S 45 KR 90106/10

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Magdeburg (SAN)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
45
1. Instanz
SG Magdeburg (SAN)
Aktenzeichen
S 45 KR 90106/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 BA 20/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger, wobei die Kosten der Beigeladenen nicht zu erstatten sind.

Der Streitwert wird auf 543.303,70 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Bescheides der Beklagten vom 29. Januar 2010 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 25. März 2010, dieser in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 3. September 2010 und dieser wiederum in der Fassung des Bescheides vom 22. Oktober 2010. Gegenstand dieser Bescheide ist die Verpflichtung des Klägers zur Zahlung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen aus den Jahren 2005 und 2006.

Das Finanzamt Stendal informierte das Hauptzollamt Magdeburg darüber, dass hinsichtlich einiger Mitarbeiter des Klägers der Verdacht einer Scheinselbständigkeit bestehe. Daraufhin schaltete dieses die Deutsche Rentenversicherung Bund ein. Auf der Grundlage diverser Unterlagen des Hauptzollamtes kam die Beklagte zu dem Ergebnis, dass die Mitarbeiter des Klägers bei diesem abhängig beschäftigt gewesen seien. Dies gelte für den Zeitraum Januar 2005 bis einschließlich August 2006.

Daraufhin hörte sie Herrn S. mit Schreiben vom 21. August 2009 zu diesem Sachverhalt an. Er habe diverse in der Anlage benannte Arbeitnehmer beschäftigt und diese nicht zur Sozialversicherung angemeldet. Im konkreten Fall sei ein Beschäftigungsverhältnis anzunehmen, weil die Mitarbeiter in das Unternehmen des Klägers eingegliedert gewesen seien. Es seien von ihm auch Arbeitsanweisungen erteilt worden.

Parallel dazu fand ein Ermittlungsverfahren durch die Staatsanwaltschaft Stendal zum Aktenzeichen 408 JS 18798/05 wegen des Verdachts der Nichtabführung von Arbeitnehmeranteilen zur Sozialversicherung, § 266 a Strafgesetzbuch (StGB), statt. Das Verfahren wurde durch das Amtsgericht Stendal - Schöffengericht - gemäß § 153a Strafprozessordnung (StPO) gegen Zahlung von 15.000 EUR eingestellt.

Der Kläger gab trotz mehrfacher Fristverlängerung keine Stellungnahme im Anhörungsverfahren ab. Daraufhin erging der hier streitige Beitragsbescheid vom 29. Januar 2010. Darin forderte die Beklagte vom Kläger insgesamt 543.304,49 EUR inklusive Säumniszuschlägen in Höhe von 164.356 EUR nach. Die Berechnungen der Arbeitsentgelte nahm sie unwidersprochen auf der Basis der von den Mitarbeitern an den Kläger gestellten Rechnungen vor. Diese Forderungen beziehen sich auf die in der Anlage zum Beitragsbescheid genannten Arbeitnehmer.

Zur Begründung führte die Beklagte aus, die in der Anlage benannten Personen seien durch den Kläger beschäftigt worden. Sie hätten deshalb der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlegen. Dieser Bescheid wurde dem Prozessbevollmächtigten des Klägers am 2. Februar 2010 mit Postzustellungsurkunde zugestellt.

Hiergegen erhob dieser Widerspruch. Darin führte er u. a. aus, die Mitarbeiter des Klägers seien selbständig tätig gewesen. Eine persönliche Abhängigkeit zwischen ihm einerseits und den in der Anlage zum Bescheid genannten Personen andererseits habe nicht bestanden. Auf der Basis eines jeweils abgeschlossenen Rahmenvertrages habe man sich in unterschiedlichen Verträgen über die Durchführung von Prüftätigkeiten vor allem bei der Firma T. GmbH (künftig T.) geeinigt. Hierzu habe er den potenziellen Auftragnehmern mindestens drei Tage vorher Angebote unterbreitet. Es habe diesen freigestanden, diese Aufträge anzunehmen oder abzulehnen. Weder habe er Weisungen hinsichtlich der Einsatzzeiten noch hinsichtlich der zu verwendenden Arbeitsmittel erteilt bzw. erteilen können. Auf dieser Basis könne nicht von der Eingliederung in seinen Betrieb gesprochen werden. Zudem hätten die Mitarbeiter auch ein eigenes wirtschaftliches Risiko getragen. Teilweise hätten sie eigene "Subunternehmer" beschäftigt.

Nachdem hierzu der im Verwaltungsverfahren bevollmächtigte Rechtsanwalt S. sein Mandat niedergelegt hatte, lehnte die Beklagte die im Verwaltungsverfahren beantragte Aussetzung der sofortigen Vollziehung ab. Sie begründete dies damit, dass ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides nicht bestünden und im Übrigen auch keine sonstigen Anhaltspunkte vorlägen, die eine Aussetzung der sofortigen Vollziehung rechtfertigen würden. Im hierauf anschließend durchgeführten Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes unter dem Aktenzeichen des Sozialgerichts Stendal, S 1 KR 39/10 ER, verständigten sich der Kläger und die Beklagte darauf, die sofortige Vollziehung für die Dauer des Widerspruchsverfahrens auszusetzen.

Mit Datum vom 25. März 2010 erging ein Änderungsbescheid. Die Beklagte erließ am 3. August 2010 den hier streitigen Widerspruchsbescheid. Zur Begründung führte die Beklagte aus, der Kläger habe Arbeitnehmer im Rahmen eines Werkvertrages zwischen ihm und der T. abhängig beschäftigt. Die betroffenen Arbeitnehmer ergäben sich aus der Anlage zum Widerspruchsbescheid bzw. zum Ausgangsbescheid. Sie gehe davon aus, dass diese Personen in den Betrieb des Klägers eingegliedert gewesen seien. Sie hätten Arbeitsweisungen unterlegen. Zudem habe der Kläger auch die Betriebszeiten vorgegeben, was sich aus entsprechenden Arbeitszeitnachweisen ergebe. Gegen das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit spreche insbesondere die alleinige Haftung des Klägers gegenüber der T. auch für eventuelle Erfüllungsgehilfen. Er habe Prüfkataloge aufgestellt und damit genaue Vorgaben in Bezug auf die Tätigkeit seiner "Subunternehmer" gemacht. Insofern seien auch die konkreten Anforderungen an das Prüfergebnis in den Subunternehmerverträgen vorgegeben worden.

Darüber hinaus sei er wohl auch selbst davon ausgegangen, dass hier eine abhängige Beschäftigung im Bereich des Möglichen liege und nur deshalb nicht angenommen werden müsse, weil eine entsprechende Gewerbeanmeldung vorliege. Unter Würdigung der gesamten Umstände sei deshalb von einer abhängigen Beschäftigung der betroffenen Personen auszugehen. Insbesondere habe der Kläger eine Weisungsbefugnis hinsichtlich der Einsatzzeit gehabt, was sich aus den Schichtplänen bzw. aus den Rahmenverträgen ergebe. Gleiches gelte auch hinsichtlich der Einsatzmittel. Darüber hinaus verwies die Beklagte auch auf einen Vermerk des Finanzamtes Stendal vom 4. Juli 2007.

Hiergegen hat der anwaltlich vertretene Kläger am 5. September 2010 Klage zum früheren Sozialgericht Stendal (seit dem 1. November 2010 Sozialgericht Magdeburg) erhoben. Gleichzeitig hat er einen Antrag auf Aussetzung der sofortigen Vollziehung gestellt. Zur Begründung hat er ausgeführt, er habe im März 2005 den Auftrag für betriebsexterne Sonderprüfungen von Nockenwellen durch die T. erhalten.

Hinsichtlich der Arbeitsabläufe hat er dargelegt, dass die T. im 24-StundenSchichtsystem sieben Tage die Woche gearbeitet habe. Lediglich die Spätschicht am Sonntag habe der Reinigung und Wartung der Maschinen gedient.

In der Vergangenheit habe es Qualitätsprobleme mit den für die Firma A. hergestellten Nockenwellen gegeben. Auf Grund dessen sei T. verpflichtet gewesen, unabhängige Sonderprüfungen ihrer Produkte zu veranlassen. Den Auftrag hierfür habe er erhalten. Zur Durchführung derartiger Prüfungen seien in den Räumlichkeiten der T. fünf Sonderprüfplätze eingerichtet, d. h. Werkbänke aufgestellt worden, welche auf drei Werkhallen verteilt gewesen seien. Die dortigen Abläufe seien auch in den Vereinbarungen, wie sie sich in den Akten der Staatsanwaltschaft befinden, vgl. Band 2, Blatt 278 bis 280; zutreffend wiedergegeben worden. Eine spezielle Arbeitskleidung hätten die Mitarbeiter nicht erhalten, jedoch seien Ausweise ausgestellt und beige T-Shirts ausgegeben worden. Hierauf habe T. bestanden, um die Mitarbeiter seiner Firma erkennen zu können.

Diese Prüfer hätten jeweils eine Charge von 120 bis 360 Nockenwellen pro Schicht auf Fertigungsfehler prüfen und diese (teilweise) beseitigen bzw. melden müssen. Diese Benachrichtigungen seien unmittelbar gegenüber der T. erfolgt, wobei dies auf einer Absprache zwischen ihm und der T. beruhe.

Die Fehlerprotokolle, welche zu erstellen gewesen seien, hätten einerseits der statistischen Auswertung und andererseits der Fertigungskontrolle in Gesprächen zwischen dem Kläger und der T. gedient.

Zudem hätten die Mitarbeiter auf eigene Rechnung gearbeitet. Diese hätten dem Kläger deshalb Rechnungen gestellt, welche eine Umsatzsteuer beinhalteten. Es sei nicht die Arbeitszeit abgerechnet worden, sondern die erbrachte Leistung. Weitergehend sei die Arbeitszeit durch die Auftragnehmer frei wählbar gewesen. Diese seien lediglich durch die Betriebszeiten der T. in ihrer Wahl eingeschränkt gewesen. Die sich in den Beweismittelordnern befindenden Dienstpläne hätten in erster Linie der Unterrichtung der T. gedient und basierten auf Meldungen der Auftragnehmer.

Insbesondere könne man aus der Tatsache, dass hier die Stunden abgerechnet worden seien, nicht schließen, dass die "Subunternehmer abhängig beschäftigt gewesen seien. Auch Anwälte oder Musiklehrer würden auf Stundenbasis entlohnt, ohne dass eine abhängige Beschäftigung anzunehmen wäre. Darüber hinaus müsse berücksichtigt werden, dass sich zumindest einige Mitarbeiter der Unterstützung von Erfüllungsgehilfen bedient hätten.

Zwar hätten seine Mitarbeiter selbst keinen Einfluss auf die Wahl des Einsatzortes gehabt, dies sei jedoch aus praktischen Erwägungen im Betrieb des Hauptauftraggebers T. notwendig gewesen. Die Art und Weise der Arbeitsausführung sei jedoch den Auftragnehmern überlassen gewesen. So sei es im Falle einer Schlechtleistung auch dazu gekommen, dass Nachkontrollen vor Ort beim PKW-Hersteller durchgeführt werden mussten.

Es treffe zu, dass derartige Prüftätigkeiten sowohl in abhängiger Beschäftigung als auch selbständig durchgeführt werden können. Jedoch sei hier zu berücksichtigen, dass die Mitarbeiter sowohl hinsichtlich der Arbeitsweise als auch hinsichtlich der Annahme der Tätigkeit frei gewesen seien, so dass weder eine Eingliederung in die Prüfabläufe der T. noch in eine Betriebsorganisation des Klägers vorliege. Die entsprechenden Vorgaben seien nur insoweit zu berücksichtigen gewesen, als hier eine Arbeitsorganisation auf Grund der Just- in- Time- Produktion erforderlich gewesen sei. Darüber hinaus könne auch nicht daraus, dass er der alleinige Auftraggeber gewesen sei, nicht geschlossen werden, dass die Mitarbeiter abhängig beschäftigt worden seien. Schließlich habe dieser sie quasi in Vollzeit für ihn gearbeitet und hätten sich deshalb nicht um andere Aufträge bemühen können.

Zudem gebe es weitere Abwägungskriterien, die zu seinen Gunsten ausfallen müssten.

Die Kammer hat die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes im zeitgleich eingereichten Verfahren S 45 KR 90110/10 ER mit Beschluss vom 10. Mai 2011 abgelehnt, da der Kläger die mehrfach von ihm bzw. seinem Prozessbevollmächtigten angeforderten Unterlagen, welche von der Staatsanwaltschaft Stendal nach Beendigung des strafgerichtlichen Verfahrens an diesen herausgegebenen worden waren, nicht vorlegte.

Die gegen die erstinstanzliche Entscheidung unter dem Aktenzeichen L 1 R 203/11 B ER beim Landessozialgericht Sachsen-Anhalt eingelegte Beschwerde war ebenfalls erfolglos.

Daraufhin hat der Kläger mit anwaltlichem Schreiben vom 18. September 2011 zum Klageverfahren S 45 KR 90106/10 erneut um einstweiligen Rechtsschutz nachgesucht und die an ihn von der Staatsanwaltschaft Stendal herausgegebenen Beweismittel zum Klageverfahren eingereicht. Dieses Verfahren wurde dann unter dem Aktenzeichen S 45 R 1138/11 ER geführt und war im Beschwerdeverfahren L1 R 104/12 B ER im Wege einer Folgenabwägung erfolgreich. Sinngemäß hat der Kläger sich ergänzend auf das Vorbringen im Beschwerdeverfahren bezogen.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid vom· 29. Januar 2010 in der Fassung des Bescheides vom 25. März 2010 - dieser in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 3. August - und dieser in der Fassung des Bescheides vom 22. Oktober 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie vertritt die Auffassung, dass sich aus dem Vortrag des Klägers keine neuen Aspekte ergäben. Der angefochtene Bescheid sei rechtmäßig. Die von ihr ermittelten Personen seien abhängig beschäftigt gewesen. Sie habe das Vorbringen bereits im Verwaltungsverfahren berücksichtigt. Auch die Tatsache, dass die Vergütung erst nach Abnahme der Arbeit erfolgte, zwinge nicht zur Annahme einer selbständigen Tätigkeit. Die Chance länger oder mehr zu arbeiten, um eine höheres Entgelt zu erzielen, sei nicht die spezielle Chance des Unternehmers. Diese habe auch jeder Beschäftigte. Das Risiko, ein solches Einkommen zu erzielen, sei von dem Unternehmensrisiko zu unterscheiden. Ersteres würden auch Arbeitnehmer, z. B. bei Stücklohn, Akkord- und Heimarbeit tragen.

Die Kammer hat die zuständigen Einzugsstellen sowie die Mitarbeiter des Klägers beigeladen.

Sie hat im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, Aktenzeichen S 45 R 1138/11 ER am 20. Januar 2012 einen Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage mit Beweisaufnahme durchgeführt und in diesem, den Kläger sowie die Herren K. und M. umfassend befragt. Hinsichtlich der genauen Einzelheiten wird·auf die Sitzungsniederschrift ausdrücklich Bezug genommen. Zusammengefasst haben sie angegeben, dass die "Aufträge" kurzfristig erteilt worden seien und sich die Entscheidungsfreiheit der Mitarbeiter auf die Annahme oder Ablehnung eines konkreten Auftrages:innerhalb einer Schicht in einem Schichtsystem, welches der Kläger erstellt hatte, erschöpft habe.

Die Kammer hat im Termin zur mündlichen Verhandlung am 26. November 2013 den Kläger sowie die beigeladenen Herren H. und M. umfassend befragt. Diese haben zusammengefasst die Ausführungen der Beteiligten und des Zeugen im Verfahren S 45 R 1138/11 ER bezüglich der tatsächlichen Zusammenarbeit zwischen Herrn S. und seinen Mitarbeitern im Wesentlichen bestätigt. Bezüglich der genauen Einzelheiten der Angaben der Beteiligten wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichts- und Verwaltungsakten der Beklagten sowie auf die beigezogenen Gerichtsakten S 45 KR 90110/10 ER und S 45 R 1138/11 ER, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren und der Kammer bei ihrer Entscheidung vorlagen, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Klage ist als isolierte Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 Variante 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Sie ist insbesondere form- und fristgerecht erhoben worden.

Sie ist jedoch unbegründet. Der angegriffene Bescheid ist rechtmäßig und verletzt den Kläger deshalb nicht in seinen Rechten.

Gemäß § 28 p Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch -Viertes Buch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) prüfen die Träger der Rentenversicherung bei den Arbeitgebern, ob diese ihren Verpflichtungen nach dem SGB IV nachgekommen sind.

Sie erlassen in der Folge gemäß § 28 p Absatz 1 Satz 5 SGB IV auch eventuell notwendige Beitragsbescheide hinsichtlich der Versicherungspflicht und der Beitragshöhe der Gesamtsozialversicherungsbeiträge. § 28 h Absatz 2 SGB IV findet insoweit keine Anwendung.

Auf dieser Basis hat die Beklagte in dem angefochtenen Verwaltungsakt zutreffend festgestellt, dass die für den Kläger tätigen Mitarbeiter von diesem abhängig beschäftigt wurden und deshalb in allen Zweigen der Sozialversicherung versicherungspflichtig waren.

Der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der Arbeitsförderung - § 5 Absatz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung - (SGB V), § 20 Sozialgesetzbuch Elftes Buch - Soziale Pflegeversicherung - (SGB XI), § 1 Satz 1 Nr. 1 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch - Gesetzliche Rentenversicherung - (SGB VI) und § 25 Absatz 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung - (SGB III) unterliegen Personen, die gegen Arbeitsentgelt beschäftigt sind.

Für die Klärung der Frage, ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ist auf § 7 Absatz 1 SGB IV abzustellen. Danach ist eine Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.

Das Bundessozialgericht führt hierzu unter anderem in seinem Urteil vom 24. Januar 2007, Az.: B 12 KR 31/06 R, Rn. 16, 17 erläuternd aus:

"Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (zur Verfassungsmäßigkeit der Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Kammerbeschluss vom 20. Mai 1996, 1 BvR 21/96, SozR 3-2400 § 7 Nr. 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung.

Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine "Beschäftigung" vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteile vom 8. August 1990, 11 Rar 77/89, SozR 3-2400 § 7 Nr. 4 S 14, und vom 8. Dezember 1994, 11 RAr 49/94, SozR 3-4100 § 168 Nr. 18 S 45}. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteile vom 1. Dezember 1977, 12/3/12 RK 39/74, BSGE 45, 199, 200 ff= SozR 2200 § 1227 Nr. 8; vom 4. Juni 1998, B 12 KR 5/97 R, SozR 3-2400 § 7 Nr. 13 S 31 f; vom 10. August 2000, B 12 KR 21/98 R, BSGE 87, 53, 56 = SozR 3-2400 § 7 Nr. 15 S 46, jeweils mwN). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (s. hierzu insgesamt Urteil des Senats vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, ZIP 2006, 678 = Die Beiträge, Beilage 2006, 149).

Diesen Grundsätzen schließt sich die Kammer an und legt sie ihrer Entscheidung zu Grunde. Bei einer Gesamtwürdigung aller Umstände der tatsächlichen Ausgestaltung der Tätigkeit der Mitarbeiter des Klägers für dessen Unternehmen kommt sie zur selben Einschätzung wie die Beklagte. Danach waren diese in dem streitigen Zeitraum abhängig beschäftigt und unterlagen damit der Sozialversicherungspflicht. Ihnen stand - auch unter Berücksichtigung der konkreten Gegebenheiten in der Automobilzuliefererindustrie - weder über einen echten Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Vertragsgestaltung (hierzu unter 1.) noch hinsichtlich Zeit (hierzu unter 3.) bzw. hinsichtlich des Ortes und der Art und Weise ihrer Tätigkeit (hierzu unter 4.) zur Verfügung. (vgl. zu den Kriterien LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2008, L 4:1R 3542/05, Rn. 54 f). Auch ein echtes unternehmerisches Risiko (hierzu unter 2.) konnte die Kammer nicht erkennen. Darüber hinaus liegen weitere Umstände vor, die für eine abhängige Beschäftigung sprechen (hierzu unter 5.)

Die Kammer geht dabei von Folgendem aus:

Sie folgt den offenen und detailreich vorgetragenen Angaben des Klägers, die gestützt werden durch die Bekundungen des Beigeladenen M. im Termin zur Erörterung der Sach- und Rechtslage im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes und in der mündlichen Verhandlung und des Zeugen K. im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes sowie des Beigeladenen H. in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2013.

Sie kommt auf dieser Tatsachengrundlage zur gleichen sozialversicherungsrechtlichen Bewertung der Tätigkeit der im angegriffenen Bescheid benannten Personen wie die Beklagte.

1. Unternehmerische Entscheidungsfreiheit - Vertragsmodalitäten

Alle in den Sitzungen vom 20. Januar 2012 und 26. November 2013 befragten Personen, gaben nachvollziehbar, offen und in sich schlüssig an, dass die Auftragnehmer zu keinem Zeitpunkt Angebote gegenüber Herrn S. abgaben, sondern von diesem für ganz konkrete Einsätze kurzfristig, zum Teil für Einsätze am nächsten Tag kontaktiert und beauftragt wurden.

Damit stand ihnen nur die Entscheidung offen, den Auftrag anzunehmen oder abzulehnen. Sie verfügten nicht über einen weitergehenden Entscheidungsspielraum.

In diesem Zusammenhang berücksichtigte die Kammer auch, dass die Beschäftigten nach dem zeitlichen Ablauf der einzelnen Aufträge faktisch auf Abruf für Herrn S. arbeiteten (vgl. hierzu Urteile des Thüringer Landessozialgerichts, Urteil vom 22. Januar 2009, L 1 RJ 743/03, Rn. 19 und des Landessozialgerichts Niedersachsen-Bremen vom 26. November 2008, L 1 KR 149/06, Rn. 45). Dabei fällt nach Ansicht der Kammer auch nicht unerheblich ins Gewicht, dass Herr S. zumindest vielfach der einzige Auftraggeber war und sich die Beschäftigten auch nicht um Aufträge Dritter bemühten (vgl. hierzu auch Urteil des Thüringer Landessozialgerichts vom 22. Januar 2009, L 1 RJ 743/03, Rn. 19- Detektiv), weil sie oftmals fast lückenlos Prüfungen von Erzeugnissen für Herrn S. durchführten.

Dieser gab in der mündlichen Verhandlung glaubhaft an, jeweils am Mittwoch der Vorwoche den Einsatz der für ihn tätigen Personen für die kommende Woche geplant zu haben, was von den Beigeladenen inhaltlich bestätigt wurde. Allerdings war es nach den Bekundungen des Beigeladenen H. so, dass die Prüfer den ausgehangenen Schichtplan zur Kenntnis nahmen und für den Fall, dass sie sich nicht meldeten, von dem geplanten Einsatz in der kommenden Woche ausgehen konnten bzw. mussten. Darüber hinaus war es nach den Angaben dieses Beigeladenen sogar so, dass er sich persönlich noch nicht einmal auf das "Vertragsangebot" des Herrn S. hin meldete, falls er diese Tätigkeit ausführen wollte. Vielmehr erschien er dann lediglich zur Arbeit.

Insofern stehen die Äußerungen in der Klagebegründung im Widerspruch zu den Angaben des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 26. November 2013. Hier räumte der Kläger ausdrücklich ein, dass die von ihm erstellten Schichtpläne in erster Linie zur Planung der Abarbeitung seiner von der T. erhaltenen Aufträge dienten und erst in zweiter Linie der Information seiner Auftraggeberin.

Hieraus ergibt sich, dass die Prüfer wie Arbeitnehmer in einem Schichtsystem mit vorgegebenem Stundenlohn tätig wurden. Soweit der Kläger die Auffassung vertritt, dass die Möglichkeit, Wünsche hinsichtlich des Einsatzes zu äußern bzw. sich gegebenenfalls in ein Schichtsystem selbst einzutragen für eine selbstständige Tätigkeit und damit gegen eine abhängige Beschäftigung spreche, folgt die Kammer dieser nicht. Vielmehr ist sie der Auffassung, dass der Wechsel von Schichten auch arbeitnehmertypisch ist. Es dürfte allgemeinkundig sein, dass zum Beispiel im Pflegebereich ein Schichtplan durch die Pflegedienstleitung aufgestellt wird, von der dann im Einvernehmen der Pflegekräfte und gegebenenfalls nach Information der Pflegedienstleitung abgewichen werden kann. Nichts anderes war auch in der hier zu entscheidenden Sachverhaltskonstellation gegeben.

Die Arbeitnehmer konnten Schichten tauschen bzw. sich gegen die Einteilung in eine konkrete Schicht aussprechen. Der Kläger berücksichtigte dann gegebenenfalls diese Wünsche bei seinen Planungen. Sofern Schichten während einer laufenden Planung getauscht werden sollten, wollte er hierüber ausdrücklich informiert werden. Einer solchen Mitteilung hätte es nicht bedurft, falls es ihm lediglich auf das Ergebnis eines zwischen ihm und dritten Personen geschlossenen Werkvertrages angekommen wäre. Vielmehr kümmerte er sich persönlich um Ersatz, falls ein Mitarbeiter den Auftrag. absagen musste (vgl. auch LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 12. Dezember 2008, L 4 R 3542/05, Rn. 54 f). Letztere informierten über Einsatzschwierigkeiten Herrn S. oder Herrn K ... Sie selbst kümmerten sich ·nicht um Ersatzkräfte.

Wären die Mitarbeiter selbstständig tätig gewesen, hätte es ihnen oblegen, sich um die Fertigstellung ihres Werkes zu kümmern und gegebenenfalls Ersatzpersonen zu organisieren, welche ihren Auftrag vollendeten.

Gegen eine selbständige Tätigkeit spricht auch die Tatsache, dass der Kläger die einzelnen Verträge nahezu wortgleich schloss. Die standardmäßige Verwendung dieser Verträge spricht für eine abhängige Beschäftigung. Hieraus ergibt sich nämlich, dass die vermeintlichen Subunternehmer keinen wirklichen Einfluss auf die Vertragsgestaltung hatten. Dies wird im Ergebnis nicht einmal durch den Kläger selbst bestritten und ergibt sich aus den übereinstimmenden Bekundungen der Beigeladenen, die glaubhaft angaben, keinen Einfluss auf die Vergütung des konkreten Auftrags gehabt zu haben (vgl. hierzu auch Urteil des LSG Baden-Württemberg vom 10. September 2010, L 4 R 1775/07- "Sortimentskräfte", Rn. 64).

Für eine abhängige Beschäftigung spricht unter dem Gesichtspunkt der unternehmerischen Entscheidungsfreiheit auch, dass selbst bei Sonderaufträgen, welche nicht unter den jeweiligen Rahmenvertrag zwischen Herrn S. und den Prüfern fielen, ein Aushandeln des Lohnes nicht erfolgte. Die Kammer ist auf Grund der glaubhaften Angaben des Klägers und der beigeladenen Herren M. und H. davon überzeugt, dass die Höhe des Stundenlohnes auch hier durch den Kläger vorgegeben worden ist und die Beigeladenen keine Angebote mit eigenen Preisvorstellungen abgegeben haben.

2. Unternehmerisches Risiko

Aus dem soeben dargelegten ergibt sich, dass die Mitarbeiter kein wirkliches unternehmerisches Risiko trugen. Sie setzten zu keiner Zeit ihre Arbeitskraft mit einem ungewissen Erfolg ein, sondern wurden auf der Basis eines festen Stundenlohns bezahlt, der bereits in den seit 2005 geschlossenen Rahmenverträgen festgelegt worden war, (vgl. hierzu Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 2008, L 8 KR 37/07, Rn. 33 - Regalservice sowie LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 2. September 2011, L 4 R 1036/10, Rn. 28- Busfahrer).

Auch haftungsrechtlich konnte die Kammer kein echtes wirtschaftliches Risiko erkennen. Herr S. bekundete in diesem Zusammenhang zunächst glaubhaft, dass aus der Nicht- bzw. Schlechterfüllung eines Auftrages keine weitergehenden Konsequenzen gezogen wurden. Das Risiko für die Auftragnehmer bestand somit allein darin, keine weiteren "Angebote" von Herrn S. zu erhalten. Nunmehr gab er an, dass die für ihn tätigen Personen gegebenenfalls Nacharbeiten bei Automobilherstellern leisten mussten. Gleichzeitig bekundete er aber auch, dass dies auf Grund der tatsächlichen Gegebenheiten äußerst schwierig gewesen wäre, da ein Nachweis einer Schlechtleistung der für ihn tätigen Arbeitnehmer nicht führbar gewesen sei.

Zudem sind die von den Beschäftigten genutzten Arbeitsmittel als geringwertig einzustufen und erreichten lediglich einen Wert von ca. 50,00 EUR, so dass auch hierauf nicht die Annahme eines wirtschaftlichen Risikos gestützt werden kann. Die Prüftische wurden durch den Hauptauftraggeber, die T., gestellt (vgl.· LSG Baden- U Württemberg, aaO, Rn. 65 und Thüringer Landessozialgericht, Urteil vom 22. Januar 2009, L 1 RJ 743/03, Rn. 20 und Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein Westfahlen vom 6. September 2007, L 16 (14) R 102/05, Rn. 44).

3. Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Zeit

Der Kläger räumte in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich ein, dass die Prüfungen der Nockenwellen bei T. produktionsbegleitend erfolgen sollten, nachdem eine Vielzahl von bereits zuvor produzierten Nockenwellen auf Fertigungsfehler geprüft worden waren. Insofern war sowohl von der vertraglichen Konzeption zwischen dem Kläger und T. als auch von der tatsächlichen Ausführung der Aufträge her eine fortlaufende Prüfung vorgesehen. Die Tatsache, dass die Prüfungen zwei Schichten im Verhältnis zur Produktion von T. zurücklagen, ändert hieran nichts, da sie gleichwohl fortwährend durchgeführt wurden. Entscheidend ist allein, dass die für den Kläger tätigen Personen angesichts des von ihm erarbeiteten Schichtplanes und unter Berücksichtigung der produktionsbegleitenden Prüfung keine Möglichkeit hatten, den Zeitpunkt ihrer Tätigkeit selbstständig festzulegen. Die Kammer folgt dabei den Ausführungen des Klägers, wonach lediglich fünf Prüfplätze zur Verfügung standen, die er möglichst zu 100 % - je nach Auftragslage - in seinem Dreischichtsystem auslasten; wollte. Dementsprechend plante er die Einsätze so, dass angesichts der fortlaufenden Prüfaufgaben und des stetigen Nachschubs an zu prüfenden Nockenwellen nicht von einem echten Entscheidungsspielraum hinsichtlich der Arbeitszeit ausgegangen werden kann. Die Möglichkeit, die Arbeitszeit selbstständig zu gestalten, beschränkte sich somit auf den Tausch von Schichten, worüber der Kläger auch zu informieren war. Dies geht jedoch nicht über die Möglichkeiten eines in Schicht arbeitenden Arbeitnehmers zur Arbeitszeitgestaltung hinaus.

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass gegebenenfalls Nockenwellen teilweise über Wochen nicht geprüft werden konnten, weil die Organisation nicht den Prüfern, sondern Herrn S. oblag und dieser seine Prüfer - gegebenenfalls auf Grund der zu geringen Zahl an Prüfplätzen - nicht einsetzte. Dabei ist es unerheblich, ob dies aus wirtschaftlichen Gründen erfolgte oder eine frühere Auslieferung durch T. nicht erfolgen musste.

Die von Herrn S. vergebenen Aufträge erfassten - von Sonderaufträgen abgesehen - auch regelmäßig wöchentliche Abschnitte, was durch die in den Beiakten befindlichen und vom Kläger aufgestellten Einsatzpläne bestätigt wird. Angesichts des vorgegebenen Schichtsystems bestand somit keine Entscheidungsfreiheit hinsichtlich der Einsatzzeiten.

Die Kammer sieht auch deshalb keinen Entscheidungsspielraum der Arbeitnehmer hinsichtlich der Zeit der Auftragsausführung, weil sich Herr S. faktisch kurzfristige Änderungen des Auftrages vorbehalten hatte, indem er ihnen bei einem plötzlich von der T. angemeldetem Bedarf auf Zuruf andere Arbeiten zuwies. In diesen Fällen übernahmen sie ohne weitere Entscheidungsbefugnisse die neuen Prüfaufgaben und führten den ursprünglichen Auftrag während dieser Tätigkeit nicht fort. Angesichts der Beschränkung der Räumlichkeiten und des von Herrn S.·festgelegten Schichtplanes konnten sich nach Auffassung der Kammer den Rückstand auch nicht auf Grund eigener Entscheidungen am selben Tag aufarbeiten, sondern mussten dies ggf. in den nächsten Tagen ihrer Schicht erledigen. Der Kläger gab im Rahmen der mündlichen Verhandlung nachvollziehbar an, dass er durchaus Aufträge austauschte und nur dann, falls Prüfplätze unbesetzt waren, weitere Prüfer mit Zusatzaufträgen beauftragte. Gegebenenfalls wechselte er den Auftrag auch (eigenmächtig) aus, indem er auf die Prüfung von Nockenwellen für A. oder P. "spezialisierten" Arbeitnehmern andere Aufträge zuwies und sie somit von ihren bereits begonnenen oder zumindest bereits eingeplanten Aufgaben abzog.

4. Entscheidungsspielraum hinsichtlich Ort und Art der Tätigkeit

Auch hinsichtlich dieser Kriterien konnte die Kammer keinen bedeutsamen Entscheidungsspielraum erkennen, weil der Ort der Tätigkeit bereits durch die Hauptauftraggeberin vorgegeben wurde.

Zudem ist es auch bei Arbeitnehmern nicht unüblich, dass es in ihrer Entscheidung steht, wie sie das Arbeitsergebnis erreichen. Dieses Maß an Entscheidungsfreiheit wird unter Berücksichtigung der Tatsache, dass es sich um einen Auftrag handelte, bei dem die Fehlerfreiheit der Prüfobjekte festgestellt bzw. die Fehlerhaftigkeit der Teile erkannt, dokumentiert und - falls möglich - beseitigt werden sollte, nicht überschritten. Dabei berücksichtigt die Kammer, dass es sich bei der Prüftätigkeit um eine reine Anlerntätigkeit mit sehr kurzer Einarbeitungsphase handelte und nicht um Dienste höherer Art wie Anwaltstätigkeiten, die der als Vergleich heranzog. Letztlich war es auch so, dass der Kläger das Ziel durch Erarbeitung eines Prüfkataloges definierte, indem er Fehler dokumentieren ließ, diese zusammenfasste und den Arbeitnehmern als Vorlage zur Verfügung stellte.

5. sonstige Umstände

Weitergehend erfolgte auch eine rein optische Eingliederung in das Unternehmen des Klägers. Er stellte den für ihn tätigen Personen einerseits Ausweise aus und andererseits T-Shirts zur Verfügung, welche die Beschäftigten tragen mussten. Die Ausweise waren mit einer Firmenaufschrift des Klägers versehen, so dass die für die Firma I. tätigen Personen sofort als solche erkennbar waren (vgl. hierzu Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 2008, L 8 KR 37/07, Rn. 31 - Regalservice). Das dies auf Wunsch von T. geschah, ändert hieran nichts, weil selbstständig Tätige nicht zum Tragen einer bestimmten Kleidung bzw. von dritten Personen ausgegebenen Namensschildern verpflichtet sind.

Letztlich fällt für die Kammer auch nicht unerheblich ins Gewicht, dass der Kläger nach ihrer Auffassung selbst davon ausgegangen ist, dass sich die Tätigkeit als unselbstständige darstellte. Der Kläger bestätigte im Rahmen der mündlichen Verhandlung ausdrücklich seine auf Seite 8 der Sitzungsniederschrift vom 20. Januar 2012 gemachten Ausführungen in Bezug auf die Gewerbeanmeldung und die steuerrechtliche Beurteilung. Auf Grund dieser Ausführungen geht die Kammer davon aus, dass der Kläger die vorzunehmende sozialversicherungsrechtliche Beurteilung ausschließlich anhand der Tatsache vornahm, ob ihm eine Gewerbeanmeldung vorgelegt wurde oder nicht. Die Art der von den Prüfern vorzunehmenden Tätigkeit interessierte dabei augenscheinlich nicht. Der Kläger meldete seinen Sohn, der im Rahmen seiner Semesterferien ebenfalls als Qualitätsprüfer arbeitete, als Arbeitnehmer zur Sozialversicherung an, so dass insoweit keine Beitragsnachforderung erfolgte.

Hieraus schlussfolgert die Kammer, dass er die Art der Tätigkeit als unselbstständige bewertete. Andernfalls hätte er seinen Sohn nicht als Qualitätsprüfer beschäftigen dürfen, sondern von ihm vielmehr eine Gewerbeanmeldung verlangen müssen.

Aus der Vorlage einer Gewerbeanmeldung und den von Auftragnehmern ausgestellten Rechnungen, in denen Umsatzsteuer ausgewiesen wird, folgt nicht, dass es sich um eine selbstständige Tätigkeit handelt (vgl. hierzu Urteil des Hessischen Landessozialgerichts vom 31. Juli 2008, L 8 KR 37/07, Rn. 36 - Regalservice). Diese Umstände lassen keine Rückschlüsse auf die Art der ausgeführten Tätigkeit zu.

Die für eine selbstständige Tätigkeit sprechenden Anhaltspunkte wie z.B. die formale Vertragsgestaltung fallen demgegenüber nicht ins Gewicht. Es handelt sich lediglich um formale Anhaltspunkte, welche in deutlichem Widerspruch zur Praxis stehen, so dass die Kammer sich hierauf stützt. Letztlich wertete die Kammer die Tatsache, dass sich zumindest einige der Arbeitnehmer zur Wahrnehmung ihrer Aufgaben weiterer Personen bedienten, nicht als entscheidungserheblich, weil der Kläger schon nach seinem Vortrag stets darüber informiert sein wollte, wer Aufträge erfüllte oder nicht. Weitere Personen konnten angesichts der nur fünf vorhandenen Prüfplätze nicht ohne sein Einverständnis tätig werden, da er diese durch seine Schichtpläne vollständig auslasten wollte. Somit standen ihnen gar keine Arbeitsplätze zur Verfügung, falls sie der Kläger sie nicht in seine Planungen einbezog.

Nach alledem geht die Kammer davon aus, dass die vom Kläger beauftragen Qualitätsprüfer abhängig beschäftigt waren und damit im streitigen Zeitraum der Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung unterlagen. Sie konnten keine echten unternehmerischen Entscheidungen treffen, sondern waren vielmehr an Weisungen des Klägers gebunden, der den Beschäftigten die Arbeit (faktisch) zuteilte.

Der Kläger ist gemäß § 28 d und § 28 e Absatz 1 Satz 1 SGB IV zur Zahlung der Gesamtsozialversicherungsbeiträge verpflichtet. Er beschäftigte die für ihn tätigen Qualitätsprüfer und war damit deren Arbeitgeber.

Es sind keine Gründe vorgetragen oder sonst ersichtlich, welche Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Höhe der Beitragsforderung rechtfertigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG i.V.m. § 154 Absatz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), da die Klage abgewiesen wurde.

Nach § 197 a Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 52 Abs. 1, 3 Gerichtskostengesetz (GKG) in der derzeit geltenden Fassung ist vom Gericht des ersten Rechtszuges auch der Streitwert festzusetzen. Danach ist der Streitwert des gerichtlichen Verfahrens unter Berücksichtigung der Bedeutung für den Kläger nach gerichtlichem Ermessen zu bestimmen. Soweit der Antrag bezifferbar ist, ist dieser im Klageverfahren maßgebend. Dies sind die festgesetzten 543.303,70 EUR.

Die Berufung ist gemäß §§ 143, 144 SGG statthaft, da die Berufungssumme offensichtlich überschritten wird.
Rechtskraft
Aus
Saved