L 1 KA 21/18 KL

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KA 21/18 KL
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Rundschreiben des Bundesversicherungsamts - keine aufsichtsbehördliche Anordnung i.S. des § 54 Abs. 3 SGG

1. Die von einer Aufsichtsbehörde in einem Rundschreiben erteilten Hinweise können weder von ihren Adressaten noch von Dritten mit der Aufsichtsklage angefochten werden.
2. Die Klagebefugnis einer Kassenärztlichen Vereinigung gegen eine aufsichtsbehördliche Maßnahme, die
nicht an sie gerichtet ist, reicht nicht weiter als das Rechtsschutzbedürfnis der Krankenkassen, die Adressaten der Maßnahme sind.
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen, die diese selbst tragen.

III. Die Revision wird zugelassen.

IV. Der Streitwert wird auf 2.500.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Klägerin, eine Kassenärztliche Vereinigung (KÄV), wendet sich gegen ein Rundschreiben des Bundesversicherungsamtes (BVA – seit 01.01.2020: Bundesamt für Soziale Sicherheit) der Beklagten.

Unter dem 13.09.2018 versandte das BVA an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen ein Rundschreiben zu den Vergütungsverträgen zur vertragsärztlichen Versorgung nach § 87a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), um über festgestellte rechtlich problematische Vereinbarungen zu informieren und im Hinblick auf die bevorstehenden Vertragsverhandlungen für das Jahr 2019 um Beachtung der Rechtshinweise gebeten. Die Einhaltung der gesetzlichen Frist nach § 87a Abs. 3 Satz 1 SGB V werde von den Gesamtvertragspartnern regelmäßig nicht beachtet. Zukünftig werde um Beachtung gebeten und darauf hingewiesen, dass die Tolerierung etwaiger Rechtsverstöße nicht mehr in Betracht gezogen werde. Bei der Ermittlung der morbiditätsbedingten Veränderungsrate hätten die Gesamtvertragspartner die ihnen durch § 87a Abs. 4 SGB V eingeräumte Kompetenz mehrfach deutlich überschritten; es seien vertragliche Regelungen abgeschlossen worden, die nicht transparent machten, welche Gewichtungsfaktoren zugrunde gelegt worden seien, und die von der Regelungsgewichtung oder den vom Bewertungsausschuss empfohlenen Gewichtungsmaßstäben abwichen. Hierzu teilte das BVA unter Hinweis auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) seine Rechtsansicht mit. Auch bei den Förderungsmöglichkeiten nach § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V würden die gesetzlichen Grenzen zum Teil nicht beachtet. Insbesondere dürften sich die Gesamtvertragspartner nicht über den Beschluss des Bewertungsausschusses vom 22.10.2012 hinwegsetzen. Das Rundschreiben schloss mit dem Satz: "Wir bitten Sie, unsere Rechtshinweise bei den anstehenden Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen. Die unserer Aufsicht unterstehenden Krankenkassen ohne Gesamtvertragsabschlusskompetenz bitten wir, in ihrem Landesverband auf die Beachtung hinzuwirken".

Am 27.12.2018 hat die Klägerin beim Sächsischen Landessozialgericht (LSG) Klage erhoben mit dem Antrag, das Rundschreiben des BVA vom 13.09.2018 aufzuheben.

Mit Beschluss vom 17.01.2020 hat der Senat festgestellt, dass das Sächsische Landessozialgericht (LSG) für das Verfahren erstinstanzlich zuständig ist, und mit Beschluss vom 21.01.2020 die der Aufsicht des Bundes unterliegenden Gesamtvertragspartner der Klägerin zum Verfahren beigeladen.

Die Klägerin trägt vor, die Klage sei als Aufsichtsklage in entsprechender Anwendung von § 54 Abs. 3 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässig. Das Rundschreiben stelle eine aufsichtsbehördliche Maßnahme dar, da das BVA die staatliche Aufsicht über die bundesunmittelbaren Krankenkassen führe. Mit dem Rundschreiben werde es gegenüber bundesunmittelbaren Krankenkassen sowie gegenüber den Kassenärztlichen Vereinigungen tätig, indem es verbindliche Anforderungen an die vertragliche Vereinbarung zur Gesamtvergütung stelle. Unabhängig davon, ob es sich um einen Verwaltungsakt handele, greife das BVA mit dieser aufsichtsrechtlichen Maßnahme in die Rechtssphäre des Selbstverwaltungsträgers ein. Soweit sich die bundesunmittelbaren Krankenkassen oder das Schiedsamt der Auffassung des BVA anschlössen, verenge sich der Gestaltungsspielraum der Vertragspartner. Dies gelte selbst dann, wenn die Krankenkassen die Rechtsauffassung des BVA für rechtswidrig hielten. Damit hätte sie – die Klägerin – keine Möglichkeit, nachgelagert eine gerichtliche Überprüfung der Auffassung des BVA zu erreichen.

Die Klägerin beantragt, das Rundschreiben des damaligen Bundesversicherungsamtes vom 13. September 2018 zu den Anforderungen an die Vereinbarung zur Gesamtvergütung mit den Kassenärztlichen Vereinigungen für das Jahr 2019 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie macht geltend, die Aufsichtsklage sei nicht statthaft, weil es sich um ein informatives Rundschreiben handele, das keinen Anordnungscharakter habe. Es handele sich auch nicht um Hinweise, Anregungen oder Empfehlungen der Rechtsaufsicht im Rahmen der Beratung nach § 89 Abs. 1 2. Halbsatz Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV), die eine konkrete Beanstandung im Einzelfall voraussetzten. Erst recht handele es sich nicht um einen Verwaltungsakt. Das Rundschreiben stelle überhaupt kein Aufsichtsmittel dar.

In der mündlichen Verhandlung hat die Klägerin mitgeteilt, das BVA habe in Bezug auf die für die Jahre 2018/2019 geschlossenen Gesamtverträge im Freistaat S ... mit Schreiben vom 19.12.2019 (u.a.) mitgeteilt hat, dass angesichts der Bemühungen der Vertragspartner von aufsichtsrechtlichen Maßnahmen abgesehen werde. Der Gesamtvertrag 2020 sei im Dezember 2019 unterzeichnet worden. In Bezug auf die sog. förderungswürdigen Leistungen liege mittlerweile der Beschluss des Bewertungsausschusses aus dessen 456. Sitzung vom 01.10.2019 vor, so dass die damaligen Hinweise inzwischen überholt seien. Die Beklagte hat diese Angaben bestätigt. Die Vertreter der Beigeladenen zu 3-8 haben angegeben, in den Gesamtverträgen seien Regelungen getroffen worden, die nicht vollständig den damaligen Hinweisen des BVA entsprochen hätten.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens wird auf die Gerichtsakten und die Verwaltungsakte der Beklagten (2 Heftungen) verwiesen. Sie sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I. Die Klage ist aus mehreren Gründen unzulässig.

Für eine Aufsichtsklage fehlt mangels aufsichtsrechtlicher "Anordnung" das Rechtsschutzbedürfnis (1.). Da die Klägerin nicht Adressatin des mit der Klage angefochtenen Rundschreibens ist, fehlt ihr zusätzlich die Klagebefugnis (2.). Darüber hinaus hat sich das Rundschreiben zumindest teilweise tatsächlich erledigt (3.).

1. Gemäß § 54 Abs. 3 SGG kann eine Körperschaft des öffentlichen Rechts – wie die Klägerin – mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, dass die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreitet.

Diese Vorschrift ist im SGG seit dessen Inkrafttreten am 01.01.1954 enthalten. Nach den Gesetzesmaterialien sollte mit der Vorschrift zur Vermeidung von Zweifeln und entsprechend dem bisherigen Recht (§ 377 Abs. 2 Reichsversicherungsordnung) die Gestaltung der Rechtskontrolle im Verhältnis zwischen Staatsaufsicht und Selbstverwaltung ausdrücklich geregelt werden (Entwurf einer Sozialgerichtsordnung, BT-Drucks. 1/4357, S. 23 zu § 3). Heute erscheint diese Regelung angesichts der allgemeinen Anerkennung wehrfähiger Rechtspositionen im Binnenbereich des Staates (dazu nur Wahl in: Schoch/ Schneider/Bier, VwGO, vor § 42 Abs. 2 Rn. 118 ff.; Wahl/Schütz, Schoch/Schneider/Bier, VwGO, § 42 Abs. 2 Rn. 91 ff. jeweils m.w.N.) überflüssig (Schnapp in: Schulin, HS-KV, § 52 Rn. 135). Bezeichnenderweise hat die Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), die am 01.04.1960 in Kraft trat, auf eine solche Regelung verzichtet. Dennoch ist der Vorschrift des § 54 Abs. 3 SGG nicht jeder Sinn abzusprechen. Denn als besondere Ausprägung des allgemeinen Rechtsschutzbedürfnisses bezeichnet sie, ab wann im Verhältnis zwischen Selbstverwaltungsträger und Aufsichtsbehörde Anspruch auf gerichtliche Klärung besteht, nämlich dann, wenn das aufsichtsbehördliche Handeln den Charakter einer "Anordnung" aufweist (BSG, Urteil 08.04.1987 – 1 RR 4/86 – juris Rn. 26; Engelhard in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 89 Rn. 133). Dies macht verständlich, warum § 54 Abs. 3 SGG über seinen auf Anfechtungsklagen zugeschnittenen Wortlaut ("Aufhebung einer Anordnung") hinaus auch Verpflichtungsklagen (BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 A 1/11 R – juris Rn. 9; Urteil vom 19.09.2007 – B 1 A 4/06 R – juris Rn. 11; Urteil vom 25.06.1991 – 1 RR 6/90 – juris Rn. 12; Urteil vom 29.02.1984 – 8 RK 13/82 – juris Rn. 10) und Leistungsklagen, insbesondere Unterlassungsklagen (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 54 Rn. 13; Groß/Castendiek in: Lüdtke/Berchtold, SGG, 5. Aufl., § 54 Rn. 84), erfassen soll.

Die Aufsichtsklage setzt nach § 54 Abs. 3 SGG das Vorliegen einer "Anordnung" der Aufsichtsbehörde voraus, wobei es sich nicht um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) handeln muss. Vielmehr kann sich die Aufsichtsklage gegen aufsichtsbehördliche Maßnahmen jeder Art richten, mit denen in die Rechtssphäre des Trägers der Selbstverwaltung eingegriffen wird (BSG, Urteil vom 08.04.1987 – 1 RR 4/86 – juris Rn. 26). Dass die "Anordnung" der Aufsichtsbehörde keinen Verwaltungsaktcharakter besitzen muss, hat das BSG erstmals bei einer Klage auf aufsichtsbehördliche Genehmigung einer Satzungsänderung ausgesprochen (BSG, Urteil vom 22.11.1968 – 3 RK 3/66 – juris Rn. 20). Die Rechtsnatur einer solchen Genehmigung war damals Gegenstand wissenschaftlicher Auseinandersetzungen: Neben der Auffassung, dass es sich bei der Genehmigung (jedenfalls im Verhältnis zum Selbstverwaltungsträger) um einen Verwaltungsakt handele, wurde auch die Auffassung vertreten, dass die Genehmigung als Mitwirkungsakt an der Rechtssetzung gerade kein Verwaltungsakt sei. Das BSG ließ offen, welcher Auffassung es sich anschließt, dehnte dafür aber den Anwendungsbereich der Aufsichtsklage auf aufsichtsbehördliche Maßnahmen jeder Art aus (BSG, Urteil vom 22.11.1968 – 3 RK 3/66 – juris Rn. 20). Seitdem anerkannt ist, dass die aufsichtsbehördliche Genehmigung autonomen Rechts im Verhältnis zum Sozialversicherungsträger einen Verwaltungsakt darstellt (BSG, Urteil vom 16.07.1996 – 1 RR 3/95 – juris Rn. 12; Urteil vom 18.11.2014 – B 1 A 1/14 R – juris Rn. 9; Brandenburg/Palsherm in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB VII, 2. Aufl., § 158 Rn. 12), ist der Grund für diese Ausdehnung entfallen. Das BSG hat sie gleichwohl beibehalten, aber entschieden, dass ein Eingriff in die Rechtssphäre des Selbstverwaltungsträgers zwingende Voraussetzung für die rechtliche Qualifizierung einer Maßnahme der Aufsichtsbehörde als "Anordnung" i.S.d. § 54 Abs. 3 SGG ist. Erschöpft sich dagegen die aufsichtsbehördliche Maßnahme in bloßen Hinweisen, Anregungen oder Empfehlungen für ein bestimmtes Verhalten des Sozialversicherungsträgers, ohne diese schon zwingend vorzuschreiben, so ist darin eine mit der Aufsichtsklage anfechtbare Anordnung schon nicht enthalten und damit ein Rechtsschutzbedürfnis für eine solche Klage nicht gegeben (BSG, Urteil vom 08.04.1987 – 1 RR 4/86 – juris Rn. 26; Urteil vom 10.03.2015 – B 1 A 10/13 R – juris Rn. 14; ebenso Engelhard in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 89 Rn. 133 f.; Baier in: Krauskopf, § 89 SGB IV Rn. 8; Breitkreuz in: Winkler, SGB IV, 2. Aufl., § 89 Rn. 10).

In § 89 SGB IV sind die Aufsichtsmittel gegenüber den Sozialversicherungsträgern geregelt, die ein stufenweises Vorgehen vorsehen: Die Aufsichtsbehörde soll zunächst beratend darauf hinwirken, dass der Versicherungsträger die Rechtsverletzung behebt, wenn durch sein Handeln oder Unterlassen das Recht verletzt wird (§ 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV). Erst wenn der Versicherungsträger dem nicht nachkommt, kann die Aufsichtsbehörde den Versicherungsträger verpflichten, die Rechtsverletzung zu beheben, ggf. unter Anordnung der sofortigen Vollziehung (§ 89 Abs. 1 Satz 2 und 3 SGB IV); möglich ist auch die Verpflichtung, eine künftige Rechtsverletzung zu unterlassen (BSG, Urteil vom 03.03.2009 – B 1 A 1/08 R – juris Rn. 12). Dabei hat die Aufsichtsbehörde sowohl bei der Frage, ob sie überhaupt aufsichtsrechtlich tätig wird (Entschließung), als auch bei der Frage, welche Aufsichtsmittel sie ergreift (Auswahl), Ermessen auszuüben, um die Rechte der Versicherungsträger als Selbstverwaltungskörperschaften zu wahren und dem Verhältnismäßigkeitsprinzip zu genügen (sog. Opportunitätsprinzip; vgl. Engelhard in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB IV, 3. Aufl., § 87 Rn. 34 ff.).

Die auf der ersten Stufe (§ 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV) vorgesehene Beratung ist von der Rechtsprechung als Ausdruck des Bemühens um eine partnerschaftliche Kooperation zwischen Selbstverwaltung und Aufsicht und als Teil einer geistigen Auseinandersetzung zwischen ernsthaft im Interesse der versicherten Bevölkerung um optimale Lösungen bemühten Partnern bezeichnet worden (BSG, Urteil vom 08.04.1987 – 1 RR 4/86 – juris Rn. 27; Urteil vom 06.10.1988 – 1 RR 7/86 – juris Rn. 41; Urteil vom 20.06.1990 – 1 RR 4/89 – juris Rn. 20; Urteil vom 20.06.1990 – 1 RR 5/88 – juris Rn. 27; Urteil vom 19.12.1995 – 4 RLw 2/95 – juris Rn. 37; Urteil vom 11.12.2003 – B 10 A 1/02 R – juris Rn. 25). Die Beratung soll eine Überprüfung der gegensätzlichen Standpunkte sicherstellen. Sie dient der Darlegung der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde, dass durch ein Handeln oder Unterlassen des Versicherungsträgers das Recht verletzt worden sei, und der Empfehlung an den Versicherungsträger, diese nach Meinung der Aufsichtsbehörde vorliegende Rechtsverletzung zu beheben. Zugleich muss dem Versicherungsträger die Möglichkeit eröffnet werden, von sich aus die Rechtslage zu prüfen und der Aufsichtsbehörde seinen ggf. abweichenden Rechtsstandpunkt darzulegen mit dem Ziel, dass diese ihrerseits sich diesen Rechtsstandpunkt zu eigen macht und von weiteren Aufsichtsmaßnahmen Abstand nimmt. Insgesamt bezweckt die Beratung als Ausgangspunkt eines möglichen Dialogs zwischen Versicherungsträger und Aufsichtsbehörde die Vermeidung aufsichtsbehördlicher Anordnungen und sich daran eventuell anschließender gerichtlicher Auseinandersetzungen (BSG, Urteil vom 20.06.1990 – 1 RR 4/89 – juris Rn. 20; Urteil vom 06.10.1988 – 1 RR 7/86 – juris Rn. 41; Urteil vom 08.04.1987 – 1 RR 4/86 – juris Rn. 27). Da die Beratung nach § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV die Möglichkeit zur Selbstkorrektur geben soll, erschöpft sie sich nicht in der Darlegung der Rechtsauffassung der Aufsichtsbehörde und dem bloßen Hinweis auf eine Rechtsverletzung. Erforderlich ist vielmehr ein die individuellen und speziellen Verhältnisse des Versicherungsträgers berücksichtigender und entsprechend begründeter Hinweis darauf, dass und aus welchen Gründen gerade durch sein Handeln oder Unterlassen das Recht verletzt worden ist, und dem folgend eine Darlegung der dem Versicherungsträger möglichen Maßnahmen, mit welchen er in rechtlich zulässiger Weise die Rechtsverletzung beheben kann (BSG, Urteil vom 20.06.1990 – 1 RR 4/89 – juris Rn. 21; Urteil vom 19.12.1995 – 4 RLw 2/95 – juris Rn. 37; siehe auch Schüffner/Franck in: Sodan, Krankenversicherungsrecht, 3. Aufl., § 36 Rn. 91 ff.; Schütte-Geffers in: Kreikebohm, SGB IV, 3. Aufl., § 89 Rn. 8). Die Durchführung einer solchen Beratung ist grundsätzlich Voraussetzung der Rechtmäßigkeit einer Verpflichtungsanordnung nach § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (BSG, Urteil vom 11.12.2003 – B 10 A 1/02 R – juris Rn. 20; Urteil vom 20.06.1990 – 1 RR 4/89 – juris Rn. 19 f.; Urteil vom 08.04.1987 – 1 RR 4/86 – juris Rn. 27). Verpflichtungsanordnungen nach § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB V können mit der Aufsichtsklage angefochten werden. Nicht mittels Aufsichtsklage anfechtbar sind hingegen die nach § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV von einer Aufsichtsbehörde erteilten Hinweise zur Behebung einer Rechtsverletzung (BSG, Urteil vom 10.03.2015 – B 1 A 10/13 R – juris Rn. 14) und erst recht nicht allgemeine Hinweise und Empfehlungen, die von Aufsichtsbehörden erteilt werden (BSG, Urteil vom 10.03.2015 – B 1 A 10/13 R – juris Rn. 15).

Beim Rundschreiben des BVA vom 13.09.2018 handelt es sich weder um einen Verwaltungsakt i.S.d. § 31 SGB X, noch um eine sonstige Maßnahme der Aufsichtsbehörde, die als Anordnung i.S.d. § 54 Abs. 3 SGG qualifiziert werden könnte.

Für die Qualifizierung als Verwaltungsakt – selbst in Form einer Allgemeinverfügung i.S.d. § 31 Satz 2 SGB X – fehlt es dem Schreiben vom 13.09.2018 am Regelungscharakter. Gemäß § 31 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt jede hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalls trifft und auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist; im Falle einer Allgemeinverfügung i.S.d. Satzes 2 richtet sich der Verwaltungsakt an eine nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis. Durch Auslegung ist zu ermitteln, ob einer behördlichen Maßnahme, die nicht ausdrücklich als Bescheid oder Verfügung oder Anordnung bezeichnet ist und schon rein äußerlich den Anschein eines Verwaltungsaktes vermittelt, Regelungswirkung für den Einzelfall zukommt.

Das an alle bundesunmittelbaren Krankenkassen gerichtete Schreiben vom 13.09.2018 zu den Anforderungen der Rechtsaufsicht an die Vereinbarungen zur Gesamtvergütung mit den Kassenärztlichen Vereinigungen für das Jahr 2019 (so der weitere Betreff in der Überschrift) ist als Rundschreiben gestaltet und auch als solches bezeichnet. Einleitend wird der Anlass für das Rundschreiben formuliert und das Anliegen mitgeteilt, die der Rechtsaufsicht des Bundes unterstehenden Krankenkassen zu informieren und um Beachtung der Rechtshinweise zu bitten. Sodann werden drei Punkte, die vom BVA als rechtlich problematisch eingestuft wurden (zeitliche Vorgabe für den Vertragsschluss, Anpassung des Behandlungsbedarfs, förderungswürdige Leistungen), aufgeführt und die Rechtsauffassung des BVA hierzu dargestellt. Für alle drei Bereiche erfolgen Hinweise, um deren Beachtung zukünftig gebeten wird. Am Ende des Schreibens folgt die Bitte, die Rechtshinweise des BVA bei den anstehenden Vertragsverhandlungen zu berücksichtigen bzw. auf deren Beachtung im jeweiligen Landesverband hinzuwirken.

Ersichtlich betrifft das Schreiben das in der Zukunft liegende Verhalten der der Rechtsaufsicht des Bundes unterstehenden Krankenkassen im Rahmen von laufenden oder künftigen Vertragsverhandlungen mit der jeweiligen KÄV als Partner der Gesamtverträge, ohne dass darin eine präventive Verpflichtung i.S.d. § 89 Abs. 1 Satz 2 SGB IV (dazu BSG, Urteil vom 03.03.2009 – B 1 A 1/08 R – juris Rn. 12) ausgesprochen worden wäre. Anordnungen wurden nämlich im Schreiben vom 13.09.2018 ausdrücklich nicht getroffen. Zwar formuliert das BVA teilweise strikt: "Hierbei ist Folgendes zu beachten: ". Nichtsdestoweniger beschränkt es sich auf Hinweise verbunden mit der – durchaus nachdrücklichen – Bitte um Berücksichtigung. Zutreffend weist die Klägerin darauf hin, dass es sich um eine Art "präventive" Rechtsaufsicht handelt: Die Aufsichtsbehörde weist die ihrer Aufsicht Unterworfenen darauf hin, wie sie bestimmte Formulierungen im Gesetz bzw. die Rechtsprechung des BSG versteht und wie diese nach ihrer Ansicht in den Verhandlungen mit den Gesamtvertragspartnern zu berücksichtigen sind. Ein konkretes aufsichtsbehördliches Handeln, das einzelne Krankenkassen oder bestimmte Gesamtverträge betrifft, also einen Einzelfall regelt, ist damit indes nicht verbunden (so im Ergebnis auch Thüringer LSG, Urteil vom 29.01.2020 – L 11 KA 1431/18 KL – juris Rn. 12).

Im Rundschreiben bleibt offen, wie sich die adressierten bundesunmittelbaren Krankenkassen in den jeweiligen Vertragsverhandlungen konkret verhalten sollen. Ebenso war ungewiss, ob die Krankenkassen in den Vertragsverhandlungen zu den Gesamtverträgen für das Jahr 2019 die Hinweise überhaupt berücksichtigen würden und wie sich dies auf die Vereinbarungen in den Gesamtverträgen auswirken würde. Schließlich war völlig unabsehbar, ob die Aufsichtsbehörde in Ausübung ihres Entschließungsermessens (vgl. BSG, Urteil vom 08.10.2019 – B 1 A 3/19 R – juris Rn. 9) konkrete Aufsichtsmaßnahmen ergreifen würde, falls die Krankenkassen die Hinweise des Rundschreibens unberücksichtigt ließen, und – wenn ja – welche dies sein würden. Es besteht daher offensichtlich keinerlei Bedürfnis für gerichtlichen Rechtsschutz, weil trotz des Rundschreibens vom 13.09.2018 völlig ungewiss war, ob es überhaupt zu einem aufsichtsrechtlichen Tätigwerden der Beklagten kommen würde.

Vorliegend kommt hinzu, dass inzwischen sogar feststeht, dass die Beklagte jedenfalls in Bezug auf die Gesamtverträge für das Jahr 2019 nicht aufsichtsrechtlich tätig werden wird (Schreiben des damaligen BVA vom 19.12.2019). Vor diesem Hintergrund ist nicht ersichtlich, inwiefern das verfolgte Klageziel, nämlich das Rundschreiben vom 13.09.2018 aufzuheben, der Klägerin künftig noch einen rechtlich beachtlichen Vorteil bringen könnte. Weder wäre sie dadurch vor aufsichtsrechtlichen Beanstandungen geschützt, noch könnte sie einer künftigen Beanstandung inhaltlich etwas entgegen halten.

Soweit die Klägerin meint, es fehle an einer Befugnisnorm für die Beklagte, – wie geschehen – durch Rundschreiben gegenüber den ihrer Aufsicht unterworfenen bundesunmittelbaren Krankenkassen ihre Rechtsauffassung kund zutun, weil sie sich damit außerhalb der im Gesetz vorgesehenen Aufsichtsmittel bewege, dringt sie auch damit nicht durch. Rundschreiben tauchen zwar weder in § 89 SGB IV noch an anderer Stelle im Gesetz als Aufsichtsmittel auf. Sie sind aber auch keine bestimmte Handlungsform der öffentlichen Gewalt mit bestimmten Voraussetzungen und bestimmten Rechtsfolgen. Rundschreiben sind zuallererst ein Informationsmittel. Durch Rundschreiben können Rechtsnormen (vgl. BSG, Urteil vom 09.12.2004 – B 6 KA 44/03 R – juris Rn. 51; Urteil vom 07.02.1996 – 6 RKa 68/94 – juris Rn. 16, zum Honorarverteilungsmaßstab), Verwaltungsvorschriften (vgl. Axer, SGb 2012, 501, 503) oder Allgemeinverfügungen bekannt gegeben werden. Rundschreiben sind hierauf allerdings nicht beschränkt. Vielmehr können durch sie Informationen aller Art mitgeteilt werden – von der Rechtsauffassung und Auslegungspraxis über Besprechungsergebnisse bis hin zu rein tatsächlichen Umständen. Welche Rechtswirkungen ein Rundschreiben entfaltet, hängt davon ab, welchen objektiven Erklärungswert das darin Verlautbarte im Einzelnen hat. Und von den Rechtswirkungen seines Handelns hängt es ab, ob ein Verwaltungsträger dafür einer über seine Aufgabenzuweisung hinausgehenden besonderen Befugnisnorm bedarf. An eine aufsichtsbehördliche Beratung i.S.d. § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV stellt die Rechtsprechung – wie oben dargelegt – hohe Anforderungen. Allgemeine Hinweise und Empfehlungen der Aufsichtsbehörde, die diesen Anforderungen nicht genügen, sind deshalb aber nicht mangels Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig. Solange und soweit die Rechtssphäre der Selbstverwaltungsträger nicht verletzt wird, bleibt es daher der Aufsichtsbehörde unbenommen, Hinweise zu erteilen und Empfehlungen auszusprechen. Falls sich dadurch der Gestaltungsspielraum der Partner der Gesamtverträge faktisch verengen würde – wie die Klägerin meint –, wäre dies lediglich einer von zahlreichen Einflüssen, denen die Gestaltungsspielräume der Vertragspartner ohnehin unterliegen.

2. Der Klägerin fehlt darüber hinaus die hier wie sonst erforderliche Klagebefugnis, weil sie nicht Adressatin des mit der Klage angefochtenen Rundschreibens ist und auch die Möglichkeit einer eigenen Rechtsverletzung im Rahmen einer Drittbetroffenheit ausgeschlossen ist.

Obwohl das Aufsichtsrecht keine drittschützende Wirkung entfaltet (BSG, Urteil vom 12.03.2013 – B 1 A 1/12 R – juris Rn. 17; Urteil vom 12.03.2013 – B 1 A 2/12 R – juris Rn. 20; Urteil vom 24.01.2003 – B 12 KR 19/01 R – juris Rn. 62; ebenso BSG, Urteil vom 10.05.2000 – B 6 KA 20/99 R – juris Rn. 27), ist anerkannt, dass in entsprechender Anwendung von § 54 Abs. 3 SGG eine KÄV klagefugt sein kann gegen Bescheide, mit denen die zuständige Aufsichtsbehörde gegenüber den ihrer Aufsicht unterliegenden Krankenkassen eine gesamtvertragliche Vereinbarung mit dieser KÄV beanstandet (BSG, Urteil vom 17.11.1999 – B 6 KA 10/99 R – juris Rn. 16) und die ihr gegenüber wie eine Aufsichtsmaßnahme wirken (BSG, Urteil vom 17.08.2011 – B 6 KA 32/10 R – juris Rn. 15; Hessisches LSG, Urteil vom 29.09.2010 – L 4 KA 54/09 KL – juris Rn. 33-34). Voraussetzung dafür ist jedoch, dass es sich bei der angefochtenen Aufsichtsmaßnahme tatsächlich um einen Beanstandungsbescheid der Aufsichtsbehörde handelt, dass also jedenfalls ein Verwaltungsakt vorliegt. Dies ist aus den o.g. Gründen bei dem Rundschreiben vom 13.09.2018 gerade nicht der Fall, weil es keine Regelung für einen – einen größeren Adressatenkreis betreffenden – Einzelfall trifft. Wenn also die angegriffene Maßnahme mangels verbindlicher Anordnung schon nicht in die Rechtssphäre von Trägern der Selbstverwaltung eingreift, die der Aufsicht der Beklagten unterliegen (BSG, Urteil vom 08.04.1987 – 1 RR 4/86 – juris Rn. 26), dann kann erst recht kein Eingriff in die Rechtssphäre der klagenden KÄV als Drittbetroffener vorliegen.

Die Klagebefugnis der KÄV als Drittbetroffener kann nicht weiter gehen als das Rechtsschutzbedürfnis der Adressaten der Aufsichtsmaßnahme. Der Klägerin ist zwar zuzugeben, dass sich das BSG bei seiner Rechtsprechung zum fehlenden Anordnungscharakter der Beratung i.S.d. § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV auf den damit bezweckten Dialog zwischen Versicherungsträger und Aufsichtsbehörde gestützt hat (BSG, Urteil vom 11.12.2003 – B 10 A 1/02 R – juris Rn. 25; Urteil vom 20.06.1990 – 1 RR 4/89 – juris Rn. 20; Urteil vom 08.04.1987 – 1 RR 4/86 – juris Rn. 27). In diesen Dialog zwischen den bundesunmittelbaren Krankenkassen und deren Aufsichtsbehörde ist die Klägerin als landesunmittelbare Körperschaft nicht mit einbezogen. Die rechtliche Qualifizierung einer Aufsichtsmaßnahme als mit der Klage anfechtbare Anordnung i.S.d. § 54 Abs. 3 SGG steht und fällt aber nicht mit der Einbeziehung des Selbstverwaltungsträgers in das konkrete Aufsichtsverhältnis, sondern orientiert sich daran, wo die Maßnahme generell in dem Stufenverhältnis des § 89 Abs. 1 SGB IV zu verorten ist. Ähnlich wie im Rahmen des § 56a SGG können Handlungen auf einer früheren Stufe des aufsichtsbehördlichen Verfahrens von einem Selbstverwaltungsträger nicht isoliert angefochten werden, selbst wenn er zur Klage gegen die auf der abschließenden Stufe getroffenen Sachentscheidung berechtigt ist (vgl. zu der mit § 56a SGG übereinstimmten Regelung in § 44a VwGO Stelkens/Schenk in: Schoch¬Schneider/-Bier, VwGO § 44a Rn. 17 mit 26). Eine für einen Drittbetroffenen anfechtbare Verfahrenshandlung i.S.d. § 56a Satz 2 SGG würde zudem voraussetzen, dass ein – hier: aufsichtsbehördliches – Verfahren vorliegt. Da die Klägerin gegen eine ihr gegenüber als Aufsichtsmaßnahme zu qualifizierende Sachentscheidung der Aufsichtsbehörde klagebefugt wäre, könnte sie im Vorfeld liegende Handlungen ebenfalls nicht isoliert anfechten.

Der Senat verkennt nicht, dass Hinweise vor allem der Art, wie für eine individuelle Beratung i.S.d. § 89 Abs. 1 Satz 1 SGB IV gefordert werden (BSG, Urteil vom 20.06.1990 – 1 RR 4/89 – juris Rn. 21; Urteil vom 19.12.1995 – 4 RLw 2/95 – juris Rn. 37), mittelbar-faktische Folgen haben können und sollen. Ebenso wenig verkennt der Senat, dass im Staat-Bürger-Verhältnis der Eingriffscharakter mittelbar-faktischer Einwirkungen anerkannt ist (siehe nur Kokott in: Sachs, GG, 8. Aufl. 2018, Art. 4 Rn. 122 ff.). Für den binnenstaatlichen Bereich, zu dem das Verhältnis zwischen Aufsichtsbehörde und Selbstverwaltungsträger gehört, folgt daraus aber nicht, dass jede Aufsichtsmaßnahme anfechtbar sein muss. Vielmehr ist daran festzuhalten, dass sich diese Klage nur gegen aufsichtsbehördliche Maßnahmen richten kann, mit denen in die Rechtssphäre des Selbstverwaltungsträgers eingegriffen wird, wozu eben Hinweise – selbst dezidierter Art – nach der Rechtsprechung nicht gehören.

Dadurch entsteht keine Rechtsschutzlücke. Eine KÄV muss in Vertragsverhandlungen immer die Krankenkassen(-Verbände) von ihrer Position überzeugen oder mit ihnen einen Kompromiss finden. Gibt die KÄV ihre Position auf und stimmt den Krankenkassen- (-Verbänden) zu, die sich auf aufsichtsbehördliche Hinweise berufen, besteht kein Bedürfnis für gerichtlichen Rechtsschutz. Gibt dagegen die KÄV ihre Position nicht auf und folgen die Krankenkassen(-Verbände) weiter ihrer Aufsichtsbehörde, führt dies zu einem Schiedsverfahren (§ 89 Abs. 1 Satz 1 SGB V). Folgt darin das Schiedsamt der Rechtsauffassung des BVA, dann kann die KÄV den Schiedsspruch mit der Klage anfechten (siehe nur BSG, Urteil vom 13.08.2014 – B 6 KA 46/13 R – juris Rn. 27). Folgt das Schiedsamt der Rechtsauffassung des BVA nicht und beanstandet dieses den Schiedsspruch deshalb (§ 89 Abs. 5 Satz 5 SGB V), dann kann die KÄV die Beanstandung mit der Klage anfechten (BSG, Urteil vom 17.08.2011 – B 6 KA 32/10 R – juris Rn. 15).

3. Schließlich fehlt der Klägerin das Rechtsschutzbedürfnis, soweit sich das Rundschreiben nach ihrem eigenen Vorbringen dadurch erledigt hat, dass durch Beschluss des Bewertungsausschusses in dessen 456. Sitzung mit Wirkung zum 01.10.2019 Kriterien zur Vereinbarung von Zuschlägen auf den Orientierungswert gemäß § 87 Abs. 2e SGB V für besonders förderungswürdige Leistungen sowie für Leistungen von besonders förderungswürdigen Leistungserbringern gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V festgelegt worden sind, die dazu führen, dass die damaligen Hinweise inzwischen überholt sind – so die Klägerin und die Beklagte übereinstimmend. Denn das Rechtsschutzinteresse entfällt regelmäßig, wenn sich der Rechtsstreit materiell-rechtlich erledigt hat (Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 54 Rn. 28).

II. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 VwGO. Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig (§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 162 Abs. 3 VwGO).

III. Die Revision ist gemäß § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen. Angesichts des Umstandes, dass in der gesamten Bundesrepublik Deutschland insgesamt 17 Kassenärztliche Vereinigungen Klage gegen das Rundschreiben vom 13.09.2020 erhoben haben, erscheint eine bundeseinheitliche Bewertung der Frage, wie dieses Schreiben rechtlich zu qualifizieren ist, geboten.

IV. Die Festsetzung des Streitwertes folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 i.V.m. Abs. 4 Nr. 2 Gerichtskostengesetz.

Maßgeblich ist die sich aus dem Antrag der Klägerin für sie ergebende Bedeutung der Sache. Da sich das Rundschreiben, dessen Aufhebung die Klägerin mit der vorliegenden Klage begehrt, mit den Grundlagen für die Anpassung des Behandlungsbedarfs gemäß § 87a Abs. 4 SGB V (Mitteilung zweier einheitlicher Veränderungsraten) und der Vergütung der förderungswürdigen Leistungen gemäß § 87a Abs. 2 Satz 3 SGB V befasste, hat der Senat in pflichtgemäßer Ermessensausübung diese Teilbereiche der Gesamtvergütung als maßgeblich angesehen. Angesichts einer jährlichen Gesamtvergütung von um die zwei Milliarden Euro – so der Vertreter der Klägerin in der mündlichen Verhandlung – erscheint es dem Senat nicht unangemessen, den Höchststreitwert von 2,5 Millionen Euro zugrunde zu legen. Denn es ist davon auszugehen, dass der vom Rundschreiben betroffene Vergütungsanteil mindestens 0,13 Prozent der Gesamtvergütung ausmacht. Im Übrigen entspricht dies der bisher vorliegenden obergerichtlichen Rechtsprechung für Klagen einer Kassenärztlichen Vereinigung gegen eine Aufsichtsverfügung des BVA (vgl. Hessisches LSG, Urteil vom 29.09.2010 – L 4 KA 54/09 KL – juris Rn. 54) und dem Streitwertkatalog für die Sozialgerichtsbarkeit (5. Aufl. 2017: Teil B III. Aufsichtsrecht Ziffer 6.2.).

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Rechtskraft
Aus
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