S 38 KA 531/17

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
38
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 38 KA 531/17
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1. Bedarfsgesichtspunkte spielen bei der Belegarztzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V keine Rolle.

2. Für das Vorliegen einer Rechtsmissbräuchlichkeit eines Antrages auf Belegarztzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V bedarf es konkreter Anhaltspunkte. Eine nur auf Mutmaßungen und bloßen Annahmen gestützte Rechtsmissbräuchlichkeit reicht nicht aus.

3. Es ist legitim und mit § 103 Abs. 7 SGB V vereinbar, dass der Klinikträger seine Ausschreibung auf diejenigen Bewerber begrenzt, die seinen Erfordernissen und Vorstellungen am ehesten gerecht werden. Letztendlich handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung.

4. Wenn ein Bewerber offensichtlich nicht dem Anforderungsprofil, soweit es zulässig ist, entspricht, erübrigt es sich, mit ihm in weitere ernsthafte Verhandlungen einzutreten.

5. Bei der Frage, ab welcher Belegbettenzahl von einer ernsthaften belegärztlichen Tätigkeit gesprochen werden kann, kommt es auf das jeweilige Fachgebiet, aber auch auf die konkrete belegärztliche Tätigkeit an.

6. Je geringer die Anzahl von Belegbetten ist und zugleich unter zehn Betten liegt, umso mehr ergibt sich die Notwendigkeit, die Ernsthaftigkeit der belegärztlichen Tätigkeit zu hinterfragen und eine eingehendere Prüfung vorzunehmen.

7. Vor dem Hintergrund, weitere Zulassungen in überversorgten und gesperrten Planungsbereichen zu vermeiden, drängt es sich auf, zunächst zu eruieren, ob die Ausweitung der belegärztlichen Tätigkeit nicht durch bereits zugelassene Belegärzte erfolgen kann. Dies setzt jedoch deren Bereitschaft voraus, sowie, dass deren Leistungsspektrum im Wesentlichen mit dem Anforderungsprofil identisch ist.
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.

Tatbestand:

Gegenstand der zum Sozialgericht München eingelegten Klage ist der Bescheid des beklagten Berufungsausschusses aus der Sitzung vom 6.7.2017. Dieser bestätigte den Ausgangsbescheid des Zulassungsausschusses mit dem Inhalt, dass dem Beigeladenen zu 1 eine Belegarztzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V an der Stadtklinik am D. in A-Stadt erteilt wurde. Der Klinikträger schrieb die Belegarztstelle im Bayerischen Staatsanzeiger am 12.2.2016 aus. Er legte für den Belegarzt ein Anforderungsprofil fest, nämlich Erfahrungen im gesamten Spektrum der interventionellen Kardiologie. Auf die Ausschreibung hin bewarben sich Dr. S. und Dr. O., beide bereits vertragsärztlich zugelassene Fachärzte für Innere Medizin/Kardiologie. Mit diesen wurden mehrere Gespräche geführt. Der Klinikträger kam aber zu dem Ergebnis, dass die Bewerber das in der Ausschreibung beschriebene Anforderungsprofil nicht erfüllten. Deshalb schloss der Klinikträger mit dem Beigeladenen zu 1 am 9.3.2016 einen Belegarztvertrag. Mit Bescheid vom 9.9.2016 wurde diesem die belegärztliche Zulassung erteilt.

In einem Eilverfahren unter dem Az S 21 KA 724/16 ER begehrte der Beigeladene zu 1 die Anordnung der sofortigen Vollziehbarkeit des Beschlusses des Zulassungsausschusses vom 9.9.2016. Dieser Antrag wurde jedoch vom Sozialgericht München mit Beschluss vom 8.2.2017 abgelehnt. In der mündlichen Verhandlung vor dem Berufungsausschuss am 6.7.2017 wurde nach Widerspruch der Klägerin die Angelegenheit nochmals überprüft. Der Beklagte kam zur Auffassung, dass die Voraussetzungen für eine Belegarztzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V vorliegen würden. Es habe eine ordnungsgemäße Ausschreibung stattgefunden. Auch das Besetzungsverfahren sei ohne Beanstandung durchgeführt worden. Ferner gebe es eine Übereinstimmung mit dem Krankenhausplan des Freistaates Bayern. Ziel des § 103 Abs. 7 SGB V sei es, den Arzt die vom Gesetzgeber als ökonomisch sinnvoll bewertete belegärztliche Tätigkeit zu ermöglichen. Der Gesetzgeber nehme eine Ausweitung der Überversorgung im Interesse einer als sinnvoll und förderwürdig bewerteten belegärztlichen Tätigkeit in Kauf. Der Klinikträger habe sich ausreichend um eine Einigung mit den bereits zugelassenen Kardiologen bemüht. Diese hätten aber - wie bereits vom Zulassungsausschuss festgestellt worden sei - nicht dem Anforderungsprofil genügt. Deshalb seien sie nicht geeignet. Man habe auch versucht, nochmals auf die Bewerber zuzugehen, habe aber von diesen keine Rückmeldung erhalten. Es gebe keine Anhaltspunkte für ein Unterlaufen von Zulassungsbeschränkungen und eine Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit nur " pro forma". (BSGE 88, 6, 15 = SozR 3-2500 § 103 Nr. 6 S. 48). Auch die Bettenzahl von "bis zu fünf Betten", wie sie im Belegarztvertrag vorgesehen sei, ermögliche eine ernstliche belegärztliche Tätigkeit (BSG, Urteil vom 2.09.2009, Az B 6 KA 27/08 R). In dem genannten Urteil werde zwar eine Zahl von zehn Belegbetten genannt. Dies bedeute aber nicht, dass es sich hierbei um eine Untergrenze handle. Der Durchschnitt bei Internisten/Kardiologen liege bei 7,5 Betten pro Belegarzt. Die Anzahl der Belegbetten des Beigeladenen zu 1 sei zwar geringer, aber nicht deutlich unter dem Landesdurchschnitt. Insgesamt gebe es daher keine Anhaltspunkte für eine rechtsmissbräuchliche Nutzung. Hinzu komme, dass der Beigeladene zu 1 Leistungen anbiete, die selbst am Klinikum A-Stadt nicht oder nur eingeschränkt angeboten würden.

Gegen den Bescheid des beklagten Berufungsausschusses legte die Klägerin Klage zum Sozialgericht München ein. Sie vertrat die Auffassung, der Beschluss des beklagten Berufungsausschusses berücksichtige nicht die vorgetragenen Missbrauchstatbestände. Die Klägerin räumte zunächst ein, es bestehe ein Spannungsverhältnis zwischen Belegarztzulassung einerseits und Bedarfsplanung andererseits. Gleichwohl sei die Prüfung durch den Beklagten als unzureichend anzusehen. Weitere Ermittlungen seien notwendig gewesen. Bei dem Klinikträger handle es sich um eine Belegklinik mit 135 Betten; davon entfielen 94 Betten auf die Kardiologie. Wie das Bundessozialgericht ausgeführt habe (BSGE, Urteil vom 2.9.2009, Aktenzeichen B 6 KA 27/08), sei es möglich, weniger als zehn Belegbetten vorzuhalten. In diesem Fall sei aber eine eingehendere Prüfung notwendig. Die Situation bei den Kardiologen, die Belegbetten führten, sei in Bayern der Gestalt, dass von 49 Belegern im Bereich der Kardiologie 19 von 5 bis 10 Belegbetten hätten, 15 unter 5 Belegbetten und 13 über 10 Belegbetten. Nach Auffassung der Klägerin hätte der Klinikträger darlegen müssen, aus welchen Gründen ein weiterer Belegarzt eingebunden werden solle und warum diese Leistungen nicht von den bereits am Krankenhaus tätigen Belegärzten erbracht werden könnten. Auch der Beklagte habe diesbezüglich keine weiteren Ermittlungen angestellt, was jedoch notwendig gewesen sei.

Die Klägerin machte darauf aufmerksam, es gebe einen weiteren Antrag auf Belegarztzulassung von Dr. G. Dieses Verfahren sei unter dem Aktenzeichen S 28 KA 948/16 ebenfalls beim Sozialgericht München anhängig. Auch in diesem Verfahren wende sich die Klägerin dagegen, dass dem Arzt eine Belegarztzulassung erteilt wurde. Das Verfahren wurde mittlerweile übereinstimmend für erledigt erklärt, nachdem der Antragsteller einen Hausarztsitz erhalten hatte. Die Klägerin führte des Weiteren aus, im Jahr 2013 seien zwei Belegärzte hinzugekommen, nämlich Dr. A. und Dr. H., außerdem im Jahr 2015 Dr. W. Aufgrund der Mehrung der Belegarztstellen sei es auch zu einer Fallzahlsteigung gekommen. Nach Auffassung der Klägerin zeigten die Fallzahlen, dass insgesamt noch eine Ausweitung möglich sei. Die Klägerin ist der Auffassung, es liege ein Rechtsmissbrauch vor. Denn bei einem Versorgungsgrad von 230,7 % (Stand: 10.8.2017) verhindere eine Zulassung eines weiteren Kardiologen ein wirtschaftliches Tätigwerden der bereits niedergelassenen Kardiologen. Zudem wiesen 57 % der vertragsärztlich tätigen Kardiologen eine unterdurchschnittliche Fallzahl auf. Die Belegarztzulassung des Klägers würde dem Wirtschaftlichkeitsgebot zuwiderlaufen. Somit liege ein Rechtsmissbrauch vor. Hinzu komme, dass nahezu alle Belegärzte ab 1.9.2016 Leistungen der interventionellen Kardiologie abrechneten. Der Beigeladene zu 1 vertrat dagegen die Auffassung, eine Rechtsmissbräuchlichkeit sei nicht erkennbar. Denn die vorhandenen Belegärzte könnten ihre Tätigkeit nicht unbeschränkt ausweiten, da sonst das Schwergewicht zulasten der ambulanten vertragsärztlichen Tätigkeit verschoben werde. Außerdem müssten auch die Belegärzte zu einer Ausweitung bereit sein. Im Übrigen sei der Beleger Dr. A nicht invasiv tätig. Was die Tätigkeit von Dr. v. Z. betreffe, mache dieser nur Herzkatheterdiagnostik und Therapie, jedoch keine Implantationen von Herzschrittmachern, Defibrillatoren oder sonstige interventionelle Eingriffe.

Der Beklagte entgegnete in seiner Stellungnahme, seines Erachtens seien sehr wohl ausreichende Ermittlungen angestellt worden. So sei auf das Schreiben des Klinikträgers vom 31.5.2017 hinzuweisen, wonach nach Aussage der Belegärzte keine Übernahme zusätzlicher stationärer Fälle möglich sei. Im Übrigen habe eine Überprüfung der Fallzahlen durch den Berufungsausschuss stattgefunden. Die Angaben seien als plausibel anzusehen. Eine Bedarfsprüfung bei § 103 Abs. 7 SGB V sei nicht vorgesehen. Der Beklagte teilte außerdem mit, die Genehmigung im MVZ am Vertragsarztsitz A-Stadt, A-N-Straße zur Anstellung von Dr. v. Z. ende zum 30.6.2018 und damit auch die Anerkennung von Dr. von Z. als Belegarzt.

Die Beigeladene zu 3 schloss sich der Auffassung der Klägerin an. Zudem wurde in Zweifel gezogen, ob die Ausschreibung ordnungsgemäß erfolgte. Außerdem wiesen zwei Belegärzte, nämlich Dr. A. und Dr. v. Z. außerordentlich niedrige stationäre Fallzahlen auf.

In der mündlichen Verhandlung am 02.10.2018 stellte die Vertreterin der Klägerin den Antrag aus dem Schriftsatz vom 14.11.2017.

Die Vertreterin der Beklagten beantragte, die Klage abzuweisen.

Der Prozessbevollmächtigte des Beigeladenen zu 1 beantragte ebenfalls, die Klage abzuweisen.

Der Vertreter der Beigeladenen zu 2 beantragte ebenfalls, die Klage abzuweisen.

Beigezogen und Gegenstand der mündlichen Verhandlung war die Beklagtenakte. Im Übrigen wird auf den sonstigen Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der Beteiligten, sowie die Sitzungsniederschrift vom 02.10.2018 verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die beim Sozialgericht München eingelegte Klage ist zulässig, erweist sich jedoch als nicht begründet. Der Bescheid des beklagten Berufungsausschusses ist als rechtmäßig anzusehen. Er entspricht auch den Anforderungen, die das Sozialgericht München in seinem Beschluss vom 8.2.2017 (Az S 21 KA 724/16 ER) als für die Rechtmäßigkeit einer Belegarztzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V wesentlich angesehen hat. Rechtsgrundlage für die Belegarztzulassung ist § 103 Abs. 7 SGB V. Danach ist Voraussetzung eine Ausschreibung der Belegarztstelle durch den Krankenhausträger und das Zustandekommen eines Belegarztvertrages mit einem nicht niedergelassenen geeigneten Arzt, soweit ein Belegarztvertrag mit einem im Planungsbereich niedergelassen Vertragsarzt nicht zu Stande kam. Der Belegarzt erhält eine auf die Dauer der belegärztlichen Tätigkeit beschränkte Zulassung. Diese Beschränkung entfällt mit Aufhebung der Zulassungsbeschränkungen nach § 103 Abs. 3 SGB V, spätestens nach Ablauf von zehn Jahren. Bei der Belegarztzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V handelt es sich um eine Zulassung, die auch in überversorgten und deswegen nach § 103 Abs. 1 SGB V gesperrten Gebieten möglich ist. Sinn und Zweck der Regelung besteht darin, die belegärztliche Tätigkeit im Interesse der Patientenversorgung zu fördern und eine bessere Verknüpfung der ambulanten mit der stationären Versorgung zu erreichen. Abweichend von den Sonderbedarfszulassungen, die ebenfalls trotz einer Überversorgung in einem gesperrten Gebiet unter bestimmten Voraussetzungen zu erteilen sind, wenn ein lokaler Sonderbedarf oder ein qualitätsbezogener Sonderbedarf besteht (§§ 36,37 Bedarfsplanungs-Rili), ist die Belegarztzulassung von Bedarfsgesichtspunkten unabhängig. Trotzdem darf der Abschluss eines Belegarztvertrages mit dem Krankenhausträger nicht lediglich pro forma sein und letztendlich dazu dienen, Zulassungsbeschränkungen zu umgehen sowie eine Belegarztzulassung und nach Ablauf von 10 Jahren eine unbeschränkte Zulassung nach § 103 Abs. 7 S. 3 SGB V zu erhalten. Derartiges wäre mit Sinn und Zweck der Vorschrift des § 103 Abs. 7 SGB V nicht zu vereinbaren und rechtsmissbräuchlich. Für das Vorliegen einer Rechtsmissbräuchlichkeit eines Antrages auf Belegarztzulassung nach § 103 Abs. 7 SGB V bedarf es konkreter Anhaltspunkte. Eine nur auf Mutmaßungen und bloßen Annahmen gestützte Rechtsmissbräuchlichkeit reicht nicht aus. Zunächst drängt sich angesichts der Argumentation der Klägerin der Eindruck auf, dass diese bei dem hohen Versorgungsgrad von 230,7 % (Stand: 10.08.2017) keinen Raum mehr für eine zusätzliche Belegarztzulassung sieht. Mit diesem Hinweis spricht die Klägerin aber Bedarfsgesichtspunkte im ambulanten Bereich an, die gerade bei der Belegarztzulassung keine Rolle spielen.

Nachdem die Ausschreibung durch den Klinikträger sogar im Bayerischen Staatsanzeiger am 12.2.2016 erfolgte, obwohl eine Verpflichtung zu einer förmlichen Ausschreibung nicht bestand (BSG, Urteil vom 02.09.2009, Az B 6 KA 27/08 R), ist diese als ordnungsgemäß anzusehen. Auch der Inhalt der Ausschreibung ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der Klinikträger hat in der Ausschreibung ein Anforderungsprofil vorgegeben. Gesucht wurde ein Bewerber mit Erfahrungen im gesamten Spektrum der interventiontionellen Kardiologie. Der Inhalt der Ausschreibung ist nicht deshalb rechtsmissbräuchlich, weil er ein Anforderungsprofil enthielt. Es ist legitim und mit § 103 Abs. 7 SGB V vereinbar, dass der Klinikträger seine Ausschreibung auf diejenigen Bewerber begrenzt, die seinen Erfordernissen und Vorstellungen am ehesten gerecht werden. Insofern ist es rechtlich nicht zu beanstanden, wenn sich der Klinikträger dabei an der Ausrichtung der Klinik orientiert, auch berücksichtigt, welche Strukturen seine Klinik in Zukunft aufweisen soll. Letztendlich handelt es sich um eine unternehmerische Entscheidung. Gerade Belegkliniken "leben" davon, Leistungen anzubieten, die nicht oder nicht in dem Umfang von anderen Leistungserbringern angeboten werden. Der Klinikträger muss sich im Wettbewerb mit anderen Belegkliniken messen, aber auch im Wettbewerb mit Kliniken, in denen Hauptabteilungen geführt werden. Der Klinikträger hat hier ein Interesse an der Ausweitung der interventionellen Kardiologie bekundet. Dies wird auch darin deutlich, dass im Jahr 2014 ein zweites Herzkatheterlabor angeschafft wurde mit der damit verbundenen Möglichkeit, die Leistungen in diesem Bereich auszudehnen. Es handelt sich um ein "transparentes, allen Bewerbern gegenüber gleiches Anforderungsprofil der konkreten belegärztlichen Tätigkeiten in qualitativer wie quantitativer Hinsicht". Außerdem ist es nicht so speziell, dass es nur von einer Person, nämlich dem vom Klinikträger favorisierten Bewerber erfüllt werden kann (BSG, Urteil vom 02.09.2009, Az B 6 KA 27/08 R).

Nachdem die beiden Bewerber Dr. S. und Dr. O. nicht über die Genehmigung zur Ausführung und Abrechnung invasiver kardiologischer Leistungen nach der Vereinbarung zur invasiven Kardiologie gemäß § 135 Abs. 2 SGB V verfügten, ging der Klinikträger zu Recht davon aus, dass diese das Anforderungsprofil in der Ausschreibung nicht erfüllten und deshalb als nicht geeignet anzusehen waren. Wenn ein Bewerber offensichtlich nicht dem Anforderungsprofil, soweit es zulässig ist, entspricht, erübrigt es sich, mit ihm in weitere ernsthafte Verhandlungen einzutreten.

Nachvollziehbar ist deshalb, dass mit den Bewerbern kein Belegarztvertrag zu Stande kam, sondern letztendlich mit dem Beigeladenen zu 1, der dem Anforderungsprofil entsprach. Ebenfalls ist aus dem Umstand, dass im Belegarztvertrag die Bettenzahl auf "bis zu fünf Betten" beschränkt war, nicht zu folgern, dass eine Rechtsmissbräuchlichkeit vorliegt. Das Bundessozialgericht hat zwar in seiner Entscheidung vom 14.03.2001 (BSGE 88,6 = SozR 3-2500 § 103 Nr. 6) ausgeführt, es sei " bei zehn verfügbaren Belegbetten jedenfalls an einer ernsthaft beabsichtigten Ausübung der belegärztlichen Tätigkeit nicht zu zweifeln", ohne aber eine starre Untergrenze festzulegen. Je geringer die Anzahl von Belegbetten ist und zugleich unter zehn Betten liegt, umso mehr ergibt sich allerdings die Notwendigkeit, die Ernsthaftigkeit der belegärztlichen Tätigkeit zu hinterfragen und eine eingehendere Prüfung vorzunehmen.

Der Belegarztvertrag sieht zwar nur eine Bettenanzahl "bis zu 5 Betten" vor. Bei der Frage, ab welcher Belegbetten Zahl von einer ernsthaften belegärztlichen Tätigkeit gesprochen werden kann, kommt es auf das jeweilige Fachgebiet an, aber auch auf die konkrete belegärztliche Tätigkeit. Während in nichtoperativen Fächern grundsätzlich eine höhere Belegbettenzahl neben der ambulanten Tätigkeit leistbar erscheint, wird in operativen Fächern von einer niedrigen Belegbettenzahl auszugehen sein. Nach den Angaben des beklagten Berufungsausschusses liegt der Durchschnitt der belegärztlich tätigen Kardiologen bei 7,5 Belegbetten. Der Beigeladene zu 1 liegt somit zumindest prozentual erheblich darunter. Allerdings halten von den 49 Belegern im Bereich der Kardiologie immerhin 15 weniger als fünf Belegbetten vor, so dass die im Belegarztvertrag vorgesehene Bettenzahl nicht außergewöhnlich ist. Hinzu kommt, dass die Durchschnittszahl von 7,5 Belegbetten im Bereich der Kardiologie nur bedingt aussagekräftig ist. Denn eine Bettenzahl für ausschließlich interventionell tätige Kardiologen gibt es nicht, wie von der Klägerin eingeräumt wird. Zu berücksichtigen ist außerdem, dass die interventionelle Kardiologie mit den dort stattfindenden Eingriffen, insbesondere den vom Beigeladenen zu 1 beabsichtigten Leistungen eine umfangreichere belegärztliche Tätigkeit nicht zulässt. In diesem Zusammenhang ist auch darauf hinzuweisen, dass nach § 39 BMV-Ä die stationäre Tätigkeit des Vertragsarztes nicht das Schwergewicht der Gesamttätigkeit des Vertragsarztes bilden darf und er in besonderem Maße der ambulanten Versorgung zur Verfügung stehen muss.

Soweit von der Klägerseite der Vorwurf in den Raum gestellt wird, der Krankenhausträger habe nicht dargelegt bzw. der Beklagte habe nicht ausreichend ermittelt, aus welchen Gründen ein weiterer Belegarzt eingebunden werden solle und warum diese Leistungen nicht von den bereits am Krankenhaus tätigen Belegärzte erbracht werden könnten, vermag dieses Argument nicht zu überzeugen. Hierfür gibt es sowohl tatsächliche, als auch rechtliche Gründe. Vor dem Hintergrund, weitere Zulassungen in überversorgten und gesperrten Planungsbereichen zu vermeiden, drängt es sich auf, zunächst zu eruieren, ob die Ausweitung der belegärztlichen Tätigkeit nicht durch bereits zugelassene Belegärzte erfolgen kann. Dies setzt jedoch deren Bereitschaft voraus, sowie, dass der Leistungsspektrum im Wesentlichen mit dem Anforderungsprofil identisch ist.

Der Klinikträger hat aber in seinem Schreiben vom 31.5.2007 vor der Sitzung des Berufungsausschusses ausgeführt, die bereits zugelassenen Belegärzte seien nicht bereit, zusätzliche Belegbetten zu übernehmen. Im Übrigen zeigt die Gesamtschau der Fallzahlen der Beleger im stationären und ambulanten Bereich, dass diese kaum oder keine freie Kapazitäten besitzen, die Zahl der Belegbetten zu erhöhen, ohne auf der anderen Seite ihre ambulante vertragsärztliche Tätigkeit einschränken zu müssen. Insofern ist die Mitteilung des Klinikträgers durchaus als plausibel zu bezeichnen. Daran ändert auch der Hinweis der Beigeladenen zu 3 nichts, es würden die niedrigen Fallzahlen im stationären Bereich bei den Belegärzten Dr. A. und Dr. v.Z. auffallen. Denn Dr. A. ist - wie der Beigeladene zu 1 mitgeteilt hat - nicht invasiv tätig, so dass er insoweit auch dem Anforderungsprofil in der konkreten Ausschreibung nicht entspricht. Der Belegarzt Dr. v. Z. ist seit 30.6.2018 nicht mehr belegärztlich tätig, so dass eine Ausweitung seiner Belegbetten nicht möglich ist. Zudem hat die mündliche Verhandlung am 2.10.2018 gezeigt, dass der Beigeladene zu 1 aufgrund seiner fachlichen Kompetenz das Spektrum der invasiven Kardiologie umfangreich abdeckt. Zwar sind die meisten Belegärzte am D. auch interventionell kardiologisch tätig, jedoch nur in ihren Spezialgebieten, so beispielsweise bei der Vornahme von Herzkatheteruntersuchungen (PTCA). Der Beigeladene zu 1 ist auch in der Lage, Vorhofverschlüsse zu beseitigen und Vorhofohren zu verschließen. Diesbezüglich handelt es sich um Leistungen, die von den anderen Belegärzten nicht angeboten werden. Es kann daher keine Rede davon sein, die bereits zugelassenen Belegärzte könnten diese Leistungen ohne weiteres erbringen. Abgesehen davon ergibt sich auch hier das rechtliche Problem im Hinblick auf die Vorschrift des § 39 BMV-Ä, nämlich, dass die stationäre Tätigkeit des Vertragsarztes nicht das Schwergewicht der Gesamttätigkeit des Vertragsarztes bilden darf und er in besonderem Maße der ambulanten Versorgung zur Verfügung stehen muss.

Abgesehen davon ist zu berücksichtigen, dass einer der Belegärzte (Dr. v.Z.) über keine belegärztliche Zulassung mehr verfügt.

Insgesamt gibt es keinerlei konkrete Anhaltspunkte dafür, dass im Zusammenwirken mit dem Klinikträger eine ernsthafte gelebte belegärztliche Tätigkeit nicht beabsichtigt ist und nur der Versuch unternommen wird, auf diesem Weg eine Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit zu erhalten.

Aus den genannten Gründen war die Klage abzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.Vm. § 154 VwGO.
Rechtskraft
Aus
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