S 7 LW 13/03

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Detmold (NRW)
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
7
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 7 LW 13/03
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sindt nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte die Klägerin mit Mitgliedschafts- und Beitragsbescheid vom 27.05.1998 zur landwirtschaftlichen Alterskasse für die Zeit vom 21.05.1997 bis zum 28.09.1998 veranlagen durfte oder ob die Beklagte die Klägerin für diesen Zeitraum zumindest rückwirkend von der Versicherungspflicht befreien muss.

Die Klägerin wurde am XX.XX.XXXX geboren.

Am 21.05.1997 heiratete sie den Landwirt S ... Q ... Die Heirat teilte weder sie noch ihr Ehemann der Beklagten mit. Diese erfuhr erst im Mai 1998 im Rahmen einer routinemäßigen Kontrollanfrage bei dem für die Klägerin zuständigen Einwohnermeldeamt von der Heirat.

Die Beklagte stellte daraufhin mit dem angefochtenen Bescheid vom 27.05.1998 die Mitgliedschaft der Klägerin in der landwirtschaftlichen Alterskasse als Ehegattin eines Landwirtes gem. § 2 Abs. 1 und 3 des Gesetzes über die Alterssicherung für Landwirte (ALG) fest. Die Mitgliedschaft bestehe seit der Heirat am 21.05.1997. Die monatlichen Beiträge beliefen sich auf 000,- DM, die Rückstände für die Zeit von Mai 1997 bis Juni 1998 betrügen 0.000,- DM. Die Beklagte wies im Bescheid auch darauf hin, dass Befreiungsmöglichkeiten bezüglich der Versicherungspflicht bestehen, und verwies insoweit auf ein beiliegendes Merkblatt und einen ebenfalls beigefügten Befreiungsantragsvordruck.

Erst im September übersandte die Kläger den von ihr und ihrem Mann ausgefüllten und unterschriebenen Befreiungsantragsvordruck an die Beklagte, wo der Antrag am 29.09.1998 einging. Sie habe in der Zeit von der Heirat am 21.05.1997 bis zum 04.11.1997 in der gesetzlichen Rentenversicherung beitragspflichtiges Einkommen erzielt, ab dem 05.11.1997 habe für sie (weiterhin) Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung bestanden aufgrund der Geburt und der nachfolgenden Erziehung des Sohnes N. am 05.11.1997. Die Versicherungspflicht in der gesetzlichen Rentenversicherung schließe die Versicherungspflicht bei der Beklagten aus.

Mit Schreiben vom 11.11.1998 trug die Klägerin ergänzend vor, gegen den Bescheid vom 27.05.1998 habe sie telefonisch Widerspruch erhoben. Vorsorglich stelle sie bezüglich des Bescheides einen Überprüfungsantrag nach § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X).

Mit dem ebenfalls angefochtenen Bescheid vom 24.03.1999 befreite die Beklagte die Klägerin von der Versicherungspflicht bei der landwirtschaftlichen Alterskasse ab dem Tag der (schriftlichen) Antragstellung, d.h. ab dem 29.09.1998. Eine rückwirkende Befreiung ab dem 21.05.1997 komme nicht in Betracht. Die Klägerin habe den Antrag nicht binnen der gesetzlichen Dreimonatsfrist seit Eintritt der Befreiungsvoraussetzungen gestellt, d.h. nicht bis spätestens drei Monate nach der Geburt des Kindes bzw. seit Bezug des in der gesetzlichen Rentenversicherung versicherungspflichtigen Einkommens aus abhängiger Beschäftigung.

Der Mitgliedschafts- und Beitragsbescheid vom 27.05.1998 sei auch zu Recht ergangen, so dass er nicht im Wege der Neubescheidung gem. § 44 SGB X aufzuheben sei.

Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch begehrte die Klägerin, auch für die Zeit vor dem 29.09.1998 von der Versicherungspflicht bei der Beklagten befreit zu werden oder gar nicht zur Versicherungspflicht herangezogen zu werden. Ihr stehe die Aufhebung des angefochtenen Mitgliedschafts- und Beitragsbescheides unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs zu. Sie sei von der Beklagten nicht über die Versicherungspflicht als Ehegattin eines Landwirtes (rechtzeitig) beraten worden.

Die Beklage wies den Widerspruch mit Bescheid vom 07.06.199 zurück. Ein Beratungsfehler habe nicht vorgelegen. Ihr sei die Heirat der Klägerin mit Herrn S. Q. und damit auch die Versicherungspflicht der Klägerin zunächst nicht bekannt gewesen. Insbesondere habe weder die Klägerin noch der Ehemann der Beklagten die Hochzeit angezeigt.

Im Übrigen habe man bezüglich der bestehenden Befreiungsmöglichkeiten dem angefochtenen Bescheid vom 24.03.1999 entsprechende Merkblätter beigefügt.

Mit ihrer Klage begehrt die Klägerin weiterhin, auch für die noch strittige Zeit vom 21.05.1997 bis zum 28.09.1998 von der Versicherungspflicht bei der Beklagten befreit zu werden.

Sie werde zu Unrecht in Anspruch genommen. Gegen den angefochtenen Mitgliedschafts- und Beitragsbescheid habe sie am 29.05.1998 telefonisch Widerspruch eingelegt und mitgeteilt, dass sie sich im Erziehungsurlaub befinde und daher nicht versicherungspflichtig sei. Sie sei davon ausgegangen, dass das genüge.

Die Klägerin beantragt,

den Bescheid vom 27.05.1998 und vom 23.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.1999 aufzuheben und die Beklagte zur Rückzahlung der gezahlten Beiträge zu verpflichten.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung nimmt sie im Wesentlichen auf die Ausführungen und die Argumentation im Verwaltungsverfahren Bezug.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet.

Die Klägerin ist nicht beschwert im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die angefochtenen Bescheide vom 27.05.1998 und vom 23.11.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.06.1999 sind rechtmäßig. Die Klägerin ist aufgrund des Bescheides vom 27.05.1998 verpflichtet, für den streitigen Zeitraum Mitgliedsbeiträge zur Beklagten zu zahlen.

Die Beklagte hat zutreffend und rechtmäßig mit Bescheid vom 27.05.1998 die Mitgliedschaft und Beitragspflicht der Klägerin in der bzw. zur landwirtschaftlichen Alterskasse festgestellt. Die Klägerin ist seit ihrer Heirat vom 21.05.1997 als Ehefrau eines Landwirtes kraft Gesetzes gem. § 1 Abs. 1 Nr. 1 und Abs. 3 ALG versicherungspflichtig bei der Beklagten. Das ist zwischen den Beteiligten unstreitig. Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dieser Vorschrift und die Ausgestaltung von grundsätzlicher Beitragspflicht mit Befreiungsmöglichkeiten hat die Kammer aufgrund der überzeugenden Ausführungen im Urteil des Bundesverfassungsgerichts vom 09.12.2003, Az. 1 BvR 558/99, nicht.

Die Klägerin hat auch keinen Anspruch auf Befreiung von der Versicherungspflicht für den streitigen Zeitraum vom 21.05.1997 bis zum 28.09.1998. Richtig ist insoweit zwar, dass für die Klägerin im gesamten Zeitraum die Möglichkeit zur Befreiung von der Versicherungspflicht bestand. Zunächst erzielte sie Einkommen aus abhängiger Beschäftigung, das ohne Berücksichtigung des Arbeitseinkommens aus der Landwirtschaft 1/7 der Bezugsgröße überstieg und damit versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung war. Nach der Geburt des Sohnes N. am 05.11.1997 war die Klägerin aufgrund der von ihr genommenen Erziehungszeit weiterhin versicherungspflichtig in der gesetzlichen Rentenversicherung. Diese Versicherungspflichten in der gesetzlichen Rentenversicherung hätten es der Klägerin gem. § 3 Abs. 1 Ziffer 1 und 2 ALG ermöglicht, sich von der grundsätzlich daneben (weiter-) bestehenden Versicherungspflicht bei der Beklagten befreien zu lassen.

Voraussetzung wäre jedoch ein entsprechender Befreiungsantrag gewesen. Dabei wirkt die Befreiung gem. § 3 Abs. 2 ALG nur dann auf den Zeitpunkt zurück, in dem die Befreiungsvoraussetzungen zum ersten Mal vorlagen, wenn der Befreiungsantrag binnen drei Monaten seit dem Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen gestellt wird. Ansonsten wirkt die Befreiung erst vom Eingang des Befreiungsantrags bei der Beklagten an.

Die Klägerin hat die Befreiung von der Versicherungspflicht bei der Beklagten mit dem dafür vorgesehenen Antragsformular erstmals im September 1998 gestellt. Der Antrag ging am 29.09.1998 bei der Beklagten ein.

Die Beklagte hat die Klägerin daraufhin mit dem angefochtenen Bescheid vom 23.11.1998 ab Eingang des Befreiungsantrags von der Versicherungspflicht befreit.

Die Klägerin hat keinen Anspruch darauf, auch für die davor liegende Zeit von der Beitragspflicht befreit zu werden.

Soweit die Klägerin behauptet, einen Befreiungsantrag bereits am 29.05.1998, d.h. umgehend nach Eingang des angefochtenen Mitgliedschafts- und Beitragsbescheid, telefonisch bei der Beklagten gestellt zu haben, steht diese Tatsache nicht zur Überzeugung der Kammer fest und lässt sich nicht beweisen. Ebenso wenig beweisen lässt sich der weitere Vortrag der Klägerin, ein Mitarbeiter der Beklagten habe den Antrag aufgenommen und mitgeteilt, dass das so o.k. sei. Gegen den Vortrag der Klägerin spricht, dass sich in den Akten der Beklagten kein entsprechender Telefonvermerk befindet. Den Mitarbeiter der Beklagten, mit dem die Klägerin gesprochen haben will, konnte das Gericht nicht als Zeugen vernehmen, da sein Name der Klägerin nicht (mehr) geläufig ist. Auch auf andere Art und Weise war der Sachverhalt nicht weiter aufklärbar.

Nach dem Grundsatz der objektiven Beweislast trägt die Klägerin das Risiko, dass sich der von ihr behauptete Befreiungsantrag vom 29.05.1998 nicht nachweisen lässt (vgl. zur objektiven Beweislast Meyer Ladewig, § 103 SGG Rn 19a mit zahlreichen Nachweisen aus der Rspr. des BSG).

Selbst ein entsprechender Nachweis hätte der Klägerin mit ihrem Klagebegehren auch nur teilweise geholfen, nämlich für den Zeitraum vom behaupteten Befreiungsantrag am 29.05.1998 an bis zum nachgewiesenen Befreiungsantrag am 29.09.1998. Für die davor liegende Zeit hätte auch der behauptete Befreiungsantrag vom Mai 1998 nicht zu einer Befreiung von der Beitragspflicht geführt gem. § 13 Abs. 2 ALG. Auch diesen Antrag hätte die Klägerin nicht binnen der gesetzlichen Dreimonatsfrist seit Vorliegen der Befreiungsvoraussetzungen (versicherungspflichtiges Einkommen aus abhängiger Beschäftigung ab Mai 1997 und Erziehungszeit ab Dezember 1997) gestellt gehabt.

Eine Befreiung der Klägerin von der Beitragspflicht kommt auch nicht unter dem Gesichtspunkt eines sozialrechtlichen Herstellungsanspruchs in Betracht.

Dafür fehlt es bereits an einer Pflichtverletzung der Beklagten. Das gilt selbst dann, wenn man eine Beratungspflicht der Beklagten ohne entsprechend konkrete Nachfrage durch die Klägerin annehmen würde. Die Beklagte hat nämlich erst im Mai 1998 von der Heirat der Klägerin mit dem Landwirt Q. erfahren. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte eine entsprechende Beratungspflicht bestehen.

Die Beklagte hat die Klägerin dann mit Bescheid vom 27.05.1998 nicht nur über ihre Mitgliedschaft bei der landwirtschaftlichen Alterskasse informiert, sondern auch auf Befreiungsmöglichkeiten hingewiesen.

Es kann dahinstehen, ob das Merklblatt mit den genauen Informationen über die Befreiungsvoraussetzungen der Bescheid der Beklagten beigefügt waren oder nicht, wie von der Klägerin behauptet. Das Fehlen des Merkblattes war nämlich selbst nach dem Vortrag der Klägerin nicht kausal für den verspätet gestellten Befreiungsantrag, sondern der behauptete Umstand, dass der angeblich gestellte Befreiungsantrag von einem Mitarbeiter der Beklagten nicht aufgenommen und bearbeitet worden ist.

Nach alledem konnte die Klage keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 193, 183 SGG.
Rechtskraft
Aus
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