L 5 RS 810/17

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Chemnitz (FSS)
Aktenzeichen
S 7 RS 1060/16
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 5 RS 810/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz - betriebliche Voraussetzung - VEB Textilreinigung Plauen
Beim VEB Textilreinigung Plauen handelte es sich weder um einen volkseigenen Massenproduktionsbetrieb im Bereich Industrie oder Bauwesen, noch um einen gleichgestellten Betrieb, sondern um einen Dienstleistungsbetrieb im Bereich der Textilreinigung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 21. September 2017 wird zurückgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung der Beklagten die Beschäftigungszeiten der Klägerin vom 18. April 1978 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz festzustellen.

Die 1952 geborene Klägerin war vom 16. Juli 1972 bis 6. April 1989 als Wirkerin, Meisterin, Abteilungsleiterin, Ausbilderin, Lehrausbilderin, Lehrmeisterin und Lehrobermeisterin im volkseigenen Betrieb (VEB) A ... Gardine beschäftigt und absolvierte berufsbegleitend bis April 1978 ein Fachschulstudium in der Fachrichtung Technologie der metallverarbeitenden Industrie an der Ingenieurschule für Maschinenbau Y ... Sie ist seit 18. April 1978 berechtigt, die Berufsbezeichnung "Ingenieur" zu führen. Vom 10. April 1989 bis 30. Juni 1990 (sowie darüber hinaus) war sie als Hauptenergetikerin im VEB Textilreinigung A ... beschäftigt. Sie war zu Zeiten der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) nicht in ein Zusatzversorgungssystem der Anlage 1 zum Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz (AAÜG) einbezogen.

Den bei der Beklagten am 15. März 2016 eingegangenen Antrag der Klägerin vom 5. März 2016 auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 28. April 2016 und bestätigendem Widerspruchsbescheid vom 8. September 2016 ab: Eine Versorgungsanwartschaft im Sinne von § 1 Abs. 1 AAÜG sei nicht entstanden. Weder habe eine positive Versorgungszusage (Anwartschaft) zu Zeiten der DDR vorgelegen, noch sei am 30. Juni 1990 (Schließung der Zusatzversorgungssysteme) eine Beschäftigung ausgeübt worden, die – aus bundesrechtlicher Sicht – dem Kreis der obligatorisch Versorgungsberechtigten zuzuordnen sei. Der VEB Textilreinigung A ... sei kein volkseigener Produktionsbetrieb im Bereich Industrie oder Bauwesen und auch kein gleichgestellter Betrieb gewesen.

Die hiergegen am 30. September 2016 erhobene Klage hat das Sozialgericht Chemnitz, nach Anhörung der Beteiligten, mit Gerichtsbescheid vom 21. September 2017 abgewiesen. Die Klägerin sei weder tatsächlich noch fingiert in das Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz einbezogen. Die betriebliche Voraussetzung für den geltend gemachten Anspruch auf Einbeziehung in die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz liege nicht vor, da der VEB Textilreinigung A ... am 30. Juni 1990 kein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen sei. Massenhafte industrielle Fertigung von Sachgütern sei vom Betrieb nicht verrichtet worden. Hauptzweck des Betriebes sei die Reinigung von Textilien gewesen.

Gegen den am 25. September 2017 zugestellten Gerichtsbescheid hat die Klägerin am 24. Oktober 2017 Berufung eingelegt, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgt. Der VEB Textilreinigung A ... sei am 30. Juni 1990 ein volkseigener Produktionsbetrieb gewesen. Denn er habe im großen kombinatsübergreifenden System Arbeitskleidung gereinigt, repariert und hergestellt. Ein Wäschereibetrieb in Kombinatsgröße sei kein Dienstleistungsbetrieb. Die Tätigkeit des Betriebes sei direkt im Zusammenhang mit dem Produktionsprozess der industriellen Fertigung in Industriebetrieben zu sehen. In diesen Bereichen wurde die Arbeitskleidung benötigt und musste gereinigt werden. Die Reinigung, Instandhaltung und Produktion von Arbeitskleidung stand damit im Zusammenhang mit der Tätigkeit der Industriebetriebe. Lediglich rechtlich sei keine Eingliederung in diese Kombinate vorgenommen worden. Die Tätigkeit des VEB Textilreinigung A ... sei daher so zu werten, als ob die Klägerin direkt in einem Industriebetrieb tätig gewesen sei.

Die Klägerin beantragt – sinngemäß und sachdienlich gefasst –,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 21. September 2017 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 28. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2016 zu verurteilen, ihre Beschäftigungszeiten vom 18. April 1978 bis 30. Juni 1990 als Zeiten der Zugehörigkeit zur zusätzlichen Altersversorgung der technischen Intelligenz und die in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte festzustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Das Gericht hat Betriebsunterlagen zum VEB Textilreinigung A ... vom Sächsischen Staatsarchiv am 26. November 2018 beigezogen und am 26. November 2018 eine Auskunft aus dem Bundesarchiv eingeholt.

Mit Schriftsätzen vom 12. Dezember 2018 (Klägerin) und vom 12. Dezember 2018 (Beklagte) haben die Beteiligten jeweils ihr Einverständnis zur Entscheidung des Rechtsstreits durch Urteil ohne mündliche Verhandlung erklärt.

Dem Gericht haben die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die Gerichtsakten beider Rechtszüge vorgelegen. Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird hierauf insgesamt ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

I. Das Gericht konnte ohne mündliche Verhandlung durch Urteil entscheiden, weil die Beteiligten sich hiermit einverstanden erklärt haben (§ 153 Abs. 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]).

II. Die Berufung der Klägerin ist unbegründet, weil das Sozialgericht Chemnitz die Klage mit Gerichtsbescheid vom 21. September 2017 zu Recht abgewiesen hat. Der Ablehnungsbescheid der Beklagten vom 28. April 2016 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 8. September 2016 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Denn sie hat für den von ihr geltend gemachten Beschäftigungszeitraum vom 18. April 1978 bis 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Feststellung ihrer Beschäftigungszeiten als Zeiten der fiktiven bzw. fingierten Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem der technischen Intelligenz (Nr. 1 der Anlage 1 zum AAÜG) und auf Feststellung der in diesem Zeitraum erzielten Arbeitsentgelte.

Die Klägerin war im Zeitraum vom 18. April 1978 bis 30. Juni 1990 nicht Inhaberin einer fingierten Versorgungsanwartschaft im Sinne der vom BSG in ständiger Rechtsprechung vorgenommenen erweiternden verfassungskonformen Auslegung des § 1 Abs. 1 AAÜG (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 31/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 14; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 34/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 20; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5 S. 33; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40; BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 60; BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 18/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 8 S. 74; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22-36; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15-31), weil sie am 30. Juni 1990 keinen Anspruch auf Erteilung einer Versorgungszusage gehabt hätte. Zu diesem Zeitpunkt war sie nicht in einem volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens oder in einem diesen gleichgestellten Betrieb beschäftigt. Die betriebliche Voraussetzung eines fingierten Anspruchs im Bereich der Zusatzversorgung der technischen Intelligenz gemäß § 1 der Verordnung über die zusätzliche Altersversorgung der technischen Intelligenz in den volkseigenen und ihnen gleichgestellten Betrieben (nachfolgend: VO-AVItech) vom 17. August 1950 (DDR-GBl. I Nr. 93 S. 844) und der Zweiten Durchführungsbestimmung (nachfolgend: 2. DB) vom 24. Mai 1951 (DDR-GBl. I Nr. 62 S. 487) ist nicht erfüllt.

Beschäftigungsbetrieb der Klägerin am maßgeblichen Stichtag (30. Juni 1990), und damit Arbeitgeber der Klägerin im rechtlichen Sinn – worauf es nach der ständigen Rechtsprechung des BSG allein ankommt (vgl. dazu: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 20/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 2 S. 6, S. 13; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 49/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 30/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 27/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17) – war, ausweislich sowohl der Eintragungen im Ausweis der Klägerin für Arbeit und Sozialversicherung als auch der vorliegenden Arbeits- und Änderungsverträge, der VEB Textilreinigung A ...

Aus diesem Grund kommt es – entgegen der von der Klägerin im Berufungsbegründungsschriftsatz vom 23. November 2017 ausdrücklich vorgetragenen Ansichten – weder darauf an, welche Betriebszwecke das übergeordnete Kombinat oder andere Betriebe oder Kombinate, die mit dem konkreten Beschäftigungsbetrieb zusammenarbeiteten, verfolgten, noch darauf an, welchen Kombinatsdirektiven der konkrete Beschäftigungsbetrieb unterlag. Für die rechtliche Beurteilung sind daher weder das Kombinat ausschlaggebend, dem der VEB Textilreinigung A ... zugehörig war, noch die Kombinate relevant, für die der VEB Textilreinigung A ... seine Dienstleistungen erbrachte. Entscheidend im Rahmen der Prüfung der betrieblichen Voraussetzung ist allein das Tätigkeitsfeld des rechtlich selbständigen Betriebes "VEB Textilreinigung A ...". Welcher Kategorie ein Betrieb zuzuordnen ist, bestimmt sich weder nach den Eigentums- noch nach den Beherrschungsverhältnissen; die Zuordnung zu einer bestimmten Branche bestimmt sich allein nach dem Betriebs- bzw. Hauptzweck des Betriebes, der Arbeitgeber war (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 26; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 49/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 16. März 2006 - B 4 RA 30/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 15).

1. Beim Beschäftigungsbetrieb der Klägerin (am 30. Juni 1990) handelte es sich nicht um einen volkseigenen Produktionsbetrieb der Industrie oder des Bauwesens. Hauptzweck des Betriebes war nämlich nicht die serienmäßige Produktion von Sachgütern im Bereich der Industrie oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen.

Entgegen der Ansicht der Klägerin unterfallen dem Geltungsbereich der VO-AVItech und der 2. DB nur die Produktionsbetriebe der Industrie und des Bauwesens, deren Hauptzweck (bzw. Schwerpunkt) auf die industrielle (serienmäßig wiederkehrende) Fertigung, Herstellung, Anfertigung, Fabrikation bzw. Produktion von Sachgütern oder die massenhafte Errichtung von baulichen Anlagen ausgerichtet war (vgl. exemplarisch: BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27). Der versorgungsrechtlich maßgebliche Betriebstyp ist neben den Merkmalen "Betrieb" und "volkseigen" maßgeblich durch das weitere Merkmal "Produktion (Industrie/Bauwesen)" gekennzeichnet. Zwar sprechen die Überschrift der Versorgungsordnung, ihr Vorspann ("Präambel") und ihr § 1 und ebenso § 1 Abs. 1 der 2. DB nur vom "volkseigenen Betrieb". Nach diesem Teil des Wortlauts wären alle Betriebe, die auf der Basis von Volkseigentum arbeiteten, erfasst worden. Der in § 1 Abs. 2 der 2. DB verwendete Ausdruck "Produktionsbetrieb" macht jedoch deutlich, dass die Zusatzversorgung der technischen Intelligenz nicht in jedem volkseigenen Betrieb galt. Weil dort Betriebe und Einrichtungen aufgelistet wurden, die einem "Produktionsbetrieb" gleichgestellt wurden, wird klar, dass die Versorgungsordnung und auch § 1 Abs. 1 der 2. DB nur (volkseigene) Produktionsbetriebe erfasste. Dies wird durch § 1 der 1. DB vom 26. September 1950 (DDR-GBl. I Nr. 111 S. 1043) bestätigt, nach dem nur bestimmte Berufsgruppen der technischen Intelligenz, die gerade in einem "Produktionsbetrieb" verantwortlich tätig waren, generell in den Kreis der Versorgungsberechtigten einbezogen werden sollten (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6, S. 43 f.). Dass es dabei auf Produktionsbetriebe nur der "Industrie" und des "Bauwesens" ankommt, ergibt sich mit Blick auf die Produktionsbetriebe der Industrie u.a. schon aus der Einbeziehung des Ministeriums für Industrie in § 5 VO-AVItech und für die Produktionsbetriebe des Bauwesens aus der sprachlichen und sachlichen Gegenüberstellung von "Produktionsbetrieben der Industrie und des Bauwesens" einerseits und allen anderen "volkseigenen Betrieben" andererseits, welche die DDR spätestens ab den 60er-Jahren und jedenfalls am 30. Juni 1990 in ihren einschlägigen Gesetzestexten vorgenommen hat. Hierauf weisen § 2 der Verordnung über die Aufgaben, Rechte und Pflichten der volkseigenen Betriebe, Kombinate und VVB vom 28. März 1973 (DDR-GBl. I Nr. 15 S. 129) sowie § 41 Abs. 1 1. Spiegelstrich in Verbindung mit § 41 Abs. 2 der Verordnung über die volkseigenen Kombinate, Kombinatsbetriebe und volkseigenen Betriebe vom 8. November 1979 (DDR-GBl. I Nr. 38 S. 355) hin, welche die Kombinate, Kombinatsbetriebe und die übrigen volkseigenen Betriebe in der Industrie und im Bauwesen denen aus anderen Bereichen der Volkswirtschaft (z.B. im Handel, auf dem Gebiet der Dienstleistungen, in der Landwirtschaft) gegenüberstellen.

Ein volkseigener Produktionsbetrieb der Industrie liegt nur vor, wenn der von ihm verfolgte Hauptzweck auf die industrielle, massenhafte Fertigung, Fabrikation, Herstellung beziehungsweise Produktion (fordistisches Produktionsmodell) von Sachgütern ausgerichtet war (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46 und S. 47; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Es muss sich also um einen "Produktionsdurchführungsbetrieb" gehandelt haben, der sein maßgebliches Gepräge durch die unmittelbare industrielle Massenproduktion von Sachgütern erhalten hat (vgl. dazu explizit: BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 4/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; BSG, Urteil vom 9. Mai 2012 - B 5 RS 8/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21; BSG, Urteil vom 9. Oktober 2012 - B 5 RS 5/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 20. März 2013 - B 5 RS 3/12 R - JURIS-Dokument, RdNr. 24). Ein volkseigener Produktionsbetrieb des Bauwesens liegt nur vor, wenn ihm die Bauproduktion, mithin die unmittelbare industrielle Ausführung von Bautätigkeiten das Gepräge gegeben hat (BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16). Industrie und Bauwesen waren in der DDR die "führenden" Produktionsbereiche (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 40). Erforderlich zur Erfüllung der betrieblichen Voraussetzung ist daher, dass die unmittelbare Eigenproduktion dem Betrieb das Gepräge verliehen hat (BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18 f.), wobei es sich um Massenproduktion im Sinne von massenhaftem Ausstoß standardisierter Produkte, die hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der sozialistischen Planwirtschaft ermöglichen sollten, gehandelt haben muss (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 35, S. 46; BSG, Urteil vom 8. Juni 2004 - B 4 RA 57/03 R - SozR 4-8570 § 1 AAÜG Nr. 3 S. 16; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27). Nach der VO-AVItech sollte nur die technische Intelligenz in solchen Betrieben privilegiert werden, die durch wissenschaftliche Forschungsarbeit und die Erfüllung technischer Aufgaben in den produzierenden Betrieben einen "schnelleren, planmäßigen Aufbau" der DDR ermöglichen sollten (vgl. Präambel zur VO-AVItech). Dem lag das so genannte fordistische Produktionsmodell zu Grunde, das auf stark standardisierter Massenproduktion und Konstruktion von Gütern mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen basierte (BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Denn der Massenausstoß standardisierter Produkte sollte hohe Produktionsgewinne nach den Bedingungen der Planwirtschaft ermöglichen (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 Nr. 6 S. 35, S. 46 f.; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Betriebe hingegen, die schwerpunktmäßig Dienstleistungen für die Produktion anderer Betriebe und damit unabdingbare Vorbereitungs- oder Begleitarbeiten für den Produktionsprozess erbrachten, erhalten dadurch nicht den Charakter eines Produktionsbetriebes und erfüllen nicht die betriebliche Voraussetzung (so für Projektierungsbetriebe zuletzt und explizit: BSG, Urteil vom 28. September 2011 - B 5 RS 8/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 19; so explizit für Rationalisierungsbetriebe: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 23. August 2007 - B 4 RS 3/06 R - JURIS-Dokument, RdNr. 22; so explizit für Dienstleistungsbetriebe allgemein: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 17; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Maßgebend ist hierbei auf den Hauptzweck abzustellen. Die genannte Produktion muss dem Betrieb das Gepräge gegeben haben, also überwiegend und vorherrschend gewesen sein (BSG, Urteil vom 10. April 2002 - B 4 RA 10/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 5, S. 29, S. 35; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18). Der Hauptzweck wird dabei nicht durch die Art der Hilfsgeschäfte und Hilfstätigkeiten geändert oder beeinflusst, die zu seiner Verwirklichung zwangsläufig mit ausgeführt werden müssen oder daneben verrichtet werden (vgl. BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Besteht das Produkt nach dem Hauptzweck (Schwerpunkt) des Betriebes in einer Dienstleistung, so führen auch produkttechnische Aufgaben, die zwangsläufig, aber allenfalls nach- bzw. nebengeordnet anfallen, nicht dazu, dass ein Produktionsbetrieb vorliegt (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 17; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 8/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument, RdNr. 18).

Beim VEB Textilreinigung A ... mag es sich zwar um einen Betrieb gehandelt haben der organisatorisch dem Wirtschaftsbereich der Industrie nahestand, nicht hingegen um einen solchen, dem die unmittelbare industrielle Fertigung von Sachgütern in Massenproduktion nach dem fordistischen Produktionsmodell bzw. als Produktionsdurchführungsbetrieb das maßgebliche Gepräge verliehen hat. Dies ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts sowohl aus den beigezogenen Betriebsunterlagen als auch aus den eigenen Bekundungen der Klägerin:

Der VEB Textilreinigung A ... wurde aufgrund der Beschlüsse des Rates des Bezirkes X ... Nummer 0472 vom 7. Dezember 1979 und Nummer 0024 vom 22. Januar 1981 mit Wirkung zum 1. Januar 1982 als rechtlich selbständiger, rechtsfähiger volkseigener Betrieb gegründet und dem VEB Kombinat Textilreinigung X ... unterstellt. Er wurde aufgrund Eintragungsantrages vom 24. Mai 1982 mit Wirkung vom 1. Oktober 1982 mit der Betriebsnummer: 0848 5051 in das Register der volkseigenen Wirtschaft des Bezirkes X ... unter der Registernummer:. am 30. Juni 1982 eingetragen und dem Rat des Bezirkes X ... als zuständigem Staatsorgan unterstellt. Er unterstand damit – entgegen der wiederholten unzutreffenden Behauptungen der Klägerin – keinem Industrieministerium. Mit der Kombinatszugehörigkeit zum VEB Kombinat Textilreinigung X ... und der staatlichen Unterstellung zum Rat des Bezirkes X ... bestand der Betrieb bis nach dem 30. Juni 1990 fort. Der VEB Textilreinigung A ... wurde aufgrund Gesellschaftsvertrages vom 21. Mai 1990 in die Vogtländische Textilpflege-GmbH mit Sitz in A ... umgewandelt. Diese GmbH wurde am 4. Juli 1990 als Rechtsnachfolgerin in das Handelsregister des Kreisgerichts W. unter der Nummer HR. eingetragen.

Bereits aus dem Betriebsnamen des Beschäftigungsbetriebes der Klägerin ergibt sich, welche Hauptaufgabe er im volkswirtschaftlichen Reproduktionsprozess der DDR verrichtete: nämlich die Reinigung von Textilien. Die vom Nachfolgeunternehmen, der V ... Textilpflege-GmbH in A ..., fortgeführten Betriebstätigkeiten werden im Handelsregistereintrag vom 4. Juli 1990 wie folgt umschrieben: Pflege von Bekleidung und textilen Flächengebilden aller Art, deren Veredelung und das Betreiben von verschiedenen Formen des Ausleihservices von Textilien. Die Klägerin selbst gab im Laufe des Verfahrens an, dass der VEB Textilreinigung A ... folgende Aufgaben verrichtete: - Textilreinigung bzw. Reinigung von Stoffen und Wäsche im großtechnischen Industriemaßstab (Widerspruchsbegründungsschriftsatz vom 18. Mai 2016), - Textilreinigung bzw. Reinigung von Stoffen und Wäsche im großtechnischen Industriemaßstab (Klagebegründungsschriftsatz vom 7. November 2016), - Textilreinigung sowie Reparatur von Wäsche und Konfektionierung von Sondergrößen (Replik vom 15. März 2017), - Textilreinigung sowie Reparatur und "Herstellung" von Arbeitskleidung bzw. Reinigung, Instandhaltung und "Produktion" von Arbeitskleidung (Berufungsbegründungsschriftsatz vom 23. November 2017).

Die Betriebsunterlagen sowie die Angaben der Klägerin vermitteln damit ein einheitliches und umfassendes Bild von der Hauptaufgabe des Betriebes, nämlich der Reinigung von Textilien. Soweit die Klägerin im Berufungsverfahren erstmals auch die Begrifflichkeiten der "Herstellung" und der "Produktion" von Arbeitskleidung einstreute, ist dieser Vortrag weder substantiiert noch durch anderweitige Hinweistatsachen untersetzt oder gar belegt. Dieses Unterfangen verdeutlicht vielmehr, dass substanzlose Behauptungen aufgestellt werden, ohne sich auch nur im Ansatz der dahinter stehenden rechtlichen Bewertung bewusst zu sein oder zu werden. Dabei wird zudem deutlich, dass erst mit zunehmender Dauer des Prozesses und mit zunehmender Fülle der beklagtenseitigen und gerichtlichen Stellungnahmen, aus der Luft gegriffene zusätzliche Behauptungen aufgestellt werden, um die eigene Ansicht ohne Anwendung der maßgeblichen rechtlichen Maßstäbe durchzusetzen. Im Übrigen ist weder behauptet, noch belegt, noch sonst irgendwie nachvollziehbar, dass die behauptete "Herstellung" oder "Produktion" von Arbeitskleidung dem Betrieb dessen maßgebliches Gepräge verliehen hätte. Nur in einem solchen Fall hätte sich das Gericht zu weitergehenden Ermittlungshandlungen gedrängt sehen müssen.

Hauptaufgabe des Betriebes war nach allem die Reinigung und Pflege von Arbeitskleidung und anderen Textilien. Dabei handelte es sich um eine Dienstleistung, mag sie auch im industriellen und großtechnischen Industriemaßstab verfolgt worden sein, und nicht um eine Fabrikation von massenhaften Sachgütern. Die Produktionsdurchführung im Sinne der industriellen Massenproduktion von Sachgütern (oder Bauwerken) gab dem Betrieb damit nicht sein Gepräge. Die möglichen Nebenaufgaben des Betriebes in Form der Reparatur und Sondergrößenkonfektionierung sind, unabhängig davon, dass es sich auch bei ihnen nicht um industrielle Sachgüterfabrikation handelte, nicht ausschlaggebend. Auch der Umstand, dass die Reinigung von Arbeitskleidung im mittelbaren Zusammenhang mit der Produktion in anderen Betrieben, und damit deren eventuell verfolgter Produktionsdurchführung dienlich war, führt zu keiner anderen Bewertung der Rechtslage. Denn Betriebe, die lediglich schwerpunktmäßig Dienstleistungen für die Produktion anderer Betriebe und damit unabdingbare Vorbereitungs- oder Begleitarbeiten für den Produktionsprozess erbrachten, erhalten dadurch nicht den Charakter eines Produktionsbetriebes und erfüllen nicht die betriebliche Voraussetzung (so explizit für Dienstleistungsbetriebe: BSG, Urteil vom 27. Juli 2004 - B 4 RA 11/04 R - JURIS-Dokument RdNr. 18; BSG, Urteil vom 6. Mai 2004 - B 4 RA 44/03 R - JURIS-Dokument RdNr. 17; BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28).

Soweit die Klägerin mit ihren Ausführungen inzident zum Ausdruck brachte, der Sprachgebrauch der DDR habe einem Wandel und stetigen Veränderungen unterlegen, weshalb unter den Begriff der Produktion sämtliche Tätigkeiten im Rahmen des Produktionsprozesses zu subsumieren seien, so dass es nur auf den Begriff der Produktion an sich ankomme, wozu auch die Erbringung von produktiven/materiellen Leistungen zähle (vgl. dazu auch: Lindner, "Das Märchen von der Massenproduktion", RV [= Die Rentenversicherung] 2012, 107-115; im Ergebnis ebenso: Schmidt, "Technische Intelligenz: Die widersprüchliche Rechtsprechung des BSG zum Produktionsbegriff bei der betrieblichen Voraussetzung für die Rechtsanwendung des AAÜG", RV 2011, 141, 144), trifft dies zum einen ausweislich der obigen Erörterungen nicht zu. Und zum anderen würde dies im vorliegenden Zusammenhang, träfen die Ausführungen zu, zu keiner anderen rechtlichen Bewertung führen. Denn selbst wenn der ökonomische Sprachgebrauch der DDR am 30. Juni 1990 den Produktionsbegriff in einem weiten oder erweiterten Sinn verstanden haben sollte, kann dieser nicht zu Grunde gelegt werden, weil er von der Versorgungsordnung nicht inkorporiert worden ist. Die Voraussetzung der Beschäftigung in einem Produktionsbetrieb im Bereich Industrie oder Bauwesen ergibt sich nach Auffassung des BSG aus einem Umkehrschluss zu § 1 Abs. 1 der 2. DB, weil anderenfalls die Gleichstellung nicht produzierender Betriebe in § 1 Abs. 2 der 2. DB mit Produktionsbetrieben ohne Bezug wäre. Der Begriff des Produktionsbetriebes erfasst nur solche Betriebe, die Sachgüter im Hauptzweck industriell gefertigt haben. Der Betrieb musste auf die industrielle Fertigung, Fabrikation, Herstellung bzw. Produktion von Sachgütern oder Bauwerken ausgerichtet gewesen sein. Das BSG setzt industriell und serienmäßig wiederkehrend ausdrücklich gleich (BSG, Urteil vom 18. Dezember 2003 - B 4 RA 14/03 R - JURIS-Dokument, RdNr. 28). Die Bedeutung der damit verbundenen Begriffsbildung in der Wirtschaft der DDR hat das BSG unter Darstellung der Wirtschaftsgeschichte zur Zeit des Erlasses der maßgeblichen Versorgungsnormen herausgearbeitet (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 41/01 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 6 S. 40, S. 46 f.). Daher ist für die Zuordnung zu den Produktionsbetrieben weder auf die tatsächliche Handhabung durch die Organe und Betriebe der DDR, noch auf ein weites ökonomisches Verständnis in ökonomischen Kompendien der DDR, sondern auf den staatlichen Sprachgebrauch abzustellen, wie er sich aus den einschlägigen Verordnungen der DDR zum Bereich der volkseigenen Betriebe erschließt; diesbezüglich wird nochmals auf die oben eingangs ausführlich dargelegten leitenden Grundlinien zur Interpretation des Begriffs "Produktionsbetrieb" verwiesen. Deshalb waren volkseigene Produktionsbetriebe der Industrie oder des Bauwesens nur solche, die – neben etwaigen anderen Aufgaben – durch eine stark standardisierte Massenproduktion und Konstruktion von Gütern oder Bauwerken mit Hilfe hoch spezialisierter, monofunktionaler Maschinen im Sinne des fordistischen Produktionsmodells bzw. im Sinne der standardisierten und automatisierten industriellen Massenproduktion (Produktionsdurchführungsbetrieb) ihr Gepräge erhalten haben. Somit kann nicht einem Produktionsbegriff in einem weit verstandenen Sinne gefolgt werden. Diese Wertung, dass unter Produktion die Erbringung von produktiven/materiellen Leistungen verstanden worden sei, mag zwar dem in der DDR vielfach üblichen und aus den Bekundungen der Klägerin erkennbar hervorgehenden, offen praktizierten Sprachgebrauch entsprochen haben, wird jedoch dem nach der – bereits angeführten – höchstrichterlichen Rechtsprechung maßgeblichen Auslegungskriterium, nämlich dem aus den Verordnungen ersichtlichen staatlichen Sprachgebrauch, nicht gerecht. Dass das danach erforderliche fordistische Produktionsmodell bzw. die standardisierte und automatisierte industriellen Massenproduktion später nicht mehr tragend gewesen sei, da es im Verlauf der DDR-Geschichte immer wieder veränderte Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik gegeben habe, wie die Klägerin sinngemäß ausführt, führt zu keiner anderen Beurteilung. Denn, dass die nach der Rechtsprechung für die Auslegung maßgeblichen Regelungen der zu Bundesrecht gewordenen Regelungen der AVItech, die sich aus den Texten der VO-AVItech und der 2. DB ergeben, bzw. die für ihr Verständnis maßgeblichen DDR-Verordnungen zum Bereich der volkseigenen Betriebe den immer wieder veränderten Schwerpunktsetzungen in der Industriepolitik angeglichen worden seien, ist nicht ersichtlich, insbesondere im Hinblick auf die seit ihrem Erlass unverändert gebliebene VO-AVItech und die 2. DB (BSG, Beschluss vom 22. Juni 2010 - B 5 RS 94/09 B - JURIS-Dokument RdNr. 12). Von Belang sind allein die Entwicklungen des versorgungsrechtlichen Sprachgebrauchs (BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 7/10 R - JURIS-Dokument, RdNr. 25; BSG, Urteil vom 19. Juli 2011 - B 5 RS 1/11 R - JURIS-Dokument, RdNr. 21).

2. Beim Beschäftigungsbetrieb der Klägerin handelte es sich auch nicht um einen, den volkseigenen Produktionsbetrieben im Bereich Industrie oder Bauwesen, gleichgestellten Betrieb im Sinne von § 1 VO-AVItech. Die Festlegung, welche Betriebe gleichgestellt waren, wurde nicht in der Regierungsverordnung getroffen, sondern der Durchführungsbestimmung überantwortet (vgl. § 5 VO-AVItech). Nach § 1 Abs. 2 der 2. DB waren den volkeigenen Betrieben gleichgestellt: wissenschaftliche Institute; Forschungsinstitute; Versuchsstationen; Laboratorien; Konstruktionsbüros; technische Hochschulen; technische Schulen; Bauakademie und Bauschulen; Bergakademie und Bergbauschulen; Schulen, Institute und Betriebe der Eisenbahn, Schifffahrt sowie des Post- und Fernmeldewesens; Maschinen-Ausleih-Stationen und volkseigene Güter, Versorgungsbetriebe (Gas, Wasser, Energie); Vereinigungen volkseigener Betriebe, Hauptverwaltungen und Ministerien.

Der VEB Textilreinigung A ... kann unter keine dieser Betriebsgruppen gefasst werden, da Textilreinigungsbetriebe nicht aufgeführt sind. Soweit die Klägerin im Laufe des Klageverfahrens wiederholt ausführte, der VEB Textilreinigung A ... sei ein Versorgungsbetrieb gewesen bzw. einem solchen gleichzustellen, führt dieser Vortrag zu keiner anderen rechtlichen Bewertung. Denn § 1 Abs. 2 der 2. DB stellte den Produktionsbetrieben lediglich Versorgungsbetriebe gleich, die die Bevölkerung oder die Volkswirtschaft mit Wasser, Gas oder Energie versorgten. Die Versorgung der Bevölkerung oder der Volkswirtschaft mit gereinigten Textilien kann ersichtlich nicht hierunter subsumiert werden. Eine Einbeziehung der Textilreinigungsbetriebe hätte nur erfolgen können, wenn die nach § 5 VO-AVItech ermächtigten Ministerien die Regelung in § 1 Abs. 2 der 2. DB dahingehend ergänzt hätten. Das ist nicht der Fall.

Um das Analogieverbot, das aus den Neueinbeziehungsverboten in dem zu Bundesrecht gewordenen Rentenangleichungsgesetz der DDR (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet F Abschnitt III Nr. 8 Einigungsvertrag) und dem Einigungsvertrag (vgl. Anlage II Kapitel VIII Sachgebiet H Abschnitt III Nr. 9 Buchstabe a) Satz 1 Halbsatz 2 zum Einigungsvertrag) folgt, nicht zu unterlaufen, hat sich eine Auslegung der abstrakt-generellen Regelungen des Versorgungsrechts "strikt am Wortlaut zu orientieren" (so nachdrücklich: BSG, Beschluss vom 13. Februar 2008 - B 13 RS 133/07 B - JURIS-Dokument, RdNr. 14; ebenso: BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 6/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 37; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 9/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 10/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 16/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 34; BSG, Urteil vom 15. Juni 2010 - B 5 RS 17/09 R - JURIS-Dokument, RdNr. 32; im Übrigen so bereits auch: BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 39/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 20; BSG, Urteil vom 7. September 2006 - B 4 RA 41/05 R - JURIS-Dokument, RdNr. 23). Für die Antwort darauf, ob das Versorgungsrecht – aus welchen Gründen auch immer – bestimmte Betriebsgruppen einbezogen oder nicht einbezogen hat, kann nur auf die sprachlich ab-strakt-generellen und ihrem Wortlaut nach zwingenden Texte der Versorgungsordnungen und ihrer Durchführungsbestimmungen abgestellt werden (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 42/01 R - JURIS-Dokument, RdNr. 27).

Eine Erweiterung des Kreises der gleichgestellten Betriebe ist daher nicht möglich. Zum einen ist nach dem Wortlaut von § 1 Abs. 2 der 2. DB die Aufzählung der dort genannten Betriebe abschließend. Zum anderen ist eine nachträgliche Korrektur der im Bereich der Zusatz- und Sonderversorgungssysteme am 30. Juni 1990 geltenden abstrakt-generellen Regelungen der DDR, auch soweit sie willkürlich gewesen sein sollten, durch die vollziehende und die rechtsprechende Gewalt nicht zulässig, worauf das BSG wiederholt hingewiesen hat (BSG, Urteil vom 9. April 2002 - B 4 RA 3/02 R - SozR 3-8570 § 1 AAÜG Nr. 7 S. 68). Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat die in nunmehr ständiger Rechtsprechung des BSG aufgestellten Grundsätze im Hinblick auf Art. 3 des Grundgesetzes (GG) nicht beanstandet (BVerfG, Beschlüsse vom 26. Oktober 2005 - 1 BvR 1921/04, 1 BvR 203/05, 1 BvR 445/05, 1 BvR 1144/05 - NVwZ 2006, 449 und vom 4. August 2004 - 1 BvR 1557/01 - NVwZ 2005, 81). Nach Auffassung des BVerfG war es zulässig, dass sich das BSG am Wortlaut der Versorgungsordnung orientiert hat und nicht an eine Praxis oder an diese Praxis möglicherweise steuernde unveröffentlichte Richtlinien der DDR angeknüpft hat.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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