... beruhten, die auf dem Sachgebiet der Jahresendprämie jeweils von Dezember meist bis März eines Jahres fachlich-inhaltlich umfassend tätig waren und diese Fachkollegen aus unterschiedlichen Quellen (zum Beispiel Arbeitsbücher, spezielle Protokolle, statistische Erhebungen und dergleichen mehr) die erforderlichen umfangreichen Informationen zur Fertigung der Erklärungen vom 11. und 26. April 2010 und vom 13. Februar 2012 zusammengetragen hatten. Dabei sind diese beiden Fachkollegen (ehemaliger Direktor für Sozialökonomie und Hauptbuchhalter des VE Braunkohlenkombinats X ...) mit großer Umsicht und Gewissenhaftigkeit unter Berücksichtigung und umfassender Einbeziehung der spezifisch auf die Jahresendprämie zutreffenden gesetzlichen Bestimmungen und Verordnungen vorgegangen.

2. Die konkrete Höhe der Jahresendprämien, die in den jeweils nachfolgenden Jahren (1972 bis 1989) für die vorangegangenen Beschäftigungsjahre (1971 bis 1988) zur Auszahlung an den Kläger gelangten, konnte er zwar nicht nachweisen (dazu nachfolgend unter a), aber glaubhaft machen (dazu nachfolgend unter b).

a) Die dem Kläger in den Jahren 1972 bis 1989 zugeflossenen Jahresendprämienbeträge sind der Höhe nach nicht nachgewiesen:

Nachweise etwa in Form von Begleitschreiben, Gewährungsunterlagen, Beurteilungsbögen, Quittungen oder sonstigen Lohnunterlagen für an den Kläger geflossene Prämienzahlungen konnte er – mit Ausnahme für das nicht streitgegenständliche Jahr 1990 – nicht vorlegen. Er selbst verfügt auch über keine – weiteren – Unterlagen, mit denen er die Gewährung von Jahresendprämien belegen könnte, wie er selbst ausführte.

Nachweise zu an den Kläger ausgezahlten Jahresendprämien liegen auch nicht mehr vor, wie sich aus der Auskunft der Rhenus Office Systems GmbH in der Entgeltbescheinigung vom 25. Januar 2012 ausdrücklich ergibt.

Angaben zur konkreten Höhe der Jahresendprämienzahlungen an den Kläger konnten auch die Zeugen nicht machen.

Nachweise zu an den Kläger gezahlten Jahresendprämien für die anderen Zuflussjahre als 1990 liegen auch nicht mehr vor, da zwischenzeitlich die Aufbewahrungsfrist für die Entgeltunterlagen der ehemaligen Betriebe der DDR abgelaufen ist (31. Dezember 2011; vgl. § 28f Abs. 5 SGB IV), weshalb bereits die Beklagte im erneuten Verwaltungsüberprüfungsverfahren von einer entsprechenden Anfrage an die Rhenus Office Systems GmbH abgesehen hat. Von einer Anfrage an das Bundesarchiv wurde im vorliegenden Verfahren abgesehen, da dort – wie aus entsprechenden Anfragen in anderen Verfahren gerichtsbekannt wurde – lediglich statistische Durchschnittwerte der in den Kombinaten gezahlten durchschnittlichen Jahresendprämienbeträge pro Vollbeschäftigteneinheit aus verschiedenen Jahren vorhanden sind, die keinerlei Rückschluss auf die individuelle Höhe der an den Kläger in einem konkreten Kombinatsbetrieb gezahlten Jahresendprämienhöhe erlauben.

b) Die konkrete Höhe der an den Kläger ausgezahlten Jahresendprämienbeträge für die in den Jahren 1972 bis 1989 zugeflossenen Jahresendprämien ist im vorliegenden Fall allerdings glaubhaft gemacht:

Die Zeugen W ... und Dr. V ... erklärten, dass im Rahmenkollektivvertrag die Zahlung einer Jahresendprämie an die Beschäftigten festgelegt war und ausgehend von den im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnissen des Kombinates jeweils der zutreffende Prozentsatz zur Ermittlung der Jahresendprämie festgestellt wurde. Bezugsgröße dieses Prozentsatzes war dabei immer das durchschnittliche monatliche Bruttogehalt des Beschäftigten im Vorjahr, also ein Zwölftel des Jahresbruttoverdienstes des Vorjahres. Als verbindliche Prozentsätze wurden für die einzelnen Jahre (unter anderem) festgelegt: - für das Jahr 1970: 87,80 Prozent, - für das Jahr 1971: 84,50 Prozent, - für das Jahr 1972: 79,10 Prozent, - für das Jahr 1973: 88,30 Prozent, - für das Jahr 1974: 87,75 Prozent, - für das Jahr 1975: 92,55 Prozent, - für das Jahr 1976: 89,15 Prozent, - für das Jahr 1977: 93,65 Prozent, - für das Jahr 1978: 94,30 Prozent, - für das Jahr 1979: 94,07 Prozent, - für das Jahr 1980: 87,03 Prozent, - für das Jahr 1981: 91,94 Prozent und - für die Jahre 1982 bis 1989 jeweils: 88,64 Prozent (anstatt 89,85 Prozent, gemäß Berichtigung durch den Zeugen W ... mit schriftlicher Zusatzerklärung vom 13. Februar 2012). In seiner schriftlichen Zusatzerklärung vom 13. Februar 2012 führte der Zeuge W ... zudem aus, dass diese verbindlichen Prozentsätze durch den ehemaligen Hauptbuchhalter des VE Braunkohlenkombinats X ..., R ... (bereits Anfang 2010 verstorben) akribisch aus den ehemaligen Betriebsunterlagen herausgearbeitet wurden.

Die Zeugen bekundeten gleichfalls, dass Basis der Höhe der Jahresendprämie der durchschnittliche monatliche Jahresbruttoverdienst des jeweiligen Jahresendprämienjahres war und die Jahresendprämien nach einem einheitlichen, vom Kombinat vorgegebenen Prozentsatz berechnet wurden.

Vor diesem Hintergrund kann im vorliegenden konkreten Einzelfall davon ausgegangen werden, dass dem Kläger der konkrete Prozentanteil seines jeweiligen monatlichen Jahresdurchschnittsbruttolohnes als Jahresendprämie zugeflossen ist, weil gegenteilige Anhaltspunkte weder vorgetragen, noch ersichtlich sind und an der Glaubhaftigkeit der Aussagen der Zeugen keine Zweifel bestehen. Der Generaldirektor und der Direktor für Sozialökonomie des Kombinates, die sich – wie ergänzend erklärt wurde – des ehemaligen Hauptbuchhalters des Kombinates bedienten, sind sachkundige Personen, die über die Erfüllung der Planziele und die kombinatsseitigen Festlegungen Auskunft zu geben geeignet sind. Die Besonderheit der vorliegenden konkreten Sachverhaltskonstellation ist, wie aus den Angaben der Zeugen übereinstimmend und nachvollziehbar hervorgeht, dadurch gekennzeichnet, dass im Kombinat für alle Kombinatsbetriebe – ausgehend von der Planerfüllungsquote des Kombinates – ein konkreter Prozentsatz der Jahresendprämienzahlung festgelegt wurde. Insofern fehlt es im konkreten Sachverhalt nicht an einem geeigneten Maßstab, an dem die konkrete Höhe der dem Grunde nach bezogenen Jahresendprämie beurteilt werden kann. Plausibel ist dies im vorliegenden Fall auch deshalb, weil nicht pauschal der durchschnittliche Bruttomonatslohn eines (jeden) Beschäftigten als Maßstab der Jahresendprämienzahlung behauptet wird, der nach den rechtlichen Koordinaten des DDR-Rechts gerade nicht der Basis-, Ausgangs- oder Grundwert zur Berechnung einer Jahresendprämie war, sondern explizit die im jeweiligen Jahr erzielten Produktionsergebnisses des Kombinats als Berechnungsbasis der kombinatsseitigen Festlegung von den Kombinatsverantwortlichen deklariert wurden.

Die Kriterien, nach denen eine hinreichende Glaubhaftmachung erfolgt, sind demnach im konkreten Fall erfüllt, weil nicht lediglich ein allgemeiner Ablauf und eine allgemeine Verfahrensweise dargelegt wurden.

Somit ist im Fall des Klägers zunächst der jeweilige monatliche Bruttodurchschnittsverdienst des Jahres, für den die Jahresendprämie im darauffolgenden Jahr gezahlt wurde, zu Grunde zu legen. Dieser kann der Arbeitsentgeltbescheinigung der LMBV GmbH vom 26. Mai 2000 (Bl. 217 der Gerichtsakten), die Grundlage der in den Feststellungsbescheiden vom 14. März 2002 und vom 9. Mai 2006 enthaltenen Entgeltdaten ist, entnommen werden. Davon sind die von den Zeugen W ... und Dr. V ... bekundeten jeweiligen prozentualen Feststellungsquoten der Planerfüllung als glaubhaft gemachte Jahresendprämien festzusetzen. Von diesen Beträgen ist jeweils ein Abzug in Höhe eines Sechstels vor dem Hintergrund der gesetzlichen Regelung des § 6 Abs. 6 AAÜG vorzunehmen.

Dies zu Grunde gelegt, sind für den Kläger Jahresendprämienzahlungen für die Beschäftigungsjahre 1971 bis 1988 (und damit für die Zuflussjahre 1972 bis 1989) wie folgt zu berücksichtigen:

JEP-An-spruchsjahr Jahresarbeits-verdienst Monatsdurch-schnitts-verdienst JEP in Höhe der Glaubhaftmachung zu Grunde gelegt davon 5/6 (exakt) JEP-Zuflussjahr 1971 15.226,80 M 1.268,90 M 84,50 % 1.072,22 M 893,52 M 1972 1972 16.161,80 M 1.346,82 M 79,10 % 1.065,33 M 887,77 M 1973 1973 15.837,00 M 1.319,75 M 88,30 % 1.165,34 M 971,12 M 1974 1974 16.126,80 M 1.343,90 M 87,75 % 1.179,27 M 982,72 M 1975 1975 16.126,80 M 1.343,90 M 92,55 % 1.243,78 M 1.036,48 M 1976 1976 15.822,60 M 1.318,55 M 89,15 % 1.175,49 M 979,57 M 1977 1977 16.126,80 M 1.343,90 M 93,65 % 1.258,56 M 1.048,80 M 1978 1978 16.188,86 M 1.349,07 M 94,30 % 1.272,17 M 1.060,14 M 1979 1979 17.266,80 M 1.438,90 M 94,07 % 1.353,57 M 1.127,98 M 1980 1980 17.266,80 M 1.438,90 M 87,03 % 1.252,27 M 1.043,56 M 1981 1981 18.187,67 M 1.515,64 M 91,94 % 1.393,48 M 1.161,23 M 1982 1982 17.859,95 M 1.488,33 M 88,64 % 1.319,26 M 1.099,38 M 1983 1983 17.300,38 M 1.441,70 M 88,64 % 1.277,92 M 1.064,93 M 1984 1984 18.215,45 M 1.517,95 M 88,64 % 1.345,51 M 1.121,26 M 1985 1985 18.888,95 M 1.574,08 M 88,64 % 1.395,19 M 1.162,66 M 1986 1986 18.226,32 M 1.522,19 M 88,64 % 1.349,27 M 1.124,39 M 1987 1987 20.103,66 M 1.675,31 M 88,64 % 1.484,99 M 1.237,49 M 1988 1988 20.572,63 M 1.714,39 M 88,64 % 1.519,64 M 1.266,37 M 1989

3. Die zugeflossenen Jahresendprämien als Arbeitsentgelt im Sinne der §§ 14 Abs. 1 Satz 1 SGB IV, 6 Abs. 1 Satz 1 AAÜG waren auch nicht nach der am 1. August 1991 maßgeblichen bundesrepublikanischen Rechtslage (Inkrafttreten des AAÜG) steuerfrei im Sinne des § 17 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB IV in Verbindung mit § 1 ArEV (vgl. dazu ausführlich: BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 4/06 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 4 = JURIS-Dokument, RdNr. 33-41, ebenso nunmehr: BSG, Urteil vom 15. Dezember 2016 - B 5 RS 4/16 R - SozR 4-8570 § 6 Nr. 7 = JURIS-Dokument, RdNr. 13). Es handelt sich vielmehr um gemäß § 19 Abs. 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerpflichtige Einkünfte aus nichtselbstständiger Arbeit (Gehälter, Löhne, Gratifikationen, Tantiemen und andere Bezüge und Vorteile, die für eine Beschäftigung im öffentlichen oder privaten Dienst gewährt wurden).

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG und berücksichtigt anteilig das Verhältnis zwischen Obsiegen und Unterliegen.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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