L 9 U 3400/15

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
LSG Baden-Württemberg
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Freiburg (BWB)
Aktenzeichen
S 7 U 28/06
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
L 9 U 3400/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Mai 2009 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Zwischen den Beteiligten ist die Anerkennung einer Berufskrankheit (BK) nach der Nummer 1302 bzw. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKVO) streitig (im Folgenden: BK 3102 bzw. BK 1317).

Der 1959 geborene Kläger war nach Tätigkeiten als Hilfsschlosser ohne Ausbildung (ab August 1975) und Monteurhelfer (ab August 1978) von September 1981 bis Juni 1989 und von September 1990 bis Dezember 2004 bei der Beigeladenen in W. in verschiedenen Bereichen beschäftigt. In der Zeit von Juni 1989 bis August 1990 übte er Vorarbeiten für die Vulkanisierung von Gummidichtungen bei der Firma F. aus.

Die Firma D. ist ein sog. Lohnveredler, d. h., sie bekommt Web- und Strickware als Rohware, wäscht diese, färbt sie und rüstet sie aus. Die Kunden kommen hauptsächlich aus der Bekleidungsindustrie, aber auch aus der Automobilindustrie. Zu den am häufigsten verwendeten Materialien gehörten Baumwolle, synthetische Fasern wie Polyester und Mischgewebe.

Von 1981 bis etwa 1983 war der Kläger in der Wäscherei tätig, in welcher Rohware oder aus der Färberei kommende Ware gewaschen und getrocknet wurde. Ferner arbeitete er an einer Maschine, mit der die Ware gewaschen, gespült und gebleicht wurde. In der Zeit von 1983 bis 1986 bediente er eine Waschmaschine, die sich außerhalb der Wäscherei befand und an der gewaschen und gebleicht wurde.

Seit 1986 und bis Dezember 2004 arbeitete der Kläger als Schichtmeister in der Appretur (d. h. Ausrüstung). Zu seinen Aufgaben gehörte es, Schichtpläne zu erstellen, die Maschinenbelegung zu planen, das Personal einzuteilen, die Qualität zu kontrollieren und darüber hinaus Maschinen zu bedienen und Appreturflotten anzusetzen. In den letzten drei bis vier Jahren arbeitete der Kläger regelmäßig an Appreturmaschinen. Bis 30.09.1997 beschäftigte der Betrieb einen sog. Appreturkoch, der ausschließlich für das Ansetzen von Appreturflotte zuständig war. Nach dessen Ausscheiden war auch der Kläger hierfür zuständig. In der Ausrüstung wurden vier Spannrahmen betrieben. Ein Spannrahmen besteht aus einer Abzugs- bzw. Abrolleinrichtung, einem Auftragsteil für Appreturflotte und dem eigentlichen Spannrahmen mit Trockner einschließlich Aufwickelvorrichtung. Hauptaufgaben sind dabei das Holen neuer Ware, das Annähen an den Vorläufer, das Einstellen von Maschinendaten (Temperatur, Vorlauf, Voreilung etc.), die Kontrolle vonWare am Auslauf und die Vornahme von Dockenwechsel. Die Spannrahmen werden sowohl zur Ausrüstung als auch zum Trocknen und Dämpfen von Ware eingesetzt. Diese Prozesse laufen nach den Feststellungen des Technischen Aufsichtsbeamten (TAB) der Textil- und Bekleidungs-Berufsgenossenschaft (der Rechtsvorgängerin der Beklagten, im Folgenden einheitlich: die Beklagte) H. im Bericht vom 05.04.2005 ohne Chemikalienauftrag. Die trockene bzw. restfeuchte Ware wird ausschließlich thermisch bearbeitet. Dies geschieht je nach Material bei unterschiedlichen Temperaturen, üblicherweise zwischen 150 und 170 °C, teilweise bei bis zu 190 C.

Während des Beschäftigungsverhältnisses des Klägers bei der Beigeladenen sind in den Akten drei (Arbeits-)unfälle dokumentiert:

Am 16.06.1998 kam es bei einem Betriebsbrand (einem Brand am Spannrahmen der Pharmatex-Maschine und Schwelbrand in der Absauganlage mit Übertritt der Rauchgase in die Halle) beim Kläger zu einer oberflächlichen Verbrennung an beiden Unterarmen und einem Inhalationstrauma nach akuter Rauchgasinhalation (Berichte des D-Arztes Dr. S. vom 16.06.1998 und des Kreiskrankenhauses Bad S. vom 15.07.1998 nach stationärer Aufnahme des Klägers zur Überwachung am 16.06.1998; Aufnahmebefund: Klagen über ein Brennen im Thoraxbereich bei Atmung, Hustenreiz, Schwindel, Entlassung am 18.06.1998 bei unauffälligem stationärem Verlauf in ambulante Weiterbehandlung).

Am 25.01.2001 kam es nach den Angaben des D-Arztes Dr. C. beim Einatmen von Fixierölgasen über eine Stunde hinweg zu einer weiteren Rauchgasinhalation/-intoxikation (Befund: körperlich unauffälliger Untersuchungsbefund, trockener Reizhusten, roter Kopf und Hals), weswegen der Kläger im Kreiskrankenhaus Bad S. vom 25.01. bis 01.02.2001 stationär aufgenommen und Arbeitsunfähigkeit bis 20.02.2001 bescheinigt wurde. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. berichtete unter dem 05.04.2001 über einen Zustand nach Rauchvergiftung und eine rezidivierende Schwindelsymptomatik ungeklärter Ätiologie sowie den Ausschluss einer neurologischen Erkrankung. Der Lungenfacharzt Dr. S. berichtete unter dem 21.02.2001 über ein anamnestisch bekanntes hyperreagibles Bronchialsystem (ED: 1997). Anlässlich des Arbeitsunfalles seien Schwindel, Hustenreiz und ein Wundgefühl retrosternal aufgetreten, außerdem Brechreiz. Die Hustenanfälle bestünden fort, außerdem klage der Kläger über Schweißausbrüche. Im Röntgen fand sich eine nur leichtgradige peribronchitische Zeichnung bds., bodyplethysmografisch fand sich eine leichtgradige restriktive Ventilationsstörung ohne Hinweise für eine Obstruktion oder Diffusionsstörung.

Unter dem 01.03.2004 berichtete die Neurologische Universitätsklinik F. nach einer ambulanten Vorstellung des Klägers am 24.02.2004 über rezidivierende Episoden mit Drehschwindel (DD: benigner paroxysmaler Lagerungsschwindel) und Rauchgasvergiftung 01/2001. Der Kläger habe angegeben, dass erstmals im Januar 2001 nach einer Rauchgasvergiftung eine wenige Minuten anhaltende Episode mit Drehschwindel aufgetreten sei, Kopfschmerzen, eine Hörminderung oder fokal-neurologische Defizite habe er verneint. Inzwischen würden die Episoden fast täglich auftreten und durch Drehbewegungen des Kopfes oder Lagewechsel ausgelöst. Der neurologische Untersuchungsbefund wurde als unauffällig angegeben und auch bei den Lagerungsproben habe ein Nystagmus nicht beobachtet werden können. Anhand der Befunde sei gegenwärtig nicht geklärt, ob es sich bei den rezidivierenden Schwindelepisoden um einen peripher- oder zentral-vestibulären Schwindel handele. Eine MRT des Kopfes vom 27.04.2004 blieb ohne Befund, ebenso wie die hno-ärztliche und augenärztliche Abklärung der Ursachen der Schwindelsymtomatik (HNO-Arzt Dr. S., Bericht vom 08.04.2004: keine den Schwindel erklärende Ursache gefunden, Augenarzt Dr. A., Bericht vom 05.04.2004: keine okulare Schwindelursache).

Der Neurologe und Psychiater Dr. G. äußerte unter dem 26.04.2004 den Verdacht auf Vorliegen eines phobischen Schwindels und teilte mit, dass er neurologisch keinen pathologischen Befund erhoben habe. Der Psychotherapeut Dr. L. führte unter dem 12.07.2004 aus, dass am wahrscheinlichsten die Diagnose einer somatoformen Störung mit deutlichen Anteilen einer Angststörung und depressiven Elementen sei. Der Arbeitsunfall sei insgesamt als Auslöser anzusehen.

Am 02.12.2004 wurde dem Kläger nach den Ausführungen der D-Ärzte Dres. P. nach dem Stofffixieren und auf dem Weg, die Ware in eine andere Halle zu bringen, schwindelig, weshalb er nicht mehr weiterlaufen konnte. Als Erstdiagnosen wurden dort sowie im Bericht des Krankenhauses Bad S. vom 22.12.2004, wo der Kläger stationär vom 02.12. bis 04.12.2004 behandelt wurde, eine akute Schwindelexazerbation und Sehstörung, eine Hyperventilation und eine Hautrötung am Nacken und initial als Differenzialdiagnose eine allergische/toxische Reaktion angegeben.

Der Kläger war vom 02.12.2004 bis April 2006 arbeitsunfähig, danach erfolgten zwei Arbeitsversuche (6/2005 und 10/2005 – Abbruch nach jeweils drei Arbeitstagen), ohne dass eine Wiedereingliederung erreicht werden konnte. Von März 2006 bis April 2012 war der Kläger sodann als Hausmeister bei der Seniorenresidenz A. und ab April 2012 bei der Mutter-Kind-Klinik H. beschäftigt. Seit 01.01.2005 bezieht er eine Berufsunfähigkeitsrente eines privaten Versicherungsunternehmens.

Nach den Angaben des Klägers gegenüber dem T. H. (Bericht vom 05.04.2005) hat er Ende 2004 ausschließlich Mischgewebe (Baumwolle/Polyester, verschiedene Artikel) bei 190 °C gedämpft, wobei es zu einer Rauchentwicklung gekommen sei. Er führe seine gesundheitlichen Beschwerden auf das Trocknen von Polyesterware am Spannrahmen zurück. An den Tagen, als die Beschwerden 2004 vermehrt aufgetreten seien, seien 10 bis 20 verschiedene Artikel verarbeitet worden. Eine Zuordnung zu einem bestimmten Produkt sei dem Kläger nicht möglich gewesen. Der T. führte aus, dass alle Trockner eine Absaugung besäßen, die regelmäßig durch die zuständigen Behörden kontrolliert würden. Die Absaugleistung werde entsprechend der Restfeuchte in der Abluft automatisch gesteuert. Lösungsmittelhaltige Produkte würden in der Appretur nicht verwendet. Der Kläger habe lediglich im Zeitraum 1981 bis 1983 Kontakt zu Perchlorethylen (Tetrachlorethen) beim aushilfsweisen Bedienen einer Reinigungsmaschine gehabt. Ob hierbei MAK-Werte überschritten worden seien, könne nicht mehr ermittelt werden. Darüber hinaus habe kein Kontakt zu Lösungsmitteln und lösungsmittelhaltigen Produkten bestanden, eine Belastung durch flüchtige Chemikalien bzw. Gase (Chlor, Chlorwasserstoff, Formaldehyd, Essigsäure) über die allgemeine Raumluft sei möglich. Über eine Chlorbelastung für den Zeitraum 1981 bis 1986 könnten keine genauen Angaben gemacht werden, erfahrungsgemäß seien MAK-Werte für Chlor im Bereich der Wäscherei nicht überschritten. Über mögliche flüchtige Produkte, die beim Dämpfen, d. h. beim thermischen Erhitzen von Stoffen entstünden, habe der Betrieb keine Angaben machen können. Aufgrund der Vielzahl von Lieferanten sowie der ständig wechselnden Stoffe und Artikel seien Aussagen nicht möglich. Aufgrund der Räumlichkeiten (Hallenabmessung der zwei Appreturhallen ca. 70 x 22m, Höhe 8 bis 12m) und der vorhandenen lüftungstechnischen Anlagen könne eine Belastung oberhalb von MAK-Werten ausgeschlossen werden.

Nach einer Unfallanzeige der A. W. vom 04.01.2005 bezogen auf das Ereignis vom 02.12.2004 erstattete der Nervenarzt Dr. B. unter dem 11.01.2005 nach einer Untersuchung des Klägers am 30.11.2004 eine ärztliche Anzeige über eine BK (Diagnose: Neuropathie, Myopathie, Leistungsminderung und Wesensänderung, chemische Überempfindlichkeit nach langjähriger Arbeit in Textilveredlung).

Zuvor waren bereits am 24.11.2004 eine Emissionstomografie (SPECT) und am 09.12.2004 eine Positronen-Emissions-Tomografie (PET) des ZNS bei dem Radiologen Dr. H. sowie ein Lymphozytentransformationstest (LTT) auf Typ IV-Umweltfaktoren am 01.12.2004 (ohne Hinweis auf immunologisch bedingte Unverträglichkeitsreaktionen vom Typ IV) durchgeführt worden (Gemeinschaftspraxis für Laboratoriumsmedizin, Berlin).

In einer von Dr. B. veranlassten testpsychologischen Untersuchung (16.12.2004) stellte der Dipl.-Psych. K. unter dem 13.01.2005 eine beeinträchtigte kurzfristige visuelle Merkfähigkeit i. V. m. höheren visuo-kognitiven Fähigkeiten und eine zumindest leicht verlangsamte kognitive Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit sowie Anzeichen für eine beeinträchtigte mentale Belastbarkeit fest.

Im sozialmedizinischen Gutachten des MDK (Dr. H.) vom 05.04.2005 wird ein unklarer neuropsychologischer Beschwerdekomplex diagnostiziert und im Verlaufsbericht von Dr. V. vom 30.04.2005 über eine unveränderte Schwindelsymptomatik bei Verschlechterung nach Einatmen von Benzindämpfen beim Rasenmähen und Schweißausbrüche berichtet.

Der Urologe Dr. H. vermutete (18.05.2005), dass eine erektile Dysfunktion mit der vom Kläger geschilderten Intoxikationsproblematik in Beziehung stehe.

Vom 06.09.2005 bis 01.10.2005 befand sich der Kläger im Rahmen einer von der Deutschen Rentenversicherung gewährten medizinischen Rehabilitation in stationärer Behandlung der Rehabilitationsklinik K., N. (Rehabilitationsdiagnosen: unklare Gleichgewichtsstörungen, Hemihypästhesie links sowie kognitive Defizite bei vorberichtetem neuropsychologischen Symptomenkomplex, Tinnitus aurium beidseits, Verdacht auf Somatisierungsstörung).

Mit Bescheid vom 05.07.2005 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK nach den Nrn. 1302 bzw. 1317 mangels Nachweises von Einwirkungen, die geeignet gewesen seien, eine Berufskrankheit zu verursachen, ab. Den hiergegen unter Vorlage einer gutachterlichen Stellungnahme des F. Instituts für Umweltchemie e. V. (FIUC) vom 02.08.2005 begründeten Widerspruch wies die Beklagte unter Berücksichtigung einer Stellungnahme der Fachärztin für Allgemeinmedizin (Zusatzbezeichnung: Umweltmedizin) D. vom 13.07.2005 und ihres Berichtes vom 14.07.2005 sowie einer Stellungnahme der Abteilung für Prävention vom 25.08.2005 mit Widerspruchsbescheid vom 29.11.2005 zurück, weil eine ausreichende Exposition des Klägers gegenüber Gefahrstoffen im Sinne der BKen 1302 bzw. 1317 nicht bestanden habe.

Frau D. stellte die Diagnosen einer toxischen Enzephalopathie mit ausgeprägten Hirnfunktionsstörungen, insbesondere Vertigo, einer Myopathie, eines hyperreagiblen Bronchialsystems und eines beginnenden MCS-Syndroms mit Ausbreitungsphänomen. Sie führte aus, dass ihr die Ehefrau des Klägers eine von dieser selbst am 2. Krankenhaustag nach dem Arbeitsunfall im Dezember 2004 abgenommene Blutprobe des Klägers zur Untersuchung gegeben habe, weil der Verdacht bestanden habe, es habe sich um eine akute Lösungsmittelintoxikation gehandelt. Die am 10.12.2014 ermittelten Blutwerte hätten eine auffallende Belastung mit Xylol, Ethylbenzol und Trimethylbenzolen und insbesondere eine extreme Erhöhung des Toluolwerts ergeben. Ferner teilte sie die Ergebnisse eines Biomonitoring auf Lösemittel vom 23.11.2004 und von Kontrollen am 01.02.2005 und 28.04.2005 mit. Sie führte aus, dass bei chronisch erhöhten Werten auf Benzol- und Benzolverbindungen, Toluol und Xylol, die nach der Krankschreibung des Klägers deutlich abgesunken seien, von einer am Arbeitsplatz ausgelösten Lösemittelintoxikation ausgegangen werden müsse.

Der Dipl.-Chem. S. vom FIUC führte in seiner gutachterlichen Stellungnahme vom 02.08.2005 für Frau D. in Auswertung vom Kläger am 12.07.2005 überlassener Proben von Staub (angeblich) aus dem Bereich seines Arbeitsplatzes sowie von Fasermassen vom Tag des Zusammenbruches des Klägers aus, dass die originalen Fasermaterialien keinerlei Fremdstoffe erkennen ließen, die einer der mit dem Verfahren prüfbaren gefährlichen Stoffklassen entsprechen würden. Die als Staub bezeichnete, bräunlich verfärbte Fasermasse zeige heftige PAK-Spuren im polaren Bereich, ferner ein schwächeres Signal im unpolaren Bereich. Die PAK-Summe sei bei der Einsatzkonzentration nicht mehr bestimmbar, sie liege oberhalb von )200 mg/kg. Zusammenfassend sei festzuhalten, dass es sich bei den originalen Stoffmustern und den ihnen in beachtlichen Konzentrationen anhaftenden Stoffen nicht um Träger von Substanzen gehandelt habe, die einer prüfbaren Schadstoffklasse angehören. Dagegen habe die Untersuchung auf organische Fremdstoffe für den Staub eine Fülle von Hinweisen auf aromatische Anteile (im Sinne von Ringverbindungen) ergeben, darunter insbesondere von Substanzen der polycyclischen aromatischen Kohlenwasserstoffe, sogenannter PAK, die mit größtmöglicher Wahrscheinlichkeit toxische und auch karzinogene Eigenschaften aufweisen würden.

In der Stellungnahme des Präventionsdienstes wird darauf hingewiesen, dass es sich bei PAK nicht um Gefahrstoffe der BKen 1302 und 1317 handele.

Mit Bescheid vom 20.12.2005 lehnte die Beklagte die Entschädigung anlässlich der Erkrankung vom 02.12.2004 ab, weil die Gesundheitsschädigung nicht Folge eines Arbeitsunfalles sei. Die Entscheidung über den hiergegen eingelegten Widerspruch ruht.

Mit seiner am 02.01.2006 (einem Montag) beim SG eingegangenen Klage hat der Kläger den geltend gemachten Anspruch auf Anerkennung seiner Erkrankung als BK weiterverfolgt. Er hat darauf hingewiesen, dass er bereits vor dem Vorfall im Dezember 2004 an Schwindelanfällen gelitten hat. Sie seien erstmals im Jahr 2001 aufgetreten, nach einer wahrscheinlich akuten Lösungsmittelintoxikation aufgrund einer defekten Maschine weswegen er im Krankenhaus Bad S. behandelt werden musste. Seit Dezember 2004 sei er nicht mehr in der Lage, seiner Tätigkeit nachzugehen. Insoweit hat er Bezug genommen auf vorgelegte Berichte des Krankenhauses Bad S., der Reha-Klinik K., der Fachärztin für Allgemeinmedizin D. vom 14.07.2005, des Nervenarztes Dr. B. vom 06.01.2005 (nebst testpsychologischer Untersuchung vom 16.12.2004), der Universitätsklinik F. vom 09.12.2004 (ambulante Untersuchung am 08.12.2004) sowie auf die gutachterliche Stellungnahme des Dipl.-Chem. S. vom FIUC.

Über den Präventionsdienst der Beklagten wurden am 11.04.2006 14 Textilmaterialien aus dem Beschäftigungsbetrieb entnommen und beim berufsgenossenschaftlichen Institut für Arbeitsschutz (BGIA) mittels Thermodesorptionsanalyse bei 170 bis 190 °C auf freiwerdende flüchtige Stoffe gaschromatografisch-massenspektrometrisch untersucht. Dabei wurden in fast allen Proben als Hauptbestandteile höher siedende Siloxane gefunden, in vielen anderen Proben sind zusätzlich höher siedende aliphatische Kohlenwasserstoffe festgestellt worden. Im Gegensatz zu der vom FIUC durchgeführten Analyse hätten keine PAK-Spuren festgestellt werden können. Es handele sich bei den vom BGIA festgestellten freiwerdenden Stoffen nicht um Chemikalien, die unter die BKen 1302 bzw. 1317 fielen (Bericht vom 19.06.2006).

Hierauf hat der Kläger unter Vorlage einer Stellungnahme des Dipl.-Chem. S. vom 28.09.2006 eingewandt, dass die Beklagte mit einem erheblichen Aufwand die als unkritisch eingestuften Textilien habe untersuchen lassen, nicht jedoch den vermutlich durch Überhitzung partiell zersetzten und chemisch veränderten Staub, von dem angenommen werden müsse, dass er häufig eingeatmet werde. Das Vorgehen des Messdienstes der BG sei folglich methodisch grundsätzlich nicht geeignet, die infrage stehende Kausalität zwischen Erkrankung und Schadstoffen entweder zu beweisen oder zu widerlegen. Es träfe aber zu, dass die diskutierten Stoffe nicht den dort erwähnten BK-Nummern zuzuordnen seien.

Nachermittlungen des Präventionsdienstes haben ergeben (Bericht vom 19.12.2006), dass die Trockentemperaturen an den Spannrahmen bei 150 bis 170 °C und nur selten darüber lägen. Die Temperaturen zum Fixieren von Stoffen (etwa zu sechs Stunden während zweier Achtstundenschichten) liege zwischen 170 bis 195 °C, wobei die Maximaltemperatur zwischen 185 und 195 °C betrage. Höhere Temperaturen würden aus Sicherheitsgründen nicht gefahren. Ab 200 °C bestehe insbesondere am Abluftsystem erhöhte Brandgefahr. Die daraufhin veranlasste erneute Untersuchung von Materialproben durch das BGIA kam zu dem Ergebnis (Bericht 12.02.2007), dass die thermische Belastung der eingesandten Textilproben nach Erwärmung auf 190 bzw. 195 °C nicht zu einer Zersetzung des Materials führe. Es würden keine niedermolekularen, leichtflüchtigen Zersetzungsprodukte gebildet. Es seien die gleichen Stoffe gefunden worden, die bereits im Analysenbericht vom 19.06.2006 gelistet worden seien.

In einer weiteren ergänzenden Stellungnahme vom 26.04.2006 hat sich Dipl.-Chem. S. darin bestätigt gesehen, dass die Möglichkeit des von ihm als wahrscheinlich und wissenschaftlich begründet angesehenen Mechanismus einer Schädigung durch Pyrolyseprodukte bestand.

Hierzu hat das BGIA unter dem 10.08.2007 ausgeführt, dass die Randbedingungen, die Temperatur und insbesondere die geringe Kontaktzeit von 16 Sekunden nicht ausreichend seien, um PAK in einer messbaren Größenordnung zu bilden. Hierfür spreche auch, dass bei der optischen Begutachtung der Proben nach der Analyse kaum Veränderungen, die gegebenenfalls auf eine Pyrolyse hingedeutet hätte, zu beobachten gewesen seien.

Die Beklagte hat mit Blick auf die nur seltene Verarbeitung von Polyesterware darauf hingewiesen, dass es sich bei PAK nicht um Chlorkohlenwasserstoffe im Sinne der BK 1302 und nicht um neurotoxische organische Lösungsmittel im Sinne einer BK 1317 handele.

Dipl.-Chem. S. hat in seinem Schreiben vom 11.12.2007 klargestellt, dass er nie behauptet habe, dass die gefundenen PAK ein organisches Lösemittel im Sinne der genannten Listennummern seien.

In der vom Kläger vorgelegten Stellungnahme der Fachärztin für Allgemeinmedizin D. vom 16.12.2007 hat diese darauf hingewiesen, dass Lösemittel wie z. B. Toluol und Xylol inhalativ aufgenommen schnell ins Blut übergehen und deshalb nur aus dem Arbeitsprozess stammen können, zumal eine häusliche Belastung habe ausgeschlossen werden können.

In dem hierauf vom SG bei Prof. Dr. E., Hygieneinstitut des R., G., in Auftrag gegebenen Gutachten kommt der Sachverständige unter dem 25.01.2008 zu dem Ergebnis, dass eine BK 1302 nicht anzuerkennen sei, weil die hierfür erforderliche langjährige hohe Exposition gegenüber flüchtigen Halogenkohlenwasserstoffen wie z. B. Trichlorethen, Tetrachlorethen oder 1.1.1-Trichlorethan nicht bestanden habe. Hierfür ergebe sich keinerlei Hinweis. Halogenkohlenwasserstoffe seien im Übrigen auch bei der Blutentnahme am 03.12.2004 nicht nachweisbar gewesen. Soweit der Kläger von 1981 bis 1983 sporadisch gegenüber Tetrachlorethen exponiert gewesen sei, könne eine solche Exposition nicht Ursache der etwa 20 Jahre später aufgetretenen neurologischen Beschwerden sein. Hinsichtlich der BK 1317 könne nach Aktenlage kein Kontakt gegenüber Lösemitteldämpfen festgestellt werden. Bei den durch die Untersuchung der Textilmaterialien durch das BGIA festgestellten Stoffen handele es sich nicht um Chemikalien, die im Zusammenhang mit den BK(en) 1302 und 1317 aufgeführt seien. Es gebe keine Hinweise, dass über eine längere Zeit und dauerhaft eine hohe Belastung durch organische Lösungsmittel bestanden habe. Dies lasse sich auch nicht aus den Blutproben vom 27.10.2004 und 03.12.2004 ableiten. Die am 03.12.2004 beschriebene stark erhöhte Toluol-Konzentration indiziere eine außergewöhnlich hohe Belastung, die nach den Ausführungen des TAB nicht typisch für die Exposition während der Tätigkeit anzusehen sei. Die Probe am 27.10.2004 habe Konzentrationen gezeigt, die auf eine lediglich geringfügige Exposition gegenüber Toluol, Xylol und Trimethylbenzol deuteten.

Auf die Einwendungen des Klägers, die unter Vorlage weiterer Stellungnahmen der Fachärztin für Allgemeinmedizin D. (04.03.2008) und des Dipl.-Chem. S. (26.03.2008) vorgebracht wurden, hat Prof. Dr. E. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 12.06.2008 an seiner Auffassung festgehalten. Für die Auslösung einer durch Lösungsmittel bedingten toxischen Enzephalopathie sei eine relevante langzeitige Exposition gegenüber relativ hohen Lösungsmittel-Konzentrationen in der Atemluft erforderlich, was weder durch die arbeitstechnischen Untersuchungen noch durch die Blutuntersuchungen belegt sei. Für PAK gelte, dass diese wegen ihres krebserzeugenden Wirkungspotenzials unzweifelhaft eine umwelt- und arbeitsmedizinisch bedeutsame Stoffgruppe darstellten. Neurotoxische Wirkungen seien im Zusammenhang mit PAK-Belastungen bisher aber nicht bekannt. Es sei denkbar, dass bei der Pyrolyse von erhitzten Kunstfasern Benzol, Toluol und andere lösungsmitteltypische Stoffe entstehen könnten. Die Mengen seien wahrscheinlich aber so gering, dass keine gesundheitlich relevanten Konzen-trationen lösungsmitteltypischer Stoffe in der Raumluft zu erwarten seien.

Der Kläger hat hierzu die Stellungnahme des FIUC vom 30.08.2008 sowie die Stellungnahme der Fachärztin für Allgemeinmedizin D. vom 03.08.2008 vorgelegt. Er hat geltend gemacht, dass die dem Gutachten zugrunde gelegte Werksbesichtigung durch die Berufsgenossenschaft nicht zu den entscheidenden Zeiten stattgefunden habe. Darüber hinaus seien die Termine jeweils angekündigt gewesen. Die Firma habe nach Ankündigung jedoch die Fixierung gestoppt und keine gesundheitsgefährdenden Dämpfe entstehen lassen. Der Zeuge B. könne bestätigen, dass beim Fixieren ständig entsprechende Dämpfe entstanden seien. Ferner hat er geltend gemacht, dass die vielen in der Firma aufgetretenen Krankheitsfälle ein weiteres Indiz seien. In den letzten Jahren seien sechs Mitarbeiter an Krebs verstorben, weitere fünf seien an Krebs erkrankt und bei fünf weiteren seien Nervenkrankheiten mit Gleichgewichtsstörungen bekannt. Dipl.-Chem. S. hat ausgeführt, dass die zentrale Frage zur Bewertung folglich darin bestehe, ob der Kläger jenen Stoffen häufig und entgegen normalen Betriebsverhältnissen ausgesetzt gewesen sei, auf deren Bildung er aufgrund der Analytik der untersuchten Faserrückstände schließen musste. Auch wenn die betriebliche Anlage nicht mehr vorhanden sei, belegten die Stoffe doch chemische Reaktionen, die theoretisch nicht hätten stattfinden dürfen.

Der Präventionsdienst hat hierauf am 25.11.2008 den Zeugen B., der von November 1988 bis März 2017 bei der Beigeladenen beschäftigt gewesen war, angehört. Der Zeuge habe zusammen mit dem Erkrankten an der Bleichanlage gearbeitet, er kenne ihn von seiner Betriebsratstätigkeit und habe mit diesem auch zuletzt in der gleichen Halle gearbeitet. Es wurde festgehalten, dass sich Herr B. nicht an einen Einsatz von Lösungsmitteln oder lösungsmittelhaltigen Zubereitungen im Bereich Warenvorbehandlung (Waschen, Bleichen, Mercerisieren) und im Bereich Ausrüstung erinnern könne. Er habe hervorgehoben, dass es in der Halle, in der auch der Kläger tätig gewesen sei, mehrmals dunstig, neblig gewesen sei. Ähnliche Betriebszustände seien dem TAB auch aus anderen Betrieben bekannt. Die Dämpfe, die dem Spannrahmen entweichen, enthielten wasserflüchtige Stoffe aus den verarbeiteten Materialien. Hierzu seien Analysen durchgeführt worden. Lösungsmittel seien nicht entwichen. Diese Dämpfe seien unregelmäßig in der Halle vorhanden gewesen. Herr B. habe geschätzt, dass dies alle ein bis zwei Monate einmal vorgekommen sei. Ursachen könnten defekte Absauganlage aber auch ungünstige Wetterverhältnisse sein.

Unter dem 07.01.2009 hat der TAB darauf hingewiesen, dass bei der Pyrolyse von Polyester bei Temperaturen von über 300 °C als flüchtiges Zersetzungsprodukt Benzol gebildet werde. Bei den unter den Bedingungen der regulären Produktion untersuchten Materialproben bei Temperaturen zwischen 170 und 190 °C hätten keine Zersetzungsprodukte gemäß BKen 1302 und 1317 festgestellt werden können. Eine Exposition bezüglich der aus der Literatur bekannten Pyrolyseprodukte, die bei Temperaturen von 300 °C entstehen, sei während der regulären Produktion mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit am Arbeitsplatz des Erkrankten nicht gegeben gewesen.

Die Beklagte hat ferner das Schreiben des Herrn B. vom 20.02.2009 vorgelegt, der unter anderem ausgeführt hat, dass die neblig bzw. dunstigen Arbeitsplatzverhältnisse hauptsächlich beim Fixieren von Stoffen entstanden seien. Weil dabei mit Temperaturen von 170 °C und mehr als 190 °C auf den durchlaufenden Stoff gearbeitet worden sei, setze dies weitaus höhere Temperaturen im Brennerraum voraus, wodurch nicht nur Nebel entstanden sei, sondern auch extremer Gestank, der von der Abluftanlage nicht habe beseitigt werden können. Seines Wissens sei vorwiegend nachts fixiert worden, um die Anwohner vor Geruchsbelästigung zu schützen. Die Polizei sei häufig von den Anwohnern angefordert worden. In den letzten zehn Jahren seien auffallend viele Mitarbeiter an unerklärlichen Krankheiten verstorben, erkrankt und in den vorzeitigen Ruhestand entlassen worden (unter Angabe namentlich benannter verstorbener bzw. krankheitsbedingt in den Vorruhestand versetzter Kollegen).

Der TAB H. hat unter dem 16.03.2009 unter Berücksichtigung der gemachten Angaben daran festgehalten, dass eine Belastung durch Lösungsmittel, insbesondere Halogenkohlenwasserstoffe, resultierend aus dem Veredelungsprozess oder auch Wasch- bzw. Färbeprozess nach wie vor ausgeschlossen werden könne. Auch die beschriebenen gelegentlichen Nebel, Dämpfe und der Gestank seien nicht auf Lösungsmittel zurückzuführen.

Der Kläger hat Bestätigungen des Bürgermeisteramtes der Stadt Wehr vorgelegt, dass im Zeitraum von 2003 bis 2005 ein Einsatz der Freiwilligen Feuerwehr (10.08.2003) dokumentiert sei. Im Zeitraum von 1998 bis 2002 seien Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr am 16.06.1998 und am 06.11.2001 dokumentiert.

Der Kläger hat eine weitere Stellungnahme der Fachärztin für Allgemeinmedizin D. vom 26.04.2009 und des FIUC vom 29.04.2009 vorgelegt. Dipl.-Chem. S. hat ausgeführt, dass jedenfalls analytisch nachgewiesen sei, dass pyrolytische Prozesse stattfanden (bei denen typische Stoffe entstanden seien, wie Toluol, Benzol u. a., die den Lösemitteln zuzurechnen seien), und zwar bei der immer wieder aufgetretenen Überhitzung der Kunststofffasern, was er durch das Vorkommen von "polyzyklischen Fluoreszenten" in den verkokelten Faserrückständen bewiesen habe. Bislang unbekannt sei gewesen, dass die Überhitzung im realen Betrieb solche Ausmaße angenommen habe, dass sogar mehrfach die Feuerwehr hätte gerufen werden müssen.

Mit Beschluss vom 18.04.2007 hat das SG die D.-GmbH beigeladen.

Mit Urteil vom 14.05.2009 hat das SG die Klage abgewiesen, weil es am Nachweis entsprechender schädigender Einwirkungen für die Anerkennung der geltend gemachten BKen fehle.

Gegen das dem Kläger am 20.05.2009 zugestellte Urteil hat dieser am Montag, 22.06.2009, Berufung eingelegt und geltend gemacht, dass das SG eine langjährige Exposition während des Fixiervorganges von ungewaschener Rohware unter Dampf nicht hinreichend geprüft habe. Es sei zwar davon auszugehen, dass der Brand aus dem Jahre 2001 den Anfang der Erkennbarkeit des Krankheitsbildes dargestellt habe. Entscheidend sei aber, dass es beim Fixieren ungewaschener Rohware permanent zu einer schleichenden Vergiftung gekommen sei. Der Zusammenbruch 2004 sei nicht nach einem Brand, sondern nach dem Fixieren ungewaschener Rohware über Dampf (sog. Trockenfixierung) eingetreten. Die Abluftanlage des Spannrahmens, mit dessen Hilfe die Fixierung vorgenommen werde, sei dabei nur auf Automatik gestellt gewesen, erforderlich sei jedoch, diese manuell auf 100 % hochzufahren, da die Automatik die Feuchtigkeit messe und bei Trockenfixierung die Abluft minimiere. Die Beigeladene habe die manuelle Einstellung der Abluftanlage untersagt. Aus diesem Grund sei auch ein Schadensersatzprozess gegen die Beigeladene beim Arbeitsgericht L. anhängig.

Der Kläger hat das Gutachten der Betriebsärztin B. vom 12.05.2009 vorgelegt, in dem u. a. darauf hingewiesen wird, dass in den letzten Jahren enorme Erneuerungen sowohl im Produktionsbereich als auch im baulichen Bereich durchgeführt worden seien, die zu großen Veränderungen der Arbeitsbedingungen geführt hätten. Beispielhaft hat sie die Appreturküche angeführt, in der früher alle Substanzen von Hand dosiert und gemischt worden seien. Heute geschehe dies mit Hilfe einer Dosieranlage. Die Belastungen, die vor den Erneuerungsmaßnahmen vorgelegen hätten, seien nicht mehr zu quantifizieren. Die Fragestellung ihres Gutachtens beziehe sich aber auf die jetzt bestehenden Arbeitsplätze. Die Arbeitsplatzbegehung sei vom 05.03.2009 unter dem Gesichtspunkt der Belastung mit Gefahrstoffen erfolgt und unter dem Aspekt MCS mit einer Reaktion auf viele verschiedene chemische Stoffe, wobei einzelne Substanzen oder die genaue Konzentration keine entscheidende Rolle spielten.

Der Kläger hat ferner eine Stellungnahme der Zeugin A. L. vom 20.01.2010 vorgelegt, die nach eigenen Angaben als Textilingenieurin von Mai 1991 bis Herbst 1999 bei der Beigeladenen beschäftigt gewesen ist. Sie habe während ihrer Beschäftigungszeit Probleme mit Rauchentwicklungen vor allem bei der Verarbeitung von Stoffen mit hohen Polyesteranteilen wahrgenommen. Ferner hat er eine weitere Stellungnahme des Herrn B. vom 18.01.2010 vorgelegt, der angab, dass es in den Produktionsstätten immer unangenehme Gerüche gegeben habe, wie es in der Textilverarbeitung häufig vorkomme. Diese Gerüche seien in den 1990 intensiver geworden und hätten ein Maß erreicht, welches bei den betroffenen Mitarbeitern zu Hustenreiz und Brennen in den Augen geführt habe. Die Ursache dieser Ausdünstungen sehe er zum einen in der mangelnden Wartung und Reinigung der Einrichtung, insbesondere der Filter. Zum anderen führe er dies auf die veränderte Zusammensetzung von Rohware ab den 1990 zurück, da ab diesem Zeitpunkt vielen Stoffen Elasthan beigemischt gewesen sei. Die Ausdünstungen seien ab den 1990 ca. zweimal die Woche aufgetreten. Die Abluftanlage habe nicht verhindern können, dass sich die Ausdünstungen in der gesamten Halle ausgebreitet hätten.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Freiburg vom 14. Mai 2009 sowie den Bescheid der Beklagten vom 5. Juli 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29. November 2005 aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, seine Erkrankung als Berufskrankheit nach Nr. 1302 bzw. 1317 der Anlage 1 zur Berufskrankheitenverordnung anzuerkennen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie ist der Auffassung, dass ein Nachweis einer relevanten Exposition gegenüber Halogenkohlenwasserstoffen (BK 1302) oder organischen Lösungsmitteln (BK 1317) nicht geführt sei. Der Zeuge B. habe gegenüber dem Präventionsdienst in den Berichten vom 05.04.2005, 15.06.2006 und 19.12.2006 die Einschätzungen bestätigt, insbesondere, dass er sich an keinen Einsatz von Lösungsmitteln oder lösungsmittelhaltigen Zubereitungen im Bereich Warenvorbereitung (Waschen, Bleichen, Mercerisieren) und im Bereich Ausrüstung erinnern könne. Die geschilderten dunstigen bzw. nebligen Arbeitsplatzverhältnisse seien bereits bestätigt und beruhten auf Dämpfen, die dem Spannrahmen entweichen, wobei es sich neben Wasser um flüchtige Stoffe aus den verarbeiteten Materialien handele. Die Untersuchung geprüfter Materialproben hätte keine Zersetzungsprodukte ergeben, die unter die BKen 1302 und 1317 fielen. Die Beklagte hat ergänzend darauf hingewiesen, dass Rauche und die evtl. bei Bränden gebildeten PAK Feststoffe seien, keine Lösungsmittel. Sie fielen daher nicht unter die BKen 1302 oder 1317. Polyester zersetze sich bei Erhitzung auf Temperaturen über 300 °C. Bei der Analyse mittels hochempfindlicher Analytik lasse sich in diesem Temperaturbereich bei Materialprobenanalysen im Labor oft Benzol nachweisen. Temperaturen oberhalb von 300 °C führten zur Zerstörung des Polymers. Wären derart hohe Temperaturen in der Produktion aufgetreten, wäre die vom Kunden zum Zwecke der Ausrüstung bereitgestellte Ware zerstört worden. Nach den Erfahrungswerten lasse sich Benzol zwar bei Materialprobenanalysen im Labor nachweisen, bei thermischen Prozessen am Arbeitsplatz werde Benzol aber in aller Regel nicht nachgewiesen. Die Konzentration in der Luft am Arbeitsplatz liege unterhalb der Bestimmungsgrenze. Die Diskussion, welche Temperaturen am Spannrahmen aufgetreten seien, führe ins Leere, da bei höheren Temperaturen möglicherweise die Rauchentwicklung stärker gewesen sei und eventuell Spuren von PAK aufgetreten seien, die hier interessierenden aromatischen Lösungsmittel Xylol und Toluol aber bei höheren Temperaturen nicht gebildet würden.

Die Beigeladene hat keinen Antrag gestellt.

Sie legt den Schriftsatz vom 20.02.2017 an das Arbeitsgericht L. vor und verweist auf Angaben der damaligen Produktionsverantwortlichen D. und A. Beide hätten den Temperaturbereich 170 bis 190 °C als normale Produktionstemperatur benannt, die zulässige Temperatur habe bei 200 °C gelegen. Der Kläger selbst habe einen Brand verursacht, indem er am 06.11.2001 vorschriftswidrig eine Mitarbeiterin angewiesen habe, den Brückner-Spannrahmen auf 250 °C aufzuheizen. Die Firma sei und werde noch regelmäßig auf die Einhaltung der Grenzwerte nach TA-Luft durch das externe Ingenieurbüro Envirotex überprüft. Es sei realitätsfern zu behaupten, dass in den Arbeitsräumen regelmäßig intensiver Geruch entstanden sei, der zu Hustenreiz und Brennen in den Augen geführt habe.

Unter Vorlage einer Stellungnahme des FIUC vom 21.06.2011 ist der Kläger der Auffassung der Beklagten entgegengetreten. Dipl.-Chem. S. hat insoweit ausgeführt, dass im Zuge der Ringbildung an heißen Oberflächen bei den infrage kommenden Temperaturen bis über 300 °C nicht nur PAK, sondern auch "kleine Ringe" entstünden, zu deren einfachsten Vertretern nicht nur Benzol, sondern selbstverständlich auch alkylierte Benzole wie Toluol und Xylol gehörten. Die Existenz einschlägiger Aromatenringe im Staub der Arbeitsstätte habe man bereits 2005 analytisch nachgewiesen. Er habe bereits in der letzten Stellungnahme "vom Januar 2010" (welche nicht zu den Akten gereicht wurde) anhand von neuen Proben aus der Umgebung des Arbeitsplatzes des Klägers "kleine aromatische Ringe" mit 50 bis 400 mg/kg nachgewiesen, trotz verbesserter Arbeitsschutzmaßnahmen im Staub. Toluol selbst sei wegen seiner hohen Flüchtigkeit nur unmittelbar während des Pyrolysevorgangs nachweisbar, ausgenommen es werde eingeatmet und sei dann im Blut für einige Tage gewissermaßen konserviert. Ferner hat er die Auffassung vertreten, dass die Nicht-Einbeziehung von Berufsschäden aus PAK aus Sicht der Chemie eine offensichtliche Rechtslücke darstelle.

Für die Präventionsabteilung der Beklagten hat hierauf Dr. H. unter dem 19.08.2011 Stellung genommen und darauf hingewiesen, dass beim Kläger im Dezember 2004 eine stark erhöhte Toluol-Konzentration und eine deutlich erhöhte Konzentration an Xylol, Methylbenzol und Trimethylbenzol vorgelegen hätten. Eine Toluol-Konzentration von 2.265 µg/l sei nur erreichbar, wenn in den Tagen davor eine massive Exposition gegenüber Gemischen aus aromatischen Lösungsmitteln bestanden habe, die Toluol als Hauptkomponente enthalten habe. Die im Blut gefundenen aromatischen Kohlenwasserstoffe seien typische Inhaltsstoffe von lösungsmittelhaltigen Lacken und Farben sowie den zugehörigen Verdünnern. Bei der Ausrüstung würden in wässrigen Systemen gelöste Appreturmittel eingesetzt. Lösungsmittel, auch die genannten aromatischen Kohlenwasserstoffe, seien am Arbeitsplatz aber nicht verarbeitet worden. Da in einem Spannrahmen keine Lösungsmittel verarbeitet würden, seien derartige Anlagen auch nicht explosionsgeschützt gebaut. Beim Freiwerden größerer Mengen brennbarer Lösungsmittel am Spannrahmen bestehe aber Explosionsgefahr. Bei dem im textilen Bereich eingesetzten Polyester handele es sich überwiegend um Polyethylenephtalat, d. h. einem auf Terephtalatsäure und einem Diol basierenden Polymer. Dieses Polymer habe einen Schmelzpunkt von ca. 242 bis 270 °C. Bei einer Erhitzung auf Temperaturen über 300 °C beginne die Zersetzung des Polymers. Bei der Analyse im Labor mittels hochempfindlicher analytischer Methoden ließen sich oberhalb der Zersetzungstemperaturen Spuren von Benzol nachweisen. Im Blut des Klägers seien verschiedene aromatische Kohlenwasserstoffe nachgewiesen worden, nicht jedoch Benzol. Bei der Pyrolyse von Polyester unter Laborbedingungen werde zwar oft Benzol nachgewiesen, bei Messungen an der Luft am Arbeitsplatz werde dieser Stoff jedoch erfahrungsgemäß nicht gefunden (d. h.: Benzol entstehe unter realen Arbeitsplatzbedingungen entweder gar nicht oder in so geringer Menge, dass es mit dem üblichen Messverfahren nicht nachgewiesen werden könne). Zur Auslösung einer Polyneuropathie sei eine länger andauernde Exposition oberhalb des Arbeitsplatzgrenzwertes erforderlich. Die Frage, ob bei der Pyrolyse von Polyester in Spuren Benzol oder "einkernige Aromaten" gebildet würden, sei für den vorliegenden Erkrankungsfall daher ohne Belang. Der Kläger habe 2005 eine Materialprobe analysieren lassen, die nach seinen Angaben von seinem Arbeitsplatz stamme. Ort und Zeitpunkt sowie sonstige Informationen zur Probeentnahme seien jedoch nicht dokumentiert. Bei der Analyse seien Hinweise auf polare und unpolar PAK gefunden worden. Die im Blut gefundenen aromatischen Kohlenwasserstoffe seien aber nicht nachgewiesen worden. Die endlos geführte Diskussion, ob oder welche PAK bei welchen Temperaturen in welcher Menge gebildet würden, sei völlig irrelevant, weil PAK nicht unter die im vorliegenden Erkrankungsfall interessierenden BK-Nummern falle und PAK mit der Leitkomponente Benzo[a]pyren Hautkrebs (BK 5102) oder bösartige Neubildung der Atemwege verursachen könne. Eine derartige Erkrankung sei bei dem Kläger nicht diagnostiziert worden.

Der Kläger hat ferner einen Bericht der Praxis am S., F. vom 31.03.2011, ein Schreiben des P.-Krankenhauses R. vom 22.09.2011 (Dr. H.) zur Auswertung der dort angefertigten PET vom 29.03.2011 sowie einen Bericht der Lungenfachklinik St. B. vom 26.07.2011 über einen Aufenthalt des Klägers dort vom 19.07.2011 bis 21.07.2011 (Diagnose u. a.: toxische Enzephalopathie mit ausgeprägten Hirnfunktionsleistungsstörungen [Erstdiagnose 07/2005]) vorgelegt.

Der Senat hat Beweis erhoben durch das Einholen eines wissenschaftlich begründeten arbeitsmedizinischen Gutachtens bei Prof. Dr. K., K., und – nachdem das Verfahren wegen der Dauer des einzuholenden weiteren Gutachtens ruhte – auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers bei Prof. Dr. K., H ...

Prof. Dr. K. hat bei der Untersuchung des Klägers am 25.05.2013 als im Vordergrund der Beschwerden stehende Schwindelattacken, Schweißausbrüche und subjektiv empfundene sensorische und feinmotorische Störungen am linken Arm und linken Bein festgestellt. Dabei bestünden die Beschwerden sowohl bei arbeitstypischen Einwirkungen als auch außerhalb des Berufsfelds. Es sei auch keine Besserung der Beschwerden nach Aufgabe der Tätigkeit am Spannrahmen eingetreten. Die sensomotorischen Defizite seien nur einseitig in Erscheinung getreten. Eine neurotoxisch bedingte PNP sei daher zu verneinen. Als zentralnervöse Störung stünden die Schwindelerscheinungen ganz im Vordergrund des Beschwerdebildes. Pathologische Veränderungen seien in der cranialen MRT 2004 aber nicht nachgewiesen worden. Die Schwindelerscheinungen würden eine toxische Enzephalopathie vom Schweregrad II B mit begründen. Nicht schlüssig sei aber das weitgehende Fehlen von Zusatzsymptomen. Zudem sei die Lernschwäche des Klägers zu berücksichtigen mit einem Besuch der Sonderschule als Hinweis auf eine herabgesetzte prämorbide Intelligenz. Die Diagnose Enzephalopathie könne daher auch nicht als gesichert angesehen werden. Das Beschwerdebild des Klägers sei im Rahmen einer multiplen Chemikalien-Überempfindlichkeit (MCS) zu sehen. Diverse, auch außerberufliche Einwirkungen führten beim Kläger zu Schwindelerscheinungen und Schweißausbrüchen. Bei der MCS handele es sich nicht um eine als BK anerkennungsfähige Krankheit. Ferner hat er ausgeführt, dass eine berufliche arbeitsmedizinisch-toxikologisch relevante Exposition gegenüber den neurotoxischen Gefahrstoffen Toluol und Xylol nicht nachgewiesen worden und auch aufgrund der technischen Voraussetzungen und Expositionsbedingungen nicht anzunehmen sei und dass das Biomonitoring (Auswertung der Blutproben) bis auf den Nachweis einer Toluol-Konzentration im Blut 12/2004, die über dem neurotoxischen Schwellenwert gelegen habe, keine gesundheitlich bedenklichen Werte erbracht habe. Hieraus könne weder eine akute noch eine chronische Lösungsmittelintoxikation abgeleitet werden. Im Übrigen begründe das Überschreiten von Referenzwerten bei Lösungsmittelexpositionen kein erhöhtes gesundheitliches Risiko; Toluol und Xylol verursachten keine Polyneuropathie und das Auftreten von prä-narkotischen Symptomen im Zusammenhang mit der versicherten beruflichen Tätigkeit sei anzuzweifeln. Seiner Auffassung nach spreche der Beschwerde- und Erkrankungsverlauf nach Expositionskarenz gegen einen ursächlichen Zusammenhang und es sei davon auszugehen, dass der Kläger im Rahmen seiner Nebentätigkeit bei einer Autoverwertungsfirma tatsächlich gegenüber den dort üblichen Lösungsmitteln exponiert gewesen sei. Diese Expositionen seien bei der Sachermittlung nicht erfasst worden. Eine BK 1302 oder 1317 könne daher nicht zur Anerkennung vorgeschlagen werden.

Auf die Einwendungen des Klägers im Schreiben vom 11.09.2013 hat Prof. Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26.09.2013 an seiner Auffassung festgehalten. Die Symptomatik sei nicht vollinhaltlich typisch für pränarkotische Zustände, wie sie bei intensiver Lösungsmittelexposition auftreten würden. Insoweit hat er dargelegt, dass beim Kläger keine Krankheitserscheinungen aufgetreten seien, welche die Merkmale einer Formaldehydintoxikation aufgewiesen hätten, und Krankheitserscheinungen im Zusammenhang mit Natronlauge, Wasserstoffperoxid, Chlordämpfen anamnestisch ausgeschlossen worden seien. Ferner sei der im Biomonitoring nachgewiesene, angeblich erhöhte Wert für Pentachlorphenol (PCP) toxikologisch unbedenklich gewesen. Symptome einer PCP-Intoxikation hätten beim Kläger nicht vorgelegen. PCP gehöre im Übrigen zu den Listenstoffen der BK 1310 (Erkrankungen durch halogenierte Alkyl-, Aryl-, Alkylaryloxide) und nicht zu den hier streitigen BKen. Soweit Frau D. eine kumulativ-toxische Wirkung vor dem Hintergrund vielfältiger, toxikologisch unbedenklicher Einzelexpositionen gegenüber einer Vielzahl von Gefahrstoffen diskutiere und ausführe, auch geringe Mengen von Lösungsmitteln hätten sich im Nervensystem anreichern können, sei ein derartiger Mechanismus in der wissenschaftlich begründeten Toxikologie nicht etabliert. Aufgrund der arbeitstechnischen Ermittlungsergebnisse könne nicht von einer kontinuierlichen Exposition gegenüber Lösungsmitteln über lange Zeit ausgegangen werden. An den Abspannrahmen seien keine Temperaturen erreicht worden, bei denen es zur Bildung von Benzol oder Benzol-Homologen hätte kommen können. Der Erkrankungsverlauf nach Wegfall der Noxe spreche gegen eine Intoxikation infolge der Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen.

Prof. Dr. K. hat in seinem Gutachten vom 25.01.2016 ohne eigene Untersuchung des Klägers zunächst die seiner Ansicht nach unzureichende Klärung des Arbeits- und Expositionsszenarios bezogen auf die Arbeitsbedingungen während der Arbeitsperiode des Klägers von 1981 bis 2005 gerügt. Erschwert werde die Darstellung des Arbeitsplatzes für die Zeit von 1981 bis 2005 durch den Umstand, dass nach Eröffnung der Ermittlung durch den Präventionsdienst eine bauliche Umgestaltung und Maschinenerneuerung durchgeführt worden sei. Diese mit der Neugestaltung verbundenen Verbesserungen und die diesbezüglichen Schriftwechsel hätten keinen Bezug zu dem Arbeitsplatz des Klägers von 1981 bis 2005. Insofern verlören zahlreiche Auseinandersetzungen ihre Bedeutung, weil sie sich nicht auf die Arbeitssituation des Klägers bezögen. Es ergeben sich völlig konträre Darstellungen zwischen dem Kläger und weiteren Zeugen einerseits und der Firma andererseits. Der BG sei es nicht gelungen, diese Diskrepanzen zu klären. Die Zeugenaussagen des Betriebsratsvorsitzenden B. und der Textilingenieurin L. bestätigten die problematischen Rauchentwicklungen an der Spannmaschine und der Appretur. Das Expositionsszenario 1981 bis 2005 werde bestimmt durch frei werdende Pyrolyseprodukte aus irregulären Prozessen bei der Thermofixierung in der Spannmaschine durch Inhalation, durch Arbeitsstoffe in der Appretur durch dermalen Kontakt mit zahlreichen Stoffen, deren chemische Nomenklatur nicht mehr zu ermitteln sei (Gutachten Frau B.), durch Freisetzung von Additiva der gelieferten und zu behandelnden Textilien, durch eine regelmäßig vorherrschende diesige/neblige Hallenluft durch Kontamination aus den Spannmaschinen, durch Rauchgasunfälle 1998, 2001 und 2004 sowie nicht leistungsmäßig ausreichende Abluftsysteme und zeitbegrenzt durch Perchlorethylen-Belastungen. Die Recherchen seien unzureichend, den betriebsspezifischen Gegebenheiten nicht adäquat, technisch/analytische Feststellungen würden nicht belegt, die Staubanalysen durch das FIUC würden nicht durch den Präventionsdienst reproduziert. Die neurologischen Erkrankungen des Klägers erforderten ätiologisch eine langjährige Exposition durch neurotoxische Substanzen in relevanter Konzentration, neuropsychologische und neurologische Untersuchungen sprächen für eine toxische Enzephalopathie (Klinikum F. 2004, Dr. B./Dipl.-Psych. K. 2005, Reha Entlassungsbericht der Rentenversicherung 2005, Gutachterin B. 2009, Lungenfachklinik St. B. 2011). Die neurotoxischen Effekte von PAK auf das periphere und zentrale Nervensystem seien durch die neuere wissenschaftliche Literatur belegt. Lungenerkrankungen durch PAK (BK 4113) in Zusammenwirken mit Asbestfaserstaub (BK 4114) seien als BK anerkannt. Er empfehle, die neurologischen Erkrankungen des Klägers durch PAK als Quasiberufskrankheit nach § 9 Abs. 2 Siebtes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VII) zu berücksichtigen. Hierbei bestehe nicht eine Monokausalität durch PAK, sondern ein Zusammenwirken mit den Zusatzstoffen. Dadurch ergebe sich eine bestimmte Personengruppe, die in erheblich höherem Grade als die übrige Bevölkerung besonderen Einwirkungen ausgesetzt sei. Epidemiologisch-statistische Nachweise für eine Gruppentypik lägen (noch) nicht vor. Die wissenschaftlichen Erkenntnisse seien neu.

In einer weiteren Stellungnahme des Präventionsdienstes vom 11.04.2016 wies Dr. H. darauf hin, dass der Kläger nach eigenen Angaben die Reinigungsmaschine nur aushilfsweise be- und entladen sowie Wartungsarbeiten vorgenommen habe. Von einer MAK-Überschreitung könne im Gegensatz zu Prof. Dr. K. nicht ausgegangen werden. Betriebliche Messergebnisse zu einer Per-Belastung lägen nicht vor, jedoch umfangreiche Erfahrungen zur Per-Exposition in Textilreinigungsbetrieben. So habe die damalige Textil- und Bekleidungsberufsgenossenschaft im Zeitraum von 1987 bis 1990 in den meisten Textilreinigungen im Zuständigkeitsbereich, die mit Perchlorethylen als Lösemittel gearbeitet haben, orientierende Messungen der Konzentrationen mit Dräger-Prüfröhrchen durchgeführt. Aus der Erfahrung der oben genannten Messaktion und insbesondere der sporadischen Exposition sei nicht davon auszugehen, dass eine grenzwertüberschreitende Exposition vorgelegen habe. Zur BK 1317 sei auszuführen, dass es sich bei den am Spannrahmen verarbeiteten Textilhilfsmitteln üblicherweise um wasserbasierte Zubereitungen handele. Je nach Anwendungsbereich könnten die Appreturmittel einen geringen Anteil wasserlöslicher Lösungsmittel enthalten. Die im Rahmen des BK-Feststellungsverfahrens gelaufenen Herstelleranfragen hätten ergeben, dass in der großen Mehrzahl der angefragten Produkte keine Lösungsmittel enthalten gewesen seien. Soweit einige Produkte wasserlösliche Lösungsmittel enthalten hätten, seien diese nicht unter die BK 1317 bzw. BK 1302 zu fassen gewesen. Die von Prof. Dr. K. diskutierten aromatischen Kohlenwasserstoffe (Toluol, Xylol) seien in den Textilhilfsmitteln nicht enthalten gewesen.

Der Kläger hat im Termin der mündlichen Verhandlung Schreiben von Arbeitskollegen bzw. von Angehörigen von Arbeitskollegen, einen Leistungsnachweis für die Bruckner-II-Maschine am 02.12.2004 sowie Patientenauskünfte und eine Schlussrechnung der H.-Kliniken, Krankenhaus Bad S., ferner eine CD-ROM ("DLE 2009") vorgelegt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die beigezogenen Akten der Beklagten sowie auf die Gerichtsakten erster und zweiter Instanz verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist statthaft und auch im Übrigen zulässig. Berufungsausschließungsgründe gemäß § 144 Sozialgerichtsgesetz (SGG) liegen nicht vor. Die Berufung ist jedoch unbegründet.

Streitgegenstand des vorliegenden Verfahrens ist der Bescheid vom 05.07.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 29.11.2005, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, bei dem Kläger eine BK 1302 und/oder 1317 anzuerkennen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, Urteil vom 05.07.2011 – B 2 U 17/10 R –, juris) kann der Versicherte an Stelle gerichtlicher Feststellung (§ 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG) auch die Verurteilung der Beklagten zur Anerkennung eines Versicherungsfalles – Arbeitsunfall oder Berufskrankheit, vgl. § 7 Abs. 1 SGB VII – im Wege der Verpflichtungsklage verlangen. Dementsprechend begehrt der Kläger hier zulässigerweise die Verpflichtung der Beklagten, die streitige(n) BK(en) anzuerkennen. Soweit er überdies mit einer Leistungsklage die Gewährung von Entschädigungsleistungen begehrt hatte, ist dieses Begehren im Berufungsverfahren nicht weiterverfolgt worden.

Nicht Gegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist die Anerkennung einer Erkrankung als sogenannte "Wie-BK" nach § 9 Abs. 2 SGB VII, wie dies von Prof. Dr. K. befürwortet worden ist, da weder die Beklagte noch das SG hierüber entschieden haben und es einer Entscheidung der Beklagten über diesen Versicherungsfall bedarf. Insoweit handelt es sich um einen anderen Streitgegenstand, über den die Beklagte bislang nicht entschieden hat (BSG, Urteil vom 20.07.2010 – B 2 U 19/09 R –, zur Frage der Zulässigkeit einer – hier nicht erfolgten – Klageänderung vgl. BSG, Urteile vom 05.07.2016 – B 2 U 4/15 R – und vom 22.06.2004 – B 2 U 22/03 R –, siehe auch Hessisches Landessozialgericht, Urteil vom 14.07.2009 – L 3 U 227/06 – und Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 04.02.2015 – L 2 U 430/12 –, alle juris). Nicht Gegenstand des Rechtsstreits ist zudem die Anerkennung von Arbeitsunfällen. Soweit Einwirkungen durch Halogenkohlenwasserstoffe bzw. durch organische Lösungsmittel durch solche Ereignisse in Betracht kommen, sind diese im Rahmen der BK 1302 und/oder BK 1317 zu würdigen (siehe hierzu noch unten).

Versicherungsfälle der gesetzlichen Unfallversicherung sind gemäß § 7 SGB VII Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten. Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 1 SGB VII sind Berufskrankheiten Krankheiten, die die Bundesregierung durch Rechtsverordnung mit Zustimmung des Bundesrates als Berufskrankheiten bezeichnet und die Versicherte infolge einer den Versicherungsschutz nach §§ 2, 3 oder 6 begründenden Tätigkeit erleiden. Die Bundesregierung wird ermächtigt, in der Rechtsverordnung solche Krankheiten als Berufskrankheiten zu bezeichnen, die nach den Erkenntnissen der medizinischen Wissenschaft durch besondere Einwirkungen verursacht sind, denen bestimmte Personengruppen durch ihre versicherte Tätigkeit in erheblich höherem Grad als die übrige Bevölkerung ausgesetzt sind; sie kann dabei bestimmen, dass die Krankheiten nur dann Berufskrankheiten sind, wenn sie durch Tätigkeiten in bestimmten Gefährdungsbereichen verursacht worden sind oder wenn sie zur Unterlassung aller Tätigkeiten geführt haben, die für die Entstehung, die Verschlimmerung oder das Wiederaufleben der Krankheit ursächlich waren oder sein können (§ 9 Abs. 1 Satz 2 SGB VII). Von dieser Ermächtigung hat die Bundesregierung Gebrauch gemacht und bis heute unter den Nrn. 1302 (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) und 1317 (Polyneuropathie oder Enzephalopathie durch organische Lösungsmittel oder deren Gemische) der Anlage 1 zur BKV die hier streitigen BKen bezeichnet.

Nach ständiger Rechtsprechung müssen die anspruchsbegründenden Tatsachen, zu denen neben der versicherten Tätigkeit die Dauer und Intensität der schädigenden Einwirkungen sowie die in der BKV bezeichnete Krankheit gehören, nachgewiesen sein, d. h., bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden. Hingegen genügt hinsichtlich des ursächlichen Zusammenhangs zwischen der versicherten Tätigkeit und den schädigenden Einwirkungen (haftungsbegründende Kausalität) sowie der schädigenden Einwirkungen und der Erkrankung (haftungsausfüllende Kausalität) eine hinreichende Wahrscheinlichkeit (vgl. BSGE 19, 52; 32, 203, 207 bis 209; 45, 285, 287).

Für den Ursachenzusammenhang zwischen Einwirkungen und Erkrankungen im Berufskrankheitenrecht gilt, wie auch sonst in der gesetzlichen Unfallversicherung, die Theorie der wesentlichen Bedingung, die das BSG in der Entscheidung vom 06.05.2006 (B 2 U 1/05 R, SozR 4-2700 § 8 Nr. 17 = BSGE 96, 196-209) zusammengefasst dargestellt hat. Die Theorie der wesentlichen Bedingung hat zur Ausgangsbasis die naturwissenschaftlich-philosophische Bedingungstheorie, nach der Ursache eines Erfolges jedes Ereignis ist, das nicht hinweggedacht werden kann, ohne dass der Erfolg entfiele (conditio sine qua non). Aufgrund der Unbegrenztheit der Bedingungstheorie werden im Sozialrecht als rechtserheblich aber nur solche Ursachen angesehen, die wegen ihrer besonderen Beziehung zum Erfolg zu dessen Eintritt wesentlich mitgewirkt haben. "Wesentlich" ist nicht gleichzusetzen mit "gleichwertig" oder "annähernd gleichwertig". Auch eine nicht annähernd gleichwertige, sondern rechnerisch verhältnismäßig niedriger zu bewertende Ursache kann für den Erfolg rechtlich wesentlich sein, solange die andere(n) Ursache(n) keine überragende Bedeutung hat (haben). Gesichtspunkte für die Beurteilung der Wesentlichkeit einer Ursache sind insbesondere die versicherte Ursache bzw. das Ereignis als solches, einschließlich der Art und des Ausmaßes der Einwirkung, konkurrierende Ursachen unter Berücksichtigung ihrer Art und ihres Ausmaßes, der zeitliche Ablauf des Geschehens und Befunde und Diagnosen der erstbehandelnden Ärzte sowie die gesamte Krankengeschichte. Trotz dieser Ausrichtung am individuellen Versicherten ist der Beurteilung des Ursachenzusammenhangs im Einzelfall der aktuelle wissenschaftliche Erkenntnisstand über die Ursachenzusammenhänge zwischen Einwirkungen und Gesundheitsschäden zugrunde zu legen. Beweisrechtlich ist zu beachten, dass der Ursachenzusammenhang nach der Theorie der wesentlichen Bedingung positiv festgestellt werden muss und hierfür hinreichende Wahrscheinlichkeit genügt, nicht jedoch die bloße Möglichkeit. Lässt sich eine Tatsache nicht nachweisen, so geht dies nach dem im sozialgerichtlichen Verfahren geltenden Grundsatz der objektiven Beweislast (Feststellungslast) zulasten dessen, der einen Anspruch aus der nicht erwiesenen Tatsache für sich herleitet (BSGE 19, 52, 53; 30; 121, 123; 43, 110, 112). Dasselbe gilt, wenn der für die haftungsbegründende und haftungsausfüllende Kausalität erforderliche wahrscheinliche Zusammenhang nicht nachweisbar ist.

Die Frage, welche Voraussetzungen zur Annahme eines ursächlichen Zusammenhangs zwischen der schädigenden Einwirkung und der Erkrankung an einer BK vorliegen müssen, ist unter Zuhilfenahme medizinischer, naturwissenschaftlicher und technischer Sachkunde nach dem im Entscheidungszeitpunkt aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnisstand zu beantworten. Als solcher sind durch Forschung und praktische Erfahrung gewonnene Erkenntnisse anzunehmen, die von der großen Mehrheit der auf dem betreffenden Gebiet tätigen Fachwissenschaftler anerkannt werden, über die also von vereinzelten, nicht ins Gewicht fallenden Gegenstimmen abgesehen, Konsens besteht (BSG, Urteil vom 27.06.2006 – B 2 U 5/05 R –, SozR 4-5671 § 6 Nr. 2).

Diese Anerkennungsvoraussetzungen sind für keine der streitigen BKen (BK 1302 und 1317) erfüllt.

Von der BK 1302 werden durch die unbestimmte und offene Bezeichnung (Erkrankungen durch Halogenkohlenwasserstoffe) alle Krankheiten erfasst, die nach den fortschreitenden Erfahrungen der medizinischen Wissenschaft ursächlich auf die Einwirkung von Halogenkohlenwasserstoffen zurückzuführen sind (BSG, Urteil vom 27.06.2000 - B 2 U 29/99 R -, juris). Nach dem Merkblatt für die ärztliche Untersuchung (Bekanntgabe des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung vom 29.03.1985, BArbBl 6/1985) zählen zu den möglichen akuten oder chronischen Krankheitsbildern insbesondere Erkrankungen des Zentralnervensystems, der Leber und Niere, Dermatosen, Reizwirkungen an den Atemwegen oder den Augen. Der Kläger benennt im Berufungsverfahren kein bestimmtes Krankheitsbild. Er hat vielmehr als Erstreaktion auf die in Frage stehende Einwirkung im Wesentlichen Schwindelbeschwerden als (Haupt-)Beeinträchtigung geltend gemacht. Für eine BK 1302 lässt sich ein eigenständiges und von dem im Rahmen der BK 1317 versicherten abweichendes Krankheitsbild nicht feststellen. Weder Prof. Dr. E. noch Prof. Dr. K. oder Prof. Dr. K. haben insoweit eine Gesundheitsstörung benannt, die – abgesehen von den im Rahmen der BK 1317 zu prüfenden Polyneuropathie oder Enzephalopathie – auch nur möglicherweise auf eine Einwirkung im Sinne der BK 1302 bezogen werden könnte. Die von den Sachverständigen und behandelnden Ärzten (Frau D. und Dr. B.) als im Vordergrund stehend beschriebene Schwindelsymptomatik wird übereinstimmend (und wohl auch, weil sich andere Ursachen nicht finden ließen) als zentralnervös bedingt eingestuft und im Zusammenhang mit einer Enzephalopathie gesehen und geprüft. Die Verursachung einer Polyneuropathie oder einer Enzephalopathie durch Lösungsmittel und deren Gemische fällt als speziellerer Tatbestand somit allein unter die BK 1317 (Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 9. Auflage, S. 262), zumal eine Einwirkung durch Halogenkohlenwasserstoffe, wie Dipl.-Chem. S. und Dr. H., Präventionsdienst der Beklagten (Stellungnahme vom 19.08.2011), festgestellt haben, nicht oder nicht in dem hierfür erforderlichen Ausmaß bestanden hat. Damit steht die Anerkennung einer BK 1317 im Vordergrund der Prüfung, worauf Prof. Dr. K. in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 26.09.2013 zu Recht hingewiesen hat.

Vom erforderlichen Vollbeweis der nach dieser BK zu erfüllenden Erkrankungen ist der Senat nicht überzeugt. Typisch für eine neurotoxische Polyneuropathie sind symmetrisch-distale, arm- und beinbetonte, sensible, motorische oder sensomotorische Ausfälle mit strumpf- bzw. handschuhförmiger Verteilung. Die motorischen Veränderungen können sich darstellen als leichte motorische Schwäche bis hin zur völligen muskulären Lähmung mit Muskelatrophie. Betroffen ist überwiegend die Muskulatur im Bereich der Hände und Füße. Die lösungsmittelbedingte Polyneuropathie entwickelt sich in der Regel in engem zeitlichem Zusammenhang mit der beruflichen Lösungsmittelexposition. Allerdings wurde vereinzelt von Krankheitsverläufen berichtet, bei denen es zwei bis drei Monate nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit zu einer Verschlechterung der Bewegungsfähigkeit kommt, so dass die klinische Diagnose auch zwei bis drei Monate nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit erstmals gestellt werden kann. Lösungsmittelbedingte Polyneuropathien verbessern sich nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit häufig, nicht selten bleibt die lösungsmittelbedingte Polyneuropathie jedoch klinisch nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit konstant oder verschlechtert sich. Eine Persistenz oder eine Verschlechterung der Erkrankung nach Unterlassung der gefährdenden Tätigkeit schließt eine Verursachung durch Lösungsmittel nicht aus (Mehrtens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, M 1317, S. 3).

Erstmals und als einziger der gehörten Ärzte hat Dr. B. von einer handschuh- und sockenförmigen Hypästhesie und Hyperpathie (ohne Seitenangabe oder –differenzierung) gesprochen (Untersuchung 30.11.2004), die zuvor weder von der Universitätsklinik F. (01.03.2004: der neurologische Untersuchungsbefund ergab keine Auffälligkeiten) noch vom Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. (Untersuchung am 23.04.2004; Befund: neurologisch fand sich kein pathologischer Befund) oder der Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. V. im Rahmen der Untersuchungen am 08.09.2004, 21.09.2004 und 12.10.2004 festgestellt werden konnten (Diagnosen nach einer neurologischen Untersuchung: Gleichgewichtsstörungen/Schwindel/therapieresistenter Schwindel – Neurologischer Untersuchungsbefund: unauffälliger Hirnnervenbefund einschl. Funduskopie, Motalität, Tonus, Kraft der oberen und unteren Extremität ohne Befund, Muskeleigenreflexe der oberen Extremitäten und der unteren Extremitäten nach Bahnung mittellebhaft und seitengleich auslösbar, keine pathologischen Reflexe der Babinskigruppe, Oberflächensensiblität intakt, Koordinationsprüfungen sicher). Aufgrund einer Untersuchung am 08.12.2004 beschrieb das Universitätsklinikum F. eine herabgesetzte Berührungs- bzw. Schmerzempfindung (Hemihypästhesie links). Frau D. berichtete Dr. V. unter dem 14.07.2005 (nur) über eine leichte Sensitivitätsstörung der linken Körperhälfte, besonders der linken Gesichtshälfte und ein intermittierendes Zucken des linken Augenlides. Sodann wird auch im Entlassungsbericht der Klinik K. nach stationärem Aufenthalt vom 06.09.2005 bis 01.10.2005 keine Diagnose "Polyneuropathie" angegeben, sondern nur in der Anamnese vermerkt, dass der Kläger ein Taubheitsgefühl in der gesamten linken Körperhälfte angegeben habe, die im Bericht nach weitgehend unauffälligem neurologischem Untersuchungsbefund als linksseitig bestehende Gefühlsstörung beschrieben wurde. Der Senat vermag sich angesichts dessen schon nicht davon zu überzeugen, dass eine Polyneuropathie mit symmetrisch-distalen, arm- und beinbetonten, sensiblen, motorischen oder sensomotorischen Ausfällen mit strumpf- bzw. handschuhförmiger Verteilung in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der beruflichen Tätigkeit (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a.a.O., S. 265) tatsächlich vorgelegen hat. Untypisch ist zudem der auch von Frau D. beschriebene einseitige, hier linksseitige Bezug, der auch von der Betriebsärztin B. in deren arbeitsmedizinischem Gutachten für das Arbeitsgericht L. beschrieben wurde, ohne allerdings selbst die Diagnose einer Polyneuropathie gestellt zu haben. Mit Prof. Dr. K. ist der Senat aber selbst unter Annahme eines entsprechenden Vollbeweises einer Polyneuropathie der Auffassung, dass eine solche unter Berücksichtigung der Einseitigkeit und der Verschlimmerung, die die Betriebsärztin B. im Vergleich zu den Befunden 2005 angegeben hat, rechtlich nicht wesentlich auf ebenfalls zunächst unterstellte – siehe hierzu die nachfolgenden Ausführungen – Einwirkungen von Lösungsmitteln oder deren Gemischen zurückgeführt werden kann, da eine toxische Polyneuropathie nur über wenige Monate eine Zunahme der Symptomatik zeigt (Schönberger/Mehrtens/Valentin, a. a. O., S. 265). Soweit Prof. Dr. K. die Auffassung vertritt, asymmetrische Neuropathien seien zwar als untypisch anzusehen, schlössen die Anerkennung aber nicht aus, und soweit er in diesem Zusammenhang auf asymmetrische Polyneuropathien durch eine Blei-Expositionen verweist, vermag dies die Wahrscheinlichkeit eines ursächlichen Zusammenhangs nicht zu begründen, weil eine Blei-Exposition auch von Prof. Dr. K. nicht dargelegt und noch nicht einmal vermutet wurde. Weitere Umstände, die für einen wahrscheinlich ursächlichen Zusammenhang sprechen könnten, sind von ihm nicht ausgeführt werden. Dies gilt umso mehr, als der Senat auch die von Frau B. im Bericht vom 12.05.2009 beschriebene Verschlechterung der Symptomatik als Umstand wertet, der gegen eine betriebsbedingte toxische Verursachung spricht. Eine Verschlimmerung der Polyneuropathie wird auch von Prof. Dr. K. bestätigt, ohne dass dies von ihm hinterfragt wird. Der Senat vermag daher angesichts des im Dezember 2004/Anfang des Jahres 2005 dokumentierten Krankheitsbildes schon nicht zu erkennen, dass tatsächlich eine Polyneuropathie in einem unmittelbaren zeitlichen Zusammenhang mit der Aufgabe der Tätigkeit bei der Beigeladenen vorgelegen hat, nachdem sich dem Bericht von Dr. B. konkrete Untersuchungen, die eine Polyneuropathie bestätigen könnten, nicht entnehmen lassen.

Auch mit Blick auf die Diagnose einer Enzephalopathie verbleiben beim Senat letztlich Zweifel, die auch Prof. Dr. K. geäußert hat, nachdem sich die Diagnose einer durch Lösungsmittelexposition bedingten Enzephalopathie im Wesentlichen auf die anamnestischen Angaben und die psychopathologischen Befunde stützt. Wichtige anamnestische Hinweise sind unter anderem "häufige pränarkotische Symptome (Benommenheit, Trunkenheit, Müdigkeit, Übelkeit, Brechreiz, aber auch Zustände von Euphorie) im unmittelbaren Zusammenhang mit der Lösungsmittel-exposition (vgl. Merkblatt zur BK 1317, Bekanntmachung des BMGS, BArBl 2005, Heft 3, S. 49 ff.). Dies ist insofern von Bedeutung, als häufig keine Messdaten vorliegen, anhand derer sich die Art und die Höhe einer zum Teil längere Zeit zurückliegenden Lösungsmittelexposition retrospektiv belegen lässt. Das häufige Auftreten dieser Symptome wird daher als Hinweis auf eine längere Zeit andauernde, gesundheitlich relevante Lösungsmittelexposition gewertet. Die erwähnten Symptome treten üblicherweise erst bei Exposition gegenüber Konzentrationen im Bereich größer 100 mg/m³ auf. Geringfügige Lösungsmittelexpositionen können derartige Symptome nicht auslösen. Hierzu hat Prof. Dr. K. bereits ausgeführt, dass das Auftreten solcher Symptome nicht dokumentiert ist. Ferner lassen sich Konzentrations- und Merkschwächen, Auffassungsschwierigkeiten, Denkstörungen oder Persönlichkeitsveränderungen als Zusatzsymptome nicht eindeutig aus der testpsychologischen Untersuchung vom 13.01.2005 (Dipl.-Psych. K.) ableiten, deren Feststellungen vage und ohne Diagnose bleiben und den Befund als "beeinträchtigte kurzfristige visuelle Merkfähigkeit in Verbindung mit höheren visuo-kognitiven Fähigkeiten" und "zumindest leicht verlangsamte kognitive Informationsverarbeitungsgeschwindigkeit" beschreiben. Darüber hinaus konnten nur "Anzeichen" für eine beeinträchtigte mentale Belastbarkeit festgestellt werden. So waren auch diejenigen Testverfahren, die Rückschlüsse auf eine erworbene cerebrale Schädigung zulassen, uneinheitlich (BENTON-Test einerseits, c.I.-Test andererseits). Berücksichtigt man zudem, dass auch im Reha-Entlassungsbericht der Fachklinik K. zwar bei der Eingangsuntersuchung eine leichte Aufmerksamkeitsstörung beim Wechsel des Aufmerksamkeitsfokus und eine deutliche Lern- und Gedächtnisstörung beschrieben wurden, nach Abschluss des Heilverfahrens aber keine kognitiven Störungen mehr festzustellen waren (bei subjektiv noch bestehender vermehrter Anstrengung), verbleiben lediglich noch die im Vordergrund stehenden Schwindelerscheinungen, die zentralnervös gewertet und einer – toxischen –Enzephalopathie zugeordnet wurden, obwohl es sich differentialdiagnostisch unter Berücksichtigung der Äußerungen von Prof. Dr. K., von Frau B. und auch von Frau D. aufgrund der Symptome von Schwindelerscheinungen auch nach außerberuflichen Einwirkungen um eine MCS handeln könnte. So erbringt auch der Bericht der Lungenfachklinik St. B. (26.11.2011) keinen Nachweis für das Vorliegen einer Enzephalopathie, weil sich diesem eine eigene Untersuchung mit Blick auf das Vorliegen dieser Erkrankung und eine eigene Diagnosestellung nicht entnehmen lässt. Der Senat lässt dies letztlich offen, weil es auch am Nachweis schädigender Einwirkungen fehlt.

Hinsichtlich dieser Einwirkungen stellt der Senat zunächst fest, dass der Kläger seine Beschwerden selbst auf die Einwirkungen aus seiner Tätigkeit am Spannrahmen zurückführt. Nach den Feststellungen des TAB H. in den Berichten vom 05.04.2005 und vom 19.12.2006 wurden in der Ausrüstung vier Spannrahmen betrieben. Ein Spannrahmen besteht aus einer Abzugs- bzw. Abrolleinrichtung, einem Auftragsteil für Appreturflotte und dem eigentlichen Spannrahmen mit Trockner einschließlich Aufwickelvorrichtung. Hauptaufgaben sind dabei das Holen neuer Ware, das Annähen an den Vorläufer, das Einstellen von Maschinendaten (Temperatur, Vorlauf, Voreilung etc.), die Kontrolle der Ware am Auslauf und die Vornahme des Dockenwechsels. Die Spannrahmen werden sowohl zur Ausrüstung als auch zum Trocknen und Dämpfen von Ware eingesetzt. Diese Prozesse laufen ohne Chemikalienauftrag. Die trockene bzw. restfeuchte Ware wird ausschließlich thermisch bearbeitet. Dies geschieht je nach Material bei unterschiedlichen Temperaturen, üblicherweise zwischen 150 und 170 °C, teilweise bei bis zu 190 °C. Ein Spannrahmen hat 6 bis 8 Heizfelder. Die Temperaturen der ersten und letzten Felder werden vergleichsweise niedriger gefahren als in der Spannrahmen-Mitte. Die Temperaturen werden mit Messfühlern oberhalb des Stoffes direkt am Stoff gemessen. Die Kontaktseiten beim Fixieren von Stoffen im Temperaturbereich 185 bis 195 °C betragen dabei 14 bis 16 Sekunden. Die Geschwindigkeit des Spannrahmens wird demnach so eingestellt, dass die Stoffe nach 14 bis 16 Sekunden die Bereiche, in denen die Fixierung stattfindet, verlassen. Höhere Temperaturen als 195 °C werden am Spannrahmen aus Sicherheitsgründen nicht gefahren. Ab 200 °C besteht insbesondere am Abluftsystem erhöhte Brandgefahr. An den Spannrahmen werden verschiedene textile Stoffe getrocknet und fixiert. Allgemein gilt, dass die Temperaturen zum Fixieren von Stoffen höher liegen als zum Trocknen der Stoffe. Die Temperaturen sind abhängig von der Qualität, d. h. von der Art der Fasern, der Art der Gewebe, der Fadenstärke, des Restfeuchtegehalts usw. Die Befragung des Produktionsleiters Adam durch den TAB hat ergeben, dass die Trockentemperaturen bei 150 bis 170 °C liegen, nur selten darüber. Die Temperaturen zum Fixieren von Stoffen liegen bei 170 bis 195 Grad, wobei die Maximaltemperaturen tatsächlich 185 bis 195 °C betragen. Von der Gesamtware, die fixiert wird, werden geschätzt ca. ein Drittel der Ware bei etwa 195 °C fixiert. Die Textilien, die am Spannrahmen getrocknet und fixiert werden, bestehen aus Baumwolle, Polyester, Polyamid, Polyacetat, Viskose und Mischungen einzelner Fasern, beispielsweise Viskose/Elasthan. Es werden überwiegend Polyesterstoffe und Polyester-Mischgewebe bei höheren Temperaturen fixiert.

Ausgehend hiervon stellt der Senat fest, dass unter Berücksichtigung der geschilderten Bedingungen eine Exposition gegenüber Lösungsmitteln im Sinne der BKen 1302/1317 nicht nachgewiesen ist. Dies ergibt sich im Wesentlichen schon aus den Einlassungen des Dipl.-Chem. S. vom FIUC und aus den Untersuchungen des BGIA. Auch wenn letztlich die Herkunft der vom FIUC geprüften Materialproben ungeklärt ist und allein deshalb der Beweiswert der Proben anzuzweifeln ist, ergeben sich aus diesen Analysen für die zu prüfenden BKen keine für die Beurteilung des Rechtsstreits relevanten Gesichtspunkte. Die Analyse der originalen Fasermaterialien durch das FUIC ließ nämlich keinerlei Fremdstoffe erkennen, die einer der mit dem Verfahren prüfbaren gefährlichen Stoffklassen entsprechen, woraus der Senat schließt, dass zumindest diesen Proben keine Lösungsmittel anhafteten, die im Rahmen der streitigen BKen zu berücksichtigen sind. In seiner Stellungnahme vom 28.09.2006 bestätigte Dipl.-Chem. S. dies, indem er ausführte, dass in den Textilproben keine Fremdstoffe enthalten gewesen sind, "die auf einen Zusammenhang mit den Problemen des Herrn B. hätten schließen lassen." Dies bestätigen auch die vom BGIA durchgeführten Thermodesorptionsanalysen (11.04.2006 und 12.02.2007), bei denen 14 Materialproben auf frei werdende flüchtige chemische Stoffe gaschromatografisch-massenspektrometrisch analysiert wurden. Dipl.-Chem. S. kritisierte dies dahingehend, dass die Beklagte mit großem Aufwand 14 Proben von Textilien habe untersuchen lassen, die von ihm als unkritisch eingestuft worden sind, und bestätigt in seiner Stellungnahme vom 28.09.2006 sodann, dass er mit dem Messbericht insoweit übereinstimme, als die in den thermisch nicht belasteten Textilproben gefundenen Stoffe unbedenklich im Hinblick auf die beim Kläger vorliegenden Symptome seien. Diese Einschätzung erweiterte er im Übrigen auch auf die vom messtechnischen Dienst gefundenen Siloxan-Derivate, da diese durch das Analysegerät selbst entstehen, und auf das von Frau D. im Blut nachgewiesene Pentachlorphenol [PCP] (vgl. Stellungnahme vom 26.03.2008). In der Stellungnahme vom 28.09.2006 merkt Dipl.-Chem. S. in Bezug auf die Äußerung im Schreiben der Beklagten vom 05.08.2005 zudem an, dass es zutreffe, dass die diskutierten Stoffe (bezogen auf die von ihm festgestellten PAK) nicht den erwähnten BK-Nummern entsprechen würden, deren Schädlichkeit anhand der Gefahrstoffverordnung aber unstreitig beweisbar sei. Streitgegenstand des vorliegenden Rechtsstreits ist aber nicht die Anwendung der Gefahrstoffverordnung auf die Tätigkeit des Klägers bis 2004, sondern sind die zur Entscheidung gestellten BKen in den angefochtenen Bescheiden, deren Tatbestand den Nachweis der Einwirkung von Lösungsmitteln und deren Gemische erfordert. Dadurch werden andere oder weitere BKen nicht ausgeschlossen, die Prüfung, ob deren Voraussetzungen erfüllt sind, obliegt aber zunächst der Beklagten in einem förmlichen Verwaltungsverfahren (BSG, Urteil vom 05.07.2016 – B 2 U 4/15 R –, juris).

Der Senat sieht mit diesen Äußerungen des FUIC auch die Angaben des Präventionsdienstes bestätigt, dass die Dämpfe, die dem Spannrahmen entweichen, vor allem Wasser und flüchtige Stoffe aus den verarbeiteten Materialien enthalten, die durch die Analysen nicht nachweisbar sind (25.11.2008).

Auch mit dem Verweis von Prof. Dr. K. auf Zusatzstoffe in den Textilien (3.6 seines Gutachtens) lässt sich ein Nachweis einer schädigenden Einwirkung im Sinne der BK 1302 und 1317 nicht begründen. Seine Ausführungen zu Diethylenglycol, Hydroxynaphthalin, Dibutylphtalat, Fumarsäure-di-(2-ethylhexyl)-ester, &949;-Caprolactam, Diethylamin und Acrylate, die in den vom BGIA 2006 gaschromatografisch-massenspektrometrisch analysierten Textilproben qualitativ nachgewiesen wurden, mögen belegen, dass eine toxische Wirkung dieser Stoffe nicht ausgeschlossen werden kann. Sie lassen sich aber weder mit den Ergebnissen des von Frau D. veranlassten Biomonitorings vereinbaren noch setzt sich der Sachverständige mit dem Einwand der Beklagten auseinander, es handele sich bei den festgestellten freiwerdenden chemischen Stoffen nicht um Chemikalien, die unter die BKen 1302 und 1317 fallen. Im Übrigen berücksichtigen die gemachten Angaben weder die oben bereits beschriebene Einschätzung des FUIC noch die des BGIA. Dasselbe gilt daher auch für die Lösungsmittel, die sich aus den Herstellerangaben ergeben.

Die Möglichkeit, dass den zu bearbeitenden Materialien Lösemittel im Sinne der vorliegenden BKen anhaften können, und beim Dämpfen bzw. beim thermischen Erhitzen dieser Stoffe entweichen, vermag auch der Senat nicht grundsätzlich auszuschließen. Allerdings konnten letztlich aufgrund einer Vielzahl von Lieferanten sowie ständig wechselnder Stoffe und Artikel nachvollziehbare und überprüfbare Angaben hierzu nicht mehr gemacht werden. Nachdem der Arbeitsplatz des Klägers bereits 2009 umgestaltet worden war und die Anlage zu einer Abklärung der entweichenden Dämpfe nicht mehr zur Verfügung steht, ließ sich der Sachverhalt, insbesondere Ausmaß, Dauer und Qualität entweichender Dämpfe nicht weiter aufklären. Dies gilt auch für die Einlassungen des Präventionsdienstes, dass aufgrund der Hallenausmaße und der vorhandenen lüftungstechnischen Einrichtung eine Belastung durch hier relevante Chemikalien oberhalb der MAK-Werte ausgeschlossen werden kann. Weitere Aufklärungs- und Ermittlungsmöglichkeiten sieht der Senat insoweit nicht. Der Kläger hat zum Nachweis von Einwirkungen durch Halogenkohlenwasserstoffe oder Lösungsmittel keine Zeugen aufgeboten, die konkrete Angaben zur Beschaffenheit (Qualität und Ausmaß) von Inhaltsstoffen der geschilderten Dämpfe machen könnten, insbesondere, dass es sich insoweit um lösungsmittelhaltige Ausdunstungen gehandelt hat. Etwas anderes ergibt sich daher auch nicht aus den in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Äußerungen von Arbeitskollegen bzw. von Angehörigen von Arbeitskollegen, die zwar Geruchsbelästigungen, Rauch- und Qualmentwicklungen, mangelnde Abzugsvorrichtungen u.ä. bestätigten, über den bereits bekannten Sachverhalt und Vortrag hinaus (siehe Angaben der Frau L., des Herrn B.) jedoch nichts zur weiteren Sachaufklärung des hier streitigen Sachverhalts beizutragen vermochten. Eine weitere Sachverhaltsklärung durch die Einvernahme von Zeugen ist daher weder geboten noch drängt sie sich auf. Soweit nunmehr erstmals 15 Jahre nach Aufgabe der Tätigkeit und drei Jahre nach Vorlage des Gutachtens von Prof. Dr. K., der sich ausführlich auch mit einer (zeitbegrenzten) PER-Einwirkung auseinandergesetzt hat, über die Verwendung von Trichlorethylen, Perchlorethylen bei der Reinigung von Maschinen berichtet wird, vermochte dies den Senat ebenfalls nicht dazu zu veranlassen, von Amts wegen weitere Ermittlungen durchzuführen. Zunächst ergibt sich schon aus dem Vortrag des Klägers in der mündlichen Verhandlung nicht, dass er regelmäßig über einen längeren Zeitraum hinweg (nach den Ausführungen von Prof. Dr. K. erfordern die neurologischen Erkrankungen des Klägers ätiologisch eine langjährige Exposition durch neurotoxische Substanzen in relevanter Konzentration, vgl. Seite 95 des Gutachtens) solchen Einwirkungen ausgesetzt gewesen ist. Die von ihm vorgelegte Stellungnahme der Frau F. legt schon nahe, dass "Trichlorethylen" an Schautischen Verwendung fand, am Arbeitsplatz der Frau F. also und nicht am Arbeitsplatz des Klägers. Offen ist auch, wen Frau F. meint, wenn sie ausführt "Sie sagte, das war doch Trichlorethylen gewesen!!". Die Stellungnahme des Herrn B. gibt hierzu ebenfalls wenig Aufschluss, denn er konnte zur Zusammensetzung der zum Putzen verwendeten Flüssigkeit gerade keine Angaben machen. Soweit Frau K. beschreibt, ihre Aufgabe habe darin bestanden, Flecken aus der Ware herauszuspritzen, die am Spannrahmen entstanden sind, und dabei die verwendeten Mittel Perchlorethylen und Trichlorethylen (bis 1999) erwähnt, ist damit ebenfalls nicht der Arbeitsplatz des Klägers beschrieben und betroffen und es fehlt – bei einer Verwendung bis 1999 – zudem an einem erforderlichen zeitlichen Bezug zum Auftreten der Erkrankung. Schließlich ist darauf hinzuweisen, dass Halogenkohlenwasserstoffe auch bei der Blutentnahme am 03.12.2004 nicht nachweisbar gewesen sind (Prof. Dr. E., Gutachten vom 25.01.2008). Dass der Kläger selbst und in dem erforderlichen zeitlichen wie auch qualitativen Umfang bei der Reinigung der Maschine mit Lösungsmitteln in Kontakt gekommen sein soll, ist für den Senat weder plausibel dargelegt noch ergeben sich hierzu konkrete Ermittlungsansätze.

Soweit Dipl.-Chem. S. in seinen Stellungnahmen die Bildung von PAK als Pyrolyse-Produkt als – mögliche – schädigende Einwirkung (vom 02.08.2005, 28.09.2006, 26.04.2006, 11.12.2007) bezeichnet, ist dies für das vorliegende Verfahren nicht entscheidungserheblich. Denn insoweit weist Dipl.-Chem. S. darauf hin, dass sich aus der von ihm durchgeführten Analyse die Frage ergebe, ob der Kläger Chemikalien (höchstwahrscheinlich) eingeatmet habe, die als Pyrolyseprodukte unter die Gefahrstoffverordnung fallen und die als bekanntermaßen krebserregende und gesundheitsgefährdende Stoffe präventiv von den Arbeitnehmern hätten ferngehalten werden müssen. In der Stellungnahme vom 11.12.2007 wies er zudem darauf hin, nie behauptet zu haben, dass die gefundenen PAK ein organisches Lösemittel im Sinne der genannten Listennummern seien. Insoweit widerspricht er sich, wenn er im März 2008 und Juni 2011 erstmals und ergänzend darlegt, dass unter pyrolytischen Bedingungen "kleinere Aromaten" wie Benzol, Toluol usw., die in der Industrie als Lösemittel Verwendung finden würden, gebildet werden. Der Senat sieht diese Ausführungen dem sichtlichen Bestreben geschuldet, schädigende Einwirkungen und eine Entschädigung für den Kläger zu begründen. Befremdlich ist zudem, dass er in seinem Bericht vom 21.06.2011 auf die Analyse neuer Proben vom Januar 2010 verweist (die dem Senat nicht vorgelegt wurde), die dem Arbeitsbereich des Klägers entstammen sollen, obwohl der Kläger dort seit 2005 nicht mehr beschäftigt ist. Die Umstände dieser Probenentnahme wurde ebenfalls nicht offengelegt, auch nicht die konkreten Örtlichkeiten, sodass die in diesem Zusammenhang erfolgten Analyseergebnisse mit Nachweis kleiner aromatischer Ringe mit 50 bis 400 mg/kg im Staub nicht im Ansatz verwertbar sind. Ohnehin sind Temperaturen von über 300 °C, die Dipl.-Chem. S. selbst für die Entstehung der kleineren Aromaten als Voraussetzung nennt, für den Regelbetrieb nicht zu erwarten. Die Ausführungen entbehren damit letztlich einer nachvollziehbaren Grundlage. Gleiches gilt für die Schlussfolgerung, im Mai 2005 im Blut nachgewiesene Aromaten wie Toluol und Benzol seien durch Pyrolyse entstanden. Insoweit berücksichtigt Dipl.-Chem. S. nicht, dass die Untersuchung einer Blutprobe, die Frau D. selbst am 27.10.2004 und damit zu einer Zeit, als der Kläger noch vollschichtig tätig gewesen ist, entnommen hatte, keine auffälligen Konzentrationen von flüchtigen organischen Verbindungen aufgewiesen hat. Ferner dürfte in diesem Zusammenhang zu berücksichtigen sein, dass von einer Exposition gegenüber den in der Literatur bekannten Pyrolyseprodukten, die bei Temperaturen über 300 °C entstehen, während einer regulären Produktion nicht ausgegangen werden kann, weil solche Temperaturen zur Zerstörung des textilen Gewebes führen würden, wie der Bericht des Präventionsdienstes vom 07.01.2009 für den Senat schlüssig und überzeugend darlegt (ebenso Präventionsabteilung der Beklagten, Dr. Hoffmann 03.05.2011 und 19.08.2011).

Damit führen auch die von den Zeugen geschilderten Arbeitsverhältnisse (neblig/dunstig, extremer Gestank) beim Fixieren (B. 25.11.2008, 20.02.2009 und 18.01.2010) zu keiner anderen Einschätzung oder gar zum Nachweis von Einwirkungen durch Lösungsmittel, weil nicht gleichzeitig auch behauptet wurde, dass während des Fixierens zumindest ein Teil der Ware beschädigt oder vernichtet wurde. Dass der Gestank auf Lösungsmittel zurückzuführen war, ist daher rein spekulativ und lässt sich auch nicht durch die Angaben der Textilingenieurin L. ("Erklärung" vom 12.05.2009) belegen. Diese bestätigt nur, dass es im Zusammenhang mit dem Verarbeiten von Stoffen mit hohen Polyesteranteilen zu Rauchentwicklungen, insbesondere beim Fixieren im Zusammenhang mit den dabei verwendeten "hohen" Temperaturen, gekommen ist. Diese Temperaturen hat sie aber für das Verarbeiten in der Appretur mit (max.) 190 bis 200 °C angegeben. Diese Angaben decken sich daher mit den vom Präventionsdienst angegebenen Werten, dass bei der Bearbeitung von polyesterhaltigen Textilien i. d. R. keine Temperaturen über 195 °C gefahren werden. Anderes lässt sich schon deshalb nicht mehr belegen, weil die Spannrahmen, an denen der Kläger gearbeitet hat, nicht mehr existieren.

Der Rückschluss allein von den medizinischen Fakten auf eine Einwirkung von Lösungsmitteln, wie ihn Dipl.-Chem. S., der selbst kein Arzt ist, vorgenommen hat, ist beweisrechtlich unzulässig, zumal er in diesem Zusammenhang die Erläuterung des ursächlichen Zusammenhangs und der konkreten medizinischen Fakten schuldig bleibt. Auch insoweit ist zu berücksichtigen, dass Dipl.-Chem. S. nicht vom Gericht beauftragt wurde, sondern diese Stellungnahmen im Auftrag des Klägers erstellt hat und auch deswegen zu einer kritischen Würdigung nicht verpflichtet war.

Schließlich sieht sich der Senat in seiner Auffassung auch durch die Wertung von Prof. Dr. K. bestätigt, der diesen von Dipl.-Chem. S. geschilderten Sachverhalt nicht zum Anlass genommen hat, die Anerkennung einer BK 1317 vorzuschlagen, sondern befürwortete, die neurotoxische Wirkung von PAK als Quasi-Berufskrankheit (§ 9 Abs. 2 SGB VII) anzuerkennen.

Unter Berücksichtigung dessen ist für den Senat auch die Schlussfolgerung von Prof. Dr. E. nachvollziehbar, dass sich keine Hinweise darauf ergeben haben, dass der Kläger bei seiner beruflichen Tätigkeit über längere Zeit und dauerhaft einer (erforderlichen) hohen Belastung durch neurotoxische organische Lösungsmittel ausgesetzt gewesen ist.

Der Senat kann auch nicht feststellen, dass eine Erkrankung gem. der Nummern 1302 und 1317 im Zusammenhang mit gesundheitlichen Folgen der auf eine Arbeitsschicht begrenzten Ereignisse vom 16.06.1998 (Brand an einem Spannrahmen der Pharmatex-Maschine), 25.01.2001 (Rauchausbreitung im Arbeitsbereich des Klägers) und am 02.12.2004 (ebenfalls Rauchgasentwicklung) beruht. Das mögliche Vorliegen eines Arbeitsunfalles schließt die Anerkennung eines Gesundheitsschadens als BK nicht grundsätzlich aus, da der Unterschied zu einem Arbeitsunfall nur der ist, dass dieser plötzlich eintreten muss. Die Berufskrankheit unterscheidet sich damit vom Arbeitsunfall regelmäßig durch die Dauer der schädigenden Einwirkung. Während der Arbeitsunfall ein zeitlich begrenztes Ereignis darstellt (§ 8 Abs. 1 Satz 2 SGB VII), ist die Berufskrankheit in der Regel durch lange Einwirkungszeiten sowie durch jahrzehntelange Latenzzeiten gekennzeichnet. Das Entstehen über einen langen Zeitraum hinweg ist ein typisches Merkmal (jurisPK-SGB VII/Brandenburg § 9 Rn. 56) aber keine zwingende Voraussetzung einer Berufskrankheit, wie z.B. Infektionskrankheiten i. S. d. BK 3104 oder Vergiftungsfälle (z. B. BK 1201) zeigen (Bereiter-Hahn/Mehrtens, Gesetzliche Unfallversicherung, § 9, Rn. 2.1), die zwar punktuell eintreten, aber dennoch Berufskrankheiten darstellen können. Da aber auch eine BK plötzlich auftreten kann, ist auch dann, wenn zugleich die Merkmale eines Arbeitsunfalls erfüllt sind, das Berufskrankheitenrecht anzuwenden (LPK-SGB VII/Stephan Brandenburg, SGB VII, § 9 Rn. 10-11).

Lediglich ergänzend und unter Berücksichtigung der gemachten Ausführungen ist festzustellen, dass sich weder nach Aktenlage belegen lässt noch von den gehörten Sachverständigen vertreten wird, dass Einwirkungen aus den genannten Ereignissen eine herausragende oder gar alleinige Bedeutung für das Vorliegen einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie zukommt. So liegen in der Folge des Ereignisses vom 16.06.1998 lediglich der Bericht des D-Arztes Dr. S. vom 16.06.1998 und des Kreiskrankenhauses Bad S. vor, wo der Kläger nach unauffälligem zweitägigem stationären Aufenthalt wieder entlassen wurde. Eine Erkrankung im Sinne der BK 1302 oder 1317 ist insoweit nicht belegt. Dass eine Polyneuropathie oder Enzephalopathie rechtlich wesentlich durch das Ereignis vom 21.02.2001 verursacht worden sein könnte, lässt sich ebenfalls nicht schlüssig begründen. Zwar wurde in diesem Zusammenhang von einem Zustand nach Rauchvergiftung ausgegangen und auch eine rezidivierende Schwindelsymptomatik ungeklärter Ätiologie diagnostiziert. Der Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. G. schloss aber eine neurologische Erkrankung zum damaligen Zeitpunkt aus. Weitere Untersuchungen erfolgten sodann erst 2004 und noch vor dem dritten Ereignis im Dezember desselben Jahres. So ist in den Akten vermerkt, dass der Kläger Ende 2004 angegeben hat, dass Schwindelanfälle seit 1,5 Jahren, seit einem Jahr vermehrt, auftreten würden (Universitätsklinikum F. 09.12.2004, Unfallfragebogen der A. 03.01.2005: ca. 1 Jahr). Am 24.02.2004 und damit drei Jahre nach dem Ereignis 2001 stellte sich der Kläger in der Neurologischen Universitätsklinik F. vor und verwies auf eine erstmals im Januar 2001 nach einer Rauchgasvergiftung aufgetretene, wenige Minuten anhaltende Episode mit Drehschwindel, weswegen nach dem Ereignis vom 21.02.2001 auch noch nicht von einem überdauernden Krankheitsbild ausgegangen werden kann. Dies wird zudem belegt durch eine fehlende Inanspruchnahme ärztlicher Behandlung bis 2004. Im Bericht vom 24.02.2004 wurde nach einer ambulanten Untersuchung des Klägers der neurologische Untersuchungsbefund als unauffällig angegeben und auch bei den Lagerungsproben konnte ein Nystagmus nicht beobachtet werden. Auch eine MRT des Kopfes vom 27.04.2004 blieb ohne Befund, ebenso wie die hno-ärztliche und augenärztliche Abklärung der Ursachen der Schwindelsymtomatik. Da sich zudem im Vergleich der Befunde vor dem Ereignis vom 02.12.2004 und danach keine gravierenden Veränderungen feststellen lassen, kommt auch dem Ereignis vom 02.12.2004 keine besondere Bedeutung für die Entwicklung einer Polyneuropathie oder Enzephalopathie zu. Dies folgt zudem aus den Ergebnissen der von Frau D. veranlassten Blutuntersuchungen, die keinen Rückschluss auf eine durch Halogenkohlenwasserstoff bzw. durch Lösungsmittel und deren Gemische aus der betrieblichen Tätigkeit des Klägers verursachten Erkrankung im Sinne der BK 1302 und 1317 zulassen: Der Senat berücksichtigt auch die Blutprobe vom 03.12.2004, obwohl weder sichergestellt ist, dass es sich bei dieser Blutprobe um eine solche des Klägers gehandelt hat, noch ob diese fachgerecht entnommen worden ist. Die Fachärztin für Allgemeinmedizin D. gab hierzu an, die Ehefrau des Klägers habe ihr wegen des Verdachts auf eine Lösungsmittelvergiftung selbst abgenommenes Blut des Klägers zur Untersuchung gebracht. Diese Blutuntersuchung ergab, dass am Tag nach dem Ereignis vom 02.12.2004 der neurotoxische Schwellenwert von Toluol deutlich überschritten war. Die Blutuntersuchungen von Frau D. am 27.10.2004, 20.01.2005, 20.04.2005 und 30.05.2005 (Auswertung durch Prof. Dr. K.) belegen jedoch auch, dass ca. drei Monate vor diesem Ereignis und in der Zeit danach der neurotoxische Schwellenwert um mehrere Größenordnungen unterschritten war. Dies gilt auch für Xylol, wobei dessen neurotoxischer Schwellenwert am Tag nach dem Unfallereignis nicht annähernd erreicht worden ist (Prof. Dr. K., S. 41 des Gutachtens). Werte für Benzol, Methylethylketon, Methanol und Ethanol sind vor dem Unfallereignis und auch kurz danach nicht bestimmt worden. Für den Zeitraum 01-05/2005 sind arbeitsmedizinisch-toxikologisch unbedenkliche Werte festgestellt worden (Prof. Dr. K., a. a. O.). Insoweit weist Prof. Dr. K. auch darauf hin, dass die Toluolkonzentration von 2.265,1 µg/l Blut nicht extrem erhöht gewesen ist. Wie Frau D. u.a. in ihrem Schreiben vom 14.07.2005 und – wiederholend – auch unter dem 04.03.2008 angegeben hat, ist es am 02.12.2004, während die Rohware morgens bei 190 °C fixiert worden sei, zu akuten Intoxikationserscheinungen gekommen, weshalb der Kläger notärztlich habe versorgt werden müssen. Ein Brand, wie Frau D. später geltend macht (26.04.2009), ist jedoch weder im Durchgangsarztbericht von Dres. P. vom 03.01.2005 (Behandlung 02.12.2004) noch in der Unfallanzeige der A. Bad S. genannt. Auch haben weder das Krankenhaus Bad S. (22.12.2004) noch das Universitätsklinikum F. (09.12.2004) einen Brand im Zusammenhang mit der Behandlung nach dem 02.12.2004 erwähnt. Schließlich hat auch der Kläger gegenüber Prof. Dr. K. nicht behauptet, dass es am 02.12.2004 zu einem Brand gekommen ist, auch wenn er dort angegeben hat, dass die Halle rauchgeschwängert gewesen ist. Schließlich bestätigte die Auskunft der Stadt W. über Einsätze der Freiwilligen Feuerwehr keinen Einsatz der Feuerwehr am 02.12.2004, sodass der Senat für dieses Ereignis auch keinen Brand und damit auch keine höheren als die vom TAD und den Zeugen bestätigten Temperaturen eines regulären Produktionsganges feststellen kann. Damit vermag der Senat ungewöhnliche Betriebsbedingungen oder einen Maschinendefekt am Spannrahmen für diesen Tag nicht festzustellen. Unter solchen Bedingungen liegen jedoch – wie oben bereits ausgeführt – keine schlüssigen Begründungen für eine Einwirkung und auch keine betriebliche Ursache für die zwei Tage nach diesem Ereignis festgestellten hohen Werte für Toluol und Xylol vor. Etwas anderes lässt sich auch dem in der mündlichen Verhandlung vorgelegten Leistungsnachweis für die Bruckner-II-Maschine, der im Übrigen nicht belegt, dass der Kläger an dieser gearbeitet hat, nicht entnehmen.

Das auf Antrag und Kostenrisiko des Klägers eingeholte Gutachten von Prof. Dr. K. überzeugt den Senat nicht. Es ist schon nicht nachvollziehbar, dass der Sachverständige das Gutachten ohne ambulante Untersuchung erstattet hat, obwohl ihm der Auftrag hierzu erteilt wurde. Soweit das Gutachten davon ausgeht, dass entgegen den Feststellungen des Präventionsdienstes eine Lösungsmittelbelastung bis zum 01.09.1990 bestanden habe und dies aus den Angaben der Beigeladenen vom 21.02.2005 im Wege des Umkehrschlusses ableitet, hält der Senat dieses Vorgehen nicht für zulässig, nachdem Auskünfte ausdrücklich nur für die Zeit ab dem 01.09.1990 gemacht wurden. Ermittlungsmöglichkeiten sieht der Sachverständige dabei selbst nicht mehr, wenn er ausführt, dass ärztliche Kontrollen und Gefahrstoffmessungen bis 1990 nicht zu erwarten sind, zumal betriebsärztliche Kontrollen nach den Recherchen im arbeitsmedizinischen Gutachten von Frau B. nie stattgefunden haben und Gefahrstoffmessungen in keinem einzigen Fall vorgelegt worden sind. Soweit er den kategorischen Ausschluss von Lösungsmitteln als Arbeitsstoff durch die Firmenleitung als unglaubwürdig einstuft und z.B. auf Färbeprozesse verweist, kann er sich insoweit weder auf die Ermittlungen des Präventionsdienstes noch auf Zeugenaussagen oder auf Angaben des Klägers, dessen Angaben er im Rahmen des Gutachtens in seiner Ausarbeitung nicht wiedergegeben hat, stützen. Der Senat vermag angesichts dessen nicht zu erkennen, dass diesbezüglich weitere Ermittlungen möglich oder zielführend sein könnten. Soweit Prof. Dr. K. auf einen Kontakt zu Perchlorethylen an einer Reinigungsmaschine in den Jahren 1981 bis 1983 verweist und eine solche Belastung durch PER für die Zeit bis 1994 für möglich hält, ignoriert er die Feststellungen des Präventionsdienstes, ohne dass er sich insoweit auf Angaben des Klägers zur Häufigkeit und zum Umfang entsprechender Tätigkeiten an dieser Maschine stützen kann. Angesichts einer nachgewiesenen Exposition nur bis 1983 ist der Senat in Übereinstimmung mit dem Gutachten von Prof. Dr. E. der Überzeugung, dass eine solche nicht Ursache der 20 Jahre später aufgetretenen neurologischen Beschwerden und Symptome sein kann. Soweit Prof. Dr. K. unterstellt, eine belastungsfreie Zeit von 1984 bis etwa 2004 habe nicht bestanden und die nach 1983 einsetzenden chemischen Belastungen hätten nicht auf einen gesunden, sondern auf einen bereits vorgeschädigten Organismus eingewirkt und die Vulnerabilität sei berufsbedingt verursacht worden, weshalb auch die Folgen einer späteren chemischen Stresseinwirkung ihren Platz im Unfallrecht haben müssten, beschreibt er letztlich nicht mehr als die Möglichkeit einer beruflichen Verursachung ohne darzulegen, dass der von ihm geschilderte Ursachenzusammenhang auch mit der hierfür erforderlichen hinreichenden Wahrscheinlichkeit erfüllt ist. Hierzu hatte Prof. Dr. K. bereits dargelegt, dass ein derartiger Mechanismus in der wissenschaftlich begründeten Toxikologie nicht etabliert sei, weil Lösungsmittel einen niedrigen Dampfdruck hätten, rasch verdunsteten und deswegen ihre Halbwertszeit im Organismus gering sei. Prof. Dr. K. verweist insoweit auf Messungen in der Atemluft, die anders als Messungen im Blut die Langzeitspeicherung im Organismus belegen würden. Die von ihm genannten Beispiele aus seiner eigenen Erfahrung belegen jedoch noch keinen allgemein gültigen wissenschaftlichen Standard, zumal er selbst einräumt, dass es für bestimmte Lösungsmittel eine Langzeitspeicherung bei mehrjähriger Exposition und auch bei akuten, kurzfristigen Unfallexpositionen gibt, konkret aber offenlässt, ob eine solche Langzeitspeicherung auch für die hier infrage kommenden Chemikalien anzunehmen ist. Die von ihm beschriebenen Beispiele betreffen nicht den vorliegenden Sachverhalt.

Soweit Prof. Dr. K. auf die Mischungen in der Appreturküche per Hand verweist, hat er weder festgestellt, dass der Kläger selbst solche Tätigkeiten ausgeführt hat, noch, dass es Anhaltspunkte dafür gibt, dass es beim Kläger eine erhebliche dermale Exposition erheblichen Ausmaßes über Jahre hinweg gegeben hat. Zur Abschätzung konkreter Einwirkungen aus dem Arbeitsbereich des Klägers ist nach Auffassung des Senats auch nicht entscheidend, wie hoch die Krankheitsrate dort oder insgesamt im Betrieb gewesen ist. So ist das Versterben oder Erkranken von Mitarbeitern an Krebs hier schon deshalb nicht entscheidend, weil die streitigen BKen das zentrale Nervensystem bzw. Herz-, Leber- und Nierenschäden betreffen (vgl. Mertens/Brandenburg, Die Berufskrankheitenverordnung, Stand Januar 2018, M 1302 S. 7f., und M 1317, S. 2f.). Soweit auf neurologische Erkrankungen verwiesen wird, kann hierdurch der arbeitsplatzbezogene individuell erforderliche Nachweis einer schädigenden Einwirkung nicht ersetzt werden. Soweit Prof. Dr. K. mögliche Einwirkungen durch Lösungsmittel etwa auch über Textilhilfsmittel und insbesondere Formaldehyd und andere im Gutachten unter 2.3 genannte Stoffe diskutiert, führt auch dies nicht weiter, nachdem – wie bereits oben ausgeführt – das FUIC und die Messungen des BGIA unter Berücksichtigung der konkreten Arbeitsumstände des Klägers keinen Kontakt zu Lösungsmitteln ergeben haben. Soweit Prof. Dr. K. auf die nicht vorliegenden Kontrollmessungen nach TA-Luft verweist, sind auch diesbezüglich keine weiteren Ermittlungen von Amts wegen erforderlich, nachdem der Sachverständige selbst angegeben hat, dass diese Kontrollen auf den anstehenden Fall keine Auswirkungen haben können, weil sich die Untersuchungen auf den Zustand nach der Umgestaltung der Arbeitsplätze bezogen hätten und die TA-Luft erst 2003 vom Gesetzgeber verbindlich vorgeschrieben worden sei.

Die Berufung war daher zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Unterliegen des Klägers auch im Rechtsmittelverfahren.

Da nach Auffassung des Senats der Rechtssache eine grundsätzliche Bedeutung nicht zukommt und eine Divergenz nicht vorliegt (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGG), bestand kein Grund, die Revision zuzulassen.
Rechtskraft
Aus
Saved