Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
7
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 79 KA 347/11
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 7 KA 112/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2013 wird zurückgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens, mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Regress wegen Heilmittelverordnungen für zwei Versicherte in Höhe von insgesamt 5.308,56 Euro.
Die Klägerin ist eine aus einem Ehepaar bestehende und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Berufsausübungsgemeinschaft. Sie besteht aus einer Fachärztin für Allgemeinmedizin und einem Facharzt für Allgemeinmedizin mit der Zusatzbezeichnung Sportmedizin.
Streitgegenständlich sind Heilmittelverordnungen zugunsten des bei der Beigeladenen zu 2. krankenversicherten Ehepaares H D. und S D.
Der H D. verordnete die Klägerin im Zeitraum 3. Juli 2007 bis 5. Januar 2009 mittels 34 einzelner Heilmittelverordnungen Massage und Warmpackungen (Fango), jeweils sechsmal. Als Diagnose gab die Klägerin auf den Verordnungsformularen jeweils an:
• erste neun Verordnungen 3. Juli 2007 bis 15. November 2007: "wegen chron. HWS-BWS-LWS Syndrom" (ohne Angabe eines Indikationsschlüssels); • weitere 15 Verordnungen vom 30. November 2007 bis 17. Juni 2008; "im Nacken-Schulter-Rückenbereich wegen schmerzhaften Myogelosen" (teilweise unter Angabe des Indikationsschlüssels W51a); • weitere zehn Verordnungen vom 17. Juli 2008 bis 5. Januar 2009: "im Nacken-Schulter-Rückenbereich wegen schmerzhaften Myogelosen, muskuloskelettale Dysbalancen" (unter Angabe des Indikationsschlüssels W51).
Ein Therapieziel war auf keiner der 34 Verordnungen verzeichnet. Die erste, zehnte, elfte, zwölfte und fünfzehnte Verordnung waren im entsprechenden Formularfeld als "Erstverordnung" gekennzeichnet; die übrigen 29 Verordnungen enthielten eine Kennzeichnung als "Folgeverordnung". Die verordneten Leistungen wurden im Zeitraum 3. Juli 2007 bis zum 22. Januar 2009 durch die Physiotherapiepraxis Z an insgesamt 204 Behandlungstagen erbracht und gegenüber der Beigeladenen zu 2. abgerechnet, die die Rechnungen beglich (Gesamtbetrag der Verordnungen 2 bis 34: 2.592,72 Euro).
Am 19. März 2009 beantragte die Beigeladene zu 2. bei der Prüfungsstelle für die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung, die Klägerin zum Ersatz von 2.592,72 Euro zu verpflichten. Nach dem Heilmittelkatalog sei die Gesamtverordnungsmenge des "Regelfalls" mit der sechsten Behandlung am 19. Juli 2007 erreicht. Die Verordnungen ab 17. Juli 2007 hätten daher im vorgesehenen Formularfeld als "Verordnung außerhalb des Regelfalles" gekennzeichnet werden und medizinische Begründungen für die Überschreitung des Regelfalles enthalten müssen. Die ab 17. Juli 2007 ausgestellten Verordnungen seien daher nicht richtlinienkonform und damit unwirtschaftlich.
Dem S D. verordnete die Klägerin im Zeitraum 11. August 2006 bis 5. Januar 2009 mittels 54 einzelner Heilmittelverordnungen Massage und Warmpackungen (Fango), jeweils sechsmal. Als Diagnose gab die Klägerin auf den Verordnungsformularen jeweils an:
• erste 29 Verordnungen 11. August 2006 bis 15. November 2007: "wegen chron. HWS-BWS-LWS Syndrom" (ohne Angabe eines Indikationsschlüssels); • weitere 25 Verordnungen vom 30. November 2007 bis 5. Januar 2009; "im Nacken-Schulter-Rückenbereich wegen schmerzhaften Myogelosen" (teilweise unter Angabe des Indikationsschlüssels W51a).
Ein Therapieziel war auf keiner der 54 Verordnungen verzeichnet. Die erste, achte, 20., 30., 31., 32., 33. und 34. Verordnung waren im entsprechenden Formularfeld als "Erstverordnung" gekennzeichnet; die übrigen 46 Verordnungen enthielten eine Kennzeichnung als "Folgeverordnung". Die verordneten Leistungen wurden im Zeitraum 11. August 2006 bis zum 22. Januar 2009 durch die Physiotherapiepraxis Z an insgesamt 324 Behandlungstagen erbracht und gegenüber der Beigeladenen zu 2. abgerechnet, die die Rechnungen beglich (Gesamtbetrag der 36 Verordnungen 19 bis 54: 2.715,84 Euro).
Ebenfalls am 19. März 2009 beantragte die Beigeladene zu 2. bei der Prüfungsstelle, die Klägerin zum Ersatz von 2.715,84 Euro zu verpflichten (Verordnungen 19 bis 54 vom 19. Juni 2007 vom 5. Januar 2009). Nach dem Heilmittelkatalog sei die Gesamtverordnungsmenge des "Regelfalls" mit der sechsten Behandlung erreicht. Die folgenden Verordnungen ab 29. August 2006 hätten daher im vorgesehenen Formularfeld als "Verordnung außerhalb des Regelfalles" gekennzeichnet werden und medizinische Begründungen für die Überschreitung des Regelfalles enthalten müssen. Die ab 29. August 2006 ausgestellten Verordnungen seien daher nicht richtlinienkonform und damit unwirtschaftlich.
Die Prüfungsstelle erbat hierauf von der Klägerin eine schriftliche ausführliche patientenbezogene Stellungnahme zu beiden Sachverhalten. Die Klägerin äußerte sich zu den beiden Sachverhalten mit wortgleichem Schreiben vom 7. Juni 2009 auszugsweise wie folgt:
"Uns ist unklar, wie man anhand dieser zwei Verordnungsserien auf eine Unwirtschaftlichkeit zu schließen können glaubt? Bisher wurden die Ärzte doch mit dem Durchschnitt der Fachgruppe verglichen? Speziell ist bei diesen beiden Patienten ein chronifiziertes Leiden bekannt im Sinne eines HWS-BWS-LWS-Syndroms mit schmerzhaften muskulären Dysbalancen (Myogelosen). Die vorausgegangenen Behandlungen bei den Spezialisten und bei uns mit Mobec (extrem teuer!!) Ibuprofen und Diclofenac sowie Injektionsserien mit NSAR und Cortison führten bei beiden Patienten zu Magenbeschwerden, die wiederum mit Omeprazol behandelt werden mussten, so dass die Lebensqualität der beiden Patienten deutlich reduziert wurde, was sich auch in einer Häufung von Arbeitsunfähigkeiten niederschlug. Diese Komplikationsspirale mit potenzierten Kosten gelang es uns durch Physiotherapie im gesundheitlichen Interesse der Patienten einzusparen, so dass der AOK summa summarum pekuniäre Vorteile entstanden sind. Wir haben natürlich in Anbetracht der uns auch bekannten spezifisch hier notwendigen physiotherapeutischen Mehrbehandlungen medizinisch vertretbare kompensatorische Einsparungen hinsichtlich weiterer Verordnungen bei AOK-Patienten vorgenommen, so dass es der AOK schwerfallen wird, uns fünf oder sechs derartiger Verordnungsserien gleichzeitig nachzuweisen."
Mit Bescheiden vom 25. Oktober 2010 entschied die Prüfungsstelle daraufhin, dem Regressantrag der Beigeladenen zu 2. in Bezug auf die Heilmittelverordnungen für die beiden genannten Versicherten zu entsprechen, und setzte Ersatzverpflichtungen in Höhe von 2.592,72 Euro bzw. 2.715,84 Euro fest. Die von der Beigeladenen zu 2. beanstandeten Verordnungen missachteten die Vorgaben der Heilmittelrichtlinie und seien daher unwirtschaftlich. Daran ändere auch das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren nichts.
Ihre hiergegen erhobenen Widersprüche begründete die Klägerin nicht.
Die Widersprüche wies der Beklagte mit Beschlüssen vom 12. April 2011 zurück. Zu Recht habe der Prüfungsausschuss die Ersatzverpflichtungen festgesetzt.
Zur Begründung ihrer gegen beide Beschlüsse erhobenen Klage hat die Klägerin angeführt, bei den beiden Versicherten handele es sich um Einzelfälle. Die Heilmittelverordnungen seien gerade zur Wahrung der Wirtschaftlichkeit erfolgt. Die Arztpraxis verdiene daran keinen Cent. Sofern die Beigeladene zu 2. von einer Genehmigungspflicht ausgehe, hätte man früher darauf hingewiesen werden müssen und nicht erst Jahre nach Ausstellung der Verordnungen. Die Berechnungsweise von Beigeladener zu 2. und Beklagtem gehe durchweg zu ihren Lasten.
Die Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 13. November 2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zu Recht habe der Beklagte die Regresse verfügt. Denn den streitigen Heilmittelverordnungen fehle sowohl die Kennzeichnung als "außerhalb des Regelfalles" als auch die Angabe einer medizinischen Begründung mit prognostischer Einschätzung. Damit sei durchweg gegen die verbindlichen Regelungen der Heilmittelrichtlinie verstoßen worden. Die Beigeladene zu 2. habe auch nicht der Pflicht unterlegen, die Klägerin auf ihr Fehlverhalten gesondert hinzuweisen, denn die Klägerin sei von sich aus zur Beachtung der rechtlichen Vorgaben verpflichtet gewesen.
Gegen dieses ihr am 29. November 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 27. Dezember 2013. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen an: Die beiden Versicherten seien nicht unwirtschaftlich behandelt worden. Physiotherapie sei preiswert und einer nebenwirkungsreichen Pharmakotherapie vorzuziehen. Die Beigeladene zu 2. habe sie nicht rechtzeitig vorgewarnt. Die Sachverhalte seien rein medizinisch zu beurteilen. Verfahrensfehlerhaft habe das Sozialgericht in Abwesenheit der beiden Beigeladenen verhandelt und entschieden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2013 sowie die Beschlüsse des Beklagten 12. April 2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Soweit es die Verordnung zugunsten des S D. vom 19. Juni 2007 betreffe, sei zwar die 18-Monats-Frist aus § 26 der Prüfvereinbarung überschritten, doch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handele es sich um eine bloße Beschleunigungs- und nicht um eine Ausschlussfrist (Hinweis auf B 6 KA 37/08 R).
Die Beigeladene zu 1. hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Die Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag. Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für richtig. Auf die vorherige Genehmigung von begründungspflichtigen Heilmittelverordnungen nach Nr. 11.5 der Heilmittelrichtlinie (Verordnungen außerhalb des Regelfalles) habe man erst am 17. Januar 2008 verzichtet; dies habe bis zum 30. Juni 2011 gegolten. Daraus dürfe man aber nicht schließen, dass sämtliche Heilmittelverordnungen vor dem 17. Januar 2008 als "genehmigt" gelten könnten und insoweit etwa eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen sei. Denn sämtliche streitigen Verordnungen seien gerade nicht – wie erforderlich – mit dem Zusatz "außerhalb des Regelfalles" gekennzeichnet gewesen, so dass es auch keinen Anlass gegeben habe, sie einer Genehmigung zuzuführen. Der später erklärte Genehmigungsverzicht könne nicht als Freibrief für Verstöße gegen die Heilmittelrichtlinie angesehen werden. Zudem wirke die Genehmigung nur gegenüber dem Heilmittelerbringer und nicht gegenüber dem verordnenden Arzt. Im vorliegenden Prüfzeitraum habe es keine maschinellen Prüfsysteme gegeben, die nicht richtlinienkonforme Heilmittelverordnungen hätten selektieren können. Daher sei eine retrospektive Wirtschaftlichkeitsprüfung mit dem Ziel erfolgt, Ärzte zur Beachtung der Heilmittelrichtlinie anzuhalten.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte in Abwesenheit der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. verhandeln und entscheiden, denn diese waren ordnungsgemäß geladen und die Ladungen enthielten jeweils einen Hinweis darauf, dass auch nach Lage der Akten entschieden werden könne (§§ 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Beschlüsse des Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Sozialgericht hat die mögliche rechtliche Grundlage eines Heilmittelregresses (Verordnungsregress wegen fehlender Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse) in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil zutreffend und vollständig herausgearbeitet und insoweit § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung) und §§ 24 und 26 der Prüfvereinbarung vom 14. Februar 2008 benannt. Auch den Inhalt der Heilmittelrichtlinie, insbesondere zu Nr. 11, hat das Sozialgericht in seinem Urteil zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf Bl. 4 bis 6 des mit der Berufung angegriffenen Urteils Bezug.
Auch im Übrigen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung Bezug auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Zu ergänzen bzw. zu betonen bleibt:
Dass das Sozialgericht in Abwesenheit der beiden Beigeladenen verhandelt und entschieden hat, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Zwar hat es das persönliche Erscheinen (nur) der Beigeladenen zu 2. gemäß § 111 Abs. 3 SGG ausdrücklich angeordnet. Es hätte daher die Anordnung des persönlichen Erscheinens aufheben müssen, um trotz Ausbleibens der Beigeladenen zu 2. zu verhandeln und zu entscheiden. Das dies unterblieben ist, kann aber Rechte der Klägerin nicht verletzen, denn die Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 111 SGG dient lediglich der Sachaufklärung oder der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten, etwa um eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits herbeizuführen; verhandelt und entscheidet das Gericht trotz Ausbleibens, so vermag dies, wenn das persönliche Erscheinen des Ausgebliebenen angeordnet war, allenfalls dessen Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen, nicht aber die Rechte der anderen Prozessbeteiligten (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Januar 2008, B 2 U 311/07 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 4f.; jurisPK-SGG/Stäbler, Rdnr. 33 zu § 111 SGG).
Zu Recht hat der Beklagte den von der Klägerin angefochtenen Heilmittelregress verhängt. Mit ihren kettenweise erfolgten Heilmittelverordnungen hat die Klägerin in besonders auffälliger Wiese gegen die Regularien der Heilmittelrichtlinie verstoßen. Über Jahre hinweg sind dem Ehepaar D. in größter Regelmäßigkeit physiotherapeutische Anwendungen verordnet worden, ohne die Heilmittelverordnungen als "außerhalb des Regelfalles" zu kennzeichnen; die Verordnungen enthielten auch nicht ansatzweise die "besondere Begründung mit prognostischer Einschätzung" nach Nr. 11.3 der Heilmittelrichtlinie. Die Beigeladene zu 2. war daher nicht zur Leistung verpflichtet. Die Gelegenheit, ihr Verordnungsverhalten im Verwaltungsverfahren vor den Prüfgremien ausführlich und patientenbezogen zu begründen (vgl. zu dieser Möglichkeit Urteil des Senats vom heutigen Tage zur Sache L 7 KA 29/15), hat die Klägerin trotz der ausdrücklichen Aufforderung durch die Prüfungsstelle nicht hinreichend wahrgenommen. Kennzeichnend für die undifferenzierte Herangehensweise der Klägerin ist insoweit schon, dass sie sich wortgleich zu beiden Versicherten geäußert hat, ohne patientenindividuell vorzutragen. Das genügt den Anforderungen nicht, was keiner weitergehenden Begründung bedarf.
Soweit die Klägerin beanstandet, zu spät habe die Beigeladene zu 2. das Prüfverfahren eingeleitet, geht auch das fehl. § 26 A) Nr. 2 Satz 3 der Prüfvereinbarung vom 14. Februar 2008 sieht insoweit vor, dass Anträge auf eine Einzelfallprüfung innerhalb einer Frist von 18 Monaten nach Ende des Quartals zu stellen sind, in dem der vom Antrag erfasste Sachverhalt aufgetreten ist. Im Falle der Versicherten H D. (erste beanstandete Verordnung vom 3. Juli 2007) endete dieser Zeitraum von 18 Monaten am 31. März 2009, so dass der Prüfantrag vom 19. März 2009 rechtzeitig gestellt war. Im Falle des Versicherten S D. hätte einzig die Verordnung vom 19. Juni 2007 eine Antragstellung bis 31. Dezember 2008 erfordert, alle anderen beanstandeten Verordnungen durften im Antrag vom 19. März 2009 aufgegriffen werden. Zu Recht hat der Beklagte allerdings darauf hingewiesen, dass die Einhaltung einer in der Prüfvereinbarung normierten Frist für Prüfanträge der Krankenkassen nicht Voraussetzung der Rechtmäßigkeit eines Einzelverordnungsregresses ist (so ausdrücklich Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. Februar 2010, B 6 KA 37/08 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20f.). Das Bundessozialgericht hat insoweit ausgeführt:
"Der Senat hat bereits früher dargelegt, dass solche Fristen nicht zum Schutz des Arztes im Sinne eines Ausschlusses der Verfahrensdurchführung normiert sind, sondern dass sie - auch im Interesse des Arztes - der Verfahrensbeschleunigung dienen, also dem Interesse an effektiver Verfahrensdurchführung ( ). Wird der Antrag zu spät gestellt, so ist damit dem Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung nicht Rechnung getragen. Daraus aber ein Hindernis für die Verfahrensdurchführung überhaupt abzuleiten, liefe der Zielrichtung der Regelungen und im Übrigen auch dem hohen Rang des Wirtschaftlichkeitsgebots mit dem daraus folgenden Ziel möglichst effektiver Verhinderung unwirtschaftlicher Behandlungs- oder Verordnungsweise zuwider.
Dem Interesse des Vertragsarztes, nicht damit rechnen zu müssen, dass noch nach Jahr und Tag ein Prüf- und Regressverfahren gegen ihn eingeleitet wird, dient eine andere Frist, nämlich die generell für vertragsärztliche Prüf- und Regressverfahren bestehende Vier-Jahres-Frist ( ). Von dieser Ausschlussfrist und ihrer Funktion unterscheidet sich die Zwölf-Monate-Frist für die Stellung des Prüfantrags mit ihrer Ausrichtung auf Beschleunigung. Würde aus deren Versäumung ein Verfahrenshindernis abgeleitet werden, so würde ihr die Funktion beigemessen, die allein der Vier-Jahres-Frist zukommt."
Die Vier-Jahres-Frist indessen haben die Prüfanträge vom 19. März 2009 ersichtlich eingehalten. Zugunsten der Klägerin hat die Beigeladene zu 2. sogar davon abgesehen, in den Prüfantrag auch die 18 im Zeitraum 11. August 2006 bis 5. Juni 2007 ausgestellten Heilmittelverordnungen zugunsten des Versicherten S D. einzubeziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um einen Regress wegen Heilmittelverordnungen für zwei Versicherte in Höhe von insgesamt 5.308,56 Euro.
Die Klägerin ist eine aus einem Ehepaar bestehende und zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene Berufsausübungsgemeinschaft. Sie besteht aus einer Fachärztin für Allgemeinmedizin und einem Facharzt für Allgemeinmedizin mit der Zusatzbezeichnung Sportmedizin.
Streitgegenständlich sind Heilmittelverordnungen zugunsten des bei der Beigeladenen zu 2. krankenversicherten Ehepaares H D. und S D.
Der H D. verordnete die Klägerin im Zeitraum 3. Juli 2007 bis 5. Januar 2009 mittels 34 einzelner Heilmittelverordnungen Massage und Warmpackungen (Fango), jeweils sechsmal. Als Diagnose gab die Klägerin auf den Verordnungsformularen jeweils an:
• erste neun Verordnungen 3. Juli 2007 bis 15. November 2007: "wegen chron. HWS-BWS-LWS Syndrom" (ohne Angabe eines Indikationsschlüssels); • weitere 15 Verordnungen vom 30. November 2007 bis 17. Juni 2008; "im Nacken-Schulter-Rückenbereich wegen schmerzhaften Myogelosen" (teilweise unter Angabe des Indikationsschlüssels W51a); • weitere zehn Verordnungen vom 17. Juli 2008 bis 5. Januar 2009: "im Nacken-Schulter-Rückenbereich wegen schmerzhaften Myogelosen, muskuloskelettale Dysbalancen" (unter Angabe des Indikationsschlüssels W51).
Ein Therapieziel war auf keiner der 34 Verordnungen verzeichnet. Die erste, zehnte, elfte, zwölfte und fünfzehnte Verordnung waren im entsprechenden Formularfeld als "Erstverordnung" gekennzeichnet; die übrigen 29 Verordnungen enthielten eine Kennzeichnung als "Folgeverordnung". Die verordneten Leistungen wurden im Zeitraum 3. Juli 2007 bis zum 22. Januar 2009 durch die Physiotherapiepraxis Z an insgesamt 204 Behandlungstagen erbracht und gegenüber der Beigeladenen zu 2. abgerechnet, die die Rechnungen beglich (Gesamtbetrag der Verordnungen 2 bis 34: 2.592,72 Euro).
Am 19. März 2009 beantragte die Beigeladene zu 2. bei der Prüfungsstelle für die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragsärztlichen Versorgung, die Klägerin zum Ersatz von 2.592,72 Euro zu verpflichten. Nach dem Heilmittelkatalog sei die Gesamtverordnungsmenge des "Regelfalls" mit der sechsten Behandlung am 19. Juli 2007 erreicht. Die Verordnungen ab 17. Juli 2007 hätten daher im vorgesehenen Formularfeld als "Verordnung außerhalb des Regelfalles" gekennzeichnet werden und medizinische Begründungen für die Überschreitung des Regelfalles enthalten müssen. Die ab 17. Juli 2007 ausgestellten Verordnungen seien daher nicht richtlinienkonform und damit unwirtschaftlich.
Dem S D. verordnete die Klägerin im Zeitraum 11. August 2006 bis 5. Januar 2009 mittels 54 einzelner Heilmittelverordnungen Massage und Warmpackungen (Fango), jeweils sechsmal. Als Diagnose gab die Klägerin auf den Verordnungsformularen jeweils an:
• erste 29 Verordnungen 11. August 2006 bis 15. November 2007: "wegen chron. HWS-BWS-LWS Syndrom" (ohne Angabe eines Indikationsschlüssels); • weitere 25 Verordnungen vom 30. November 2007 bis 5. Januar 2009; "im Nacken-Schulter-Rückenbereich wegen schmerzhaften Myogelosen" (teilweise unter Angabe des Indikationsschlüssels W51a).
Ein Therapieziel war auf keiner der 54 Verordnungen verzeichnet. Die erste, achte, 20., 30., 31., 32., 33. und 34. Verordnung waren im entsprechenden Formularfeld als "Erstverordnung" gekennzeichnet; die übrigen 46 Verordnungen enthielten eine Kennzeichnung als "Folgeverordnung". Die verordneten Leistungen wurden im Zeitraum 11. August 2006 bis zum 22. Januar 2009 durch die Physiotherapiepraxis Z an insgesamt 324 Behandlungstagen erbracht und gegenüber der Beigeladenen zu 2. abgerechnet, die die Rechnungen beglich (Gesamtbetrag der 36 Verordnungen 19 bis 54: 2.715,84 Euro).
Ebenfalls am 19. März 2009 beantragte die Beigeladene zu 2. bei der Prüfungsstelle, die Klägerin zum Ersatz von 2.715,84 Euro zu verpflichten (Verordnungen 19 bis 54 vom 19. Juni 2007 vom 5. Januar 2009). Nach dem Heilmittelkatalog sei die Gesamtverordnungsmenge des "Regelfalls" mit der sechsten Behandlung erreicht. Die folgenden Verordnungen ab 29. August 2006 hätten daher im vorgesehenen Formularfeld als "Verordnung außerhalb des Regelfalles" gekennzeichnet werden und medizinische Begründungen für die Überschreitung des Regelfalles enthalten müssen. Die ab 29. August 2006 ausgestellten Verordnungen seien daher nicht richtlinienkonform und damit unwirtschaftlich.
Die Prüfungsstelle erbat hierauf von der Klägerin eine schriftliche ausführliche patientenbezogene Stellungnahme zu beiden Sachverhalten. Die Klägerin äußerte sich zu den beiden Sachverhalten mit wortgleichem Schreiben vom 7. Juni 2009 auszugsweise wie folgt:
"Uns ist unklar, wie man anhand dieser zwei Verordnungsserien auf eine Unwirtschaftlichkeit zu schließen können glaubt? Bisher wurden die Ärzte doch mit dem Durchschnitt der Fachgruppe verglichen? Speziell ist bei diesen beiden Patienten ein chronifiziertes Leiden bekannt im Sinne eines HWS-BWS-LWS-Syndroms mit schmerzhaften muskulären Dysbalancen (Myogelosen). Die vorausgegangenen Behandlungen bei den Spezialisten und bei uns mit Mobec (extrem teuer!!) Ibuprofen und Diclofenac sowie Injektionsserien mit NSAR und Cortison führten bei beiden Patienten zu Magenbeschwerden, die wiederum mit Omeprazol behandelt werden mussten, so dass die Lebensqualität der beiden Patienten deutlich reduziert wurde, was sich auch in einer Häufung von Arbeitsunfähigkeiten niederschlug. Diese Komplikationsspirale mit potenzierten Kosten gelang es uns durch Physiotherapie im gesundheitlichen Interesse der Patienten einzusparen, so dass der AOK summa summarum pekuniäre Vorteile entstanden sind. Wir haben natürlich in Anbetracht der uns auch bekannten spezifisch hier notwendigen physiotherapeutischen Mehrbehandlungen medizinisch vertretbare kompensatorische Einsparungen hinsichtlich weiterer Verordnungen bei AOK-Patienten vorgenommen, so dass es der AOK schwerfallen wird, uns fünf oder sechs derartiger Verordnungsserien gleichzeitig nachzuweisen."
Mit Bescheiden vom 25. Oktober 2010 entschied die Prüfungsstelle daraufhin, dem Regressantrag der Beigeladenen zu 2. in Bezug auf die Heilmittelverordnungen für die beiden genannten Versicherten zu entsprechen, und setzte Ersatzverpflichtungen in Höhe von 2.592,72 Euro bzw. 2.715,84 Euro fest. Die von der Beigeladenen zu 2. beanstandeten Verordnungen missachteten die Vorgaben der Heilmittelrichtlinie und seien daher unwirtschaftlich. Daran ändere auch das Vorbringen der Klägerin im Verwaltungsverfahren nichts.
Ihre hiergegen erhobenen Widersprüche begründete die Klägerin nicht.
Die Widersprüche wies der Beklagte mit Beschlüssen vom 12. April 2011 zurück. Zu Recht habe der Prüfungsausschuss die Ersatzverpflichtungen festgesetzt.
Zur Begründung ihrer gegen beide Beschlüsse erhobenen Klage hat die Klägerin angeführt, bei den beiden Versicherten handele es sich um Einzelfälle. Die Heilmittelverordnungen seien gerade zur Wahrung der Wirtschaftlichkeit erfolgt. Die Arztpraxis verdiene daran keinen Cent. Sofern die Beigeladene zu 2. von einer Genehmigungspflicht ausgehe, hätte man früher darauf hingewiesen werden müssen und nicht erst Jahre nach Ausstellung der Verordnungen. Die Berechnungsweise von Beigeladener zu 2. und Beklagtem gehe durchweg zu ihren Lasten.
Die Klage hat das Sozialgericht Berlin mit Urteil vom 13. November 2013 abgewiesen und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Zu Recht habe der Beklagte die Regresse verfügt. Denn den streitigen Heilmittelverordnungen fehle sowohl die Kennzeichnung als "außerhalb des Regelfalles" als auch die Angabe einer medizinischen Begründung mit prognostischer Einschätzung. Damit sei durchweg gegen die verbindlichen Regelungen der Heilmittelrichtlinie verstoßen worden. Die Beigeladene zu 2. habe auch nicht der Pflicht unterlegen, die Klägerin auf ihr Fehlverhalten gesondert hinzuweisen, denn die Klägerin sei von sich aus zur Beachtung der rechtlichen Vorgaben verpflichtet gewesen.
Gegen dieses ihr am 29. November 2013 zugestellte Urteil richtet sich die Berufung der Klägerin vom 27. Dezember 2013. Zur Begründung führt sie im Wesentlichen an: Die beiden Versicherten seien nicht unwirtschaftlich behandelt worden. Physiotherapie sei preiswert und einer nebenwirkungsreichen Pharmakotherapie vorzuziehen. Die Beigeladene zu 2. habe sie nicht rechtzeitig vorgewarnt. Die Sachverhalte seien rein medizinisch zu beurteilen. Verfahrensfehlerhaft habe das Sozialgericht in Abwesenheit der beiden Beigeladenen verhandelt und entschieden.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 13. November 2013 sowie die Beschlüsse des Beklagten 12. April 2011 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Er hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Soweit es die Verordnung zugunsten des S D. vom 19. Juni 2007 betreffe, sei zwar die 18-Monats-Frist aus § 26 der Prüfvereinbarung überschritten, doch nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts handele es sich um eine bloße Beschleunigungs- und nicht um eine Ausschlussfrist (Hinweis auf B 6 KA 37/08 R).
Die Beigeladene zu 1. hat sich im Berufungsverfahren nicht geäußert.
Die Beigeladene zu 2. stellt keinen Antrag. Sie hält die erstinstanzliche Entscheidung für richtig. Auf die vorherige Genehmigung von begründungspflichtigen Heilmittelverordnungen nach Nr. 11.5 der Heilmittelrichtlinie (Verordnungen außerhalb des Regelfalles) habe man erst am 17. Januar 2008 verzichtet; dies habe bis zum 30. Juni 2011 gegolten. Daraus dürfe man aber nicht schließen, dass sämtliche Heilmittelverordnungen vor dem 17. Januar 2008 als "genehmigt" gelten könnten und insoweit etwa eine Wirtschaftlichkeitsprüfung ausgeschlossen sei. Denn sämtliche streitigen Verordnungen seien gerade nicht – wie erforderlich – mit dem Zusatz "außerhalb des Regelfalles" gekennzeichnet gewesen, so dass es auch keinen Anlass gegeben habe, sie einer Genehmigung zuzuführen. Der später erklärte Genehmigungsverzicht könne nicht als Freibrief für Verstöße gegen die Heilmittelrichtlinie angesehen werden. Zudem wirke die Genehmigung nur gegenüber dem Heilmittelerbringer und nicht gegenüber dem verordnenden Arzt. Im vorliegenden Prüfzeitraum habe es keine maschinellen Prüfsysteme gegeben, die nicht richtlinienkonforme Heilmittelverordnungen hätten selektieren können. Daher sei eine retrospektive Wirtschaftlichkeitsprüfung mit dem Ziel erfolgt, Ärzte zur Beachtung der Heilmittelrichtlinie anzuhalten.
Wegen des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird im Übrigen auf den Inhalt der Gerichtsakte und des Verwaltungsvorgangs der Beklagten Bezug genommen, der, soweit wesentlich, Gegenstand der Erörterung in der mündlichen Verhandlung und der Entscheidungsfindung war.
Entscheidungsgründe:
Der Senat durfte in Abwesenheit der Klägerin und der Beigeladenen zu 1. verhandeln und entscheiden, denn diese waren ordnungsgemäß geladen und die Ladungen enthielten jeweils einen Hinweis darauf, dass auch nach Lage der Akten entschieden werden könne (§§ 110 Abs. 1, 126 Sozialgerichtsgesetz [SGG]).
Die Berufung der Klägerin ist zulässig, hat aber keinen Erfolg. Zu Recht hat das Sozialgericht Berlin die Klage abgewiesen. Die angefochtenen Beschlüsse des Beklagten sind rechtlich nicht zu beanstanden.
Das Sozialgericht hat die mögliche rechtliche Grundlage eines Heilmittelregresses (Verordnungsregress wegen fehlender Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenkasse) in dem mit der Berufung angegriffenen Urteil zutreffend und vollständig herausgearbeitet und insoweit § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V (in der bis zum 31. Dezember 2007 geltenden Fassung) und §§ 24 und 26 der Prüfvereinbarung vom 14. Februar 2008 benannt. Auch den Inhalt der Heilmittelrichtlinie, insbesondere zu Nr. 11, hat das Sozialgericht in seinem Urteil zutreffend dargestellt. Zur Vermeidung von Wiederholungen nimmt der Senat insoweit auf Bl. 4 bis 6 des mit der Berufung angegriffenen Urteils Bezug.
Auch im Übrigen nimmt der Senat nach eigener Sachprüfung Bezug auf die Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung (§ 153 Abs. 2 SGG). Zu ergänzen bzw. zu betonen bleibt:
Dass das Sozialgericht in Abwesenheit der beiden Beigeladenen verhandelt und entschieden hat, verhilft der Berufung nicht zum Erfolg. Zwar hat es das persönliche Erscheinen (nur) der Beigeladenen zu 2. gemäß § 111 Abs. 3 SGG ausdrücklich angeordnet. Es hätte daher die Anordnung des persönlichen Erscheinens aufheben müssen, um trotz Ausbleibens der Beigeladenen zu 2. zu verhandeln und zu entscheiden. Das dies unterblieben ist, kann aber Rechte der Klägerin nicht verletzen, denn die Anordnung des persönlichen Erscheinens nach § 111 SGG dient lediglich der Sachaufklärung oder der Erörterung der Sach- und Rechtslage mit den Beteiligten, etwa um eine vergleichsweise Erledigung des Rechtsstreits herbeizuführen; verhandelt und entscheidet das Gericht trotz Ausbleibens, so vermag dies, wenn das persönliche Erscheinen des Ausgebliebenen angeordnet war, allenfalls dessen Anspruch auf rechtliches Gehör zu verletzen, nicht aber die Rechte der anderen Prozessbeteiligten (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 31. Januar 2008, B 2 U 311/07 B, zitiert nach juris, dort Rdnr. 4f.; jurisPK-SGG/Stäbler, Rdnr. 33 zu § 111 SGG).
Zu Recht hat der Beklagte den von der Klägerin angefochtenen Heilmittelregress verhängt. Mit ihren kettenweise erfolgten Heilmittelverordnungen hat die Klägerin in besonders auffälliger Wiese gegen die Regularien der Heilmittelrichtlinie verstoßen. Über Jahre hinweg sind dem Ehepaar D. in größter Regelmäßigkeit physiotherapeutische Anwendungen verordnet worden, ohne die Heilmittelverordnungen als "außerhalb des Regelfalles" zu kennzeichnen; die Verordnungen enthielten auch nicht ansatzweise die "besondere Begründung mit prognostischer Einschätzung" nach Nr. 11.3 der Heilmittelrichtlinie. Die Beigeladene zu 2. war daher nicht zur Leistung verpflichtet. Die Gelegenheit, ihr Verordnungsverhalten im Verwaltungsverfahren vor den Prüfgremien ausführlich und patientenbezogen zu begründen (vgl. zu dieser Möglichkeit Urteil des Senats vom heutigen Tage zur Sache L 7 KA 29/15), hat die Klägerin trotz der ausdrücklichen Aufforderung durch die Prüfungsstelle nicht hinreichend wahrgenommen. Kennzeichnend für die undifferenzierte Herangehensweise der Klägerin ist insoweit schon, dass sie sich wortgleich zu beiden Versicherten geäußert hat, ohne patientenindividuell vorzutragen. Das genügt den Anforderungen nicht, was keiner weitergehenden Begründung bedarf.
Soweit die Klägerin beanstandet, zu spät habe die Beigeladene zu 2. das Prüfverfahren eingeleitet, geht auch das fehl. § 26 A) Nr. 2 Satz 3 der Prüfvereinbarung vom 14. Februar 2008 sieht insoweit vor, dass Anträge auf eine Einzelfallprüfung innerhalb einer Frist von 18 Monaten nach Ende des Quartals zu stellen sind, in dem der vom Antrag erfasste Sachverhalt aufgetreten ist. Im Falle der Versicherten H D. (erste beanstandete Verordnung vom 3. Juli 2007) endete dieser Zeitraum von 18 Monaten am 31. März 2009, so dass der Prüfantrag vom 19. März 2009 rechtzeitig gestellt war. Im Falle des Versicherten S D. hätte einzig die Verordnung vom 19. Juni 2007 eine Antragstellung bis 31. Dezember 2008 erfordert, alle anderen beanstandeten Verordnungen durften im Antrag vom 19. März 2009 aufgegriffen werden. Zu Recht hat der Beklagte allerdings darauf hingewiesen, dass die Einhaltung einer in der Prüfvereinbarung normierten Frist für Prüfanträge der Krankenkassen nicht Voraussetzung der Rechtmäßigkeit eines Einzelverordnungsregresses ist (so ausdrücklich Urteil des Bundessozialgerichts vom 3. Februar 2010, B 6 KA 37/08 R, zitiert nach juris, dort Rdnr. 20f.). Das Bundessozialgericht hat insoweit ausgeführt:
"Der Senat hat bereits früher dargelegt, dass solche Fristen nicht zum Schutz des Arztes im Sinne eines Ausschlusses der Verfahrensdurchführung normiert sind, sondern dass sie - auch im Interesse des Arztes - der Verfahrensbeschleunigung dienen, also dem Interesse an effektiver Verfahrensdurchführung ( ). Wird der Antrag zu spät gestellt, so ist damit dem Interesse an einer Verfahrensbeschleunigung nicht Rechnung getragen. Daraus aber ein Hindernis für die Verfahrensdurchführung überhaupt abzuleiten, liefe der Zielrichtung der Regelungen und im Übrigen auch dem hohen Rang des Wirtschaftlichkeitsgebots mit dem daraus folgenden Ziel möglichst effektiver Verhinderung unwirtschaftlicher Behandlungs- oder Verordnungsweise zuwider.
Dem Interesse des Vertragsarztes, nicht damit rechnen zu müssen, dass noch nach Jahr und Tag ein Prüf- und Regressverfahren gegen ihn eingeleitet wird, dient eine andere Frist, nämlich die generell für vertragsärztliche Prüf- und Regressverfahren bestehende Vier-Jahres-Frist ( ). Von dieser Ausschlussfrist und ihrer Funktion unterscheidet sich die Zwölf-Monate-Frist für die Stellung des Prüfantrags mit ihrer Ausrichtung auf Beschleunigung. Würde aus deren Versäumung ein Verfahrenshindernis abgeleitet werden, so würde ihr die Funktion beigemessen, die allein der Vier-Jahres-Frist zukommt."
Die Vier-Jahres-Frist indessen haben die Prüfanträge vom 19. März 2009 ersichtlich eingehalten. Zugunsten der Klägerin hat die Beigeladene zu 2. sogar davon abgesehen, in den Prüfantrag auch die 18 im Zeitraum 11. August 2006 bis 5. Juni 2007 ausgestellten Heilmittelverordnungen zugunsten des Versicherten S D. einzubeziehen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG in Verbindung mit §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung. Ein Grund für die Zulassung der Revision besteht nicht (§ 160 Abs. 2 SGG).
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