L 2 AS 1936/19

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
2
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 8 AS 1244/17
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 2 AS 1936/19
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.10.2019 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.04.2017 - 30.09.2017 als Zuschuss, hilfsweise als Darlehen.

Der am 00.00.1960 geborene Kläger bezog bis Ende Oktober 2013 Leistungen nach dem SGB II. Von seiner im Oktober 2013 verstorbenen Mutter erbte er lastenfrei als Alleinerbe das 659 m² große Grundstück "R 00" in S, bebaut mit einem Reihenendhaus mit einer Gesamtwohnfläche von 167,42 m², sowie Miteigentumsanteile am Garagenhof (44 m²) und einem Fußweg (8 m²).

Der Kläger zog nach dem Tod der Mutter in das Haus und bewohnte dieses bis zum Jahr 2018. Das Erdgeschoss und die erste Etage mit insgesamt 136,65 m² bewohnte der Kläger selbst und alleine. Das Dachgeschoss mit einer Wohnfläche von 30,77 m² war zunächst bis zum 31.07.2014 für monatlich 200 Euro vermietet, eine ebenfalls zum Grundstück gehörende und im Eigentum des Klägers stehende Garage war bis zum 31.12.2015 für monatlich 25 Euro vermietet. Eine weitere Vermietung erfolgte nicht. Während des gesamten streitbefangenen Zeitraums waren zugunsten des Beklagten mehrere Sicherungen in Höhe von insgesamt 14.211,18 Euro im Grundbuch eingetragen.

Im Mai 2014 beantragte der Kläger Leistungen nach dem SGB II beim Beklagten. Er füllte im Rahmen seiner Antragstellung am 04.07.2014 einen Informationsbogen zur Wertaussage über das Hausgrundstück aus, in dem er selbst das Baujahr mit 1972, die Ausstattung mit drei (entspricht der Wertung "gehoben" gemäß Anlage zum Informationsbogen, Erläuterung zum Standard bis 2014) und die Optik mit sieben (entspricht der Wertung "gut" entsprechend dem oben genannten Informationsbogen) angab. Er wies darauf hin, dass die Fenster und die Balkontür erneuert worden seien, im Keller jedoch Feuchtigkeitsschäden bestünden und sowohl Balkon als auch die Terrassenmauer sanierungsbedürftig seien. In der Auskunft gab der Kläger selbst die Wohnfläche mit 178,33 m² an.

Der Gutachterausschuss für Grundstückswerte im Kreis M und in der Stadt D erstellte am 08.08.2014 eine überschlägige Wertauskunft. Diese Wertermittlung beruhte u.a. auf den vom Kläger mitgeteilten Angaben. Aus dem Bericht geht hervor, dass diese Angaben im Rahmen eines Ortstermins am 07.08.2014 auf Plausibilität geprüft werden sollten. Es sei Zugang gewährt worden, jedoch habe die Gutachterin aufgrund des Verhaltens des Klägers im Verlauf des Termins die Innenbesichtigung abgebrochen. Nicht plausible und/oder fehlende Angaben seien auf der Basis der bis dahin möglichen Feststellungen sowie nach äußerem Eindruck eingeschätzt und ergänzend angepasst worden. Aus der Auskunft geht hervor, dass ein überschlägiger Verkehrswert von gerundet 160.000 Euro festgestellt wurde. Nach den Angaben des Klägers in einem Verhandlungstermin vor dem Landessozialgericht NRW (LSG NRW) vom 22.02.2018 in den Verfahren L 6 AS 1411/17 u.a. war im Jahr 2008 der Versicherungswert des Hauses in einem Versicherungsgutachten auf 180.000 bis 190.000 Euro festgestellt worden.

Nachdem der Beklagte dem Kläger zunächst vorläufig Leistungen gewährt hatte und schließlich die zuschussweise Gewährung von Leistungen wegen entgegenstehendem Vermögen in Form des Hausgrundstücks abgelehnt hatte, stellte der Kläger am 25.08.2014 einen Antrag auf darlehnsweise Leistungen beim Beklagten. Ab dem 01.09.2014 gewährte der Beklagte dem Kläger dementsprechend darlehnsweise Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Auf Weiterbewilligungsanträge des Klägers gewährte der Beklagte in der Folge durchgehend weiterhin darlehnsweise Leistungen bis zum 31.03.2017. Die Darlehensbewilligungsbescheide erfolgten jeweils unter der Auflage, dass der Kläger innerhalb bestimmter Frist an seinem Hausgrundstück zu Gunsten des Beklagten eine brieflose Grundschuld in Höhe der jeweils gewährten Leistungen bestellt und dem Beklagten die entsprechenden Nachweise innerhalb der bestimmten Frist vorlege. Die Gewährung der Leistungen erfolgte jeweils nach § 9 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 5 SGB II. Da die sofortige Verwertung des Hauses durch Verkauf oder Beleihung dem Kläger nicht möglich sei, würden die Leistungen gemäß § 24 Abs. 5 SGB II als zinsloses Darlehen gewährt. In jedem Bescheid wurde der Kläger darauf hingewiesen, dass über den Bewilligungszeitraum hinausgehend eine weitere Leistungsgewährung nur dann möglich sei, wenn ihm trotz ernsthafter, nachhaltiger Bemühungen eine Verwertung des Grundstücks nachweislich nicht möglich sei.

Der Kläger bezog seit dem 01.09.2014 ergänzend Wohngeld. Zusätzlich generierte er Einnahmen aus dem Verkauf von diversem Hausrat und Erbstücken, welche er in regelmäßigen Abständen bei dem Beklagten nachwies.

Einen zunächst am 13.08.2015 an die LBS erteilten Maklerauftrag zum Verkauf des Hauses (Preisvorstellung 159.000 Euro VB) widerrief der Kläger innerhalb der Widerrufsfrist. Im Herbst 2015 schaltete der Kläger Anzeigen bei verschiedenen Internetportalen (Ebay Kleinanzeigen, dhd24.com, quoka.de). Die Anzeige vom 25.10.2015 auf Ebay Kleinanzeigen lautete: "Reihenhaus in S zu verkaufen. Verkaufe Reihenhaus in S. Wohnfläche ca. 170 Quadratmeter, 7 Zimmer. 160.000 Euro VB." Den Kaufpreis setzte er gemäß einem Ausdruck der Anzeige vom 09.02.2016 auf 175.000 Euro herauf und fügte zur Beschreibung "großer Garten" hinzu. Die Anzeige enthielt weder Fotos noch detaillierte Angaben zu dem Verkaufsobjekt. Auf die Anfragen der 23 Interessenten zu diesen Anzeigen, die vom 25.10.2015 bis zum 14.12.2015 beim Kläger eingingen, antwortete er mit gleichlautenden E-Mails vom 24.01.2016 mit der Bitte, eine Festnetz-Telefonnummer sowie die vollständige Anschrift mitzuteilen, damit er sich mit den Interessenten in Verbindung setzen könne, obwohl ein Teil der Anfragen bereits sowohl die Festnetznummer als auch die Adresse der Interessenten enthielten.

Nachdem zwischenzeitlich ein Weiterbewilligungsantrag wegen fehlender Verkaufsbemühungen durch Bescheid vom 01.03.2016 abgelehnt und ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes vor dem Sozialgericht Detmold (SG, Az. S 28 AS 306/16 ER) durchgeführt wurde, erteilte der Kläger am 07.03.2016 der Sparkasse einen Maklerauftrag zum Verkauf des Hauses. Die Kaufpreisvorstellung wurde mit 160.000,- Euro angegeben. Der Makler konnte jedoch erst nach Erstellung des Energieausweises am 12.08.2016 mit seiner Maklertätigkeit beginnen. Die Verzögerung der Erstellung des Energieausweises resultierte insbesondere daraus, dass der Kläger nicht damit einverstanden war, dass das Jobcenter die Kosten des Energieausweises direkt an den Anbieter überweisen wollte. Erst nach einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren vor dem SG bzw. dem LSG NRW (Az. S 7 AS 1059/16 ER = L 19 AS 1577/19 B ER) stimmte der Kläger im August 2016 der Erstellung des Energieausweises zu, so dass dieser unter dem Ausstellungsdatum 12.08.2016 erstellt werden konnte. Mit Schreiben vom 10.08.2016 teilte die Sparkasse dem Kläger mit, dass sie nun mit der Vermarktung der Immobilie starte.

Auf einen Weiterbewilligungsantrag vom 30.05.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger zunächst mit Bescheid vom 10.06.2016 und Widerspruchsbescheid vom 05.07.2016 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.06.2016 bis zum 30.06.2016 als zinsloses Darlehen. Die darlehensweise Bewilligung erfolgte wiederum unter der Auflage einer Grundschuldbestellung zugunsten des Beklagten. Dagegen erhob der Kläger am 05.08.2016 beim Sozialgericht Detmold (SG) Klage mit dem Begehren, ihm die Leistungen als Zuschuss zu gewähren. Die Klage wurde vom SG mit Urteil vom 06.06.2017 (Az. S 7 AS 1257/16) abgewiesen, die Berufung mit Urteil vom 22.02.2018 zurückgewiesen (Az. L 6 AS 1411/17). Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil des LSG NRW vom 22.02.2018 zum Az. L 6 AS 1411/17 Bezug genommen. Die erhobene Nichtzulassungsbeschwerde (Az. B 14 AS 186/18 B) wurde vom Bundessozialgericht (BSG) als unzulässig verworfen.

Im weiteren Verlauf des Verwaltungsverfahrens bewilligte der Beklagte dem Kläger - nach zwischenzeitlicher Versagung der Leistungen und nachdem der Energieausweis vorgelegt wurde - mit Bescheid vom 23.08.2016 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 30.09.2016 Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.07.2016 bis zum 30.11.2016 als Darlehen. Die hiergegen gerichtete Klage wies das SG mit Urteil vom 06.06.2017 (Az. S 7 AS 1636/16) ab. Die Berufung wurde mit Urteil vom 22.02.2018 zurückgewiesen (Az. L 6 AS 1412/17), die Nichtzulassungsbeschwerde (Az. B 14 AS 187/18 B) als unzulässig verworfen.

Mit Schreiben vom 06.12.2016 überreichte der Kläger dem Beklagten ein Schreiben der Sparkasse vom 28.11.2016, wonach es gelungen sei, einen Käufer für die Immobilie zu finden. Die potentiellen Käufer waren namentlich benannt (N und T X), der Kaufpreis sollte 160.000,00 Euro betragen, die Kaufpreiszahlung zum 01.04.2017 erfolgen, die besenreine Räumung der Immobilie bis 31.03.2017. Hierzu teilte der Kläger mit, er habe noch keine Verkaufsentscheidung getroffen. Denn bislang sei der Verkehrswert seines Reihenhauses nicht bekannt und die Vorfinanzierung einer Wohnung, des Umzuges sowie der Räumung des Hauses nicht geklärt. Hinzu kämen rechtliche Unsicherheiten im Hinblick auf zwei anhängige Klagen gegen das Jobcenter M. Es sei nicht auszuschließen, dass Fakten geschaffen werden könnten, die bei einem Klageerfolg nicht mehr rückgängig zu machen wären.

Mit dem im Parallelerfahren L 2 AS 1938/19 streitgegenständlichen Darlehensbewilligungsbescheid vom 07.12.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 14.03.2017 bewilligte der Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag vom 23.11.2016 Leistungen nach dem SGB II vom 01.12.2016 bis 31.03.2017 als zinsloses Darlehen unter der Auflage, dass der Kläger innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Bekanntgabe des Bescheides eine brieflose Grundschuld in Höhe von 1899,31 Euro zugunsten des Jobcenters M an bereitester Stelle bestelle und als Nachweis eine entsprechende Eintragungsbekanntmachung vorlege. Die Begründung verwies - wie auch schon der erste Darlehens-Bewilligungsbescheid vom 01.09.2014 und die folgenden Bewilligungsbescheide - auf § 9 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 5 SGB II Der Kläger wurde außerdem erneut darauf hingewiesen, dass eine über den Bewilligungszeitraum hinausgehende Leistungsgewährung nur dann möglich sei, wenn ihm eine Verwertung des Grundstücks trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen nachweislich nicht möglich sei. Dies sei durch entsprechende Makleraufträge zu belegen.

Mit Schreiben vom 12.01.2017 stellte die Sparkasse dem Kläger die Kündigung des Maklerauftrags für den 19.01.2017 in Aussicht, weil man mit dem "momentanen Verhalten" des Klägers den "Immobilienbesitz nicht verkaufen" könne. Der Kläger sei telefonisch und per E-Mail nicht erreichbar, im Haus verstecke er sich. Es bestehe derzeit keine Möglichkeit, mit ihm ins Gespräch zu kommen. Wenn bis zum 19.01.2017 weiterhin keine Reaktion erfolge, werde der Maklerauftrag mit sofortiger Wirkung gekündigt. Dieses Schreiben gelangte am selben Tag auch zu den Akten des Beklagten. Nachdem der Kläger im Rahmen einer Akteneinsicht davon Kenntnis erlangt hatte, führte er gegenüber dem Beklagten unter dem 27.01.2017 aus, er habe der Sparkasse am 13.12.2016 mitgeteilt, dass er noch keine Entscheidung bezüglich des Angebots der Eheleute X getroffen habe und noch Bedenkzeit benötige. Es habe auch noch keinerlei Einigung auf einen Übergabetermin gegeben, der 01.04.2017 sei von den Eheleuten X lediglich vorgeschlagen worden. Er habe der Sparkasse inzwischen mitgeteilt, dass er sich selbst mit den Kaufinteressenten X in Verbindung setzen werde. Vorsorglich weise er darauf hin, dass keinerlei Informationen an die Sparkasse weitergegeben werden dürften. Ein Ermittlungsverfahren gegen die Mitarbeiterin des Beklagten wegen Verletzung von Privatgeheimnissen wurde mangels hinreichenden Tatverdachts eingestellt.

Nachdem der Beklagte daraufhin zunächst die Bewilligungsentscheidung vom 07.12.2016 aufgehoben hatte (Bescheid vom 30.01.2017), wurden dem Kläger aufgrund eines Beschlusses des LSG NRW vom 07.03.2017 im einstweiligen Rechtsschutzverfahrens (SG Detmold, Az. S 7 AS 164/17 ER = LSG NRW Az. L 21 AS 276/17 B ER) Leistungen bis zum 31.03.2017 ausgezahlt. Wegen der Einzelheiten des Beschlusses vom 07.03.2017 wird auf Bl. 948a ff. der Verwaltungsakte des Beklagten Bezug genommen. Mit Bescheid vom 23.03.2017 bewilligte der Beklagte auf einen Antrag des Klägers vom 20.02.2017 zudem Leistungen für eine Heizungsreparatur in Höhe von 94,19 Euro und Heizkosten in Höhe von 654,50 Euro. Auch dieser Bescheid enthielt dieselben Bestimmungen, die auch der Darlehensbescheid vom 01.09.2014 enthielt.

Auf den erneuten Antrag des Klägers auf Leistungen vom 06.04.2017 lehnte der Beklagte die darlehnsweise Bewilligung mit dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 12.04.2017 ab. In der Begründung heißt es, der Kläger sei nicht hilfebedürftig, da er über zu berücksichtigendes Immobilienvermögen in Höhe von 160.000 Euro verfüge, das die Freibeträge um insgesamt 150.700 Euro übersteige. Die Voraussetzungen für eine darlehensweise Gewährung von Leistungen seien ab dem 01.04.2017 nicht mehr gegeben, denn er habe die Immobilie "R 00, S" an die Eheleute X zu einem Kaufpreis von 160.000 Euro verkaufen und damit seine Hilfebedürftigkeit beenden können. Durch sein Verhalten habe er diese Verwertungsbemühungen jedoch vollständig unterlaufen und so die Veräußerung der Immobilie sowie den Einsatz des Erlöses zur Vermeidung seiner Hilfebedürftigkeit verhindert. Er habe jegliche Verwertungsbemühungen in Bezug auf die Immobilie unterlassen und auch zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt, diese zu veräußern. Somit fehle es vorliegend an dem Kausalzusammenhang zwischen der Hilfebedürftigkeit und der nicht möglichen sofortigen Vermögensverwertung. Das Tatbestandsmerkmal der besonderen Härte iSv § 24 Abs. 5 S. 1 SGB II sei ebenfalls nicht erfüllt. Mit Widerspruch vom 25.04.2017 machte der Kläger geltend, der Beklagte stütze seine Behauptung, er habe die Verwertungsbemühungen unterlaufen, auf einen Informationsaustausch mit dem Makler, welcher das Sozialgeheimnis verletze. Aufgrund des einstweiligen Rechtsschutzverfahrens mit dem Az. L 21 AS 276/17 B ER und der Notwendigkeit, seinen Lebensunterhalt aus eigenen Mitteln sicherzustellen, seien seine Verwertungsbemühungen durch das Verschulden des Beklagten erheblich verzögert worden.

Ein gegen den Bescheid vom 12.04.2017 geführtes einstweiliges Rechtsschutzverfahren (SG Detmold Az. S 7 AS 598/17 ER = L 6 AS 1090/17 B ER) blieb ohne Erfolg.

Der Widerspruch wurde durch Widerspruchsbescheid vom 25.07.2017 als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat gegen den Bescheid vom 12.04.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 am 27.07.2017 Klage vor dem SG erhoben, mit welcher er die zuschussweise Gewährung von Leistungen nach dem SGB II begehrt. Er hat sein Vorbringen aus dem vorherigen Verwaltungsverfahren wiederholt und vertieft und u.a. vorgetragen, er sei nicht zu Verwertungsbemühungen verpflichtet gewesen, da der Beklagte keine Prognose über den voraussichtlichen Verkaufszeitraum und Verwertungsmöglichkeiten getroffen habe. Ferner sei das Maklerschreiben vom 12.01.2017 schon durch ein weiteres Schreiben der Sparkasse überholt gewesen, in welchem die Sparkasse an dem Maklerauftrag festgehalten und einen neuen Ansprechpartner benannt habe.

Der Kläger, welcher im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem SG nicht erschienen ist, hat schriftsätzlich beantragt,

den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12.07.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 für den Zeitraum ab dem 01.04.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II zu gewähren.

Der Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Er hat an seiner Rechtsauffassung festgehalten.

Am 02.10.2017 hat der Kläger erneut einen Leistungsantrag bei dem Beklagten gestellt, welchen dieser mit Bescheid vom 19.10.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.10.2017 ablehnte. Dieser Bescheid ist Streitgegenstand des Parallelverfahrens L 2 AS 1937/19. Am 08.11.2017 hat der Kläger der Volksbank eG einen Maklerauftrag erteilt. Diese hat ihm mit Schreiben vom 06.02.2018 mitgeteilt, es liege ein Kaufangebot für sein Haus in Höhe von 150.000 Euro vor. Der Kläger hat den Grundbesitz schließlich mit notariellem Kaufvertrag vom 01.03.2018 veräußert.

Durch Urteil vom 22.10.2019 hat das SG die Klage abgewiesen. Im streitgegenständlichen Zeitraum vom 01.04. - 30.09.2017 habe der Kläger weder einen Anspruch auf zuschussweise noch auf darlehensweise Leistungsgewährung. Unter Verweis auf die Urteile des LSG NRW vom 22.02.2018 hat das SG ausgeführt, der Kläger sei wegen des Immobilienvermögens nicht hilfebedürftig, auch nicht unter dem Aspekt der sofortigen Verwertbarkeit des Vermögens.

Gegen das ihm am 29.10.2019 zugestellte Urteil hat der Kläger am 22.11.2019 Berufung eingelegt. Er trägt im Wesentlichen unter Wiederholung seines bisherigen Vorbringens vor, ihm stehe im streitigen Zeitraum ein Leistungsanspruch zu. Es sei durch den Beklagten keine Prognose über den voraussichtlichen Verkaufszeitraum getroffen worden. Es sei eine Grundsatzentscheidung, ob eine solche nur im Vorhinein von der Behörde getroffen werden oder später vom Gericht nachgeholt werden könne. Das LSG NRW habe in seinen Urteilen vom 22.02.2018 dem BSG (Urteil vom 27.01.2009, Az. B 14 AS 42/07 R) widersprochen und andere rechtliche Maßstäbe entwickelt. Zudem bestehe ein Widerspruch zu einer Entscheidung des LSG Mecklenburg-Vorpommern (Urteil vom 15.01.2019, Az. L 10 AS 63/16). Eine korrekte Prognose zur Verwertbarkeit der Immobilie habe im Übrigen auch das LSG in den vorangegangenen Verfahren nicht getroffen. Es fehle an einer gutachterlichen Stellungnahme zur Marktgängigkeit und Verwertbarkeit. Das Reihenhaus habe sich in einer ländlichen Lage befunden, wo die Grundstückspreise im Zeitraum vom 2014 bis 2017 gefallen seien. Die Wertauskunft des Gutachterausschusses für Grundstückswerte habe über die Marktgängigkeit der Immobilie keine Aussage gemacht.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 22.10.2019 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, an ihn unter Abänderung des Bescheides des Beklagten vom 12.04.2017 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 für den Zeitraum vom 01.04.2017 bis zum 30.09.2017 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II als Zuschuss zu gewähren,

hilfsweise,

festzustellen, dass die Versagung von SGB II-Leistungen als Darlehen vom 01.04.2017 bis zum 30.09.2017 rechtswidrig gewesen ist.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen und den Feststellungsantrag abzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf seine Ausführungen im Widerspruchs- und Klage-verfahren.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Sach- und Rechtslage sowie des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen wird auf den Inhalt der Prozess- und Verwaltungsakten sowie der beigezogenen Akten des SG zu den Az. S 7 AS 598/17 ER = LSG NRW, Az. L 6 AS 1090/17 B ER, S 7 AS 1636/16 = LSG NRW, Az. L 6 AS 1412/17, S 7 AS 1257/16 = LSG NRW, Az. L 6 AS 1411/17 und der beiden Parallelverfahren Bezug genommen, die dem Senat vorgelegen haben und Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung ist nicht begründet.

Das SG hat die Klage zu Recht abgewiesen.

1. Die Klage ist hinsichtlich des Hauptantrages als kombinierte Anfechtungs- und Verpflichtungsklage (§§ 54 Abs. 1 S. 1, 56 Sozialgerichtsgesetz - SGG -), gerichtet auf die Aufhebung des ablehnenden Bescheides vom 12.04.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 und Verpflichtung zur Erteilung eines entsprechenden Bewilligungsbescheides im Wege eines Grundurteils entsprechend § 130 Abs.1 SGG, zulässig.

Die Klage ist jedoch nicht begründet, denn der Bescheid vom 12.04.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht im Sinne von § 54 Abs. 1 Satz 2 SGG in seinen Rechten.

Der Kläger hat keinen Anspruch auf die mit seinem Hauptantrag begehrten Leistungen nach dem SGB II für die Zeit vom 01.04.2017 bis zum 30.09.2017 als Zuschuss.

Rechtsgrundlage für den streitbefangenen Anspruch des Klägers sind die §§ 19 ff. iVm §§ 7 ff. SGB II. Nach § 19 Abs. 1 Satz 1 und 3 SGB II erhalten erwerbsfähige Leistungsberechtigte Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes einschließlich der angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung, wenn sie die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 SGB II erfüllen.

Zwar lagen bei dem alleinstehenden Kläger im streitbefangenen Zeitraum die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, 2 und 4 SGB II vor, da er das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze des § 7a SGB II noch nicht erreicht hatte, seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hatte und erwerbsfähig i.S.v. § 8 Abs. 2 SGB II war. Jedoch war der Kläger nicht hilfebedürftig i.S.v. §§ 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 3, 9 Abs. 1, 12 SGB II. Dabei kann dahinstehen, ob sein Hilfebedarf zumindest teilweise durch Einnahmen aus Ebay-Verkäufen gedeckt war oder ob er Vermögen "versilbert" hat. Denn er verfügte durchgehend über ein die Hilfebedürftigkeit ausschließendes Vermögen i.S.v. § 12 SGB II in Form des Reihenhausgrundstücks. Dabei handelt es sich um einen grundsätzlich zu berücksichtigenden, verwertbaren Vermögensgegenstand nach § 12 Abs. 1 SGB II (dazu a). Er ist auch nicht als selbst genutztes Hausgrundstück von angemessener Größe nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 4 SGB II von der Berücksichtigung ausgenommen (dazu b) und weder ist eine Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt 1 SGB II (dazu c) noch durch die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II ausgeschlossen (dazu d). Zudem bedeutete die Verwertung keine besondere Härte iSv § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II (dazu e).

a) Der Kläger war im streitigen Zeitraum Alleineigentümer seines selbstbewohnten Reihenhausgrundstücks, welches er im Oktober 2013 als Alleinerbe von seiner Mutter geerbt hatte.

aa) Diese Erbschaft stellt im streitigen Zeitraum Vermögen des Klägers iSv § 12 Abs. 1 SGB II und nicht Einkommen iSv § 11 Abs. 1 SGB II dar. Die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen bestimmt sich nach der modifizierten Zuflusstheorie. Danach ist Einkommen iS des § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich alles das, was jemand nach der Antragstellung wertmäßig dazu erhält, und Vermögen iS des § 12 Abs. 1 SGB II das, was jemand vor der Antragstellung bereits hatte, wobei auszugehen ist vom Zeitpunkt des tatsächlichen Zuflusses, es sei denn, rechtlich wird ein anderer Zeitpunkt als maßgeblich bestimmt (stRspr seit BSG, Urteil vom 30.7.2008, Az. B 14 AS 26/07 R - juris Rn. 23). Abzustellen ist dabei auf die erste Antragstellung des laufenden Leistungsfalls (BSG, Urteil vom 10.8.2016, Az. B 14 AS 51/15 R - juris Rn. 15 mwN).

Ein solcher rechtlich maßgeblicher Zufluss liegt bei einem Erbfall vor, weil nach § 1922 Abs. 1 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) mit dem Tod einer Person deren Vermögen als Ganzes auf die Erben übergeht (Gesamtrechtsnachfolge). Bereits ab diesem Zeitpunkt kann ein Erbe aufgrund seiner durch den Erbfall erlangten Position über seinen Anteil am Nachlass verfügen und diesen z.B. nach § 2371 BGB verkaufen. Diese Besonderheiten der Gesamtrechtsnachfolge im BGB sind für die Abgrenzung von Einkommen und Vermögen nach dem SGB II zu beachten. Ob der Erbe schon zum Zeitpunkt des Erbfalls tatsächlich - nach dem SGB II zu berücksichtigende - Vorteile aus seiner Erbenstellung ziehen kann, ist dabei zunächst ohne Belang. § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II setzt nicht voraus, dass der Einnahme bereits ein "Marktwert" zukommt (BSG, Urteil vom 08.05.2019, Az. B 14 AS 15/18 R, Rn. 15). Im Zeitpunkt der Erbschaft im Oktober 2013 stand der Kläger im Leistungsbezug, weshalb die Erbschaft zum damaligen Zeitpunkt Einkommen darstellte. Nach Ablauf des sechsmonatigen Verteilzeitraums gem. § 11 Abs. 3 Satz 4 SGB II, welcher vorliegend mit der tatsächlichen Leistungsunterbrechnung vom November 2013 bis April 2014 übereinstimmte, ist das noch nicht verbrauchte Einkommen als Vermögen anzusehen (vgl. zu der Rechtsfrage auch Formann in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 12 (Stand: 22.06.2020), Rn. 53).

bb) Der Wert des Reihenhausgrundstücks belief sich sowohl nach Einschätzung des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis M und der Stadt D, welche im Wege des Urkundsbeweises verwertet werden kann, als auch nach der im Termin vor dem 6. Senat des LSG am 22.02.2018 bekundeten Einschätzung des Klägers im streitigen Zeitraum auf ca. 160.000,00 Euro belief. Das Eigentum war lediglich durch zu Gunsten des Beklagten eingetragene Grundschulden in Höhe von 14.211,18 Euro aufgrund der vorhergehenden Leistungsbewilligungen belastet.

cc) Das Vermögen war verwertbar. Vermögen ist iS des § 12 Abs. 1 SGB II verwertbar, wenn seine Gegenstände verbraucht, übertragen oder belastet werden können. Der Begriff "Verwertbarkeit" enthält eine tatsächliche Komponente, weil solche Vermögensgegenstände nicht verwertbar sind, für die in absehbarer Zeit kein Käufer zu finden sein wird, etwa weil Gegenstände dieser Art nicht (mehr) marktgängig sind oder sie, wie Grundstücke infolge sinkender Immobilienpreise, über den Marktwert hinaus belastet sind, und auch keine andere Verwertungsmöglichkeit ersichtlich ist. Ein Aspekt dieser tatsächlichen Verwertbarkeit ist die für sie benötigte Zeit, hinsichtlich derer eine Prognose erforderlich und für die auf den bevorstehenden Bewilligungszeitraum abzustellen ist; eine Festlegung für darüber hinausgehende Zeiträume ist demgegenüber nicht erforderlich und wegen der Unsicherheiten, die mit einer langfristigen Prognose verbunden sind, auch nicht geboten. Rechtlich ist ein Vermögensgegenstand nicht verwertbar, wenn dessen Inhaber in der Verfügung über den Gegenstand beschränkt ist und er die Aufhebung der Beschränkung nicht erreichen kann (vgl. BSG, Urteil vom 30.08.2017, Az. B 14 AS 30/16 R - juris Rn. 15).

Tatsächliche oder rechtliche Hindernisse, die einer Verwertbarkeit der Immobilie entgegenstehen, lagen nicht vor. Vielmehr war dem Kläger die Verwertung des Hauses durch Verkauf zum 01.04.2017 möglich. Es lag ein konkretes Angebot zum Kauf der Immobilie durch N und T X zum Preis von 160.000,00 Euro vor. Zudem haben sich auch bei den vorherigen Verkaufsbemühungen mehrere Interessenten für die Immobilie gemeldet. Es handelte sich bei dem in einem Wohngebiet gelegenen Reihenhausgrundstück um eine gewöhnliche Wohnimmobilie im Alleineigentum des Klägers. Prognostisch war deshalb von einer Verwertbarkeit des Grundbesitzes innerhalb des Bewilligungszeitraums auszugehen, ohne dass es der Einholung eines Sachverständigengutachtens zur Verwertbarkeit bedurfte hätte. Entgegen der Auffassung des Klägers hat der Beklagte bei Erlass des streitigen Bescheides auch eine entsprechende Prognose angestellt. Denn der Beklagte hat sich in dem streitgegenständlichen Bescheid darauf berufen, dass die Immobilie - wie auch schon das SG in seinem Beschluss vom 02.06.2017 - S 7 598/17 ER festgestellt habe - marktgängig sei und der Kläger seine Immobilie nachweislich zum 01.04.2017 an die Eheleute X hätte verkaufen können. Der Beklagte ging somit bei Bescheiderlass insbesondere aufgrund des konkreten Kaufangebots und unter Berücksichtigung des vorherigen Verlaufs der Vermarktungsbemühungen von einer Verwertbarkeit des Grundstücks im Bewilligungszeitraum aus.

Unter Berücksichtigung der ihm verfügbaren Informationen ist diese Prognose des Beklagten auch nicht zu beanstanden. Sie beruht auf einer zutreffenden Tatsachengrundlage, es wurden die maßgeblichen Umstände gewürdigt und keine unsachlichen Erwägungen einbezogen. Insbesondere stand die Tatsache, dass der Kläger das Hausgrundstück über einen Zeitraum von fast drei Jahren nicht verkauft hatte, dieser Prognose nicht entgegen. Denn insoweit hat der Beklagte zutreffend darauf abgestellt, dass der Kläger die Verwertungsbemühungen unterlaufen und so die Veräußerung der Immobilie verhindert hat. Wie bereits der 6. Senat des LSG in seinen Urteilen vom 22.02.2018 (Az. L 6 AS 1411/17 und L 6 AS 1412/17) ausgeführt hat, war schon die Anzeige bei den verschiedenen Internetportalen wenig aussagekräftig und die Reaktion des Klägers auf die Anfragen der Interessenten äußerst zögerlich und substanzlos. Auch die Vergabe des Maklerauftrages an die Sparkasse erfolgte erst nach Einstellung der Leistungen und einem einstweiligen Rechtsschutzverfahren, die erhebliche Verzögerung des Beginns der Maklertätigkeit war auf die Vorbehalte des Klägers im Zusammenhang mit der Erstellung des Energieausweises zurückzuführen und auch nach Vorlage des konkreten Kaufangebots durch den Makler hat der Kläger die Verwertung nicht weiter vorangetrieben. Unter Berücksichtigung dieser Umstände ist die Wertung des Beklagten nicht zu beanstanden.

Auf die von dem Kläger aufgeworfene Rechtsfrage, ob es sich bei der Verwertbarkeit eines Vermögensgegenstandes um eine Tatbestandsvoraussetzung handelt, die in jeder Lage des Verfahrens (auch) vom Gericht geprüft werden kann und nicht etwa um eine Verfahrenshandlung, die zwingend vom Beklagten durchgeführt werden müsste (so LSG NRW, Urteil vom 22.02.2018, Az. L 6 AS 1411/17, juris Rn. 44; Urteil vom 28. März 2019, Az. L 19 AS 587/18, juris Rn. 61, vgl. auch BSG, Urteil vom 06.05.2011, Az. B 14 AS 2/09 R, Rn. 21), kommt es im Hinblick auf die von dem Beklagten in dem vorliegend streitgegenständlichen Bescheid vom 12.04.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 tatsächlich getroffene Prognose nicht an.

Die vom Kläger vorgebrachten Argumente, der Verkehrswert seines Reihenhauses sei nicht bekannt gewesen und die Vorfinanzierung einer Wohnung, des Umzuges sowie der Räumung des Hauses nicht geklärt sowie das Bestehen rechtlicher Unsicherheiten im Hinblick auf zwei anhängige Klagen gegen das Jobcenter M, stellen keine der Verwertung entgegenstehende tatsächliche oder rechtliche Hindernisse dar. Wie das SG bereits zutreffend dargelegt hat, wäre eine Wohnung aus dem Verkaufserlös zu finanzieren gewesen, hinsichtlich etwaig zuvor fälliger Umzugskosten hätte der Kläger sich an den Beklagten oder ggf. an eine Bank zwecks Gewährung eines Überbrückungskredits wenden können. Der Kläger hat jedoch ersichtlich keinerlei Bemühungen unternommen, diese Fragen zu klären, nachdem ihm das Kaufangebot vorlag. Die im streitigen Zeitraum anhängigen Klagen gegen den Beklagten stellen weder in rechtlicher noch in tatsächlicher Sicht ein Verwertungshindernis dar.

b) Das Grundstück ist nicht nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 4 SGB II als selbst genutztes Haus-grundstück vor einer Verwertung geschützt. Danach ist nur ein selbst genutztes Haus-grundstück von angemessener Größe nicht als Vermögen zu berücksichtigen. Maßgeblich für die Angemessenheit sind gemäß § 12 Abs. 3 S. 2 SGB II die Lebensumstände während des Bezugs der Leistungen zur Grundsicherung. Der unbestimmte Rechtsbegriff der Angemessenheit, der der vollen gerichtlichen Überprüfung unterliegt, ist durch die Rechtsprechung der für die Grundsicherung für Arbeitsuchende zuständigen Senate des BSG dahingehend konkretisiert worden, dass die angemessene Größe eines Haus-grundstücks mit Blick auf die Gesamtwohnfläche des darauf errichteten Hauses und in-soweit bundeseinheitlich nach den Wohnflächengrenzen des zum 01.01.2002 außer Kraft getretenen Zweiten Wohnungsbaugesetzes (II. WoBauG), differenziert nach der Anzahl der Personen, zu bestimmen ist (stRspr, vgl. nur BSG, Urteil vom 07.11.2006, Az. B 7b AS 2/05 R - juris Rn. 21 f; Urteil vom 12.12.2013, Az. B 14 AS 90/12 R - juris Rn. 30; Urteil vom 18.09.2014, Az. B 14 AS 58/13 R - juris Rn. 18 und Urteil vom 30.08.2017, Az. B 14 AS 30/16 R - juris Rn. 17 jeweils mwN). Für Familienheime mit nur einer Wohnung, die von bis zu vier Personen bewohnt werden, sah das II. WoBauG eine Wohnflächengrenze von 130 qm vor (§ 39 Abs. 1 S 1 Nr. 1, Abs. 2 Nr. 1 II. WoBauG). Diese Wohnflächengrenze ist bei einer Belegung mit weniger als vier Personen um jeweils 20 m² pro Person zu reduzieren, typisierend begrenzt auf eine Belegung mit bis zu zwei Personen (vgl. nur BSG, Urteil vom 07.11.2006 a.a.O. juris Rn. 22; Urteil vom 12.12.2013 a.a.O. juris Rn. 31). Hiervon ausgehend beträgt die Wohnflächengrenze einer angemessenen Wohnung im Fall des Klägers 90 m², denn das Haus wurde im streitbefangenen Zeitraum nicht von vier, sondern nur von einer Person - dem Kläger - bewohnt. Der eigentlich erforderliche Abzug begrenzt sich auf die fiktive Belegung mit bis zu zwei Personen, also auf 90 m². Die Wohnfläche des Hauses beträgt 167,42 m² und liegt daher deutlich über der als angemessen anzusehenden Wohnfläche.

Besondere Umstände, die ein Abweichen von der Wohnflächenbegrenzung rechtfertigen würden, liegen nicht vor.

Ergibt sich danach schon aufgrund der tatsächlichen Wohnfläche des Hauses, dass die Immobilie des Klägers nicht angemessen ist, bedarf es keiner Erörterung, ob darüber hinaus auch die Grundstücksfläche unangemessen wäre.

c) Die Verwertung des Hauses war auch nicht offensichtlich unwirtschaftlich. Nach § 12 Abs. 3 Satz 1 Nr. 6 Alt. 1 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung offensichtlich unwirtschaftlich ist. Von einer offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit der Verwertung ist auszugehen, wenn der auf dem Markt erzielbare Wert in einem deutlichen Missverhältnis zum "wirklichen Wert" oder Substanzwert steht. Bei einem Hausgrundstück kommt eine solche Unwirtschaftlichkeit in Betracht, wenn bei einer Veräußerung nach Abzug der verkaufsbedingten Aufwendungen vom erzielten Verkaufspreis wesentlich weniger als der zum Erwerb und zur Herstellung der Immobilie aufgewendete Gesamtbetrag erzielt werden könnte; gewisse Verluste - ins-besondere unter dem Aspekt veränderter Marktpreise und des bisher in Anspruch genommenen Wohnwertes - können jedoch als zumutbar angesehen werden, eine absolute Grenze lässt sich nicht ziehen (stRspr., vgl nur BSG, Urteil vom 30.08.2017, Az. B 14 AS 30/16 R - juris Rn. 20 m.w.N.). Nach den Feststellungen des Gutachterausschusses für Grundstückswerte im Kreis M und der Stadt D hatte das Hausgrundstück des Klägers einen Verkehrswert von rund 160.000,00 Euro. Anhaltspunkte, die für ein deutliches Missverhältnis zwischen diesem Marktwert und den für die Immobilie aufgebrachten Aufwendungen sprechen könnten, hat der Kläger nicht aufgezeigt und sind auch sonst nicht ersichtlich. Der Kläger selber hat die Immobilie lastenfrei vererbt bekommen, sein Aufwand lag bei 0,00 Euro. Eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit der Verwertung des Grundstücks ist nicht gegeben.

d) Einer Verwertung des Einfamilienhauses stehen auch nicht die Freibeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II entgegen. Zwar ist ein isoliert betrachtet unangemessener Vermögensgegenstand iS des § 12 Abs. 3 S. 1 SGB II nicht in jedem Fall zu verwerten. Vielmehr ist im Rahmen des § 12 SGB II eine Gesamtbetrachtung aller Vermögensgegenstände und Vermögenswerte anzustellen und den Absetzbeträgen nach § 12 Abs. 2 SGB II gegen-über zu stellen (stRspr., BSG, Urteil vom 18.09.2014, Az. B 14 AS 58/13 R - juris Rn. 34 mwN). Doch führt schon der festgestellte Verkehrswert des unangemessenen Haus-grundstücks des Klägers abzüglich von Freibeträgen nicht dazu, dass dieses nicht zu verwerten war. Denn von dem festgestellten Verkehrswert des Hausgrundstücks von 160.000 Euro ist nach Abzug der Grundschulden in Höhe von 14.211,18 Euro von einem Wert von 145.788,82 Euro im Leistungszeitraum auszugehen. Hiervon sind am Tag des beantragten Leistungsbeginns am 01.04.2017 Freibeträge nach § 12 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 und 4 SGB II nur in Höhe von 9.300 Euro (57 Jahre x 150 Euro = 8.550 Euro + 750 Euro) abzusetzen. Weitere Freibeträge liegen nicht vor. Das verwertbare Vermögen des Klägers betrug also im streitigen Zeitraum 136.488,82 Euro.

e) Die Verwertung des Einfamilienhauses durch Verkauf stellt für den Kläger keine be-sondere Härte gem. § 12 Abs. 3 S 1 Nr. 6 Alt 2 SGB II dar. Nach § 12 Abs. 3 S. 1 Nr. 6 Alt. 2 SGB II sind als Vermögen nicht zu berücksichtigen Sachen und Rechte, soweit ihre Verwertung für den Betroffenen eine besondere Härte bedeuten würde. Dieser Regelung kommt die Funktion eines Auffangtatbestandes und einer allgemeinen Härteklausel zu, die die atypischen Fälle erfassen soll, die nicht durch die ausdrücklichen Ausnahmetatbestände des § 12 Abs. 3 S 1 SGB II und die Absetzbeträge nach § 12 Abs. 2 SGB II erfasst werden. Erforderlich für die Annahme einer besonderen Härte sind außergewöhnliche Umstände des Einzelfalls, die dem Betroffenen ein eindeutig größeres Opfer abverlangen, als eine einfache Härte und erst recht als die mit der Vermögensverwertung stets verbundenen Einschnitte (stRspr., vgl BSG, Urteil vom 18.09.2014, Az. B 14 AS 58/13 R - juris Rn. 30; Urteil vom 12.10.2016, Az. B 4 AS 4/16 R - juris Rn. 39; Urteil vom 24.05.2017, Az. B 14 AS 16/16 R - juris Rn. 30 und Urteil vom 30.08.2017, Az. B 14 AS 30/16 R - juris Rn. 25). Das Vorliegen solcher besonderen Umstände ist weder aus den Akten ersichtlich noch ergeben sich solche aus dem Vortrag des Klägers.

2. Soweit der Kläger hilfsweise im Wege der Feststellungsklage i.S.v. § 55 Abs. 1 Nr. 1 SGG die Feststellung begehrt, dass die Ablehnung eines Darlehens durch Bescheid vom 12.04.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 25.07.2017 rechtswidrig war, ist die Klage zulässig, aber unbegründet. Der Senat geht dabei davon aus, dass ein entsprechender Anspruch - als minus im Verhältnis zu der von Anfang geltend gemachten Leistung in Form eines Zuschusses - durchgängig Gegenstand des Klagebegehrens war. Die mit einer Klageerweiterung (erst) im Berufungsverfahren und der Zulässigkeit der erweiterten Klage verbundenen Fragen stellen sich insoweit nicht.

Die Klage ist zulässig. Das erforderliche Interesse des Klägers an der beantragten Feststellung ist mit Hinblick auf sein Präjudizinteresse zu bejahen. Ein berechtigtes Interesse kann bestehen, weil mit der Feststellungsklage sozialrechtliche Vorfragen für ein anderes Verfahren (insbesondere für einen Amtshaftungsprozess gem. Art. 34 Grundgesetz i.V.m. § 839 BGB) geklärt werden können (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, Sozialgerichtsgesetz, 13. Auflage 2020, § 55 Rn. 15b m.w.N.). Das primäre Rechtsschutzbegehren des Klägers an einer Darlehensgewährung hatte sich vor dem Beschreiten des Sozialrechtswegs im Juli 2017 noch nicht erledigt, so dass er nicht darauf zu verweisen ist, unmittelbar einen Amtshaftungsprozess zu führen. Da er zwischenzeitlich über Vermögen aus dem Hausverkauf verfügt und ein etwaiges Darlehen sofort wieder zurückzuzahlen wäre (§ 42a Abs. 3 SGB II), ist die vorrangige Erhebung einer entsprechenden Leistungsklage, von der das SG ausgegangen ist, ausgeschlossen.

Die Klage ist jedoch unbegründet, denn der Kläger hatte im streitgegenständlichen Zeitraum keinen Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II in Form eines Darlehens nach § 9 Abs. 4 i.V.m. § 24 Abs. 5 SGB II.

Hilfebedürftig ist in Abweichung von § 9 Abs. 1 SGB II nach § 9 Abs. 4 SGB II auch derjenige, dem der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für den dies eine besondere Härte bedeuten würde. Soweit Leistungsberechtigten der sofortige Verbrauch oder die sofortige Verwertung von zu berücksichtigendem Vermögen nicht möglich ist oder für sie eine besondere Härte bedeuten würde, sind nach § 24 Abs. 5 Satz 1 SGB II Leistungen als Darlehen zu erbringen und können nach § 24 Abs. 5 Satz 2 SGB II davon abhängig gemacht werden, dass der Anspruch auf Rückzahlung dinglich oder in anderer Weise gesichert wird. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor, denn der Kläger war im streitbefangenen Zeitraum nicht im Sinne des § 9 Abs. 4 SGB II hilfebedürftig, weshalb er auch nur darlehensweise Leistungen nach § 24 Abs. 5 SGB II nicht beanspruchen kann.

Ein Anspruch auf darlehensweise Leistungen besteht nur, wenn Hilfebedürftigkeit trotz zu berücksichtigenden und verwertbaren bedarfsdeckenden Vermögens deshalb besteht, weil dessen sofortige Verwertung nicht möglich ist, und nur insoweit besteht, als die sofortige Verwertung ausscheidet. Vorliegend bestehen nach Auffassung des Senats bereits erhebliche Zweifel an dem erforderlichen Kausalzusammenhang zwischen der Hilfebedürftigkeit und der fehlenden sofortigen Verwertungsmöglichkeit des Hausgrundstücks, da dem Kläger eine Verwertung des Grundstücks zum 01.04.2017 durch Verkauf an die Eheleute X möglich gewesen wäre.

§ 9 Abs. 4, § 24 Abs. 5 SGB II setzt voraus im Übrigen, dass die betroffene Person Verwertungsbemühungen tatsächlich unternimmt. Werden Verwertungsbemühungen als Voraussetzung für die Fiktion der Hilfebedürftigkeit nach § 9 Abs. 4 SGB II nicht unternommen und sollen solche auch künftig unterbleiben, besteht für die vom Regelfall "abweichende Erbringung von Leistungen" nach § 24 Abs. 5 SGB II grundsätzlich kein Raum und kommen darlehensweise Leistungen für die Überbrückung der Wartezeit bis zur Verwertung in aller Regel nicht in Betracht (BSG, Urteil vom 24.05.2017, Az. B 14 AS 16/16 R -, juris Rn. 35 m.w.N.). Die Ablehnung darlehensweiser Leistungen erfordert dabei regelmäßig, dass das Jobcenter die betroffene Person zuvor auf die Erforderlichkeit von Verwertungsbemühungen und die Folgen von deren Unterlassen hingewiesen hat. Ähnlich wie mit Blick auf den Hinweis auf Kostensenkungsobliegenheiten im Rahmen der Bedarfe für Unterkunft und Heizung und die Folgen von deren Unterlassen im Rahmen des § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II treffen das Jobcenter auch im Hinblick auf § 9 Abs. 4, § 24 Abs. 5 SGB II Beratungs- und Hinweispflichten. Hat das Jobcenter auf das Verwertungserfordernis hingewiesen, konkrete Verwertungsmöglichkeiten beispielhaft aufgezeigt, für eine nicht mögliche sofortige Verwertung Zeit eingeräumt und in dieser darlehensweise Leistungen erbracht und hat es darauf hingewiesen, dass ohne den Nachweis von Verwertungsbemühungen und deren Scheitern weitere darlehensweise Leistungen nicht in Betracht kommen, können diese jedenfalls bei unterlassenen und auch künftig nicht beabsichtigten Verwertungsbemühungen abgelehnt werden (BSG, aaO).

Der Beklagte hatte den Kläger vorliegend in sämtlichen vorangegangenen Darlehens-bewilligungsbescheiden seit dem 01.09.2014, zuletzt in den Bescheiden vom 23.08.2016, 07.12.2016 und 23.03.2017, ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine über bisherige Bewilligungszeiträume hinausgehende Leistungsgewährung nur dann möglich sei, wenn eine Verwertung des Grundstücks trotz ernsthafter und nachhaltiger Bemühungen nicht gelinge. Gleichwohl hat der Kläger im streitgegenständlichen Zeitraum keinerlei ernsthaften Verwertungsbemühungen nachgewiesen. Auch in den Zeiträumen zuvor waren keine ernsthaften Bemühungen des Klägers zur Verwertung seines Grundbesitzes erkennbar. Wie bereits der 6. Senat des LSG in seinen Urteilen vom 22.02.2018 (aaO.) zutreffend ausgeführt hat, waren die von dem Kläger unternommenen Ansätze zur Verwertung vielmehr ersichtlich nicht von dem Wunsch getragen, das Hausgrundstück zu verkaufen, sondern vielmehr darauf gerichtet, den Beklagten zur Fortzahlung von Leistungen zu bewegen. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird ergänzend auf die vorstehenden Ausführungen [vgl. Ziffer 1. a) cc)] verwiesen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Anlass zur Zulassung der Revision hat nicht bestanden, § 160 Abs. 2 Nr. 1, 2 SGG.
Rechtskraft
Aus
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