Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 4 U 1481/15
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 1 U 4790/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2016 wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines zweiten Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X die Anerkennung und Entschädigung von Unfallfolgen im Streit.
Der 1950 geborene Kläger befand sich in den Jahren 1987 bis September 1998 regelmäßig in ärztlicher Behandlung wegen Depressionen, Erschöpfungszuständen, psychosomatischen Beschwerden, Verstimmungszuständen und Neurosen. Zuletzt befand sich der Kläger in der Zeit von 30.09.1998 bis 07.10.1998 wegen einer depressiv-hypochondrischen Entwicklung bei unreifer Persönlichkeit in stationärer psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik A.-Klinik.
Am 12.06.2001 erlitt er im Rahmen seiner Beschäftigung als Lkw-Fahrer für die Firma xxx Internationale Transporte einen weiteren Unfall. Der Kläger übersah im Raum G. auf der Autobahn einen auf der rechten Fahrspur stehenden Baustellensicherungsanhänger und fuhr auf diesen auf. Der Sicherungsanhänger fing Feuer, welches von der Feuerwehr gelöscht wurde. Am Lkw des Klägers entstand nur Sachschaden. Der Kläger räumte gegenüber der Polizei ein, den Unfall durch verspätetes Reagieren verursacht zu haben. Ob und in welchem Umfang der Kläger auch nach diesem Unfall weiter als Lkw-Fahrer tätig war, ist zwischen den Beteiligten umstritten.
Erstmalig erfuhr die Beklagte durch eine AU-Bescheinigung des Dr. B. vom 06.08.2001 von diesem Unfall.
Die Beklagte zog sodann medizinische Unterlagen (u.a. Befundbericht Neurologe B. vom 27.06.2002 und nervenärztlicher Befundbericht Dr. H. vom 16.10.2002) bei, in denen eine angstneurotische Entwicklung nach einem Verkehrsunfall (Dr. H.) bzw. eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS; Neurologe B.) diagnostiziert worden war. Im Auftrag der Beklagten erstattete der Arzt für Neurologie/Psychiatrie Dr. O. am 18.08.2003 ein nervenärztliches Gutachten, in dem er zunächst die Auffassung vertrat, dass eine PTBS sowie eine mittelschwere depressive Episode vorlägen und wahrscheinlich durch den Arbeitsunfall verursacht worden und mit einer MdE von 40 v.H. zu würdigen seien. In diesem Gutachten führte Dr. O. aus, der Kläger habe ihm berichtet, er sei (vor dem Unfall) weder psychisch krank, noch jemals in Behandlung gewesen.
Im Hinblick auf die in den Akten bereits vor dem Unfall dokumentierten psychischen Erkrankungen, bat die Beklagte Dr. O. um eine ergänzende Stellungnahme. Dr. O. führte hieraufhin am 01.03.2004 nach Auswertung der Unterlagen über die Vorerkrankungen aus, der Kläger habe bei der Begutachtung im August 2003 ihm gegenüber angegeben, keine belangvollen psychischen Vorerkrankungen zu haben. Es müsse angenommen werden, dass es sich bei den falschen Angaben des Klägers um einen Täuschungsversuch handle, mit dem Ziel von der Beklagten eine Versorgung zu erlangen. Angesichts der später bekannt gewordenen umfangreichen Vorgeschichte, sei die MdE für die aufgrund des Unfalls vom 12.06.2001 verursachten Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung mit weniger als 10 v. H. zu bemessen. Die vorbestehenden auch jetzt noch vorhandenen psychischen Gesundheitsstörungen seien gegenüber dieser Diagnose wesentlich schwerwiegender.
Mit Bescheid vom 25.06.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente (als Folge des Unfalls vom 12.06.2001) mit der Begründung ab, dass der Unfall keine MdE in rentenberechtigendem Grad über die 26. Woche hinaus hinterlassen habe.
Auf einen hiergegen eingelegten Widerspruch holte die Beklagte u.a. ein weiteres Gutachten von Dr. O. ein. Der Gutachter Dr. O. führte in seinem weiteren Gutachten vom 21.02.2005 aus, der Kläger leide an einer gravierenden Anpassungsstörung, wobei es sich um ein wechselnd schwer ausgeprägtes chronifiziertes depressives Syndrom handele. Die zusätzlich angegebenen Symptome, welche Elemente einer posttraumatischen Belastungsstörung sein könnten, hätten für sich genommen keine zusätzliche leistungseinschränkende Wirkung. Die Depressivität sei mit Wahrscheinlichkeit schon prätraumatisch mehrfach rezidivierend vorhanden gewesen. Es sei davon auszugehen, dass unfallbedingte Gesundheitsstörungen über den 17.08.2001 hinaus nicht vorlägen. Die vorhandenen Elemente einer posttraumatischen Belastungsstörung seien im Rahmen der unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen auf psychischem Gebiet vorhandene Verarbeitungssymptome des Unfalles. Diesen komme keine zusätzlich leistungsmindernde Bedeutung zu. Die tatsächlich vorhandene Leistungseinschränkung sei durch eine unfallunabhängige Gesundheitsstörung bedingt. Der Unfall selbst trage dazu in einem Umfang von maximal weniger als 10 v. H. bei.
Mit Schreiben vom 27.03.2006 nahm der Kläger seinen damaligen Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.06.2004 zurück, so dass diese Entscheidung bestandskräftig wurde.
Am 09.07.2007 stellte der Kläger einen ersten Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Im Rahmen dieses Überprüfungsverfahrens machte der Kläger erstmals geltend, dass er zwischen 1984 und 1985 (später wird auch das Jahr 1983 genannt) als Lkw-Fahrer bei der Spedition Gottfried Meier, einen weiteren Lkw-Unfall erlitten habe, bei dem der Lkw umkippte, jedoch kein Personenschaden entstanden sei.
Mit Bescheid vom 27.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2008 lehnte die Beklagte den Antrag gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme der ablehnenden Entscheidung vom 25.06.2004 ab. Die anschließende beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage mit dem Aktenzeichen S 4 U 884/08 wies das SG mit Urteil vom 25.03.2009 als unbegründet ab. Zur Begründung führte das SG im Wesentlichen aus, Streitgegenstand des Verfahrens sei alleine der Lkw-Unfall vom 12.06.2001, da hinsichtlich früherer Unfälle selbständige Streitgegenstände vorlägen, über die getrennt zu entscheiden sei. Das SG stützte seine Entscheidung maßgeblich auf die letzten Äußerungen des Dr. O., welche nach Bekanntwerden der Vorerkrankungsgeschichte des Klägers erfolgten. Die falschen Angaben des Klägers gegenüber dem Gutachter sprächen gegen seine Glaubwürdigkeit. Gegen eine PTBS spreche insbesondere, dass der Kläger nach dem Unfall einen anderen Lkw als Fahrer übernommen und auch danach noch bis zum 03.08.2001 für seinen Arbeitgeber als Lkw-Fahrer tätig gewesen sei.
Mit Beschluss vom 21.12.2009 wies der erkennende Senat die hiergegen eingelegte Berufung (L 1 U 2137/09) als unbegründet zurück, wobei es sich der sachlichen und rechtlichen Beurteilung durch das SG anschloss. Insbesondere die Tatsache, dass der Kläger unmittelbar nach dem Unfall vom 12.06.2001 und dann noch weitere ca. sechs Wochen lang als Lkw-Fahrer gearbeitet habe, spreche gegen ein für eine PTBS ausreichendes Trauma.
Das Bundessozialgericht (BSG) verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 23.03.2010 (B 2 U 32/10 B) als unzulässig.
Am 11.12.2013 beantragte der Kläger erneut nach § 44 SGB X die Überprüfung der Ablehnung einer Verletztenrente aufgrund des Unfalls vom 12.06.2001. Zeitlich nach der Entscheidung des BSG seien neue ärztliche Befunde erhoben worden, welche einen direkten Zusammenhang seiner inzwischen chronischen Erkrankung an einer PTBS mit weiteren Folgestörungen mit dem Unfall vom 12.06.2001 belegten. Mit dem Antrag legte der Kläger verschiedene Arzt- und Entlassberichte vor, denen jeweils die Diagnose PTBS entnommen werden kann. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. J. vertrat mit Stellungnahme vom 19.09.2013 die Auffassung, dass entgegen den Ausführungen des Gutachters Dr. O. von einer PTBS auszugehen sei, weil diese in zahlreichen weiteren Befundberichten zeitnah festgestellt worden sei
Mit Bescheid vom 12.05.2014 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 25.06.2004 gemäß § 44 SGB X ab, da keine entscheidungserheblichen neuen Gesichtspunkte ersichtlich seien. Die infolge des Unfalls vom 12.06.2001 erlittenen Verletzungen seien folgenlos ausgeheilt.
Einen hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 zurück, da der gutachterlichen Beurteilung des Dr. O. aus dem Jahre 2005 weiter zu folgen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 06.05.2015 erneut Klage beim SG (S 4 U 1481/15) erhoben. Zur Begründung hat er durch seinen Prozessbevollmächtigten vorgetragen, eine unfallbedingte PTBS sei mehrfach von Fachärzten bestätigt worden. Der diesbezügliche Meinungswechsel von Dr. O. beruhe darauf, dass dieser offensichtlich beleidigt sei, weil er meine, von dem Kläger bezüglich seiner Vorerkrankungen belogen worden zu sein. Tatsächlich habe jedoch lediglich ein sprachliches Missverständnis zwischen dem Kläger und dem Gutachter vorgelegen. Der Kläger habe bis heute massive Probleme, sich zu verständigen und andere zu verstehen. Die aktuell fortbestehenden psychischen Unfallfolgen rechtfertigten eine Unfallrente und könnten von den behandelnden Ärzten bestätigt werden. Der Kläger hat am 14.08.2015 eine umfangreiche Schilderung seiner Sicht des Unfalls vorgelegt und darin insbesondere vorgetragen, entgegen der Darstellung des Dr. O. (und des SG) sei er nach dem Unfall nicht selbst weitergefahren und habe nach dem Unfall nie mehr als Fahrer arbeiten können. Er sei von seinem Arbeitgeber nur noch für kurze Zeit auf dem Hof für Hilfsarbeiten eingesetzt worden.
Das SG hat von Amts wegen den Neurologen und Psychiater Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 21.12.2015 ausgeführt, der Kläger habe angegeben, seit dem Unfall keinen "LKW oder ein anderes Fahrzeug" mehr geführt zu haben. Er sei noch einige Wochen (nach dem Unfall) zu Hilfs- und Putzarbeiten im Hof beschäftigt gewesen. Dr. W. diagnostizierte eine chronifizierte ängstlich depressive Symptomatik und eine PTBS. Die PTBS sei mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise durch das Unfallereignis am 12.06.2001 verursacht worden. Die chronische depressive Symptomatik sei vorbestehend und durch das Unfallereignis nicht wesentlich verschlimmert worden. Als Unfallfolgen sei die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung vollständig und umfassend.
Die Beklagte hat hiergegen mit Schreiben vom 19.01.2016 Einwendungen erhoben und u.a. gerügt, der Gutachter habe sich nicht ausreichend mit den Vorgutachten des Dr. O. auseinandergesetzt. Dr. W. begründe seine Auffassung im Übrigen praktisch ausschließlich mit dem vom Kläger vorgetragenen Vermeidungsverhalten. Aus der Verhandlungsniederschrift des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 09.09.2011, welcher sich die Ausstellung von Spesenquittungen für Zeiten nach dem Unfall entnehmen lasse, folge, dass der Kläger auch noch nach dem Unfall für seinen Arbeitgeber Lkw gefahren sei.
Dr. W. hat in einer ergänzenden Stellungnahme am 05.02.2016 ausgeführt, wenn die Beklagte wegen irgendwelchen "ominösen Spesenquittungen" schlussfolgere, dass der Kläger weiter als Lkw-Fahrer gearbeitet habe, sei dies doch sehr spekulativ. Er habe keinerlei Anlass an den Angaben des Klägers zu zweifeln, dass dieser nicht mehr als Fahrer tätig gewesen sei, sondern nur einmal noch als Beifahrer tätig gewesen sei und im Übrigen Putz- und Hilfsarbeiten auf dem Hof verrichtet habe.
Der Kläger hat eine Stellungnahme der behandelnden Dipl. Psychologin G.-B. vom 12.03.2016 vorgelegt, in der diese sich der Beurteilung durch Dr. W. anschließt.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 05.07.2016 ausführlich den Sachverhalt aus seiner Sicht geschildert. In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 29.11.2016 hat das SG den früheren Arbeitgeber des Klägers, M. T., uneidlich als Zeugen vernommen. Wegen der Details der Angaben des Klägers und des Zeugen wird jeweils auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Mit Urteil vom 29.11.2016 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung u.a. auf die schlüssigen Äußerungen des Dr. O. und deren Würdigung in den rechtskräftigen Urteilen des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.03.2009 (S 4 U 884/08) und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.12.2009 (L 1 U 2137/09) gestützt.
Hiergegen richtet sich die vorliegend vom Kläger eingelegte Berufung. Das Urteil des SG sei u.a. fehlerhaft, weil es aus nicht nachvollziehbaren Gründen dem Gutachten des Dr. W. nicht folge, sondern der Stellungnahme des Dr. O., obwohl dieser zunächst eine posttraumatische Belastungsstörung bestätigt und erst später dann eine Kehrtwendung vorgenommen habe. Das SG hätte, wenn schon Zweifel bestünden, ein weiteres Gutachten zur Klärung der zwischen den Gutachten bestehenden Widersprüche einholen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, beim Kläger unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 25.06.2004 und 27.08.2007 (letzterer) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2008 die psychische Erkrankung des Klägers als Folge des Unfalls vom 12.06.2001 anzuerkennen und deswegen Verletztenrente im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und hält im Übrigen an ihrer Entscheidung fest.
Der Senat hat zur weiteren Sachverhaltsaufklärung Prof. Dr. Sch. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 20.09.2018 hat Prof. Dr. Sch. ausgeführt, beim Kläger sei eine rezidivierende depressive Störung, nicht näher bezeichnet zu diagnostizieren, die allerdings nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung als unfallbedingt zu beurteilen sei. Eine PTBS im Sinne der ICD 10 Kategorie F43.1 sei hingegen nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu diagnostizieren. Auch eine andauernde Persönlichkeitsänderung könne auf Basis eines wissenschaftlichen Klassifikationssystems nicht bestätigt werden. Es seien keine psychischen Gesundheitsstörungen im Vollbeweis gesichert, die zumindest mit Wahrscheinlichkeit vom Schädigungsereignis verursacht worden seien.
Mit Schreiben vom 16.11.2018, welche dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.11.2018 zuging, hat der Senat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der Deutschen Rentenversicherung B. S. (Kopien des SG) und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Nach § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – in Ausübung seines richterlichen Ermessens die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Den Beteiligten wurde im Vorfeld der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Sache weist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten auf, darüber hinaus haben sich im Berufungsverfahren wesentliche neue Tatsachen nicht ergeben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft, nachdem Berufungsausschließungsgründe (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) nicht eingreifen.
Die Berufung ist allerdings nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Soweit der Kläger auch eine Rücknahme der vorausgegangenen Überprüfungsbescheides vom 27.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2008 beantragt, ist zunächst anzumerken, dass hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, nachdem die Beklagte mit dem ebenfalls angegriffenen Überprüfungsbescheid vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2015 eine neue, eigenständige anfechtbare Überprüfungsentscheidung getroffen hat, geht der Antrag auf Prüfung der vorausgegangenen Überprüfungsentscheidung ins Leere. Unabhängig davon, welche Auffassung zu möglichen Anforderungen an den Überprüfungsantrag vertreten wird, kann die Zurückweisung des Antrags selbstverständlich (auch bei wiederholten Anträgen) zum Gegenstand eines Widerspruchs- und eines Klageverfahrens gemacht werden (Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 44 SGB X, Rn. 138), so dass für die Aufhebung eines vorausgegangenen negativ beschiedenen Antrags nach § 44 SGB X kein Bedürfnis besteht. Im Übrigen ist die Klage als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 22/13 R –, BSGE 115, 126-131, SozR 4-1300 § 44 Nr. 28).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 25.06.2004, mit dem eine Verletztenrente als Folge des Arbeitsunfalls vom 12.06.2001 abgelehnt wurde. Der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Abänderung des Bescheids vom 25.06.2004 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung (§ 77 SGG) eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG, Urteil vom 04.02.1998 - B 9 V 16/96 R = SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSG, Urteil vom 28.01.1981 - 9 RV 29/80 = BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 5; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss die Verwaltung in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSG, Urteil vom 25.09.2006 - B 2 U 24/05 R = BSGE 97, 54 = juris, RdNr. 12 m.w.N.). § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X führt zwei Alternativen an, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kommt es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel an, woran sich ggf. ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer Tatsachen oder Erkenntnisse – Prüfung derselben, insbesondere ob sie erheblich sind – Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat – neue Entscheidung) anschließt (BSG, Urteil vom 25.09.2006, a.a.O., RdNr. 13). Bei der ersten Alternative handelt es sich demgegenüber um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen zu erfolgen hat.
Die Voraussetzungen für eine Korrektur der angegriffenen Entscheidung der Beklagten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind nicht erfüllt. Anhaltspunkte für eine unrichtige Rechtsanwendung oder für einen neuen Sachverhalt liegen nicht vor.
Wie der Senat bereits im vorausgegangen Verfahren nach § 44 SGB X im Beschluss vom 21.12.2009 (L 1 U 2137/09) ausgeführt hat, sind Prüfungsgegenstand allein die Folgen des Unfalls vom 12.06.2001. Der Senat nimmt zunächst auf seine damaligen Ausführungen Bezug. Soweit der Kläger einen weiteren Unfall in den 80er Jahren angegeben hat, kann dahinstehen, ob der Nachweis dieses Unfalls erbracht wurde, da sich der Überprüfungsantrag allein auf den Bescheid vom 25.06.2004 bezieht, mit dem die Beklagte ausschließlich über den Unfall vom 12.06.2001 entschieden hat. Der Prüfungsgegenstand eines Antrags gemäß § 44 SGB X kann nicht weiter sein, als der Gegenstand des zu überprüfenden Bescheides.
Der Kläger hat in Folge des am 12.06.2001 erlittenen Arbeitsunfalls keinen Anspruch auf Verletztenrente. Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte wegen nachgewiesener Gesundheitsschäden, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsfall ist, Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld, § 45 SGB VII, und Rente, § 56 SGB VII). Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Bei dem Ereignis vom 12.06.2001 hat es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt. Das steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Beim Kläger sind infolge dieses Arbeitsunfalls jedoch keinerlei gesundheitliche Schäden in rentenberechtigendem Ausmaß verblieben. Dies ergibt sich für den Senat aus dem umfassenden und überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. Sch ...
Das Vorliegen eines Gesundheitserstschadens bzw. eines Gesundheitsfolgeschadens (Unfallfolgen) muss im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen. Dagegen genügt für den Nachweis der (wesentlichen) Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserst- bzw -folgeschaden die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings nur die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R -, juris, Rn 16). Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheits(erst)schaden sowie für die Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Gesundheitsschäden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Als rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden sowie auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten. Gesichtspunkte für die Beurteilung sind neben der versicherten Ursache als solcher, einschließlich Art und Ausmaß der Einwirkung, u a die konkurrierende Ursache (nach Art und Ausmaß), der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte.
Nach diesen Grundsätzen lässt sich kein dauerhafter Gesundheitsschaden feststellen, der auf den Arbeitsunfall vom 12.06.2001 zurückzuführen ist. Zwar leidet der Kläger nachweisbar an einer nicht näher bezeichneten rezidivierenden depressiven Störung, die allerdings – worauf Prof. Dr. Sch. nachvollziehbar hingewiesen hat – nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung als unfallbedingt zu beurteilen ist. Hiermit korrespondiert im Übrigen stimmig, dass der Kläger bereits Jahre vor dem hier streitigen Unfallereignis vom 12.06.2001 wegen Depressionen, Erschöpfungszuständen, psychosomatischen Beschwerden, Verstimmungszuständen und Neurosen in ärztlicher Behandlung war.
Soweit der Kläger seinen Rentenanspruch mit einer unfallbedingten PTBS begründet, lässt sich bereits nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen, dass er überhaupt an einer solchen Erkrankung leidet. Vielmehr wurde diese Diagnose mit nachvollziehbarer und überzeugender Begründung von Prof. Dr. Sch. ausgeschlossen. Auch eine andauernde Persönlichkeitsänderung konnte Prof. Dr. Sch. auf Basis eines wissenschaftlichen Klassifikationssystems nicht bestätigen. Der Senat folgt der Beurteilung des Prof. Dr. Sch., dass vorliegend keine psychischen Gesundheitsstörungen im Vollbeweis gesichert sind, die zumindest mit Wahrscheinlichkeit vom Schädigungsereignis verursacht wurden.
Mit Blick auf die teils abweichenden Beurteilungen der behandelnden Ärzte hat Prof. Dr. Sch. für den Senat überzeugend ausgeführt, dass im therapeutischen Kontext – beim dort herrschenden Zeitdruck – eine differenzierte Überprüfung operationalisierter Diagnosekriterien unter Einbeziehung multipler umfangreicher Vorbefunde rein praktisch regelmäßig nicht möglich ist und der Gutachter im Gegensatz zum Therapeuten eine kritische Distanz zu wahren hat.
Soweit der vom SG beauftragte Gutachter Dr. W. ebenfalls zu einem anderen Ergebnis gekommen ist und eine unfallbedingte PTBS angenommen hat, überzeugen dessen Ausführungen nicht. Die von Dr. W. sowie von verschiedenen behandelnden Ärzten des Klägers gestellte Diagnose einer PTBS ist nicht beweiskräftig belegt. Die Diagnose einer PTBS ist nach den hierzu heranzuziehenden Diagnosesystemen der ICD-10 oder DSM-IV (Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahr 1994) oder der jetzigen revidierten Fassung DSM-5 (zu dem Erfordernis einer Diagnosestellung nach einem anerkannten Diagnosesystem, vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196-209, SozR 4-2700, § 8 Nr. 17; juris, Rn 22 f) nicht im Vollbeweis gesichert. Nach ICD-10 (F 43.1) wird für die Diagnose einer PTBS eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, gefordert. Nach DSM-IV und DSM-5 müssen neben dem Traumakriterium (dem sog A-Kriterium) auf den nächsten Stufen (dem B- und C-Kriterium) bestimmte Symptome vorliegen, so beim B-Kriterium das Vorhandensein eines oder mehrerer der folgenden Symptome des Wiedererlebens (Intrusionen), die auf das oder die traumatische Ereignisse bezogen sind und die nach dem oder den traumatischen Ereignissen aufgetreten sind; u.a. wiederkehrende, unwillkürlich sich aufdrängende belastende Erinnerungen, wiederkehrende, belastende Träume, dissoziative Reaktionen wie Flashbacks, usw. Hinzu kommt für das C-Kriterium z.B. eine anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem oder den traumatischen Ereignissen verbunden sind und die nach dem oder den traumatischen Ereignissen begannen. Überzeugende Feststellungen im Rahmen der Diagnosesysteme ergeben sich aus den von Dr. W. in seinem Gutachten erhobenen Befunden nicht. Dr. W. hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorgeschichte "wegen zum Teil sehr widersprüchlicher Aussagen des Klägers nicht zur Gänze zu erhellen" ist. Soweit er dann jedoch ohne kritische Auseinandersetzungen mit diesen Widersprüchen annimmt, den "wiederholten Beteuerungen" des Klägers, dieser habe nach dem Unfallereignis "nie mehr am Steuer eines LKW gesessen", sei "Glauben zu schenken", um dann auf dieser Basis eine unfallbedingte PTBS zu bejahen, vermag sich der Senat der insgesamt sehr knapp gehaltenen Begründung des Dr. W. nicht anzuschließen. Der Senat folgt vielmehr den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. Sch., der insbesondere darauf hingewiesen hat, dass sich beim Kläger multiple Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen psychometrischer Selbstbeurteilungsverfahren einerseits und dem erkennbaren klinischen Bild andererseits fanden. Gleichsam berichtete Prof. Dr. Sch. über vielfältige Diskrepanzen zwischen aktuellen eigenen Angaben des Klägers einerseits und aktenkundigen Informationen andererseits. Hinsichtlich der streitigen PTBS erläuterter Prof. Dr. Sch., dass Teilsymptome der PTBS sich auch bei alltäglichen Lebensereignissen finden lassen und daher unspezifisch sind, was von den abweichenden ärztlichen Meinungsäußerungen gerade nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Mit Blick auf die vielen Diskrepanzen bei der Unfallschilderung durch den Kläger hat Prof. Dr. Sch. zudem überzeugend herausgearbeitet, dass weder eine mit der erforderlichen Sicherheit nachvollziehbare intersubjektive Katastrophenhaftigkeit des Unfallgeschehens, noch eine tatsächliche tiefgreifende seelische Erschütterung im Unfallkontext im Sinne des Traumakriteriums (sog A-Kriterium) einer PTBS nachweisbar ist. Mit Blick auf das B- oder Wiedererlebenskriterium hat Prof. Dr. Sch. als Ergebnis seiner Begutachtung festgehalten, dass die Selbstbeschreibungen des Klägers nicht mit dem dabei gezeigten klinischen Bild kompatibel war, so dass auf Befundebene eine Flashback-Symptomatik nicht zu sichern war. Vielmehr hat Prof. Dr. Sch. darauf hingewiesen, dass die vom Kläger gewählten Selbstbeschreibungen als typisch für unauthentische Beschwerdeangaben vermeintlicher psychoreaktiver Störungen gelten. Mit Blick auf das C-oder Vermeidungskriterium hat Prof. Dr. Sch. schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass eine mangelnde Konsistenz der klägerischen Angaben sowie ein ausgedehnter allgemeiner Authentizitätsmangel im Antwortverhalten allgemein festzustellen war, so dass sich der Senat auch nicht vom Vorliegen dieses Kriterium überzeugen konnte. Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die Kritik von Prof. Dr. Sch. am Gutachten des Dr. W., welches strukturelle und inhaltliche Defizite aufweist und insbesondere Beschwerdeangaben mit Befundfeststellungen vermengt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Gründe:
Zwischen den Beteiligten ist im Rahmen eines zweiten Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X die Anerkennung und Entschädigung von Unfallfolgen im Streit.
Der 1950 geborene Kläger befand sich in den Jahren 1987 bis September 1998 regelmäßig in ärztlicher Behandlung wegen Depressionen, Erschöpfungszuständen, psychosomatischen Beschwerden, Verstimmungszuständen und Neurosen. Zuletzt befand sich der Kläger in der Zeit von 30.09.1998 bis 07.10.1998 wegen einer depressiv-hypochondrischen Entwicklung bei unreifer Persönlichkeit in stationärer psychiatrisch-psychotherapeutischer Behandlung in der Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik A.-Klinik.
Am 12.06.2001 erlitt er im Rahmen seiner Beschäftigung als Lkw-Fahrer für die Firma xxx Internationale Transporte einen weiteren Unfall. Der Kläger übersah im Raum G. auf der Autobahn einen auf der rechten Fahrspur stehenden Baustellensicherungsanhänger und fuhr auf diesen auf. Der Sicherungsanhänger fing Feuer, welches von der Feuerwehr gelöscht wurde. Am Lkw des Klägers entstand nur Sachschaden. Der Kläger räumte gegenüber der Polizei ein, den Unfall durch verspätetes Reagieren verursacht zu haben. Ob und in welchem Umfang der Kläger auch nach diesem Unfall weiter als Lkw-Fahrer tätig war, ist zwischen den Beteiligten umstritten.
Erstmalig erfuhr die Beklagte durch eine AU-Bescheinigung des Dr. B. vom 06.08.2001 von diesem Unfall.
Die Beklagte zog sodann medizinische Unterlagen (u.a. Befundbericht Neurologe B. vom 27.06.2002 und nervenärztlicher Befundbericht Dr. H. vom 16.10.2002) bei, in denen eine angstneurotische Entwicklung nach einem Verkehrsunfall (Dr. H.) bzw. eine Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS; Neurologe B.) diagnostiziert worden war. Im Auftrag der Beklagten erstattete der Arzt für Neurologie/Psychiatrie Dr. O. am 18.08.2003 ein nervenärztliches Gutachten, in dem er zunächst die Auffassung vertrat, dass eine PTBS sowie eine mittelschwere depressive Episode vorlägen und wahrscheinlich durch den Arbeitsunfall verursacht worden und mit einer MdE von 40 v.H. zu würdigen seien. In diesem Gutachten führte Dr. O. aus, der Kläger habe ihm berichtet, er sei (vor dem Unfall) weder psychisch krank, noch jemals in Behandlung gewesen.
Im Hinblick auf die in den Akten bereits vor dem Unfall dokumentierten psychischen Erkrankungen, bat die Beklagte Dr. O. um eine ergänzende Stellungnahme. Dr. O. führte hieraufhin am 01.03.2004 nach Auswertung der Unterlagen über die Vorerkrankungen aus, der Kläger habe bei der Begutachtung im August 2003 ihm gegenüber angegeben, keine belangvollen psychischen Vorerkrankungen zu haben. Es müsse angenommen werden, dass es sich bei den falschen Angaben des Klägers um einen Täuschungsversuch handle, mit dem Ziel von der Beklagten eine Versorgung zu erlangen. Angesichts der später bekannt gewordenen umfangreichen Vorgeschichte, sei die MdE für die aufgrund des Unfalls vom 12.06.2001 verursachten Symptome der posttraumatischen Belastungsstörung mit weniger als 10 v. H. zu bemessen. Die vorbestehenden auch jetzt noch vorhandenen psychischen Gesundheitsstörungen seien gegenüber dieser Diagnose wesentlich schwerwiegender.
Mit Bescheid vom 25.06.2004 lehnte die Beklagte die Gewährung einer Rente (als Folge des Unfalls vom 12.06.2001) mit der Begründung ab, dass der Unfall keine MdE in rentenberechtigendem Grad über die 26. Woche hinaus hinterlassen habe.
Auf einen hiergegen eingelegten Widerspruch holte die Beklagte u.a. ein weiteres Gutachten von Dr. O. ein. Der Gutachter Dr. O. führte in seinem weiteren Gutachten vom 21.02.2005 aus, der Kläger leide an einer gravierenden Anpassungsstörung, wobei es sich um ein wechselnd schwer ausgeprägtes chronifiziertes depressives Syndrom handele. Die zusätzlich angegebenen Symptome, welche Elemente einer posttraumatischen Belastungsstörung sein könnten, hätten für sich genommen keine zusätzliche leistungseinschränkende Wirkung. Die Depressivität sei mit Wahrscheinlichkeit schon prätraumatisch mehrfach rezidivierend vorhanden gewesen. Es sei davon auszugehen, dass unfallbedingte Gesundheitsstörungen über den 17.08.2001 hinaus nicht vorlägen. Die vorhandenen Elemente einer posttraumatischen Belastungsstörung seien im Rahmen der unfallunabhängigen Gesundheitsstörungen auf psychischem Gebiet vorhandene Verarbeitungssymptome des Unfalles. Diesen komme keine zusätzlich leistungsmindernde Bedeutung zu. Die tatsächlich vorhandene Leistungseinschränkung sei durch eine unfallunabhängige Gesundheitsstörung bedingt. Der Unfall selbst trage dazu in einem Umfang von maximal weniger als 10 v. H. bei.
Mit Schreiben vom 27.03.2006 nahm der Kläger seinen damaligen Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.06.2004 zurück, so dass diese Entscheidung bestandskräftig wurde.
Am 09.07.2007 stellte der Kläger einen ersten Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X. Im Rahmen dieses Überprüfungsverfahrens machte der Kläger erstmals geltend, dass er zwischen 1984 und 1985 (später wird auch das Jahr 1983 genannt) als Lkw-Fahrer bei der Spedition Gottfried Meier, einen weiteren Lkw-Unfall erlitten habe, bei dem der Lkw umkippte, jedoch kein Personenschaden entstanden sei.
Mit Bescheid vom 27.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2008 lehnte die Beklagte den Antrag gemäß § 44 SGB X auf Rücknahme der ablehnenden Entscheidung vom 25.06.2004 ab. Die anschließende beim Sozialgericht Karlsruhe (SG) erhobene Klage mit dem Aktenzeichen S 4 U 884/08 wies das SG mit Urteil vom 25.03.2009 als unbegründet ab. Zur Begründung führte das SG im Wesentlichen aus, Streitgegenstand des Verfahrens sei alleine der Lkw-Unfall vom 12.06.2001, da hinsichtlich früherer Unfälle selbständige Streitgegenstände vorlägen, über die getrennt zu entscheiden sei. Das SG stützte seine Entscheidung maßgeblich auf die letzten Äußerungen des Dr. O., welche nach Bekanntwerden der Vorerkrankungsgeschichte des Klägers erfolgten. Die falschen Angaben des Klägers gegenüber dem Gutachter sprächen gegen seine Glaubwürdigkeit. Gegen eine PTBS spreche insbesondere, dass der Kläger nach dem Unfall einen anderen Lkw als Fahrer übernommen und auch danach noch bis zum 03.08.2001 für seinen Arbeitgeber als Lkw-Fahrer tätig gewesen sei.
Mit Beschluss vom 21.12.2009 wies der erkennende Senat die hiergegen eingelegte Berufung (L 1 U 2137/09) als unbegründet zurück, wobei es sich der sachlichen und rechtlichen Beurteilung durch das SG anschloss. Insbesondere die Tatsache, dass der Kläger unmittelbar nach dem Unfall vom 12.06.2001 und dann noch weitere ca. sechs Wochen lang als Lkw-Fahrer gearbeitet habe, spreche gegen ein für eine PTBS ausreichendes Trauma.
Das Bundessozialgericht (BSG) verwarf die Nichtzulassungsbeschwerde des Klägers mit Beschluss vom 23.03.2010 (B 2 U 32/10 B) als unzulässig.
Am 11.12.2013 beantragte der Kläger erneut nach § 44 SGB X die Überprüfung der Ablehnung einer Verletztenrente aufgrund des Unfalls vom 12.06.2001. Zeitlich nach der Entscheidung des BSG seien neue ärztliche Befunde erhoben worden, welche einen direkten Zusammenhang seiner inzwischen chronischen Erkrankung an einer PTBS mit weiteren Folgestörungen mit dem Unfall vom 12.06.2001 belegten. Mit dem Antrag legte der Kläger verschiedene Arzt- und Entlassberichte vor, denen jeweils die Diagnose PTBS entnommen werden kann. Der Psychiater und Psychotherapeut Dr. J. vertrat mit Stellungnahme vom 19.09.2013 die Auffassung, dass entgegen den Ausführungen des Gutachters Dr. O. von einer PTBS auszugehen sei, weil diese in zahlreichen weiteren Befundberichten zeitnah festgestellt worden sei
Mit Bescheid vom 12.05.2014 lehnte die Beklagte die Rücknahme des Bescheides vom 25.06.2004 gemäß § 44 SGB X ab, da keine entscheidungserheblichen neuen Gesichtspunkte ersichtlich seien. Die infolge des Unfalls vom 12.06.2001 erlittenen Verletzungen seien folgenlos ausgeheilt.
Einen hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2015 zurück, da der gutachterlichen Beurteilung des Dr. O. aus dem Jahre 2005 weiter zu folgen sei.
Hiergegen hat der Kläger am 06.05.2015 erneut Klage beim SG (S 4 U 1481/15) erhoben. Zur Begründung hat er durch seinen Prozessbevollmächtigten vorgetragen, eine unfallbedingte PTBS sei mehrfach von Fachärzten bestätigt worden. Der diesbezügliche Meinungswechsel von Dr. O. beruhe darauf, dass dieser offensichtlich beleidigt sei, weil er meine, von dem Kläger bezüglich seiner Vorerkrankungen belogen worden zu sein. Tatsächlich habe jedoch lediglich ein sprachliches Missverständnis zwischen dem Kläger und dem Gutachter vorgelegen. Der Kläger habe bis heute massive Probleme, sich zu verständigen und andere zu verstehen. Die aktuell fortbestehenden psychischen Unfallfolgen rechtfertigten eine Unfallrente und könnten von den behandelnden Ärzten bestätigt werden. Der Kläger hat am 14.08.2015 eine umfangreiche Schilderung seiner Sicht des Unfalls vorgelegt und darin insbesondere vorgetragen, entgegen der Darstellung des Dr. O. (und des SG) sei er nach dem Unfall nicht selbst weitergefahren und habe nach dem Unfall nie mehr als Fahrer arbeiten können. Er sei von seinem Arbeitgeber nur noch für kurze Zeit auf dem Hof für Hilfsarbeiten eingesetzt worden.
Das SG hat von Amts wegen den Neurologen und Psychiater Dr. W. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Dieser hat in seinem Gutachten vom 21.12.2015 ausgeführt, der Kläger habe angegeben, seit dem Unfall keinen "LKW oder ein anderes Fahrzeug" mehr geführt zu haben. Er sei noch einige Wochen (nach dem Unfall) zu Hilfs- und Putzarbeiten im Hof beschäftigt gewesen. Dr. W. diagnostizierte eine chronifizierte ängstlich depressive Symptomatik und eine PTBS. Die PTBS sei mit Wahrscheinlichkeit in wesentlicher Weise durch das Unfallereignis am 12.06.2001 verursacht worden. Die chronische depressive Symptomatik sei vorbestehend und durch das Unfallereignis nicht wesentlich verschlimmert worden. Als Unfallfolgen sei die Diagnose einer posttraumatischen Belastungsstörung vollständig und umfassend.
Die Beklagte hat hiergegen mit Schreiben vom 19.01.2016 Einwendungen erhoben und u.a. gerügt, der Gutachter habe sich nicht ausreichend mit den Vorgutachten des Dr. O. auseinandergesetzt. Dr. W. begründe seine Auffassung im Übrigen praktisch ausschließlich mit dem vom Kläger vorgetragenen Vermeidungsverhalten. Aus der Verhandlungsniederschrift des Arbeitsgerichts Karlsruhe vom 09.09.2011, welcher sich die Ausstellung von Spesenquittungen für Zeiten nach dem Unfall entnehmen lasse, folge, dass der Kläger auch noch nach dem Unfall für seinen Arbeitgeber Lkw gefahren sei.
Dr. W. hat in einer ergänzenden Stellungnahme am 05.02.2016 ausgeführt, wenn die Beklagte wegen irgendwelchen "ominösen Spesenquittungen" schlussfolgere, dass der Kläger weiter als Lkw-Fahrer gearbeitet habe, sei dies doch sehr spekulativ. Er habe keinerlei Anlass an den Angaben des Klägers zu zweifeln, dass dieser nicht mehr als Fahrer tätig gewesen sei, sondern nur einmal noch als Beifahrer tätig gewesen sei und im Übrigen Putz- und Hilfsarbeiten auf dem Hof verrichtet habe.
Der Kläger hat eine Stellungnahme der behandelnden Dipl. Psychologin G.-B. vom 12.03.2016 vorgelegt, in der diese sich der Beurteilung durch Dr. W. anschließt.
Der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung vor dem SG vom 05.07.2016 ausführlich den Sachverhalt aus seiner Sicht geschildert. In der weiteren mündlichen Verhandlung vom 29.11.2016 hat das SG den früheren Arbeitgeber des Klägers, M. T., uneidlich als Zeugen vernommen. Wegen der Details der Angaben des Klägers und des Zeugen wird jeweils auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.
Mit Urteil vom 29.11.2016 hat das SG die Klage abgewiesen und sich zur Begründung u.a. auf die schlüssigen Äußerungen des Dr. O. und deren Würdigung in den rechtskräftigen Urteilen des Sozialgerichts Karlsruhe vom 25.03.2009 (S 4 U 884/08) und des Landessozialgerichts Baden-Württemberg vom 21.12.2009 (L 1 U 2137/09) gestützt.
Hiergegen richtet sich die vorliegend vom Kläger eingelegte Berufung. Das Urteil des SG sei u.a. fehlerhaft, weil es aus nicht nachvollziehbaren Gründen dem Gutachten des Dr. W. nicht folge, sondern der Stellungnahme des Dr. O., obwohl dieser zunächst eine posttraumatische Belastungsstörung bestätigt und erst später dann eine Kehrtwendung vorgenommen habe. Das SG hätte, wenn schon Zweifel bestünden, ein weiteres Gutachten zur Klärung der zwischen den Gutachten bestehenden Widersprüche einholen müssen.
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Karlsruhe vom 29.11.2016 sowie den Bescheid der Beklagten vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, beim Kläger unter Aufhebung der Ablehnungsbescheide vom 25.06.2004 und 27.08.2007 (letzterer) in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2008 die psychische Erkrankung des Klägers als Folge des Unfalls vom 12.06.2001 anzuerkennen und deswegen Verletztenrente im gesetzlichen Umfang zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Sie erachtet das erstinstanzliche Urteil für zutreffend und hält im Übrigen an ihrer Entscheidung fest.
Der Senat hat zur weiteren Sachverhaltsaufklärung Prof. Dr. Sch. mit der Erstellung eines nervenärztlichen Gutachtens beauftragt. In seinem Gutachten vom 20.09.2018 hat Prof. Dr. Sch. ausgeführt, beim Kläger sei eine rezidivierende depressive Störung, nicht näher bezeichnet zu diagnostizieren, die allerdings nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung als unfallbedingt zu beurteilen sei. Eine PTBS im Sinne der ICD 10 Kategorie F43.1 sei hingegen nicht mit der erforderlichen Sicherheit zu diagnostizieren. Auch eine andauernde Persönlichkeitsänderung könne auf Basis eines wissenschaftlichen Klassifikationssystems nicht bestätigt werden. Es seien keine psychischen Gesundheitsstörungen im Vollbeweis gesichert, die zumindest mit Wahrscheinlichkeit vom Schädigungsereignis verursacht worden seien.
Mit Schreiben vom 16.11.2018, welche dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 20.11.2018 zuging, hat der Senat die Beteiligten zu einer Entscheidung durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 SGG angehört.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, der Deutschen Rentenversicherung B. S. (Kopien des SG) und die Prozessakten erster und zweiter Instanz Bezug genommen.
II.
Nach § 153 Abs. 4 SGG kann der Senat – nach vorheriger Anhörung der Beteiligten – in Ausübung seines richterlichen Ermessens die Berufung durch Beschluss zurückweisen, wenn er sie einstimmig für unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält. Diese Voraussetzungen sind hier erfüllt. Im vorliegenden Fall sind die Berufsrichter des Senats einstimmig zu dem Ergebnis gekommen, dass die Berufung unbegründet und eine mündliche Verhandlung nicht erforderlich ist. Den Beteiligten wurde im Vorfeld der Entscheidung Gelegenheit zur Äußerung gegeben. Die Sache weist in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht keine besonderen Schwierigkeiten auf, darüber hinaus haben sich im Berufungsverfahren wesentliche neue Tatsachen nicht ergeben.
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig; insbesondere ist sie statthaft, nachdem Berufungsausschließungsgründe (vgl. §§ 143, 144 Abs. 1 Nr. 1 SGG) nicht eingreifen.
Die Berufung ist allerdings nicht begründet. Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen. Soweit der Kläger auch eine Rücknahme der vorausgegangenen Überprüfungsbescheides vom 27.08.2007 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 01.02.2008 beantragt, ist zunächst anzumerken, dass hierfür kein Rechtsschutzbedürfnis besteht, nachdem die Beklagte mit dem ebenfalls angegriffenen Überprüfungsbescheid vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2015 eine neue, eigenständige anfechtbare Überprüfungsentscheidung getroffen hat, geht der Antrag auf Prüfung der vorausgegangenen Überprüfungsentscheidung ins Leere. Unabhängig davon, welche Auffassung zu möglichen Anforderungen an den Überprüfungsantrag vertreten wird, kann die Zurückweisung des Antrags selbstverständlich (auch bei wiederholten Anträgen) zum Gegenstand eines Widerspruchs- und eines Klageverfahrens gemacht werden (Baumeister in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB X, 2. Aufl. 2017, § 44 SGB X, Rn. 138), so dass für die Aufhebung eines vorausgegangenen negativ beschiedenen Antrags nach § 44 SGB X kein Bedürfnis besteht. Im Übrigen ist die Klage als kombinierte Anfechtungs-, Verpflichtungs- und Leistungsklage zulässig (vgl. BSG, Urteil vom 13.02.2014 – B 4 AS 22/13 R –, BSGE 115, 126-131, SozR 4-1300 § 44 Nr. 28).
Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rücknahme des Bescheides vom 25.06.2004, mit dem eine Verletztenrente als Folge des Arbeitsunfalls vom 12.06.2001 abgelehnt wurde. Der Bescheid der Beklagten vom 12.05.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.04.2015 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers auf Abänderung des Bescheids vom 25.06.2004 ist § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Hiernach ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, soweit sich im Einzelfall ergibt, dass bei Erlass des Verwaltungsaktes das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und soweit deshalb Sozialleistungen zu Unrecht nicht erbracht oder Beiträge zu Unrecht erhoben worden sind. Ziel des § 44 SGB X ist es, die Konfliktsituation zwischen der Bindungswirkung (§ 77 SGG) eines rechtswidrigen Verwaltungsaktes und der materiellen Gerechtigkeit zu Gunsten letzterer aufzulösen (BSG, Urteil vom 04.02.1998 - B 9 V 16/96 R = SozR 3-1300 § 44 Nr. 24). Ist ein Verwaltungsakt rechtswidrig, hat der betroffene Bürger einen einklagbaren Anspruch auf Rücknahme des Verwaltungsaktes unabhängig davon, ob der Verwaltungsakt durch ein rechtskräftiges Urteil bestätigt wurde (BSG, Urteil vom 28.01.1981 - 9 RV 29/80 = BSGE 51, 139, 141 = SozR 3900 § 40 Nr. 5; BSG SozR 2200 § 1268 Nr. 29). Entsprechend dem Umfang des Vorbringens des Versicherten muss die Verwaltung in eine erneute Prüfung eintreten und den Antragsteller bescheiden (BSG, Urteil vom 25.09.2006 - B 2 U 24/05 R = BSGE 97, 54 = juris, RdNr. 12 m.w.N.). § 44 Abs.1 Satz 1 SGB X führt zwei Alternativen an, weswegen ein Verwaltungsakt zurückzunehmen sein kann: Das Recht kann unrichtig angewandt oder es kann von einem Sachverhalt ausgegangen worden sein, der sich als unrichtig erweist. Nur für die zweite Alternative kommt es auf die Benennung neuer Tatsachen und Beweismittel an, woran sich ggf. ein abgestuftes Prüfungsverfahren (Vorlage neuer Tatsachen oder Erkenntnisse – Prüfung derselben, insbesondere ob sie erheblich sind – Prüfung, ob Rücknahme zu erfolgen hat – neue Entscheidung) anschließt (BSG, Urteil vom 25.09.2006, a.a.O., RdNr. 13). Bei der ersten Alternative handelt es sich demgegenüber um eine rein juristische Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung, zu der von Seiten des Klägers zwar Gesichtspunkte beigesteuert werden können, die aber letztlich umfassend von Amts wegen zu erfolgen hat.
Die Voraussetzungen für eine Korrektur der angegriffenen Entscheidung der Beklagten nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind nicht erfüllt. Anhaltspunkte für eine unrichtige Rechtsanwendung oder für einen neuen Sachverhalt liegen nicht vor.
Wie der Senat bereits im vorausgegangen Verfahren nach § 44 SGB X im Beschluss vom 21.12.2009 (L 1 U 2137/09) ausgeführt hat, sind Prüfungsgegenstand allein die Folgen des Unfalls vom 12.06.2001. Der Senat nimmt zunächst auf seine damaligen Ausführungen Bezug. Soweit der Kläger einen weiteren Unfall in den 80er Jahren angegeben hat, kann dahinstehen, ob der Nachweis dieses Unfalls erbracht wurde, da sich der Überprüfungsantrag allein auf den Bescheid vom 25.06.2004 bezieht, mit dem die Beklagte ausschließlich über den Unfall vom 12.06.2001 entschieden hat. Der Prüfungsgegenstand eines Antrags gemäß § 44 SGB X kann nicht weiter sein, als der Gegenstand des zu überprüfenden Bescheides.
Der Kläger hat in Folge des am 12.06.2001 erlittenen Arbeitsunfalls keinen Anspruch auf Verletztenrente. Nach § 26 Abs. 1 SGB VII haben Versicherte wegen nachgewiesener Gesundheitsschäden, deren wesentliche Ursache mit überwiegender Wahrscheinlichkeit ein Versicherungsfall ist, Anspruch auf Entschädigungsleistungen u. a. in Form von Heilbehandlung (§ 27 SGB VII) oder Geldleistungen (Verletztengeld, § 45 SGB VII, und Rente, § 56 SGB VII). Nach § 56 Abs. 1 SGB VII erhalten Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit infolge eines Versicherungsfalls über die 26. Woche nach dem Versicherungsfall hinaus um wenigstens 20 v.H. gemindert ist, eine Rente. Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten (§ 7 Abs. 1 SGB VII). Ist die Erwerbsfähigkeit infolge mehrerer Versicherungsfälle gemindert und erreichen die Vomhundertsätze zusammen wenigstens die Zahl 20, besteht für jeden, auch für einen früheren Versicherungsfall, Anspruch auf Rente; die Folgen eines Versicherungsfalls sind nur zu berücksichtigen, wenn sie die Erwerbsfähigkeit um wenigstens 10 v.H. mindern, § 56 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB VII.
Versicherungsfälle sind nach § 7 Abs. 1 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Arbeitsunfälle sind Unfälle von Versicherten infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3, 6 SGB VII begründenden Tätigkeit (versicherte Tätigkeit; § 8 Abs. 1 Satz 1 SGB VII). Bei dem Ereignis vom 12.06.2001 hat es sich um einen Arbeitsunfall gehandelt. Das steht zwischen den Beteiligten auch nicht im Streit. Beim Kläger sind infolge dieses Arbeitsunfalls jedoch keinerlei gesundheitliche Schäden in rentenberechtigendem Ausmaß verblieben. Dies ergibt sich für den Senat aus dem umfassenden und überzeugenden Gutachten des Prof. Dr. Sch ...
Das Vorliegen eines Gesundheitserstschadens bzw. eines Gesundheitsfolgeschadens (Unfallfolgen) muss im Wege des Vollbeweises, also mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit, für das Gericht feststehen. Dagegen genügt für den Nachweis der (wesentlichen) Ursachenzusammenhänge zwischen dem Unfallereignis und dem Gesundheitserst- bzw -folgeschaden die (hinreichende) Wahrscheinlichkeit, nicht allerdings nur die bloße Möglichkeit (BSG, Urteil vom 02.04.2009 - B 2 U 29/07 R -, juris, Rn 16). Für die erforderliche Kausalität zwischen Unfallereignis und Gesundheits(erst)schaden sowie für die Kausalität zwischen Gesundheits(erst)schaden und weiteren Gesundheitsschäden gilt die Theorie der wesentlichen Bedingung. Als rechtserheblich werden nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. Welche Ursache wesentlich ist, muss aus der Auffassung des praktischen Lebens über die besondere Beziehung der Ursache zum Eintritt des Erfolgs abgeleitet werden sowie auf Basis des aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstandes über die Möglichkeit von Ursachenzusammenhängen zwischen bestimmten Ereignissen und der Entstehung bestimmter Krankheiten. Gesichtspunkte für die Beurteilung sind neben der versicherten Ursache als solcher, einschließlich Art und Ausmaß der Einwirkung, u a die konkurrierende Ursache (nach Art und Ausmaß), der zeitliche Ablauf des Geschehens, das Verhalten des Verletzten nach dem Unfall, Befunde und Diagnosen des erstbehandelnden Arztes sowie die gesamte Krankengeschichte.
Nach diesen Grundsätzen lässt sich kein dauerhafter Gesundheitsschaden feststellen, der auf den Arbeitsunfall vom 12.06.2001 zurückzuführen ist. Zwar leidet der Kläger nachweisbar an einer nicht näher bezeichneten rezidivierenden depressiven Störung, die allerdings – worauf Prof. Dr. Sch. nachvollziehbar hingewiesen hat – nicht mit Wahrscheinlichkeit im Sinne der Entstehung oder Verschlimmerung als unfallbedingt zu beurteilen ist. Hiermit korrespondiert im Übrigen stimmig, dass der Kläger bereits Jahre vor dem hier streitigen Unfallereignis vom 12.06.2001 wegen Depressionen, Erschöpfungszuständen, psychosomatischen Beschwerden, Verstimmungszuständen und Neurosen in ärztlicher Behandlung war.
Soweit der Kläger seinen Rentenanspruch mit einer unfallbedingten PTBS begründet, lässt sich bereits nicht mit ausreichender Sicherheit feststellen, dass er überhaupt an einer solchen Erkrankung leidet. Vielmehr wurde diese Diagnose mit nachvollziehbarer und überzeugender Begründung von Prof. Dr. Sch. ausgeschlossen. Auch eine andauernde Persönlichkeitsänderung konnte Prof. Dr. Sch. auf Basis eines wissenschaftlichen Klassifikationssystems nicht bestätigen. Der Senat folgt der Beurteilung des Prof. Dr. Sch., dass vorliegend keine psychischen Gesundheitsstörungen im Vollbeweis gesichert sind, die zumindest mit Wahrscheinlichkeit vom Schädigungsereignis verursacht wurden.
Mit Blick auf die teils abweichenden Beurteilungen der behandelnden Ärzte hat Prof. Dr. Sch. für den Senat überzeugend ausgeführt, dass im therapeutischen Kontext – beim dort herrschenden Zeitdruck – eine differenzierte Überprüfung operationalisierter Diagnosekriterien unter Einbeziehung multipler umfangreicher Vorbefunde rein praktisch regelmäßig nicht möglich ist und der Gutachter im Gegensatz zum Therapeuten eine kritische Distanz zu wahren hat.
Soweit der vom SG beauftragte Gutachter Dr. W. ebenfalls zu einem anderen Ergebnis gekommen ist und eine unfallbedingte PTBS angenommen hat, überzeugen dessen Ausführungen nicht. Die von Dr. W. sowie von verschiedenen behandelnden Ärzten des Klägers gestellte Diagnose einer PTBS ist nicht beweiskräftig belegt. Die Diagnose einer PTBS ist nach den hierzu heranzuziehenden Diagnosesystemen der ICD-10 oder DSM-IV (Diagnostisches und statistisches Manual psychischer Störungen der Amerikanischen Psychiatrischen Vereinigung aus dem Jahr 1994) oder der jetzigen revidierten Fassung DSM-5 (zu dem Erfordernis einer Diagnosestellung nach einem anerkannten Diagnosesystem, vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R -, BSGE 96, 196-209, SozR 4-2700, § 8 Nr. 17; juris, Rn 22 f) nicht im Vollbeweis gesichert. Nach ICD-10 (F 43.1) wird für die Diagnose einer PTBS eine verzögerte oder protrahierte Reaktion auf ein belastendes Ereignis oder eine Situation kürzerer oder längerer Dauer, mit außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophenartigem Ausmaß, die fast bei jedem eine tiefe Verzweiflung hervorrufen würde, gefordert. Nach DSM-IV und DSM-5 müssen neben dem Traumakriterium (dem sog A-Kriterium) auf den nächsten Stufen (dem B- und C-Kriterium) bestimmte Symptome vorliegen, so beim B-Kriterium das Vorhandensein eines oder mehrerer der folgenden Symptome des Wiedererlebens (Intrusionen), die auf das oder die traumatische Ereignisse bezogen sind und die nach dem oder den traumatischen Ereignissen aufgetreten sind; u.a. wiederkehrende, unwillkürlich sich aufdrängende belastende Erinnerungen, wiederkehrende, belastende Träume, dissoziative Reaktionen wie Flashbacks, usw. Hinzu kommt für das C-Kriterium z.B. eine anhaltende Vermeidung von Reizen, die mit dem oder den traumatischen Ereignissen verbunden sind und die nach dem oder den traumatischen Ereignissen begannen. Überzeugende Feststellungen im Rahmen der Diagnosesysteme ergeben sich aus den von Dr. W. in seinem Gutachten erhobenen Befunden nicht. Dr. W. hat zunächst zutreffend darauf hingewiesen, dass die Vorgeschichte "wegen zum Teil sehr widersprüchlicher Aussagen des Klägers nicht zur Gänze zu erhellen" ist. Soweit er dann jedoch ohne kritische Auseinandersetzungen mit diesen Widersprüchen annimmt, den "wiederholten Beteuerungen" des Klägers, dieser habe nach dem Unfallereignis "nie mehr am Steuer eines LKW gesessen", sei "Glauben zu schenken", um dann auf dieser Basis eine unfallbedingte PTBS zu bejahen, vermag sich der Senat der insgesamt sehr knapp gehaltenen Begründung des Dr. W. nicht anzuschließen. Der Senat folgt vielmehr den überzeugenden Ausführungen des Prof. Dr. Sch., der insbesondere darauf hingewiesen hat, dass sich beim Kläger multiple Diskrepanzen zwischen den Ergebnissen psychometrischer Selbstbeurteilungsverfahren einerseits und dem erkennbaren klinischen Bild andererseits fanden. Gleichsam berichtete Prof. Dr. Sch. über vielfältige Diskrepanzen zwischen aktuellen eigenen Angaben des Klägers einerseits und aktenkundigen Informationen andererseits. Hinsichtlich der streitigen PTBS erläuterter Prof. Dr. Sch., dass Teilsymptome der PTBS sich auch bei alltäglichen Lebensereignissen finden lassen und daher unspezifisch sind, was von den abweichenden ärztlichen Meinungsäußerungen gerade nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Mit Blick auf die vielen Diskrepanzen bei der Unfallschilderung durch den Kläger hat Prof. Dr. Sch. zudem überzeugend herausgearbeitet, dass weder eine mit der erforderlichen Sicherheit nachvollziehbare intersubjektive Katastrophenhaftigkeit des Unfallgeschehens, noch eine tatsächliche tiefgreifende seelische Erschütterung im Unfallkontext im Sinne des Traumakriteriums (sog A-Kriterium) einer PTBS nachweisbar ist. Mit Blick auf das B- oder Wiedererlebenskriterium hat Prof. Dr. Sch. als Ergebnis seiner Begutachtung festgehalten, dass die Selbstbeschreibungen des Klägers nicht mit dem dabei gezeigten klinischen Bild kompatibel war, so dass auf Befundebene eine Flashback-Symptomatik nicht zu sichern war. Vielmehr hat Prof. Dr. Sch. darauf hingewiesen, dass die vom Kläger gewählten Selbstbeschreibungen als typisch für unauthentische Beschwerdeangaben vermeintlicher psychoreaktiver Störungen gelten. Mit Blick auf das C-oder Vermeidungskriterium hat Prof. Dr. Sch. schließlich zutreffend darauf hingewiesen, dass eine mangelnde Konsistenz der klägerischen Angaben sowie ein ausgedehnter allgemeiner Authentizitätsmangel im Antwortverhalten allgemein festzustellen war, so dass sich der Senat auch nicht vom Vorliegen dieses Kriterium überzeugen konnte. Vor diesem Hintergrund teilt der Senat die Kritik von Prof. Dr. Sch. am Gutachten des Dr. W., welches strukturelle und inhaltliche Defizite aufweist und insbesondere Beschwerdeangaben mit Befundfeststellungen vermengt.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
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