S 8 AS 2847/12

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
8
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 8 AS 2847/12
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 4 AS 32/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten - vor dem Hintergrund der Geltendmachung der Rückzahlung eines dem Kläger vom Beklagten gewährten Darlehens - um die Bewilligung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts als Zuschuss statt als Darlehen.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger, der zum damaligen Zeitpunkt Eigentümer eines Grundstücks in Z. war, mit Bescheid vom 21. April 2011 darlehensweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Der Kläger habe nachgewiesen, dass - im Hinblick auf das vorbezeichnete Grundstück - der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von grundsätzlich zu berücksichtigendem Einkommen nicht möglich sei oder eine besondere Härte bedeuten würde, so dass Leistungen nach dem SGB II als Darlehen gewährt werden könnten. Dem Kläger wurden aufgrund seines Antrags vom 1. April 2011 gemäß § 24 Abs. 5 SGB II Leistungen für die Zeit vom 1. April 2011 bis 30. September 2011 wie folgt als Darlehen bewilligt: für die Zeit vom 1. April bis 31. Mai 2011 monatlich je 276,29 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung) sowie für den Zeitraum vom 1. Juni bis 30. September 2011 monatlich je 364 EUR (Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts inklusive Mehrbedarfe) zuzüglich monatlich je 438,55 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung). Daraus ergab sich für den Bewilligungszeitraum April bis September 2011 ein Gesamtbetrag von 3762,78 EUR. Die Entscheidung ergehe hinsichtlich der veränderbaren Bestandteile der Kosten für Unterkunft und Heizung (Betriebskosten, Abschläge für Heizkosten, Wasser und Abwasser) vorläufig. Weiterhin enthielt der Bescheid vom 21. April 2011 die Regelung: "Das Darlehen wird zinslos gewährt und ist nach Vermögensverwertung in einer Summe zurück zu zahlen."

Mit Änderungsbescheid zum Darlehensbescheid vom 4. Juli 2011 gewährte der Beklagte dem Kläger zudem darlehensweise Zuschüsse zur Kranken- und Pflegeversicherung für den Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2011 in Höhe von insgesamt 619,41 EUR.

Mit Bescheid vom 27. September 2011 gewährte der Beklagte dem Kläger vorläufig für den Zeitraum von Oktober bis Dezember 2011 Leistungen nach dem SGB II unter Hinweis auf § 24 Abs. 5 SGB II darlehensweise wie folgt: für Oktober 2011 338,65 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung) sowie für November und Dezember 2011 monatlich je 245,10 EUR (Kosten für Unterkunft und Heizung), so dass sich für Oktober bis Dezember 2011 ein Gesamtbetrag in Höhe von 828,85 EUR ergab. Die Vorläufigkeit beruhe auf den Umstand, dass die Höhe des Einkommens aus einer Beschäftigung bei der Firma R. ab 29. August 2011 noch nicht feststehe. Auch dieser Bescheid enthielt die Regelung: "Das Darlehen wird zinslos gewährt und ist nach Vermögensverwertung in einer Summe zurück zu zahlen."

Infolge des Verkaufs des oben genannten Grundstücks wurde dem Kläger am 19. Januar 2012 ein Kaufpreis in Höhe von 20.000 EUR überwiesen.

Daraufhin übermittelte der Beklagte dem Kläger unter dem 22. März 2012 zwei Anhörungsschreiben bezüglich einer beabsichtigten Geltendmachung der Erstattung der für die Zeiträume April bis September 2011 und Oktober bis Dezember 2011 darlehensweise gewährten Leistungen: Nach Vorlage des Kontoauszuges und der hierdurch erfolgten Bekanntgabe des Verkaufs des Hauses seien die gemäß § 24 Abs. 5 SGB II darlehensweise bewilligten Leistungen noch einmal geprüft worden. Das dem Kläger am 19. Januar 2012 zugeflossene Vermögen in Höhe von 20.000 EUR sei gemäß § 12 SGB II um die Freibeträge (150 EUR pro Lebensjahr +750 EUR notwendige Anschaffungen) gemindert worden, so dass ein übersteigendes Vermögen von 14.750 EUR zu berücksichtigen sei. Gemäß den Darlehensbescheiden vom 21. April und 4. Juli 2011 sowie vom 27. September 2011 seien dem Kläger zinslose Darlehen gewährt worden, welche nach der Vermögensverwertung (Hausverkauf) in einer Summe zurückzuzahlen seien. Der Beklagte machte insoweit Überzahlungen in Höhe von 4382,19 EUR und 828,85 EUR geltend.

Hierzu äußerte sich der Kläger mit am 30. März 2012 beim Beklagten abgegebenen Schreiben.

Mit zwei Schreiben vom 13. April 2012 nahm der Beklagte unter der jeweiligen Betreffzeile "Zahlung von Darlehensleistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II)" Bezug auf die Darlehensbescheide vom 21. April und 4. Juli sowie vom 27. September 2011 bezüglich der Leistungszeiträume April bis September 2011 sowie Oktober bis Dezember 2011. Nach Bekanntgabe des Hausverkaufs in Z. seien die gemäß § 24 Abs. 5 SGB II darlehensweise bewilligten Leistungen in einer Summe zurückzuzahlen. Es seien gemäß § 42a Abs. 3 SGB II Leistungen in Höhe von 4382,19 EUR und 828,85 EUR zu erstatten.

Die hiergegen gerichteten klägerischen Widersprüche vom 17. April 2012 verwarf der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 26. Juni 2012: Die Widersprüche seien bereits unzulässig, da die Zahlungsaufforderungen vom 13. April 2012 keine Verwaltungsakte darstellten. Mit den Rückzahlungsaufforderungen würden Rechte des Klägers weder begründet noch gemindert, entzogen oder festgestellt. Vielmehr würden hiermit allein Rückzahlungspflichten aus den Darlehensbescheiden umgesetzt und geltend gemacht. Die Rückzahlungspflicht sei jedem Darlehen immanent; daher bedürfe es für die Rückzahlungspflicht aus einem Darlehensbescheid nicht nochmals des Erlasses eines vorherigen Leistungsbescheides.

Darüber hinaus wertete der Beklagte das klägerische Vorbringen auch als Überprüfungsanträge in Bezug auf die ursprünglichen Darlehensbescheide vom 21. April/4. Juli 2011 sowie vom 27. September 2011.

Mit Bescheiden vom 20. Juli 2012 teilte der Beklagte dem Kläger sodann mit, die Überprüfung habe ergeben, dass die Bescheide nicht zu beanstanden seien.

Die hiergegen gerichteten klägerischen Widersprüche wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheiden vom 12. November 2012 als unbegründet zurück: Die Bescheide vom 21. April 2011/4. Juli 2011 sowie 27. September 2011 seien mangels fristgerechter Widerspruchserhebung bindend geworden und dürften daher nur unter den Voraussetzungen des § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) überprüft werden. Der Kläger habe nichts vorgebracht, was für die Unrichtigkeit der Entscheidungen sprechen könne; es ergäben sich keine neuen Erkenntnisse, die dafür sprächen, dass die Entscheidungen falsch seien.

Hiergegen hat der Kläger jeweils am 19. November 2012 vor dem Sozialgericht Dessau-Roßlau zu den Aktenzeichen S 8 AS 2847/12 und S 8 AS 2848/12 Klage erhoben. Zur Begründung trägt der Kläger vor, es sei ihm bei der Darlehensgewährung zugesichert worden, dass diese nach einem halben Jahr "in meine ALG-II-Leistung umgewandelt" würden, wenn kein Verkauf des Hauses stattfinden sollte. Das Haus sei nach ca. zehn Monaten verkauft worden und die Rechtsmittelfrist für einen Widerspruch gegen den Darlehensbescheid schon abgelaufen gewesen. Der Beklagte hätte ihn darauf hinweisen müssen; es handele sich nach seiner Auffassung um "eine arglistige Täuschung", bei vorheriger Kenntnis hätte er kein Darlehen beantragt. Im Übrigen sei das Haus faktisch wegen eines Nießbrauchs der Großmutter des Klägers eigentlich nicht verwertbar gewesen, jedenfalls nicht zu einem angemessenen Preis. Die Großmutter des Klägers, Frau E., habe einem Verzicht auf ein lebenslanges Wohnrecht erst zugestimmt, als der Kauf festgestanden habe. Von der Sparkasse D. sei dem Kläger gutachterlich bestätigt worden, dass es hinsichtlich des Verkaufs realistischerweise allenfalls um einen Betrag von lediglich etwa 1500 EUR gehen könne; dass ein mit der Mutter bekannter Käufer schließlich 20.000 EUR bezahlt habe, sei "auch Glückssache" gewesen.

Mit Beschluss vom 18. März 2013 hat die Kammer die Verfahren S 8 AS 2847/12 und S 8 AS 2848/12 zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung - unter Führung des Verfahrens S 8 AS 2847/12 - verbunden.

Der Kläger beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung der Bescheide vom 20. Juli 2012 in der Gestalt der Widerspruchsbescheide vom 12. November 2012 sowie unter Abänderung der Bescheide vom 21. April 2011 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 4. Juli 2011 und des Bescheides vom 27. September 2011 zu verurteilen, die dem Kläger für den Zeitraum vom 1. April 2011 bis 31. Dezember 2011 gewährten Leistungen nach dem SGB II als Zuschuss statt als Darlehen zu bewilligen.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Der Beklagte bezieht sich zunächst auf die Ausführungen in den angefochtenen Widerspruchsbescheiden. Im Übrigen ergebe sich aus dem Immobilien-Vertriebsauftrag vom 18. Januar 2011, dass auch der Kläger zuletzt von einer Verwertbarkeit trotz des formal bestehenden Nießbrauchs ausgegangen sei. Der Beklagte verweist dabei auch auf die im Vertriebsauftrag vom 18. Januar 2011 enthaltene Kaufpreisvorstellung von ca. 40.000 EUR. Entscheidend sei insbesondere, dass im Zusammenhang mit dem Verkauf letztlich auch der notarielle Verzicht der Mutter auf das Nießbrauchsrecht erfolgt sei, woraus sich erkennen lasse, dass der Nießbrauch gerade kein Verwertungshindernis dargestellt habe. Allein aus dem Umstand, dass das Grundstück mit einem Nießbrauch belastet gewesen sei, lasse sich jedenfalls nicht eine fehlende Verwertbarkeit ableiten.

Die Gerichtsakte und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage (§§ 54 Abs. 1 und 4, 56 Sozialgerichtsgesetz - SGG) ist unbegründet.

Der Kläger hat seine Antragstellung in der mündlichen Verhandlung zutreffenderweise darauf gerichtet, die für die Zeiträume vom 1. April bis 31. Dezember 2011 (als Darlehen) gewährten Leistungen nunmehr als Zuschuss statt als Darlehen zu bewilligen vgl. zu dieser korrekten Antragstellung: Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 158/11 R).

Die Bewilligung als Darlehen beinhaltet bereits die Rückzahlungsverpflichtung des Leistungsempfängers (vgl. schon § 488 Abs. 1 Satz 2 Bürgerliches Gesetzbuch - BGB), so dass sich dieser grundsätzlich bereits gegen die (lediglich) darlehensweise (anstelle einer zuschussweisen) Bewilligung wenden muss, um der späteren Rückforderung durch den Leistungsträger effektiv begegnen zu können, und nicht erst gegen die bloße Geltendmachung der in der Gewährung der Leistung als (bloßes) Darlehen bereits angelegten Geltendmachung der Rückzahlung.

Vor diesem Hintergrund hat der Beklagte zutreffenderweise den klägerischen Widerspruch gegen die bloßen Rückzahlungsaufforderungen vom 13. April 2012 als unzulässig verworfen und vielmehr die klägerischen Ausführungen im Widerspruchsverfahren - zugunsten des Klägers - auch als Antrag auf Überprüfung der die ursprünglichen Bewilligungen (lediglich) als Darlehen enthaltenden Ausgangsbescheide vom 21. April und 4. Juli 2011 gemäß § 44 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) behandelt, weil der Kläger sich letztlich nur noch dergestalt zulässigerweise mit etwaiger Aussicht auf Erfolg gegen eine Rückzahlungspflicht wenden konnte.

Demnach richtet sich die Klage korrekterweise auf die Aufhebung der die Überprüfungsanträge ablehnenden Bescheide und eine Abänderung der ursprünglichen Bewilligungsbescheide dahingehend, dass die vom Beklagten darlehensweise bewilligten Leistungen als Zuschuss gewährt werden (vgl. im Übrigen auch § 123 SGG).

Die nach alldem zulässige Klage ist indes unbegründet. Die streitgegenständlichen Bescheide sind rechtmäßig, der Kläger wird hierdurch mithin nicht im maßgeblichen Sinne des § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die Bewilligung der Leistungen für die hier in Rede stehenden Zeiträume als Zuschuss statt als Darlehen. Demgemäß wurden auch die als diesbezügliche Überprüfungsbegehren auszulegenden klägerischen Anträge gemäß § 44 SGB X zu Recht abschlägig beschieden. Das in seinem Eigentum stehende Hausgrundstück in Z. stand als verwertbares Vermögen seiner Hilfebedürftigkeit insofern entgegen.

In formell-rechtlicher Hinsicht gab der Beklagte auf Grundlage seiner damaligen Rechtsauffassung mit den Schreiben vom 22. März 2012 dem Kläger Gelegenheit zur Stellungnahme zu den für das Rückzahlungsverlangen maßgeblichen tatsächlichen Umständen (vgl. auch § 24 SGB X). Hierzu bedarf es keiner näheren Ausführungen, weil nach den obigen Feststellungen die bloße Geltendmachung der der darlehensweisen Bewilligung bereits immanenten Rückzahlungsverpflichtung zur Überzeugung der Kammer konsequenterweise keine neue eigenständige - den Kläger beschwerende - Regelung im Sinne von § 31 SGB X bedeutete und es mithin einer gesonderten Anhörung im Sinne von § 24 SGB X im Vorfeld der geltend gemachten Zahlungsaufforderung gar nicht bedurft hätte.

In materiell-rechtlicher Hinsicht erhalten Leistungen nach dem SGB II nach § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, erwerbsfähig sind, hilfebedürftig sind und ihren gewöhnlichen Aufenthalt in Deutschland haben, soweit kein Ausschlusstatbestand vorliegt.

Hilfebedürftig ist, wer u. a. seinen Lebensunterhalt nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln, vor allem nicht aus dem zu berücksichtigenden Einkommen oder Vermögen sichern kann und die erforderliche Hilfe nicht von anderen, insbesondere von Angehörigen oder von Trägern anderer Sozialleistungen erhält (§ 7 Abs. 3 Satz 1 Nummer 3, § 9 Abs. 1 SGB II). Als Vermögen sind alle verwertbaren Vermögensgegenstände zu berücksichtigen (§ 12 Abs. 1 SGB II). Nicht zu berücksichtigen sind u. a. ein selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe (§ 12 Abs. 3 Satz 1 Nummer 4 SGB II) sowie Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist oder für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde (§ 12 Abs. 3 Satz 2 SGB II). Das Vermögen ist mit seinem Verkehrswert zu berücksichtigen; für die Bewertung ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem der Antrag auf Bewilligung oder erneute Bewilligung der Leistung der Grundsicherung für Arbeitssuchende gestellt wird (§ 12 Abs. 4 Satz 1, 2 SGB II).

Der "Vermögensschutz" im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nummer 4 SGB II scheitert in Bezug auf das in Rede stehende Grundstück bereits daran, das es nicht vom Kläger selbst genutzt wurde.

Es handelt sich darüber hinaus auch sonst um im Sinne von § 12 Abs. 1 SGB II verwertbares Vermögen. Dem steht - auch in Bezug auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nummer 6 SGB II - insbesondere nicht der vom Kläger geltend gemachte Gesichtspunkt des Nießbrauchrechts der Großmutter entgegen.

Vermögen ist verwertbar, wenn es verbraucht, übertragen oder belastet werden kann. Der Begriff der Verwertbarkeit ist ein rein wirtschaftlicher und beurteilt sich sowohl nach den tatsächlichen als auch nach den rechtlichen Verhältnissen (vgl. zum Beispiel Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R; Urteil vom 27. Januar 2009 - B 14 AS 42/07 R; Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 158/11 R). Durch Verkauf zum Beispiel tatsächlich nicht verwertbar ist ein Vermögensgegenstand, für den in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind (vgl. Bundessozialgericht, Urteil vom 22. März 2012 - B 4 AS 99/11 R; Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 158/11 R).

Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ist vor diesem Hintergrund insbesondere nicht davon auszugehen, dass etwa jedes (Haus-) Grundstück, das mit einem Nießbrauch oder Wohnrecht belastet ist, nicht nach § 12 Abs. 1 SGB II verwertbar sei. Vielmehr ist im jeweiligen Fall zu prüfen, ob es eine Verwertungsmöglichkeit gibt (Bundessozialgericht, Urteil vom 12. Juli 2012 - B 14 AS 158/11 R; vgl. im Übrigen zu einer Beleihung als Verwertungsmöglichkeit bei einem Grundstück schon: Bundessozialgericht, Urteil vom 16. Mai 2007 - B 11b AS 37/06 R).

Eine Verwertbarkeit - sogar durch Verkauf - war vorliegend jedenfalls gegeben. Davon ging im Übrigen offenbar auch der Kläger selbst aus, wie sich bereits dem Immobilien-Vertriebsauftrag vom 18. Januar 2011 mit einer klägerischen Kaufpreisvorstellung in Höhe von ca. 40.000 EUR entnehmen lässt. Insbesondere ist auch ein Hinweis auf ein bei der Verwertung gegebenenfalls zu berücksichtigendes Nießbrauchs- bzw. Wohnrecht der Großmutter des Klägers hierin nicht enthalten. Dies korrespondiert mit dem Aktenvermerk des Beklagten über ein persönliches Gespräch mit dem Kläger am 15. April 2011, wonach der Kläger selbst ein Darlehen gemäß § 24 Abs. 5 SGB II beantragt habe, "da sein nicht selbst genutztes Hausgrundstück in Z. noch nicht verkauft" sei, indes Verkaufsbemühungen liefen und wonach insbesondere der Kläger "bezüglich Notarvertrag Wohnungsrecht" mitgeteilt habe, das Wohnrecht für die Großmutter werde nicht geltend gemacht; sie wohne mittlerweile in D. und wolle auch nicht in das Haus zurück.

Na alldem war offenkundig, dass spätestens mit einem Verkauf des Hauses ein Verzicht der Großmutter auf das Nießbrauchs- bzw. Wohnrecht erfolgen werde, was Frau E. im Übrigen auch in dem vom Kläger zur Akte gereichten Schreiben vom 12. Juli 2015 bestätigt hat. Dass die Zustimmung "erst" erteilt worden sei, "als der Verkauf des Hauses feststand", ändert insoweit nichts an der rechtlichen Bewertung. Denn zum einen kam es ja gerade auf den Verzicht eben für diesen/zu diesem Zeitpunkt an. Zum anderen ergibt sich bereits aus dem schon in Bezug genommenen Aktenvermerk vom 15. April 2011, dass die zu diesem (maßgeblichen) Zeitpunkt erfolgende Verzichtserklärung der Großmutter (gerade auch für den Kläger erkennbar und ihm bekannt) faktisch bereits von vornherein feststand. Die Großmutter wohnte bereits in D. und wollte auch nicht in das Haus nach Z. zurück, so dass letztlich klar war, dass das Wohnrecht im Zusammenhang mit den Verkaufsbemühungen "nicht geltend gemacht" werde.

Wenn aber feststand, dass auf das Nießbrauchs- bzw. Wohnrecht bei erfolgreichem Kaufvertragsabschluss ohnehin verzichtet würde, konnte dieses nach der maßgeblichen wirtschaftlichen Beurteilung weder unter tatsächlichen noch unter rechtlichen Gesichtspunkten mit Blick auf § 12 SGB II zu einer Unverwertbarkeit des Hausgrundstücks führen.

Nach alldem war für die Verwertbarkeit des Grundstücks in angemessener Zeit jedenfalls eine positive Prognose zu treffen, so dass für den maßgeblichen Zeitpunkt der Antragstellung von einem entsprechend zu berücksichtigenden Vermögen auszugehen war. Da es auf diese (positive) Prognose im Zeitpunkt der Antragstellung ankommt, ist es mithin für die darlehensweise vorzunehmende Bewilligung grundsätzlich nicht mehr erheblich, ob die konkrete Verwertung dann auch tatsächlich schon innerhalb eines Zeitraums etwa von beispielsweise sechs oder zwölf Monaten erfolgt ist.

Unabhängig davon folgt die Kammer ohnehin der Auffassung, wonach die Unverwertbarkeit eines Grundstücks aus tatsächlichen Gründen nicht etwa dann eintreten würde, wenn es voraussichtlich nicht innerhalb eines bestimmten Zeitraums (etwa von zwölf oder gar sechs Monaten) verkauft werden könnte. Denn es kommt auch nach Auffassung der Kammer nicht darauf an, welchen zeitlichen Umfang voraussichtlich die Bemühungen zur sinnvollen Verwertung des Vermögensgegenstandes in Anspruch nehmen werden. Dies kann je nach Vermögensgegenstand sehr unterschiedlich sein. Insbesondere die Verwertung von besonders großen und besonders wertvollen Vermögensgegenständen, wie nicht zuletzt etwa Hausgrundstücken, wird sich oftmals schwieriger gestalten als die Verwertung von kleineren Vermögensgegenständen. Daher ist es nach den tatsächlichen Umständen des Einzelfalls zu beurteilen, ob in absehbarer Zeit eine Verwertung nicht erwartet werden kann, ob also die Schwierigkeiten bei der Verwertung des Vermögensgegenstandes so groß oder langwierig sind, dass aus tatsächlichen Gründen eine Unverwertbarkeit des Vermögens eintreten würde. Jedenfalls kann auch aufgrund des Wortlauts der Regelung in § 9 Abs. 4 SGB II nicht davon ausgegangen werden, eine Unverwertbarkeit aus tatsächlichen Gründen würde etwa dann eintreten, wenn der betreffende Vermögensgegenstand z. B. voraussichtlich nicht in zwei aufeinander folgenden üblichen Bewilligungszeiträumen verwertet werden könnte (vgl. zum Ganzen ausführlich auch Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen, Beschluss vom 15. Januar 2008 - L 13 AS 207/07 ER). Es sei aber nochmals klargestellt, dass hier insofern indes ohnehin eine grundsätzlich positive Prognose (s. auch die obigen Ausführungen zur diesbezüglichen Maßgeblichkeit) getroffen werden konnte, die sich im Übrigen auch nach ca. zehn Monaten durch den tatsächlich realisierten Verkauf bestätigt hatte. Aus den dargelegten Erwägungen stand dieser positiven Prognose vorliegend insbesondere nicht der Umstand eines Nießbrauchsrechts entgegen.

Auch wenn der Kläger in dem Immobilien-Vertriebsauftrag zunächst eine Kaufpreisvorstellung von 40.000 EUR angegeben hatte, war die schließlich erfolgte Verwertung durch einen Verkauf für 20.000 EUR darüber hinaus (mit Blick auf § 12 Abs. 3 Satz 1 Nummer 6 SGB II) weder offensichtlich unwirtschaftlich noch stellte sie eine besondere Härte im Sinne von § 12 Abs. 3 Satz 1 Nummer 6 SGB II dar. Wenn man zusätzlich noch auf die Angabe des Klägers im Erörterungstermin vom 16. April 2015 abstellte, wonach ihm von der Sparkasse D. gutachterlich bestätigt worden sei, dass es realistischerweise wohl lediglich um einen Betrag von ca. 1500 EUR gehen könne, würde sich die tatsächliche Verwertung zu einem Kaufpreis von 20.000 EUR im konkreten Fall sogar in besonderer Weise um so mehr als wirtschaftlich erfolgreich darstellen.

Soweit der Kläger vorträgt, ihm sei "unter anderem zugesichert" worden, "dass nach einem halben Jahr nach Darlehensgewährung dieses in meine ALG-II-Leistung umgewandelt werden wird, wenn kein Verkauf meines Hauses stattfinden sollte", würde es für eine wirksame Zusicherung jedenfalls an der insofern gemäß § 34 SGB X erforderlichen Schriftform fehlen. Mithin kann sich hier auch aus dem diesbezüglichen klägerischen Vorbringen keine von der aufgezeigten maßgebenden Rechtslage abweichende Bewertung ergeben.

Hinsichtlich der Höhe der dem Kläger (darlehensweise) bewilligten Leistungen sind keine Rechtsfehler zu erkennen und werden von den Beteiligten auch keine konkreten Rügen erhoben. Diesen Leistungen stand zum Zeitpunkt ihrer Bewilligung im Hinblick auf das klägerische Hausgrundstück in Z. ausreichendes zu berücksichtigendes und verwertbares Vermögen des Klägers gegenüber (s.o.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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