S 33 EG 78/08

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Kindergeld-/Erziehungsgeldangelegenheiten
Abteilung
33
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 33 EG 78/08
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bei der Regelung des § 1 Abs. 6 BEEG, wonach die Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats nicht übersteigen darf, ist auf den Kalendermonat und nicht auf den Lebensmonat des Kindes abzustellen
Der Beklagte wird verurteilt, in Abänderung seines Bescheids vom 9.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.6.2008 dem Kläger für den 1. und 4. Lebensmonat seines Sohnes C. Elterngeld zu gewähren und hierbei als Bemessungszeitraum für das vor der Geburt erzielte Erwerbseinkommen die Monate Juli 2006 bis Juni 2007 zu berücksichtigen sowie gem. § 2 Abs. 3 BEEG das in dem 1. bzw. 4. Lebensmonat erzielte Einkommen zu berücksichtigen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Gewährung von Elterngeld für den 1. und 4. Lebensmonat seines Sohnes C., geboren am 2007.

Der Kläger stellte am 27.7.2007 Antrag auf Gewährung von Elterngeld für den 1. und 4. Lebensmonat seines Sohnes und legte dar, dass vom X.7.2007 bis X.8.2007 keine Erwerbstätigkeit bestehe. In der Verdienstbescheinigung vom 24.9.2007 wurde vom Arbeitgeber eine Teilzeittätigkeit vom 1.10.2007 bis 31.10.2007 von 30 Wochenstunden bestätigt. Mit Bescheid vom 9.10.2007 lehnte der Beklagte die Gewährung von Elterngeld ab. Zwar bestehe für den ersten Lebensmonat grundsätzlich Anspruch auf Elterngeld, es müsse jedoch Anspruch auf Elterngeld für zwei Lebensmonate bestehen. Die Anspruchsvoraussetzung einer nicht vollen Erwerbstätigkeit sei jedoch für den 4. Lebensmonat nicht erfüllt, da der Kläger vom 6.10. bis 31.10.2007 30 Wochenstunden und vom 1.11.2007 bis 5.11.2007 voll erwerbstätig gewesen sei. Die wöchentliche Arbeitszeit habe damit 30 Stunden im Durchschnitt des Monats überstiegen.

Der hiergegen eingelegte Widerspruch wurde von der Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schriftsatz vom 15. Januar 2008 begründet. Es seien zwei Monate einer Minderung des Erwerbseinkommens vorliegend erfüllt. Eine taggenaue Inanspruchnahme von Teilzeitbeschäftigung bezogen auf den Lebensmonat des Kindes sei - wie beiliegender E-Mail Korrespondenz mit dem Arbeitgeber zu entnehmen sei - vorliegend nicht möglich gewesen. Es widerspreche Sinn und Zweck des Elterngeldgesetzes, wenn ein Antragsteller, um auf den jeweiligen Lebensmonat bezogenen Beginn und Ende seiner Teilzeittätigkeit letztendlich zu erfüllen, tatsächlich drei Monate seiner Arbeitszeit und entsprechend sein Erwerbseinkommen reduzieren müsse.

Der Widerspruch wurde vom Beklagten mit Widerspruchsbescheid vom 2.6.2008 zurückgewiesen.

Im Klageverfahren betonte die Prozessbevollmächtigte nochmals, dass eine Umstellung auf Teilzeitarbeit bezogen auf den 4. Lebensmonat abrechnungstechnisch unmöglich gewesen sei und wiederholte, dass dieses Vorgehen im Vorfeld auch mit einer Sachbearbeiterin des Beklagten besprochen worden sei, welche ihm versichert habe, dass dieses Vorgehen einem Anspruch auf Elterngeld nicht entgegenstehen würde, er möglicherweise allenfalls nur eine Kürzung des Elterngeldes für fünf Tage hinnehmen müsse. Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 13.5.2009 legte der Kläger Gehaltsbescheinigungen für die Monate Juli bis November 2007 vor.

Die Klägerbevollmächtigte beantragt, den Beklagten zu verurteilen, in Abänderung des Bescheids vom 9.10.2007 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 2.6.2008 dem Kläger für den 1. und 4. Lebensmonat Elterngeld nach den Bestimmungen des Bundeselterngesetzes zu gewähren.

Die Beklagtenvertreterin beantragt, die Klage abzuweisen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage erweist sich als begründet. Der Beklagte war zu verurteilen, unter Abänderung der streitgegenständlichen Bescheide dem Kläger für den 1. und 4. Lebensmonat seines Sohnes C. Elterngeld zu gewähren. Nach Auffassung des Gerichts sind für die beiden Lebensmonate die Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Elterngeld gegeben.

§ 4 Abs. 2 Satz 2 des Gesetzes zum Elterngeld und zur Elternzeit (Bundeselterngeld- und Elternzeitgesetz - BEEG) bestimmt, dass Eltern Anspruch auf zwei weitere Monatsbeträge (Partnermonate) haben, wenn für zwei Monate eine Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit erfolgt. Eine solche Minderung des Einkommens aus Erwerbstätigkeit liegt nach den vorgelegten Gehaltsbescheinigungen für die Monate Juli bis November 2007 sowohl bezogen auf den 1. Lebensmonat vom X.7.2007 bis X.8.2007 als auch dem 4. Lebensmonat vom X.10.2007 bis X.11.2007 vor, da sich aus diesen Gehaltsbescheinigungen ergibt, dass bezogen auf diese beiden Lebensmonate jeweils ein im Vergleich zu den vorhergehenden Monaten geringeres Erwerbseinkommen erzielt wurde.

Bezüglich der übrigen, in § 1 BEEG genannten Anspruchsvoraussetzungen ist zur Überzeugung des Gerichts insbesondere auch die Voraussetzung der nicht vollen Erwerbstätigkeit bezogen auf die Zeiträume des beantragten Elterngeldbezugs erfüllt. Gemäß § 1 Abs. 6 BEEG ist eine Person nicht voll erwerbstätig, wenn ihre wöchentliche Arbeitszeit 30 Wochenstunden im Monat nicht übersteigt. Nachdem im 1. Lebensmonat keine Erwerbstätigkeit ausgeübt wurde, ergibt sich daraus bereits die Erfüllung dieser Anspruchsvoraussetzung für diesen Lebensmonat. Bezüglich der Anspruchsvoraussetzungen für den Bezug von Elterngeld für den 4. Lebensmonat ist die Voraussetzung nach Ansicht des Gerichts ebenfalls erfüllt. § 1 Abs. 6 BEEG nennt eine wöchentliche Arbeitszeit von 30 Wochenstunden im Durchschnitt des Monats, es wird nicht die Bezeichnung "Durchschnitt des Lebensmonats" verwendet. Nachdem im Bundeselterngeldgesetz an anderer Stelle, z.B. § 2 Abs. 7 Satz 5 und 6 BEEG, von Kalendermonaten gesprochen wird und in § 4 Abs. 2 Satz 1 Bundeselterngeldgesetz wiederum von einer Gewährung des Elterngelds in Monatsbeträgen für Lebensmonate besprochen wird, erweist sich die Bestimmung des § 1 Abs. 6 Satz 1 BEEG somit als auslegungsbedürftig. Im Gesetzentwurf zum Bundeselterngeldgesetz, vgl. Drs. des Deutschen Bundestags 16/1889 vom 20.6.2006, S. 19, wird ausgeführt, dass das Gesetz bezweckt, Eltern den Einkommensausfall weitgehend auszugleichen, wenn sie ihre Erwerbstätigkeit einschränken oder ganz aufgeben, um sich vorrangig der Betreuung ihres Kindes zu widmen. Voraussetzung sei deshalb, dass die betreffenden Eltern im Bezugszeitraum keine oder keine volle Erwerbstätigkeit ausübten. Dies setze voraus, dass die wöchentliche Arbeitszeit 30 Stunden nicht übersteige. Nachdem in § 1 Abs. 6 BEEG aber gerade nicht das Wort "Lebensmonat", sondern die Bezeichnung "Monat" verwendet wird und eine durchschnittliche Betrachtung pro Monat zugrunde gelegt wird, ist auch unter Berücksichtigung der Tatsache, dass - wie vom Kläger zutreffend vorgetragen - Arbeitszeitänderungen typischerweise am Ablauf von Kalendermonaten orientiert getroffen werden und auch der Gesetzgeber die typische Fallgestaltung eines längeren Bezugszeitraums von Elterngeld im Blick gehabt haben dürfte, die Vorschrift wörtlich und damit dahingehend auszulegen, dass der Durchschnitt des Monats und nicht des Lebensmonats angesprochen wird. Diese Auslegung befindet sich auch in Übereinstimmung einer an Sinn und Zweck des Bundeselterngeldgesetzes orientierten Auslegung. Bezogen auf die sog. Partnermonate sollten insbesondere Väter zu einer zeitweisen Arbeitszeitreduzierung motiviert werden, um sich in dieser Zeit vermehrt um ihre Kinder zu kümmern. Die Reduzierung der Arbeitszeit - wie vorliegend - im 1. Lebensmonat und im weiteren Zeitraum vom 1.10. bis 31.10.2007 bezieht sich ebenfalls auf den Zeitraum von insgesamt zwei Monaten, lediglich mit der Besonderheit, dass der zweite Reduzierungszeitraum sich nicht vollständig mit einem Lebensmonat des Kindes deckt. Die Zielsetzung des Gesetzgebers einer Arbeitszeitreduzierung auf höchstens 30 Wochenstunden in (mindestens) zwei Monaten zur verstärkten Betreuung und Erziehung des Kindes ist aber so in gleicher Weise erreicht. Zudem trägt der Kläger in vollem Umfang die Folgen seiner bereits vollen Berufstätigkeit gegen Ende des 4. Lebensmonats im Zeitraum 1. bis 5.11.2007, nachdem bei der Frage des auf das Elterngeld anzurechnenden Teilzeiteinkommens gemäß § 2 Abs. 3 BEEG sich für den 4. Lebensmonat ein entsprechend höheres erzieltes Einkommen ergibt.

Es ist danach nicht mehr entscheidungserheblich, ob aufgrund der für das Jahr 2007 maßgeblichen Rechtslage auch ein Elterngeldanspruch für einen Lebensmonat gegeben sein konnte. Es sei jedoch darauf hingewiesen, dass die Regelung des § 4 Abs. 3 S. 1 BEEG mit dem Wortlaut eines Elterngeldanspruchs für mindestens zwei Monate erst durch entsprechende Gesetzesänderung vom 17.01.2009, vgl. Bundesgesetzblatt Teil I, S. 53, eingeführt wurde.

Der Beklagte war nach alledem zu verurteilen, dem Kläger für den 1. und 4. Lebensmonat seines Sohnes C. Elterngeld zu gewähren, hierbei als Bemessungszeitraum für das vor der Geburt erzielte Erwerbseinkommen gemäß § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG die Monate Juli 2006 bis Juni 2007 zu berücksichtigen sowie gemäß § 2 Abs. 3 BEEG das in dem 1. bzw. 4. Lebensmonat erzielte Einkommen jeweils zu berücksichtigen.

Aufgrund des Obsiegens des Klägers sind diesem vom Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten, § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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