L 11 KR 498/18 NZB

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
11
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 49 KR 1579/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 11 KR 498/18 NZB
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 29.05.2018 wird zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Der Streitwert wird endgültig auf 576,87 EUR festgesetzt.

Gründe:

Die zulässige Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts (SG) Dortmund vom 29.05.2018 ist nicht begründet.

Nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) bedarf die Berufung der Zulassung im Urteil des SG oder auf Beschwerde durch Beschluss des Landessozialgerichts (LSG), wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750,00 EUR nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG).

Der Wert des Beschwerdegegenstandes übersteigt vorliegend 750,00 EUR nicht. Die Berufung betrifft auch keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr. Strittig ist ein (einmalig) aufgerechneter Betrag i.H.v. 576,87 EUR.

Die Berufung wäre gemäß § 144 Abs. 2 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hätte (Nr. 1), das Urteil von einer Entscheidung des LSG, des Bundessozialgerichts (BSG), des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) abwiche und auf dieser Abweichung beruhte (Nr. 2) oder ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht würde und vorläge, auf dem die Entscheidung beruhen könnte (Nr. 3).

Keiner dieser enumerativen Zulassungsgründe liegt vor.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Diese liegt nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG vor, wenn das Interesse der Allgemeinheit an einer einheitlichen Rechtsprechung und Fortentwicklung des Rechts berührt ist bzw. wenn zu erwarten ist, dass die Entscheidung dazu führen kann, die Rechtseinheit in ihrem Bestand zu erhalten oder die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Das kann der Fall sein, wenn die Klärung einer Zweifelsfrage mit Rücksicht auf eine Wiederholung ähnlicher Fälle erwünscht ist bzw. wenn von einer derzeitigen Unsicherheit eine nicht unbeträchtliche Personenzahl betroffen ist. Die Weiterentwicklung des Rechts wird dabei gefördert, wenn der Einzelfall Veranlassung gibt, Leitsätze für die Auslegung von Gesetzesvorschriften aufzustellen oder Lücken zu füllen oder wenn die Entscheidung Orientierungshilfe für die rechtliche Beurteilung typischer oder verallgemeinerungsfähiger Sachverhalte geben kann (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Kommentar zum SGG, 12. Auflage, 2017, § 144 Rn. 28 und § 160 Rn. 6 ff.). Diese Voraussetzungen sind nicht gegeben. Weder hat die Beklagte eine in dem vorgenannten Sinn klärungsbedürftige Rechtsfrage aufgezeigt, noch liegt eine solche vor.

Das Urteil des SG vom 29.05.2018 weicht auch nicht von einer Entscheidung des LSG, des BSG, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des BVerfG ab (§ 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG).

Ein Verfahrensmangel i.S.d. § 144 Abs. 2 Nr. 3 SGG, mithin ein Verstoß gegen eine das sozialgerichtliche Verfahren regelnde Vorschrift (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 144 Rdn. 32), liegt ebenfalls nicht vor. Das Vorbringen der Beklagten trägt die Behauptung einer Verletzung der Amtsermittlungspflicht nicht.

Die Zulassung eines Rechtsmittels wegen Verstoßes gegen die Pflicht, den entscheidungserheblichen Sachverhalt von Amts wegen zu ermitteln (§ 103 SGG), würde voraussetzen, dass das SG sich - unabhängig von einem Beweisantrag - zu weiteren Ermittlungen aus seiner rechtlichen Sicht hätte gedrängt fühlen müssen (LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 17.02.2014 - L 12 AS 1208/13 NZB -; LSG Hessen, Beschluss vom 18.08.2014 - L 4 KA 52/12 NZB -; LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 09.12.2009 - L 10 AS 1717/09 NZB -; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage, 2017, § 144 Rn. 32a).

Das war nicht der Fall und lässt sich auch nicht aus dem Vorbringen der Beklagten schlussfolgern. Es fehlt insoweit bereits an konkretem Vortrag in erster und selbst noch in zweiter Instanz zu dem vom SG zu entscheidenden Lebenssachverhalt. So hat die Beklagte nicht einmal den Versicherten benannt, um dessen Behandlungskosten es geht. Zu den gestellten Diagnosen und den deshalb durchgeführten Behandlungen hat sie ebenfalls nicht vorgetragen. Gleiches gilt für die Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften (AWMF), auf die sich die Beklagte stützen will und auf deren Basis sich das SG zu weiteren Ermittlungen habe gedrängt sehen sollen. Es wird keine einzige dieser Leitlinien konkret bezeichnet, geschweige denn die zu berücksichtigende Fassung der Leitlinie und die für den vorliegenden Fall relevanten Passagen. Schließlich werden auch die "301-Daten", die der Beklagten übermittelt worden sind und aus denen sich die "Unwirtschaftlichkeit" des Vorgehens der Klägerin ergeben soll, nicht genannt. Dem SG lagen damit allein die von der Klägerin zu den Akten gereichten Schlussrechnungen vom 01.08. und 07.08.2013 vor. Aus ihnen ergibt sich indes nicht die von der Beklagten behauptete Unwirtschaftlichkeit der Behandlung des Versicherten. Sie lassen ohne den hier vollständig fehlenden substanziellen Vortrag der Beklagten nicht einmal Feststellungen dazu zu, ob der zu entscheidende Sachverhalt in allen entscheidungserheblichen Punkten demjenigen entspricht, über den das BSG in seinem Urteil vom 19.04.2016 - B 1 KR 23/15 R - entschieden hat. Das wäre aber notwendig gewesen, denn das BSG hat keine abstrakten Rechtsgrundsätze aufgestellt. Vielmehr hat es "entsprechend den tatsächlichen Feststellungen des LSG" den von ihm entschiedenen Fall unter den Vergütungsausschluss nach § 8 Abs. 2 Satz 3 Gesetz über die Entgelte für voll- und teilstationäre Krankenhausleistungen subsumiert und dabei unter anderem die (Nicht-) Ausschöpfung der gesetzlichen Zeitgrenzen der stationären Behandlung und den anhand der Behandlungsdokumentation zu entnehmenden Zweck der nachstationären Behandlung berücksichtigt. Zu all dem fehlte es hier an Vortrag der Beteiligten. Ermittlungen von Amts wegen, die sich aufgedrängt hätten, lagen danach nicht vor. Allenfalls könnte nahegelegen haben, die Patientenunterlagen des Versicherten beizuziehen und gutachterlich auswerten zu lassen. Insoweit ist das SG allerdings zutreffend davon ausgegangen, an der Ver- und Auswertung dieser Unterlagen rechtlich gehindert zu sein. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf das Urteil des SG auf Seite 6 verwiesen. Dieser Gesichtspunkt wird von der Beklagten im Beschwerdeverfahren richtiger Weise nicht mehr angegriffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Festsetzung des Streitwerts erfolgt nach §§ 52 Abs. 1 und 3 Gerichtskostengesetz.

Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht anfechtbar (§ 177 SGG).

Das Urteil des SG ist damit rechtskräftig (§ 145 Abs. 4 Satz 4 SGG).
Rechtskraft
Aus
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