S 57 SB 330/13

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG München (FSB)
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
57
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 57 SB 330/13
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Gerichtsbescheid
I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Streitig ist, ob der Klägerin ein Grad der Behinderung von 50 zusteht.

Die Klägerin ist 1971 geboren. Am 18.08.2012 stellte die Klägerin einen Antrag auf Feststellung eines GdB. Als Gesundheitsstörungen machte sie ein Fibromyalgiesyndrom mit multiplen vegetativen Begleitsymptomen, chronische Schmerzstörungen mit somatischen und psychischen Faktoren, einen beidseitigen Tinnitus sowie Asthma bronchiale geltend.

Mit Bescheid vom 09.11.2012 lehnte Beklagte die Feststellung eines Grades der Behinderung ab. Bei der Klägerin läge kein GdB von mindestens 20 vor. Dies sei zur Feststellung einer Behinderung notwendig.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein. Bei Asthma Bronchiale mit Hyperreagibilität mit häufigen und/oder schweren Anfällen - wie hier der Fall - werde üblicherweise ein Grad der Behinderung von 30-40 vorgesehen. Auch ein Tinnitus mit wesentlicher Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit führe zu einem GdB von 30 bis 40, mit schweren psychischen Störungen und sozialen Anpassungsschwierigkeiten sogar von mindestens 50. Bei Fibromyalgie empfehle die Fachliteratur bei stärkeren Einschränkungen im Alltagsleben einen GdB von 30 bis 40.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, dem mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2013 teilweise abgeholfen und ein GdB von 30 festgestellt wurde.

Folgende Gesundheitsstörungen wurden dabei berücksichtigt: 1. Seelische Störung, Somatisierungsstörung, chronischen Schmerzsyndrom, fibromyalgisches Schmerzsyndrom - Einzel-GdB 30 2. Funktionsbehinderung der Wirbelsäule, Minderbelastbarkeit - Einzel-GdB 10 3. Ohrengeräusche beidseits (Tinnitus) - Einzel-GdB 10 4. Bronchialasthma - Einzel-GdB 10

Dies wurde damit begründet, dass entsprechend der ausführlichen Befundbeschreibung ein mittelgradig chronifiziertes Schmerzsyndrom mit mulitlokulären Schmerzen im Sinne der somatoformen Schmerzstörung, einschließlich multiplen vegetativen Begleitsymptomen sowie muskulärer Dekonditionierung und Fehlhaltung bestehe. Die Schmerzstörung werde mit Chronifizierungsgrad II nach Gerbershagen angegeben, eine entsprechende Therapiepflichtigkeit werde beschrieben. Höhegradige Einschränkungen von Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit bzw. schweren psychischen Störungen bzw. sozialen Anpassungsschwierigkeiten seien nicht nachgewiesen.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer Klage vom 22.03.2013. Sie begehrt die Feststellung eines GdB von 50.

Sie trägt vor, dass die Funktionsbehinderungen in Schwere und Vollständigkeit nicht ausreichend gewürdigt worden seien, insbesondere sei die Fibromyalgie-Erkrankung und die damit verbunden weitreichenden Funktionsbehinderungen höher zu bewerten, ebenso sei das Wirbelsäulenleiden zu gering bewertet. Die gegebenen Funktionsbeeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit ergäben einen GdB von 50.

Im Auftrag des Gerichts hat Dr. D. am 20.09.2014 ein Gutachten auf allgemeinärztlichem Fachgebiet erstellt.

Der Gutachter hat die Klägerin am 26.06.2014 untersucht und kommt auf der Basis der von ihm erhobenen Untersuchungsbefunde sowie der Aktenlage zu folgendem Ergebnis:

Die bei der Klägerin als Behinderungen anzusehenden Gesundheitsstörungen seien im Widerspruchsbescheid des Beklagten vollständig erfasst und mit einem Gesamt-GdB von 30 zutreffend bewertet. Das Fibromyalgiesyndrom sei unverändert mit einem Einzel-GdB von 30 zu bewerten und zusammen mit neurologisch-psychiatrischen Diagnosen einer seelischen Störung, Somatisierungsstörung, chronischen Schmerzsyndrom korrekt aufgelistet, da dies wegen der ausgeprägten Überschneidung der Symptomenkomplexe und fehlender scharfer Trennlinien klinisch nicht anders möglich sei. Eine Höherstufung wäre angesichts der gegebenen Befundlage derzeit nicht zu begründen. So sei bei der Klägerin ein in Anbetracht des Alters und der schlanken Konstitution auffallend steifer und verlangsamter Bewegungsablauf ohne feinmotorische Beeinträchtigungen festzustellen. In der Laboruntersuchung seien die Entzündungswerte sowie zwei orientierende ermittelte rheumatologische Parameter nicht erhöht. In psychischen Befund sei die Klägerin erschöpft, resigniert, etwas Klacks haben und von ernster Stimmung, jedoch ausreichend schwingungsfähig und auslenkbar.

Das Wirbelsäulenleiden sei unverändert mit einem Einzel-GdB von 10 festzustellen. Eine höher Berufung hätte laut Versorgungsmedizin-Verordnung wenigstens mittelgradige funktionelle Auswirkungen in einem Wirbelsäulenabschnitt mit häufig rezidivierende in und über Tage andauernden Wirbelsäulensyndrom zur Voraussetzung, was erkennbar jedoch nicht erfüllt sei. Weitere verwertbare Funktionseinschränkungen am Bewegungsapparat seien nicht erkennbar. Die von der Klägerin geschilderten migräneartigen Beschwerden würden keiner manifesten Migräne entsprechen und seien in den Befundberichten auch nicht aufgelistet, eine spezifische Migränebehandlung finde nicht statt. Das offensichtlich bestehende Mischbild aus Kopfschmerzen und Spannungstyp bzw. durch Auslösung von der Halswirbelsäule sein bei den bisherigen erwartenden Behinderungen ausreichend berücksichtigt.

Die Ohrgeräusche beidseits sei nach wie vor mit einem Einzel-GdB von zehn zu bewerten. Dies sei laut Versorgungsmedizinverordnung für einen Tinnitus ohne nennenswerte psychische bzw. psychovegetative Begleiterscheinungen anzusetzen. Nur bei deren Vorhandensein sei eine Höherstufung vertretbar, die dargestellte psychovegetative Labilität der Klägerin und die damit verbundenen Schlafstörungen seien jedoch anderen Ursprung und nicht durch den Tinnitus bedingt.

Auch das Bronchialasthma sei mit einem Einzel-GdB von zehn befundangemessen. Die Klägerin habe angegeben, bei feuchten und kalten Wetter unter erschwerte Atmung und Brustdruck zu leiden, diesbezüglich sei eine mehrfach erfolgte kardiologischen Abklärung ergebnislos verlaufen, ein asthmaauslösendes Allergen sei bislang nicht gefunden worden. Therapeutisch werde bedarfsweise etwa drei Mail wöchentlich das bronchialerweiternde Präparat Salbutamol inhaliert. Der Auskultationsbefund im Herz- und Lungenbereich sei unauffällig, das Herzkreislaufsystem im Übrigen bei niedrigen Blutdruckwerten ohne auffällige Pathologie. Die durchgeführte Spirometrie sei bei guter Mitarbeit ohne erkennbaren Hinweis für eine obstruktive bzw. restriktive Belüftungsstörung. Eine Höherstufung als der bisherige GdB 10 hätte eine das gewöhnliche Maß übersteigende Atemnot bei mittelschwerer Belastung zur Voraussetzung. Die übrigen festgestellten Normabweichungen und Funktionseinbußen würden im vorliegenden Umfang keinen messbaren GdB bedingen.

Auf Antrag der Klägerin hat das Gericht Dr. E. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Er hat die Klägerin am 06.07.2015 untersucht. In seinem Gutachten vom 09.08.2015 kommt er zu dem Ergebnis, dass die bei der Klägerin vorliegenden Gesundheitsstörungen einen Gesamt-GdB von 60 ab 17.08.2013 bedingen. Die Klägerin beschreibe ein Ganzkörperschmerzerleben. Es komme zu einem extremen Schonungsverhalten mit Reduktion alltäglicher Funktionen. In die Bewertung neu einzufügen seien Kopfschmerzen. Die Befindlichkeit der Klägerin könne als niedergeschlagen erkannt werden, auch Hoffnungslosigkeit als fehlende positive Zukunft werde verbalisiert. Es lasse sich eine chronisch depressive Störung herausarbeiten sowie eine körperliche Belastungsstörung in Form von vorwiegend Schmerzen, in mittelgradiger bis schwergradiger Ausprägung. Eine Anpassungsstörung, Angst und depressive Reaktion gemischt sei nicht zu diagnostizieren.

Es könne eine persistierende depressive Störung sowie eine körperliche Belastungsstörung und Persönlichkeitsstörung diagnostiziert werden. Die Diagnose einer chronischen Schmerzstörung mit somatischen und psychischen Faktoren sei nicht mehr haltbar. Man habe bisher versucht, sich die Schmerzen, Schwächen und Muskelproblematik durch unterschiedliche Diagnosen anzunähern. Die chronische Schmerzkrankheit und das extreme Schmerzempfinden mit Persönlichkeitsstörung würden einen Einzel-GdB von 40 bedingen, es läge zudem eine Muskelschwäche mit geringen mit mittelgradigen Auswirkungen vor, die mit einen Einzel-GdB von 40 zu bewerten sei. Die Migräne sei mit einem Einzel-GdB von 40 zu bewerten, das Fatigue-Sydnrom mit einem Einzel-GdB von 40, die persistierende depressive Störung mit einem Einzel-GdB von 30, die körperliche Belastungsstörung mit einem Einzel-GdB von 40 sowie der Tinnitus mit einem Einzel-GdB von 10. Das Asthma bronchiale entfalle. Die Funktionsstörung der Wirbelsäule sei mit einem Einzel-GdB von 10 zu bewerten. Zusammengefasst resultiere daraus ein Gesamt-GdB von 60, da sich die einzelnen Beeinträchtigungen teilweise gegenseitig verstärken und interagieren würden.

Die Klägerin hat sich mit dem Gutachten von Dr. D. nicht einverstanden erklärt, da es ihrer Ansicht nach zum Teil unwissenschaftlich bzw. auf dem Stand der Medizin vor ca. 15 Jahren sei. Ergänzend führt Dr. E. in einem Schreiben vom 10.2.2016 aus, dass das Gutachten von Doktor D. sowie die versorgungsärztlicher Stellungnahme des Beklagten grundlegende Schmerzkompetenz vermisse. So könnten Objektivbefunde nicht ausreichen, um dem Beschwerdebild der Klägerin gerecht zu werden.

Der Kläger beantragt, den Bescheid vom 09.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2013 zu ändern und die Beklagte zu verpflichten, antragsgemäß einen GdB von 50 festzustellen

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Zur Begründung verweist er auf ihr Vorbringen im Widerspruchsbescheid. Zudem trägt er vor, dass sich keine wesentlichen neuen Gesichtspunkte ergeben hätten, die den mit der Klage begehrten GdB begründen könnten. Das auf Wunsch der Klägerin erstellte Gutachten von Dr. E. sei nicht geeignet, das Gutachten von Dr. D. zu widerlegen. Das Gutachten von Dr. E. bestehe überwiegend aus der Schilderung der Klägerin, wobei die anamnetischen Angaben nicht klar von der Wertung bzw. Beurteilung durch den Sachverständigten getrennt seien. Es würden sich nur wenig gutachterlich verwertbare Befunde finden, die mit der Beschwerdeschilderung und Schmerzfragebögen gemischt seien. Wie Dr. D. in seinem Gutachten zutreffend festgestellt habe, könnten nicht nur die subjektiven Beschwerden gewertet werden, maßgeblich seien die objektiven Befunde, die eine gewisse Korrelation mit der angegebenen Beschwerdesymptomatik zeigen sollten. Nach der Befunddokumentation im Gutachten von Dr. D. seien die Befunde am Stütz- und Bewegungsapparat unauffällig, Wirbelsäule und Gelenke der oberen und unteren Gliedmaßen seien sämtlich frei beweglich und äußerlich unauffällig. Die schwach ausgeprägte Muskulatur als Folge einer selbst auferlegten schon Haltung sei nicht als Behinderung zu werten, da Trainingsmangel keine Gesundheitsstörung sei und aktiv behoben werden könne. Der von Dr. E. vorgeschlagene GdB 60 für das chronische Schmerzgeschehen liege aus versorgungsärztlicher Sicht außerhalb des Beurteilungsspielraums, diese Einstufung sei Erkrankungen aus dem schizophrenen Formenkreis mit einer länger als sechs Monate anhaltenden floriden Psychose, einer schweren Zwangserkrankung oder einer manifesten Drogen- oder Alkoholabhängigkeit mit mittleren sozialen Anpassungsschwierigkeiten vorbehalten. Eine damit vergleichbare Beeinträchtigung sei bei der Klägerin nicht ersichtlich. Übereinstimmend mit dem Sachverständigen Dr. D. komme mehr als GdB 30 für die in Behinderung eines zusammengefassten Beschwerdekomplex nicht in Betracht, ein körperliche Funktionsstörungen, die sich erhöhen auf den GdB auswirken könnten bestünde nach Auffassung weiter Gutachter nicht. Maßgeblich für die Bewertung im Schwerbehindertenrecht seien die Versorgungsmedizinischen Grundsätze. Bei Gesundheitsstörungen, die in der Tabelle nicht aufgeführt seien sei der GdB in Analogie zu vergleichbaren Gesundheitsstörungen zu beurteilen aus versorgungsärztlicher Sicht und Aussicht des Gerichtsgutachters Herrn Dr. D. treffe auf die Klägerin am ehesten ein Analogie zum Kapitel B 3.7 (Neurosen, Persönlichkeitsstörung) zu. Unter der Annahme einer stärker behindernden Störung mit wesentlichen Einschränkung der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit werde ein GdB von 30 für angemessen erachtet.

Die Beteiligten wurden mit Schreiben des Gerichts darüber informiert, dass das Gericht beabsichtigt, gem. § 105 SGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung durch Gerichtsbescheid zu entscheiden.

Hinsichtlich weiterer Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der beigezogenen Behördenakte Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

1. Die zulässige Klage ist unbegründet.

Streitgegenstand ist, ob der Klägerin ein GdB von 50 zusteht. Der angefochtene Bescheid vom 09.11.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 25.02.2013 ist nicht zu beanstanden.

Das Gericht hat im vorliegenden Fall einen Gerichtsbescheid gemäß § 105 SGG erlassen, da die Streitsache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und der Sachverhalt, sofern er entscheidungserheblich ist, geklärt ist.

Rechtsgrundlage für die Feststellung des Vorliegens einer Behinderung sowie den vom Kläger erhobenen Anspruch auf Feststellung eines GdB ist § 69 Abs. 1 und 3 SGB IX. Nach § 69 Abs. 1 Satz 1 SGB IX stellen die für die Durchführung des Bundesversorgungsgesetzes (BVG) zuständigen Behörden auf Antrag des behinderten Menschen das Vorliegen einer Behinderung und den GdB fest. Diese Vorschrift knüpft materiell rechtlich an den in § 2 Abs. 1 Satz 1 SGB IX bestimmten Begriff der Behinderung an. Danach sind Menschen behindert, wenn ihre körperliche Funktion, geistige Fähigkeit oder seelische Gesundheit mit hoher Wahrscheinlichkeit länger als sechs Monate von dem für das Lebensalter typischen Zustand abweichen und daher ihre Teilhabe am Leben in der Gesellschaft beeinträchtigt ist. Nach § 69 Abs. 1 Satz 4 SGB IX sind die Auswirkungen auf die Teilhabe am Leben der Gesellschaft als GdB nach Zehnergraden abgestuft festzustellen. Wenn mehrere Beeinträchtigungen der Teilhabe am Leben der Gesellschaft vorliegen, wird nach § 69 Abs. 3 Satz 1 SGB IX der GdB nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festgestellt.

Die hierfür maßgebenden Grundsätze sind in der am 1. Januar 2009 in Kraft getretenen Versorgungsmedizin-Verordnung (VersMedV) vom 10. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2412; zuletzt geändert am 11.10.2012) aufgestellt worden. Die VG sind ein auf besonderer medizinischer Sachkunde beruhendes Regelwerk, das die möglichst gleichmäßige Anwendung der Bewertungsmaßstäbe im räumlichen Geltungsbereich des Gesetzes bezweckt und dem Ziel des einheitlichen Verwaltungshandelns und der Gleichbehandlung dient.

Liegen mehrere Funktionsbeeinträchtigungen vor, ist für jede einzelne Behinderung ein GdB anzugeben. Zur Bildung des Gesamt-GdB sind die Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Dabei verbietet sich die Anwendung jeglicher Rechenmethode. Vielmehr ist zu prüfen, ob und inwieweit die Auswirkungen der einzelnen Behinderungen voneinander unabhängig sind und ganz verschiedene Bereiche im Ablauf des täglichen Lebens betreffen oder ob und inwieweit sich die Auswirkungen der Behinderungen überschneiden oder gegenseitig verstärken. In der Regel ist von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzel-GdB bedingt und dann im Hinblick auf alle weiteren Funktionsbeeinträchtigungen zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird, ob also wegen der weiteren Funktionsbeeinträchtigungen dem ersten GdB-Grad 10 oder 20 oder mehr Punkte hinzuzufügen sind, um der Behinderung insgesamt gerecht zu werden, wobei die einzelnen Werte jedoch nicht addiert werden dürfen. Dabei führen grundsätzlich leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen GdB-Grad von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung; auch bei leichten Funktionsstörungen mit einem GdB-Grad von 20 ist es vielfach nicht gerechtfertigt, auf eine wesentliche Zunahme des Ausmaßes der Behinderung zu schließen (VMG Teil A. Nr. 3 Buchstabe d; vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 22. Januar 2008, L 13 SB 79/04).

Nach diesen Grundsätzen ist der GdB der Klägerin ab Antragstellung mit 30 zutreffend bewertet; diese Bewertung ist nach wie vor sachgemäß. Im Einzelnen wird hierzu auf das vorliegende, überzeugende Gutachten von Dr. D. verwiesen. Die Einordnung der Befunde durch das Gutachten von Dr. E. überzeugt nicht. Strittig und voneinander abweichend ist dabei vorliegend die Einordnung der somatoformen Schmerzstörung.

Die Ausführungen des Gutachters Dr. D. sind hierbei nachvollziehbar. Die Darstellung der zentralen Beeinträchtigungen der Klägerin stimmen bei beiden Gutachtern im Wesentlichen überein. Die dargestellte Schmerzstörung ist hierbei im Rahmen der Versorgungsmedizinischen Grundsätze bei einem Einzel-GdB von 30 einzuordnen.

Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze sehen für das Fibromyalgiesyndrom keinen eigenen Einzel-GdB vor. Das Fibromyalgie-Syndrom stellt jedoch eine Form der Somatoformen Schmerzstörung dar. Die Einordnung anhand der versorgungsmedizinischen Grundsätze im Rahmen einer seelischen Störung wird dieser Erkrankung daher am ehesten gerecht, da - wie auch der Gutachter Dr. E. korrekt anmerkt - eine Einordnung dieser Krankheit nicht allein auf objektiven Funktionseinbußen möglich ist.

Die GdB-Einordnung ist daher folgerichtig von Dr. D. sowie dem Beklagten im Rahmen einer seelischen Störung beurteilt worden.

Die Versorgungsmedizinischen Grundsätze sehen bei seelischen Störungen mit wesentlichen Einschränkungen der Erlebnis- und Gestaltungsfähigkeit, z.B. in Form einer somatoformen Störung einen GdB von 30-40 vor. Nachdem beide Gutachter keine mittelgradigen sozialen Anpassungsschwierigkeiten der Klägerin feststellen konnten, erscheint eine Einordnung der somatoformen Schmerzstörung mit einem Einzel-GdB von 30 sachgemäß. Die Schilderung des Tagesablaufs bzw. der Lebensumstände erreicht noch keinen Einzel-GdB von 40.

Wie der Gutachter Dr. E. hier zu einem GdB von 60 gelangt, ist auf der Basis seiner Befunde und unter Berücksichtigung der versorgungsmedizinischen Grundsätze nicht nachvollziehbar, zumal dieselben Symptome nicht die Grundlage für verschiedene Einzel-GdB bilden dürfen, um Doppelung von Gesundheitsstörungen zu vermeiden.

Die Kammer hält die fachlichen Feststellungen des beauftragten Sachverständigen Dr. D. in vollem Umfang für überzeugend. Das Vorbringen der Klägerin hinsichtlich der Aussagekraft des Gutachtens von Dr. D. kann daher in keiner Weise nachvollzogen werden. Es sei hierbei nochmals angemerkt, dass die Einordnung der Gesundheitsstörungen und die Herausbildung eines Gesamt-GdB sich nach den Vorgaben der Versorgungsmedizinischen Grundsätze zu richten hat, was vorliegend auch geschehen ist.

Nachdem die übrigen Gesundheitsstörungen der Klägerin mit einem Einzel-GdB von jeweils 10 nicht ins Gewicht fallen, ist ein Gesamt-GdB von 30 ist nach wie vor sachgemäß.

Die Klage ist daher abzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

3. Die Berufung ist statthaft (§ 143 SGG).
Rechtskraft
Aus
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