Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Marburg (HES)
Aktenzeichen
S 12 KA 223/16
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 1/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung der Klägerin werden das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 11. Januar 2017 und der Beschluss des Beklagten vom 23. März 2016 aufgehoben und der Beklagte verpflichtet, die Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 7) sind nicht erstattungsfähig.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verlegung des Vertragsarztsitzes der Klägerin von C-Stadt nach A-Stadt.
Die Klägerin ist Kinder- und Jugendlichen- und Psychologische Psychotherapeutin. Sie wurde zunächst als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit Praxissitz in D-Stadt, D-Straße, im Wege der Sonderbedarfszulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen (Beschluss des Beklagten vom 22. Oktober 2008 aufgrund des Widerspruchs der Klägerin gegen den ablehnenden Beschluss des Zulassungsausschusses/Psychotherapie bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 13. September 2007). Sie besitzt die Anerkennung für das Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie. Den Sitz verlegte sie nach A-Stadt, E-Straße (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 14. Juni 2012). In der Antragsbegründung zur Praxisverlegung hatte sie darauf hingewiesen, sie habe nunmehr Räumlichkeiten auf dem eigenen Grundstück zur Verfügung. Der Zulassungsausschuss Psychotherapie ließ sie mit Beschluss vom 18. Juni 2015 im Wege der Nachfolgezulassung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C-Stadt, F-Straße mit hälftigem Versorgungsauftrag zu, worauf die Klägerin auf einen hälftigen Versorgungsauftrag als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit Praxissitz in A-Stadt verzichtete.
Die Klägerin beantragte am 9. Januar 2015 die Verlegung des Vertragspsychotherapeutensitzes mit hälftigem Versorgungsauftrag als Psychologische Psychotherapeutin von C-Stadt, F-Straße nach A-Stadt, E-Straße.
Die Beigeladene zu 1) empfahl unter Datum vom 11. Juni 2015, den Antrag abzulehnen. Beide Standorte seien ca. 19 km entfernt. Der Planungsbereich Hochtaunuskreis sei mit 323,78 % überversorgt. Im Planungsbereich Hochtaunuskreis mit 229.167 Einwohnern seien 127 Psychotherapeuten mit 97,3 Versorgungsaufträgen zugelassen. Es handele sich um 18 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, 87 Psychologische Psychotherapeuten, fünf Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, zehn psychotherapeutisch tätige Ärzte und sieben Fachärzte für Psychotherapeutische Medizin. Die psychotherapeutischen Praxen konzentrierten sich überwiegend auf den Vordertaunus mit den Städten A-Stadt, D-Stadt, Oberursel, Kronberg und Königstein. In C-Stadt selbst seien derzeit - einschl. der Klägerin - zwei Psychologische Psychotherapeuten und ein Facharzt für Psychosomatische Medizin mit insgesamt 2,5 Versorgungsaufträgen niedergelassen. Eine Patientenanalyse der Praxis der Klägerin im Quartal III/14 habe ergeben, dass der Hauptteil der Patienten - ca. 63 % - aus C-Stadt und weiteren Orten aus dem Hintertaunus (Grävenwiesbach, Neu-Anspach, Schmitten und Usingen) stammten, ca. 11 % stammten aus dem Bereich Vordertaunus, weitere ca. 11 % aus Frankfurt und Offenbach. Alle 16 im Hintertaunus tätigen Psychotherapeuten würden insgesamt mit 127 % überdurchschnittlich abrechnen. Vor dem Hintergrund der ländlichen Struktur im Norden des Planungsbereiches werde die Verschärfung mittels einer faktischen Überprüfung der Einwohnerzahlen im nördlichen und südlichen Bereich des Hochtaunuskreises und der für diese Einwohner zur Verfügung stehenden Psychotherapeuten nochmals verdeutlicht. Im Norden kämen 3.827 Einwohner auf einen Psychotherapeuten, im Süden 2.055 Einwohner. Der Gesetzgeber habe mit dem Versorgungsstrukturgesetz insbesondere die Stärkung der Versorgung im ländlichen Raum bezweckt. Psychotherapeuten gehörten zur allgemeinen fachlichen und damit der wohnortnahen Versorgung. Die Konzentration auf den südlichen Teil des Hochtaunuskreises stehe einem flächendeckenden Versorgungsangebot grundsätzlich entgegen.
Die Klägerin trug unter Datum vom 17. Juni 2015 vor, in A-Stadt seien derzeit nur zwei Psychotherapeuten mit Zulassung für Erwachsene niedergelassen. In welchem Umfang sei ihr nicht bekannt. C-Stadt liege nur wenige Kilometer (Bahnhof zu Bahnhof 13,5 km, Stadtgrenzen 8,5 km) von A-Stadt entfernt und es befänden sich lediglich 2 Bahnhaltestellen dazwischen. Die von der Beigeladenen zu 1) angegebene Strecke von 19 Kilometern resultiere daraus, dass ihre Praxisvorgängerin in C-Stadt die Praxis in einem recht abgelegenen Teil von C-Stadt gehabt habe, die darüber hinaus in Bezug auf öffentliche Verkehrsmittel nur mit einem Bus zu erreichen sei. Ihre Praxis in A-Stadt befinde sich in 10 bzw. 2 Gehminuten von den nächsten Bahnhaltestellen der Bahnlinie xxx bzw. Taunusbahn. Diese verlaufe über C-Stadt, Neu-Anspach, Usingen bis Waldsolms-Brandoberndorf. Außerdem befinde sich die Umgehungsstraße ganz in ihrer Nähe. Verkehrstechnisch liege ihre Praxis ideal. Ihre Patienten (Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche) stammten überwiegend aus A-Stadt und weiteren noch ländlicheren Gemeinden, was sie im Einzelnen weiter ausführte.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen lehnte mit Beschluss vom 18. Juni 2015, ausgefertigt am 12. November 2015, den Antrag ab. Zur Begründung griff er im Wesentlichen die Ausführungen der Beigeladenen zu 1) in deren Stellungnahme auf.
Hiergegen legte die Klägerin am 1. Dezember 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, C-Stadt habe mit 9.800 Einwohnern aktuell 2,5 Psychotherapeutensitze für Erwachsene, während A-Stadt mit 25.800 Einwohnern nur 2 Psychotherapeutensitze habe. D-Stadt habe mit 51.600 Einwohnern 57 Psychotherapeutensitze, Oberursel habe mit 43.500 Einwohnern 16, Neu-Anspach mit 15.000 Einwohnern 5, Usingen mit 13.300 Einwohnern 5, C-Stadt mit 9.800 Einwohnern 2,5 und Schmitten mit 8.800 Einwohnern 2 Psychotherapeutensitze. Damit sei A-Stadt mit Therapieplätzen für Erwachsene wesentlich geringer versorgt als z.B. Usingen. In Oberursel, D-Stadt und A Stadt seien hunderte von Flüchtlingen aufgenommen worden. Die Therapieplätze für Erwachsene in C-Stadt seien nicht völlig ausgeschöpft. Bei den beiden Kolleginnen bestehe nur eine Auslastung von 80 % bzw. 88 %. Der Praxissitz in C-Stadt sei praktisch nur mit einem PKW oder Taxi zu erreichen. Ihre Praxis in A-Stadt sei verkehrstechnisch wesentlich besser angebunden. Das GKV-VSG sei erst zum 1. August 2015 in Kraft getreten und gelte für sie nicht, da sie den Antrag bereits im Januar 2015 gestellt habe.
Die Beigeladene zu 1) wies in ihrer Stellungnahme vom 7. März 2016 auf eine Entscheidung des LSG Hessen vom 16. Mai 2014 – L 4 KA 25/14 B ER- hin und führte weiter aus, an den in C-Stadt tätigen psychotherapeutischen Versorgungsaufträgen hätten sich nach ihrer letzten Stellungnahme keine Veränderungen ergeben. Eine aktuelle Patientenwohnortanalyse der Klägerin aus dem Quartal III/15 der Praxis in C Stadt verdeutliche, dass 33 % der Patienten aus D-Stadt, 27 % aus A-Stadt, jeweils 10 % aus Oberursel und aus Rosbach stammten. Darüber hinaus kämen einzelne Patienten aus Bad Camberg, Usingen, Rockenberg, Niederdorfelden und Frankfurt. Vergleiche man die Patientenanzahl der Patienten aus dem Vorder- bzw. Hintertaunus, so zeige sich, dass die überwiegende Anzahl der Patienten aus dem Vordertaunus stamme. Hinsichtlich der Verteilung der Psychotherapeuten verweise sie auf ihre vorherige Stellungnahme. Die Abrechnungsanalyse der Vorgängerin der Klägerin verdeutliche zudem, dass diese überwiegend Patienten aus dem Hintertaunus behandelt habe. Auffallend sei, dass die Patienten aus dem Hintertaunus nunmehr anderweitig in eine Therapie hätten aufgenommen werden müssen.
Die Klägerin erwiderte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21. März 2016, in der Niederlassungsberatung der Beigeladenen zu 1), die sie vor Sitzübernahme aufgesucht habe, habe man keine Probleme für eine Praxisverlegung gesehen. Sie müsse die Praxisräume in C-Stadt verlassen. Es handele sich um das Privathaus der abgebenden Ärztin. Diese habe ihre ärztliche Tätigkeit mittlerweile gänzlich eingestellt, sodass eine Nutzung von Praxisräumen in diesem Privathaus nicht mehr in Betracht komme. Sie müsse den halben Vertragsarztsitz verlegen. Die Voraussetzungen für die gleichzeitige Genehmigung einer Zweigpraxis lägen nicht vor. Ferner wies sie erneut auf die unter-schiedliche verkehrstechnische Anbindung beider Standorte, die Herkunft ihrer Patienten und die Verteilung der Psychotherapeutensitze hin.
Der Beklagte wies mit Beschluss vom 23. März 2016, ausgefertigt am 25. April 2016 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei Inhaberin von zwei unterschiedlichen vertragspsychotherapeutischen Zulassungen. Beide Zulassungen seien unabhängig voneinander zu betrachten. Bei der Frage, ob die Verlegung eines dieser beiden Sitze möglich sei, sei der jeweils betroffene Sitz für sich zu betrachten. Aus der Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) gehe eindeutig hervor, dass im gesamten Bereich des Hochtaunuskreises zwar eine erhebliche Überversorgung bestehe, innerhalb dieses Planungsbereichs aber ein starkes Missverhältnis der Versorgung im südlichen Bereich des Vordertaunus zur Versorgungslage im nördlichen Bereich, dem Hintertaunus festzustellen sei. Eine Verschlechterung der Versorgung trete dann ein, wenn sich der Status quo zum schlechteren hin verändere. Durch die Verlegung des Psychotherapeutensitzes von C-Stadt nach A-Stadt würde eine weitere Konzentration der im Planungsbereich vorhandenen Praxissitze im südlichen Bereich des Planungsbereichs eintreten und damit eine Perpetuierung des bereits vorhandenen Missverhältnisses. Nach der Rechtsprechung des LSG Hessen sei eine solche Verlegung generell nicht genehmigungsfähig. Trotz der von der Klägerin geschilderten verkehrstechnischen Anbindung zeige der Umstand, dass die Praxisvorgängerin der Klägerin überwiegend auch Patienten aus dem Hintertaunus behandelt habe, dass der Sitz einen Beitrag zu der psychotherapeutischen Versorgung im Bereich des Hintertaunus darstelle. Eine Verlegung des Praxissitzes innerhalb C-Stadts könne grundsätzlich genehmigt werden. Ein Abwägungsspielraum komme ihm eben nicht zu. Eine bessere verkehrliche Infrastruktur am neuen Praxisort könne daher nicht als Argument für eine Verlegung dienen, wenn festgestellt werden müsse, dass durch die Verlegung der bestehenden Missverhältnisse der Verteilung von Vertragspsychotherapeutensitzen innerhalb eines Planungsbereiches perpetuiert werde.
Gegen den ihr am 26. April 2016 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 24. Mai 2016 Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben. Der Zulassungsausschuss hat mit Beschluss vom 15. September 2016 die Verlegung der Praxis von C-Stadt, F-Straße nach C-Stadt, G-Straße mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 genehmigt.
Die Klägerin hat vorgetragen, folge man der Argumentation des Beklagten, würden jeder Sitzverlegung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung "entgegenstehen", wenn nicht zugleich ein anderer Leistungserbringer mit gleichem Versorgungsauftrag am gleichen Ort tätig werde. Zur Freiberuflichkeit müsse es auch gehören, dass der einzelne Leistungserbringer z.B. wirtschaftliche Erwägungen anstelle, an welchem Ort genau die Praxis geführt wird bzw. geführt werden solle. Mit dem Wort "entgegenstehen" könne also nur eine Verlegung gemeint sein, die insgesamt im Planungsbereich zu einem Ungleichgewicht führe. Auch im nördlichen Teil komme es nicht zu einer "Unterversorgung" mit der Folge der Prüfung, ob sogar ein Sonderbedarf bestehe. Als psychologische Psychotherapeutin könne sie automatisch auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie wahrnehmen, da sie die Fachkunde habe. Sie habe mittlerweile in C-Stadt Räume als Untermieterin angemietet und eine Sitzverlegung beantragt.
Der Beklagte hat vorgetragen, § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV räume den Zulassungsgremien kein Ermessen des Inhalts ein, dass sie eine Abwägung der Vorteile des alten und des neuen intendierten Praxisortes gegeneinander vornehmen dürften. Vielmehr sei die beantragte Genehmigung zwingend zu versagen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstünden. Durch die Aufgabe des Praxissitzes sei eine Einbuße in der Versorgungsqualität zu gewärtigen. Die Klägerin könne zwar von ihrem Standort C-Stadt auch Kinder und Jugendliche behandeln, dies gelte jedoch nicht umgekehrt für den Standort A-Stadt, dort könne sie keine Erwachsenen behandeln, da sie im Wege der Sonderbedarfszulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin zugelassen sei. Nach der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts bestätige die Entscheidung vom 3. August 2016 - B 6 KA 31/15 R -, dass innerhalb eines insgesamt gut versorgten oder überversorgten Planungsbereichs dann keine Verlegungen statthaft seien, wenn hier-durch das relative Ungleichgewicht der Versorgung innerhalb des Gesamtplanungsbereichs weiter verstärkt werde. Dies wäre gerade vorliegend aber der Fall, wenn dem Begehren der Klägerin gefolgt würde.
Mit Urteil vom 11. Januar 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Ginge man von einer Erledigung des Verwaltungsakts aufgrund des Umzugs der Klägerin mit ihrer Praxis innerhalb C-Stadts aus, dann wäre jedenfalls eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, da die Klägerin weiterhin die C-Stadter Praxis nach A-Stadt verlegen wolle. Die Klage sei aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 23. März 2016 sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Verlegung des Vertragsarztsitzes von C-Stadt nach A-Stadt oder auf Neubescheidung ihres Widerspruchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der Beklagte habe die Versorgungssituation hinreichend konkret und nachvollziehbar dargelegt. Er gehe in nicht zu beanstandender Weise aufgrund der Analyse der Versorgungssituation davon aus, dass bei Verlegung des Vertragsarztsitzes in einem Teilbereich des Planungsbereichs eine Verschlechterung der Versorgung eintreten würde. Der Beklagte habe, aufbauend auf der Stellungnahme der Beigeladenen zu 1), auf die erhebliche ungleiche Verteilung zwischen dem nördlichen und südlichen Teil des Planungsbereichs hingewiesen. Dies korreliere mit der Struktur des Planungsbereichs, dessen südlicher Teil zum großstädtischen Rhein-Main-Gebiet zu rechnen ist, während der nördliche Teil im Gebiet des Taunus liege und eher ländlich geprägt sei. Soweit die Klägerin auf die in fast allen Städten vorliegende Überversorgung hinweise, so treffe dies zu, sei aber in der Verteilung angesichts eines Versorgungsgrads von 323,78 % zu relativieren. Nach der Bedarfsplanungs-Richtlinie werde der Planungsbereich dem Kreistyp 2 mit 7.496 Einwohnern pro Vertragsarztsitz in der Gruppe der Psychotherapeuten zugeordnet. Unter Berücksichtigung des Versorgungsgrads kämen 2.399 Einwohner auf einen Vertragsarztsitz (97,3 Versorgungsverträge auf 233.427 Einwohner) bei einer flächendeckend gleichen Verteilung. Aufgrund der Massierung in D-Stadt, aber auch in Königstein und Kronberg lasse in allen übrigen Gemeinden mit Ausnahme von Usingen eine geringere Versorgungsdichte als im Durchschnitt des Planungsbereichs feststellen. Stelle man auf den südlichen Bereich mit den Gemeinden A-Stadt, D-Stadt, Oberursel, Königstein, Kronberg und Steinbach mit zusammen 169.235 Einwohnern ab, so entfielen hierauf tatsächlich 80,80 Vertragsarztsitze, dürften aber bei gleichmäßiger Verteilung nur 70,54 Vertragsarztsitze entfallen. Stelle man auf den nördlichen Bereich mit den Gemeinden Glashütten, C-Stadt, Neu-Anspach, Schmitten, Usingen, Weilrod und Grävenwiesbach mit zusammen 64.192 Einwohnern ab, so entfielen hierauf tatsächlich nur 16,50 Vertragsarztsitze, müssten aber bei gleichmäßiger Verteilung 26,76 Vertragsarztsitze entfallen. Von daher sei die Einschätzung des Beklagten, im südlichen Bereich des Vordertaunus sei zur Versorgungslage im nördlichen Bereich, dem Hintertaunus, ein starkes Missverhältnis der Versorgung festzustellen, nicht zu beanstanden. Insofern sei auch kein Grund ersichtlich, inwieweit von D-Stadt und auch von Königstein und Kronberg aus nicht eine zusätzliche Versorgung der Gemeinden, insbesondere auch im zu D-Stadt unmittelbar angrenzenden A-Stadt eher möglich sein sollte als für den nördlichen Bereich.
Besondere persönliche Gründe würden von der Klägerin nicht vorgetragen. Im Übrigen habe sie bei Übernahme des hälftigen Vertragsarztsitzes in C-Stadt nicht davon ausgehen können, dass sie den Vertragsarztsitz mit ihrer bisherigen Praxis in ihren Wohnräumen zusammenlegen könne. Entsprechende wirtschaftliche Erwägungen lägen ebenfalls. bereits bei Übernahme des hälftigen Vertragsarztsitzes in C-Stadt auf der Hand.
Das Urteil ist der Klägerin am 17. Januar 2017 zugestellt worden. Mit Beschluss vom 2. Februar 2017 hat das Sozialgericht den Tatbestand des Urteils wegen offensichtlicher Unrichtigkeit berichtigt. Dieser Beschluss ist der Klägerin am 3. Februar 2017 zugestellt worden. Am 30. Januar 2017 hat die Klägerin Berufung beim Sozialgericht Marburg eingelegt.
Zu Begründung trägt sie vor, die Nutzung derselben Praxisräume für die beiden hälftigen Versorgungsaufträge sei wirtschaftlich, sachgerecht und ermögliche ihr eine flexiblere Planung, sie könne sich hinsichtlich der Therapiezeiten besser an den Patientenwünschen ausrichten und müsse nicht hinsichtlich der Sprechzeiten in C-Stadt darauf achten dass dort nur Erwachsene behandelt und in A-Stadt nur Kinder und Jugendliche behandelt werden dürften. Ihre Praxis in A-Stadt sei rollstuhlgerecht. A-Stadt selbst sei mit nur einem vollen Kassenarztsitz nicht überversorgt, die spezielle Situation dort sei anders als im benachbarten D-Stadt. In C-Stadt seien zwei weitere Psychotherapeutinnen tätig, die nicht voll ausgelastet seien. Ihre Praxis in C-Stadt werde ganz überwiegend von Patientinnen und Patienten aufgesucht, die mit dem eigenen Kfz anreisten, für diese sei es unerheblich, ob sie nach C-Stadt oder A-Stadt führen. Ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen, die sie behandle, stammten aus C-Stadt; dies zeige, dass auch nicht motorisierte Patienten die Praxis in A-Stadt erreichen könnten. Sie behandle aktuell eine erwachsene Kassenpatientin aus C-Stadt und eine aus Neu-Anspach, weiter Patienten aus Rosbach, Rockenberg, Liederbach, Bad Vilbel, Eschenburg, Niederdorfelden, Eschborn, zwei aus Eschborn, vier aus Frankfurt. Die Mehrzahl stamme aus D-Stadt und A-Stadt. Dazu gehörten auch Patienten, die von der Terminservicestelle der Beigeladenen zu 1) vermittelt würden. Auch nach BMV-Ä reiche es für eine wohnortnahe fachärztliche Versorgung aus, wenn eine Wegdauer von 30 min nicht überschritten werde. Sie habe durch ihre Sitzverlegung von D-Stadt nach A-Stadt zu einer Entzerrung der Ballungssituation beigetragen, durch ihr Begehren entstehe nicht noch eine weitere Diskrepanz der nördlichen und südlichen Kreishälfte. § 98 SGB V enthalte keine Ermächtigungsgrundlage für den Verordnungsgeber was die Bedarfsprüfung bei der Verlegung eines Vertragsarztsitzes innerhalb eines Planungsbereiches angehe. Der Anspruch auf die Zulassung ergebe sich aus § 95 Abs. 1 SGB V. Die Beschränkung der Zulassung erfolge in überversorgten Gebieten erfolge nach Maßgabe einer Bedarfsplanung gemäß §§ 99, 101 SGB V. Die Entscheidung des Beklagten sei eine Berufsausübungsregelung, die einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, es komme nur § 98 SGB V in Betracht, nicht aber § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV, so dass eine Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Verlegungsantrags nicht besteht (Hinweis auf BVerfG vom 26. September 2016, 1 BvR 1326/15). Ihr stehe grundsätzlich ein Anspruch auf Sitzverlegung innerhalb des Planungsbereichs als Ausdruck ihrer Niederlassungsfreiheit zu. Nicht Aufgabe des Vertragsarztrechts sei es, eine neue Raumordnung herbeizuführen und weiter nördlich gelegen Teile eines Planungsbereichs "besser zu besiedeln". Da nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV die Genehmigung nicht im Ermessen des Beklagten stehe, habe sie einen Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung. Kennzeichnend für die Freiberuflichkeit psychotherapeutischen Berufsausübung sei, dass sich auch an dem Grundrecht der Freizügigkeit gem. Art. 11 GG teilhabe; dieses Grundrecht könne nur durch Gesetz eingeschränkt werden, die Rechtsgrundlage des § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV rechtfertige nicht die Ablehnung. Ihr Schwiegervater lebe drei Gehminuten von der Praxis in A-Stadt entfernt, sei schwer pflegebedürftig (Pflegegrad 4) und auf ihre kontinuierliche Unterstützung angewiesen. Der Gesundheitszustand habe sich sehr verschlechtert, die Schwiegermutter sei ebenfalls sehr geschwächt, so dass ihr Ehemann seine Erwerbstätigkeit im Dezember 2017 und Januar 2018 auf die Hälfte habe reduzieren müssen. Darüber hinaus habe sie seit Dezember 2017 die Pflegschaft für ihren 16jährigen Neffen übernommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 11. Januar 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 23. März 2016 zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beklagte trägt vor, die betriebswirtschaftliche Optimierung des Praxisbetriebs sei im Zusammenhang mit der Genehmigung einer Praxisverlegung kein relevanter Aspekt. Der Normgeber wünsche eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten. Unter Einbeziehung von D-Stadt ergebe sich für A-Stadt eine wesentlich bessere psychotherapeutische Versorgung im südlichen Planungsbereich des Hochtaunuskreises als im Bereich der Gemeinde C-Stadt, wo sich durch eine Verlegung des Praxissitzes eine weitere Verschlechterung der Versorgung des nördlichen Teils ergeben würde. Gegenstand der Betrachtung sei nicht der punktuelle Versorgungsgrad in einzelnen Gebietskörperschaften sondern das deutliche Nord/Süd-Gefälle im Planungsbereich. § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV stelle eine Spezialregelung für die Fälle dar, in denen abweichend von der ursprünglichen Zulassung eine Statusänderung des Inhalts angestrebt wird, dass nunmehr ein anderer Sitz angestrebt wird. Bei den nunmehr geltend gemachten persönlichen Gründung (Pflegebedürftigkeit des Schwiegervaters) handele es sich um nachgeschobene Gründe, die außer Betracht bleiben müssten. Die Klägerin habe in Kenntnis des Praxisstandortes C-Stadt eine Nachfolgezulassung beantragt und erhalten. Nach der Rechtsprechung des BSG schließe dies von vornherein aus, eine Praxisverlegung vorzunehmen.
Die Beigeladene zu 1) schließt sich den Ausführungen des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 5. April 2017 und 1. Februar 2018 an und hält die erstinstanzliche Entscheidung für richtig. Auf Anforderung des Gerichts hat sie vorgetragen, dass zum Stand 1. Oktober 2017 im Hochtaunuskreis 128 Psychotherapeuten mit insgesamt 95,1 Versorgungsaufträgen kassenärztlich tätig seien. Hierbei handele es sich um 16 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, 88 Psychologische Psychotherapeuten, 3 Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, 14 Psychotherapeutisch tätige Ärzte, 6 Fachärzte für Psychotherapeutische Medizin und eine Psychologische Psychotherapeutin, die ebenfalls als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin tätig ist. Darüber hinaus sein im Hochtaunuskreis - konkret in D-Stadt - zwei Übernahmepraxen, die derzeit nicht besetzt seien und sich in einem Ausschreibungsverfahren befänden, ansässig. Diese füllten jeweils einen hälftigen Versorgungsauftrag aus.
Auf Anfrage des Senats hat die Beigeladene zu 1) weiter vorgetragen, die Abrechnungsvolumina der im Hochtaunuskreis niedergelassenen Psychotherapeuten, gegliedert nach Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten sowie Psychotherapeuten, die im Quartal I/17 tätig waren, und der fiktive gemeindebezogene Versorgungsgrad dargestellt. Auf den Schriftsatz der Beigeladenen zu 1) vom 11. Januar 2018 mit Anlagen (Bl. 137 bis 139 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
Die Beigeladenen zu 3), 4) und 5) schließen sich den Ausführungen des Beklagten in dessen Schreiben vom 1. Februar 2018 (Bl. 145 -146 der Gerichtsakte) an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Die auf die Erteilung der Genehmigung der Praxissitzverlegung gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Bescheidungsklage zulässig. Es handelt sich bei der begehrten Genehmigung nicht um eine im Ermessen des Beklagten stehende, sondern vielmehr um eine gebundene Entscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 3. August 2016, B 6 KA 31/15 R, juris Rn. 13 ff). Da dem Beklagten allerdings hinsichtlich der Feststellung, ob Gründe der Versorgung der Sitzverlegung entgegenstehen, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum (BSG, a.a.O. Rn. 21 ff) zusteht, ist das Begehren nur mit einer Bescheidungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i. V. m. § 131 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG) zu erreichen.
Der Statthaftigkeit der Anfechtungs- und Bescheidungsklage steht auch nicht entgegen, dass der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 15. September 2016 die Verlegung der Praxis innerhalb C-Stadts von der F-Straße in die G-Straße genehmigt hat, weil sich hierdurch der streitgegenständliche Verwaltungsakt des Beklagten (Beschluss vom 23. März 2016) nicht erledigt hat. Nach § 39 Abs. 2 Zehntes Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder andere Weise erledigt ist. Erledigung tritt nur ein, wenn von dem betroffenen Verwaltungsakt keinerlei Rechtswirkungen mehr ausgehen. Das ist nicht der Fall, weil das unter dem Genehmigungsvorbehalt des § 27 Abs. 4 Satz 1 Ärzte-ZV stehende Verbot (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 3. August 2016, B 6 KA 31/15 R, juris Rn. 16), den Praxissitz nach A-Stadt zu verlegen, weiter besteht.
Die Klage ist auch begründet, denn der Beschluss des Beklagten vom 23. März 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf die Neubescheidung ihres Antrags auf Genehmigung der Verlegung ihres Praxissitzes von C-Stadt, G-Straße nach A-Stadt, E-Straße unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Rechtsgrundlage ist § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV in der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl I 2983). Danach darf der Zulassungsausschuss den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes nur genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen.
§ 27 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV stellt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar. Bei der Verlegung eines Vertragsarztsitzes handelt es sich um ein generell zulässiges, dem grundrechtlichen Schutz der Berufsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unterfallendes Verhalten, das lediglich im Hinblick auf übergeordnete schützenswerte Rechtspositionen einer präventiven Kontrolle unterzogen werden soll (Dorra/Stellpflug, MedR 2015, 239, 240). Als von der Berufsfreiheit geschützte Betätigung muss sich bei der Verlegung des Praxissitzes aus dem Gesetz selbst ergeben, unter welchen Voraussetzungen die Genehmigung erteilt bzw. versagt wird (BSG, Urteil vom 3. August 2016, 6 KA 31/15 R, juris Rn. 16f). Als Rechtverordnung stellt § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV keine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Grundlage für den Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit dar, sie ist aber von § 98 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), wonach die Zulassungsverordnungen das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung (§ 99) und die Beschränkung von Zulassungen regeln, gedeckt.
§ 98 Abs. 1 SGB V stellt seinerseits nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 26. September 2016 – 1 BvR 1326/15 –, Rn. 25, juris) eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Ermächtigungsgrundlage dar. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht (a.a.O. Rn. 26ff ) ausgeführt:
"Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt, dass der Gesetzgeber selbst die Entscheidung trifft, dass bestimmte Fragen geregelt werden sollen, er muss die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll (vgl. BVerfGE 2, 307 (334); 19, 354 (361 ff.); 23, 62 (72); BVerfGK 17, 273 (285)). Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ist verletzt, wenn eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen so unbestimmt ist, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (BVerfGE 19, 354 (361 ff.); 23, 62 (72)). Welche Anforderungen an das Ausmaß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelfall zu stellen sind, hängt von der Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen und von der Eigenart des geregelten Sachverhalts ab, insbesondere auch davon, in welchem Umfang dieser einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist (vgl. BVerfGE 56, 1 (13); 58, 257 (277 f.)). Dabei müssen sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nicht ausdrücklich aus der Ermächtigungsnorm ergeben. Vielmehr hält eine solche auch dann der verfassungsrechtlichen Prüfung am Maßstab der zu Art. 80 Abs. 1 GG entwickelten Rechtsgrundsätze stand, wenn sich die dort geforderte Bestimmtheit durch Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsregeln ermitteln lässt. Zur Klärung können daher, wie auch sonst bei der Auslegung einer Vorschrift, der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, berücksichtigt werden. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm kann insoweit herangezogen werden (vgl. BVerfGE 55, 207 (226 f.); 58, 257 (277); 76, 130 (142)).
Gemessen daran entspricht § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB V den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Wortlaut der Vorschrift allein enthält zwar keine hinreichenden Angaben zu Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung. Eine systematische Betrachtung unter Einbeziehung von § 95 SGB V ergibt allerdings, dass mit "Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung" die in § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Teilnahmeformen der Zulassung und Ermächtigung gemeint sind. Darüber sollen in den Zulassungsverordnungen weitere Regelungen getroffen werden. Hinreichende Angaben zu Ausmaß und Zweck der durch Verordnung zu treffenden Regelungen lassen sich ebenfalls aus dem Sinnzusammenhang der Vorschrift mit den anderen Normen entnehmen. Der Gesetzgeber hat im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch wesentliche Voraussetzungen und Inhalte der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie der Bedarfsplanung selbst geregelt und damit die Grenzen für die Ermächtigung in § 98 Abs. 1 SGB V definiert. So macht § 95 SGB V umfassende Vorgaben für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung; wesentliche Vorgaben für die Bedarfsplanung ergeben sich aus § 99 SGB V und für die Beschränkung der Zulassungen aus §§ 100, 101, 103 und 104 SGB V. Dem Verordnungsgeber ist daher mit § 98 Abs. 1 SGB V lediglich die nähere Ausgestaltung bezogen auf die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung und die Beschränkung von Zulassungen übertragen worden. Der Gesetzgeber hat außerdem dort, wo er noch Regelungsbedarf durch die Zulassungsverordnungen gesehen hat, entsprechende Bestimmungen ausdrücklich angeordnet, etwa in § 95 Abs. 2 Satz 4 SGB V, wonach das Nähere über die Eintragung in das Arztregister die Zulassungsverordnungen regeln. Darüber hinaus macht § 98 Abs. 2 SGB V Vorgaben, welche Inhalte die Zulassungsverordnungen zwingend haben müssen."
§ 24 Abs. 4 Satz 1 Ärzte-ZV bewegt sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung, denn die Vorschrift regelt lediglich "das Nähere" über die Teilnahme der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 98 Abs. 1 SGB V: Die Voraussetzungen für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist in § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt und setzt die Zulassung voraus. Diese bewirkt gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 Halbs 2 SGB V, dass der Vertragsarzt "zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist." und begründet damit den rechtlichen Status des Vertragsarztes (stRspr, BSG, Urteil vom 28. September 2016 – B 6 KA 1/16 R –, SozR 4-2500 § 95 Nr. 30, Rn. 25; vgl. BSGE 83, 135, 137 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18 S 65; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 14 Rn. 14; siehe auch BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 24, Rn. 36). Wie der Gesetzgeber in § 95 Abs. 1 Satz 5 SGB V geregelt hat, ist die Zulassung an einen konkreten Vertragsarztsitz gekoppelt, denn sie erfolgt danach "für" den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Der Ort der Niederlassung begrenzt somit die vertragsärztliche bzw. vertragspsychotherapeutische Tätigkeit des Leistungserbringes in räumlicher Hinsicht (Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, 06/17, § 95 SGB V, Rn. 59). Zulassung und Vertragsarztsitz sind rechtlich untrennbar miteinander verbunden (BSGE 86, 121, 124 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 18; BSG SozR 4-5520 § 24 Nr. 2 RdNr. 13); der Vertragsarztsitz nimmt in seiner rechtlichen Wirkung an dem Statuscharakter der Zulassung teil (BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 13). Die enge Verknüpfung von Zulassung und Vertragsarztsitz als Ort der Niederlassung des Vertragsarztes ermöglicht erst die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne der nach § 99 SGB V vorzunehmenden Bedarfsplanung, die vom Gesetzgeber - s. § 98 Abs. 2 Nr. 8 SGB V - für die mittel- und langfristige Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für erforderlich gehalten wird. Sie soll allgemein die für eine bedarfsgerechte, d. h. ausreichende Versorgung der Versicherten i. S. d. § 70 Abs. 1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 SGB V notwendige Anzahl und Verteilung von Arztsitzen abbilden. Bedarfspläne sind die regionalen Konkretisierungen dieser Planung (Geiger in: Hauck/Noftz, SGB, 10/16, § 99 SGB V, Rn. 5).
Indem § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV die Genehmigung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes allein davon abhängig macht, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung, deren Inhalt der Gesetzgeber im Wesentlichen im SGB V selbst geregelt hat (Beschluss vom 26. September 2016 – 1 BvR 1326/15 –, Rn. 30, juris), dem nicht entgegenstehen, gestaltet die Norm lediglich solche Voraussetzungen für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung näher aus, die sich bereits aus den gesetzlichen Regelung selbst ergeben.
Die auf § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV gestützte Versagung der Genehmigung durch den Beklagte im streitgegenständlichen Beschluss ist bereits deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte bei der Beurteilung der Frage, ob Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Praxissitzverlegung entgegenstehen, von einem – zwischenzeitlich - unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Maßgeblich ist trotz des bestehenden Beurteilungsspielraums dabei – wie grundsätzlich bei Vornahmesachen in Zulassungsangelegenheiten – die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG 12. Auflage 2017, § 54 Rn. 31d; BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 6 KA 7/14 R –, SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5, Rn. 40; Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 R –, BSGE 104, 116-128, SozR 4-2500 § 101 Nr. 7, Rn. 26).
Gründe der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 27 Abs. 4 Satz 1 Ärzte-ZV sind nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 16. Mai 2014, L 4 KA 25/14 B ER, juris Rn. 36) ebenso wie der des Bundessozialgerichts (st.Rspr., zuletzt BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 19, zitiert nach juris) allein planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Umstände. Sie können bei Verlegungswünschen innerhalb eines Planungsbereichs zur Folge haben, dass ein Vertragsarzt seinen Vertragsarztsitz nicht gerade in einen schon gut versorgten Teil des Planungsbereichs verlegt werden darf (Senatsbeschluss vom 16. Mai 2014, L 4 KA 25/14 B ER, juris; BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 19, zitiert nach juris, unter Hinweis auf BSGE 86, 121, 126 = SozR 3-5520 § 24 Nr. 4 S 19; kritisch dazu: Dorra/Stellpflug, MedR 2015, 239, 242). Zu prüfen ist, ob die lokale Versorgung am bisherigen Vertragsarztsitz beeinträchtigt wird; die Versorgungslage am projektierten Sitz ist zu beurteilen und wie sich die Versorgungslage am bisherigen Vertragsarztsitz im Verhältnis zur Versorgungslage am projektierten Sitz darstellt. Bestehen deutliche Unterschiede in der Versorgungslage, wird in der Regel die Verlegung des Sitzes an einen besser versorgten Standort nicht in Betracht kommen. Ein alleiniges Abstellen auf etwaige Versorgungsdefizite am bisherigen Sitz würde dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer regional bedarfsgerechten Versorgung und einer guten Erreichbarkeit von Ärzten und Psychotherapeuten im gesamten Planungsbereich nicht gerecht. Das Ziel einer langfristig flächendeckenden und wirtschaftlichen Versorgung rechtfertigt auch das Bestreben nach einer möglichst gleichmäßigen räumlichen Verteilung der Leistungserbringer innerhalb eines Planungsbereichs (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 19, zitiert nach juris).
Bei der Feststellung, ob Gründe der Versorgung der Sitzverlegung entgegenstehen, steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 19, zitiert nach juris; so auch LSG Niedersachsen-Bremen, MedR 2016, 290; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 4.3.2015 - L 11 KA 110/13 - Juris Rn. 33). Den Grund für die Einräumung eines solchen Spielraums ist, dass die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen nur ungefähr entscheiden können, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte eine qualitativ ausreichende Versorgung gewährleisten, weil zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen sind. Der Beurteilungsspielraum bezieht sich auf den Umfang der erforderlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen und vor allem bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (vgl BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 Rn. 16 mwN; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 27; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, Rn. 14). Auch bei der Beurteilung, ob Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes entgegenstehen, können nur die ortsnahen und fachkundig besetzten Zulassungsgremien unter Auswertung aller für die Versorgungslage maßgeblichen Aspekte - Versorgungsgrad, Zahl und Ausrichtung der Praxen im Umfeld des alten Standortes, Verkehrsverbindungen u. a. - sachgerecht beurteilen, ob von der beabsichtigten Verlegung nachteilige Auswirkungen für die Versorgung der Versicherten zu besorgen sind. Dazu müssen die Zulassungsgremien möglichst genaue Feststellungen zur örtlichen Versorgungslage, zum Angebot umliegender Praxen und zu den Verkehrsverhältnissen machen (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R , SozR 4-5520 § 24 Nr. 13).
Soweit für die Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum besteht, beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Grenzen der Auslegung eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (stRspr, zuletzt BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 24, zitiert nach juris unter Hinweis auf BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr. 3, Rn. 16; BSG SozR 3-2500 § 101 Nr. 1 S. 4 f ; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1 S. 4; BSGE 70, 167, 175 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 2 S. 17; BSGE 73, 25, 29 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 S. 29 und BSG SozR 3-2500 § 97 Nr. 2 S. 6).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Beklagte bei seiner Entscheidung von einem – zwischenzeitlich – unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, da die Klägerin nach dem Erlass des streitgegenständlichen Beschlusses – erlaubt durch den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 15. September 2016 – zum 1. Oktober 2016 ihren Praxissitz innerhalb C-Stadts verlegt hat. Diese Verlegung des Praxissitzes ist auch erheblich, weil die Zulassungsgremien im Rahmen ihrer vom Beurteilungsspielraum umfassten schlussfolgernden Bewertung, ob Gründe der Versorgung der Sitzverlegung entgegenstehen, auch zu beurteilen haben, wie sich die Versorgungslage am bisherigen Vertragsarztsitz im Verhältnis zur Versorgungslage am projektieren Sitz darstellt (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, zitiert nach juris, Rn. 19). Da der Vertragsarztsitz nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV an den Ort der Niederlassung gebunden ist und hierunter der konkrete Ort zu verstehen ist, wie er durch die konkrete Praxisanschrift gekennzeichnet ist (Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, § 24 Ärzte-ZV Rn. 3; stRspr. z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015, B 6 KA 34/14 R, Rn. 27), ist mithin auf den aktuellen konkreten Ort der Niederlassung abzustellen. Dass die Praxissitzverlegung innerhalb C-Stadts, also innerhalb derselben kommunalen Gebietskörperschaft stattgefunden hat, führt daher zu keinem anderen Ergebnis. Hierfür spricht auch schon, dass der Umzug von einem Ortsteil (C-Stadt-X-Stadt) in einen anderen Ortsteil (C-Stadt) der Gemeinde C-Stadt erfolgte, die in einer anderen Entfernung vom projektierten Praxissitz in A-Stadt liegen und vor allem auch eine unterschiedliche Verkehrsinfrastruktur aufweisen, da C-Stadt-X-Stadt im Unterschied zu C-Stadt nicht an eine Bahnlinie (Taunusbahn) angeschlossen ist, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur mit dem Bus erreichbar ist.
Darüber hinaus hat der Beklagte den dem streitgegenständlichen Beschluss zugrunde liegenden Sachverhalt nur unzureichend ermittelt. Wie sich aus dem Urteil des BSG vom BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr 13, zitiert nach juris, Rn. 23) ergibt, gehören zu den die Beurteilung der Versorgungslage maßgeblichen Aspekten, die die ortsnahen und fachkundig besetzten Zulassungsgremien im Rahmen des ihnen zugebilligten Beurteilungsspielraums auszuwerten haben, neben Versorgungsgrad, Zahl und Ausrichtung der Praxen im Umfeld des alten Standortes u. a. auch die Verkehrsverbindungen, zu denen sie möglichst genaue Feststellungen zu treffen haben, um sachgerecht beurteilen zu können, ob sich durch die beabsichtigte Verlegung nachteilige Auswirkungen für die Versorgung der Versicherten ergeben. Solche detaillierten Feststellungen lassen sich der streitgegenständlichen Entscheidung nicht entnehmen. Da auch die Versorgungslage am projektierten Praxissitz in die Betrachtung einzubeziehen ist (BSG a.a.O, Rn. 19), fehlt es auch an den diesbezüglichen Ermittlungen der Verkehrsanbindungen auch für den begehrten Praxissitz in A-Stadt. Die Verkehrsanbindung ist aber für die Beurteilung der regional bedarfsgerechten Versorgung der Versichertengemeinschaft mit einer guten Erreichbarkeit von Ärzten und Psychotherapeuten im gesamten Planungsbereich erheblich, wobei allerdings eine gute Verkehrsanbindung nicht geeignet ist, die Bedeutung von Ungleichgewichten im Versorgungsgrad zu relativieren, weshalb insoweit auf den Einzugsbereich des betroffenen Praxisstandortes abzustellen ist (vgl. BSG a. a. O. Rn. 32).
Der Beschluss des Beklagten war daher aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin zu verpflichten.
Kommt der Beklagte im Rahmen der vorzunehmenden Neubescheidung zu dem Ergebnis, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV vorliegen, die der beantragten Praxissitzverlegung "entgegen" vorliegen, führt dies nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr.13, Rn. 25) dazu, dass in einem weiteren Prüfungsschritt die Gründe der Klägerin für den Verlegungswunsch zu betrachten sind. Die Belange, die der Arzt/Psychotherapeut für seinen Verlegungswunsch anführt, können ausnahmsweise solches Gewicht haben, dass im Ergebnis die versorgungsbezogenen Gründe zurückstehen müssen. Soweit im Einzelfall Versorgungsgesichtspunkte mit grundrechtlich geschützten Belangen kollidieren, ist daher eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen, wobei der Gesetzgeber die Wertung dergestalt vorgegeben hat, dass Gesichtspunkte der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich vorrangig sind. Soweit Versorgungsgesichtspunkte gegen eine Verlegung sprechen, haben im Regelfall die individuellen Gründe für die Verlegung zurückzutreten. Daraus folgt, dass entgegenstehende Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nur durch schwerwiegende Gründe für die Verlegung überspielt werden können. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Arzt krankheitsbedingt seine Tätigkeit am bisherigen Standort nicht mehr fortsetzen kann oder nach Verlust der Praxisräume im Nahbereich keine geeigneten Räume zur Verfügung stehen. Welche persönlichen Belange des Arztes im Rahmen des § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV überhaupt relevant sein können und ob ihnen ein solches Gewicht zukommt, dass ausnahmsweise die festgestellten Versorgungsgesichtspunkte zurückzutreten haben, ist dabei von den Gerichten in vollem Umfang überprüfbar. Das gilt sowohl für die Feststellung der maßgeblichen persönlichen Umstände als auch für die Gewichtung der ermittelten versorgungsrelevanten Tatsachen einerseits und der persönlichen Belange des Arztes andererseits (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 25).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird der Beklagten im Rahmen der vorzunehmenden Neubescheidung eine Interessenabwägung vorzunehmen haben.
Hierbei sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 3. August 2016 B 6 KA 31/15 R – SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 34, zitiert nach juris) nicht berücksichtigungsfähig alle Gesichtspunkte, die bereits vor der Niederlassung am alten Praxisstandort in C-Stadt bekannt waren. Hierzu gehören die im Verfahren von der Klägerin geltend gemachten Nachteile in der Praxisorganisation und Terminvergabe, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin mit jeweils hälftigem Versorgungsauftrag an zwei Praxisstandorten tätig ist, ebenso wie sich hieraus ergebende nachteilige wirtschaftliche Aspekte und der persönliche Aufwand, der etwa durch Fahrzeiten zwischen den Praxissitzen entsteht.
Weiterhin wird bei der Interessenabwägung zu beachten sein, dass es sich bei der Zulassung der Klägerin in C-Stadt zum 1. Juli 2015 um eine Nachfolgezulassung handelt, für die im Interesse der Kontinuität des Praxisbetriebs sowie im Interesse der Eindämmung eines Zulassungshandeln sich der Fortführungswille des übernehmenden Arztes – zunächst unabhängig von einer möglichen Sitzverlegung – regelmäßig auf einen Zeitraum von fünf Jahren beziehen muss (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 49/12 R –, BSGE 115, 57, Rn. 57), weshalb bei der gleichwohl möglichen Praxissitzverlegung gesteigerte Anforderungen an die geltend gemachten Gründe zu stellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 35, zitiert nach juris).
Das legitime Interesse, in größtmöglicher Nähe zum Wohnort die vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben, hat nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer regional gleichmäßigen Versorgung nur eine untergeordnete Bedeutung (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 35, zitiert nach juris). Demgegenüber sind die geltend gemachte Pflegebedürftigkeit des Schwiegervaters der Klägerin geeignet, einen gewichtigen, bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden persönlichen Grund darzustellen; dafür wäre es aber erforderlich – was der Beklagte im Rahmen der Neubescheidung zu ermitteln haben wird - , dass die Klägerin die Pflegeperson ihres Schwiegervaters ist und der Umfang der von ihr notwendig geleisteten Pflege dazu führt, dass ohne die begehrte Praxisverlegung die vertragsärztliche Tätigkeit und die Pflegetätigkeit schlechthin nicht miteinander zu vereinbaren sind. Ähnlich verhält es sich mit der Pflegschaft, die die Klägerin nach ihren Angaben für ihren 16jährigen Neffen übernommen hat und die dem Grunde nach geeignet ist, in die Interessenabwägung einzufließen. Auch hier wird festzustellen sein, inwieweit die vertragsärztlichen Tätigkeit der Klägerin – nicht als solche sondern - spezifisch am Praxissitz C-Stadt einer Vereinbarkeit mit den besonderen aus dem Pflegschaftsverhältnis sich ergebenden – und von der Klägerin auch substantiiert darzulegenden – Umständen entgegenstehen.
Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Der Beklagte hat die Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen zu tragen. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 7) sind nicht erstattungsfähig.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Verlegung des Vertragsarztsitzes der Klägerin von C-Stadt nach A-Stadt.
Die Klägerin ist Kinder- und Jugendlichen- und Psychologische Psychotherapeutin. Sie wurde zunächst als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit Praxissitz in D-Stadt, D-Straße, im Wege der Sonderbedarfszulassung zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen (Beschluss des Beklagten vom 22. Oktober 2008 aufgrund des Widerspruchs der Klägerin gegen den ablehnenden Beschluss des Zulassungsausschusses/Psychotherapie bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen vom 13. September 2007). Sie besitzt die Anerkennung für das Richtlinienverfahren Verhaltenstherapie. Den Sitz verlegte sie nach A-Stadt, E-Straße (Beschluss des Zulassungsausschusses vom 14. Juni 2012). In der Antragsbegründung zur Praxisverlegung hatte sie darauf hingewiesen, sie habe nunmehr Räumlichkeiten auf dem eigenen Grundstück zur Verfügung. Der Zulassungsausschuss Psychotherapie ließ sie mit Beschluss vom 18. Juni 2015 im Wege der Nachfolgezulassung als Psychologische Psychotherapeutin für den Praxissitz C-Stadt, F-Straße mit hälftigem Versorgungsauftrag zu, worauf die Klägerin auf einen hälftigen Versorgungsauftrag als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin mit Praxissitz in A-Stadt verzichtete.
Die Klägerin beantragte am 9. Januar 2015 die Verlegung des Vertragspsychotherapeutensitzes mit hälftigem Versorgungsauftrag als Psychologische Psychotherapeutin von C-Stadt, F-Straße nach A-Stadt, E-Straße.
Die Beigeladene zu 1) empfahl unter Datum vom 11. Juni 2015, den Antrag abzulehnen. Beide Standorte seien ca. 19 km entfernt. Der Planungsbereich Hochtaunuskreis sei mit 323,78 % überversorgt. Im Planungsbereich Hochtaunuskreis mit 229.167 Einwohnern seien 127 Psychotherapeuten mit 97,3 Versorgungsaufträgen zugelassen. Es handele sich um 18 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, 87 Psychologische Psychotherapeuten, fünf Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, zehn psychotherapeutisch tätige Ärzte und sieben Fachärzte für Psychotherapeutische Medizin. Die psychotherapeutischen Praxen konzentrierten sich überwiegend auf den Vordertaunus mit den Städten A-Stadt, D-Stadt, Oberursel, Kronberg und Königstein. In C-Stadt selbst seien derzeit - einschl. der Klägerin - zwei Psychologische Psychotherapeuten und ein Facharzt für Psychosomatische Medizin mit insgesamt 2,5 Versorgungsaufträgen niedergelassen. Eine Patientenanalyse der Praxis der Klägerin im Quartal III/14 habe ergeben, dass der Hauptteil der Patienten - ca. 63 % - aus C-Stadt und weiteren Orten aus dem Hintertaunus (Grävenwiesbach, Neu-Anspach, Schmitten und Usingen) stammten, ca. 11 % stammten aus dem Bereich Vordertaunus, weitere ca. 11 % aus Frankfurt und Offenbach. Alle 16 im Hintertaunus tätigen Psychotherapeuten würden insgesamt mit 127 % überdurchschnittlich abrechnen. Vor dem Hintergrund der ländlichen Struktur im Norden des Planungsbereiches werde die Verschärfung mittels einer faktischen Überprüfung der Einwohnerzahlen im nördlichen und südlichen Bereich des Hochtaunuskreises und der für diese Einwohner zur Verfügung stehenden Psychotherapeuten nochmals verdeutlicht. Im Norden kämen 3.827 Einwohner auf einen Psychotherapeuten, im Süden 2.055 Einwohner. Der Gesetzgeber habe mit dem Versorgungsstrukturgesetz insbesondere die Stärkung der Versorgung im ländlichen Raum bezweckt. Psychotherapeuten gehörten zur allgemeinen fachlichen und damit der wohnortnahen Versorgung. Die Konzentration auf den südlichen Teil des Hochtaunuskreises stehe einem flächendeckenden Versorgungsangebot grundsätzlich entgegen.
Die Klägerin trug unter Datum vom 17. Juni 2015 vor, in A-Stadt seien derzeit nur zwei Psychotherapeuten mit Zulassung für Erwachsene niedergelassen. In welchem Umfang sei ihr nicht bekannt. C-Stadt liege nur wenige Kilometer (Bahnhof zu Bahnhof 13,5 km, Stadtgrenzen 8,5 km) von A-Stadt entfernt und es befänden sich lediglich 2 Bahnhaltestellen dazwischen. Die von der Beigeladenen zu 1) angegebene Strecke von 19 Kilometern resultiere daraus, dass ihre Praxisvorgängerin in C-Stadt die Praxis in einem recht abgelegenen Teil von C-Stadt gehabt habe, die darüber hinaus in Bezug auf öffentliche Verkehrsmittel nur mit einem Bus zu erreichen sei. Ihre Praxis in A-Stadt befinde sich in 10 bzw. 2 Gehminuten von den nächsten Bahnhaltestellen der Bahnlinie xxx bzw. Taunusbahn. Diese verlaufe über C-Stadt, Neu-Anspach, Usingen bis Waldsolms-Brandoberndorf. Außerdem befinde sich die Umgehungsstraße ganz in ihrer Nähe. Verkehrstechnisch liege ihre Praxis ideal. Ihre Patienten (Erwachsene sowie Kinder und Jugendliche) stammten überwiegend aus A-Stadt und weiteren noch ländlicheren Gemeinden, was sie im Einzelnen weiter ausführte.
Der Zulassungsausschuss für Ärzte bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen lehnte mit Beschluss vom 18. Juni 2015, ausgefertigt am 12. November 2015, den Antrag ab. Zur Begründung griff er im Wesentlichen die Ausführungen der Beigeladenen zu 1) in deren Stellungnahme auf.
Hiergegen legte die Klägerin am 1. Dezember 2015 Widerspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, C-Stadt habe mit 9.800 Einwohnern aktuell 2,5 Psychotherapeutensitze für Erwachsene, während A-Stadt mit 25.800 Einwohnern nur 2 Psychotherapeutensitze habe. D-Stadt habe mit 51.600 Einwohnern 57 Psychotherapeutensitze, Oberursel habe mit 43.500 Einwohnern 16, Neu-Anspach mit 15.000 Einwohnern 5, Usingen mit 13.300 Einwohnern 5, C-Stadt mit 9.800 Einwohnern 2,5 und Schmitten mit 8.800 Einwohnern 2 Psychotherapeutensitze. Damit sei A-Stadt mit Therapieplätzen für Erwachsene wesentlich geringer versorgt als z.B. Usingen. In Oberursel, D-Stadt und A Stadt seien hunderte von Flüchtlingen aufgenommen worden. Die Therapieplätze für Erwachsene in C-Stadt seien nicht völlig ausgeschöpft. Bei den beiden Kolleginnen bestehe nur eine Auslastung von 80 % bzw. 88 %. Der Praxissitz in C-Stadt sei praktisch nur mit einem PKW oder Taxi zu erreichen. Ihre Praxis in A-Stadt sei verkehrstechnisch wesentlich besser angebunden. Das GKV-VSG sei erst zum 1. August 2015 in Kraft getreten und gelte für sie nicht, da sie den Antrag bereits im Januar 2015 gestellt habe.
Die Beigeladene zu 1) wies in ihrer Stellungnahme vom 7. März 2016 auf eine Entscheidung des LSG Hessen vom 16. Mai 2014 – L 4 KA 25/14 B ER- hin und führte weiter aus, an den in C-Stadt tätigen psychotherapeutischen Versorgungsaufträgen hätten sich nach ihrer letzten Stellungnahme keine Veränderungen ergeben. Eine aktuelle Patientenwohnortanalyse der Klägerin aus dem Quartal III/15 der Praxis in C Stadt verdeutliche, dass 33 % der Patienten aus D-Stadt, 27 % aus A-Stadt, jeweils 10 % aus Oberursel und aus Rosbach stammten. Darüber hinaus kämen einzelne Patienten aus Bad Camberg, Usingen, Rockenberg, Niederdorfelden und Frankfurt. Vergleiche man die Patientenanzahl der Patienten aus dem Vorder- bzw. Hintertaunus, so zeige sich, dass die überwiegende Anzahl der Patienten aus dem Vordertaunus stamme. Hinsichtlich der Verteilung der Psychotherapeuten verweise sie auf ihre vorherige Stellungnahme. Die Abrechnungsanalyse der Vorgängerin der Klägerin verdeutliche zudem, dass diese überwiegend Patienten aus dem Hintertaunus behandelt habe. Auffallend sei, dass die Patienten aus dem Hintertaunus nunmehr anderweitig in eine Therapie hätten aufgenommen werden müssen.
Die Klägerin erwiderte mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 21. März 2016, in der Niederlassungsberatung der Beigeladenen zu 1), die sie vor Sitzübernahme aufgesucht habe, habe man keine Probleme für eine Praxisverlegung gesehen. Sie müsse die Praxisräume in C-Stadt verlassen. Es handele sich um das Privathaus der abgebenden Ärztin. Diese habe ihre ärztliche Tätigkeit mittlerweile gänzlich eingestellt, sodass eine Nutzung von Praxisräumen in diesem Privathaus nicht mehr in Betracht komme. Sie müsse den halben Vertragsarztsitz verlegen. Die Voraussetzungen für die gleichzeitige Genehmigung einer Zweigpraxis lägen nicht vor. Ferner wies sie erneut auf die unter-schiedliche verkehrstechnische Anbindung beider Standorte, die Herkunft ihrer Patienten und die Verteilung der Psychotherapeutensitze hin.
Der Beklagte wies mit Beschluss vom 23. März 2016, ausgefertigt am 25. April 2016 den Widerspruch als unbegründet zurück. Die Klägerin sei Inhaberin von zwei unterschiedlichen vertragspsychotherapeutischen Zulassungen. Beide Zulassungen seien unabhängig voneinander zu betrachten. Bei der Frage, ob die Verlegung eines dieser beiden Sitze möglich sei, sei der jeweils betroffene Sitz für sich zu betrachten. Aus der Stellungnahme der Beigeladenen zu 1) gehe eindeutig hervor, dass im gesamten Bereich des Hochtaunuskreises zwar eine erhebliche Überversorgung bestehe, innerhalb dieses Planungsbereichs aber ein starkes Missverhältnis der Versorgung im südlichen Bereich des Vordertaunus zur Versorgungslage im nördlichen Bereich, dem Hintertaunus festzustellen sei. Eine Verschlechterung der Versorgung trete dann ein, wenn sich der Status quo zum schlechteren hin verändere. Durch die Verlegung des Psychotherapeutensitzes von C-Stadt nach A-Stadt würde eine weitere Konzentration der im Planungsbereich vorhandenen Praxissitze im südlichen Bereich des Planungsbereichs eintreten und damit eine Perpetuierung des bereits vorhandenen Missverhältnisses. Nach der Rechtsprechung des LSG Hessen sei eine solche Verlegung generell nicht genehmigungsfähig. Trotz der von der Klägerin geschilderten verkehrstechnischen Anbindung zeige der Umstand, dass die Praxisvorgängerin der Klägerin überwiegend auch Patienten aus dem Hintertaunus behandelt habe, dass der Sitz einen Beitrag zu der psychotherapeutischen Versorgung im Bereich des Hintertaunus darstelle. Eine Verlegung des Praxissitzes innerhalb C-Stadts könne grundsätzlich genehmigt werden. Ein Abwägungsspielraum komme ihm eben nicht zu. Eine bessere verkehrliche Infrastruktur am neuen Praxisort könne daher nicht als Argument für eine Verlegung dienen, wenn festgestellt werden müsse, dass durch die Verlegung der bestehenden Missverhältnisse der Verteilung von Vertragspsychotherapeutensitzen innerhalb eines Planungsbereiches perpetuiert werde.
Gegen den ihr am 26. April 2016 zugestellten Beschluss hat die Klägerin am 24. Mai 2016 Klage beim Sozialgericht Marburg erhoben. Der Zulassungsausschuss hat mit Beschluss vom 15. September 2016 die Verlegung der Praxis von C-Stadt, F-Straße nach C-Stadt, G-Straße mit Wirkung zum 1. Oktober 2016 genehmigt.
Die Klägerin hat vorgetragen, folge man der Argumentation des Beklagten, würden jeder Sitzverlegung Gründe der vertragsärztlichen Versorgung "entgegenstehen", wenn nicht zugleich ein anderer Leistungserbringer mit gleichem Versorgungsauftrag am gleichen Ort tätig werde. Zur Freiberuflichkeit müsse es auch gehören, dass der einzelne Leistungserbringer z.B. wirtschaftliche Erwägungen anstelle, an welchem Ort genau die Praxis geführt wird bzw. geführt werden solle. Mit dem Wort "entgegenstehen" könne also nur eine Verlegung gemeint sein, die insgesamt im Planungsbereich zu einem Ungleichgewicht führe. Auch im nördlichen Teil komme es nicht zu einer "Unterversorgung" mit der Folge der Prüfung, ob sogar ein Sonderbedarf bestehe. Als psychologische Psychotherapeutin könne sie automatisch auch Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie wahrnehmen, da sie die Fachkunde habe. Sie habe mittlerweile in C-Stadt Räume als Untermieterin angemietet und eine Sitzverlegung beantragt.
Der Beklagte hat vorgetragen, § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV räume den Zulassungsgremien kein Ermessen des Inhalts ein, dass sie eine Abwägung der Vorteile des alten und des neuen intendierten Praxisortes gegeneinander vornehmen dürften. Vielmehr sei die beantragte Genehmigung zwingend zu versagen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung entgegenstünden. Durch die Aufgabe des Praxissitzes sei eine Einbuße in der Versorgungsqualität zu gewärtigen. Die Klägerin könne zwar von ihrem Standort C-Stadt auch Kinder und Jugendliche behandeln, dies gelte jedoch nicht umgekehrt für den Standort A-Stadt, dort könne sie keine Erwachsenen behandeln, da sie im Wege der Sonderbedarfszulassung als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin zugelassen sei. Nach der Pressemitteilung des Bundessozialgerichts bestätige die Entscheidung vom 3. August 2016 - B 6 KA 31/15 R -, dass innerhalb eines insgesamt gut versorgten oder überversorgten Planungsbereichs dann keine Verlegungen statthaft seien, wenn hier-durch das relative Ungleichgewicht der Versorgung innerhalb des Gesamtplanungsbereichs weiter verstärkt werde. Dies wäre gerade vorliegend aber der Fall, wenn dem Begehren der Klägerin gefolgt würde.
Mit Urteil vom 11. Januar 2017 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Ginge man von einer Erledigung des Verwaltungsakts aufgrund des Umzugs der Klägerin mit ihrer Praxis innerhalb C-Stadts aus, dann wäre jedenfalls eine Fortsetzungsfeststellungsklage zulässig, da die Klägerin weiterhin die C-Stadter Praxis nach A-Stadt verlegen wolle. Die Klage sei aber unbegründet. Der angefochtene Beschluss des Beklagten vom 23. März 2016 sei rechtmäßig. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Verlegung des Vertragsarztsitzes von C-Stadt nach A-Stadt oder auf Neubescheidung ihres Widerspruchs unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts. Der Beklagte habe die Versorgungssituation hinreichend konkret und nachvollziehbar dargelegt. Er gehe in nicht zu beanstandender Weise aufgrund der Analyse der Versorgungssituation davon aus, dass bei Verlegung des Vertragsarztsitzes in einem Teilbereich des Planungsbereichs eine Verschlechterung der Versorgung eintreten würde. Der Beklagte habe, aufbauend auf der Stellungnahme der Beigeladenen zu 1), auf die erhebliche ungleiche Verteilung zwischen dem nördlichen und südlichen Teil des Planungsbereichs hingewiesen. Dies korreliere mit der Struktur des Planungsbereichs, dessen südlicher Teil zum großstädtischen Rhein-Main-Gebiet zu rechnen ist, während der nördliche Teil im Gebiet des Taunus liege und eher ländlich geprägt sei. Soweit die Klägerin auf die in fast allen Städten vorliegende Überversorgung hinweise, so treffe dies zu, sei aber in der Verteilung angesichts eines Versorgungsgrads von 323,78 % zu relativieren. Nach der Bedarfsplanungs-Richtlinie werde der Planungsbereich dem Kreistyp 2 mit 7.496 Einwohnern pro Vertragsarztsitz in der Gruppe der Psychotherapeuten zugeordnet. Unter Berücksichtigung des Versorgungsgrads kämen 2.399 Einwohner auf einen Vertragsarztsitz (97,3 Versorgungsverträge auf 233.427 Einwohner) bei einer flächendeckend gleichen Verteilung. Aufgrund der Massierung in D-Stadt, aber auch in Königstein und Kronberg lasse in allen übrigen Gemeinden mit Ausnahme von Usingen eine geringere Versorgungsdichte als im Durchschnitt des Planungsbereichs feststellen. Stelle man auf den südlichen Bereich mit den Gemeinden A-Stadt, D-Stadt, Oberursel, Königstein, Kronberg und Steinbach mit zusammen 169.235 Einwohnern ab, so entfielen hierauf tatsächlich 80,80 Vertragsarztsitze, dürften aber bei gleichmäßiger Verteilung nur 70,54 Vertragsarztsitze entfallen. Stelle man auf den nördlichen Bereich mit den Gemeinden Glashütten, C-Stadt, Neu-Anspach, Schmitten, Usingen, Weilrod und Grävenwiesbach mit zusammen 64.192 Einwohnern ab, so entfielen hierauf tatsächlich nur 16,50 Vertragsarztsitze, müssten aber bei gleichmäßiger Verteilung 26,76 Vertragsarztsitze entfallen. Von daher sei die Einschätzung des Beklagten, im südlichen Bereich des Vordertaunus sei zur Versorgungslage im nördlichen Bereich, dem Hintertaunus, ein starkes Missverhältnis der Versorgung festzustellen, nicht zu beanstanden. Insofern sei auch kein Grund ersichtlich, inwieweit von D-Stadt und auch von Königstein und Kronberg aus nicht eine zusätzliche Versorgung der Gemeinden, insbesondere auch im zu D-Stadt unmittelbar angrenzenden A-Stadt eher möglich sein sollte als für den nördlichen Bereich.
Besondere persönliche Gründe würden von der Klägerin nicht vorgetragen. Im Übrigen habe sie bei Übernahme des hälftigen Vertragsarztsitzes in C-Stadt nicht davon ausgehen können, dass sie den Vertragsarztsitz mit ihrer bisherigen Praxis in ihren Wohnräumen zusammenlegen könne. Entsprechende wirtschaftliche Erwägungen lägen ebenfalls. bereits bei Übernahme des hälftigen Vertragsarztsitzes in C-Stadt auf der Hand.
Das Urteil ist der Klägerin am 17. Januar 2017 zugestellt worden. Mit Beschluss vom 2. Februar 2017 hat das Sozialgericht den Tatbestand des Urteils wegen offensichtlicher Unrichtigkeit berichtigt. Dieser Beschluss ist der Klägerin am 3. Februar 2017 zugestellt worden. Am 30. Januar 2017 hat die Klägerin Berufung beim Sozialgericht Marburg eingelegt.
Zu Begründung trägt sie vor, die Nutzung derselben Praxisräume für die beiden hälftigen Versorgungsaufträge sei wirtschaftlich, sachgerecht und ermögliche ihr eine flexiblere Planung, sie könne sich hinsichtlich der Therapiezeiten besser an den Patientenwünschen ausrichten und müsse nicht hinsichtlich der Sprechzeiten in C-Stadt darauf achten dass dort nur Erwachsene behandelt und in A-Stadt nur Kinder und Jugendliche behandelt werden dürften. Ihre Praxis in A-Stadt sei rollstuhlgerecht. A-Stadt selbst sei mit nur einem vollen Kassenarztsitz nicht überversorgt, die spezielle Situation dort sei anders als im benachbarten D-Stadt. In C-Stadt seien zwei weitere Psychotherapeutinnen tätig, die nicht voll ausgelastet seien. Ihre Praxis in C-Stadt werde ganz überwiegend von Patientinnen und Patienten aufgesucht, die mit dem eigenen Kfz anreisten, für diese sei es unerheblich, ob sie nach C-Stadt oder A-Stadt führen. Ein großer Teil der Kinder und Jugendlichen, die sie behandle, stammten aus C-Stadt; dies zeige, dass auch nicht motorisierte Patienten die Praxis in A-Stadt erreichen könnten. Sie behandle aktuell eine erwachsene Kassenpatientin aus C-Stadt und eine aus Neu-Anspach, weiter Patienten aus Rosbach, Rockenberg, Liederbach, Bad Vilbel, Eschenburg, Niederdorfelden, Eschborn, zwei aus Eschborn, vier aus Frankfurt. Die Mehrzahl stamme aus D-Stadt und A-Stadt. Dazu gehörten auch Patienten, die von der Terminservicestelle der Beigeladenen zu 1) vermittelt würden. Auch nach BMV-Ä reiche es für eine wohnortnahe fachärztliche Versorgung aus, wenn eine Wegdauer von 30 min nicht überschritten werde. Sie habe durch ihre Sitzverlegung von D-Stadt nach A-Stadt zu einer Entzerrung der Ballungssituation beigetragen, durch ihr Begehren entstehe nicht noch eine weitere Diskrepanz der nördlichen und südlichen Kreishälfte. § 98 SGB V enthalte keine Ermächtigungsgrundlage für den Verordnungsgeber was die Bedarfsprüfung bei der Verlegung eines Vertragsarztsitzes innerhalb eines Planungsbereiches angehe. Der Anspruch auf die Zulassung ergebe sich aus § 95 Abs. 1 SGB V. Die Beschränkung der Zulassung erfolge in überversorgten Gebieten erfolge nach Maßgabe einer Bedarfsplanung gemäß §§ 99, 101 SGB V. Die Entscheidung des Beklagten sei eine Berufsausübungsregelung, die einer gesetzlichen Grundlage bedürfe, es komme nur § 98 SGB V in Betracht, nicht aber § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV, so dass eine Rechtsgrundlage für die Ablehnung des Verlegungsantrags nicht besteht (Hinweis auf BVerfG vom 26. September 2016, 1 BvR 1326/15). Ihr stehe grundsätzlich ein Anspruch auf Sitzverlegung innerhalb des Planungsbereichs als Ausdruck ihrer Niederlassungsfreiheit zu. Nicht Aufgabe des Vertragsarztrechts sei es, eine neue Raumordnung herbeizuführen und weiter nördlich gelegen Teile eines Planungsbereichs "besser zu besiedeln". Da nach § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV die Genehmigung nicht im Ermessen des Beklagten stehe, habe sie einen Anspruch auf die Erteilung der Genehmigung. Kennzeichnend für die Freiberuflichkeit psychotherapeutischen Berufsausübung sei, dass sich auch an dem Grundrecht der Freizügigkeit gem. Art. 11 GG teilhabe; dieses Grundrecht könne nur durch Gesetz eingeschränkt werden, die Rechtsgrundlage des § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV rechtfertige nicht die Ablehnung. Ihr Schwiegervater lebe drei Gehminuten von der Praxis in A-Stadt entfernt, sei schwer pflegebedürftig (Pflegegrad 4) und auf ihre kontinuierliche Unterstützung angewiesen. Der Gesundheitszustand habe sich sehr verschlechtert, die Schwiegermutter sei ebenfalls sehr geschwächt, so dass ihr Ehemann seine Erwerbstätigkeit im Dezember 2017 und Januar 2018 auf die Hälfte habe reduzieren müssen. Darüber hinaus habe sie seit Dezember 2017 die Pflegschaft für ihren 16jährigen Neffen übernommen.
Die Klägerin beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Marburg vom 11. Januar 2017 aufzuheben und den Beklagten unter Aufhebung seines Beschlusses vom 23. März 2016 zu verpflichten, sie unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Der Beklagte beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Die Beigeladenen stellen keine Anträge.
Der Beklagte trägt vor, die betriebswirtschaftliche Optimierung des Praxisbetriebs sei im Zusammenhang mit der Genehmigung einer Praxisverlegung kein relevanter Aspekt. Der Normgeber wünsche eine wohnortnahe Versorgung der Versicherten. Unter Einbeziehung von D-Stadt ergebe sich für A-Stadt eine wesentlich bessere psychotherapeutische Versorgung im südlichen Planungsbereich des Hochtaunuskreises als im Bereich der Gemeinde C-Stadt, wo sich durch eine Verlegung des Praxissitzes eine weitere Verschlechterung der Versorgung des nördlichen Teils ergeben würde. Gegenstand der Betrachtung sei nicht der punktuelle Versorgungsgrad in einzelnen Gebietskörperschaften sondern das deutliche Nord/Süd-Gefälle im Planungsbereich. § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV stelle eine Spezialregelung für die Fälle dar, in denen abweichend von der ursprünglichen Zulassung eine Statusänderung des Inhalts angestrebt wird, dass nunmehr ein anderer Sitz angestrebt wird. Bei den nunmehr geltend gemachten persönlichen Gründung (Pflegebedürftigkeit des Schwiegervaters) handele es sich um nachgeschobene Gründe, die außer Betracht bleiben müssten. Die Klägerin habe in Kenntnis des Praxisstandortes C-Stadt eine Nachfolgezulassung beantragt und erhalten. Nach der Rechtsprechung des BSG schließe dies von vornherein aus, eine Praxisverlegung vorzunehmen.
Die Beigeladene zu 1) schließt sich den Ausführungen des Beklagten in dessen Schriftsatz vom 5. April 2017 und 1. Februar 2018 an und hält die erstinstanzliche Entscheidung für richtig. Auf Anforderung des Gerichts hat sie vorgetragen, dass zum Stand 1. Oktober 2017 im Hochtaunuskreis 128 Psychotherapeuten mit insgesamt 95,1 Versorgungsaufträgen kassenärztlich tätig seien. Hierbei handele es sich um 16 Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten, 88 Psychologische Psychotherapeuten, 3 Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie, 14 Psychotherapeutisch tätige Ärzte, 6 Fachärzte für Psychotherapeutische Medizin und eine Psychologische Psychotherapeutin, die ebenfalls als Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeutin tätig ist. Darüber hinaus sein im Hochtaunuskreis - konkret in D-Stadt - zwei Übernahmepraxen, die derzeit nicht besetzt seien und sich in einem Ausschreibungsverfahren befänden, ansässig. Diese füllten jeweils einen hälftigen Versorgungsauftrag aus.
Auf Anfrage des Senats hat die Beigeladene zu 1) weiter vorgetragen, die Abrechnungsvolumina der im Hochtaunuskreis niedergelassenen Psychotherapeuten, gegliedert nach Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten sowie Psychotherapeuten, die im Quartal I/17 tätig waren, und der fiktive gemeindebezogene Versorgungsgrad dargestellt. Auf den Schriftsatz der Beigeladenen zu 1) vom 11. Januar 2018 mit Anlagen (Bl. 137 bis 139 der Gerichtsakte) wird Bezug genommen.
Die Beigeladenen zu 3), 4) und 5) schließen sich den Ausführungen des Beklagten in dessen Schreiben vom 1. Februar 2018 (Bl. 145 -146 der Gerichtsakte) an.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakten verwiesen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Berufung der Klägerin ist begründet.
Die auf die Erteilung der Genehmigung der Praxissitzverlegung gerichtete Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Bescheidungsklage zulässig. Es handelt sich bei der begehrten Genehmigung nicht um eine im Ermessen des Beklagten stehende, sondern vielmehr um eine gebundene Entscheidung (vgl. BSG, Urteil vom 3. August 2016, B 6 KA 31/15 R, juris Rn. 13 ff). Da dem Beklagten allerdings hinsichtlich der Feststellung, ob Gründe der Versorgung der Sitzverlegung entgegenstehen, ein gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbarer Beurteilungsspielraum (BSG, a.a.O. Rn. 21 ff) zusteht, ist das Begehren nur mit einer Bescheidungsklage (§ 54 Abs. 1 Satz 1 2. Alt. i. V. m. § 131 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz - SGG) zu erreichen.
Der Statthaftigkeit der Anfechtungs- und Bescheidungsklage steht auch nicht entgegen, dass der Zulassungsausschuss mit Beschluss vom 15. September 2016 die Verlegung der Praxis innerhalb C-Stadts von der F-Straße in die G-Straße genehmigt hat, weil sich hierdurch der streitgegenständliche Verwaltungsakt des Beklagten (Beschluss vom 23. März 2016) nicht erledigt hat. Nach § 39 Abs. 2 Zehntes Sozialgesetzbuch – Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) bleibt ein Verwaltungsakt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder andere Weise erledigt ist. Erledigung tritt nur ein, wenn von dem betroffenen Verwaltungsakt keinerlei Rechtswirkungen mehr ausgehen. Das ist nicht der Fall, weil das unter dem Genehmigungsvorbehalt des § 27 Abs. 4 Satz 1 Ärzte-ZV stehende Verbot (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 3. August 2016, B 6 KA 31/15 R, juris Rn. 16), den Praxissitz nach A-Stadt zu verlegen, weiter besteht.
Die Klage ist auch begründet, denn der Beschluss des Beklagten vom 23. März 2016 ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten. Sie hat Anspruch auf die Neubescheidung ihres Antrags auf Genehmigung der Verlegung ihres Praxissitzes von C-Stadt, G-Straße nach A-Stadt, E-Straße unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts.
Rechtsgrundlage ist § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV in der seit dem 1. Januar 2012 geltenden Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Versorgungsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Versorgungsstrukturgesetz - GKV-VStG) vom 22. Dezember 2011 (BGBl I 2983). Danach darf der Zulassungsausschuss den Antrag eines Vertragsarztes auf Verlegung seines Vertragsarztsitzes nur genehmigen, wenn Gründe der vertragsärztlichen Versorgung dem nicht entgegenstehen.
§ 27 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV stellt ein präventives Verbot mit Erlaubnisvorbehalt dar. Bei der Verlegung eines Vertragsarztsitzes handelt es sich um ein generell zulässiges, dem grundrechtlichen Schutz der Berufsfreiheit durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG) unterfallendes Verhalten, das lediglich im Hinblick auf übergeordnete schützenswerte Rechtspositionen einer präventiven Kontrolle unterzogen werden soll (Dorra/Stellpflug, MedR 2015, 239, 240). Als von der Berufsfreiheit geschützte Betätigung muss sich bei der Verlegung des Praxissitzes aus dem Gesetz selbst ergeben, unter welchen Voraussetzungen die Genehmigung erteilt bzw. versagt wird (BSG, Urteil vom 3. August 2016, 6 KA 31/15 R, juris Rn. 16f). Als Rechtverordnung stellt § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV keine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Grundlage für den Eingriff in die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Berufsfreiheit dar, sie ist aber von § 98 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), wonach die Zulassungsverordnungen das Nähere über die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung (§ 99) und die Beschränkung von Zulassungen regeln, gedeckt.
§ 98 Abs. 1 SGB V stellt seinerseits nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (Beschluss vom 26. September 2016 – 1 BvR 1326/15 –, Rn. 25, juris) eine den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügende Ermächtigungsgrundlage dar. Hierzu hat das Bundesverfassungsgericht (a.a.O. Rn. 26ff ) ausgeführt:
"Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG verlangt, dass der Gesetzgeber selbst die Entscheidung trifft, dass bestimmte Fragen geregelt werden sollen, er muss die Grenzen einer solchen Regelung festsetzen und angeben, welchem Ziel sie dienen soll (vgl. BVerfGE 2, 307 (334); 19, 354 (361 ff.); 23, 62 (72); BVerfGK 17, 273 (285)). Art. 80 Abs. 1 Satz 2 GG ist verletzt, wenn eine Ermächtigung zum Erlass von Rechtsverordnungen so unbestimmt ist, dass nicht mehr vorausgesehen werden kann, in welchen Fällen und mit welcher Tendenz von ihr Gebrauch gemacht werden wird und welchen Inhalt die aufgrund der Ermächtigung erlassenen Verordnungen haben können (BVerfGE 19, 354 (361 ff.); 23, 62 (72)). Welche Anforderungen an das Ausmaß der erforderlichen Bestimmtheit im Einzelfall zu stellen sind, hängt von der Intensität der Auswirkungen der Regelung für die Betroffenen und von der Eigenart des geregelten Sachverhalts ab, insbesondere auch davon, in welchem Umfang dieser einer genaueren begrifflichen Umschreibung überhaupt zugänglich ist (vgl. BVerfGE 56, 1 (13); 58, 257 (277 f.)). Dabei müssen sich Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung nicht ausdrücklich aus der Ermächtigungsnorm ergeben. Vielmehr hält eine solche auch dann der verfassungsrechtlichen Prüfung am Maßstab der zu Art. 80 Abs. 1 GG entwickelten Rechtsgrundsätze stand, wenn sich die dort geforderte Bestimmtheit durch Auslegung nach den allgemeinen Auslegungsregeln ermitteln lässt. Zur Klärung können daher, wie auch sonst bei der Auslegung einer Vorschrift, der Sinnzusammenhang der Norm mit anderen Bestimmungen und das Ziel, das die gesetzliche Regelung insgesamt verfolgt, berücksichtigt werden. Auch die Entstehungsgeschichte der Norm kann insoweit herangezogen werden (vgl. BVerfGE 55, 207 (226 f.); 58, 257 (277); 76, 130 (142)).
Gemessen daran entspricht § 98 Abs. 1 Satz 1 SGB V den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Der Wortlaut der Vorschrift allein enthält zwar keine hinreichenden Angaben zu Inhalt, Zweck und Ausmaß der Ermächtigung. Eine systematische Betrachtung unter Einbeziehung von § 95 SGB V ergibt allerdings, dass mit "Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung" die in § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V genannten Teilnahmeformen der Zulassung und Ermächtigung gemeint sind. Darüber sollen in den Zulassungsverordnungen weitere Regelungen getroffen werden. Hinreichende Angaben zu Ausmaß und Zweck der durch Verordnung zu treffenden Regelungen lassen sich ebenfalls aus dem Sinnzusammenhang der Vorschrift mit den anderen Normen entnehmen. Der Gesetzgeber hat im Sozialgesetzbuch Fünftes Buch wesentliche Voraussetzungen und Inhalte der Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung sowie der Bedarfsplanung selbst geregelt und damit die Grenzen für die Ermächtigung in § 98 Abs. 1 SGB V definiert. So macht § 95 SGB V umfassende Vorgaben für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung; wesentliche Vorgaben für die Bedarfsplanung ergeben sich aus § 99 SGB V und für die Beschränkung der Zulassungen aus §§ 100, 101, 103 und 104 SGB V. Dem Verordnungsgeber ist daher mit § 98 Abs. 1 SGB V lediglich die nähere Ausgestaltung bezogen auf die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung, die zu ihrer Sicherstellung erforderliche Bedarfsplanung und die Beschränkung von Zulassungen übertragen worden. Der Gesetzgeber hat außerdem dort, wo er noch Regelungsbedarf durch die Zulassungsverordnungen gesehen hat, entsprechende Bestimmungen ausdrücklich angeordnet, etwa in § 95 Abs. 2 Satz 4 SGB V, wonach das Nähere über die Eintragung in das Arztregister die Zulassungsverordnungen regeln. Darüber hinaus macht § 98 Abs. 2 SGB V Vorgaben, welche Inhalte die Zulassungsverordnungen zwingend haben müssen."
§ 24 Abs. 4 Satz 1 Ärzte-ZV bewegt sich im Rahmen der gesetzlichen Ermächtigung, denn die Vorschrift regelt lediglich "das Nähere" über die Teilnahme der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 98 Abs. 1 SGB V: Die Voraussetzungen für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung ist in § 95 Abs. 1 Satz 1 SGB V geregelt und setzt die Zulassung voraus. Diese bewirkt gemäß § 95 Abs. 3 Satz 1 Halbs 2 SGB V, dass der Vertragsarzt "zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung berechtigt und verpflichtet ist." und begründet damit den rechtlichen Status des Vertragsarztes (stRspr, BSG, Urteil vom 28. September 2016 – B 6 KA 1/16 R –, SozR 4-2500 § 95 Nr. 30, Rn. 25; vgl. BSGE 83, 135, 137 = SozR 3-2500 § 95 Nr. 18 S 65; BSG SozR 4-2500 § 75 Nr. 14 Rn. 14; siehe auch BSGE 110, 269 = SozR 4-2500 § 95 Nr. 24, Rn. 36). Wie der Gesetzgeber in § 95 Abs. 1 Satz 5 SGB V geregelt hat, ist die Zulassung an einen konkreten Vertragsarztsitz gekoppelt, denn sie erfolgt danach "für" den Ort der Niederlassung als Arzt (Vertragsarztsitz). Der Ort der Niederlassung begrenzt somit die vertragsärztliche bzw. vertragspsychotherapeutische Tätigkeit des Leistungserbringes in räumlicher Hinsicht (Hannes in: Hauck/Noftz, SGB, 06/17, § 95 SGB V, Rn. 59). Zulassung und Vertragsarztsitz sind rechtlich untrennbar miteinander verbunden (BSGE 86, 121, 124 = SozR 3-5520 § 24 Nr 4 S 18; BSG SozR 4-5520 § 24 Nr. 2 RdNr. 13); der Vertragsarztsitz nimmt in seiner rechtlichen Wirkung an dem Statuscharakter der Zulassung teil (BSG SozR 4-5520 § 24 Nr 2 RdNr 13). Die enge Verknüpfung von Zulassung und Vertragsarztsitz als Ort der Niederlassung des Vertragsarztes ermöglicht erst die Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne der nach § 99 SGB V vorzunehmenden Bedarfsplanung, die vom Gesetzgeber - s. § 98 Abs. 2 Nr. 8 SGB V - für die mittel- und langfristige Sicherstellung der vertragsärztlichen Versorgung für erforderlich gehalten wird. Sie soll allgemein die für eine bedarfsgerechte, d. h. ausreichende Versorgung der Versicherten i. S. d. § 70 Abs. 1 Satz 2 und § 72 Abs. 2 SGB V notwendige Anzahl und Verteilung von Arztsitzen abbilden. Bedarfspläne sind die regionalen Konkretisierungen dieser Planung (Geiger in: Hauck/Noftz, SGB, 10/16, § 99 SGB V, Rn. 5).
Indem § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV die Genehmigung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes allein davon abhängig macht, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung, deren Inhalt der Gesetzgeber im Wesentlichen im SGB V selbst geregelt hat (Beschluss vom 26. September 2016 – 1 BvR 1326/15 –, Rn. 30, juris), dem nicht entgegenstehen, gestaltet die Norm lediglich solche Voraussetzungen für die Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung näher aus, die sich bereits aus den gesetzlichen Regelung selbst ergeben.
Die auf § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV gestützte Versagung der Genehmigung durch den Beklagte im streitgegenständlichen Beschluss ist bereits deshalb rechtswidrig, weil der Beklagte bei der Beurteilung der Frage, ob Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Praxissitzverlegung entgegenstehen, von einem – zwischenzeitlich - unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist. Maßgeblich ist trotz des bestehenden Beurteilungsspielraums dabei – wie grundsätzlich bei Vornahmesachen in Zulassungsangelegenheiten – die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung der letzten Tatsacheninstanz (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG 12. Auflage 2017, § 54 Rn. 31d; BSG, Urteil vom 11. Februar 2015 – B 6 KA 7/14 R –, SozR 4-5540 Anl 9.1 Nr 5, Rn. 40; Urteil vom 2. September 2009 – B 6 KA 34/08 R –, BSGE 104, 116-128, SozR 4-2500 § 101 Nr. 7, Rn. 26).
Gründe der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 27 Abs. 4 Satz 1 Ärzte-ZV sind nach der Rechtsprechung des Senats (Beschluss vom 16. Mai 2014, L 4 KA 25/14 B ER, juris Rn. 36) ebenso wie der des Bundessozialgerichts (st.Rspr., zuletzt BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 19, zitiert nach juris) allein planerische, die Sicherstellung der Patientenversorgung betreffende Umstände. Sie können bei Verlegungswünschen innerhalb eines Planungsbereichs zur Folge haben, dass ein Vertragsarzt seinen Vertragsarztsitz nicht gerade in einen schon gut versorgten Teil des Planungsbereichs verlegt werden darf (Senatsbeschluss vom 16. Mai 2014, L 4 KA 25/14 B ER, juris; BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 19, zitiert nach juris, unter Hinweis auf BSGE 86, 121, 126 = SozR 3-5520 § 24 Nr. 4 S 19; kritisch dazu: Dorra/Stellpflug, MedR 2015, 239, 242). Zu prüfen ist, ob die lokale Versorgung am bisherigen Vertragsarztsitz beeinträchtigt wird; die Versorgungslage am projektierten Sitz ist zu beurteilen und wie sich die Versorgungslage am bisherigen Vertragsarztsitz im Verhältnis zur Versorgungslage am projektierten Sitz darstellt. Bestehen deutliche Unterschiede in der Versorgungslage, wird in der Regel die Verlegung des Sitzes an einen besser versorgten Standort nicht in Betracht kommen. Ein alleiniges Abstellen auf etwaige Versorgungsdefizite am bisherigen Sitz würde dem Interesse der Versichertengemeinschaft an einer regional bedarfsgerechten Versorgung und einer guten Erreichbarkeit von Ärzten und Psychotherapeuten im gesamten Planungsbereich nicht gerecht. Das Ziel einer langfristig flächendeckenden und wirtschaftlichen Versorgung rechtfertigt auch das Bestreben nach einer möglichst gleichmäßigen räumlichen Verteilung der Leistungserbringer innerhalb eines Planungsbereichs (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 19, zitiert nach juris).
Bei der Feststellung, ob Gründe der Versorgung der Sitzverlegung entgegenstehen, steht den Zulassungsgremien ein der gerichtlichen Kontrolle nur eingeschränkt zugänglicher Beurteilungsspielraum zu (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –, SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 19, zitiert nach juris; so auch LSG Niedersachsen-Bremen, MedR 2016, 290; LSG Nordrhein-Westfalen Urteil vom 4.3.2015 - L 11 KA 110/13 - Juris Rn. 33). Den Grund für die Einräumung eines solchen Spielraums ist, dass die ortsnahen fachkundigen Zulassungsinstanzen nur ungefähr entscheiden können, ob und inwieweit die bereits niedergelassenen Ärzte eine qualitativ ausreichende Versorgung gewährleisten, weil zur Beantwortung dieser Frage eine Vielzahl von Faktoren in die Entscheidung einzubeziehen sind. Der Beurteilungsspielraum bezieht sich auf den Umfang der erforderlichen Ermittlungen im Zusammenhang mit der Bewertung, Gewichtung und Abwägung der ermittelten Tatsachen und vor allem bei der schlussfolgernden Bewertung, ob und inwieweit der Versorgungsbedarf bereits durch das Leistungsangebot der zugelassenen Ärzte gedeckt ist oder ob noch ein Versorgungsbedarf besteht (vgl BSG SozR 4-2500 § 116 Nr 3 Rn. 16 mwN; BSGE 99, 145 = SozR 4-2500 § 116 Nr 4, RdNr 27; BSGE 100, 154 = SozR 4-2500 § 87 Nr 16, Rn. 14). Auch bei der Beurteilung, ob Gründe der vertragsärztlichen Versorgung der Verlegung eines Vertragsarztsitzes entgegenstehen, können nur die ortsnahen und fachkundig besetzten Zulassungsgremien unter Auswertung aller für die Versorgungslage maßgeblichen Aspekte - Versorgungsgrad, Zahl und Ausrichtung der Praxen im Umfeld des alten Standortes, Verkehrsverbindungen u. a. - sachgerecht beurteilen, ob von der beabsichtigten Verlegung nachteilige Auswirkungen für die Versorgung der Versicherten zu besorgen sind. Dazu müssen die Zulassungsgremien möglichst genaue Feststellungen zur örtlichen Versorgungslage, zum Angebot umliegender Praxen und zu den Verkehrsverhältnissen machen (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R , SozR 4-5520 § 24 Nr. 13).
Soweit für die Zulassungsgremien ein Beurteilungsspielraum besteht, beschränkt sich die gerichtliche Kontrolle darauf, ob der Verwaltungsentscheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, ob die Grenzen der Auslegung eingehalten und ob die Subsumtionserwägungen so hinreichend in der Begründung der Entscheidung verdeutlicht wurden, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (stRspr, zuletzt BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 24, zitiert nach juris unter Hinweis auf BSGE 102, 21 = SozR 4-2500 § 101 Nr. 3, Rn. 16; BSG SozR 3-2500 § 101 Nr. 1 S. 4 f ; BSG SozR 3-2500 § 116 Nr. 1 S. 4; BSGE 70, 167, 175 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 2 S. 17; BSGE 73, 25, 29 = SozR 3-2500 § 116 Nr. 4 S. 29 und BSG SozR 3-2500 § 97 Nr. 2 S. 6).
Ausgehend von diesen Grundsätzen ist der Beklagte bei seiner Entscheidung von einem – zwischenzeitlich – unzutreffenden Sachverhalt ausgegangen, da die Klägerin nach dem Erlass des streitgegenständlichen Beschlusses – erlaubt durch den Beschluss des Zulassungsausschusses vom 15. September 2016 – zum 1. Oktober 2016 ihren Praxissitz innerhalb C-Stadts verlegt hat. Diese Verlegung des Praxissitzes ist auch erheblich, weil die Zulassungsgremien im Rahmen ihrer vom Beurteilungsspielraum umfassten schlussfolgernden Bewertung, ob Gründe der Versorgung der Sitzverlegung entgegenstehen, auch zu beurteilen haben, wie sich die Versorgungslage am bisherigen Vertragsarztsitz im Verhältnis zur Versorgungslage am projektieren Sitz darstellt (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, zitiert nach juris, Rn. 19). Da der Vertragsarztsitz nach § 24 Abs. 1 Ärzte-ZV an den Ort der Niederlassung gebunden ist und hierunter der konkrete Ort zu verstehen ist, wie er durch die konkrete Praxisanschrift gekennzeichnet ist (Ladurner, Ärzte-ZV/Zahnärzte-ZV, § 24 Ärzte-ZV Rn. 3; stRspr. z.B. BSG, Urteil vom 16. Dezember 2015, B 6 KA 34/14 R, Rn. 27), ist mithin auf den aktuellen konkreten Ort der Niederlassung abzustellen. Dass die Praxissitzverlegung innerhalb C-Stadts, also innerhalb derselben kommunalen Gebietskörperschaft stattgefunden hat, führt daher zu keinem anderen Ergebnis. Hierfür spricht auch schon, dass der Umzug von einem Ortsteil (C-Stadt-X-Stadt) in einen anderen Ortsteil (C-Stadt) der Gemeinde C-Stadt erfolgte, die in einer anderen Entfernung vom projektierten Praxissitz in A-Stadt liegen und vor allem auch eine unterschiedliche Verkehrsinfrastruktur aufweisen, da C-Stadt-X-Stadt im Unterschied zu C-Stadt nicht an eine Bahnlinie (Taunusbahn) angeschlossen ist, sondern mit öffentlichen Verkehrsmitteln nur mit dem Bus erreichbar ist.
Darüber hinaus hat der Beklagte den dem streitgegenständlichen Beschluss zugrunde liegenden Sachverhalt nur unzureichend ermittelt. Wie sich aus dem Urteil des BSG vom BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr 13, zitiert nach juris, Rn. 23) ergibt, gehören zu den die Beurteilung der Versorgungslage maßgeblichen Aspekten, die die ortsnahen und fachkundig besetzten Zulassungsgremien im Rahmen des ihnen zugebilligten Beurteilungsspielraums auszuwerten haben, neben Versorgungsgrad, Zahl und Ausrichtung der Praxen im Umfeld des alten Standortes u. a. auch die Verkehrsverbindungen, zu denen sie möglichst genaue Feststellungen zu treffen haben, um sachgerecht beurteilen zu können, ob sich durch die beabsichtigte Verlegung nachteilige Auswirkungen für die Versorgung der Versicherten ergeben. Solche detaillierten Feststellungen lassen sich der streitgegenständlichen Entscheidung nicht entnehmen. Da auch die Versorgungslage am projektierten Praxissitz in die Betrachtung einzubeziehen ist (BSG a.a.O, Rn. 19), fehlt es auch an den diesbezüglichen Ermittlungen der Verkehrsanbindungen auch für den begehrten Praxissitz in A-Stadt. Die Verkehrsanbindung ist aber für die Beurteilung der regional bedarfsgerechten Versorgung der Versichertengemeinschaft mit einer guten Erreichbarkeit von Ärzten und Psychotherapeuten im gesamten Planungsbereich erheblich, wobei allerdings eine gute Verkehrsanbindung nicht geeignet ist, die Bedeutung von Ungleichgewichten im Versorgungsgrad zu relativieren, weshalb insoweit auf den Einzugsbereich des betroffenen Praxisstandortes abzustellen ist (vgl. BSG a. a. O. Rn. 32).
Der Beschluss des Beklagten war daher aufzuheben und der Beklagte zur Neubescheidung des Antrags der Klägerin zu verpflichten.
Kommt der Beklagte im Rahmen der vorzunehmenden Neubescheidung zu dem Ergebnis, dass Gründe der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne von § 24 Abs. 7 Satz 1 Ärzte-ZV vorliegen, die der beantragten Praxissitzverlegung "entgegen" vorliegen, führt dies nach der neueren Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr.13, Rn. 25) dazu, dass in einem weiteren Prüfungsschritt die Gründe der Klägerin für den Verlegungswunsch zu betrachten sind. Die Belange, die der Arzt/Psychotherapeut für seinen Verlegungswunsch anführt, können ausnahmsweise solches Gewicht haben, dass im Ergebnis die versorgungsbezogenen Gründe zurückstehen müssen. Soweit im Einzelfall Versorgungsgesichtspunkte mit grundrechtlich geschützten Belangen kollidieren, ist daher eine Abwägung der widerstreitenden Interessen vorzunehmen, wobei der Gesetzgeber die Wertung dergestalt vorgegeben hat, dass Gesichtspunkte der vertragsärztlichen Versorgung grundsätzlich vorrangig sind. Soweit Versorgungsgesichtspunkte gegen eine Verlegung sprechen, haben im Regelfall die individuellen Gründe für die Verlegung zurückzutreten. Daraus folgt, dass entgegenstehende Gründe der vertragsärztlichen Versorgung nur durch schwerwiegende Gründe für die Verlegung überspielt werden können. Das kann etwa der Fall sein, wenn ein Arzt krankheitsbedingt seine Tätigkeit am bisherigen Standort nicht mehr fortsetzen kann oder nach Verlust der Praxisräume im Nahbereich keine geeigneten Räume zur Verfügung stehen. Welche persönlichen Belange des Arztes im Rahmen des § 24 Abs. 7 Ärzte-ZV überhaupt relevant sein können und ob ihnen ein solches Gewicht zukommt, dass ausnahmsweise die festgestellten Versorgungsgesichtspunkte zurückzutreten haben, ist dabei von den Gerichten in vollem Umfang überprüfbar. Das gilt sowohl für die Feststellung der maßgeblichen persönlichen Umstände als auch für die Gewichtung der ermittelten versorgungsrelevanten Tatsachen einerseits und der persönlichen Belange des Arztes andererseits (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 25).
Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze wird der Beklagten im Rahmen der vorzunehmenden Neubescheidung eine Interessenabwägung vorzunehmen haben.
Hierbei sind nach höchstrichterlicher Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 3. August 2016 B 6 KA 31/15 R – SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 34, zitiert nach juris) nicht berücksichtigungsfähig alle Gesichtspunkte, die bereits vor der Niederlassung am alten Praxisstandort in C-Stadt bekannt waren. Hierzu gehören die im Verfahren von der Klägerin geltend gemachten Nachteile in der Praxisorganisation und Terminvergabe, die sich daraus ergeben, dass die Klägerin mit jeweils hälftigem Versorgungsauftrag an zwei Praxisstandorten tätig ist, ebenso wie sich hieraus ergebende nachteilige wirtschaftliche Aspekte und der persönliche Aufwand, der etwa durch Fahrzeiten zwischen den Praxissitzen entsteht.
Weiterhin wird bei der Interessenabwägung zu beachten sein, dass es sich bei der Zulassung der Klägerin in C-Stadt zum 1. Juli 2015 um eine Nachfolgezulassung handelt, für die im Interesse der Kontinuität des Praxisbetriebs sowie im Interesse der Eindämmung eines Zulassungshandeln sich der Fortführungswille des übernehmenden Arztes – zunächst unabhängig von einer möglichen Sitzverlegung – regelmäßig auf einen Zeitraum von fünf Jahren beziehen muss (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2013 – B 6 KA 49/12 R –, BSGE 115, 57, Rn. 57), weshalb bei der gleichwohl möglichen Praxissitzverlegung gesteigerte Anforderungen an die geltend gemachten Gründe zu stellen sind (vgl. BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 35, zitiert nach juris).
Das legitime Interesse, in größtmöglicher Nähe zum Wohnort die vertragsärztliche Tätigkeit auszuüben, hat nach höchstrichterlicher Rechtsprechung gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer regional gleichmäßigen Versorgung nur eine untergeordnete Bedeutung (BSG, Urteil vom 3. August 2016 – B 6 KA 31/15 R –,SozR 4-5520 § 24 Nr. 13, Rn. 35, zitiert nach juris). Demgegenüber sind die geltend gemachte Pflegebedürftigkeit des Schwiegervaters der Klägerin geeignet, einen gewichtigen, bei der Interessenabwägung zu berücksichtigenden persönlichen Grund darzustellen; dafür wäre es aber erforderlich – was der Beklagte im Rahmen der Neubescheidung zu ermitteln haben wird - , dass die Klägerin die Pflegeperson ihres Schwiegervaters ist und der Umfang der von ihr notwendig geleisteten Pflege dazu führt, dass ohne die begehrte Praxisverlegung die vertragsärztliche Tätigkeit und die Pflegetätigkeit schlechthin nicht miteinander zu vereinbaren sind. Ähnlich verhält es sich mit der Pflegschaft, die die Klägerin nach ihren Angaben für ihren 16jährigen Neffen übernommen hat und die dem Grunde nach geeignet ist, in die Interessenabwägung einzufließen. Auch hier wird festzustellen sein, inwieweit die vertragsärztlichen Tätigkeit der Klägerin – nicht als solche sondern - spezifisch am Praxissitz C-Stadt einer Vereinbarkeit mit den besonderen aus dem Pflegschaftsverhältnis sich ergebenden – und von der Klägerin auch substantiiert darzulegenden – Umständen entgegenstehen.
Die Kostengrundentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
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