S 13 AS 3321/14 WA

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
13
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 13 AS 3321/14 WA
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 47/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Klage wird abgewiesen. Die Beteiligten haben einander keine Kosten zu erstatten. Die Berufung wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger wendet sich gegen einen Bescheid über die endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs für den Zeitraum November 2008 bis Juli 2009, mit dem der Beklagte einen Betrag in Höhe von insgesamt 687,19 EUR von ihm zurückfordert.

Der am ... 1973 geborene Kläger wohnt seit Oktober 2008 allein in einer Einraumwohnung unter der im Rubrum genannten Anschrift, für die im streitigen Zeitraum eine Grundmiete von 134,00 EUR, eine Betriebskostenvorauszahlung von 45,00 EUR und eine Vorauszahlung für Heiz- und Warmwasserkosten in Höhe von 31,00 EUR zu zahlen war. Im September 2008 nahm der Kläger eine Beschäftigung bei der Firma S. in K. auf; der Lohn war monatlich unterschiedlich hoch und wurde jeweils im Folgemonat ausgezahlt. Seinen Arbeitsweg legte der Kläger in der Regel über Q. zurück, da die (kürzere) Strecke über M. im streitigen Zeitraum gesperrt war. Der Kläger zahlte für seine beiden Kinder S. und J. Unterhalt in Höhe von monatlich 76,00 EUR (42,00 EUR für S. und 34,00 EUR für J.). Der vom Kläger zu entrichtende, jeweils am 01.01. fällige Jahresbeitrag für seine Kfz- Haftpflichtversicherung (ohne Schutzbrief) belief sich im Jahr 2008 auf 245,06 EUR und im Jahr 2009 auf 241,41 EUR.

Der Kläger stand im streitigen Zeitraum im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II). Nachdem er am 21.10.2008 seine erste Lohnbescheinigung aus der Beschäftigung bei S. für den Monat September 2008 eingereicht hatte (1.330,73 EUR brutto, 975,36 EUR netto), bewilligte der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Änderungsbescheid vom 28.01.2009 vorläufig gemäß § 40 Abs. 1 Nr. 1a SGB II (§§ des SGB II beziehen sich in diesem Urteil stets auf das SGB II in der vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.03.2011 geltenden Fassung) i. V. m. § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes u. a. für November 2008 bis Februar 2009 in Höhe von monatlich 164,12 EUR. Dabei ging er von einem Gesamtbedarf in Höhe von 554,37 EUR aus (Regelleistung 351,00 EUR, Kosten für Unterkunft und Heizung 203,37 EUR) und rechnete ein geschätztes Nettoeinkommen (abzüglich Unterhalt) in Höhe von 910,00 EUR (bereinigt 550,25 EUR) an. Zu dem sich daraus ergebenden Leistungsanspruch von 4,12 EUR wurde noch der befristete Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 160,00 EUR hinzugerechnet. Mit einem weiteren Bescheid vom 19.02.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger - wiederum vorläufig - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für März 2009 bis Juni 2009 in Höhe von monatlich 177,12 und für Juli und August 2009 in Höhe von monatlich 97,12 EUR. Dabei ging er wiederum von einem Gesamtbedarf von 554,37 EUR aus und berücksichtigte als geschätztes Einkommen einen Nettobetrag von 910,00 EUR (bereinigt 537,25 EUR). Der Zuschlag nach § 24 SGB II verringerte sich ab Juli 2009 auf monatlich 80,00 EUR.

In der Folgezeit reichte der Kläger seine Verdienstbescheinigungen ein. Danach erzielte er folgende Einnahmen (Zufluss jeweils im Folgemonat):

Oktober 2008: 1.440,46 EUR brutto (1.052,64 EUR netto)

November 2008: 1.355,67 EUR brutto (988,17 EUR netto)

Dezember 2008: 1.400,56 EUR brutto (1.011,10 EUR netto)

Januar 2009: 1.383,93 EUR brutto (1.033,22 EUR netto)

Februar 2009: 1.330,73 EUR brutto (980,02 EUR netto)

März 2009: 1.330,71 EUR brutto (986,19 EUR netto)

April 2009: 1.373,96 EUR brutto (1.008,79 EUR netto)

Mai 2009: 1.362,32 EUR brutto (1.002,80 EUR netto)

Juni 2009: 1.330,73 brutto (986,19 EUR netto)

In dem Einkommen für Oktober und Dezember 2008 und für Januar und April 2009 sind jeweils auch steuerfreie Feiertagszuschläge enthalten.

Mit Bescheid vom 26.08.2009 über die endgültige Festsetzung des Leistungsanspruchs und die Erstattung von zu Unrecht gewährten Leistungen forderte der Beklagte für die Monate November 2008, Januar und Februar 2009 und April bis Juli 2009 Leistungen in Höhe von insgesamt 687,19 EUR zurück. Zur Begründung führte er an, bei der endgültigen Festsetzung des Leistungsanspruchs sei festgestellt worden, dass nur ein geringerer Leistungsanspruch besteht.

Der Kläger legte gegen diesen Bescheid am 31.08.2009 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er an, er könne nicht verstehen, warum die Rückforderung so hoch sei, insbesondere warum der befristete Zuschlag zurückgefordert werde.

Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 17.11.2009 als unbegründet zurück. Zur Begründung führte er an, nach Absetzung der Freibeträge errechne sich ein zu berücksichtigendes Einkommen in Höhe von 593,84 EUR im November 2008, 556,59 EUR im Januar 2009, 580,38 EUR im Februar 2009, 538,67 EUR im April 2009, 556,94 EUR im Mai 2009, 552,12 EUR im Juni 2009 und 538,67 EUR im Juli 2009. Damit errechne sich ein Leistungsanspruch (einschließlich Zuschlag) für April 2009 in Höhe von 175,70 EUR, für Juni 2009 in Höhe von 162,26 EUR und für Juli 2009 in Höhe von 103,70 EUR. Für die restlichen Monate errechne sich kein Leistungsanspruch mehr, da das Einkommen den Bedarf übersteige und daher auch der Anspruch auf den Zuschlag entfalle. Die Überzahlung belaufe sich mithin auf jeweils 164,12 EUR im November 2008 sowie im Januar und Februar 2009, auf jeweils 1,42 EUR im April 2009 und Juli 2009, auf 177,12 EUR im Mai 2009 und 14,87 EUR im Juni 2009.

Der Kläger hat dagegen am 23.11.2009 Klage erhoben. Zur Begründung führt er an, sein Einkommen sei jeweils nur geringfügig höher gewesen als ursprünglich zugrunde gelegt. Die hohe Rückforderung sei daher für ihn nicht nachvollziehbar.

Die Kammer hat mit Beschluss vom 28.04.2010 das Ruhen des Verfahrens angeordnet, da die Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) hinsichtlich der Anrechenbarkeit von Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschlägen abgewartet werden sollte.

Der Kläger hat am 18.12.2014 die Wiederaufnahme des Verfahrens beantragt. Dabei hat er auch seine Lohnbescheinigungen für die Monate Oktober 2008 bis Juni 2009 eingereicht. Die Firma S. hat auf telefonische Nachfrage erklärt, dass sich die Anzahl der Arbeitstage, an denen der Kläger tatsächlich gearbeitet hat, aus dem Posten "BG Stunden" ergibt, indem man die dort aufgeführt Zahl durch 8 dividiert.

Der Kläger beantragt,

den Bescheid des Beklagten vom 26.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hält seine Entscheidung für rechtmäßig.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte der Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Alt. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Klage ist unbegründet.

Der Bescheid des Beklagten vom 26.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten.

1. Die Rückforderung der Leistungen für die Monate November 2008, Januar und Februar 2009 sowie April bis Juli 2009 findet ihre Rechtsgrundlage in § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II in Verbindung mit § 328 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Abs. 3 Satz 2 Drittes Buch Sozialgesetzbuch - Arbeitsförderung (SGB III).

Nach der Verweisungsnorm des § 40 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1a SGB II sind für das Verfahren nach dem SGB II u. a. die Vorschriften des § 328 SGB III über die vorläufige Entscheidung entsprechend anwendbar. Hiernach kann über die Erbringung von Geldleistungen u. a. dann vorläufig entschieden werden, wenn zur Feststellung der Voraussetzungen des Anspruchs einer Arbeitnehmerin oder eines Arbeitnehmers auf Geldleistungen voraussichtlich längere Zeit erforderlich ist, die Voraussetzungen für den Anspruch mit hinreichender Wahrscheinlichkeit vorliegen und die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer die Umstände, die einer sofortigen abschließenden Entscheidung entgegenstehen, nicht zu vertreten hat (§ 328 Abs. 1 Nr. 3 SGB III). Im Hinblick auf die endgültige Leistungsbewilligung gilt sodann zunächst: "Eine vorläufige Entscheidung ist nur auf Antrag der berechtigten Person für endgültig zu erklären, wenn sie nicht aufzuheben oder zu ändern ist" (§ 328 Abs. 2 SGB III). Weiter ist bestimmt: "Auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen sind auf die zustehende Leistung anzurechnen. Soweit mit der abschließenden Entscheidung ein Leistungsanspruch nicht oder nur in geringerer Höhe zuerkannt wird, sind auf Grund der vorläufigen Entscheidung erbrachte Leistungen zu erstatten" (§ 328 Abs. 3 Satz 1 und 2 Halbsatz 1 SGB III).

Der Beklagte hat hier im Hinblick auf das wechselnde Einkommen und die noch nicht vorliegenden Verdienstbescheinigungen des Klägers mit Bescheiden vom 28.01.2009 und vom 19.02.2009 zu Recht über den Leistungsanspruch des Klägers für den Zeitraum November 2008 bis Juli 2009 zunächst (nur) im Wege der vorläufigen Entscheidung befunden. Nachdem der Kläger die Verdienstbescheinigungen vorgelegt hatte, war der Beklagte verpflichtet, eine abschließende Entscheidung über das streitbefangene Leistungsbegehren zu treffen (zur Notwendigkeit einer das Verwaltungsverfahren auf den ursprünglichen Leistungsantrag abschließenden endgültigen Entscheidung im Fall einer vorläufigen Bewilligung vgl. Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 29.04.2015, Az. B 14 AS 31/14).

Der Bescheid vom 26.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 genügt auch den Anforderungen an eine i. S. v. § 328 Abs. 3 SGB III "abschließende Entscheidung". Nach der Rechtsprechung des BSG setzt eine "abschließende Entscheidung" i. S. v. § 328 Abs. 3 SGB III voraus, dass der betreffende Bescheid den ursprünglichen Vorläufigkeitsvorbehalt aufhebt und die begehrte Leistung als die "zustehende Leistung" endgültig zuerkennt (BSG, Urteil vom 29.04.2015, Az. B 14 AS 31/14). Dazu bedarf es zumindest irgend eines Anhaltspunktes in einem Verfügungssatz oder zumindest in der Begründung der Entscheidung, der zweifelsfrei darauf schließen lässt, dass mit der Entscheidung eine endgültige Leistungsbewilligung i. S. v. § 328 Abs. 3 Satz 2 SGB III getroffen werden soll (BSG a. a. O.). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Bereits in der Überschrift des Bescheides heißt es "Endgültige Festsetzung des Leistungsanspruches". In den Eingangssätzen des Bescheides wird auf die erfolgte vorläufige Bewilligung Bezug genommen und mitgeteilt, dass mit der endgültigen Entscheidung über den Leistungsanspruch festgestellt wurde, dass nur ein geringerer Leistungsanspruch besteht. Die Höhe der für die einzelnen Monate endgültig festgesetzten Leistungen wird in dem Bescheid zwar nicht genannt, sondern es werden lediglich die sich für die einzelnen Monate ergebenden Überzahlungen aufgeführt. Dieser Mangel wurde aber jedenfalls im Widerspruchsbescheid geheilt, denn in diesem wird mit ausführlicher Berechnung dargestellt, welche endgültigen Leistungsansprüche sich für die einzelnen Monate errechnen.

2. Die in dem Bescheid vom 26.08.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.11.2009 getroffenen Festsetzungen sind auch inhaltlich zutreffend bzw. begünstigend rechtswidrig. Dem Kläger stehen für die streitigen Zeiträume noch geringere Leistungsansprüche zu als vom Beklagten endgültig festgesetzt.

Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes erhalten gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a SGB II noch nicht erreicht haben (Nr. 1), erwerbsfähig (Nr. 2) und hilfebedürftig (Nr. 3) sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (Nr. 4). Hilfebedürftig ist gemäß § 9 Abs. 1 SGB II, wer seinen Lebensunterhalt, seine Eingliederung in Arbeit und den Lebensunterhalt der mit ihm in einer Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht 1. durch Aufnahme einer zumutbaren Arbeit, 2. aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält.

Der Kläger gehört nach seinem Alter grundsätzlich zum Kreis der Leistungsberechtigten und hat seinen gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet. Die Kammer hat keinen Grund, anhand der vorliegenden Unterlagen an der Erwerbsfähigkeit des Klägers zu zweifeln. Der maßgebliche Bedarf ist anhand der gesetzlich vorgesehenen Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts (§§ 19 ff. SGB II) zu bestimmen. Nach § 19 Satz 1 SGB II erhalten erwerbsfähige Hilfebedürftige als Arbeitslosengeld II Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung.

Als Regelleistung für einen Erwerbsfähigen, der allein stehend oder allein erziehend ist, sieht § 20 Abs. 2 Satz 1 SGB II in der jeweils gültigen Fassung für die Zeit bis Juni 2009 351,00 EUR und ab Juli 2009 359,00 EUR vor.

Die Kosten der Unterkunft und Heizung setzen sich aus der Kaltmiete in Höhe von monatlich 134,00 EUR, der Betriebskostenvorauszahlung von monatlich 45,00 EUR und der Heizkostenvorauszahlung von 31,00 EUR zusammen. Da mit der Heizung auch die Warmwasseraufbereitung durchgeführt wird, die Kosten für Haushaltsenergie aber gemäß § 20 Abs. 1 SGB II in der vorliegend anwendbaren Fassung Bestandteil der Regelleistung waren, ist von den Heizkosten ein Abzug vorzunehmen. Für die Höhe dieses Abzugs hat das BSG auf den Betrag abgestellt, mit dem die Warmwasserbereitung in die Regelleistung eingegangen ist (vgl. dazu grundlegend BSG, Urteile vom 27.02.2008, Az. B 14/11b AS 15/07 R, und vom 22.09.2009, Az. B 4 AS 8/09 R). Dies entspricht bei einer Regelleistung von 351,00 EUR einem Betrag von 6,33 EUR und bei einer Regelleistung von 359,00 EUR einem Betrag von 6,47 EUR. Die zu übernehmenden Unterkunftskosten des Klägers belaufen sich demnach auf 203,67 EUR von November 2008 bis Juni 2009 und auf 203,53 EUR im Juli 2009.

Der Gesamtbedarf des Klägers beläuft sich mithin auf 554,67 EUR im November 2008 bis Juni 2009 und auf 562,53 EUR im Juli 2009.

Ein höherer Bedarf des Klägers ergibt sich nicht aus der im streitigen Zeitraum noch geltenden Vorschrift des § 24 SGB II, die früheren Beziehern von Arbeitslosengeld I (ALG I) innerhalb von zwei Jahren nach dem Ende des ALG I- Bezuges einen monatlichen Zuschlag zugebilligt hat. Der Zuschlag nach Maßgabe des § 24 SGB II war nämlich akzessorisch zum Bestehen eines Anspruchs auf Arbeitslosengeld II im Sinne der Kernleistungen des § 19 Satz 1 SGB II, d. h. ein Anspruch auf den befristeten Zuschlag bestand nur dann, wenn der Hilfebedürftige tatsächlich einen Anspruch auf Arbeitslosengeld II hatte. Allein durch die Zuschlagsregelung konnte kein Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II begründet werden (BSG, Urteile vom 23.11.2006, Az. B 11b AS 1/06 R, vom 29.03.2007, Az. B 7b AS 2/06 R, und vom 31.10.2007, Az. B 14/7b AS 42/06 R und B 14/11b AS 7/07 R).

Von dem Bedarf ist das zu berücksichtigende Einkommen in Abzug zu bringen. Nach § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit Ausnahme der Leistungen nach dem SGB II, der Grundrente nach dem Bundesversorgungsgesetz (BVG) und nach den Gesetzen, die eine entsprechende Anwendung des BVG vorsehen und der Renten oder Beihilfen, die nach dem Bundesentschädigungsgesetz für Schaden an Leben sowie an Körper und Gesundheit erbracht werden, bis zur Höhe der vergleichbaren Grundrente nach dem BVG. Dementsprechend ist vorliegend das Einkommen des Klägers aus seiner Beschäftigung bei der Firma S. anzurechnen, wobei das gesamte Bruttoeinkommen einschließlich der in dem Einkommen für Oktober, Dezember, Januar und April enthaltenen Feiertagszuschläge zu berücksichtigen ist. Das Bundessozialgericht hat zwischenzeitlich entschieden, dass Zuschläge für Nacht-, Sonn- und Feiertagsarbeit keiner der in § 11 Abs 1 Satz 1 SGB II genannten Ausnahmen unterfallen und auch nicht als zweckbestimmte Leistungen i. S. v. § 11 Abs. 3 Nr. 1 Buchst. a SGB II von der Einkommensberücksichtigung auszunehmen sind (BSG, Urteil vom 01.06.2010, Az. B 4 AS 89/09).

Vom Einkommen sind gemäß § 11 Abs. 2 Satz 1 SGB II abzusetzen

auf das Einkommen entrichtete Steuern,

Pflichtbeiträge zur Sozialversicherung einschließlich der Beiträge zur Arbeitsförderung,

Beiträge zu öffentlichen oder privaten Versicherungen oder ähnlichen Einrichtungen, soweit diese Beiträge gesetzlich vorgeschrieben oder nach Grund und Höhe angemessen sind,

geförderte Altersvorsorgebeiträge nach § 82 des Einkommenssteuergesetzes, soweit sie den Mindesteigenbeitrag nach § 86 des Einkommenssteuergesetzes nicht überschreiten,

die mit der Erzielung des Einkommens verbundenen notwendigen Ausgaben,

für Erwerbstätige ferner ein Betrag nach § 30 SGB II

Aufwendungen zur Erfüllung gesetzlicher Unterhaltsverpflichtungen bis zu dem in einem Unterhaltstitel oder in einer notariell beurkundeten Unterhaltsvereinbarung festgelegten Betrag.

Nach § 11 Abs. 2 Satz 2 ist bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen, die erwerbstätig sind, an Stelle der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 ein Betrag von insgesamt 100 EUR monatlich abzusetzen. Beträgt das monatliche Einkommen mehr als 400 EUR, gilt Satz 2 nicht, wenn der erwerbsfähige Hilfebedürftige nachweist, dass die Summe der Beträge nach Satz 1 Nr. 3 bis 5 den Betrag von 100 EUR übersteigt (§ 11 Abs. 2 Satz 3 SGB II).

Nach § 3 der Verordnung zur Berechnung von Einkommen sowie zur Nichtberücksichtigung von Einkommen und Vermögen beim Arbeitslosengeld II / Sozialgeld (ALG II- VO) in der Fassung vom 17.12.2007 sind als Pauschbeträge abzusetzen

von dem Einkommen volljähriger Hilfebedürftiger und von dem Einkommen minderjähriger Hilfebedürftiger, soweit diese nicht mit volljährigen Hilfebedürftigen in einer Bedarfsgemeinschaft leben, ein Betrag in Höhe von 30,00 EUR monatlich für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind, gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 3 SGB II

[ ]

von dem Einkommen Erwerbstätiger für die Beträge nach § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II

monatlich ein Sechzigstel der steuerrechtlichen Werbungskostenpauschale (§ 9a Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a des Einkommenssteuergesetzes) als mit seiner Erzielung notwendige Ausgaben

zusätzlich bei Benutzung eines Kraftfahrzeuges für die Fahrt zwischen Wohnung und Arbeitsstätte für Wegstrecken zur Ausübung der Erwerbstätigkeit 0,20 EUR für jeden Entfernungskilometer der kürzesten Straßenverbindung,

soweit der Hilfebedürftige nicht höhere notwendige Ausgaben nachweist.

Der zusätzliche Freibetrag bei Erwerbstätigkeit beläuft sich nach § 30 Satz 2 SGB II

für den Teil des monatlichen Einkommens, das 100 EUR übersteigt und nicht mehr als 800 EUR beträgt, auf 20 vom Hundert und

für den Teil des monatlichen Einkommens, das 800 EUR übersteigt und nicht mehr als 1.200 EUR beträgt, auf 10 vom Hundert.

An Stelle des Betrages von 1.200 EUR tritt für erwerbsfähige Hilfebedürftige, die entweder mit mindestens einem minderjährigen Kind in Bedarfsgemeinschaft leben oder mindestens ein minderjähriges Kind haben, ein Betrag von 1.500 EUR (§ 30 Satz 3 SGB II).

Damit sind vom Einkommen des Klägers zunächst die Steuern und Sozialversicherungsbeiträge und die Unterhaltszahlungen in Höhe von monatlich 76,00 EUR abzusetzen. Die Freibeträge nach § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 bis 5 SGB II übersteigen den Betrag von 100,00 EUR monatlich und sind daher in tatsächlicher Höhe abzusetzen. Sie setzen sich zusammen aus den Beiträgen zur Kfz- Haftpflichtversicherung, der Versicherungspauschale nach § 3 Nr. 1 ALG II-V in Höhe von 30,00 EUR, der Pauschale nach § 3 Nr. 3 Buchst. a in Höhe von 15,33 EUR und den Fahrtkosten. Die Fahrtkosten berechnen sich aus den sich aus der jeweiligen Lohnberechnung ergebenden Arbeitstagen, multipliziert mit der einfachen Entfernung zwischen der Wohnung des Klägers und der Arbeitsstelle (25 km) und den 0,20 EUR nach § 3 Nr. 3 Buchst. b ALG II-V. Der Jahresbeitrag zur Kfz- Haftpflichtversicherung ist nach Ansicht der Kammer nicht in voller Höhe im Monat seiner Fälligkeit (hier: Januar 2009) abzusetzen, sondern vielmehr monatlich mit einem entsprechenden Teilbetrag zu berücksichtigen. Zwar wird teilweise die Auffassung vertreten, dass für eine anteilige Verteilung von Versicherungsbeiträgen, die für einen mehr als einmonatigen Zeitraum zu zahlen sind, keine Rechtsgrundlage existiert (vgl. Sozialgericht [SG] Berlin, Urteil vom 23.03.2015, Az. S 197 AS 355/12). Dem steht jedoch entgegen, dass der Gesetzeswortlaut einer Verteilung der Beiträge jedenfalls nicht entgegensteht. § 11 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 SGB II befasst sich mit dieser Frage nicht, denn er bestimmt lediglich, dass Versicherungsbeiträge vom Einkommen abzusetzen sind. Für die Beiträge zu privaten Versicherungen, die nach Grund und Höhe angemessen sind (wozu insbesondere Sach- und Haftpflichtversicherungen gehören, deren Beiträge in aller Regel für einen mehr als einmonatigen Zeitraum gezahlt werden) sieht § 3 ALG II-V die Absetzung eines Pauschbetrages i. H. v. 30,00 EUR monatlich vor, um bei gewöhnlich anfallenden Aufwendungen den Beteiligten nicht nur einen aufwändigen Einzelnachweis zu ersparen, sondern auch eine stetige Neuberechnung des Leistungsanspruchs wegen zwar regelmäßig anfallender, aber nicht monatlich zu zahlender Versicherungsbeiträge zu vermeiden. Die Regelung führt mithin bezüglich der Einkommensanrechnung zu einer gleichmäßigen Verteilung von pauschalierten Versicherungsbeiträgen auf das ganze Jahr, selbst wenn sie nur in einem Monat zu zahlen sind. Nichts anderes kann daher für die Beiträge zu gesetzlich vorgeschriebenen Versicherungen wie der Kfz- Haftpflichtversicherung gelten (vgl. Landessozialgericht [LSG] für das Land Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 11.06.2014, Az. L 2 AS 275/14 B, L 2 AS 446/14 NZB). Auch das Bundessozialgericht hat beispielsweise in seinen Urteilen vom 20.02.2014 (zum Az. B 14 AS 53/12 R, Rdnr. 21 bei juris) und vom 19.06.2012 (Az. B 4 AS 163/11 R, Rdnr. 15 bei juris) die Berechnungen der Vorinstanz mit Absetzung der anteiligen Beiträge zur Kfz- Haftpflichtversicherung als monatliche Aufwendung nicht beanstandet.

Insgesamt errechnen sich damit folgende Leistungsansprüche (Beträge jeweils in EUR)

(Tabelle zur Horizontalberechnung nicht darstellbar)

Damit errechnet sich lediglich für den Monat April 2009 ein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Satz 1 SGB II in Höhe von 8,00 EUR. Hierzu ist noch der Zuschlag nach § 24 SGB II in Höhe von 160,00 EUR hinzuzurechnen, sodass sich der Leistungsanspruch in diesem Monat auf 168,00 EUR beläuft. In den übrigen Monaten übersteigt das anzurechnende Einkommen den Bedarf des Klägers, sodass mangels Hilfebedürftigkeit kein Anspruch auf Leistungen nach § 19 Satz 1 SGB II besteht. In diesen Monaten kommt auch die Gewährung eines befristeten Zuschlags nach § 24 SGB II nach den obigen Ausführungen nicht in Betracht, da § 24 SGB II als konstituierendes Tatbestandsmerkmal des Zuschlags den Bezug von Arbeitslosengeld II voraussetzt.

Da der Leistungsanspruch des Klägers in den streitgegenständlichen Monaten mithin noch niedriger ist als vom Beklagten endgültig festgesetzt, ist auch die Rückforderung von 687,19 EUR rechtmäßig.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG.

4. Die Berufung ist nicht nach § 144 Abs. 1 SGG zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 750,00 EUR nicht übersteigt. Die Berufung war jedoch gemäß § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zuzulassen. Nach den obigen Ausführungen werden in der Rechtsprechung unterschiedliche Auffassungen vertreten zu der Frage, ob Versicherungsbeiträge, die für einen mehr als einmonatigen Zeitraum zu zahlen sind, in vollem Umfang in dem Monat, in dem sie zu zahlen sind, als Absetzbeträge im Sinne von § 11 Abs. 2 SGB II alter Fassung bzw. § 11b in der geltenden Fassung des SGB II anfallen oder ob sie anteilig auf die Monate umzulegen sind, für die sie gezahlt werden. Diese Frage ist im vorliegenden Fall auch entscheidungserheblich, denn würde man den vom Kläger zu entrichtenden Jahresbeitrag zur Kfz- Haftpflicht im Monat seiner Fälligkeit vom Einkommen absetzen, so würde sich für den Monat Januar 2009 ein Leistungsanspruch errechnen, der noch höher ist als die ursprünglich bewilligten Leistungen, sodass eine Rückforderung für diesen Monat entfallen würde.
Rechtskraft
Aus
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