L 3 AS 116/17

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
3
1. Instanz
SG Schleswig (SHS)
Aktenzeichen
S 9 AS 389/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 3 AS 116/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Eine Kostensenkungsaufforderung, die Jahre vor Erarbeitung eines Unterkunftskostenkonzepts an einen Hilfeempfänger gerichtet wird, ist nicht geeignet, in Hinblick auf dieses Konzept eine 6-monatige Regelhöchstfrist in Gang zu setzen (Anschluss an BSG v.30. Janaur 2019, B 14 AS 11/18 R)

Eine Mietmarkterhebung, die die angemessenen Kosten für einen 1-Personenhaushalt auch aus angebotenen WG-Zimmern herleitet, erfüllt nicht die Voraussetzungen an ein schlüssiges Konzept.
Auf die Berufungen des Klägers werden die Urteile des Sozialgerichts Schleswig vom 15. Juni 2017 abgeändert. Der Beklagte wird unter Abänderung des endgültigen Festsetzungsbescheides vom 20. Oktober 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. November 2011 und 25. Juni 2015 sowie unter Abänderung des endgültigen Festsetzungsbescheides vom 20. Juni 2012 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 1. August bis 31. Dezember 2011 sowie 1. Februar 2012 bis 31. März 2012 bruttokalte Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe zu gewähren. Die Berufungen des Beklagten werden zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Leistungsansprüche des Klägers auf Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende nach dem Sozialgesetzbuch, Zweites Buch (SGB II). Strittig ist vorliegend die Höhe des Anspruchs des Klägers auf Leistungen für die Unterkunft gemäß § 22 SGB II in den Monaten August 2011 bis März 2012. Der am 1966 geborene Kläger steht seit Anfang 2005 im Leistungsbezug nach dem SGB II bei dem Beklagten. Er bewohnt in F eine 53,63 m² große Zweizimmerwohnung, für die im streitgegenständlichen Zeitraum eine Nettokaltmiete in Höhe von 250,- EUR zzgl. 82,- EUR Betriebskostenvorauszahlung sowie eine Heizkostenvorauszahlung in Höhe von 27,- EUR monatlich zu entrichten war. Die bruttokalten Unterkunftskosten des Klägers im streitgegenständlichen Zeitraum betrugen demnach 332,- EUR monatlich. Bereits mit Schreiben vom 1. März 2005 wies der Beklagte den Kläger darauf hin, dass die tatsächlichen Unterkunftskosten nur noch bis 30. September 2005 berücksichtigt werden könnten. Danach seien diese auf das angemessene Ausmaß zu reduzieren. Dieses bestimme sich aus der analogen Anwendung der Wohngeldtabelle zu § 8 Wohngeldgesetz (WoGG) damaliger Fassung. Angemessen sei ein Betrag von 245,00 EUR monatlich bruttokalt. Den Leistungsanspruch des Klägers im Zeitraum April bis September 2011 regelte der Beklagte vorläufig mit Bescheid vom 10. März 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 14. Juli 2011 und berücksichtigte dabei eine Bruttokaltmiete in Höhe von 270,00 EUR monatlich. Am 22. Juli 2011 hat der Kläger gegen diese Entscheidung Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben. Diese Klage wurde ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 9 AS 759/11 geführt. Am 20. Oktober 2011 erfolgte die endgültige Leistungsfestsetzung für den oben genannten Zeitraum. Der Beklagte berücksichtigte dabei für die Zeit bis einschließlich 31. Juli 2011 wiederum eine Bruttokaltmiete in Höhe von 270,00 EUR zuzüglich Heizkosten und für den Zeitraum ab 1. August 2011 bis 30. September 2011 eine Bruttokaltmiete in Höhe von 301,00 EUR. Auch gegen diesen Bescheid erhob der Kläger Widerspruch mit dem Ziel, seine tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung in Höhe von insgesamt 359,00 EUR zu erhalten. Der Beklagte erließ am 15. November 2011 einen Änderungsbescheid, mit dem für den Zeitraum von April 2011 bis Juli 2011 eine Bruttokaltmiete in Höhe von 291,00 EUR zuzüglich Heizkosten berücksichtigt wurden. Soweit der Widerspruch über diese Abänderung hinausging, hat der Beklagte ihn mit Widerspruchsbescheid vom 15. November 2011 zurückgewiesen. Im Klageverfahren S 9 AS 759/11 hat das Sozialgericht Schleswig am 9. August 2013 gemeinsam mit weiteren Verfahren des Klägers einen Erörterungstermin durchgeführt. Dabei ist das Verfahren in Einverständnis beider Beteiligter ruhend gestellt worden. Nachdem der Beklagte mit Bescheid vom 25. Juni 2015 dem Klagebegehren für den Zeitraum vom 1. April bis 31. Juli 2011 entsprochen hatte und in diesem Zeitraum die tatsächlichen Unterkunftskosten in Höhe von 332,00 EUR bruttokalt zzgl. 27,00 EUR Heizkosten der Leistungsgewährung zugrunde gelegt hatte, hat der Kläger das Verfahren mit Schriftsatz vom 9. August 2015 wiederaufgenommen und die Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten auch für die Monate August und September 2011 begehrt. Das Verfahren ist sodann unter dem Aktenzeichen S 9 AS 389/15 geführt worden. Zur Begründung hat der Kläger im Wesentlichen die Wirksamkeit der Kostensenkungsaufforderung angezweifelt und vorgetragen, diese könne zum Stichtag 1. August 2011 keine Wirkung mehr entfalten. Der Kläger hat im Verfahren S 9 AS 389/15 beantragt, den endgültigen Festsetzungsbescheid von 20. Oktober 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. November 2011 und 25. Juni 2015 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 31,00 EUR monatlich für den Zeitraum August 2011 bis September 2011 zu bewilligen und auszuzahlen. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Den Leistungsanspruch des Klägers für den Zeitraum 1.Oktober 2011 bis 31. März 2012 regelte der Beklagte vorläufig mit Bescheid vom 30. August 2011 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 13. Oktober 2011 und berücksichtigte dabei bruttokalte Unterkunftskosten in Höhe von 301,00 EUR zuzüglich Heizkosten in Höhe von 27,00 EUR. Der Kläger hat dagegen am 18. Oktober 2011 Klage beim Sozialgericht Schleswig erhoben. Die Klage ist ursprünglich unter dem Aktenzeichen S 9 AS 959/11 geführt worden. Am 5. November 2011 erging ein Änderungsbescheid, mit dem der Beklagte für Dezember 2011 ein Guthaben einer Betriebskostenabrechnung in Höhe von 34,60 EUR auf den Unterkunftsbedarf mindernd angerechnet hat. Die Auszahlung dieses Gutachtens an den Kläger durch den Vermieter ist im Dezember 2011 erfolgt.

Am 20. Juni 2012 hat der Beklagte den Leistungsanspruch des Klägers im Zeitraum 1. Oktober 2011 bis 31. März 2012 endgültig festgesetzt und dabei, außer im Dezember 2011, für den die Betriebskostenabrechnung mindernd berücksichtigt wurde, bruttokalte Unterkunftskosten in Höhe von 301,00 EUR zuzüglich Heizkosten in Höhe von 27,00 EUR berücksichtigt. Auch das Klageverfahren S 9 AS 959/11 ist im Erörterungstermin vom 9. August 2013 im Einverständnis mit dem Beteiligten ruhend gestellt worden. Mit Schriftsatz vom 6. September 2016 hat der Kläger das Verfahren wiederaufgenommen. Dieses ist sodann unter dem Aktenzeichen S 9 AS 439/16 geführt worden. In der mündlichen Verhandlung vom 15. Juni 2017 hat das Sozialgericht die Beteiligten darauf hingewiesen, dass die Anrechnung des im Dezember 2011 zugeflossenen Betriebskostenguthabens erst im Januar 2012 hätte erfolgen dürfen. Daraufhin hat der Beklagte ein von dem Kläger angenommenes Teilanerkenntnis hinsichtlich der Gewährung weiterer Unterkunftskosten in Höhe von 34,60 EUR für den Monat Dezember 2011 abgegeben. Der Kläger hat im Verfahren S 9 AS 439/16 beantragt, den endgültigen Festsetzungsbescheid vom 20. Juni 2012 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum Oktober bis Dezember 2011 weitere Unterkunftskosten in Höhe von 31,00 EUR zu gewähren und für den Zeitraum Februar bis März 2012 ebenfalls weitere Unterkunftskosten in Höhe von 31,00 EUR zu gewähren. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Mit Urteilen vom 15. Juni 2017 hat das Sozialgericht Schleswig den Beklagten unter Abänderung der jeweiligen endgültigen Festsetzungsbescheide und der dazu ergangenen Änderungsbescheide verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum 1. August 2011 bis 31. Dezember 2011 und 1. Februar 2012 bis 31. März 2012 weitere Kosten der Unterkunft in Höhe von 28,- EUR monatlich zu bewilligen und auszuzahlen. Im Übrigen hat es die Klagen abgewiesen. Die Berufung hat es dabei jeweils zugelassen. Zur Begründung hat es ausgeführt, das Konzept des Beklagten zur Ermittlung angemessener Unterkunftskosten sei für den hier zu beurteilenden Einpersonenhaushalt schlüssig. Es habe jedoch unzutreffend auf der Angebotsseite WG-Zimmer eingeschlossen. Unter Herausrechnung der angebotenen WG-Zimmer ergebe sich eine angemessene Bruttokaltmiete in Höhe von 329,00 EUR. Gefolgt ist das Sozialgericht dabei einer früheren Entscheidung vom 18. März 2016 im Verfahren S 24 AS 232/15. In dieser Entscheidung hat das Sozialgericht ausgeführt, dass die Vergleichsraumbildung und die Datenerhebung innerhalb des Vergleichsraums bei Erstellung des von dem Beklagten verwandten Unterkunftskostenkonzepts nicht zu beanstanden sei. Auch die Auswertung der Daten hat es überwiegend für beanstandungsfrei gehalten. Kritisiert hat es aber, dass bei Ermittlung der maximal angemessenen Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt auch Wohnungen unterhalb einer Wohnfläche von 40-60 m² ohne Festlegung einer Mindestgröße aus den erhobenen Angebotsmieten mitberücksichtigt worden sind. Dabei handele es sich dann nicht nur um Wohnungen die kleiner als 40 m² seien, sondern auch um WG-Zimmer. Bei WG-Zimmern handele es sich aber um abstrakt nicht zumutbaren Wohnraum. Dies liege nicht an einer etwaigen Ausstattung und nur zu einem geringen Teil an der Größe des eigentlichen Zimmers, sondern im Wesentlichen daran, dass dem Nachsuchenden von vornherein eine erhebliche Aufgabe der Privatsphäre abverlangt werde. Dem stehe nicht entgegen, dass auf konkreter Ebene WG Zimmer angemietet werden dürften und eine Anzahl von Hilfebedürftigen im gemeinschaftlichen Wohnen unter Umständen auch eine Annehmlichkeit sähen. Dies seien aber persönliche Erwägungen, die auf abstrakter Ebene bei Bestimmung der Angemessenheit außen vor zu bleiben hätten. Das Sozialgericht hat sodann die bei Ermittlung maximal angemessener Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt berücksichtigten 27 WG-Zimmer aus der Berechnung des vom Beklagten beauftragten Instituts herausgerechnet und im Ergebnis maximal angemessene Unterkunftskosten für einen 1 Personenhaushalt in Höhe von 329,00 EUR monatlich bruttokalt ermittelt. Gegen die ihm am 25. Juli 2017 zugestellten Urteile richten sich die Berufungen des Klägers, die im Verfahren L3 AS 116/17 (= S 9 AS 389/15) am 27. Juni 2017 und im Verfahren L3 AS 117/17 (= S 9 AS 439/16) am 28. Juni 2017 eingegangen sind. Der Beklagte hat in der Sitzung des Senats am 23. Oktober 2020 zu Protokoll des Gerichts jeweils Anschlussberufung gegen die Urteile des Sozialgerichts vom 15. Juni 2017 erhoben. Der Kläger kritisiert die Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten sowohl durch den Beklagten bzw. das von diesem beauftragte Institut als auch durch das Sozialgericht. Es sei zu berücksichtigen, dass der Wohnungsmarkt in F angespannt sei. Zudem kritisiert er den Einbezug von Substandardwohnungen in die Auswertung. Die Betriebskosten seien bei Ermittlung der bruttokalten Unterkunftskosten zu niedrig angesetzt. Zu berücksichtigen sei, dass ein qualifizierter Mietspiegel für die Stadt F nicht bestehe, was die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten erschwere. Er habe bereits früher darauf hingewiesen, dass die Einbeziehung von Wohnungen unterhalb von 35 m² zweifelhaft sei. Das jetzt vorliegende Konzept berücksichtige aber noch sehr viel kleinere Wohnungen. Die durch das Sozialgericht erfolgte Korrektur sei nicht ausreichend. Zwar sei die Begründung im Ansatz korrekt, es seien aber möglicherweise immer noch nicht sämtliche unzumutbaren Unterkünfte eliminiert worden. Das Sozialgericht habe bei Bewertung der Nachfrage steigende Einwohnerzahlen und unzureichende Neubautätigkeit nicht hinreichend berücksichtigt. Auch gebe es Hinweise, dass bei der Ermittlung des Anteils der Transferleistungsbezieher auf der Nachfrageseite von zu wenig Bedarfsgemeinschaften ausgegangen sei. Insoweit sei das Gutachten von IWU erläuterungsbedürftig. Der Kläger beantragt schriftsätzlich sinngemäß, die Urteile des Sozialgerichts Schleswig vom 15. Juni 2017 abzuändern und den Beklagten unter Abänderung des Festsetzungsbescheides vom 20. Oktober 2011 in der Fassung der Änderungsbescheide vom 15. November 2011 und 25. Juni 2015 sowie unter Abänderung des Festsetzungsbescheides vom 20. Juni 2012 zu verurteilen, dem Kläger für den Zeitraum August 2011 bis Dezember 2011 sowie Februar 2012 bis März 2012 bruttokalte Unterkunftskosten in tatsächlicher Höhe zu gewähren. Der Beklagte beantragt, die Urteile des Sozialgerichts Schleswig vom 15. Juni 2017 abzuändern und die Berufungen des Klägers zurückzuweisen. Zur Begründung seiner Anträge hat er auf seine Ausführungen im Berufungsverfahren L3 AS 95/16, über welches der erkennende Senat ebenfalls aufgrund der Sitzung am 23. Oktober 2020 entschieden hat, Bezug genommen. Dort hat er ausgeführt, in Hinblick auf den hohen Anteil Studierender an der Wohnbevölkerung in F könne nicht von vornherein von einer Unzumutbarkeit bestimmter bescheidener Wohnformen ausgegangen werden. In der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2020 hat der Senat beide Berufungsverfahren zur gemeinsamen Verhandlung und Entscheidung unter Führung des Aktenzeichens S 3 AS 116/17 verbunden. Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf die Schriftsätze der Beteiligten sowie den weiteren Inhalt der Gerichtsakten und der den Kläger betreffenden Verwaltungsakten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Der Senat konnte trotz Fernbleibens des Klägers in der mündlichen Verhandlung vom 23. Oktober 2020 über die Berufungen entscheiden, weil der Kläger in der rechtzeitig zugegangenen Ladung auf diese sich aus § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ergebenende Möglichkeit hingewiesen worden ist. Die Berufungen des Klägers sind zulässig. Insbesondere sind diese innerhalb der einmonatigen Berufungsfrist des § 151 Abs. 1 SGG, gerechnet ab Zustellung des angefochtenen Urteils, bei dem Landessozialgericht eingegangen. Der Mindestbeschwerdewert gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG wird zwar jeweils nicht erreicht, sodass die Berufungen der Zulassung bedurften. Das Sozialgericht hat aber in beiden Fällen in den angefochtenen Urteilen die Berufung zugelassen. Auch die Berufungen des Beklagten sind zulässig. Als unselbstständige Anschlussberufungen unterliegen sie während der Rechtshängigkeit der Berufungen des Klägers keiner Berufungsfrist. Die Berufungen des Klägers sind auch begründet. Zu Unrecht hat das Sozialgericht im Ergebnis die Verurteilung des Beklagten in den angefochtenen Urteilen auf die Gewährung von 329,- EUR Unterkunftskosten bruttokalt beschränkt und dem Kläger nicht die jeweils um 3,- EUR höheren tatsächlichen monatlichen Unterkunftskosten zugesprochen. Die Urteile des Sozialgerichts waren daher abzuändern. Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind über den Umfang der erstinstanzlichen Verurteilungen hinaus auch insoweit rechtswidrig, als sie den Kläger nicht die tatsächlichen Unterkunftskosten in den noch streitgegenständlichen Monaten gewähren. Der Kläger hat schon Anspruch auf Berücksichtigung seiner tatsächlichen Unterkunftskosten, weil er nicht wirksam zur Absenkung seiner Unterkunftskosten auf das angemessene Ausmaß aufgefordert worden ist. Unabhängig davon hat das Sozialgericht zutreffend festgestellt, dass das von den Beklagten zur Ermittlung der maximal angemessenen Unterkunftskosten zugrunde gelegte Konzept jedenfalls insoweit den Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht genügt, als es auch WG-Zimmer bei der Auswertung der erhobenen Mietangebote zur Ermittlung der Unterkunftskosten für einen 1 Personenhaushalt mitberücksichtigt. Das Sozialgericht war entgegen seiner Vorgehensweise aber nicht gehalten, auf Grundlage des als defizitär erkannten Konzepts des Beklagten ein eigenes schlüssiges Konzept unter Herausrechnung der WG-Zimmer zu erarbeiten. Die Berufungen des Beklagten sind hingegen nicht begründet und waren zurückzuweisen. Der Kläger hat in den Monaten August bis Dezember 2011 sowie Februar bis März 2012 grundsätzlich gemäß §§ 9,19 SGB II Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, denn er war nicht in der Lage, seinen grundsicherungsrechtlichen Bedarf aus zur Verfügung stehenden Einkommen und Vermögen zu decken und hat die notwendigen Mittel auch nicht von anderen erhalten.

Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende umfassen gemäß § 19 Abs. 1 SGB II auch die in § 22 SGB II geregelten Bedarfe für Unterkunft und Heizung. Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Bedarfe für Unterkunft in der Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft den nach den Besonderheiten des Einzelfalles angemessen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens 6 Monate. Der Beginn der Regelhöchstfrist von 6 Monaten setzt voraus, dass den Berechtigten zweifelsfrei bekannt ist, dass und in welchem Ausmaß die tatsächlichen Unterkunftskosten unangemessen sind (vergleiche Berlitz in LPK SGB II § 22 Rn. 133). Dies erfordert in aller Regel eine Kostensenkungsaufforderung durch den Leistungsträger. Die Wirksamkeit einer Kostensenkungsaufforderung selbst wiederum setzt voraus, dass die angemessenen Kosten für die Unterkunft durch das Jobcenter bezeichnet werden. Sie stellt ein Angebot dar, in einen Dialog über die angemessenen Aufwendungen einzutreten (Bundessozialgericht (BSG), Urteil vom 30. Januar 2019, B 14 AS 11/18 R; Urteil vom 15. Juni 2016, B 4 AS 36/15 R) Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG ist die Angemessenheit von Unterkunftskosten unter Zugrundelegung der sog. Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln (u.a. BSG, Urteile vom 07. November 2006 – B 7b AS 18/06 R und B 7b AS 10/06 R).

Dabei ist zunächst die abstrakt angemessene Wohnungsgröße und der abstrakt angemessene Wohnungsstandard zu bestimmen, wobei als angemessen die Aufwendungen für eine solche Wohnung gelten, die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist; die Wohnung muss im unteren Segment der nach der Größe in Betracht kommenden Wohnungen in dem räumlichen Bezirk liegen, der den Vergleichsmaßstab bildet (vgl. BSG, Urteil vom 02. Juli 2019 B 14 AS 33/08 R ). Im weiteren Schritt ist zu ermitteln, auf welche konkreten räumlichen Gegebenheiten als räumlichen Vergleichsmaßstab für die weitere Prüfung abzustellen ist. Dem folgt die Ermittlung, wieviel für eine nach Größe und Standard abstrakt angemessen eingestufte Wohnung auf dem für die Leistungsberechtigten maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist. Hierbei sind nicht nur die tatsächlich am Markt angebotenen Wohnungen (Angebotsmieten) zu betrachten, sondern auch vermietete Wohnungen können berücksichtigt werden. (Bestandsmieten) (vgl. BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 – B 4 AS 33/16 R; BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/ 14 R; BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R). Nach der sog. Produkttheorie kommt es nicht darauf an, dass beide Faktoren, d.h. Wohnungsgröße und Wohnungsstandard, für sich angemessen sind, solange jedenfalls das Produkt aus Wohnfläche und Standard (ausgedrückt im Quadratmeterpreis) eine insgesamt angemessene Mietobergrenze ergeben (vgl. BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 – B 4 AS 30/08 R; BSG, Urteil vom 18. November 2014 – B 4 AS 9/14 R; BSG, Urteil vom 16. Juni 2015 – B 4 AS 44/14 R).

Hinsichtlich der Wohnungsgröße ist auf die in den landesrechtlichen Wohnungsbauförderungsbestimmungen niedergelegten Wohnflächen abzustellen. Danach ergibt sich für Schleswig-Holstein (VB-SHWoFG, Amtsblatt Schl.-H. 2012, S. 790 ff.) ein Wert von 50 qm für einen 1-Personenhaushalt.

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG muss die Ermittlung der regionalen Mietobergrenze auf der Grundlage eines überprüfbaren schlüssigen Konzepts erfolgen, um ein gleichmäßiges Verwaltungshandeln innerhalb des Vergleichsraumes zu gewährleisten (vgl. BSG, Urteil vom 18. Juni 2008 – B 14/7b AS 44/06 R). Dabei soll das schlüssige Konzept die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden, wobei der Grundsicherungsträger nicht zwingend auf einen einfachen oder qualifizierten Mietspiegel i.S.d. §§ 558c und 558d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) abstellen muss (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R). Entscheidend ist vielmehr, dass den Feststellungen des Grundsicherungsträgers ein Konzept zu Grunde liegt, dieses im Interesse der Überprüfbarkeit des Ergebnisses schlüssig und damit die Begrenzung der tatsächlichen Unterkunftskosten auf ein angemessenes Maß hinreichend nachvollziehbar ist.

Ein Konzept ist ein planmäßiges Vorgehen des Grundsicherungsträgers im Sinne der systematischen Ermittlung und Bewertung genereller, wenngleich orts- und zeitbedingter Tatsachen für sämtliche Anwendungsfälle im maßgeblichen Vergleichsraum und nicht nur ein punktuelles Vorgehen von Fall zu Fall (vgl. BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R).

Nach ständiger Rechtsprechung des BSG (seit BSG, Urteil vom 22. September 2009 – B 4 AS 18/09 R) ist ein Konzept schlüssig, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfüllt: Die Datenerhebung darf ausschließlich im dem genau eingegrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung), es bedarf einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen (Wohnungsstandard, Wohnungsgröße, Brutto- und Nettomiete), Angaben über den Beobachtungszeitraum, Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel), Repräsentativität des Umfangs der eingezogenen Daten, Validität der Datenerhebung, Einhaltung anerkannter mathematisch-statistischer Grundsätze der Datenauswertung, Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannoberwert oder Kappungsgrenze).

Hinsichtlich des konzeptionellen Ansatzes sind die Grundsicherungsträger frei, d.h. es besteht kontrollierte Methodenfreiheit bei Methodenvielfalt (vgl. Knickrehm in: Soziale Sicherheit 2015, 287 ff.). Es kann demnach verschiedene Methoden geben, um ein schlüssiges Konzept zu erstellen und den damit unmittelbar zusammenhängenden Vergleichsraum oder ggf. mehrere Vergleichsräume zu bilden, weil weder aus § 22 SGB II noch aus §§ 22a bis 22c SGB II die Anwendung eines bestimmten Verfahrens rechtlich zwingend ableitbar ist (vgl. BSG, Urteile vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R). Eine Begrenzung des methodischen Rahmens und damit der bestehenden Entscheidungsspielräume bei der Entwicklung eines schlüssigen Konzepts folgt jedoch aus den in §§ 22a bis 22c SGB II normierten Vorgaben, welche nicht nur für den Erlass von Satzungen, sondern generell bei der Erstellung schlüssiger Konzepte heranzuziehen sind (vgl. BVerfG, Beschluss vom 06. Oktober 2017 – 1 BvL 2/15; BSG, Urteil vom 12. Dezember 2017 – B 4 AS 33/16 R). Zudem ist das Konzept gerichtlich im Sinne einer nachvollziehenden Kontrolle voll überprüfbar, d.h. führt die gerichtliche Kontrolle zu einer Beanstandung des Vergleichsraumes oder des schlüssigen Konzepts, so ist dem Leistungsträger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Nachbesserung einzuräumen. Gelingt eine Nachbesserung der Beanstandungen nicht, ist das Gericht nicht befugt, einen oder mehrere Vergleichsräume festzulegen oder ein schlüssiges Konzept – ggf. mit Hilfe eines Sachverständigen – zu erstellen (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R). Lediglich wenn ein qualifizierter Mietspiegel der Ermittlung der Angemessenheitsgrenze zugrunde liegt, ist auf diesen zur Herstellung der Spruchreife zurückzugreifen. Andernfalls sind mangels eines in rechtlich zulässiger Weise bestimmten Angemessenheitswerts die tatsächlichen Aufwendungen für die Unterkunft dem Bedarf für die Unterkunft zugrunde zu legen, begrenzt durch die Werte nach dem Wohngeldgesetz (WoGG) plus 10%. Der Kläger hat vorliegend schon deshalb einen Anspruch auf Berücksichtigung seiner tatsächlichen Unterkunftskosten bei Ermittlung der Höhe der Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes, weil keine wirksame Kostensenkungsaufforderung vorliegt. Zwar hat der Beklagte dem Kläger mit Schreiben vom 1. März 2005 auf die Unangemessenheit der tatsächlichen Unterkunftskosten aus seiner Sicht hingewiesen. Dabei mangelt es aber schon an der konkreten Bezeichnung der angemessenen Unterkunftskosten. In dem genannten Schreiben hatte der Beklagte maximale Unterkunftskosten von 245,- EUR monatlich zuzüglich Heizkosten genannt. Er ist aber mittlerweile für den streitgegenständlichen Zeitraum aber selbst davon ausgegangen, dass maximal 301,- EUR zuzüglich Heizkosten für einen Einpersonenhaushalt grundsicherungsrechtlich angemessen waren. Darin liegt eine deutlich mehr als geringfügige Abweichung. Entscheidend ist aber vor allem, dass die Kostensenkungsaufforderung vom März 2005 datiert und damit fast sechseinhalb Jahre vor Fertigstellung des von dem Beklagten angewandten "Grundsicherungsrechtlichen Mietspiegels" vom 18. Juli 2011 dem Kläger zugesandt wurde. Ein erst im Jahr 2011 entwickeltes Konzept kann aber keine Grundlage für einen im Jahr 2005 begonnenen "Dialog über die angemessenen Aufwendungen" bilden. (Vergleiche BSG, Urteil vom 30.Januar 2019, B 14 AS 11/18 R Rn. 33.) Eine Bezugnahme auf ein später erstelltes Konzept im Sinne eines Nachschiebens von Gründen für das Kostensenkungsverfahren scheidet aus, weil ein solches Nachschieben von Gründen dem Sinn einer Kostensenkungsaufforderung, in einen Dialog über die angemessenen Aufwendungen der Unterkunft einzutreten, entgegensteht. Über ein Konzept und dessen Angemessenheitswerte, die noch nicht bekannt sind, kann nicht gesprochen werden. Im Übrigen scheidet das Nachschieben von Gründen aus, wenn dadurch die Rechtsverteidigung des Betroffenen in unzulässiger Weise beeinträchtigt oder erschwert wird. Eine solche Fallgestaltung ist gegeben, wenn Rechtsfolgen an ein Kostensenkungsverfahren geknüpft werden sollen, dessen Grundvoraussetzung "Bezeichnung der angemessenen Aufwendungen" in der maßgeblichen Zeit nicht erfüllt war, weil die entsprechenden Erkenntnisse, auf die der Beklagte sich stützen will, erst später ermittelt worden sind. (BSG aaO Rn. 34). Danach ist das Kostensenkungsverfahren vorliegend bezogen auf den streitgegenständlichen Zeitraum nicht wirksam durch die Kostensenkungsaufforderung vom 1. März 2005 eingeleitet worden. Es gibt auch keine durchgreifenden Anhaltspunkte dafür, dass der Kläger auch ohne Kostensenkungsaufforderung eindeutig und zweifelsfrei über das Ausmaß der angemessenen Unterkunftskosten für einen Einpersonenhaushalt aus Sicht des Beklagten informiert war, so dass das Kostensenkungsverfahren nicht entbehrlich war. Zwar ist zu konzedieren, dass der Kläger die Entwicklung der Verwaltungspraxis und der Rechtsprechung zur Angemessenheit der Unterkunftskosten in F aufmerksam verfolgt und auch mitprägt. Gleichwohl kann nicht ohne Weiteres unterstellt werden, dass ihm die vom Beklagten für angemessen erachteten Werte zeitnah bekannt sind, ohne dass diese in einem an ihn gerichteten Bescheid oder ein sonstiges Schreiben des Beklagten wiedergegeben werden. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass ihm die Werte des Unterkunftskostenkonzepts des Beklagten vom 18. Juli 2011 für einen 1 Personenhaushalt spätestens mit Erhalt des Bescheids vom 20. Oktober 2011, mit dem für August und September 2011 bereits der danach ermittelte Wert von 301,- EUR berücksichtigt wurde, bekannt waren. Ob dies ausreicht, um dann im Zusammenwirken mit der unzureichenden Kostensenkungsaufforderung vom März 2005 eine 6 monatige Übergangsfrist gemäß § 22 Abs. 1 Satz 3 SGB II in Gang zu setzen, bedarf hier keiner Vertiefung, denn der streitgegenständliche Zeitraum läge dann immer noch innerhalb einer fiktiven Übergangsfrist von 6 Monaten. Der Kläger hat aber auch unabhängig von dem fehlenden Kostensenkungsverfahren Anspruch auf Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten im streitgegenständlichen Zeitraum. Das von dem Beklagten genutzte Konzept zur Ermittlung der angemessenen Unterkunftskosten in seinem Gebiet, welches durch das Institut W. und U. GmbH (IWU) am 18. Juli 2011 erstellt wurde, wird den oben genannten Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept für die hier im Streit stehende Haushaltsgröße nicht gerecht. Das Sozialgericht hat jedenfalls zutreffend entschieden, dass dieses Konzept für 1-Personenhaushalte die abstrakt angemessenen und verfügbaren Wohnungen auf dem F Wohnungsmarkt nicht richtig ermittelt, weil es auch abstrakt unzumutbare Wohnungen in Form von WG-Zimmern bei Ermittlung der Unterkunftskosten für diese Haushaltsgröße mit einbezieht. Zutreffend hat das Sozialgericht entschieden, dass bereits die erhebliche Aufgabe der Privatsphäre, die mit der Wohnform WG einhergeht, einer Einbeziehung dieser Wohnformen in die Ermittlung der abstrakt angemessenen Unterkunftskosten entgegensteht. Dem steht nicht entgegen, dass das Wohnen in Wohngemeinschaften gerade unter jungen Menschen, insbesondere Studierenden, beliebt ist und daher gerade an dem Hochschulstandort F ebenso wie an anderen Hochschulstandorten die Wohnlandschaft mitprägt. Zu unterscheiden ist aber die freiwillige Entscheidung einzelner Personen für eine gemeinschaftliche Wohnform, die dann mit einem Weniger an individueller Privatsphäre einhergeht, und die abstrakte Zumutbarkeit von Wohnformen im Rahmen des Grundsicherungsrechts. Bei Ermittlung grundsicherungsrechtlich angemessener Unterkunftskosten können nur Wohnungen berücksichtigt werden, die der Gesamtheit der Grundsicherungsempfänger jedenfalls abstrakt zumutbar sind. Die individuelle Entscheidung einzelner Personen, in der Regel jüngerer Menschen, für eine gemeinschaftliche Wohnform kann dabei nicht im Rahmen der abstrakten Angemessenheit fremdbestimmt auf alle Grundsicherungsempfänger übertragen werden. Längst nicht alle suchen eine gemeinschaftliche Wohnform und sind bereit, Privatsphäre aufzugeben. Viele dürften auch persönlich für ein Leben in einer Wohngemeinschaft nicht geeignet sein, erfordert dies doch ein erhöhtes Maß an Kompromissbereitschaft und Teamfähigkeit im Alltag. Bereits aus diesem Grund erfüllt der grundsicherungsrelevante Mietspiegel der IWU vom 18. Juli 2011 für 1 Personenhaushalte nicht die Anforderungen der höchstrichterlichen Rechtsprechung an ein schlüssiges Konzept. Ob der grundsicherungsrelevante Mietspiegel vom 18. Juli 2011 im Übrigen die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept erfüllt, bedarf keiner weiteren Vertiefung. Durch die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts vom 30. Januar 2019 ist nämlich zwischenzeitlich geklärt, dass die Gerichte nicht befugt sind, anstelle der Grundsicherungsträger ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung angemessenen Unterkunftskosten zu erstellen. Daran hat das Bundessozialgericht auch in jüngster Rechtsprechung festgehalten und erneut ausgeführt, dass es nicht Aufgabe der Gerichte ist, ein unschlüssiges Konzept schlüssig zu machen. (Urteil vom 17. September 2020, B 4 AS 11/20 R, zitiert nach dem Terminbericht Nr. 30/20 des BSG). Durch nachträgliche Rechtsprechung ist daher geklärt, dass das Sozialgericht nicht berechtigt war, dass von dem Beklagten angewandte Konzept durch Modifikation der dort angestellten Berechnungen aus seiner gerichtlichen Sicht schlüssig zu machen. Führt die gerichtliche Kontrolle vielmehr zur Beanstandung des schlüssigen Konzepts, so ist dem Leistungsträger zunächst Gelegenheit zur Stellungnahme und zur Nachbesserung zu geben (vgl. BSG, Urteil vom 30. Januar 2019 – B 14 AS 24/18 R). Diese höchstrichterlich vorgesehene Vorgehensweise war dem Sozialgericht bei Abfassung seiner Urteile naturgemäß noch nicht bekannt, so dass seine Verfahrensweise aus damaliger Sicht nicht zu beanstanden ist. Auch ungeachtet des fehlenden Kostensenkungsverfahrens wäre es aber auch im anhängigen Berufungsverfahren entbehrlich, dem Beklagten, bzw. der Stadt F noch einmal explizit Gelegenheit zur Nachbesserung des Konzeptes zu geben. Dem Beklagten ist durch die hier angefochtenen Urteile des Sozialgerichts Schleswig und dessen Urteil im Parallelverfahren S 24 AS 232/15 seit langem bekannt, dass es kammerübergreifende gerichtliche Einwendungen gegen sein Unterkunftskonzept in Hinblick auf Einpersonenhaushalte gibt. Gleichwohl hat der Beklagte keinerlei Bemühungen unternommen, sein Konzept in Bezug auf Einpersonenhaushalte nachzubessern. Vielmehr hat er durch Erhebung der Anschlussberufung in den vorliegenden Verfahren klar zu erkennen gegeben, dass er an der von dem Sozialgereicht beanstandeten Methode zur Bestimmung angemessener Unterkunftskosten für einen 1-Personenhaushalt im streitgegenständlichen Zeitraum festhält. Da der grundsicherungsrelevante Mietspiegel des Beklagten die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung nicht erfüllt, hat der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum einen Anspruch auf Berücksichtigung seiner tatsächlichen Unterkunftskosten, begrenzt auf die sich aus § 12 WoGG ergebenden Werte zuzüglich eines Sicherheitszuschlages von 10 %. Die tatsächlichen Unterkunftskosten des Klägers lagen hier aber deutlich unter den Werten nach § 12 WoGG. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 SGG und folgt der Entscheidung in der Hauptsache. Gründe für die Zulassung der Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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