L 6 AS 159/17

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 9 AS 619/14 (SG Schleswig)
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 159/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Mietkaufraten sind als Tilgungsleistung nicht als Bedarf für Unterkunft und Heizung berücksichtigungsfähig.
Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Schleswig vom 2. Juni 2017 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig sind höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für den Zeitraum 1. Juni bis 31. August 2014 und 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015 für eine Immobilie, die inzwischen im Eigentum des Klägers steht.

Der 1973 geborene Kläger zu 1 stand gemeinsam mit seiner 1974 geborene Ehefrau, der Klägerin zu 2, sowie den 1997 und 2000 geborenen Söhnen, den Kläger zu 3 und 4, seit 2005 mit Unterbrechungen im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) durch den Beklagten. Bis Juni 2014 gehörte der 1994 geborene weitere Sohn der Kläger zu 1 und 2 ebenfalls zur Bedarfsgemeinschaft. Der Kläger zu 1 ist Eigentümer von zwei Wohnungen in R. Diese beiden Wohnungen wurden zunächst von den Klägern und dem weiteren Sohn bewohnt. Aufgrund der ungünstigen Wohnsituation suchten die Kläger nach einer geeigneteren Wohnung. Im Januar 2012 informierte der Kläger zu 1 den Beklagten darüber, dass er die Möglichkeit habe eine Haushälfte für seine Familie im Rahmen eines Mietkaufes zu erwerben. Bei einer am 16. Januar 2012 stattgefunden persönlichen Vorsprache des Klägers zu 1 teilte der Beklagte dem Kläger mit, dass die Kosten der neuen Unterkunft monatlich bis zum Höchstbetrag (447,00 EUR) berücksichtigt werden könnten. Die beiden Eigentumswohnungen des Klägers zu 1 sollten vermietet werden.

Am 17. Januar 2012 schloss der Kläger zu 1 mit der Eigentümerin einen notariellen Kaufvertrag über die Immobilie im Weg in R. Der Kaufpreis für die Immobilie betrug 78.000,00 EUR. In dem Kaufpreis ist eine Verzinsung bereits enthalten. Da der Kläger nicht in der Lage war, den Kaufpreis zu finanzieren, stundete die Verkäuferin dem Kläger für die Dauer von sechs Jahren den Kaufpreis. Der Kläger verpflichtete sich zur Begleichung des Kaufpreises für sechs Jahre eine monatliche Rate in Höhe von 500,00 EUR und eine jährliche Zahlung in Höhe von 7.000,00 EUR zu leisten. Zugunsten des Klägers zu 1 wurde eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch vermerkt. Die Auflassung sollte unter anderem erst bei vollständiger Kaufpreiszahlung erfolgen. Zum 1. April 2012 zogen die Kläger sowie der weitere Sohn in die Immobilie. Der Beklagte bewilligte den Klägern gemeinsam mit dem weiteren Sohn zunächst die monatliche Rate in Höhe von 500,00 EUR als Kosten der Unterkunft. Aufgrund des Arbeitseinkommens des Klägers zu 1 aus seiner Beschäftigung als Taxifahrer standen die Kläger vom 1. Oktober 2012 bis 31. Mai 2013 nicht im Leistungsbezug des Beklagten.

Ab 1. Juni 2013 bezogen die Kläger wieder Leistungen nach dem SGB II von dem Beklagten. Auf ihren Neuantrag lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 9. Juli 2013 für die Zeit vom 1. Juni 2013 bis zum 30. November 2013 die Übernahme von monatlichen sowie einmaligen Tilgungszahlungen für das Haus ab. Es handele sich um einen sogenannten Mietkauf. Hierbei erfolge die Tilgung des Darlehens in monatlichen Raten. Eine Übernahme dieser Kosten sei durch Leistungen des SGB II nicht vorgesehen. Aufgrund des Widerspruchs der Kläger und einer telefonischen Rücksprache mit dem Kläger zu 1 änderte der Beklagte mit Bescheid vom 6. November 2013 die Bewilligung und berücksichtigte monatliche Schuldzinsen in Höhe von 41,67 EUR für die damals noch fünfköpfige Bedarfsgemeinschaft. Nach Mitteilung des Klägers zu 1 beinhalte der Kaufpreis für das Haus einen Betrag in Höhe von 3.000,00 EUR für Zinsen. Entsprechend einer Laufzeit von sechs Jahren ergebe sich demgemäß der monatlich zu berücksichtigende Betrag. Mit Bescheid vom 7. November 2013 wies der Beklagte sodann den Widerspruch zurück. Die Bescheide wurden bestandskräftig. Auch die folgenden Bewilligungsbescheide bis einschließlich Mai 2014 berücksichtigten nunmehr lediglich monatliche Schuldzinsen in Höhe von 41,67 EUR. Auch diese Bescheide wurden bestandskräftig.

Auf den Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 28. April 2014 bewilligte der Beklagte den Klägern mit Bescheid vom 5. Mai 2014 vorläufig Leistungen für den Zeitraum 1. Juli 2014 bis 30. November 2014. Als Kosten der Unterkunft und Heizung berücksichtigte er hierbei die Schuldzinsen in Höhe von 33,34 EUR (4/5 von 41,67 EUR, da der 1994 geborene Sohn der Kläger zu 1 und 2 mit in dem Haus wohnte, aber aufgrund bedarfdeckenden Einkommens nicht mehr zur Bedarfsgemeinschaft gehörte), Nebenkosten in Höhe von 90,11 EUR und Heizkosten in Höhe von 131,73 EUR. Dieser Bescheid wurde ebenfalls bestandskräftig.

Im Juni 2014 reichten die Kläger eine Änderung des notariellen Kaufvertrags vom 17. Januar 2012 ein. Im Vertrag vom 11. Juni 2014 war nunmehr vereinbart, dass der Kaufpreis 42.000,00 EUR beträgt und der Kläger zu 1 einen monatlichen Mietzins in Höhe von 500,00 EUR für die Dauer von sechs Jahren zu leisten hat. Der Gesamtzahlbetrag beläuft sich weiterhin auf 78.000,00 EUR. Der Beklagte teilte dem Kläger zu 1 daraufhin mit Schreiben vom 17. Juni 2014 mit, dass ein Mietvertrag nicht bestehe. Durch die Zahlung einer monatlichen Rate von 500,00 EUR würde der Kläger das Haus erwerben und dadurch Vermögen bilden. Eine Berücksichtigung bei den Unterkunftskosten könne daher nicht erfolgen.

Mit Bescheid vom 23. Juni 2014 änderte der Beklagte die vorläufige Bewilligung für den Zeitraum 1. Juli 2014 bis 30. November 2014 aufgrund des Einkommens des Klägers zu 1. Hinsichtlich der Kosten für Unterkunft und Heizung erfolgte keine Änderung. Auch dieser Bescheid wurde bestandskräftig.

Am 21. August 2014 reichte der Kläger zu 1 nunmehr einen Mietvertrag über das Haus im Weg in R ein. Der Mietbeginn ist auf den 1. April 2012 datiert. Die monatliche Nettokaltmiete beträgt 500,00 EUR. Die Unterschrift der Eigentümerin des Hauses datiert auf den 28. März 2012 und die des Klägers zu 1 auf den 5. August 2014. Die Kläger baten um Prüfung, ob nun die 500,00 EUR als monatliche Kosten der Unterkunft anerkannt werden könnten. Mit Bescheid vom 19. September 2014 lehnte der Beklagte dies ab. Auch durch den rückwirkend geschlossenen Mietvertrag könne eine Berücksichtigung der 500,00 EUR nicht erfolgen, da der notarielle Kaufvertrag weiterhin bestehe und der Kläger zu 1 die Immobilie erwerbe. Der Mietvertrag sei nur geschlossen worden, um einen höheren Leistungsanspruch geltend zu machen. Der Sachverhalt ändere sich dadurch nicht.

Hiergegen legten die Kläger am 8. Oktober 2014 Widerspruch ein, zu dessen Begründung sie vortrugen, dass der Beklagte vor Abschluss des Mietkaufvertrages 2012 zugesichert habe, die monatlichen Zahlungen zu übernehmen. Deswegen sei, auch unter Berücksichtigung des Vertrauensschutzes, eine gesicherte Rechtsposition der Kläger erwachsen. Mit Bescheid vom 27. November 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 19. September 2014 zurück. Zur Begründung führte er im Wesentlichen aus, dass der Mietzinsanspruch konstruiert sei, um Leistungen vom Beklagten zu erhalten. Die angepasste Regelung vom 11. Juni 2014 widerspreche dem ursprünglichen Kaufvertrag vom 17. Januar 2012. Auch hätten die Kläger durch die Fehlinformation des Beklagten im Jahre 2012 keine geschützte Rechtsposition erlangt.

Mit Bescheid vom 14. Oktober 2014 setzte der Beklagte die Leistungen für den Zeitraum 1. Juni 2014 bis 31. August 2014 endgültig fest. Eine Änderung bei den Kosten der Unterkunft und Heizung erfolgte nicht. Gegen diesen endgültigen Festsetzungsbescheid erhoben die Kläger am 28. Oktober 2014 Widerspruch und stellten zugleich einen Überprüfungsantrag für den Zeitraum ab 1. Juli 2013. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Dezember 2014 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2014 betreffend den Zeitraum 1. Juni 2014 bis 31. August 2014 als unbegründet zurück. Zur Begründung verwies er auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 27. November 2014.

Am 16. Dezember 2014 haben die Kläger Klage beim Sozialgericht Schleswig gegen den Bescheid vom 19. September 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. November 2014 und gegen den Bescheid vom 14. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. Dezember 2014 erhoben.

Auf den zwischenzeitlich gestellten Weiterbewilligungsantrag der Kläger vom 29. Oktober 2014 bewilligte der Beklagte den Kläger mit Bescheid vom 24. November 2014 für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015 vorläufig Leistungen. Als monatlicher Bedarf für Unterkunft und Heizung wurden Schuldzinsen in Höhe von 33,34 EUR, Nebenkosten in Höhe von 101,31 EUR und die Heizkosten in Höhe von 87,20 EUR anerkannt. Hiergegen erhoben die Kläger am 10. Dezember 2014 Widerspruch. Mit Widerspruchsbescheid vom 12. März 2015 wies der Beklagte den Widerspruch der Kläger gegen den Bescheid vom 24. November 2014 (Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015) als unbegründet zurück. Zur Begründung wurde auf den Widerspruchsbescheid vom 27. November 2014 verwiesen.

Am 16. März 2015 haben die Kläger ihre Klage um den Bescheid vom 24. November 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 12. März 2015 erweitert. Mit Bescheid vom 13. April 2015 setzte der Beklagte die Leistungen für den Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015 endgültig fest. Hierbei wurden als Kosten für Unterkunft und Heizung Schuldzinsen in Höhe von 33,34 EUR, Nebenkosten in Höhe von 104,30 EUR und Heizkosten in Höhe von 87,20 EUR berücksichtigt.

Zur Begründung der Klage haben die Kläger auf Ihr Vorbringen in den Widerspruchsverfahren verwiesen und nochmals verdeutlicht, dass aufgrund der Bewilligung im Jahr 2012 ein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei und ohne die Aussage des Beklagten, dass die Kosten der Unterkunft bis zur Höchstgrenze in Höhe von 447,00 EUR übernommen werden würden, der Mietkaufvertrag nicht abgeschlossen worden wäre. Ergänzend haben sie vorgetragen, dass die Vermögensbildung nur erfolge, um den Unterkunftsbedarf der Kläger langfristig zu sichern. Im Rahmen der am 2. Juni 2017 stattgefunden mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Schleswig haben die Kläger ihre Klage lediglich auf den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 14. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2014 (Zeitraum 1. Juni 2014 bis 31. August 2014) und den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 13. Mai 2015 (Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015) beschränkt.

Der Beklagte hat der Klageerweiterung bezüglich dem Zeitraum 1. Dezember 2014 bis 28. Februar 2015 zugestimmt und sich im Wesentlichen auf den Inhalt seiner streitigen Bescheide bezogen.

Mit Urteil vom 9. Juni 2017 hat das Sozialgericht die Klage überwiegend abgewiesen. Den Klägern stünden lediglich im Zeitraum 1. Juli 2014 bis 31. August 2014 weitere Heizkosten in Höhe von 1,07 EUR monatlich und für Juli 2014 weitere Unterkunftskosten in Höhe von 152,07 EUR aufgrund der in diesem Monat tatsächlich angefallenen Grundstücksabgaben für Steuern und Straßenreinigung sowie für Januar 2015 weitere Unterkunftskosten in Höhe von 135,08 EUR aufgrund der Gebäudeversicherung zu. Ein darüber hinaus gehender Anspruch auf Übernahme weiterer Unterkunftskosten bestehe nicht. Der Beklagte habe zu Recht nur die Schuldzinsen in Höhe von monatlich 33,34 EUR berücksichtigt. Bei den 500,00 EUR handele es sich nicht um einen geschuldeten Mietzins, sondern um eine Rate für einen gestundeten Kaufpreis. Dies ergebe sich aus dem notariellen Kaufvertrag vom 17. Januar 2012 demnach gingen die Vertragsparteien eindeutig davon aus, dass es sich um eine gestundeten Kaufpreiszahlung handele und der Kläger zu 1 monatliche Raten auf den Kaufpreis zu zahlen habe. Von einer Mietzinsvereinbarung sei dem Wortlaut nach nicht auszugehen. Etwas Anderes folge auch nicht aus der Änderung des notariellen Kaufvertrags vom 11. Juli 2014. Die Änderung könne nicht zu der Verpflichtung des Beklagten führen, die monatlich geschuldeten 500,00 EUR zu übernehmen. Die Änderung sei nur erfolgt, um einen Leistungsanspruch zu begründen. Unter Berücksichtigung der Grundsätze über Verträge zulasten Dritter könne eine solche Vereinbarung den Beklagten nicht zur Leistung verpflichten. Entsprechendes gelte für den vom Kläger zu 1 am 21. August 2014 eingereichten Mietvertrag. Hinzu komme, dass die von den Klägern so bezeichnete "Mietzinszahlung" zur Vermögensbildung führe. Mit der jeweiligen monatlichen Zahlung an die Verkäuferin des Hausgrundstücks und der jährlichen Einmalzahlung werde die Zahlungsverpflichtung erfüllt. Bei vollständiger Erfüllung führe dies dazu, dass der Kläger zu 1 Eigentümer des Grundstücks werde. Leistungen nach dem SGB II dienten aber nicht der Vermögensbildung, sondern ausschließlich der Existenzsicherung. Mithin handele es sich bei den monatlich zu zahlenden 500,00 EUR abzüglich der vom Beklagten berücksichtigten Schuldzinsen um Tilgungsraten, deren Berücksichtigung als Unterkunftsbedarf vorliegend nicht in Betracht komme. Den Klägern stehe auch aus Vertrauensgesichtspunkten kein Anspruch auf Übernahme der Kosten zu. Der Beklagte habe keine Zusicherung erteilt. Zudem sei der Beklagte verpflichtet, bei jedem Neuantrag die Voraussetzungen des Leistungsanspruches neu zu prüfen.

Die Kläger haben gegen das ihnen am 12. September 2017 zugestellte Urteil am 10. Oktober 2017 Berufung vor dem Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht erhoben mit der sie im Wesentlichen auf ihr bisheriges Vorbringen verweisen. Der Beklagte habe im Jahre 2012 die Übernahme der Kosten der Unterkunft in Höhe seiner Mietobergrenze mittels Bescheid festgesetzt. Aufgrund der Übernahmeerklärung und der Leistungsbewilligung hätten sich die Kläger darauf verlassen können und müssen, dass auch bei einem späteren Leistungsbezug diese Kosten wieder anerkannt würden. Durch das Verhalten im Jahre 2012 sei von einer Selbstbindung des Beklagten auszugehen. Spätestens die nachträgliche Änderung des Mietkaufvertrages habe zu einer Verpflichtung der Übernahme der Kosten geführt. Zu diesem Vorgehen habe der Beklagte geraten. Es handele sich nicht um einen Vertrag zulasten Dritter, da der Beklagte durch seine Mitarbeiterin sogar darauf hingewirkt habe. Somit stehe fest, dass auch die Tilgungsanteile an den Ratenzahlungen aufgrund des Mietkaufvertrages im Rahmen der Höchstgrenzen zur Übernahme der Kosten der Unterkunft für die Dauer der Laufzeit des Vertrages zu erstatten seien.

Die Kläger beantragen,

unter Abänderung des Urteils des Sozialgerichts Schleswig vom 2. Juni 2017

1. den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 14. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2014 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis zum 30. Juni 2014 und für die Zeit vom 1. August 2014 bis zum 31. August 2014 jeweils weitere Unterkunftskosten in Höhe von 413,66 EUR sowie für die Zeit vom 1. Juli 2014 bis 31. Juli 2014 in Höhe von weiteren 261,59 EUR zu gewähren, 2. den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 13. April 2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, für die Zeit vom 1. Dezember 2014 bis zum 31. Dezember 2014 weitere Unterkunftskosten in Höhe von 413,56 EUR, für die Zeit vom 1. Januar 2015 bis zum 31. Januar 2015 in Höhe von 297,08 EUR und für die Zeit vom 1. Februar 2015 bis zum 28. Februar 2015 in Höhe von 432,16 EUR zu gewähren.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält das erstinstanzliche Urteil für zutreffend.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet. Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Sozialgericht einen weiteren Anspruch der Kläger auf Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit vom 1. Juni 2014 bis zum 31. August 2014 sowie vom 1. Dezember 2014 bis zum 28. Februar 2015 verneint. Die streitigen Bescheide vom 14. Oktober 2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 12. Dezember 2014 sowie vom 13. April 2015 sind insoweit rechtmäßig und verletzen die Kläger nicht in ihren Rechten.

Die Kläger haben in zulässiger Weise den Streitgegenstand auf die Höhe der Bedarfe für Unterkunft und Heizung beschränkt (stRspr.; siehe nur BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R – juris und Urteil vom 6. August 2014 – B 4 AS 55/13 R – juris). Sie erfüllen in den streitigen Zeiträumen zudem die allgemeinen Leistungsvoraussetzungen des § 7 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 in Verbindung mit §§ 8, 9 SGB II

Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind.

Die Kläger haben neben den vom Beklagten anerkannten bzw. vom Sozialgericht mit Urteil vom 2. Juni 2017 zusätzlich festgestellten laufenden Nebenkosten und den Schuldzinsen in Höhe von monatlich 33,34 EUR (4/5 von 41,67 EUR) keinen weiteren berücksichtigungsfähigen Unterkunftsbedarf. Bei der vom Kläger zu 1 geschuldeten monatlichen "Mietkaufrate" iHv 458,33 EUR (500,00 EUR abzgl. 41,67 EUR Schuldzinsen) handelt es sich um eine Tilgungsleistung, die im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II keine Berücksichtigung findet. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Kläger zu 1 im streitigen Zeitraum bereits Eigentümer des von ihm und seiner Familie bewohnten Hauses geworden ist. Maßgeblich ist vielmehr, ob die von dem Kläger zu 1 entrichteten Zahlungen an die Eigentümerin des Grundstücks wie die Tilgung eines Darlehens zur Wohnraumfinanzierung oder einer Kaufpreisschuld zu werten sind oder ob sie einer (Miet-)Zahlung für die Wohnraumgebrauchsüberlassung gleichen (BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R – juris Rn. 18). Dies beurteilt sich allein danach, wie der zugrundeliegende Vertrag konkret ausgestaltet ist und nicht, wie er auch hätte ausgestaltet werden können (vgl. BSG, Urteil vom 4. Juni 2014 – B 14 AS 42/13 R – juris Rn. 18 unter Verweis auf BSG, Urteil vom 22. August 2012 – B 14 AS 1/12 R – juris Rn. 21).

Die Leistungen nach dem SGB II sind auf die aktuelle Existenzsicherung beschränkt und sollen nicht der Vermögensbildung dienen (BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 – B 4 AS 14/11 R – juris Rn. 23 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 79/10 R – juris m.w.N.). Ausnahmen von diesem Grundsatz sind im Hinblick auf den im SGB II ausgeprägten Schutz des Grundbedürfnisses "Wohnen" nur in besonderen Ausnahmefällen angezeigt, wenn es um die Erhaltung von Wohneigentum geht, dessen Finanzierung im Zeitpunkt des Bezugs von Grundsicherungsleistungen bereits weitgehend abgeschlossen ist. Im Übrigen ist der Eigentümer grundsätzlich ebenso wenig wie der Mieter davor geschützt, dass sich die Notwendigkeit eines Wohnungswechsels ergeben kann (BSG, a.a.O.).

Diese Grundsätze sind auch auf das vorliegende Verfahren anzuwenden. Dem steht nicht entgegen, dass es nicht um Raten für ein Darlehen, sondern um eine Ratenzahlung zur Erfüllung eines Kaufpreises geht (vgl. zu ähnlichen Konstellationen von Ratenzahlungen BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 – B 4 AS 14/11 R und Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 79/10 R – jeweils juris). Denn auch die ratenweise Kaufpreiszahlung durch den Kläger zu 1 führt bei wirtschaftlicher Betrachtungsweise zur Mehrung des Vermögens des Klägers zu 1. Mit der jeweiligen monatlichen Ratenzahlung an die Verkäuferin des Hausgrundstücks wird die Kaufpreisverpflichtung erfüllt, die bei vollständiger Erfüllung zur Übertragung des Grundeigentums führt (vgl. auch LSG Bayern, Urteil vom 23. Februar 2017 – L 7 BK 6/15 – juris).

Nach dem vom Kläger zu 1 abgeschlossenen notariellen Kaufvertrag vom 17. Januar 2012 werden mit den monatlichen Ratenzahlungen an die Verkäuferin/ Grund-stückeigentümerin Zahlungen auf den Grundstückskaufpreis vorgenommen (vgl. § 3 Kaufpreisbelegung: "Der Käufer ist nicht in der Lage, den Kaufpreis zum jetzigen Zeitpunkt zu finanzieren. Deshalb stundet die Verkäuferin dem Käufer den Kaufpreis und zwar zu den nachfolgenden Bedingungen, wobei im Kaufpreis von 78.000,00 EUR eine Verzinsung bereits enthalten ist. Die Stundungsvereinbarung bezieht sich auf einen Zeitraum von sechs Jahren. Innerhalb dieser sechs Jahre zahlt der Käufer monatliche Raten in Höhe von 500,00 EUR und zwar jeweils zum ersten eines Monats im Voraus. "). Im Ergebnis bildet der Kläger damit mit jeder Ratenzahlung ein Stück Vermögen in Form von Grundeigentum, da er nach Zahlung aller Raten einen Anspruch auf Grundstücksübertragung hat (vgl. notarieller Kaufvertrag, § 7 Auflassung).

Auch aus der Neuformulierung des Grundstückkaufvertrags vom 11. Juni 2014 folgt nichts Anderes. Zwar beträgt der Kaufpreis danach nur noch 42.000,00 EUR. Weiter heißt es: "Darüber hinaus ist der Käufer verpflichtet, an den Verkäufer für die Dauer von sechs Jahren monatlich einen Mietzins in Höhe von 500,00 EUR zu zahlen, sodass der gesamte Zahlbetrag 78.000,00 EUR beträgt.". Mithin führt auch hier jede monatliche "Mietzinszahlung" letztlich zur Vermögensbildung auf Seiten des Klägers zu 1, denn erst mit Zahlung des Gesamtzahlbetrags von 78.000,00 EUR wird der Kläger zu 1 Eigentümer des Grundstücks.

Der am 21. August 2014 eingereichte Mietvertrag kann nur im Zusammenhang mit dem notariellen Kaufvertrag vom 17. Januar 2012 bzw. der Neuformulierung vom 11. Juni 2014 gesehen werden, die weiterhin Gültigkeit haben. Damit gelten die obigen Ausführungen. Die "Mietzinszahlung" führt zur Vermögensbildung.

Anhaltspunkte für einen Ausnahmefall, bei dem auch die Tilgungsleistungen als Kosten der Unterkunft zu berücksichtigen sind, sind nicht ersichtlich. Zum 1. Juni 2014 hatte der Kläger zu 1 mit insgesamt 34.500,00 EUR noch nicht die Hälfte des Gesamtkaufpreises abgezahlt. Hinzu kommt, dass das Spannungsverhältnis zwischen Schutz des Wohnungseigentums einerseits und den Zielen der Existenzsicherung andererseits grundsätzlich nur dann besteht, wenn der Erwerb der Immobilie außerhalb des Leistungsbezugs eingetreten ist (BSG, Urteil vom 16. Februar 2012 – B 4 AS 14/11 R – juris Rn. 25 unter Hinweis auf BSG, Urteil vom 7. Juli 2011 – B 14 AS 79/10 R – juris Rn. 20). Einem Ausnahmefall steht deshalb bereits entgegen, dass der Aspekt der Vermögensbildung hier eindeutig im Vordergrund stand und der Kläger zu 1 die Immobilie zu einem Zeitpunkt erworben hat, in dem bereits Hilfebedürftigkeit bestand und die Kläger zur Sicherung ihres Lebensunterhalts auf Leistungen nach dem SGB II angewiesen waren.

Die Kläger können ihren Anspruch auch nicht auf Vertrauensschutz stützen, weil der Beklagte die Ratenzahlungen in der Vergangenheit bei seiner Leistungsberechnung (fehlerhaft) berücksichtigte. Denn die früheren, insoweit rechtswidrig begünstigenden Bewilligungen schaffen keinen Vertrauenstatbestand dahingehend, dass an der rechtswidrigen Praxis in Zukunft festgehalten wird (vgl. BSG, Urteil vom 11.12.2014 – B 11 AL 3/14 R – juris Rn. 20). Darüber hinaus erfolgten die Bewilligungen ausdrücklich nur für die in den Bescheiden genannten Zeiträumen (1. April 2012 bis 30. September 2012 bzw. 1. Oktober 2012 bis 31. März 2013, siehe aber für den zweiten Zeitraum die spätere Aufhebung des Bescheids wegen mangelnder Hilfebedürftigkeit). Eine Zusicherung für weitere Zeiten eines möglichen Leistungsbezugs ist dem nicht zu entnehmen. Hinzu kommt, dass die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts antragsabhängig sind. Mit Ablauf eines Bewilligungsabschnitts ist ein neuer Leistungsantrag erforderlich. Durch einen neuen Alg II-Antrag begibt sich die betroffene Person (wieder) neu - wie die erstmalig hilfebedürftige Person - in das System des SGB II und unterliegt erneut dessen Regeln (vgl. BSG, Urteil vom 9. April 2014 – B 14 AS 23/13 R – juris Rn. 22 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung folgt aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).

Gründe, die Revision zuzulassen (§ 160 Abs. 2 SGG), sind nicht ersichtlich. Der Senat geht insbesondere davon aus, dass die Frage, ob Tilgungsraten im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II als Unterkunftskosten anzuerkennen sind, aufgrund der bereits vorliegenden BSG-Rechtsprechung, die vorstehend in Bezug genommen wurde, als geklärt angesehen werden kann, sodass der Sache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne von § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG zukommt.
Rechtskraft
Aus
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