L 6 AS 769/16

Land
Hessen
Sozialgericht
Hessisches LSG
Sachgebiet
Grundsicherung für Arbeitsuchende
Abteilung
6
1. Instanz
SG Darmstadt (HES)
Aktenzeichen
S 19 AS 1233/10
Datum
2. Instanz
Hessisches LSG
Aktenzeichen
L 6 AS 769/16
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 8. September 2016 abgeändert. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 542,01 Euro zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II. Der Kläger trägt 39/40, der Beklagte trägt 1/40 der Kosten des Verfahrens in beiden Instanzen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Beklagte dem Kläger zur Erstattung von Leistungen aufgrund eines Frauenhausaufenthalts dreier nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) Leistungsberechtigter verpflichtet ist.

Die 1974 geborene S. [im Folgenden: Frau S.] und ihr 1996 geborener Sohn sowie ihre 2002 geborene Tochter wohnten mit dem damaligen Lebensgefährten von Frau S., Herrn T., in C-Stadt (Landkreis Aschaffenburg).

Nachdem es am 12. Juni 2008 zu Gewalttätigkeiten des Herrn T. gegen Frau S. gekommen war, floh Frau S. mit ihren Kindern von C-Stadt zunächst zu ihrer Schwester in D-Stadt und sodann in das im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gelegene E-Stadt. Dort kam sie ab 14. Juni 2008 zunächst im Stadtteil F-Stadt, F-Straße, bei Bekannten unter.

Am 24. Juni 2008 teilte das Frauenhaus E-Stadt dem Rechtsvorgänger des Beklagten [im Folgenden nur noch: Beklagter genannt] mit, dass es Frau S. und ihre Kinder aufgenommen habe, und ersuchte um Übernahme der Wohnkosten. Tatsächlich kam es aber zu keiner Aufnahme von Frau S. im Frauenhaus E-Stadt. Frau S. wohnte vielmehr weiterhin bei den Bekannten in F-Stadt, wurde aber von den Mitarbeiterinnen des Frauenhauses in E-Stadt betreut. Frau S. äußerte diesen gegenüber den Wunsch, nach G-Stadt bei H-Stadt zu ziehen. Die Mitarbeiterinnen in E-Stadt unterstützten sie und stellten den Kontakt zum Frauenhaus in G-Stadt her (Telefonvermerk des Beklagten über ein Telefonat mit dem Frauenhaus E-Stadt, Frau H., am 7. Oktober 2010, Verwaltungsakte Bekl. [VA] Bl. 532).

Der Beklagte bewilligte Frau S. und ihren Kindern auf ihren Antrag vom 24. Juni 2008 ab 24. Juni 2008 mit Bescheid vom 27. Juni 2008 SGB II-Leistungen zum Lebensunterhalt ohne Kosten der Unterkunft.

Ab dem 15. Juli 2008 mietete Frau S. nach vorheriger Genehmigung durch den Beklagten eine Wohnung in E-Stadt (F-Straße, Gerichtsakte [GA] Bl. 147) an und führte dort Malerarbeiten aus. Der Beklagte änderte die Leistungsbewilligung mit Änderungsbescheid vom 22. Juli 2008 und bewilligte Kosten der Unterkunft ab 15. Juli 2008 und führte diese direkt an den Vermieter ab.

Tatsächlich bezog Frau S. die angemietete Wohnung aber nicht. Stattdessen zog sie von den Bekannten mit ihren Kindern zum Vater ihres Sohnes (dem zweiten Ehemann) in dessen Wohnung in E-Stadt.

In der Wohnung des zweiten Ehemannes fühlte sich Frau S. von ihm und der Schwiegermutter "gemobbt" und wurde gemäß ihrer Zeugenaussage in der mündlichen Verhandlung in erster Instanz auch von ihrem zweiten Ehemann körperlich angegriffen.

Ende September 2008 zog Frau S. auf Vermittlung der Mitarbeiterinnen des Frauenhauses in E-Stadt in ein Frauenhaus in G-Stadt im Landkreis Darmstadt-Dieburg. Am 29. September 2008 teilte der Verein "J. e.V." (im Folgenden: "Trägerverein"), der das Frauenhaus in G-Stadt betreibt, dem Beklagten mit, dass Frau S. dorthin geflüchtet sei, und bat um Einstellung der Leistungen. Daraufhin stellte der Beklagte die Leistungen mit Bescheid vom 2. Oktober 2008 ab dem 29. September 2008 ein.

Zwischen dem Kläger, Leistungsträger nach dem SGB II, und dem Trägerverein wurde zu einem nicht ersichtlichen Datum mit Inkrafttreten zum 1. Januar 2006 für die Dauer von weiteren fünf Jahren ein Vertrag über den Betrieb des Frauenhauses und die finanzielle Unterstützung durch den Kläger geschlossen. Auf die Einzelheiten dieses Vertrages sowie eines Rechnungsprüfungsberichtes für das Jahr 2003 wird verwiesen (GA Bl. 218 ff.).

Frau S. schloss am 30. September 2008 mit dem Trägerverein des Frauenhauses in G Stadt schriftlich einen Nutzungsvertrag befristet auf zwölf Monate bis zum 29. September 2009 über ein Zimmer für drei Personen. Die von ihr zu zahlenden Unterkunftskosten betrugen 13,50 Euro pro Person und Tag, inklusive Wasser, Strom und Heizung (VA Bl. 25). Weitere Nutzungsverträge zwischen dem Trägerverein und Frau S. sind nicht belegt.

Der Kläger bewilligte Frau S. und ihren Kindern für die Monate September und Oktober 2008 Leistungen nach dem SGB II, wobei als Bedarfe für Unterkunft und Heizung der Betrag bewilligt wurde, der im Nutzungsvertrag zwischen Frau S. und dem Trägerverein des Frauenhauses ausgewiesen wird, nämlich 13,50 Euro pro Person und Tag; vgl. Bewilligungsbescheid vom 16. Oktober 2008 (VA Bl. 67); geändert durch Bescheid vom 27. Oktober 2008 (VA Bl. 82), der zudem Leistungen bis Februar 2009 bewilligte. Mit Bescheid vom 23. Dezember 2008 (VA Bl. 133) bewilligte der Kläger Frau L. Leistungen für Januar und Februar 2009, geändert mit Bescheid vom 27. Januar 2009 für Februar 2009 (VA Bl. 161). Die Änderungen ergaben sich durch Anrechnung von Unterhaltsvorschussleistungen für den Sohn von Frau S. und den Auszug des Sohnes aus dem Frauenhaus zum 5. Januar 2009.

Mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 (eingegangen beim Beklagten am 22. Oktober 2008) teilte der Kläger dem Beklagten mit, dass Frau S. und ihre Kinder seit dem 30. September 2008 im Zuständigkeitsbereich des Klägers in G-Stadt wohnten und Leistungen nach dem SGB II bezögen. Er machte unter dem Betreff "Kostenerstattung bei Aufenthalt im Frauenhaus gem. § 36a SGB II” Kostenersatz für die Zeit ab dem 30. September 2008 geltend und bat um schriftliche Bestätigung des Eingangs und der Anerkennung des Kostenerstattungsantrags (VA Bl. 60).

Der Beklagte bestätigte mit Schreiben vom 25. November 2008, dass die Anmeldung der Kostenerstattung vorliege, und lehnte die Erstattung ab, da er keinen Grund erkennen könne, warum Frau S. in ein Frauenhaus umgezogen sei (VA Bl. 110).

Auch in den weiteren Schreiben des Klägers vom 3. Dezember 2008 (VA Bekl. Bl. 92), 9. Februar 2010 (Bl. 93) und 1. März 2010 (Bl. 99) wurde seitens des Klägers nicht erklärt, woraus sich die Fluchtsituation ergeben habe. Erst das Schreiben des Klägers vom 1. März 2010 (Eingang beim Beklagten am 5. März 2010) enthält eine Anlage (Schreiben des Trägervereins des Frauenhauses G-Stadt vom 25. Februar 2010), in der es heißt: "Zum Zeitpunkt der Aufnahme übten ihr getrennt lebender Ehemann und dessen Familie psychische und körperliche Gewalt gegen sie aus. Obwohl sie nicht mit ihm in einem Haushalt lebte, benötigte sie den Schutz unserer Einrichtung und musste ihre Wohnung in E-Stadt aufgeben" (VA Bekl. Bl. 100).

Am 5. Januar 2009 zog der Sohn von Frau S. aus dem Frauenhaus aus. Dies teilte der Trägerverein dem Kläger mit Schreiben vom 13. Januar 2009 mit (VA Bl. 148, 152).

Mit Bescheid vom 5. März 2009 bewilligte der Kläger Frau L. und ihrer Tochter Leistungen ab März 2009 bis August 2009 unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 837,00 Euro monatlich gemäß Tagessatz (27,00 Euro für jeweils 31 Tage, VA Bl. 177). Mit Bescheid vom 1. September 2009 bewilligte der Kläger Leistungen ab September 2009 bis Oktober 2010 und setzte nun 810,00 Euro monatlich Kosten der Unterkunft gemäß Tagessatz an (VA Bl. 232). Dieser Bescheid wurde aufgrund einer Kindergelderhöhung geändert durch Bescheid vom 28. Dezember 2009. Hier wurden außerdem wieder Kosten der Unterkunft in Höhe von 837,00 Euro monatlich angesetzt (VA Bl. 290). Der Kläger bewilligte weiter mit Bescheid vom 25. Februar 2010 Leistungen für März 2010 unter Berücksichtigung von 837,00 Euro Miete gemäß Tagessatz (VA Bl. 324).

Vom 5. bis 9. Oktober 2009 nahm die Tochter von Frau S. an einer Klassenfahrt teil, die von dem Kläger mit 150,- Euro bezuschusst wurde (Bescheid vom 21. September 2009, VA Bl. 250).

Vom 24. März 2010 bis 15. Juli 2010 unterzog sich Frau S., die alkoholkrank war, zusammen mit ihrer Tochter einer Reha-Maßnahme (Entgiftungs- und Entwöhnungstherapie) auf Kosten der Deutschen Rentenversicherung in der Fontaneklinik in Brandenburg. Während dieser Maßnahme hielt das Frauenhaus in G-Stadt ein Zimmer für Frau S. frei, um Obdachlosigkeit von Frau S. zu verhindern (VA Bl. 327).

Nach Beendigung der Reha hielt sich Frau S. mit ihrer Tochter vom 16. Juli 2010 bis 25. November 2010 erneut im Frauenhaus G-Stadt auf (GA Bl. 148). Im Juli 2010 begab sich Frau S. - wie mit dem Frauenhaus abgesprochen - auf Wohnungssuche in G-Stadt und H-Stadt. Dort fand sie keine Wohnung, lernte allerdings einen Mann aus K-Stadt kennen. (GA Bl. 129). Am 25. November 2010 zog Frau S. mit ihrer Tochter nach K-Stadt.

Mit Bescheid vom 22. April 2010 bewilligte der Kläger Frau L. und ihrer Tochter weiterhin Leistungen von April bis Oktober 2010 unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von nun 405,- Euro monatlich gemäß Tagessatz (VA Bl. 381). Dieser Bescheid wurde abgeändert durch Bescheid vom 19. Juli 2010. Nach diesem Bescheid wurden für den Zeitraum Juli 2010 ein Tagessatz von 15,- Euro für 31 Tage für den Zeitraum 1. bis 15. Juli 2010 sowie für den Zeitraum 16. bis 31. Juli 2007 432,- Euro, somit 27,- Euro pro Tag und für August 2010 wiederum 837,- Euro in die Berechnung eingestellt (VA Bl. 416).

Mit Bescheid vom 26. August 2010 bewilligte der Kläger Leistungen ab September 2010 bis Februar 2011 (VA Bl. 455). Als Kosten der Unterkunft wurden 810,00 Euro als Miete nach Tagessatz für zwei Personen in die Berechnung eingestellt. Mit Bescheid vom 8. November 2010 stellte der Kläger die Leistungen aufgrund des Wegzugs von Frau S. aus seinem Zuständigkeitsbereich nach K-Stadt mit Wirkung zum 25. November 2011 ein (VA Bl. 590). Dazu bewilligte der Kläger mit Bescheid vom 18. November 2010 (VA Bl. 515) noch Umzugskosten in Höhe von 278 Euro sowie Benzingeld mit Bescheid vom 14. Dezember 2010 in Höhe von 114,01 Euro (VA Bl. 526).

Am 21. September 2010 hat der Kläger Klage vor dem Sozialgericht Darmstadt erhoben.

Er hat zur Begründung vorgetragen, der Beklagte sei zur Erstattung der an Frau S. und ihre Kinder erbrachten Leistungen (Unterbringungskosten im Frauenhaus für Frau S. und ihre Kinder, Klassenfahrt der Tochter, Umzugskosten nach K-Stadt) verpflichtet. Frau S., die zuvor im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ihren Aufenthalt gehabt habe, habe im Frauenhaus G-Stadt Zuflucht gesucht. Eine genaue Prüfung der Gründe der Zufluchtnahme müsse nicht erfolgen. Die Zusammensetzung des Forderungsbetrags ergebe sich aus den eingereichten Übersichten (GA Bl. 6 und 24), in denen pro Tag und Person im Frauenhaus 13,50 Euro entsprechend der Anzahl der Tage des Monats angesetzt werden. Für die Monate des Reha-Aufenthalts von Frau S. und ihrer Tochter in M. werden nur 13,50 Euro pro Tag als Kosten der Unterkunft geltend macht.

Der Kläger hat beantragt, den Beklagte zu verurteilen, 21.683,01 Euro an ihn zu zahlen.

Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Er hat vorgetragen, der Erstattungsanspruch für Leistungen bis zum 4. Oktober 2009 sei verfristet, da er nicht binnen eines Jahres nach Ablauf des letzten Tages, für den Leistungen erbracht worden seien, geltend gemacht worden sei. Denn erst mit Klageerhebung am 4. Oktober 2010 seien die Ansprüche wirksam geltend gemacht worden. Der Aufenthalt beim Beklagten sei zudem nicht durch eine Flucht beendet worden, da sich Frau S. nicht mehr in einer Gefährdungssituation befunden habe und der Anwendungsbereich des § 36a SGB II daher nicht eröffnet sei. Zudem habe Frau S. im Zuständigkeitsbereich des Beklagten keinen gewöhnlichen Aufenthalt genommen. Sie habe nur knapp drei Monate im Zuständigkeitsbereich des Beklagten gewohnt und habe von Anfang an den Wunsch gehabt, nach G-Stadt zu verziehen. Sie habe daher lediglich tatsächlich Aufenthalt genommen. Auch für die Zeit während des Reha-Aufenthalts seien keine Kosten zu übernehmen. Insoweit handele es sich nur um Vorhaltekosten. Zudem könne nicht nachvollzogen werden, warum der Aufenthalt im Frauenhaus von 27 Monaten erforderlich gewesen sei.

Das Sozialgericht hat Frau S. als Zeugin in der mündlichen Verhandlung vernommen und der Klage in vollem Umfang stattgegeben. Es hat den Beklagten mit Urteil vom 8. September 2016 verurteilt, an den Kläger 21.683,01 Euro zu zahlen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die Klage sei zulässig und begründet.

Die Klage sei statthaft als allgemeine Leistungsklage gemäß § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Ein Erstattungsstreit zwischen Sozialleistungsträgern sei ein Parteienstreit im Gleichordnungsverhältnis, in dem eine Regelung durch Verwaltungsakt nicht in Betracht komme und vorliegend auch nicht erfolgt sei. Damit sei die Durchführung eines Vorverfahrens entbehrlich und die Einhaltung einer Klagefrist nicht erforderlich gewesen.

Der geltend gemachte Kostenerstattungsanspruch des Klägers bestehe dem Grunde und der Höhe nach. Anspruchsgrundlage sei § 36a SGB II. Danach sei für den Fall, dass eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht suche, der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten.

Die Tatbestandsvoraussetzungen für eine Erstattung seien erfüllt. Frau S. habe mit ihren Kindern Zuflucht in dem Frauenhaus in G-Stadt gesucht. Eine Person suche Zuflucht in einem Frauenhaus, wenn sie dort tatsächlich Aufenthalt nehme und Schutz vor häuslicher Gewalt suche (Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB 11, 4. Aufl. 2015, § 36a, Rn. 7). Davon gehe die Kammer nach Würdigung der Aussage von Frau S. als Zeugin aus. Denn Frau S. habe glaubhaft dargelegt, dass sie auch in E-Stadt Gewalt durch den Vater ihres Sohnes ausgesetzt gewesen sei, bei dem sie zeitweise untergekommen gewesen sei. Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass eine konkrete Bedrohungssituation durch den Partner nicht im Sinne eines eigenständigen Tatbestandsmerkmals zu überprüfen sei, denn mit der Aufnahme in einem Frauenhaus werde dies typisierend unterstellt (Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, 11/13, § 36a Rn. 12). Weitere Tatbestandsmerkmale habe der Gesetzgeber in die Erstattungsregelung gerade nicht aufgenommen.

Entgegen der Ansicht des Beklagten sei auch keine Begrenzung der Erstattungspflicht in zeitlicher Hinsicht vorzunehmen. Im Wortlaut der Norm komme keine zusätzliche zeitliche Begrenzung zum Ausdruck. Es seien die "Kosten für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus" zu erstatten. Lediglich Kosten, die entstünden, nachdem die Frau außerhalb des Frauenhauses Aufenthalt genommen habe, würden von der Erstattungspflicht nicht mehr erfasst (Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, 11/13, § 36a Rn. 26). Anders als § 197 des Bundessozialhilfegesetzes [sic] sehe § 36a SGB II ein Ende des Kostenerstattungsanspruchs nach einem bestimmten Zeitablauf nicht vor (Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, 11/13, § 36a Rn. 26).

Der Kläger sei unstreitig der kommunale Träger im Zuständigkeitsbereich des Frauenhauses und insofern erstattungsberechtigt.

Der Beklagte sei der (Rechtsnachfolger des) kommunalen Trägers am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort von Frau S. und ihrer Kinder gewesen und damit erstattungspflichtig im Sinne des § 36a SGB II. Frau S. und ihre Kinder hätten ihren gewöhnlichen Aufenthalt vor ihrem Umzug nach G-Stadt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten genommen. Gemäß § 30 des Ersten Sozialgesetzbuches (SGB I) habe jemand seinen gewöhnlichen Aufenthalt dort, wo er sich unter Umständen aufhalte, die erkennen ließen, dass er an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend verweile. Frau S. sei zwar zunächst im Zuständigkeitsbereich des Beklagten nur bei Bekannten in F-Stadt "untergekommen". Bereits die Wortwahl der Zeugin bei ihrer Aussage lasse zweifeln, ob insofern bereits ein gewöhnlicher Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten genommen worden sei. Jedoch habe Frau S. alsdann mithilfe von Mitarbeitern aus dem örtlichen Frauenhaus in E-Stadt Kontakt zu den örtlichen Behörden aufgenommen und anschließend auch eine Wohnung gesucht und zum 15. Juli 2008 angemietet. Zwar sei es insofern nicht zum Bezug der Wohnung gekommen, aber Frau S. sei dann mit ihren Kindern nach E-Stadt (ebenfalls im Zuständigkeitsbereich des Beklagten) zum Vater ihres Sohnes gezogen.

Frau S. habe — wie sie in der mündlichen Verhandlung geschildert habe — im Zuständigkeitsbereich des Beklagten bleiben wollen. Durch die Anmietung der Wohnung und die von ihr getätigten Malerarbeiten seien auch nach außen hin Umstände erkennbar, die darauf schließen ließen, dass sie diesen Willen gehabt habe. Dass sie dann nach relativ kurzer Zeit einen anderen Entschluss gefasst habe und nach G-Stadt verzogen sei, ändere nichts an dem bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

Der Anspruch sei — entgegen der Ansicht des Beklagten — nicht ausgeschlossen, da die Frist zur Geltendmachung entsprechend der Vorschrift des § 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) eingehalten worden sei. Die materielle Ausschlussfrist des § 111 SGB X sei auf Erstattungsansprüche nach § 36a SGB II anwendbar. Der Kläger habe bereits mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 einen Kostenersatz nach § 36a SGB II gefordert und den Zeitpunkt, ab dem Leistungen zu erstatten seien, genannt. Diese Aufforderung zur Anerkennung dem Grunde nach sei als Anmeldung nach § 111 SGB X auszulegen. Auch der Beklagte als Empfänger habe das Schreiben als Erstattungsantrag ausgelegt, denn im Antwortschreiben vom 25. November 2008 habe der Beklagte mitgeteilt, dass eine Erstattung nicht vorgenommen werden könne, da eine Bedrohungssituation nicht vorgelegen habe. Das Schreiben des Klägers vom 16. Oktober 2008 genüge auch den Anforderungen des § 111 SGB X. An das Geltendmachen dürften keine überzogenen formalen oder inhaltlichen Anforderungen gestellt werden, zumal es sich bei den am Erstattungsverfahren Beteiligten um Körperschaften des öffentlichen Rechts oder Behörden handele, deren Mitarbeiter Kenntnis von den jeweils in Betracht kommenden Leistungen hätten, und vorliegend im Zuständigkeitsbereich des Beklagten ebenfalls ein Frauenhaus liege und der Beklagte daher mit den zugrundeliegenden Rechtsfragen vertraut sein dürfte. Aus dem Schreiben sei deutlich das Einfordern eines Kostenanerkenntnisses insbesondere aus dem letzten Satz deutlich erkennbar. Darüber hinaus seien auch die Mindestangaben (vgl. Mutschler, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK, SGB X, § 111 Rn. 17) enthalten. Der Kläger habe die Leistungspersonen genannt und mitgeteilt, dass während eines Aufenthalts im Frauenhaus SGB II-Leistungen gewährt würden, darüber hinaus habe er auch den Zeitpunkt, ab dem Erstattung begehrt werde, benannt. Ein Enddatum sei nicht aufgeführt, da der Aufenthalt noch angedauert habe. Eine konkrete Bezifferung des Erstattungsanspruchs enthalte das Schreiben vom 16. Oktober 2008 nicht. Das Fehlen der ausdrücklichen Nennung des Gesamtbetrages oder auch nur des Tagessatzes sei jedoch unschädlich, denn abgesehen davon, dass der Kläger dem Beklagten die Übersendung der entsprechenden Abrechnung mit den erforderlichen Unterlagen angekündigt gehabt habe, sei die konkrete Bezifferung des Erstattungsanspruchs schon nicht zwingende Voraussetzung einer rechtsgültigen Anmeldung. Eine spätere Bezifferung sei möglich (Roller, in: v. Wulffen/Schütze, SGB X, 8. Aufl. 2014, § 111 Rn. 13).

Die Kosten seien auch der Höhe nach (21.683,01 Euro) zu erstatten. Dieser Betrag setze sich ausweislich der zur Klage eingereichten Übersichten aus den Kosten der Unterkunft (Tagessätze für das Frauenhaus) zuzüglich der Kosten für die Klassenfahrt der Tochter nach § 28 SGB II sowie der Umzugskosten nach § 22 Abs. 3 SGB II i.d.F. vom 24. Oktober 2010 zusammen. Dabei handele er sich um Leistungen für die nach § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGB II die kommunalen Träger zuständig seien (Heinweis auf Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 36a, Rn. 13). Die Kostenerstattung gelte nach Ansicht der Kammer auch für die Kosten, die während und nach der Zeit der Rehabilitationsmaßnahme der Zeugin angefallen seien. Die Zeugin habe am Ort der Rehaklinik kurzzeitig tatsächlichen Aufenthalt genommen und sei anschließend wieder mit ihrer Tochter in das Frauenhaus zurückgekehrt, wo ihr weiterhin ein Zimmer vorgehalten worden sei und insoweit auch der Tagessatz für eine Person als Kosten angefallen seien. Da § 36a SGB II insgesamt auf den gewöhnlichen Aufenthalt abstelle, sei ein kurzfristiger zwischenzeitlicher tatsächlicher Aufenthalt an einem anderen Ort nicht geeignet, die Erstattungspflicht der Herkunftskommune entfallen zu lassen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 6. April 2016, Az: L 11 AS 355/15, juris Rn. 27; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 36a Rn. 11). Dies würde auch dem Sinn und Zweck der Erstattungspflicht aus § 36a SGB II widersprechen, der darauf gerichtet sei, die Kommunen, die ein Frauenhaus betreiben, finanziell zu entlasten (vgl. BT-Drs. 15/5607, S. 6). Auch sofern für diese Zeit ein Tagessatz angefallen sei, seien diese Kosten zu übernehmen, denn Frau S. habe sich nur vorübergehend außerhalb des Frauenhauses in der Reha-Klinik aufgehalten und sollte und wollte dann nach der Entwöhnungs- und Entgiftungstherapie eine Wohnung in H-Stadt suchen. Diese Kosten stellten daher weiterhin Kosten der Unterkunft dar. So komme auch in § 7 Abs. 4 SGB II zum Ausdruck, dass derjenige SGB II-Leistungen erhalte, der voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus oder Rehabilitationseinrichtung (vgl. § 107 des Fünften Buches des Sozialgesetzbuches) untergebracht sei. Ein sechs Monate oder länger dauernder Zeitraum für die Reha-Maßnahme sei aber nicht absehbar gewesen, weswegen ein Leistungsausschluss bei Frau S. und korrespondierend dazu ein Erstattungsausschluss beim Kläger nicht eingreife.

Die Kostenentscheidung beruhe auf § 197a SGG i.V.m. § 154 der Verwaltungsgerichtsordnung, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG.

Der Beklagte hat gegen das ihm am 14. November 2016 zugestellte Urteil am 30. November 2016 Berufung beim Hessischen Landessozialgericht eingelegt.

Der Beklagte trägt vor, der Anspruch nach § 111 Satz 1 SGB X sei verspätet geltend gemacht worden. Der Kläger hätte mitteilen müssen, welche konkreten Leistungen erbracht worden seien. Bis zur Zustellung der Klageschrift am 4. Oktober 2010 habe kein wirksames "Geltendmachen" vorgelegen. "Geltendmachung" sei die Anzeige des Erstattungsanspruchs i.S.v. "Vorbingen", "Behaupten" (BSG, Urteil v. 30. Juni 2009, B 1 KR 21/08 R, juris). Es müsse der Wille erkennbar sein, zumindest rechtssichernd tätig zu werden Eine bloß vorsorgliche Anmeldung i.S. einer Ankündigung reiche nicht aus. Es sei für den Beklagten insbesondere nicht erkennbar gewesen, dass Frau S. wegen Gewalttätigkeiten aus seinem Zuständigkeitsbereich geflohen sei. Das habe sich erst in der mündlichen Verhandlung ergeben. Frau S. habe auch nie ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten begründet. Sie habe den Wunsch gehabt, in die Region G-Stadt zu ziehen.

Auch ergebe sich aus § 36a SGB II keine Kostentragungspflicht für das Vorhalten eines Platzes im Frauenhaus während der Reha-Maßnahme. Nach diesem Aufenthalt habe Frau S. nicht wieder im Frauenhaus Zuflucht gesucht. Es sei auch nicht erkennbar, warum 27 Monate Aufenthalt im Frauenhaus notwendig gewesen seien.

Schließlich genüge die zwischen dem Träger des Frauenhauses und dem Kläger geschlossene Vereinbarung nicht den Anforderungen nach § 17 SGB II, selbst wenn man an die inhaltlichen Vorgaben nur geringe Anforderungen stelle. Diese sei eine unverzichtbare Voraussetzung für einen Kostenerstattungsanspruch nach § 36a SGB II. Der Kläger habe die tatsächlich angefallenen Kosten in keiner Form nachvollziehbar dargelegt und belegt. Er habe keinen Anspruch auf Ersatz der anteiligen Personalkosten, Investitionskosten, Betreuungskosten usw. Die Vereinbarung regele weder Inhalt, Umfang noch Qualität der Leistungen. Zwar habe der Gesetzgeber anders als bei §§ 76, 75 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) es unterlassen, die Voraussetzungen für Vereinbarungen nach § 17 Abs. 2 SGB II im Gesetz zu konkretisieren und auch keine Verordnungsermächtigungen wie in § 18 Abs. 2 Abs. 4 SGB II für Vereinbarungen nach § 18 SGB II erlassen. Die Vereinbarung sei aber inhaltlich nicht geeignet, weil sie keine näheren Aussagen zu Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen, zur konkreten Vergütung für bestimmte Leistungen und Leistungsbereiche und auch nicht zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen enthalte. Zum selben Ergebnis gelange man, wenn man an die Vereinbarung nach § 17 Abs. 2 SGB II die Anforderungen nach § 3 der Verordnung über die Mindestanforderungen an die Vereinbarungen über Leistungen der Eingliederung nach dem SGB II vom 4. November 2004 stelle. Diese Verordnung gelte zwar nur für Vereinbarungen nach § 18 Abs. 3 SGB II zwischen Leistungsträgern und kommunalen Körperschaften nach § 18 Abs. 3 SGB II. Sie könne aber für vergleichbare Regelungsbereiche herangezogen werden. Danach müsse die Leistungsvereinbarung die wesentlichen Leistungsmerkmale festlegen. Daran fehle es hier.

Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Sozialgerichts Darmstadt vom 8. September 2016 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil. Er führt weiter aus, die Behauptung des Beklagten, es sei der Wunsch von Frau S. gewesen, in die Region G-Stadt zu ziehen, stütze sich lediglich auf einen Aktenvermerk. Auch sei es für den Beklagten erkennbar gewesen, dass Frau S. sich auf der Flucht befunden habe. Der Reha-Aufenthalt von Frau S. und ihrer Tochter lasse nicht die Erstattungspflicht entfallen. Wenn überhaupt § 17 SGB II auf den Anspruch nach § 36a SGB II anwendbar sei, genüge die zwischen dem Trägerverein und ihm geschlossene Vereinbarung jedenfalls auch den Anforderungen des § 17 SGB II.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten insbesondere des Vortrags der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsakten des Klägers und des Beklagten betreffend Frau S. sowie der Akte des Jugendamtes im Zuständigkeitsbereich des Klägers betreffend die Tochter von Frau S. Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

A. Die Berufung des Beklagten ist statthaft, insbesondere ist der Wert der Beschwer von über 10.000,- Euro nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) erreicht. Die Berufung wurde auch form- und fristgerecht eingelegt (§ 151 SGG) und ist damit zulässig.

B. Die Berufung ist auch ganz überwiegend begründet.

I. Die Klage ist als allgemeine Leistungsklage im Gleichordnungsverhältnis statthaft (§ 54 Abs. 5 SGG).

II. Die Klage ist aber nur zu einem geringen Teil begründet. Dem Kläger steht ein Erstattungsanspruch lediglich in Höhe von 542,01 Euro gegen den Beklagten zu. Anspruchsgrundlage des Erstattungsanspruchs des Klägers ist § 36a SGB II.

1. § 36a SGB II bestimmt für die Kostenerstattung bei Aufenthalt im Frauenhaus: "Sucht eine Person in einem Frauenhaus Zuflucht, ist der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort verpflichtet, dem durch die Aufnahme im Frauenhaus zuständigen kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses die Kosten für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus zu erstatten."

Unabhängig davon, ob die betroffene Frau am Ort des Frauenhauses ihren gewöhnlichen Aufenthalt begründet oder nicht, soll der kommunale Träger am bisherigen gewöhnlichen Aufenthaltsort der Frau letztlich die Kosten tragen (Hlava, in: Gagel, SGB II / SGB III, Werkstand: 79. EL September 2020, § 36a Rn. 1). Über die Anknüpfung an den gewöhnlichen Aufenthalt perpetuiert § 36a SGB II damit die bisherige örtliche Zuständigkeit im Innenverhältnis der kommunalen Träger (Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 36a (Stand: 01.03.2020) Rn. 5).

a) Frau S. hatte in E-Stadt ihren gewöhnlichen Aufenthalt (§ 30 Sozialgesetzbuch Erstes Buch - Allgemeiner Teil - SGB I) im Zuständigkeitsbereich des Beklagten genommen, weil sie sich dort unter Umständen aufhielt, die erkennen ließen, dass sie an diesem Ort oder in diesem Gebiet nicht nur vorübergehend zukunftsoffen verweilen wollte. Frau S. war zwar zunächst im Zuständigkeitsbereich des Beklagten nur bei Bekannten (der Expartnerin des zweiten Ehemannes und Vaters ihres Sohnes) in F-Stadt "untergekommen", wohnte dort also nur provisorisch. Dann allerdings hat sie mithilfe von Mitarbeitern aus dem örtlichen Frauenhaus in E-Stadt Kontakt zu den örtlichen Behörden aufgenommen, anschließend auch eine Wohnung gesucht und diese mit Genehmigung des Beklagten zum 15. Juli 2008 angemietet und auch renoviert. Dass sie gleichwohl nicht einzog, sondern nach dem Unterkommen bei Bekannten anschließend bei ihrem (zweiten) Mann, dem Vater ihres Sohnes, wohnte, ist insoweit unerheblich, denn sie hat sich auch hier weiter im Zuständigkeitsbereich des Beklagten aufgehalten. Der Beklagte selbst hatte sich auch als zuständig angesehen, denn er hat die Anmietung der Wohnung genehmigt und Leistungen nach dem SGB II bewilligt. Jedenfalls zeitweilig hatte Frau S. somit den Willen gebildet, in E-Stadt dauerhaft zu wohnen und damit ihren gewöhnlichen Aufenthalt dort begründet. Dass sie sich dann nach kurzer Zeit umentschied und nach G-Stadt verzogen ist, ändert nichts an dem bis zu diesem Zeitpunkt vorliegenden gewöhnlichen Aufenthalt im Zuständigkeitsbereich des Beklagten.

Die Tatbestandsvoraussetzungen des § 36a SGB II sind zu Beginn des Aufenthalts im Frauenhaus in G-Stadt erfüllt. Frau S hat mit ihren beiden Kindern in dem Frauenhaus in G-Stadt Zuflucht gesucht am 30. September 2008.

Eine Person sucht Zuflucht in einem Frauenhaus, wenn sie dort tatsächlich Aufenthalt nimmt und Schutz vor häuslicher Gewalt sucht (Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 36a (Stand: 01.03.2020) Rn. 8). Es kommt nicht darauf an, ob im Frauenhaus ein gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird (Hlava, in: Gagel, SGB II / SGB III, Werkstand: 79. EL September 2020, § 36a Rn. 4). "Zuflucht suchen" lässt sich als tatsächliches Aufhalten verstehen, um der Gefährdungssituation am bisherigen Wohnsitz bzw. gewöhnlichen Aufenthalt nicht mehr ausgesetzt zu sein (vgl. Burkiczak, in: BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Edition, Stand: 01.09.2020, § 36a Rn. 4 unter Hinweis auf BT-Drs. 15/5607, 6).

Frau S. hat tatsächlichen Aufenthalt im Frauenhaus G-Stadt genommen. Sie hat auch Schutz vor häuslicher Gewalt gesucht. Frau S. war zunächst in C-Stadt in der gemeinsamen Wohnung Gewalt ihres Lebensgefährten, Herrn T., ausgesetzt. Allerdings zog Frau S. nicht von C-Stadt ins Frauenhaus in G-Stadt, sondern begab sich zunächst zu ihrer Schwester nach D-Stadt und zog dann zu Bekannten in E-Stadt, von dort zu ihrem zweiten Ehemann in E-Stadt. Auch dort war Frau S. allerdings, das hat sie in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht glaubhaft dargelegt, Gewalt durch den Vater ihres Sohnes, ihren zweiten Ehemann, ausgesetzt. Damit lag auch in E-Stadt wiederum eine Bedrohungs- und Gefährdungssituation vor.

Zwar hatte Frau S. ab 15. Juli 2008 eine durch den Beklagten finanzierte Wohnung für sich und ihre Kinder zur Verfügung. Zudem ist auch nach ihrer Zeugenaussage in erster Instanz unklar geblieben, warum sie nicht weg vom zweiten Ehemann in die angemietete und vom Beklagten finanzierte Wohnung gezogen ist und stattdessen in einem Frauenhaus in G Stadt Zuflucht gesucht hat. Stellt man sich auf den Standpunkt, dass im Rahmen des § 36a SGB II eine konkrete Bedrohungssituation durch den Partner nicht im Sinne eines eigenständigen Tatbestandsmerkmals zu überprüfen ist, weil mit der Aufnahme in einem Frauenhaus dies typisierend unterstellt wird (so Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, 11/13, § 36a Rn. 12), kommt es indessen hierauf nicht an. Aber auch wenn man mit dem Senat grundsätzlich eine Bedrohungslage oder Gefährdungssituation verlangt, weil es eben die spezifische Aufgabe von Frauenhäusern ist, hiervor Schutz zu bieten, und die Erstattungsregelung des § 36a SGB II eine Zuständigkeit des Leistungsträgers am letzten gewöhnlichen Aufenthalt nicht für sonstige Aufenthaltszwecke vorsieht, ist es bei Vorliegen einer solchen – hier wie dargelegt zu bejahenden – Bedrohungslage unerheblich, dass diese womöglich auch anders und einfacher hätte abgewendet werden können. Überdies liegt es nahe anzunehmen, dass Frau S. sich in der räumlichen Nähe zum zweiten Ehemann in E-Stadt trotz eigener Wohnung nicht sicher fühlte.

b) Der Kläger ist der kommunale Träger im Zuständigkeitsbereich des Frauenhauses G Stadt und insofern erstattungsberechtigter Leistungsträger. Der Beklagte ist der (Rechtsnachfolger des) kommunalen Trägers am vorherigen gewöhnlichen Aufenthalt von Frau S. in E-Stadt.

c) § 36a SGB II sieht eine Erstattungspflicht für die Zeit des Aufenthaltes im Frauenhaus vor. Die Bestimmung enthält keine zeitliche Begrenzung der Erstattungspflicht. Dies gilt im Übrigen auch für die parallelen Vorschriften des § 97 Abs. 2 Bundessozialhilfegesetz (BSHG) und § 110 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII) (vgl. zu letzterer Bestimmung Böttiger, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB XII, 3. Aufl., § 110 SGB XII (Stand: 30.04.2020) Rn. 44). Die Erstattungspflicht endet, sobald ein Aufenthalt außerhalb eines Frauenhauses begründet wird, wobei das Bundessozialgericht ausdrücklich offen gelassen hat, ob dies schon bei einem tatsächlichen oder erst bei einem gewöhnlichen Aufenthalt der Fall ist (Burkiczak, BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Edition, Stand: 01.09.2020 Rn 5; BSG, Urteil v. 23. Mai 2012, B 14 AS 190/11 R, juris Rn. 19). Kosten, die entstehen, nachdem die Frau außerhalb des Frauenhauses gewöhnlichen Aufenthalt genommen hat - hier durch den Wegzug nach K-Stadt -, sind von der Erstattungspflicht jedenfalls nicht mehr erfasst (Krauß, in: Hauck/Noftz, SGB II, 11/13, § 36a Rn. 26) und werden vorliegend auch nicht geltend gemacht.

Frau S. hat ab 30. September 2008 zunächst mit ihren beiden Kindern und ab 5. Januar 2009 nur noch mit ihrer Tochter im Frauenhaus in G-Stadt bis zum 24. März 2010 tatsächlich gewohnt. Damit lag, nachdem sie mit dem Wegzug nach G-Stadt eine Gefahrensituation in E zu entkommen suchte, in diesem Zeitraum ein Zufluchtsuchen i.S. des § 36a SGB II vor.

Während ihres Reha-Aufenthalts in Brandenburg vom 25. März bis 15. Juli 2010 hat Frau S. mit ihrer Tochter als Begleitkind sich weder im Frauenhaus aufgehalten noch dort Schutz gesucht. Damit konnte das Frauenhaus in dieser Zeit der Reha auch nicht die ihm eigene Schutzfunktion erfüllen. Während der Reha liegt damit kein Zufluchtsuchen im Frauenhaus vor und ein Erstattungsanspruch nach § 36a SGB II scheidet für diesen Zeitraum aus. Auf die höchstrichterlich offen gelassene Frage, ob die Erstattungspflicht schon endet, sobald ein Aufenthalt außerhalb eines Frauenhauses begründet wird, kommt es nicht an, weil jedenfalls für einen Zeitraum von über dreieinhalb Monaten tatsächlich kein Aufenthalt im Frauenhaus vorlag. Dass in diesem Zeitraum kein Zufluchtsuchen vorlag, spiegelt sich auch darin, dass vom Kläger für diesen Zeitraum keine Unterbringungs- sondern bloße Vorhaltekosten für ein nicht bewohntes Zimmer im Frauenhaus geltend gemacht werden.

Zwar wird vertreten, dass, da § 36a SGB II insgesamt auf den (letzten) gewöhnlichen Aufenthalt abstelle, ein kurzfristiger zwischenzeitlicher tatsächlicher Aufenthalt an einem anderen Ort nicht geeignet sei, die Erstattungspflicht der Herkunftskommune entfallen zu lassen (Bayerisches Landessozialgericht, Urteil vom 6. April 2016, Az.: L 11 AS 355/15, juris Rn. 27 [dort 16 Tage]; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 4. Aufl. 2015, § 36a Rn. 11). In dem vom Bayerischen Landessozialgericht entschiedenen Fall ging es indessen um einen Zeitraum von nur 16 Tagen, der als "kurzfristig" angesehen wurde. Bei einer Aufenthaltsdauer von über dreieinhalb Monaten kann jedenfalls nicht mehr von einem kurzzeitigen tatsächlichen Aufenthalt gesprochen werden.

Auch aus § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II ergibt sich nichts anderes. Diese Vorschrift bestimmt, dass Leistungen erhält, wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch – Gesetzliche Krankenversicherung - SGB V) untergebracht ist. Frau S. war etwas über dreieinhalb Monate in der Fontaneklinik Berlin-Brandenburg untergebracht, die einen umfassenden Versorgungsvertrag mit den Krankenkassen hat (Homepage-Info). § 7 Abs. 4 SGB II befasst sich indessen mit dem Personenkreis, bei dem keine Aussicht auf eine Wiedereingliederung in das Erwerbsleben besteht (Leopold in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 7 (Stand: 22.06.2020), Rn. 280), sagt aber nichts dazu, welcher Leistungsträger zuständig ist für eine fortdauernde Leistungserbringung nach dem SGB II. § 7 Abs. 4 Satz 3 Nr. 1 SGB II ändert vorliegend nichts daran, dass das Zufluchtsuchen im Frauenhaus beendet war in dem Moment, in dem Frau S. sich für einen längeren Reha-Aufenthalt (Entzugs- und Entwöhnungstherapie) in ein Krankenhaus begab.

Nach Ende der Reha ist Frau S. am 15. Juli 2010 in das Frauenhaus zurückgekehrt und hat dort bis zu ihrem Wegzug nach K-Stadt am 25. November 2010 mit ihrer Tochter gewohnt. Es ist zwar nichts konkret dafür ersichtlich, dass Frau S. auch nach Verlassen der Reha in Brandenburg akut der Bedrohung durch Gewalt durch ihren früheren Lebensgefährten in N. oder ihren zweiten Mann in E-Stadt ausgesetzt war. Folgt man der Ansicht, dass die Bedrohungssituation nicht eigens zu prüfen, sondern typisierend zu unterstellen ist, so ist ein erneutes Zufluchtsuchen von Frau S. zu bejahen. Aber auch wenn man, wie der Senat, eine Gefährdungssituation voraussetzt, so kann doch hier von einem Fortwirken der vor Aufnahme ins Frauenhaus bestehenden Gefährdungssituation ausgegangen werden. Denn da Frau S. noch keine eigene Wohnung (außerhalb E-Stadt) gefunden hatte und während der Entgiftungs- und Entziehungstherapie hierzu auch nicht in der Lage war, drohte Obdachlosigkeit als fortwirkende Folge der drohenden Gefahr von physischer und psychischer Misshandlung in E-Stadt. Der Senat bejaht daher bei der Rückkehr ins Frauenhaus ein erneutes Zufluchtnehmen, das erst mit dem Wegzug nach K-Stadt beendet wurde.

Nach allem sind die Anspruchsvoraussetzungen des § 36a SGB II im Zeitraum 30. September 2008 bis zum 24. März 2010 und im Zeitraum 15. Juli 2010 bis 25. November 2010 zu bejahen.

2. Entgegen der Auffassung der Vorinstanz ist der geltend gemachte Anspruch in Höhe von 21.683,01 Euro nur zu einem geringen Teil begründet.

Zu ersetzen sind in sachlicher Hinsicht nur die Leistungen, die die kommunalen Träger nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGB II zu erbringen haben, also neben den kommunalen Eingliederungsleistungen nach § 16a SGB II und den besonderen Leistungen nach § 24 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 und 2 SGB II (Erstausstattung für die Wohnung, Bekleidung etc.), § 27 Abs. 3 SGB II (Zuschuss zu den Unterkunftskosten für Auszubildende) und § 28 SGB II (Bildung und Teilhabe) vor allem Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 SGB II. Befindet sich das Frauenhaus im Bezirk einer Optionskommune, gilt nichts anderes; die von der Optionskommune gemäß § 6b Abs. 1 SGB II erbrachten Leistungen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB II sind nicht erstattungsfähig (Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 36a (Stand: 01.03.2020) Rn. 15). Die Erstattungspflicht erstreckt sich auf die Leistungen an alle Zufluchtsuchenden, denn § 36a SGB II begründet einen Erstattungsanspruch für den Aufenthalt von Personen – nicht nur von Frauen – in einem Frauenhaus und erfasst damit auch die Leistungen zugunsten der Kinder, die zusammen mit der Frau O. im Frauenhaus suchen. Die Leistungen müssen an die Zuflucht suchende Frau und ihre Kinder innerhalb oder außerhalb des Frauenhauses rechtmäßig erbracht werden (BSG, Urteil v. 23. Mai 2012, B 14 AS 190/11 R, juris Rn. 23; Burkiczak, BeckOK Sozialrecht, Rolfs/Giesen/Kreikebohm/Udsching, 58. Edition, Stand: 01.09.2020, Rn. 5).

Nach der obigen Eingrenzung der Erstattungspflicht auf Zeiten des tatsächlichen Aufenthalts im Frauenhaus sind vom Beklagten als erstattungsfähige Aufwendungen des Klägers die Klassenfahrtkosten der Tochter von Frau S. (150,00 Euro) und ihre Umzugskosten in Höhe von 392,01 Euro, nicht aber die dem Kläger entstandenen Unterbringungskosten für Frau S. und ihre Kinder im Zeitraum 30. September 2008 bis zum 24. März 2010 und im Zeitraum 15. Juli 2010 bis 25. November 2010 anzuerkennen. Denn letztere Leistungen wurden nicht rechtmäßig erbracht.

a) Erstattungsfähig sind die – rechtmäßig erbrachten – reinen Unterbringungskosten für die Zuflucht suchenden Personen. Enthält der vom kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses übernommene Tagessatz des Frauenhauses auch Verpflegungskosten oder Kosten für die Haushaltsenergie, sind diese nicht zu erstatten, da es sich nicht um Kosten i.S.v. § 22 Abs. 1 SGB II handelt. Dass die Zimmer im Frauenhaus regelmäßig möbliert sind, rechtfertigt demgegenüber keine Kürzung des zu erstattenden Tagessatzes (Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 36a (Stand: 01.03.2020) Rn. 15 17).

Hinsichtlich der Unterbringungskosten im Zeitraum 30. September 2008 bis zum 24. März 2010 und im Zeitraum 15. Juli 2010 bis 25. November 2010 macht der Kläger 13,50 Euro pro Tag und pro Person geltend.

Diese Unterbringungskosten sind vom Beklagten nur zu erstatten, wenn der Kläger sie rechtmäßig erbracht hat. Daran fehlt es vorliegend.

Zunächst fällt auf, dass die Frau und S. und ihren Kindern bewilligten Leistungen für Unterkunft und Heizung zumeist in monatlich gleichbleibender Höhe gewährt wurden und damit der monatlich an den Träger des Frauenhauses ausbezahlte Betrag nicht in jedem Monat der Anzahl der Tage des Monats angepasst wurde. Der Unterschied zeigt sich betragsmäßig darin, dass der Kläger in seiner Klage durchgängig 13,50 Euro pro Tag und pro Person berechnet, während Frau S. (wohl aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung) auch für Monate mit weniger als 31 Tagen zumeist 837 Euro für zwei Personen bewilligt wurden. Für den Monat Oktober 2010 allerdings, für den von dem Kläger 837,- Euro geltend gemacht werden (Miete gemäß Tagessatz für zwei Personen, somit 2 x 13,50 Euro x 31 [Tage]), wurden Frau S. und ihrer Tochter mit Bescheid vom 26. August 2010 nur Leistungen ab September 2010 bis Februar 2011 in Höhe von 810,- Euro als Kosten der Unterkunft bewilligt, der Monat also jeweils mit 30 Tagen berechnet. Auf diese geringfügigen rechnerischen Differenzen zwischen den Frau S. bewilligten und an den Träger des Frauenhauses ausbezahlten Leistungen für die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung kommt es indessen vorliegend nicht an. Denn diese Leistungen wurden insgesamt nicht rechtmäßig gewährt.

Die Erstattung von rechtmäßig erbrachten Unterbringungskosten im Rahmen des § 36a SGB II kommt unter zwei rechtlichen Gesichtspunkten in Betracht. Zum einen könnte der Kläger die Vergütung für Unterkunftskosten, die er seinerseits auf der Grundlage einer Vereinbarung nach § 17 SGB II dem Trägerverein des Frauenhauses für die Unterbringung von Frau S. und ihren Kindern schuldete, dem Beklagten für die beiden genannten Zeiträume in Rechnung gestellt haben (dazu unten unter 1.). Zum anderen könnte der Kläger die Aufwendungen für Unterkunft, die er Frau S. und ihren Kindern im Rahmen des § 22 SGB II zu zahlen verpflichtet war, dem Beklagten für die beiden genannten Zeiträume in Rechnung gestellt haben (dazu unten 2.). Beide Begründungswege führen vorliegend jedoch nicht zu einem Erstattungsanspruch des Klägers gegen den Beklagten, weil weder eine wirksame Vergütungsvereinbarung nach § 17 SGB II vorliegt, noch ersichtlich ist, in welcher Höhe der Kläger verpflichtet war, Bedarfe für Unterkunft von Frau S. und ihren Kindern in den beiden genannten Zeiträumen nach § 22 SGB II zu tragen.

aa) Eine Verpflichtung des Beklagten, die Unterbringungskosten in der geltend gemachten Höhe zu erstatten, kommt auf der Grundlage einer Vereinbarung nach § 17 SGB II mit dem Trägerverein des Frauenhauses nur dann nur in Betracht, wenn der Kläger seinerseits gegenüber dem Träger des Frauenhauses auf dieser vertraglichen Grundlage zur Tragung von Kosten der Unterkunft verpflichtet war. Die Höhe der sachlich und zeitlich erfassten Kosten im zu erstattenden Zeitraum richtet sich, soweit es um die im Frauenhaus erbrachten Leistungen geht und das Frauenhaus in der Trägerschaft eines Dritten steht, nach der Vergütungsvereinbarung gemäß § 17 Abs. 2 Nr. 2 SGB II. Hier steht das Frauenhaus in der Trägerschaft des Vereins "J. eV". Dieser hat zu einem aus dem Vertrag nicht ersichtlichen Zeitpunkt mit Vertragsbeginn 1. Januar 2006 einen Vertrag mit dem Landkreis Darmstadt-Dieburg für die Dauer von (weiteren) fünf Jahren geschlossen.

Eine Erstattungspflicht setzt wegen der Beschränkung auf rechtmäßig erbrachte Leistungen nach § 17 Abs. 2 Satz 1 SGB II voraus, dass die geschlossene Vereinbarung Folgendes regelt: 1. Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen, 2. die Vergütung, die sich aus Pauschalen und Beträgen für einzelne Leistungsbereiche zusammensetzen kann, und 3. die Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen. Der staatliche Leistungsträger ist also nur dann zur Vergütung verpflichtet, wenn mit dem Leistungserbringer eine Vereinbarung über Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen abgeschlossen wurde. Ohne die Vereinbarung besteht keine Vergütungspflicht; die dennoch gezahlte Vergütung ist in diesem Fall rechtswidrig (Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 01/20, § 17 SGB II Rn. 110; Aubel, in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 36a (Stand: 01.03.2020) Rn. 10; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 8. Mai 2015, L 12 AS 1955/14, juris Rn. 70; LSG Nordrhein-Westfalen, Urteil v. 16. Februar 2017, L 7 AS 1299/15, juris Rn. 32).

Der Gesetzgeber hat es unterlassen, die Voraussetzungen für Vereinbarungen nach § 17 Abs. 2 SGB II weiter zu konkretisieren, wie dies beispielsweise in § 76 SGB XII erfolgt ist, der den inhaltlich mit § 17 Abs. 2 SGB II identischen § 75 Abs. 3 SGB XII konkretisiert. Auch eine Verordnungsermächtigung, die eine Bestimmung der Anforderungen an eine Vereinbarung ermöglicht, wie sie in § 18 Abs. 4 SGB II für Vereinbarungen nach § 18 SGB II besteht, existiert in § 17 Abs. 2 SGB II nicht.

Ob dieses Fehlen einer Konkretisierung im Gesetz dafür spricht, die Maßstäbe der in anderen Regelungsbereichen anzuwendenden Regelungen hier analog heranzuziehen (teils wird vertreten, dass Anhaltspunkt § 3 der Verordnung über die Mindestanforderungen an die Vereinbarungen über Leistungen der Eingliederung nach dem SGB II Mindestanforderungs-Verordnung - sein kann, der unmittelbar nur für Vereinbarungen zwischen Leistungsträgern und kommunalen Körperschaften nach § 18 Abs. 4 SGB II gilt; so Groth in: GK-SGB II, § 17 SGB II Rn. 67 und Hahn in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 17 (Stand: 01.03.2020), Rn. 25), oder die Passivität des Gesetzgebers in der Konkretisierung der Vorgaben des § 17 Abs. 2 SGB II eher dafür spricht, dass hier ein weniger strenger Maßstab anzulegen ist (in diesem Sinne Landessozialgericht Baden-Württemberg, Urteil vom 08. Mai 2015 – L 12 AS 1955/14 –, juris Rn. 74), kann vorliegend offenbleiben. Denn zumindest muss die Vereinbarung nach § 17 SGB II dem Gesetzeswortlaut Genüge tun. Dies ist vorliegend nicht der Fall. Denn auch wenn man keine hohen Anforderungen an die Vereinbarung stellt, so bleibt doch vorliegend Wesentliches und nach § 17 Abs. 2 SGB II Erforderliches in der undatierten, am 1. Juni 2006 in Kraft getretenen Vergütungsvereinbarung zwischen dem Kläger und dem Trägerverein des Frauenhauses, einem öffentlich-rechtlichen Vertrag, ungeregelt.

Zu Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen (§ 17 Abs. 2 Nr. 1 SGB II) findet sich lediglich eine Regelung in § 1 Nr. 1 Gegenstand: "Der Verein J. e.V. führt und betreibt ein autonomes Frauenhaus in [ ], um Frauen und Frauen mit ihren Kindern, denen Gefahr von physischer und psychischer Misshandlung droht, Unterkunft und Schutz zu bieten". In § 1 Nr. 2 heißt es, dass in das Frauenhaus vorrangig Frauen und Kinder aus dem Landkreis Darmstadt-Dieburg aufzunehmen seien. Ausnahmen seien in begründeten Notfällen möglich. Ob hier ein begründeter Notfall vorlag, ist offengeblieben. Denn es ist unaufgeklärt geblieben, warum Frau S. aus E-Stadt kommend sich gerade in das Frauenhaus in G-Stadt vermitteln ließ, also gerade hier zum Notfall wurde. Diese Frage kann allerdings auch dahinstehen.

Nach § 1 Nr. 3 verpflichtet sich der Trägerverein, Grundstück nebst Bauwerk, Einrichtung sowie Ver- und Entsorgungseinrichtungen im Rahmen seiner zur Verfügung stehenden Mittel zu unterhalten. In § 2 wird ausgeführt, dass der Verein das Frauenhaus unabhängig in freier Selbstverantwortung führt. Damit wird zwar in § 1 der Schutzzweck des Frauenhauses artikuliert. Ansonsten werden aber in der Vereinbarung keinerlei Vorgaben an Inhalt, Umfang und Qualität der Leistungen gegenüber den Frauen und ihren Kindern gemacht. Weder wird geregelt, welche Mindestanforderungen an die Unterkunft einzelner Frauen oder von Frauen mit ihren Kindern (bis zu welchem Alter) erfüllt sein müssen. Die einzige Vorgabe ist, dass Grundstück, Haus etc. unterhalten werden müssen. Noch wird geregelt, welches Personal, in welcher Anzahl, mit welcher Qualifikation zur Betreuung zu welchen Zeiten bereitstehen muss. Es finden sich schlicht keinerlei Regelungen zu Inhalt, Umfang und Qualität der den Frauen gegenüber zu erbringenden Leistungen. Lediglich im Rechnungsprüfungsbericht für das Jahr 2003 – ein aktuellerer Bericht wurde seitens des Klägers nicht vorgelegt – finden sich Angaben zur Personalbesetzung. Hiernach waren für das Jahr 2004 im Frauenhaus selbst 90 Stunden/Woche, entspricht 2,34 Stellenanteil vorgesehen. Das entspreche dem bisher vom Land Hessen vorgegebenen Personalschlüssel von 1:8. Ob dieser Stellenschlüssel im streitgegenständlichen Zeitraum im Jahr 2008 erfüllt wurde, ist offen. Die Vereinbarung zwischen Kläger und Trägerverein enthält hierzu jedenfalls keine Vorgaben.

Auch fehlt es an einer Vergütungsvereinbarung i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II. Nur wenn man weiter in den Blick nimmt, dass das Wohngeld zwar von der Bewohnerin geschuldet wird, im Regelfall aber wohl vom Kläger als dem hinter der Bewohnerin stehenden Leistungsträger nach dem SGB II wirtschaftlich getragen wird, lässt sich in der Zusammenschau von Vertrag zwischen Kläger und Trägerverein und dem Nutzungsvertrag mit der Bewohnerin sowie dem Rechnungsprüfungsbericht für das Jahr 2003 vom 19. Januar 2004 überhaupt die Vereinbarung eines vom Kläger zu tragenden Pauschalsatzes pro Tag herauslesen. Ansonsten lässt sich der Vereinbarung nur entnehmen, dass das Frauenhaus im Jahr 2006 vom Kläger mit 158.560,41 Euro bezuschusst (subventioniert) wurde.

§ 5 des Vertrages enthält eine Bestimmung über Betriebskostenzuschüsse und § 6 eine Bestimmung zur Abrechnung, konkret zur Erstellung eines Verwendungsnachweises über die Betriebskostenzuschüsse. § 5 regelt, dass dem Verein auf der Basis des Haushaltsjahres 2005 vom Kläger ein jährlicher Pauschalbetrag von 158.560,31 Euro zu zahlen ist (jährlich anzupassen gemäß Erhöhung des BAT, jedoch höchstens 3 Prozent). Es wird in keiner Weise aufgeschlüsselt, welche Leistungen des Frauenhauses vom Kläger mit diesem pauschalen Zuschussbetrag wie zu vergüten sind. Die Vereinbarung selbst enthält insbesondere auch keinen vom Kläger zu tragenden (pauschalen) Tagessatz für einen Tag des Aufenthalts im Frauenhaus. Es heißt dort in § 4 Wohngeld: "Zur Deckung der Ausgaben erhebt der Verein von den Bewohnerinnen des Frauenhauses ein angemessenes Wohngeld." Der Vertrag lässt die Höhe dieses von den Bewohnerinnen zu zahlenden angemessenen Wohngeldes offen. Hierzu findet sich lediglich im Bericht des Rechnungsprüfungsamtes vom 19. Januar 2004 ein Hinweis. Dort heißt es, dass die Anhebung des Wohngeldes von 10,00 Euro auf 13,50 Euro pro Platz angemessen sei. Zu Vorhaltekosten für tatsächlich nicht belegte Plätze finden sich weder in der Vereinbarung noch im Rechnungsprüfungsbericht irgendwelche Angaben. Allerdings heißt es im Rechnungsprüfungsbericht, die Berechnung des kostendeckenden Wohngeldes nach Vorabberechnung eines (verbleibenden und aus dem Wohngeld zu deckenden) Zuschussbedarfs von 89.276,56 Euro sei auf der Grundlage einer nur 75 prozentigen Belegung erfolgt. Das so errechnete Wohngeld sei dann wieder von 16,30 Euro auf 13,50 Euro pro Übernachtungsplatz reduziert worden (GA Bl. 224).

Damit ist das vom Kläger an den Trägerverein gezahlte Wohngeld in Höhe von 13,50 Euro pro Tag und pro Person kalkuliert auf der Grundlage des verbleibenden Defizits nach Gegenüberstellung der Kosten (261.915,40 Euro, davon allein Personalkosten in Höhe von 194.049,71 Euro) und der Erträge (172.747,84 Euro, davon Zuschuss des Klägers 153.942,00 Euro). Das Wohngeld ist also nicht ausgerichtet an tatsächlich entstehenden Kosten der Unterkunft und Heizung und weiteren vom Trägerverein zu erbringenden Leistungen, etwa zur Betreuung der Bewohnerinnen und ihrer Kinder, sondern eine Größe, die zum Ausgleich des verbleibenden Defizits als erforderlich berechnet wurde.

Aus dem Rechnungsprüfungsbericht vom 19. Januar 2004 ergibt sich, dass dem Trägerverein im Jahr 2003 Raumkosten (inkl. Heizung, Strom, Wasser, Müll) in Höhe von 14.442,91 Euro entstanden sind (GA Bl. 223). Da es im Jahr 2003 32 Plätze gab, waren damit pro Tag des Jahres und Platz 1,23 Euro an Raumkosten anzusetzen. Nimmt man noch (weil dies sinnvollerweise für das ganze Haus erfolgt) die Reinigung in Höhe von 8.995,51 Euro hinzu, errechnet sich ein Betrag von 2,01 Euro pro Tag und Platz. Die Stromkosten, die aus der Regelleistung zu tragen sind, wären aus diesem Betrag noch herauszurechnen. Der Betrag von wohl unter 2,- Euro pro Tag und Platz zeigt, dass das sog. Wohngeld, das den Bewohnerinnen und Bewohnern des Frauenhauses auf der Grundlage eines Nutzungsvertrages in Rechnung gestellt wurde, im Wesentlichen und ganz überwiegend andere Kosten abdeckt als mit der Wohnfunktion zusammenhängende Zwecke (insbesondere Personalkosten, Investitionskosten und weitere Betriebskosten, z.B. Fachliteratur und Fortbildungen, Kinderbetreuung, Fahrzeug, Freizeitangebote, Öffentlichkeitsarbeit, Sachkosten Beratungsstelle, Vereinsausgaben, Verwaltungskosten). Selbst bei 20 Plätzen, auf die das Haus wohl im Jahr 2008 reduziert war (vgl. GA Bl. 223), käme man nur auf Kosten der Unterkunft und Heizung von 3,21 Euro (herauszurechnender Strom noch inklusive).

Damit kann das Wohngeld nicht als Vergütung i.S. des § 17 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 SGB II für die Leistung Unterbringung i.S. von Wohnen verstanden werden. Denn schon der Begriff Vergütung impliziert, dass sich das vereinbarte Entgelt auf eine bestimmte Leistung bezieht, während hier das sogenannte Wohngeld Auffüllcharakter zum Ausgleich eines Defizits bei den Gesamtaufwendungen hat.

Auch eine Regelung zur Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 SGB II) enthält der Vertrag nicht. Unter § 6 der Vereinbarung heißt es lediglich, der Verein erstelle zu Beginn eines Jahres für das abgelaufene Jahr einen Verwendungsnachweis über den Zuschuss des Landkreises zu den laufenden Betriebskosten und der Verein stelle dem Rechnungsprüfungsamt des Landkreises zur Überprüfung der Verwendungsnachweise auf Wunsch die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung. Es erscheint zweifelhaft, ob hiermit die Dokumentations- und Vorlagepflichten und die Bestimmung der jeweiligen Prüfer und Prüfmethoden hinreichend konkret erfolgt ist (vgl. hierzu näher Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 01/20, § 17 SGB II Rn. 127 ff.). Das kann aber dahinstehen, da schon den Anforderungen des § 17 Abs. 2 Nr. 1 und 2 SGB II nicht genügt wurde. Denn da schon die Leistungen vertraglich nicht definiert wurden und auch die Vergütung von Leistungen im Vertrag nicht geregelt ist, kann überhaupt keine Prüfung der Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen auf der Grundlage des Vertrages erfolgen. Der Rechnungsprüfungsbericht für das Jahr 2003 prüft denn auch nicht Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen, sondern stellt lediglich Aufwendungen und Erträge gegenüber. Es wird auch nur ein Stellenanteil von 3,38 Stellen (bei einer 38,5 Stundenwoche) für das Jahr 2004 als vorgesehen vermerkt und nicht einmal ausgewiesen, wie viele Stellenanteile (gerechnet mit einer Stelle mit 38,5 Stunden) für das geprüfte Jahr 2003 abgerechnet wurden, in dem 194.049,71 Euro für Personal aufgewendet wurden. Ob der Personaleinsatz im Jahr 2003 einer Wirtschaftlichkeitsprüfung standhielte, ist danach völlig offen (zum Maßstab der Grundsätze der Sparsamkeit, Wirtschaftlichkeit und Leistungsfähigkeit vgl. wiederum Luthe in: Hauck/Noftz, SGB, 01/20, § 17 SGB II Rn. 138 m.w.N.).

Mangels Definition der zu erbringenden Leistungen konnte der Rechnungsprüfungsbericht für das Jahr 2003 Wirtschaftlichkeit und Qualität der Leistungen (§ 17 Abs. 2 Nr. 3 SGB II) nicht sinnvoll prüfen. Eine solche Prüfung ist auch nicht in der Vereinbarung zwischen Trägerverein und Kläger vorgesehen. Da der Kläger nur den Rechnungsprüfungsbericht für das Jahr 2003 vorgelegt hat, ist im Übrigen davon auszugehen, dass der Kläger selbst den in § 6 Abs. 2 geregelten Wunsch, zur Überprüfung der Verwendungsnachweise die erforderlichen Unterlagen zur Verfügung gestellt zu bekommen, seither nicht geäußert hat. Damit hat nach dem Kenntnisstand des Senats für das hier streitgegenständliche Jahr 2008 tatsächlich nicht einmal die optionale Prüfung der Verwendungsnachweise stattgefunden.

Insgesamt erfüllt der Vertrag daher nicht die Anforderungen des § 17 Abs. 2 Nr. 1, 2 und 3 SGB II an eine Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarung. Damit ist der Vertrag ungeeignet, eine Leistungspflicht des Klägers gegenüber dem Trägerverein zur Übernahme des sogenannten Wohngeldes zu begründen. War aber der Kläger nicht auf dieser vertraglichen Grundlage zur Leistung von 13,50 Euro Wohngeld an das Frauenhaus verpflichtet, so scheidet auch eine Erstattung dieses Betrags durch den Beklagten auf dieser Grundlage aus.

bb) Auch wenn man den von dem Kläger gegen den Beklagten geltend gemachten Anspruch als nicht von einer Vereinbarung nach § 17 SGB II abhängigen Regressanspruch wegen der vom Kläger Frau S. und ihren Kindern gewährten Kosten der Unterkunft nach § 22 SGB II versteht, kann der Kläger mit seinem Anspruch keinen Erfolg haben.

Für den Zeitraum 30. September 2008 bis 29. September 2009 liegt dem Senat ein befristetet geschlossener Nutzungsvertrag zwischen Frau S. und dem Trägerverein des Frauenhauses vor. Für darauffolgende Zeiträume wurde eine entsprechende Vereinbarung schon nicht belegt. Aber selbst wenn man davon ausgeht, dass Frau S. und der Trägerverein für die Zeiten des tatsächlichen Aufenthalts im Frauenhaus den Nutzungsvertrag konkludent unbefristet fortgeschrieben haben, folgt daraus kein Anspruch des Klägers gegen den Beklagten als zuständigen Träger des letzten gewöhnlichen Aufenthalts.

Zwar ist durch die in der Verwaltungsakte vorliegenden Bewilligungsbescheide belegt, in welcher Höhe der Kläger Frau S. und ihren Kindern Bedarfe für Aufwendungen für Unterkunft in den beiden oben beschriebenen Anspruchszeiträumen gewährt hat. Indessen kann es im Rahmen eines Regresses nach § 36a SGB II nicht darauf ankommen, in welcher Höhe der Kläger faktisch Leistungen bewilligt hat, sondern wiederum nur darauf, ob und in welcher Höhe er zur Bewilligung von Leistungen für Unterkunft und Heizung gegenüber Frau S. und ihren Kindern verpflichtet war, also rechtmäßig Leistungen nach § 22 Abs. 1 SGB II bewilligt hat. Dass das Frauenhaus in seinen Nutzungsverträgen 13,50 Euro pro Tag und pro Person als Unterkunftskosten ausgewiesen hat, macht diese Kosten nicht zu tatsächlichen Aufwendungen i.S. des § 22 Abs. 1 SGB II, wenn - wie es hier offenkundig der Fall war - auch andere Leistungen mit diesem Betrag finanziert werden.

Der Nutzungsvertrag sieht Unterkunftskosten von 13,50 Euro pro Tag pro Person vor. Wasser, Strom und Heizung sind in diesem Betrag enthalten. Da Strom jedoch aus den Regelbedarfsleistungen zu bezahlen ist, es sei denn es würde sich um Heizstrom handeln, müsste dieser Betrag von 13,50 Euro jedenfalls insoweit reduziert werden. Aus dem Betrag, den der Kläger regelmäßig Frau S. und ihren Kindern bewilligte, ergibt sich in einem Monat mit 30 Tagen für die drei Personen ein Betrag von 1.215,- Euro für das Bewohnen eines Zimmers mit Küchen- und Badmitbenutzung im Frauenhaus. Dieser Betrag ist als Betrag nur für Unterkunft und Heizung offensichtlich unangemessen hoch. Die tatsächlichen Aufwendungen des Trägervereins allein für Unterkunft und Heizung waren wie schon dargelegt tatsächlich auch deutlich geringer. Das den Bewohnerinnen und Bewohnern des Frauenhauses in Rechnung gestellte Wohngeld errechnet sich laut Rechnungsprüfungsbericht als Differenz aus Erträgen einerseits und den gesamten Betriebs- und Investitionskosten andererseits. In dem Wohngeld von 13,50 Euro täglich sind ganz überwiegend Kostenanteile enthalten, die mit der reinen Unterkunftsfunktion des Frauenhauses nichts zu tun haben. Würde bei einem Gesamtangebot von 20 Plätzen jeder Platz jeden Tag des Jahres belegt sein, könnte der Trägerverein 98.550,- Euro von den Bewohnerinnen (bzw. dem dahinterstehenden Leistungsträger) jährlich an Wohngeld einnehmen bei (schon die Reinigung umfassenden) jährlichen Raumkosten von unter 24.000,- Euro.

Die Bewilligung von Leistungen zur Deckung der Bedarfe für Unterkunft, wie sie im konkreten Fall erfolgt ist, ist von § 22 Abs. 1 SGB II somit nicht gedeckt und damit rechtswidrig.

Auch ein Regressanspruch nur in Höhe der als angemessen anzusehenden Unterkunftskosten kommt nicht in Betracht. Denn es ist nicht Sache des Gerichts, die angemessenen Kosten der Unterkunft und Heizung in dem Frauenhaus in G-Stadt zu bestimmen. Es ist vielmehr Sache des Leistungsträger nach dem SGB II hierzu in einem schlüssigen Konzept die Maßstäbe festzulegen. Entscheidet sich der Leistungsträger nach dem SGB II, wie hier der Kläger, bei Leistungsberechtigten, die in einem Frauenhaus wohnen, den auch Betreuungsleistungen erfassenden Pauschalsatz des Frauenhauses als Deckungsbeitrag zur Vermeidung eines Defizits zu berechnen und dann in den Bewilligungsbescheiden an die leistungsberechtigten Personen vollständig als tatsächliche und angemessene Aufwendung für Unterkunft anzuerkennen, so mag das im Dreiecksverhältnis Frauenhaus – leistungsberechtigte Bewohnerin – Leistungsträger nach dem SGB II nicht auf Widerspruch stoßen. Im Regressfall fehlt es dann aber gegenüber dem nach § 36a SGB II zuständigen Träger des letzten gewöhnlichen Aufenthalts schon an dem Nachweis der Höhe der tatsächlich anfallenden Aufwendungen für Unterkunft und Heizung (vgl. zu einem Fall, in dem der pauschale Tagessatz immerhin zwischen Kosten der Unterkunft und Betreuungskosten unterschied, SG Braunschweig, Urteil v. 9. Januar 2019, S 52 AS 1361/17, juris).

cc) Auch etwaige, im Tagessatz enthaltene Eingliederungskosten nach § 16a SGB II sind vom Beklagten nicht zu erstatten. Zwar deckt der vom Kläger nach § 36a SGB II geltend gemachte Tagessatz in Höhe von 13,50 Euro offenbar auch Kosten der Betreuung in dem Frauenhaus mit ab. Es ist allerdings mangels Vergütungsvereinbarung völlig offen, ob und in welchem Umfang die vom kommunalen Träger am Ort des Frauenhauses übernommenen Kosten für die Betreuung und psychologische Beratung der Zuflucht suchenden Frau und ihrer Kinder in den Tagessatz eingeflossen sind und ob insoweit überhaupt fachlich geschultes Personal eingesetzt wurde.

Vorliegend könnte es sich bei der Betreuung von Frau S. um Betreuungsleistungen i.S. des § 16a SGB II in der ab 1. Januar 2009 geltenden Fassung gehandelt haben (Vorgängerregelung in § 16 Abs. 2 SGB II a.F.). Die Bestimmung lautet: "Zur Verwirklichung einer ganzheitlichen und umfassenden Betreuung und Unterstützung bei der Eingliederung in Arbeit können die folgenden Leistungen, die für die Eingliederung des erwerbsfähigen Hilfebedürftigen in das Erwerbsleben erforderlich sind, erbracht werden: 1. die Betreuung minderjähriger oder behinderter Kinder oder die häusliche Pflege von Angehörigen, 2. die Schuldnerberatung, 3. die psychosoziale Betreuung, 4. die Suchtberatung." Jedenfalls die psychosoziale Betreuung und Suchtberatung von Frau S. und die psychosoziale Betreuung ihrer Kinder scheinen hier nach den Gesamtumständen angezeigt und erforderlich gewesen zu sein. Allerdings könnte es sich auch um Hilfe zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten im Sinne der §§ 67 f. Sozialgesetzbuch Zwölftes Buch – Sozialhilfe (SGB XII), eine nicht in die Zuständigkeit eines kommunalen Trägers nach dem SGB II fallende Leistung, gehandelt haben (vgl. zu den Schwierigkeiten der Abgrenzung Aubel in: Schlegel/Voelzke, jurisPK-SGB II, 5. Aufl., § 36a (Stand: 01.03.2020) Rn 18).

Selbst wenn man annähme, es könnte anhand der Dokumentation der Maßnahmen im Frauenhaus festgestellt werden, dass es bei der Betreuung von Frau S. um Maßnahmen nach § 16a SGB II und nicht nach § 67 SGB XII handelte, und damit um Leistungen, die grundsätzlich vom Beklagten zu erstatten wären, fehlt es auch insoweit in der zwischen dem Trägerverein und dem Kläger geschlossenen Vereinbarung nach § 17 SGB II an jeglichem Anhaltspunkt dafür, wie solche Maßnahmen zu vergüten wären. Der Vereinbarung lässt sich insbesondere nicht ansatzweise entnehmen, in welcher Höhe das sog. Wohngeld auch solche Leistungen mit abdecken soll. Die pauschale Regelung eines Wohngeldes spricht außerdem dagegen, dass die im Einzelfall erforderlichen und damit im Einzelfall unterschiedlichen Leistungen abgegolten werden. Der Umstand, dass der Kläger in seinen an Frau S. gerichteten Bescheiden seinerseits 13,50 pro Tag und pro Person als Kosten der Unterkunft ausgewiesen hat, spricht zudem dafür, dass er selbst diese Kosten komplett den Kosten der Unterkunft zurechnete. Dafür spricht weiter, dass der Kläger selbst für die Vorhaltung des Zimmers während der Reha 13,50 Euro vom Beklagten verlangt, obwohl in diesem Zeitraum keine Betreuung von Frau S. im Frauenhaus stattgefunden haben kann.

Da es nach allem an einer den Anforderungen des § 17 Abs. 2 SGB II entsprechenden Vereinbarung fehlt und der pauschale Tagessatz als Deckungsbeitrag zur Vermeidung eines Defizits von Frauenhaus und Beratungsstelle berechnet wurde, sind die Kosten der Unterbringung von Frau S. und ihren Kindern nach § 36a SGB II nicht zu erstatten. Dass der Kläger seinerseits auf der Grundlage der geschlossenen Vereinbarung tatsächlich Zahlungen an den Trägerverein geleistet hat, ist unerheblich

b) Die Klassenfahrtkosten für die Tochter von Frau S., die während des ersten Aufenthalts im Frauenhaus und vor Antritt der Reha anfielen, sind in Höhe von 150,- Euro erstattungsfähig (§ 36a i.V.m. § 28 SGB II). Es handelt sich um Kosten, die in der Vereinbarung nach § 17 SGB II nicht zu regeln sind, weil sie mit dem Betrieb des Frauenhauses selbst nichts zu tun haben.

c) Auch die belegten Umzugskosten (§ 22 Abs. 6 SGB II) sind erstattungsfähig. Auch insoweit handelt es sich um Kosten, die in der Vereinbarung nach § 17 SGB II nicht zu regeln sind, weil sie mit dem Betrieb des Frauenhauses selbst nichts zu tun haben. Zwar spricht § 36a SGB II nur von den "Kosten für die Zeit des Aufenthalts im Frauenhaus". Indessen weist § 22 Abs. 5 SGB II die Umzugskosten dem letzten zuständigen Träger zu, was hier bedeutet, dass sie nicht vom neuen Leistungsträger in K-Stadt, sondern vom letzten zuständigen Träger des gewöhnlichen Aufenthalts, dem Beklagten, zu tragen sind. Die Umzugskosten wurden mit Bescheid vom 18. November 2010 in Höhe von 278 Euro sowie Benzingeld mit Bescheid vom 14. Dezember 2010 in Höhe von 114,01 Euro bewilligt (VA BL. 509). Dass zunächst nur Umzugskosten bis 216,58 Euro zugesagt worden waren, ist unerheblich, da der Kläger die Kosten als angemessen anerkannt hat und auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie nicht angemessen waren.

Nach allem hat der Beklagte dem Kläger lediglich die Kosten der Klassenfahrt in Höhe von 150,- Euro sowie die Umzugskosten in Höhe von 392,01 Euro zu ersetzen. Denn der Kläger hat den Anspruch für diese beiden Rechnungsposten rechtzeitig geltend gemacht.

3. Hinsichtlich der als erstattungsfähig in Betracht kommenden Kosten für Klassenfahrt und Umzug hat der Kläger seinen Anspruch fristgerecht geltend gemacht. Die materielle Ausschlussfrist des § 111 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch - Sozialverwaltungsverfahren und Sozialdatenschutz (SGB X) ist auf Erstattungsansprüche nach § 36a SGB II anwendbar. Gemäß § 111 Satz 1 SGB X ist der Anspruch auf Erstattung ausgeschlossen, wenn der Erstattungsberechtigte ihn nicht spätestens zwölf Monate nach Ablauf des letzten Tages, für den die Leistung erbracht wurde, geltend macht.

Der Begriff des "Geltendmachens" meint im Zusammenhang mit § 111 SGB X keine gerichtliche Geltendmachung und keine Darlegung in allen Einzelheiten, sondern das Behaupten oder Vorbringen. Allerdings muss der Wille erkennbar werden, zumindest rechtssichernd tätig zu werden. Eine bloß "vorsorgliche" Anmeldung reicht dagegen nicht aus. Unter Berücksichtigung des Zwecks der Ausschlussfrist, möglichst rasch klare Verhältnisse darüber zu schaffen, ob eine Erstattungspflicht besteht, muss der in Anspruch genommene Leistungsträger bereits beim Zugang der Anmeldung des Erstattungsanspruchs ohne weitere Nachforschungen beurteilen können, ob die erhobene Forderung ausgeschlossen ist. Dies kann er ohne Kenntnis des Forderungsbetrags feststellen, wenn die Umstände, die im Einzelfall für die Entstehung des Erstattungsanspruchs maßgeblich sind, und der Zeitraum, für den die Sozialleistungen erbracht wurden, hinreichend konkret mitgeteilt sind. Da der Erstattungsanspruch i. S. des § 111 SGB X bereits geltend gemacht werden kann, bevor die Ausschlussfrist zu laufen begonnen hat, können allgemeine Angaben genügen, die sich auf die im Zeitpunkt des Geltendmachens vorhandenen Kenntnisse über Art und Umfang künftiger Leistungen beschränken (BSG, Urteil v. 18. November 2014, B 1 KR 12/14 R, juris Rn. 17).

Bei einer Erstattung nach § 36a SGB II ist für ein wirksames Geltendmachen zumindest zu fordern, dass für den Adressaten (Erstattungspflichtigen) ansatzweise erkennbar wird, warum Zuflucht in einem Frauenhaus gesucht wird

Der Kläger machte mit Schreiben vom 16. Oktober 2008 (eingegangen beim Beklagten am 22. Oktober 2008, VA Bekl. Bl. 83) erstmals unter dem Betreff "Kostenerstattung bei Aufenthalt im Frauenhaus gem. § 36a SGB II” Kostenersatz für die Zeit ab dem 30. September 2008 geltend und bat um schriftliche Bestätigung des Eingangs und der Anerkennung des Kostenerstattungsantrags (VA Bl. 60). Weitere Schreiben vom 3. Dezember 2008 (VA Bekl. Bl. 92), 9. Februar 2010 (Bl. 93) und 1. März 2010 (Bl. 99) folgten. In keinem der Schreiben wird erklärt, woraus sich die Fluchtsituation für Frau S. ergeben habe. Erst das Schreiben vom 1. März 2010 enthält eine Anlage (Schreiben des Trägervereins des Frauenhauses G-Stadt vom 25. Februar 2010), in dem es heißt: "Zum Zeitpunkt der Aufnahme übten ihr getrennt lebender Ehemann und dessen Familie psychische und körperliche Gewalt gegen sie aus. Obwohl sie nicht mit ihm in einem Haushalt lebte, benötigte sie den Schutz unserer Einrichtung und musste ihre Wohnung in E-Stadt aufgeben" (VA Bekl. Bl. 100).

Erst mit dieser Angabe war für den Beklagten erkennbar, warum Frau S. in G-Stadt Zuflucht gesucht hatte. Denn sie wurde schon durch das Frauenhaus in E-Stadt ambulant betreut. Auch hatte der Beklagte ihr eine eigene Wohnung genehmigt und finanzierte diese auch, nicht wissend, dass sie von Frau S. gar nicht bezogen worden war. Bis zum Schreiben des Klägers vom 1. März 2010 war es danach für den Beklagten nicht erkennbar und auch nicht nachvollziehbar, warum Frau S. nach Auszug aus der gemeinsamen Wohnung mit dem Lebensgefährten in N-Stadt und der Anmietung einer eigenen Wohnung in E-Stadt weiterhin einer Bedrohungslage ausgesetzt sein könnte. Ein Zufluchtsuchen lag nach dem Kenntnisstand des Beklagten nicht erkennbar vor, weswegen er die Erstattung auch ablehnte. Bis zum Schreiben vom 1. März 2010 konnte der Beklagte nicht beurteilen, ob die Voraussetzungen des § 36a SGB II vorlagen. Allerdings ist das klägerische Schreiben vom 1. März 2010 insofern unrichtig, als es ausführt: "Obwohl sie nicht mit ihm in einem Haushalt lebte, benötigte sie den Schutz unserer Einrichtung und musste ihre Wohnung in E-Stadt aufgeben", und damit fälschlich den Eindruck erweckt, Frau S. habe nicht mit ihrem Mann zusammengelebt. Ob es auf die Unrichtigkeit der Erläuterung ankommt oder nicht, kann hier dahinstehen. Denn spätestens mit Klageerhebung am 21. September 2010, Zustellung am 4. Oktober 2010, liegt ein Geltendmachen vor.

Nach dem oben Gesagten sind die Aufwendungen des Klägers, für die der Beklagte dem Grunde nach leistungspflichtig ist, die Kosten der Klassenfahrt der Tochter von Frau S. vom 5. bis 9. Oktober 2009 in Höhe von 150,- Euro sowie die Umzugskosten inklusive Benzingeld für den Umzug am 25. November 2010 in Höhe von gesamt 392,01 Euro. Beide Ansprüche sind binnen der einjährigen Ausschlussfrist des § 111 SGB X am 4. Oktober 2010 geltend gemacht worden. Damit greift die Ausschlussfrist des § 111 SGB X weder für die Umzugskosten noch für die Kosten der Klassenfahrt.

III. Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. § 155 VwGO und folgt den Anteilen des jeweiligen Obsiegens- und Unterliegens der Beteiligten.

Revisionszulassungsgründe nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Auf die vom Bundessozialgericht bislang offen gelassene Frage, ob die Erstattungspflicht des Trägers des letzten gewöhnlichen Aufenthalts schon endet, sobald ein tatsächlicher, oder erst endet, sobald ein neuer gewöhnlicher Aufenthalt begründet wird (BSG, Urteil v. 23. Mai 2012, B 14 AS 190/11 R, juris Rn. 19), kommt es nicht entscheidungserheblich an.
Rechtskraft
Aus
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