L 1 JVEG 696/19

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 1 JVEG 696/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Entschädigung für das Gutachten vom 15. Februar 2019 wird auf 2.586,75 Euro festgesetzt. Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt.

Gründe:

Zuständig für die Entscheidung ist nach § 4 Abs. 7 Satz 1 des Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetzes (JVEG) und den Geschäftsverteilungsplan des Thüringer Landessozial-gerichts i. V. m. dem Geschäftsverteilungsplan des 1. Senats der Berichterstatter.

Auf die nach § 4 Abs. 1 JVEG zulässige Erinnerung wird die Entschädigung für das Gutachten vom 15. Februar 2019 auf - wie beantragt - 2.586,75 Euro festgesetzt.

Nach den allgemeinen Grundsätzen für die Vergütung von Gutachten, die der Senat in seiner ständigen Rechtsprechung (vgl. nur Beschluss vom 21. März 2019, L 1 JVEG 1072/18, zitiert nach Juris) anwendet, ist der von der Sachverständigen in dem Vergütungsfestsetzungsantrag geltend gemachte Zeitaufwand von 28,33 Stunden nicht zu beanstanden. Die erforderliche Zeit ist nach einem abstrakten Maßstab zu ermitteln, der sich an dem erforderlichen Zeitaufwand eines Sachverständigen mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität orientiert. Nach pflichtgemäßem Ermessen hat das Gericht nachzuprüfen, ob der Zeitansatz erforderlich war. Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind, wenn sich diese in einem gewissen Toleranzbereich bewegen (vgl. Senatsbeschluss vom 14. Februar 2018 - L 1 JVEG 1189/16; ThürLSG, Beschluss vom 13. August 2013 - L 6 SF 266/13 E, zitiert nach Juris). Die Toleranzgrenze beträgt 15 v. H.

Hinsichtlich des Zeitaufwands für Aktenstudium und Vorgeschichte ist nach der Rechtsprechung des Senats ein Zeitaufwand von 9 Stunden bei einem Umfang der Akten von 900 Seiten plausibel. Für die Erhebung der Vorgeschichte und die Untersuchung ist der von der Erinnerungsführerin geltend gemachte Ansatz von 3 Stunden angesichts einer Verweildauer der Klägerin von 4,5 Stunden plausibel. Der Zeitaufwand für die durchgeführten sieben psychologischen Testungen von 1 Stunde ist angemessen. Für Diktat und Korrektur des Gutachtens ist bei einem Umfang von 38 Seiten ein Zeitansatz von 6,33 Stunden angemessen. Nach der Rechtsprechung des Senats kommt für Diktat, Durchsicht und Korrektur eines Gutachtens unter Berücksichtigung der Schreibweise ein Zeitaufwand von 1 Stunde für ca. 5 - 6 Seiten in Betracht.

Für die Abfassung der Beurteilung ist ein Ansatz von 8 Stunden angemessen. Grundsätzlich umfasst die Beurteilung die Beantwortung der vom Gericht gestellten Beweisfragen und die nähere Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seine Entscheidung begründen zu können, also die eigentlichen Ergebnisse des Gutachtens einschließlich ihrer argumentativen Begründung. Der Senat geht im Anschluss an die Rechtsprechung des früher zuständigen Kostensenats des Thüringer Landessozialgerichts davon aus, dass ein medizinischer Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung für die gedankliche Erarbeitung durchschnittlich eine Stunde für ca. 1 1/2 Blatt benötigt (vgl. ThürLSG, Beschluss vom 12. September 2014 - L 6 SF 477/14 B; Beschluss vom 26. März 2012 - L 6 SF 132/12 E). Zu beachten ist, dass es sich dabei nur um einen Anhaltspunkt für die angemessene Stundenzahl handelt, um den Kostenbeamten im Normalfall eine sinnvolle Bearbeitung zu ermöglichen. Wesentlich für die Berechnung der Vergütung ist nach dem Gesetz nicht die Seitenzahl, sondern der erforderliche Zeitansatz, der nur eingeschränkt über die Blattzahl berechnet wird. Maßgebend ist daher im Zweifelsfall der im Einzelfall erkennbare Arbeitsaufwand des Sachverständigen, der im Gutachten zum Ausdruck kommt. Insofern ist in begründeten Sonderfällen durchaus eine Abweichung sowohl positiv wie negativ bei dem genannten Ansatz in Erwägung zu ziehen. Eine Einschränkung auf bestimmte "Normseiten", die manche Landessozialgerichte vornehmen (vgl. zum Beispiel LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 18. Mai 2015 - L 12 SF 1072/14 E, zitiert nach Juris: 2.700 Anschläge; LSG Bayern, Beschluss vom 14. Mai 2012 - L 15 SF 276/10 B: 1.800 Anschläge), kommt allerdings mangels gesetzlicher Grundlage nicht in Betracht (vgl. Thüringer Landessozialgericht, Beschluss vom 26. März 2012 – L 6 SF 132/12 E, zitiert nach Juris). Die Beurteilung kann sich durchaus an mehreren Stellen eines Gutachtens - ohne Reduzierung unter bestimmte Überschriften (z.B. Zusammenfassung, Beurteilung etc.) - befinden.

Ausgehend von diesen Grundsätzen umfasst der Beurteilungsteil des Gutachtens insgesamt 12 Seiten. Der Kern der Beurteilung im Sachverständigengutachten beginnt auf S. 28 unten mit der Zusammenfassung der Untersuchungsergebnisse und endet auf S. 37 oben und umfasst damit nahezu bereits 9 Seiten. Wiederholungen auf diesen Seiten lassen sich nicht fest-stellen. Ferner ist zu berücksichtigen, dass auch an anderen Stellen des Gutachtens Beurteilungen vorgenommen worden sind. So enthält die Konsistenzprüfung Beurteilungsanteile. Ferner erfolgt bei der Schilderung der vorgenommenen Testungen und deren Ergebnisse an deren Ende jeweils in komprimierter Form eine Beurteilung insoweit, als das Testergebnis im Hinblick auf für das Gutachten relevante Feststellungen gewertet wird. In Anbetracht dessen ist es gerechtfertigt, den Beurteilungsteil des Gutachtens mit insgesamt 12 Seiten anzusetzen. Dies führt unter Berücksichtigung der angemessenen Zeit für die Erarbeitung von 1 Stunde für ca. 1 1/2 Blatt zu einer plausiblen Zeit für die Abfassung der Beurteilung von 8 Stunden. Der von der Erinnerungsführerin geltend gemachte Zeitaufwand von 9 Stunden für die Beurteilung bewegt sich damit noch innerhalb des Toleranzrahmens und stellt einen üblichen Zeitaufwand dar.

Hinsichtlich der Honorierung des Gutachtens nach der Honorargruppe M 2 bestehen bei einem Rentengutachten keine Bedenken. Nur der Vollständigkeit halber weist der Senat darauf hin, dass auch für die durchgeführte psychologische Testung eine Honorierung nach der Honorargruppe M 2 in Betracht kommt. Die Erinnerungsführerin hat hierfür in ihrem Vergütungsfest-setzungsantrag jedoch nur eine Honorierung nach der Honorargruppe M 1 beantragt. Eine Festsetzung der Vergütung über die beantragte Gesamthöhe hinaus ist nicht möglich. Denn zwar sind bei der Entscheidung alle für die Bemessung der Vergütung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie angegriffen worden sind. Bei der Festsetzung ist das Gericht weder an die Höhe der Einzelansätze noch an den Stundenansatz oder an die Gesamthöhe der Vergütung in der Festsetzung durch den UdG oder den Antrag der Beteiligten gebunden; es kann aber nicht mehr festsetzen, als beantragt ist.

Entsprechend scheidet eine Kürzung der geltend gemachten Vergütung der Erinnerungsführerin aus und diese ist unter Einschluss der notwendigen Schreibauslagen und der Umsatzsteuer auf 2.586,75 Euro festzusetzen.

Das Verfahren ist gebührenfrei; Kosten werden nicht erstattet (§ 4 Abs. 8 JVEG).

Eine Beschwerde an das Bundessozialgericht findet nicht statt (§ 4 Abs. 4 Satz 3 JVEG).
Rechtskraft
Aus
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