L 1 BA 24/18

Land
Sachsen-Anhalt
Sozialgericht
LSG Sachsen-Anhalt
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dessau-Roßlau (SAN)
Aktenzeichen
S 25 R 602/10
Datum
2. Instanz
LSG Sachsen-Anhalt
Aktenzeichen
L 1 BA 24/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 22. Mai 2014 sowie der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2010 werden aufgehoben.

Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 4.785,28 EUR festgesetzt.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Klägerin wendet sich gegen für die Zeit vom 4. Juli 2008 bis 31. Oktober 2009. Zwischen den Beteiligten sind die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung vom 4. Juli 2008 bis zum 31. Oktober 2009 sowie die Nachforderung von Sozialversicherungsbeiträgen i.H.v. 4.785,28 EUR streitig.

Die Klägerin ist Rechtsnachfolgerin der zum 31. Dezember 2010 aufgelösten Verwaltungsgemeinschaft E.-F. im Landkreis W. in Sachsen-Anhalt, deren Mitglied die Stadt Z. war. Diese beschäftigte nach Angaben der Klägerin sechs Arbeitnehmer. Am 1. Januar 2011 erfolgte im Zuge einer Gebietsreform die Bildung einer Einheitsgemeinde.

Der Beigeladene zu 1. war nach seiner Wiederwahl ab 4. Juli 2008 zum Bürgermeister der Stadt Z. ernannt worden. Dessen Aufgaben ergaben sich aus der Hauptsatzung vom 29. August 2002, geändert durch die Hauptsatzung vom 24. Oktober 2008. Danach war der Bürgermeister Vorsitzender des Stadtrats (§ 3 Abs. 2). Bestimmte Rechtsgeschäfte durfte er alleine vornehmen (§ 8). Die Zuständigkeit des Verwaltungsamtes der Verwaltungsgemeinschaft E.-F. wurde in einer Gemeinschaftsvereinbarung geregelt (§ 10). Wegen der weiteren Einzelheiten der Hauptsatzungen wird auf Bl. 56, 74 der Gerichtsakte verwiesen.

Der Beigeladene zu 1. erhielt für diese ehrenamtliche Tätigkeit gemäß § 3 Abs. 1 der Entschädigungssatzung für ehrenamtliche tätige Bürger der Stadt Z. vom 11. Dezember 2008 eine pauschale Aufwandsentschädigung i.H.v. 1.200 EUR/Monat. Im Mai 2009 erhielt er wegen längerer Arbeitsunfähigkeit keine Aufwandsentschädigung. Diese wurde dem stellvertretenden Bürgermeister gezahlt, der für den Beigeladenen zu 1. die Amtsgeschäfte wahrnahm.

Die Beklagte führte bei der Stadt Z. in der Zeit vom 9. bis 18. November 2009 eine Betriebsprüfung durch. Mit Anhörungsschreiben vom 17. November 2009 teilte sie der Stadt Z. mit, dass sie nach § 28p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung (SGB IV) beabsichtige, für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 31. Dezember 2009 Nachforderungen zur Sozialversicherung i.H.v. 4.785,28 EUR zu erheben.

Mit Bescheid vom 15. Dezember 2009 forderte die Beklagte die Stadt Z. zur Zahlung von Nachforderungen zur Sozialversicherung für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis 31. Oktober 2009 i.H.v. 4.785,28 EUR auf. Der Beigeladene zu 1. nehme in seiner Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt Z. neben Repräsentationsaufgaben auch dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahr und erhalte hierfür eine Aufwandsentschädigung. Damit sei er ab 4. Juli 2008 abhängig beschäftigt und unterliege der Versicherungspflicht in der Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung. Dabei legte die Beklagte der Beitragserhebung ein beitragspflichtiges Entgelt von 800 EUR/Monat zugrunde. Ein Drittel der gewährten Aufwandsentschädigung sei steuerfrei und somit nicht beitragspflichtiges Entgelt.

In dem hiergegen erhobenen Widerspruch machte die Stadt Z. geltend, wegen Verstoßes gegen § 24 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) und gegen das Begründungserfordernis des § 35 SGB X sei der Bescheid vom 15. Dezember 2009 schon formell fehlerhaft. Er sei auch materiell rechtswidrig, da der Beigeladene zu 1. in keinem Beschäftigungsverhältnis stehe. Diesem oblägen im Rahmen seiner Amtsführung ausschließlich Repräsentations-, Leitungs- und Entscheidungsaufgaben, die nicht als Verwaltungstätigkeiten anzusehen seien. Zudem bestehe keine Weisungsgebundenheit. Darüber hinaus sei die Höhe der Beitragsforderung nicht zutreffend. Zumindest der Teil des Aufwendungsersatzes, der ein Entgelt für repräsentative Tätigkeiten darstelle, könne nicht Grundlage für eine Beitragspflicht sein.

Die Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 25. November 2010 als unbegründet zurück. Es seien keine Gründe ersichtlich, weshalb die vom Bundessozialgericht (BSG) in ständiger Rechtsprechung aufgestellten Grundsätze einer abhängigen Beschäftigung des ehrenamtlichen Bürgermeisters nicht auch für die ehrenamtlichen Bürgermeister in Sachsen-Anhalt gelten sollten. Es komme nicht darauf an, welcher Anteil der Verwaltungsaufgaben keine Repräsentationsaufgaben enthalte. Die Nachforderung von Beiträgen für den Beigeladenen zu 1. sei rechtmäßig.

Hiergegen hat sich die Stadt Z. mit der am 28. Dezember 2010 beim Sozialgericht Dessau-Roßlau erhobenen Klage gewendet. Sie hat im Wesentlichen ihr Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren wiederholt. Der Aufgabenbereich des ehrenamtlichen Bürgermeisters sei in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich geregelt. Ein ehrenamtlich tätiger Bürgermeister in Sachsen-Anhalt sei nicht zur weisungsgebundenen Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet. Sofern Verwaltungstätigkeiten wahrzunehmen seien, prägten diese dessen Tätigkeit nicht. Bei den in der Hauptsatzung der Stadt Z. benannten Tätigkeiten handele es sich um allenfalls theoretisch mögliche Aufgaben. Diese seien im streitbefangenen Zeitraum jedoch nicht vom Beigeladenen zu 1. wahrgenommen worden. Vielmehr seien sie auf die Verwaltungsgemeinschaft übertragen worden. In Angelegenheiten der Verwaltungsgemeinschaft habe nicht der einzelne Bürgermeister ein "Weisungsrecht", sondern der Gemeinschaftsausschuss als Organ der Verwaltungsgemeinschaft. Der ehrenamtliche Bürgermeister sei damit auch nicht Dienstvorgesetzter des Verwaltungsamtsleiters und nehme darüber hinaus keine Arbeitgeberfunktion wahr. Ferner sei die Ausübung des Ehrenamtes unentgeltlich gewesen. Dem Beigeladenen zu 1. sei lediglich eine Aufwandsentschädigung zum Ausgleich seiner finanziellen Zusatzbelastungen gezahlt worden. Es handele sich nicht um Arbeitsentgelt. Auch nach dem Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 29. August 2012 (10 AZR 499/11) werde durch die Ausübung einer ehrenamtlichen Tätigkeit kein Arbeitsverhältnis begründet.

Die Beklagte ist der Auffassung gewesen, der Beigeladene zu 1. habe bereits keine unentgeltliche, ehrenamtlich-karitative Arbeit verrichtet. Bei dem angeführten Urteil des BAG habe es sich um eine Einzelfallentscheidung gehandelt. Darüber hinaus sei der (sozialversicherungsrechtliche) Begriff des Beschäftigungsverhältnisses weitergehend als der (arbeitsrechtliche) Begriff des Arbeitsverhältnisses.

Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 22. Mai 2014 abgewiesen. Die Feststellung der Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. im Zeitraum vom 4. Juli 2008 bis 31. Oktober 2009 in der Kranken- und Rentenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung sei nicht zu beanstanden. Einer Versicherungspflicht des ehrenamtlichen Bürgermeisters stehe nicht dessen Stellung als Ehrenbeamter im Sinne des Beamtengesetzes Sachsen-Anhalt (BG LSA) entgegen. Da die Stadt Z. nicht Trägergemeinde der Verwaltungsgemeinschaft E.-F. gewesen sei, sei deren Bürgermeister auch nicht Beamter auf Zeit und damit versicherungsfrei in der Rentenversicherung gewesen. Dies ergebe sich bereits daraus, dass der Beigeladene zu 1. nicht der Leiter des gemeinsamen Verwaltungsamts gewesen sei. Hinsichtlich der Einordnung des ehrenamtlichen Bürgermeisters als Beschäftigter nach § 7 Abs. 1 SGB IV verweise die Kammer auf die Entscheidung des Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt vom 17. Mai 2010 (L 3 R 18/10 B ER). Die Beklagte habe zutreffend nur 2/3 der Aufwandsentschädigung als steuer- und damit als beitragspflichtig festgestellt.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 25. Juni 2014 zugestellte Urteil am 24. Juli 2014 Berufung beim Landessozialgerichts Sachsen-Anhalt eingelegt. Sie hat vorgetragen, ein ehrenamtlicher Bürgermeister in Sachsen-Anhalt sei nicht zur weisungsgebundenen Wahrnehmung von Verwaltungsaufgaben verpflichtet. Die Stadt Z. als Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft habe über keine eigene Verwaltung verfügt. In Sachsen-Anhalt würden in Mitgliedsgemeinden einer Verwaltungsgemeinschaft - mit Ausnahme der Trägergemeinde mit einem hauptamtlichen Bürgermeister - die Aufgaben der Gemeindeverwaltung ausschließlich vom gemeinsamen Verwaltungsamt erledigt. Der ehrenamtliche Bürgermeister erfülle primär Repräsentationsaufgaben und sei nicht Leiter einer Verwaltung. Die - wenn überhaupt - nur in einem geringen Umfang verrichteten Verwaltungstätigkeiten seien nicht prägend für dessen Tätigkeit. Bei der verbliebenen (möglichen) Verwaltungskompetenz für Geschäfte der laufenden Verwaltung handele sich lediglich um eine "Geschäftsführungsmöglichkeit" für Notlagen. Solche Verrichtungen seien im streitbefangenen Zeitraum von dem Beigeladenen zu 1. auch nicht wahrgenommen worden. Ebenfalls sei die Beschäftigung von sechs Mitarbeitern bei der Gemeinde nicht geeignet, eine Sozialversicherungspflicht zu begründen. Der ehrenamtliche Bürgermeister habe kein arbeitsrechtliches Direktionsrecht gehabt, er sei lediglich "an Recht und Gesetz gebunden" gewesen. Ehrenamtliche Bürgermeister verfügten auch nach dem Erlass des Ministeriums für Inneres und Sport (MI LSA) vom 21. Juli 2016 "Beschäftigte im Sinne des KVG LSA" nicht über einen Beschäftigtenstatus. Auch eine Erwerbserzielungsabsicht sei in Bezug auf den Beigeladenen zu 1. nicht gegeben. Die vom BSG in dem Urteil vom 16. August 2017 (B 12 KR 14/16 R) entwickelten Grundsätze für einen Kreishandwerksmeister seien auch für den Beigeladenen zu 1. anwendbar.

Die Klägerin beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 22. Mai 2014 und den Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2010 aufzuheben.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend. Die vom BSG im Urteil vom 25. Januar 2006 (B 12 KR 12/05 R) aufgestellten Grundsätze gälten auch für die ehrenamtlichen Bürgermeister in Sachsen-Anhalt. Der Beigeladene zu 1. habe nicht lediglich Repräsentationsaufgaben wahrgenommen. Das Urteil des BSG vom 16. August 2017 (B 12 KR 14/16 R) gelte nur für die funktionelle Selbstverwaltung und sei nicht auf ehrenamtliche Organtätigkeiten in der kommunalen Selbstverwaltung anzuwenden. Es hätte nämlich einer ausdrücklichen Klarstellung bedurft, wenn das BSG von seiner bisherigen Rechtsprechung hätte abrücken wollen. Ferner wäre ein Hinweis erforderlich gewesen, ab welchem Zeitpunkt eine Änderung zu beachten sei. Da die Aufgaben ehrenamtlicher und hauptamtlicher Bürgermeister sich nicht grundsätzlich unterschieden, stellten diese kein Kriterium gegen die Annahme einer Beschäftigung dar. Zudem sei mit der Organstellung ein Wahlbeamtenstatus verbunden, sodass beamtenrechtliche Regelungen anzuwenden seien. Auch die landes- und kommunalrechtlichen Entschädigungsregelungen sprächen für eine Entgeltlichkeit (Aufwandentschädigung abhängig vom Aufwand, Fortzahlung der Aufwandsentschädigung bei Verhinderung bis zu zwei Jahre, jährliche Sonderzahlungen, Beihilfen bei der Entlassung). Es bestehe auch außer dem passiven Wahlrecht keine Zugangsbeschränkung bei der Organbesetzung in der kommunalen Selbstverwaltung.

Die Beigeladenen haben keine Anträge gestellt.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der Verwaltungsakte der Beklagten ergänzend verwiesen. Diese sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen.

Entscheidungsgründe:

I.

Die Berufung der Klägerin ist form- und fristgerecht nach § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erhoben. Sie ist auch statthaft gemäß §§ 143, 144 SGG.

Die Klägerin ist Beteiligte gemäß § 69 Nr. 1 SGG. Denn sie ist Rechtsnachfolgerin der zum 31. Dezember 2010 aufgelösten Verwaltungsgemeinschaft E.-F., deren Mitglied die Stadt Z. war.

II.

Die Berufung ist auch begründet, da der angegriffene Bescheid der Beklagten rechtswidrig und die Klägerin hierdurch in ihren Rechten verletzt ist (§§ 153 Abs. 1, 54 Abs. 2 Satz 1 SGG). Das Sozialgericht hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Beigeladene zu 1. stand im Zeitraum vom 4. Juli 2008 bis 31. Oktober 2009 nicht in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis zur Stadt Z ... Er unterlag damit nicht einer Versicherungspflicht in der gesetzlichen Kranken- und Rentenversicherung sowie der sozialen Pflegeversicherung.

1.

Der Bescheid der Beklagten vom 15. Dezember 2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25. November 2010 ist formell rechtmäßig.

Die Beklagte hat die Stadt Z. ordnungsgemäß mit Schreiben vom 17. November 2009 nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört. Es besteht insoweit auch kein Verstoß gegen das Begründungserfordernis gemäß § 35 Abs. 1 SGB X. In dem Bescheid vom 15. Dezember 2009 wurden die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitgeteilt, die die Beklagte zu ihrer Entscheidung bewogen hatten.

2.

Der angefochtene Bescheid ist jedoch materiell rechtswidrig.

a.

Im Rahmen der Betriebsprüfung konnte die Beklagte gemäß § 28p Abs. 1 S. 5 SGB IV durch Verwaltungsakt gegenüber der Stadt Z. über die Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in den verschiedenen Zweigen der Sozialversicherung entscheiden.

Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Krankenversicherung (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz 1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch - Gesetzliche Rentenversicherung (SGB VI) und in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 Elftes Buch Sozialgesetzbuch - Soziale Pflegeversicherung (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte Personen. Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer (abhängigen) Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV in seiner bis heute unverändert geltenden Fassung. Danach ist Beschäftigung die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis (§ 7 Abs. 1 Satz 1 SGB IV).

Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Dem gegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Arbeitsleistung und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteile vom 25. Januar 2006, B 12 KR 30/04 R, und vom 18. November 2015, B 12 KR 16/13 R, (16); zur Verfassungsmäßigkeit dieser Abgrenzung vgl. Bundesverfassungsgericht (BVerfG), Beschluss vom 20. Mai 1996, 1 BvR 21/96, (7)).

b.

Der Beigeladene zu 1. war gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 der Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt (GO LSA) als Bürgermeister der Mitgliedsgemeinde einer Verwaltungsgemeinschaft Ehrenbeamter auf Zeit.

Diese Stellung als Ehrenbeamter gemäß § 5 Abs. 3 BG LSA in der bis zum 31. Januar 2010 geltenden Fassung steht einer Versicherungspflicht des Beigeladenen zu 1. in der gesetzlichen Kranken-, Renten- sowie der sozialen Pflegeversicherung zunächst nicht entgegen (vgl. im Ergebnis auch BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, a.a.O.). Versicherungsfrei in der gesetzlichen Rentenversicherung sind nämlich Beamte auf Lebenszeit, auf Zeit und auf Probe nur in Beschäftigungen, auf die die Gewährleistung einer Versorgungsanwartschaft erstreckt wird (§ 5 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 SGB VI). Eine Versicherungsfreiheit in der gesetzlichen Krankenversicherung setzt einen Anspruch bei Krankheit auf Fortzahlung der Bezüge und auf Beihilfe oder Heilfürsorge nach beamtenrechtlichen Vorschriften oder Grundsätzen voraus (§ 6 Abs.1 Nr. 2 SGB V). Sind diese Voraussetzungen erfüllt, hat der Arbeitgeber auch keine Beiträge zur sozialen Pflegeversicherung abzuführen.

Einen solchen Anspruch auf Versorgung, Beihilfe oder Heilfürsorge hatten Ehrenbeamte in Sachsen-Anhalt nach § 109 Abs. 1 Nr. 2 i.V.m. §§ 83 ff. BG LSA jedoch nicht.

c.

Nach der bisherigen Rechtsprechung des BSG haben Ehrenbeamte in einer abhängigen Beschäftigung von § 7 Abs. 1 SGB IV gestanden, wenn sie dem allgemeinen Erwerbsleben zugängliche Verwaltungsaufgaben wahrgenommen und hierfür eine den tatsächlichen Aufwand übersteigende pauschale Aufwandsentschädigung erhalten haben (BSG, Urteile vom 27. März 1980, 12 RK 56/78, vom 23. September 1980, 12 RK 41/79, vom 23. Juli 1998, B 11 AL 3/98 R, vom 25. Januar 2006, B 12 KR 12/05 R, und vom 4. April 2006, B 12 KR 76/05 B). Danach hat neben dem Rechtsverhältnis als Ehrenbeamter weder dessen Rechtsstellung als Organ oder als Mitglied eines Organs einer juristischen Person des öffentlichen Rechts mit eigenen gesetzlichen Befugnissen noch die Zahlung einer pauschalen Aufwandsentschädigung ohne Bezug zu einem konkreten Verdienstausfall die Annahme einer versicherungspflichtigen und beitragspflichtigen Beschäftigung ausgeschlossen. Die Frage, ob der ehrenamtliche Bürgermeister in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis steht, war in einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung der Ausgestaltung des Ehrenamts in der jeweiligen Kommunalverfassung zu beurteilen (vgl. nur: BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, a.a.O.)

Das BSG hat seine langjährige Rechtsprechung zu einer ehrenamtlichen Betätigung mit Urteil vom 16. August 2017 (B 12 KR 14/16 R) fortentwickelt. Danach führen Aufgaben und Tätigkeiten, die Ausfluss der organschaftlichen Stellung einer ein Ehrenamt ausübenden Person und die auch nicht für jedermann frei zugänglich sind, regelmäßig nicht zu einer persönlichen Abhängigkeit gemäß § 7 Abs. 1 SGB IV. Zudem müssen die ehrenamtlichen Tätigkeiten nicht auf reine Repräsentationsaufgaben beschränkt sein, um als sozialversicherungsfrei zu gelten. Vielmehr erhalten sie ihr Gepräge durch ihre ideellen Zwecke und die Unentgeltlichkeit. Somit hat das BSG ein Beschäftigungsverhältnis des ehrenamtlich tätigen Kreishandwerksmeister zur Kreishandwerkerschaft verneint. Dieser sei nicht weisungsgebunden und nicht in deren Arbeitsorganisation eingebunden gewesen. Dabei sei unerheblich, dass sich die Tätigkeit des Kreishandwerksmeisters nicht auf reine Repräsentationsaufgaben beschränkt habe. Entscheidend sei vielmehr, dass dieser sein ehrenamtliches Engagement nicht um einer finanziellen Gegenleistung willen erbracht habe.

Entgegen der Auffassung der Beklagten hält der Senat diese Rechtsprechung nicht nur für die Fälle der funktionellen Selbstverwaltung, sondern auch auf die ehrenamtlichen Organtätigkeiten in der kommunalen Selbstverwaltung für anwendbar. Entscheidend ist in beiden Fällen, dass die Tätigkeit im Rahmen eines Ehrenamts mit lediglich pauschalem Aufwendungsersatz ausgeübt wird.

Auch die weiteren Argumente der Beklagten gegen die Anwendung der weiterentwickelten Rechtsprechung des BSG auf den vorliegenden Fall überzeugen nicht.

Es kann dahinstehen, ob es einer "ausdrücklichen Klarstellung" bedarf, wenn ein Gericht seine bisherige Rechtsprechung ändern will. Denn das Urteil vom 16. August 2017 enthält unmissverständlich den Hinweis auf eine Fortentwicklung der Grundsätze der Rechtsprechung des BSG (a.a.O., (26)).

Ferner war auch seitens des BSG kein Hinweis erforderlich, ab welchem Zeitpunkt die fortentwickelte Rechtsauffassung gelten soll. Entscheidend ist allein, ob sich aus der bundesgerichtlichen Rechtsprechung eine auch den erkennenden Senat überzeugende (neue) Rechtsauslegung für die Beurteilung eines - ggf. in der Vergangenheit liegenden - konkreten Einzelfalls ergibt. Dies war hier der Fall. Das BSG hat diese fortentwickelte Rechtsauffassung für den Zeitraum von 2006 bis 2009 zugrunde gelegt.

Die Beklagte kann sich auch nicht darauf berufen, dass eine modifizierte Rechtsprechung nur auf künftige Fälle anwendbar sein könne. Es gehört zu den anerkannten Aufgaben der Gerichte, aufgestellte Rechtsgrundsätze bei Erforderlichkeit weiterzuentwickeln. Höchstrichterliche Rechtsprechung schafft kein Gesetzesrecht und erzeugt damit keine damit vergleichbare Rechtsbindung. Kein Prozessbevollmächtigter kann daher darauf vertrauen, das Gericht werde stets an einer bestimmten Rechtsauffassung festhalten (BVerfG, Nichtannahmebeschluss vom 5. November 2015, 1 BvR 1667/15).

d.

Zur Überzeugung des Senats war die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Bürgermeister der Stadt Z. keine versicherungspflichtige Beschäftigung. Dieser hatte sein ehrenamtliches Engagement nicht um einer finanziellen Gegenleistung willen erbracht.

a.a.

Der ehrenamtliche Bürgermeister ist ein Organ (§ 35 GO LSA) der kommunalen Selbstverwaltung. Zur Erfüllung seiner Aufgaben vertritt und repräsentiert er die Gemeinde (§ 57 Abs. 2 GO LSA).

Nach der Ausgestaltung seines Amtes in der GO LSA war der Beigeladene zu 1. im streitgegenständlichen Zeitraum auch zur Wahrnehmung weisungsgebundener Verwaltungsaufgaben verpflichtet. § 44 Abs. 4 GO LSA normiert ausdrücklich, dass der Gemeinderat Dienstvorgesetzter, höherer Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde des Bürgermeisters ist.

Darüber hinaus nimmt dieser Aufgaben der Verwaltung war. So hat er etwa den Gemeinderat einzuberufen (§ 51 Abs. 1 S. 2 GO LSA), die Sitzungen zu leiten (§ 55 Abs. 1 S. 1 GO LSA), das Sitzungsprotokoll zu unterschreiben (§ 55 Abs. 1 S. 3 GO LSA). Erklärungen, durch welche die Gemeinde verpflichtet werden soll, bedürfen der handschriftlichen Unterzeichnung durch den Bürgermeister (§ 70 Abs. 1 S. 2 GO LSA). Der ehrenamtliche Bürgermeister ist nach §§ 47 Abs. 2, 48 Abs. 4 GO LSA auch in der Regel Vorsitzender der beschließenden und beratenden Ausschüsse. Er ist nach § 63 Abs. 1 und 4 GO LSA für die sachgemäße Erledigung der Aufgaben und den ordnungsgemäßen Gang der Verwaltung verantwortlich. Aufgaben des übertragenen Wirkungskreises erledigt der Bürgermeister in eigener Zuständigkeit, soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist. Darüber hinaus ist er Vorgesetzter, Dienstvorgesetzter, höherer Dienstvorgesetzter und oberste Dienstbehörde der Beigeordneten, Beamten, Angestellten und Arbeiter der Gemeinde (§ 63 Abs. 5 GO LSA).

Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass die Stadt Z. im streitgegenständlichen Zeitraum Mitglied in der Verwaltungsgemeinschaft E.-F. war. Denn bei der Stadt Z. und damit auch bei dem Beigeladenen zu 1. verblieben noch eigene Verwaltungsaufgaben. Hinsichtlich der bestehenden Arbeitsverhältnisse blieb er Vorgesetzter der sechs Angestellten und Arbeiter der Gemeinde. Er war damit auch zuständig für Personalangelegenheiten der Stadt Z ... Ferner hatte er die übertragenen Aufgaben zu überwachen (BSG, Urteil vom 25. Januar 2006, a.a.O., (17)). Zudem hatte der ehrenamtliche Bürgermeister ein Weisungsrecht gegenüber der Verwaltungsgemeinschaft. Diese erledigte gemäß § 77 Abs. 7 GO LSA - neben den Aufgaben des übertragenen und des eigenen Wirkungskreises - die übrigen Aufgaben für die Mitgliedsgemeinden nach deren Weisung. Die Mitgliedsgemeinde blieb im Grundsatz daher örtlich und sachlich zuständig. Dem ehrenamtlichen Bürgermeister oblag damit weiterhin die oben beschriebene Aufgabe als Leiter der Gemeindeverwaltung.

Es kann hier offenbleiben, in welchem Umfang der Beigeladene zu 1. im streitgegenständlichen Zeitraum neben den Repräsentationsaufgaben auch die o.g. Verwaltungsaufgaben tatsächlich wahrgenommen hatte. Denn auch dann hätte keine persönliche Abhängigkeit vorgelegen, weil die ihm übertragenen Aufgaben allein auf der organschaftlichen Stellung des ehrenamtlichen Bürgermeisters beruhten. Es ist von der Beklagten weder behauptet worden noch bestehen für den Senat Anhaltspunkte, dass der Beigeladene zu 1. Aufgaben verrichtet hätte, die über die gemeinnützige Tätigkeit hinausgegangen wären und die sich daher als zu entlohnende Erwerbstätigkeit darstellten.

bb.

Die Aufgaben des ehrenamtlichen Bürgermeisters waren auch nicht für jedermann frei zugänglich. Insoweit ist nicht der Beklagten zu folgen, wonach keine Zugangsbeschränkung bei der Organbesetzung in der kommunalen Selbstverwaltung bestehe, außer dem passiven Wahlrecht. Denn die Aufgaben konnten nur von einem gewählten Bürgermeister verrichtet werden. Der Beigeladene zu 1. - und nur er - war dazu durch seine Wahl zum ehrenamtlichen Bürgermeister der Stadt Z. ab 4. Juli 2008 legitimiert worden.

cc.

Die Tätigkeit des Beigeladenen zu 1. als ehrenamtlicher Bürgermeister erfolgte auch unentgeltlich.

Nach der Rechtsprechung des BSG ist zwar die Entgeltlichkeit kein zwingendes Kriterium, jedoch ist sie typisch für eine abhängige Beschäftigung. In der Regel wird eine Gegenleistung für geleistete Arbeit gewährt. Die Unentgeltlichkeit bei Ehrenämtern ist hingegen Ausdruck dafür, dass bei der im Rahmen ideeller Zwecke "geleisteten Arbeit" keine maßgebliche Erwerbsabsicht im Vordergrund steht. Sofern finanzielle Zuwendungen erfolgen, schließen diese die Unentgeltlichkeit des ehrenamtlichen Engagements nicht prinzipiell aus. Sie sind insbesondere unschädlich, wenn sie in Form von Aufwendungsersatz konkreter oder pauschal berechneter Aufwände geleistet werden. Daher ist entscheidend, was vom ehrenamtlich Tätigen im konkreten Fall normativ oder mangels rechtlicher Regelung nach allgemeiner Verkehrsanschauung - von Aufwandsentschädigung und Aufwendungsersatz abgesehen - ohne Entlohnung seiner Arbeitskraft erwartet werden kann. Die Verrichtung von Tätigkeiten zur Verfolgung eines ideellen Zwecks und ohne Erwerbsabsicht muss dabei objektiv erkennbar vorliegen (BSG, Urteil vom 16. August 2017, a.a.O.).

Der Beigeladene zu 1. übte die Tätigkeit als ehrenamtlicher Bürgermeister zur Überzeugung des Senats unentgeltlich und ohne objektivierbare Erwerbsabsicht aus.

Dem steht die pauschale Aufwandsentschädigung i.H.v. 1.200 EUR monatlich nicht entgegen. Aufwandsentschädigungen sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) weder Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts noch Entgelt. Sie sollen nur den besonderen Aufwand ausgleichen, der dem ehrenamtlich Tätigen entsteht, d. h. grundsätzlich die mit der unentgeltlichen Dienstleistung verbundenen Beschwernisse und finanziellen Einbußen pauschal ausgleichen. Ihnen liegt allein der Gedanke der Unkostenerstattung zugrunde (BVerwG, Urteile vom 10. März 1994, 2 C 11.93, vom 2. März 1995, 2 C 17.94, und vom 11. Januar 2001, A 2 S 407/98; vgl. auch: BAG, Urteil vom 29. August 2010, 10 AZR 499/11 - die Ausübung einer unentgeltlichen ehrenamtlichen Tätigkeit spricht gegen eine Arbeitnehmereigenschaft).

§ 33 Abs. 2 S. 2 GO LSA stellt dabei klar, dass mit der Gewährung einer Aufwandsentschädigung der Anspruch auf Auslagenersatz - mit Ausnahme der Kosten für bestimmte Dienstreisen sowie der zusätzlichen Kosten für die Betreuung von Kindern und Pflegebedürftigen - abgegolten ist. Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf der Landesregierung sollen diese Aufwandsentschädigungen keinen Gehaltscharakter haben, sondern Ersatz für den Zeit- und finanziellen Aufwand im Rahmen der ehrenamtlichen Tätigkeit sein (Landtagsdrucksache 2/2379 vom 13. Juni 1996). Mit der gewährten Aufwandsentschädigung wurde damit kein "Entgelt" für Arbeitsleistungen abgegolten.

Auch die Höhe der Aufwandsentschädigung lässt nicht den Schluss zu, dass diese eine Gegenleistung für die Dienste des Beigeladenen zu 1. darstellte. Vielmehr wurde sie unabhängig vom Umfang der Tätigkeit bzw. der aufgewendeten Zeit gewährt. Deren Bestimmung bewegte sich im Rahmen der öffentlich-rechtlichen Vorschriften. Die Höhe der Aufwandsentschädigung bestimmte sich nach § 33 Abs. 2 S. 1 GO LSA. Danach können ehrenamtlich Tätigen angemessene Aufwandsentschädigungen nach Maßgabe einer Satzung gewährt werden. Gemäß § 3 Abs. 1 der Entschädigungssatzung für ehrenamtliche tätige Bürger der Stadt Z. vom 11. Dezember 2008 wurde dem ehrenamtlichen Bürgermeister eine pauschale Aufwandsentschädigung i.H.v. 1.200 EUR/Monat gewährt.

Der Senat ist auch unter Berücksichtigung der der Aufwandsentschädigung zugrunde liegenden Berechnungsgrundlage zu der Überzeugung gelangt, dass es sich um keine versteckte Lohnzahlung handelte. Denn die Entschädigungssatzung vom 11. Dezember 2008 beruhte auf dem Runderlass des Ministeriums für Inneres vom 1. Dezember 2004 - 31.21-10041. Die dort vorgegebenen Werte richteten sich ausschließlich nach der Einwohnerzahl der Gemeinde. Die Auffassung der Beklagten, die Aufwandsentschädigung sei abhängig vom konkreten Aufwand für das Ehrenamt gewesen, ist im vorliegenden Fall also unzutreffend.

dd.

Soweit die Beklagte des Weiteren meint, die landes- und kommunalrechtlichen Entschädigungsregelungen sprächen für eine Entgeltlichkeit der Aufwandentschädigung, kann der Senat dem ebenfalls nicht folgen. Für den Beigeladenen zu 1. bestanden weder ein Fortzahlungsanspruch bei Verhinderung bis zu zwei Jahren noch ein Anspruch auf jährliche Sonderzahlungen oder Beihilfen bei der Entlassung.

Als Ehrenbeamter (nicht: Wahlbeamter) gemäß § 5 Abs. 3 BG LSA standen dem Beigeladenen zu 1. keine einem Arbeitnehmer vergleichbaren Sozialversicherungsleistungen zu: Er hatte keinen Anspruch auf Versorgung wie bei einem Wahlbeamten oder einem Beamten auf Lebenszeit (§ 109 Abs. 1 i.V.m. § 85 BG LSA). Ein Übergangsgeld bei der Entlassung stand ihm nicht zu (§§ 47, 47a des Gesetzes über die Versorgung der Beamten und Richter des Bundes (BeamtVG)). Er erhielt auch keine jährlichen Sonderzahlungen. Bei nicht ununterbrochener Ausübung der Tätigkeit länger als einen Monat entfiel gemäß § 4 der Entschädigungssatzung der Stadt Z. der Anspruch auf Zahlung Aufwandsentschädigung - umgesetzt im Mai 2009.

Lediglich für den Fall eines Dienstunfalls waren Ansprüche auf Heilverfahren und - im Ermessenswege - auf Ersatz von Sachschäden oder ein nach billigem Ermessen festzusetzender Unterhaltsbeitrag vorgesehen (§ 68 i.V.m. § 32, § 33 BeamtVG). Diese Regelungen haben aber den Charakter einer sozialen Entschädigungs- und nicht einer Sozialversicherungsleistung. Sie sind daher nicht geeignet, einen Status als Arbeitnehmer zu begründen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf 197a Abs. 1 S. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Die Beklagte trägt als unterliegender Teil die Kosten des Verfahrens.

Die Kosten der Beigeladenen sind nicht erstattungsfähig, da diese keine eigenen Anträge gestellt und sich daher auch keinem Kostenrisiko ausgesetzt haben (vgl. § 154 Abs. 3 VwGO; BVerwG, Urteil vom 19. November 2015, 2 A 6/13, BVerwGE 153, 246-254, (35), juris).

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren folgt aus § 63 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG). Es handelt sich um ein gerichtskostenpflichtiges Verfahren nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG. Gegenstand des Berufungsverfahrens ist eine bezifferbare Geldleistung im Sinne von § 52 Abs. 3 GKG.

Die Revision war wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen, § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Die grundsätzliche Bedeutung setzt eine klärungsbedürftige Rechtsfrage voraus. Dies ist hier der Fall. Die Rechtsfrage, ob die vom BSG im Urteil vom 16. August 2017 entwickelten Grundsätze auch im Bereich der kommunalen Selbstverwaltung anwendbar sind, ist bereits Gegenstand des beim BSG anhängigen Revisionsverfahrens B 12 KR 25/19 R.
Rechtskraft
Aus
Saved