S 17 AY 22/18 ER

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
17
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 17 AY 22/18 ER
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Rechtsbehelfs nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG geht der Anordnung der aufschiebenden Wirkung nach § 86b Abs. 2 SGG vor, wenn die Asylbewerberleistungen ursprünglich durch einen Dauerverwaltungsakt, insbesondere auch durch einen stillschweigend konkludenten Verwaltungsakt, gewährt worden waren.

Eine nach § 68 Aufenthaltsgesetz abgegebene Verpflichtungserklärung führt nur dann zur nachrangigen Gewährung von Asylbewerberleistungen im Sinne von § 8 AsylbLG, wenn und soweit der Verpflichtungsgeber den Lebensunterhalt des Antragstellers tatsächlich sichert.

Auch bei einer mündlichen Anhörung nach § 24 SGB X ist dem Betrofffenen eine Stellungnahmefrist einzuräumen.
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 21. September 2018 gegen den Bescheid vom 12. September 2018 wird angeordnet.

Es wird festgestellt, dass der Bescheid über die Gewährung von Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt vom 15. August 2018 weiterhin seine Wirkung entfaltet.

Der Antragsgegner trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Antragsteller.

Gründe:

I.

Die Antragsteller begehren im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).

Die Antragsteller haben die iranische Staatsbürgerschaft. Sie reisten im Januar 2018 mit einem deutschen Visum nach Deutschland ein, weil sie nach ihren Angaben den Iran wegen ihres christlichen Glaubens hatten verlassen müssen.

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge lehnte mit Bescheid vom 27. Februar 2018 den Asylantrag der Antragsteller ab. Sowohl die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft, die Asylanerkennung als auch der subsidiäre Schutz seien offensichtlich unbegründet. Abschiebeverbote lägen nicht vor.

Die Antragsteller wurden unter dem 8. August 2018 von der Zentrale Anlaufstelle für Asylbewerber in Halberstadt der Stadt Dessau-Roßlau zugewiesen.

Mit Bescheid vom 15. August 2018 gewährte die Antragsgegnerin den Antragstellern ab August 2018 Leistungen nach dem AsylbLG in Höhe von 366,78 Euro und ab September 2018 in Höhe von monatlich 575,40 Euro sowie Kosten der Unterkunft als Sachleistung. Ein Ende des Bewilligungszeitraums benannte die Antragsgegnerin nicht. Vielmehr heißt es in dem Bescheid: " Tritt eine Änderung nicht ein, erfolgt aufgrund stillschweigender monatlicher Neubewilligung die Weiterzahlung der Leistung in der in diesem Bescheid angegebenen Höhe ".

Die Antragstellerin zu 1) war schwanger. Der Geburtstermin wurde für Mitte Dezember 2018 berechnet. Die Antragsgegner gewährte mit einem weiteren Bescheid vom 15. August 2018 Erstausstattung bei Schwangerschaft in Höhe von 120,00 Euro und Erstausstattung bei Geburt in Höhe von 200,00 Euro als einmalige Beihilfen.

Die Ausländerbehörde der Antragsgegnerin leitete dem zuständigen Sozialamt der Antragsgegnerin am 17. August 2018 eine sogenannte Verpflichtungserklärung des Herrn A. R. (nachfolgend: Verpflichtungsgeber) vom 21. September 2017 zu. Mit dieser Erklärung verpflichtete sich der Verpflichtungsgeber, für den Lebensunterhalt der Antragstellerin zu 1) aufzukommen. Der Name des Antragstellers zu 2) ist in dieser Verpflichtungserklärung nicht genannt.

Laut eines Vermerks im Verwaltungsvorgang sprach der Antragsteller zu 2) am 28. August 2018 bei der Antragsgegnerin vor. Er gab an, den Verpflichtungsgeber nicht zu kennen. Ob ein Dolmetscher bei dem Gespräch zugegen war, lässt sich dem Aktenvermerk nicht entnehmen. Bei einem weiteren Gespräch am 6. September 2018 gab der Antragsteller zu 2) im Beisein eines Dolmetschers erneut an, den "Verpflichtungsgeber" nicht zu kennen. Er erhalte von diesem kein Geld. Seine Frau, die Antragstellerin zu 1), sei schwanger. Sie hätten kein Geld mehr. Die Wohnung könnten sie nicht verlassen.

Mit Bescheid vom 12. September 2018 stellte die Antragsgegnerin die " gewährten Grundleistungen nach § 3 Abs. 2 AsylbLG [ ] mit Ablauf des 30.09.2019 " ein.

Gegen diesen Bescheid legten die Antragsteller mit Schreiben vom 21. September 2018 Widerspruch ein.

Am 17. Oktober 2018 haben die Antragsteller beim Sozialgericht Dessau-Roßlau einen Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz gestellt.

Ihnen seien die ursprünglich gewährten Leistungen einschließlich der gewährten einmaligen Beihilfe zur Erstausstattung bei Schwangerschaft auszuzahlen. Sie seien hilfebedürftig. Die Antragsteller haben eine unterzeichnete eidesstattliche Versicherung des Antragstellers zu 2) vom 7. Januar 2019 vorgelegt. Darin erklärt dieser: " Meine Partnerin und ich haben niemals irgendwelche Zahlungen oder sonstige Leistungen des Verpflichtungsgebers erhalten. Nachdem mich Herr Rechtsanwalt [ ] mit Schreiben vom 15.11.2018 darüber informiert hat, dass ihm kein Schreiben des Verpflichtungsgebers zugegangen ist, hat meine Partnerin [die Antragstellerin zu 1] mit ihm Kontakt aufgenommen, Herr [Verpflichtungsgeber] teilte dann mit, er habe sich an seinen Anwalt gewandt. Dieser habe daraufhin ein Schreiben an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge gerichtet und darin erklärt, dass er an mich und meine Partnerin nicht leiste. Darüber hinaus wolle er keine weiteren Erklärungen abgeben. Unseren Lebensunterhalt haben wir in den letzten Monaten durch Unterstützungsleistungen der Caritas und einer Kirchengemeinde in D. bestritten. Über Vermögen in Iran verfügen meine Partnerin und ich nicht mehr. Auch das Konto meiner Partnerin weist einen Kontostand von Null auf ".

Die Antragsteller beantragen,

die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verpflichten, ihnen weiterhin eine Unterkunft als Sachleistung zur Verfügung zu stellen und jeweils monatlich Leistungen nach § 3 AsylbLG in einer Höhe von 316,00 Euro abzüglich zusätzlich erbrachter Sachleistungen zu zahlen sowie der Antragstellerin zu 1) zusätzlich eine Erstausstattung bei Schwangerschaft in Höhe von 120,00 Euro zu zahlen,

hilfsweise die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs der Antragsteller gegen den Bescheid der Antragsgegner vom 12. September 2018 anzuordnen.

Die Antragsgegnerin beantragt,

den Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz zurückzuweisen.

Sie hält an ihrer Entscheidung im Verwaltungsverfahren fest. Die Antragsteller hätten ihre Einreise unter falschen Angaben bewirkt. Zudem habe ein Verpflichtungsgeber gegenüber der Ausländerbehörde eine sogenannte Verpflichtungserklärung abgegeben. Mithin sei der Lebensunterhalt gesichert. Ein Anspruch auf Asylbewerberleistungen bestehe wegen des Vorhandenseins von Einkommen und Vermögen nicht.

Wegen der weiteren Einzelheiten zum Sachverhalt wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs, die beide Gegenstand der Entscheidung gewesen sind, Bezug genommen.

II.

1.

Die aufschiebende Wirkung des Rechtsbehelfs war anzuordnen. Der Antrag auf einstweiligen Rechtsschutz ist zulässig und begründet.

a)

Der (Hilfs-) Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs vom 21. September 2018 gegen den Bescheid vom 12. September 2018 ist gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG statthaft. Gemäß § 11 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG i.V.m. § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG haben Widerspruch und Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung, wenn sie sich gegen Verwaltungsakte richten, mit denen eine Leistung nach dem AsylbLG ganz oder teilweise entzogen oder die Leistungsbewilligung aufgehoben wird.

Die Antragsteller begehren Leistungen nach § 3 AsylbLG, die sie zunächst aufgrund des Bescheides vom 15. August 2018 in Höhe von monatlich 575,40 Euro erhalten hatten. Mit Bescheid vom 12. September 2018 stellte die Antragsgegnerin die Leistungen ein. Der hiergegen eingelegte Widerspruch vom 28 September 2018 hat keine aufschiebende Wirkung, § 11 Abs. 4 Nr. 1 AsylbLG. Danach haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen einen Verwaltungsakt, mit dem eine Leistung ganz oder teilweise entzogen oder die Leistungsbewilligung aufgehoben wird, keine aufschiebende Wirkung. Die Anordnung der aufschiebenden Wirkung führt dazu, dass die Regelung aus dem Bescheid des Antragsgegners vom 15. August 2018 wieder auflebt. Des Rückgriffs auf das nachrangige Instrument der einstweiligen Anordnung nach § 86b Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz ((SGG); " Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, ...") bedarf es mithin nicht.

Bei dem Bescheid vom 15. August 2018 handelt es sich um einen Dauerverwaltungsakt mit Wirkung über die Monate August und September 2018 hinaus. Denn mit diesem Bescheid hat der Antragsgegner Leistungen nach § 3 AsylbLG nicht nur für diese einzigen Monate gewährt. Eine zeitliche Begrenzung der Dauer der Leistungsentscheidung ist dem Bescheid vom 15. August 2018 nicht zu entnehmen. Dafür spricht die im Bescheid enthaltene Formulierung " Tritt eine Änderung nicht ein, erfolgt aufgrund stillschweigender monatlicher Neubewilligung die Weiterzahlung der Leistung in der in diesem Bescheid angegebenen Höhe " (stillschweigender, konkludenter Verwaltungsakt im Sinne des § 37 Abs. 2 Verwaltungsverfahrensgesetz; Landessozialgericht (LSG) Mecklenburg-Vorpommern, Beschluss vom 21. Juni 2018 - L 9 AY 1/18 B ER).

Kommt dem Rechtsbehelf - wie hier - keine aufschiebende Wirkung zu, kann das Gericht gemäß § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG auf Antrag die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs anordnen. Hinsichtlich des dabei anzuwenden Prüfungsmaßstabes gilt: Ist der Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig und der Betroffene durch ihn in seinen subjektiven Rechten verletzt, besteht kein öffentliches Interesse an der Vollziehung, sodass die aufschiebende Wirkung angeordnet wird. Ist hingegen der in Rede stehende Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig und der gegen ihn gerichtete Rechtsbehelf somit aussichtslos, wird die aufschiebende Wirkung nicht angeordnet. Sind die Erfolgsaussichten nicht abschätzbar, ist eine allgemeine Interessenabwägung vorzunehmen, wobei der Grad der Erfolgsaussicht im Hauptsacheverfahren zu berücksichtigen ist: Je größer die Erfolgsaussichten sind, umso geringer sind die Anforderungen an das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Umgekehrt sind die Anforderungen an die Erfolgsaussichten umso geringer, je schwerer die Verwaltungsmaßnahme wirkt. Gegenüberzustellen sind die Folgen, die eintreten würden, wenn die Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht erginge, der Rechtsbehelf aber später Erfolg hätte und die Nachteile, die entstünden, wenn die begehrte Eilentscheidung erlassen würde, der Klage aber der Erfolg zu versagen wäre (vgl. Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Auflage 2017, § 86b, Rn. 12f).

Im vorliegenden Fall bestehen erhebliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12. September 2018.

Es fehlt bereits an einer ordnungsgemäßen Anhörung nach § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (Sozialverfahrensrecht und Sozialdatenschutz - SGB X) gegenüber der Antragstellerin zu 1). Zu den Gesprächen war jeweils laut Gesprächsvermerk nur der Antragsteller zu 2) erschienen. Das Gespräch am 28. August 2018 hat ohne Dolmetscher stattgefunden. Aus diesem Grund ist die Anhörung schon unwirksam. Zudem sind die Gesprächsvermerke von den Antragstellern nicht gegengezeichnet worden. Aber auch das mit Dolmetscher geführte Gespräch vom 6. September 2018 erfüllt die Anforderungen an eine Anhörung nicht. Zwar kann eine Anhörung auch mündlich erfolgen. Hier fehlt es aber an einer Stellungnahmefrist. Auch bei einer mündlichen Anhörung ist die Möglichkeit einer angemessenen Rückäußerungsfrist von ungefähr zwei Wochen einzuräumen (vgl. von Wulffen in von Wulffen, SGB X, 7. Auflage 2010, § 24, Rn. 8).

Es bestehen zudem erhebliche Zweifel hinsichtlich der materiellen Rechtmäßigkeit des Bescheides vom 12. September 2018. Die Voraussetzungen einer Aufhebung eines Dauerverwaltungsaktes nach § 45 SGB X sind nach der hier gebotenen summarischen Prüfung nicht erfüllt. Nach § 45 SGB X wird ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen, soweit er von Anfang an rechtwidrig begünstigend ist. Voraussetzung ist weiter, dass der Begünstigte sich nicht auf schutzwürdiges Vertrauen berufen kann, weil der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die er vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat. Der Bewilligungsbescheid vom 15. August 2018 war nicht von Anfang an rechtswidrig. Zwar hat der Verpflichtungsgeber seine Verpflichtungserklärung vom 21. September 2017 bereits vor der der ursprünglichen Leistungsgewährung vom 15. August 2018 abgegeben. Sie führt jedoch nicht zur anfänglichen Rechtswidrigkeit des Bewilligungsbescheides.

Die Antragsteller haben weiterhin einen Anspruch auf Leistungen nach § 3 AsylbLG. Die Leistungsgewährung ist nicht nach § 8 AsylbLG ausgeschlossen. Danach werden Leistungen nach dem AsylbLG nicht gewährt, soweit der erforderliche Lebensunterhalt anderweitig, insbesondere auf Grund einer Verpflichtung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 des Aufenthaltsgesetz (AufenthG) gedeckt wird (sogenannte Verpflichtungserklärung). Besteht eine Verpflichtung nach § 68 Abs. 1 Satz 1 des AufenthG, übernimmt die zuständige Behörde die Kosten für Leistungen im Krankheitsfall, bei Behinderung und bei Pflegebedürftigkeit, soweit dies durch Landesgesetz vorgesehen ist.

Diese vorliegende Verpflichtungserklärung des Verpflichtungsgebers greift hier nicht. Abgesehen davon liegt diese nur für die Antragstellerin zu 1), nicht aber für den Antragsteller zu 2), vor. Die Aufhebungsentscheidung mit Bescheid vom 12. September 2018 ist gegenüber dem Antragsteller zu 2) schon bereits deshalb rechtswidrig.

Unabhängig davon, kann es auf eine schriftliche Erklärung allein nicht ankommen. Der Lebensunterhalt muss auch tatsächlich gesichert sein. Bei einer Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG bindet sich ein Dritter gegenüber der Verwaltung. Diese einseitig schriftlich abzufassende Willenserklärung ist auslegungsfähig. Sie bezieht sich auf den Lebensunterhalt und die Kosten der Unterkunft. Sie endet spätestens bei Beendigung des Aufenthaltszwecks (Bayerisches LSG, Beschluss vom 12. November 2008 - L 11 B 845/08 AY ER). Sie begründet keinen Leistungsanspruch der Antragsteller gegenüber dem Verpflichtungsgeber.

Offen bleiben kann, ob sich mit der Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Februar 2018 der ursprüngliche Aufenthaltszweck der Antragsteller geändert hat. Die Antragsgegnerin wäre schon aus diesem Grund an die Verpflichtungserklärung nach § 68 AufenthG nicht mehr gebunden. Im Übrigen könnte der Verpflichtungsgeber seine Erklärung gegenüber dem Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zwischenzeitlich wiederrufen haben. So geht es aus der eidesstattlichen Versicherung des Antragstellers zu 2) vom 7. Januar 2019 hervor.

Letztlich kann eine Verpflichtungserklärung eines Dritten den Leistungen nach dem AsylbLG nur dann vorrangig sein, soweit der Lebensunterhalt auch tatsächlich gedeckt ist, also die tatsächliche Sicherstellung des Lebensunterhalts gegeben ist. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 8 Abs. 2 Satz 1 AsylbLG (vgl. Wahrendorf in Grube/Wahrendorf, SGB XII, 6. Auflage 2018, § 8 AsylbLG, Rn. 6; Birk in LPK-SGB XII, 9. Auflage 2012, § 8 AsylbLG, Rn. 4; SG Dortmund, Beschluss vom 11. Mai 2011 - S 47 AY 58/11 ER).

Diese Auslegung wird durch den verfassungsrechtlich garantierten Anspruch auf Sicherung des Existenzminimus gem. Art 1 Abs. 1, Art 20 Grundgesetz gestützt (vgl. Bundesverfassungsgericht, Urteil vom 9. Februar 2010 - 1 BvL 1/09, 1 BvL 3/09, 1 BvL 4/09). Sowohl in der mündlichen Äußerung vor der Antragsgegnerin in dem Gespräch vom 6. September 2018 als auch mit der eidesstattlichen Versicherung haben die Antragsteller glaubhaft gemacht, dass der Verpflichtungsgeber ihnen keinerlei Lebensunterhalt gewährt. "Bereiten Mittel" zur Deckung ihres Lebensunterhaltes stehen ihnen nicht zur Verfügung. Ein Einkommenszufluss war den vorgelegten Kontoauszügen nicht zu entnehmen.

Schließlich sind der Entscheidung der Antragsgegner mit dem hier angegriffenen Bescheid vom 12. September 2019 Ermessenserwägungen im Sinne des § 45 Abs. 2 SGB X nicht zu entnehmen.

b)

Die mit Bescheid vom 15. August 2018 gewährten Leistungen für die Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt sind auszuzahlen. Dies bedarf hier keiner einstweiligen Anordnung. Die Feststellung der Geltung einer Leistungsentscheidung ist hier als Minus zum Antrag auf einstweilige Anordnung tenoriert.

Einer einstweiligen Anordnung bedarf es deshalb nicht, weil die Antragsgegnerin mit bestandskräftigem Bescheid vom 15. August 2018 Leistungen für die Erstausstattung gewährt hat. Diesen Bescheid hat die Antragsgegnerin weder abgeändert noch aufgehoben. Die nach § 4 AsylbLG gewährten Leistungen bei Schwangerschaft und Geburt hat die Antragsgegnerin nicht eingestellt. Mit ihrem Leistungseinstellungsbescheid vom 12. September 2018 hat die Antragsgegnerin ausdrücklich nur die nach § 3 Abs. 2 AsylbLG gewährten Leistungen aufgehoben. Die gewährte Erstausstattung bei Schwangerschaft und Geburt fällt nicht darunter.

Die Antragstellerin zu 1) hat aus dem Bescheid vom 15. August 2018 einen Zahlungsanspruch gegenüber dem Antragsgegner.

2.

Die Entscheidung über die Kosten richtet sich nach § 193 SGG in entsprechender Anwendung und folgt der Entscheidung im einstweiligen Rechtsschutzverfahren.

3.

Der Beschluss ist mit der Beschwerde anfechtbar, § 172 Abs. 1 SGG. Der Beschwerdewert übersteigt den Betrag von 750,00 Euro.
Rechtskraft
Aus
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