L 14 AL 73/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
14
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 14 AL 73/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beklagte hat der Klägerin zu 2) die ihr entstandenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten.

Gründe:

Nachdem der Rechtsstreit ohne Urteil geendet hat, ist - durch den Berichterstatter (§ 155 Abs. 2 Nr. 5 und Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes [SGG]) - darüber zu entscheiden, ob und in welchem Umfang der Klägerin zu 2), die einen entsprechenden Antrag gestellt hat, Kosten zu erstatten sind (§ 193 Abs. 1 Sätze 1 und 3 SGG). Hinsichtlich des Klägers zu 1) hat eine Entscheidung nicht zu ergehen, da dieser eine solche Entscheidung nicht beantragt, nachdem die Beklagte anerkannt hat, ihm die ihm entstandenen Kosten beider Rechtszüge zu erstatten.

Die Entscheidung ist nach billigem Ermessen zu treffen; dabei sind ungeachtet der Besonderheiten des sozialgerichtlichen Verfahrens die Erfolgsaussichten der Klage auf der Grundlage des Sach- und Streitstandes zum Zeitpunkt des Eintritts des erledigenden Ereignisses angemessen zu berücksichtigen, wobei die Sach- und Rechtslage nicht abschließend zu klären ist. Ausreichend und geboten ist eine nur eingeschränkte ("summarische") Prüfung; weitere Ermittlungen sind regelmäßig nicht anzustellen. Daneben kann das Verhalten der Beteiligten von Bedeutung sein, insbesondere ob und inwieweit ein Beteiligter Anlass zur Klage gegeben oder die Aufklärung des Sachverhalts durch mangelhafte Mitwirkung erschwert oder verzögert hat.

Nach diesen Maßstäben hat die Beklagte (auch) der Klägerin zu 2) die ihr zur Rechtsverfolgung entstandenen notwendigen Aufwendungen zu erstatten.

Es entspricht regelmäßig billigem Ermessen, dass die Beklagte, die den mit der Klage erhobenen Anspruch anerkennt, auch die dem Kläger entstandenen Kosten des Rechtsstreits zu erstatten hat; denn das Anerkenntnis spricht dafür, dass die Klage Erfolg gehabt hätte. Ohne Belang ist hier, dass die Beklagte den Klageanspruch erst nach einer erneuten Betriebsprüfung anerkannt hat.

Die Beklagte hat grundsätzlich nicht verkannt, dass es für die Beantwortung der Frage, ob die Klägerin zu 2) zu den Arbeitgebern des Baugewerbes zählt, in deren Betrieben die ganzjährige Beschäftigung zu fördern ist, und deshalb von ihr eine Umlage zu erheben ist, im Hinblick auf die von ihr erbrachten unterschiedlichen Leistungen entscheidend darauf ankommt, in welchem zeitlichen Umfang ihre Mitarbeiter Bauarbeiten ausführen (BSG, Urteil vom 15. Februar 2000 - B 11 AL 41/99 R -, SozR 3-4100 § 75 Nr. 3; DA 5.4 zu § 216 SGB III). Dabei hat sie sich allerdings zunächst augenscheinlich auf Tatsachen und Umstände gestützt, die sich als unzutreffend bzw. für die Ermittlung der zeitlichen Inanspruchnahme der Mitarbeiter der Klägerin zu 2) durch Bauleistungen ungeeignet erwiesen haben. Dies ist freilich nicht der Klägerin zu 2) anzulasten. Dass diese die Unterlagen, die der Beklagten eine zutreffende Beurteilung ermöglicht haben, erst bei der erneuten Betriebsprüfung vorgelegt hat, ist vielmehr der Beklagten zuzurechnen. Nach § 20 Abs. 1 des Zehnten Buchs des Sozialgesetzbuches (SGB X) ermittelt die Behörde den Sachverhalt von Amts wegen und bestimmt Art und Umfang der Ermittlungen; an das Vorbringen und an Beweisanträge der Beteiligten ist sie nicht gebunden. Im Besonderen hat nach § 4 Abs. 3 der Winterbau-Umlageverordnung der Arbeitgeber der Bundesanstalt (jetzt: Bundesagentur) über alle Tatsachen Auskunft zu geben, die für die Einziehung der Umlage erheblich sind. Die Bundesanstalt (Bundesagentur) ist berechtigt, Grundstücke und Geschäftsräume des Arbeitgebers während der Geschäftszeit zu betreten und dort Einsicht in Geschäftsbücher, Geschäfts-, Lohn- oder vergleichbare Unterlagen zu nehmen, soweit dies für die Einziehung der Umlage erforderlich ist. Welche Tatsachen "erheblich" sind und inwieweit die Einsicht in bestimmte Unterlagen für die Einziehung der Umlage "erforderlich" ist, hat nicht der - nicht zwingend rechtskundige - Arbeitgeber, sondern die - sachkundige - Beklagte zu beurteilen. Ihr obliegt es deshalb, die vom Arbeitgeber zu erteilenden Auskünfte im Einzelnen genau zu beschreiben bzw. die Unterlagen zu bestimmen, in die sie Einblick zu nehmen wünscht. Gegebenenfalls hat sie den Arbeitgeber dazu zu befragen, welchen Geschäftsbüchern, Aufzeichnungen oder sonstigen Unterlagen die für die zu treffenden Feststellungen erforderlichen Tatsachen zu entnehmen sind. Mit einer Durchsicht von Unterlagen, aus denen sich der der Entscheidung zugrunde zu legende Sachverhalt nicht oder nur unvollständig ergibt, darf sie sich nicht begnügen.

Es ist nicht erkennbar, dass die Beklagte seinerzeit die Klägerin zu 2) aufgefordert hat, ihr Einblick auch in die Unterlagen zu gewähren, die ihr jetzt eine zuverlässige Beurteilung der Sachlage ermöglichten ("Kundenakten"), oder sie auch nur darauf hingewiesen hat, dass die damals vorgelegten Unterlagen nicht ausreichend sein könnten. Ebenso wenig ist anzunehmen, dass die Klägerin zu 2) den Einblick in diese Unterlagen verweigert hätte, wäre sie bereits damals dazu aufgefordert worden.

Diese Entscheidung ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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