L 13 VG 64/15

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
13
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 28 VG 6/09
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 13 VG 64/15
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 1/21 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.03.2015 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Grundrentenleistungen nach einem höheren GdS als 30 unter Berücksichtigung eines besonderen beruflichen Betroffenseins, Ausgleichsrente und Berufsschadensausgleich.

Der am 00.00.1946 geborene Kläger ist verheiratet und hat zwei Kinder. Er erlernte zunächst den Beruf des Optikers, später den des Bankkaufmanns. Ab 1979 war er selbständig tätig, seit den 1980er Jahren im Außendienst für die Bausparkasse T. 1999 erzielte er Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 83.205 DM, 2000 in Höhe von 85.235 DM und 2001 in Höhe von 58.938 DM.

Am 30.12.1999 hielt sich der Kläger in der Raiffeisenbank T1 auf, als diese von zwei maskierten und bewaffneten Bankräubern überfallen wurde. Der Kläger, der sich wie andere Angestellte und Besucher der Bank auf den Boden legte, wurde nicht verletzt oder unmittelbar bedroht. Die später von der Polizei ermittelten Täter wurden 2003 wegen anderer Überfälle zu einer Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Wegen des Überfalls am 30.12.1999 wurde das Verfahren nach § 154 StPO eingestellt.

Der Kläger wurde zeitnah ambulant und stationär insbesondere wegen einer PTBS behandelt. Am 09.05.2000 teilte das Deutsche Institut für Psychotraumatologie in L mit, die Behandlung sei abgeschlossen. Es liege keine Störung mit Krankheitswert mehr vor. Nach einer Wiedereingliederung begab sich der Kläger ab September 2000 erneut in therapeutische Behandlung. Ab April 2001 wurde er wieder arbeitsunfähig. Zum Ende des Monats Januar 2002 beendete der Kläger sein Vertragsverhältnis mit der Bausparkasse T und erhielt einen Ausgleich in Höhe von 111.571 DM.

Die für den Kläger zuständige Berufsgenossenschaft, die Verwaltungs-Berufsgenossenschaft (VBG), erkannte den Überfall als Arbeitsunfall an und zahlte eine Verletztenrente zunächst vom 02.05.2000 bis zum 30.04.2002, ab dem 01.09.2000 in Höhe von 1.227,10 EUR monatlich. Auf Grundlage insbesondere eines Gutachtens des Facharztes für Psychiatrie und Psychotherapie Dr. P aufgrund ambulanter Untersuchung des Klägers am 16.02.2005 erkannte die VBG mit Bescheid vom 26.07.2005 als Unfallfolgen eine chronifizierte PTBS mittlerer Ausprägung mit Verschlimmerung eines vorbestehenden Tinnitus links und Tinnitus rechts an und gewährte dem Kläger Rentenleistungen auf unbestimmte Zeit nach einer MdE von 30 v.H. Ab März 2005 betrug die monatliche Rentenhöhe 1.266,64 EUR. Wegen späterer Steigerungen wird auf das Schreiben der VBG an den Beklagten vom 14.09.2010 Bezug genommen. Dr. P hielt den Kläger für dauerhaft arbeitsunfähig wegen des Arbeitsunfalls. Es sei nicht absehbar, dass der Kläger wieder arbeitsfähig werde. Die VBG gewährte dem Kläger zunächst Verletztengeld bis zum 01.05.2000 und dann wieder vom 18.04.2001 bis zum 06.05.2002 (anfänglich in Höhe von kalendertäglich 163,61 EUR). 2005 gewährte sie Verletztengeld rückwirkend bis zum 15.10.2002 und aufgrund eines Vergleichs vom 10.12.2007 in einem sozialgerichtlichen Klageverfahren (S 18 U 303/05) schließlich mit Bescheid vom 31.01.2008 über den 15.10.2002 hinaus bis zum 30.06.2005 in Höhe von zuletzt kalendertäglich 174,56 EUR (monatlich 5.236,80 EUR). Die Nachzahlungen wurden entsprechend verzinst.

Das Versorgungsamt L stellte mit Bescheid vom 12.04.2002 unter Berücksichtigung diverser Erkrankungen und Änderung eines früheren Bescheides vom 09.04.1998 ab dem 23.10.2001 einen GdB von 40 und mit Bescheid vom 18.10.2005 ebenfalls ab dem 23.10.2001 einen GdB von 50 fest.

Die Deutsche Rentenversicherung (DRV), bei der der Kläger ab 1979 freiwilliges Mitglied war, gewährte dem Kläger nach anfänglicher Ablehnung von Rentenleistungen nach einem sozialgerichtlichen Klageverfahren (S 6 RA 304/04) auf Grundlage eines Sachverständigengutachtens nach Aktenlage von Dr. P mit Bescheid vom 28.12.2005 Rentenleistungen wegen voller Erwerbsminderung auf Dauer ab März 2005 (zunächst in Höhe von 712,33 EUR monatlich - wegen der folgenden Rentenerhöhungen wird auf das Schreiben der DRV an den Beklagten vom 15.09.2010 verwiesen), mit Bescheid vom 08.03.2007 Rentenleistungen wegen teilweiser Erwerbsminderung für den Zeitraum Oktober 2003 bis März 2004 (in Höhe von 349,09 EUR monatlich) und mit Bescheid vom 12.04.2007 Rentenleistungen wegen voller Erwerbsminderung nunmehr ab April 2004. Dr. P führte in dem Gutachten aus, der Kläger sei seit März 2001 durchgehend arbeitsunfähig. Seit 2010 bezieht der Kläger eine abschlagsfreie Altersrente für schwerbehinderte Menschen, ab 2011 in Höhe von 735,52 EUR monatlich, ab 2015 in Höhe von 763,47 EUR.

Ab April 2004 erhielt der Kläger eine Altersversorgung der Bausparkasse T in Höhe von anfänglich 217,26 EUR monatlich. Von August 2001 bis zur Auszahlung der Versicherungen in 2006 und 2007 erhielt er Rentenleistungen wegen Berufsunfähigkeit aus Lebensversicherungen in Höhe von zuletzt (Juli 2006) 1.407,99 EUR monatlich. 2006 und 2007 wurden u.a. aus diesen Versicherungen insgesamt über 200.000 EUR ausgezahlt. Hinzu kamen regelmäßige Zinseinkünfte und Mieteinnahmen. Wegen der weiteren Einzelheiten seiner damaligen Einkommensverhältnisse wird auf das Schreiben des Klägers an den Beklagten vom 03.10.2010 Bezug genommen.

Am 13.05.2002 beantragte der Kläger beim damaligen Versorgungsamt L Versorgungsleistungen nach dem OEG i.V.m. dem BVG wegen der Folgen des Miterlebens des Banküberfalls am 30.12.1999. Im Anschluss an die dauerhafte Rentengewährung durch die VBG gewährte das Versorgungsamt L mit Bescheid vom 12.09.2005 dem Grunde nach Leistungen nach dem OEG i.V.m. dem BVG und stellte als Schädigungsfolgen "Chronifizierte posttraumatische Belastungsstörung mittlerer Ausprägung mit Verschlimmerung eines vorbestehenden Tinnitus links und Tinnitus rechts" fest. Auf Seite 2 des Bescheides hieß es, der "Tinnitus links" sei weder hervorgerufen, noch verschlimmert. Die MdE betrage ab dem 01.05.2002 30 v.H. Es bestehe Anspruch auf Grundrente (von zunächst 115 EUR monatlich) sowie Heil- und Krankenbehandlung, die aber beide nach § 65 BVG wegen der Vorrangigkeit der Leistungen der VBG ruhten. Ob ein besonderes berufliches Betroffensein oder erheblicher schädigungsbedingter Einkommensverlust vorlägen, könne wegen der Höhe der Unfallrente dahinstehen.

Der Kläger legte am 04.10.2005 Widerspruch ein. Es seien weitere Schädigungsfolgen festzustellen und die MdE betrage mehr als 30 v.H. Die Bezirksregierung N wies den Widerspruch nach Beiziehung der weiteren Ermittlungsergebnisse der VBG und Einholung einer versorgungsärztlichen Stellungnahme mit Widerspruchsbescheid vom 14.08.2006 zurück.

Der Kläger erhob hiergegen Klage vor dem Sozialgericht Köln (S 8 VG 398/06) und machte neben der Feststellung weiterer Schädigungsfolgen und einer höheren MdE aus medizinischen Gründen geltend, es liege ein besonderes berufliches Betroffensein vor und es stünden Ausgleichsrente, Berufsschadensausgleich sowie Versorgungskrankengeld zu (Schriftsatz vom 12.11.2006). Nach den Feststellungen von Dr. P habe ein Dauerzustand in dem Sinne, dass eine Wiedererlangung der Arbeitsfähigkeit nicht mehr zu erwarten sei, erst im Februar 2005 bestanden. Zu einem früheren Zeitpunkt könne ein Dauerzustand nicht festgestellt werden. Mit dem angefochtenen Bescheid sei über sämtliche Leistungen entschieden worden. In einem Erörterungstermin vor dem Sozialgericht am 03.12.2007 einigten sich der Kläger und das damals beklagte Land vergleichsweise dahingehend, dass der Passus zum Tinnitus links auf Seite 2 des angefochtenen Bescheides aufgehoben werde. Auch der Widerspruchsbescheid vom "12.09.2005" (gemeint war der Widerspruchsbescheid vom 14.08.2006 betreffend den Widerspruch gegen den Bescheid vom 12.09.2005) werde aufgehoben. Das damals zuständige Versorgungsamt solle nochmals über die Schädigungsfolgen und die MdE unter Einbeziehung eines besonderen beruflichen Betroffenseins entscheiden. Außerdem solle ausgehend von einer Antragstellung am 03.06.2002 über Ausgleichsrente, Berufsschadensausgleich und Versorgungskrankengeld entschieden werden.

In Ausführung dieses Vergleichs erließ der zum 01.01.2008 an die Stelle des Versorgungsamts getretene Beklagte am 15.01.2008 einen Bescheid, mit dem er unter Aufhebung der bisherigen Bescheide die Schädigungsfolgen und den nunmehr als solchen bezeichneten GdS wie zuvor bzw. in derselben Höhe feststellte, ausführte, dass der Leistungsanspruch ruhe und weitere Ermittlungen sowie eine Bescheidung hinsichtlich der weiteren Leistungen ankündigte.

Der Kläger legte am 21.02.2008 Widerspruch ein, da eine Aufhebung des Bescheides vom 12.09.2005 nicht Gegenstand des Vergleichs gewesen sei.

Der Beklagte zog erneut Unterlagen der VBG sowie der DRV bei und holte einen Befundbericht der Diplompsychologin N1 sowie eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. D ein. Die Diplompsychologin N1 gab eine fortbestehende Arbeitsunfähigkeit und eine gleichbleibende MdE an. Dr. D sah Hinweise auf Vorbelastungen, keine Verschlimmerung der PTBS und Anzeichen für eine Verschiebung der Wesensgrundlage. Der Unfall sei nicht gleichwertige Bedingung für die Erwerbsminderung. Es bestünden noch therapeutische Optionen.

Mit Bescheid vom 10.02.2009 lehnte der Beklagte eine Erhöhung des GdS wegen besonderen beruflichen Betroffenseins, eine Ausgleichsrente und einen Berufsschadensausgleich ab. Für die Ausgleichsrente fehle es an einem GdS von 50. Im Übrigen schieden diese Leistungen aus, da noch Leistungen zur medizinischen Rehabilitation erfolgversprechend seien. Dies ergebe sich aus dem eingeholten Befundbericht und der Stellungnahme von Dr. D. Der Kläger legte am 13.03.2009 Widerspruch ein. Ein Vorschaden sei nicht erwiesen, eine Verschiebung der Wesensgrundlage nicht ersichtlich. Rehabilitationsmaßnahmen seien nicht möglich bzw. zumutbar. Die behandelnde Therapeutin spreche von Therapieresistenz. Sowohl sie, als auch Dr. P gingen von durchgängiger Arbeitsunfähigkeit aus. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 19.08.2009, zugestellt am 21.08.2009 zurück.

In einem parallelen Verwaltungs-, Vor-, Klage- und Berufungsverfahren (S 28 VG 68/10 = L 13 VG 65/15) stritten bzw. haben die Beteiligten über die Zahlung von Versorgungskrankengeld gestritten.

Der Kläger hat am 14.09.2009 beim Sozialgericht Köln Klage erhoben.

Er hat vorgetragen, die versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. D sei unzutreffend. § 29 BVG stehe den begehrten Leistungen nicht entgegen. Der medizinische GdS sei nach § 30 Abs. 2 BVG sogar um 20 zu erhöhen. Wenn ein Betroffener wie in seinem Fall infolge der Schädigung aus dem Berufsleben ausscheide, liege nicht nur ein besonderes, sondern ein außergewöhnliches berufliches Betroffensein vor. Die vom Beklagten angestellten Berechnungen zum Berufsschadensausgleich seien unzutreffend. Es komme auch ein sogenannter Renten-Berufsschadensausgleich in Betracht. Unabhängig davon, ob die Ansprüche ruhten, bestehe jedenfalls ein Anspruch darauf, dass diese festgestellt würden.

Der Beklagte hat unter Bezugnahme auf eine versorgungsärztliche Stellungnahme von Dr. S, der anders als Dr. D Rehabilitationsmaßnahmen nicht mehr für erfolgversprechend gehalten und einen Dauerzustand angenommen hat, ausgeführt, ab März 2005 werde nicht mehr angenommen, dass Leistungen an § 29 BVG scheiterten. Eine Erhöhung des GdS wegen besonderen beruflichen Betroffenseins komme aber nur während der Zeit des Erwerbslebens in Betracht. Es fehle nach den Ausführungen von Dr. D auch an einer Kausalität des Überfalls für das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben. Anspruch auf Berufsschadensausgleich bestehe nicht. Auf die Berechnungen des Beklagten in seinem Schriftsatz vom 03.01.2011 wird Bezug genommen. Ein Rentenberufsschadensausgleich komme nicht in Betracht, da der Kläger in seinem Erwerbsleben überwiegend selbständig tätig gewesen sei. Jedenfalls liege die Rente der VBG mit mittlerweile über 1300 EUR über den potentiellen Leistungen nach dem OEG i.V.m. dem BVG. Der Kläger beantrage zum Teil entgegen § 60 BVG Leistungen bereits ab 1999. Eine Einigung auf einen GdS von 40 komme nicht in Betracht.

Das Sozialgericht hat den Kläger wiederholt zum Betreiben des Verfahrens aufgefordert, worauf der Kläger jeweils innerhalb von drei Monaten reagiert hat, Befundberichte eingeholt, in einem ersten Verhandlungstermin am 28.01.2013 eine vergleichsweise Einigung auf einen GdS von 40 angeregt und nach dort erteilter Zustimmung der Beteiligten zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung die Klage mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 10.03.2015 abgewiesen. Der Kläger habe einen Anspruch auf Feststellung der Leistungen dem Grunde nach. Eine Feststellung zum medizinischen GdS sei dem Gericht verwehrt. Eine Ausgleichsrente scheitere daran, dass kein GdS von 50 festgestellt sei. Eine besondere berufliche Betroffenheit liege nicht vor. Bei der vorzunehmenden Gesamtschau seien insbesondere das Ausmaß der Schädigung und die finanziellen Verhältnisse zu berücksichtigen. Der GdS von 30 erfülle aber nur knapp die Voraussetzungen einer Rentenberechtigung. Gleichzeitig verfüge der Kläger über eine Unfallrente der VBG, Rentenleistungen der DRV, eine Rente der Bausparkasse T und Rentenleistungen aus privaten Versicherungen. Für die Zeit vor dem Ausscheiden aus dem Erwerbsleben sei nicht ersichtlich, warum der Kläger nicht im Innendienst gearbeitet habe. Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 ff. BVG scheide ebenfalls aus. Das hier fiktiv zu bestimmende Bruttoeinkommen übersteige das maßgebliche Vergleichseinkommen.

Der Kläger hat gegen das seinem Bevollmächtigten am 07.08.2015 zugestellte Urteil am 07.09.2015 Berufung eingelegt.

Er trägt ergänzend vor, es sei sehr wohl eine Entscheidung über den GdS möglich. Dieser sei deshalb höher zu bewerten, da Dr. P im Rentenverfahren eine Verschlimmerung im Sinne einer Chronifizierung angenommen habe. Die bezogenen Versicherungsleistungen stünden der Annahme eines außergewöhnlichen beruflichen Betroffenseins nicht entgegen. Infolge des Unfalls hätten die Beiträge zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht mehr in angemessener Höhe gezahlt werden können.

Der Kläger beantragt:

1. Das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.03.2015 - Az. S 28 (12, 35, 17) VG 6/09 wird abgeändert.

2. Der Bescheid des Versorgungsamtes L vom 12.09.2005 und die Bescheide des Beklagten vom 15.01.2008 und 10.02.2009 in der Gestalt, die die Bescheide durch den Widerspruchsbescheid des Beklagten vom 19.08.2009 gefunden haben, werden geändert.

3. Der Beklagte wird verurteilt, den bei dem Kläger wegen der Folgen der bei dem Ereignis vom 30.12.1999 durch schädigende Einwirkungen im Sinne des § 1 OEG hervorgerufenen Gesundheitsschädigungen bestehenden GdS für die Zeit ab 30.12.1999 mit 50 festzustellen unter Berücksichtigung einer Erhöhung des GdS gemäß § 30 Abs. 2 BVG, § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG wegen besonderer beruflicher Betroffenheit durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten Beruf.

4. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger die Grundrente ab 1.5.2002 nach einem GdS von 50 zu gewähren nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen.

5. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Berufsschadensausgleich gemäß § 30 Abs. 3 BVG, § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren für die Zeit ab 30.12.1999.

6. Der Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Ausgleichsrente gemäß §§ 32 ff. BVG, § 1 Abs. 1 Satz 1 OEG nach einem GdS von 50 nach näherer Maßgabe der gesetzlichen Bestimmungen zu gewähren für die Zeit ab 30.12.1999.

7. Der Beklagte hat dem Kläger dessen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte erwidert, Leistungen könnten wegen § 60 BVG allenfalls ab Mai 2002 beantragt werden. Anhaltspunkte für eine Verschlimmerung der anerkannten Leiden lägen nicht vor. Es sei entsprechend der Stellungnahme von Dr. D zweifelhaft, ob der Kläger gerade wegen des Überfalls aus dem Erwerbsleben ausgeschieden sei. Jedenfalls könne eine solche Kausalität regelmäßig dann nicht mehr angenommen werden, wenn der Beruf bis zum 60. Lebensjahr ausgeübt werde. Es komme allenfalls eine Erhöhung um 10 in Betracht. Es zeige sich angesichts der finanziellen Verhältnisse aber eher keine besondere berufliche Betroffenheit. Selbst wenn einzelne Elemente der Berechnung des Berufsschadensausgleichs zu korrigieren wären, ergäbe sich kein so großer Betrag, dass die Leistungen der VBG überstiegen würden.

Der Berichterstatter hat den Kläger zum Betreiben des Verfahrens aufgefordert, woraufhin der Kläger innerhalb von drei Monaten reagiert hat. Der Sach- und Streitstand ist mit den Beteiligten in einem Termin am 20.05.2016 erörtert worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens, die Gerichtsakten der beigezogenen Verfahren S 8 VG 398/06 sowie S 28 VG 68/10 = L 13 VG 65/15 und die beigezogenen Verwaltungsakten des Beklagten, der DRV sowie der VBG Bezug genommen, deren jeweiliger wesentlicher Inhalt Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Weder das Klage-, noch das Berufungsverfahren hat sich durch fiktive Klage- bzw. Berufungsrücknahme erledigt, da der Kläger jeweils innerhalb von drei Monaten auf die jeweiligen Betreibensaufforderungen reagiert hat.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das Sozialgericht hat die Klage im Ergebnis zu Recht abgewiesen, da diese jedenfalls unbegründet ist. Der Kläger ist durch die angefochtenen Bescheide nicht im Sinne von § 54 Abs. 2 Satz 1 SGG beschwert, da diese rechtmäßig sind.

Streitgegenstand ist zunächst der Bescheid vom 10.02.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 19.08.2009, mit dem über eine Erhöhung des GdS wegen besonderen beruflichen Betroffenseins, Ausgleichsrente und Berufsschadensausgleich entschieden worden ist. Mit seinem Klageantrag vom 08.04.2013 und seinem Berufungsvortrag richtet sich der Kläger allerdings auch gegen den Bescheid vom 12.09.2005, mit dem dem Grunde nach eine Grundrente nach einem GdS von 30 sowie Heilbehandlung gewährt wurden. Darin liegt keine Klageänderung i.S.v. § 99 SGG. Zwar hatten der Kläger in seinem Widerspruch sowie im Klageschriftsatz vom 09.09.2009 und der Beklagte im Widerspruchsbescheid lediglich den Bescheid vom 10.02.2009 erwähnt. Der Widerspruchsbescheid vom 19.08.2009 ist jedoch dahingehend auszulegen, dass das nach dem gerichtlichen Vergleich vom 03.12.2007 noch offene Widerspruchsverfahren betreffend den Bescheid vom 12.09.2005, den der Beklagte durch den Ausführungsbescheid vom 15.01.2008 ersetzt hat, damit ebenfalls abgeschlossen werden sollte. Dies gilt umso mehr, als der GdS einheitlich zu bilden ist. Der rein medizinische GdS und dessen Erhöhung nach § 30 Abs. 2 BVG sind lediglich unterschiedliche Begründungelemente des Streitgegenstandes Grundrente (vgl. BSG, Urteil vom 13.12.1979 - 9 RV 56/78, juris Rn. 14 ff.). Damit können auch weitere Schädigungsfolgen und der GdS überprüft werden

1) Rentenleistungen

a) Medizinischer GdS

Über die bereits anerkannten Schädigungsfolgen hinaus können weitere Schädigungsfolgen schon deshalb nicht anerkannt werden, weil der Kläger nicht Opfer einer vorsätzlich rechtswidrigen Gewalttat im Sinne des OEG geworden ist. Denn eine solche setzt nach dem Urteil des BSG vom 16.12.2014 (B 9 V 1/13 R, juris Rn. 20 ff.) eine körperliche Gewalteinwirkung voraus. Eine bloße Bedrohung ist danach nicht ausreichend (vgl. BSG, a.a.O., Rn. 23). Der Kläger ist schon nach seinem eigenen Vortrag, der durch die Feststellungen des damaligen D-Arztes ebenso bestätigt wird, wie durch die staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten, nicht unmittelbarer körperlicher Gewalt ausgesetzt gewesen. In den Unterlagen der VBG heißt es sogar, er habe sich seinerzeit auf Aufforderung eines Kollegen und nicht wegen einer unmittelbaren Bedrohung durch die Täter auf den Boden gelegt.

Die durch den Bescheid vom 12.09.2005 bzw. den diesen ersetzenden Bescheid vom 15.01.2008 erfolgte Feststellung von Schädigungsfolgen bindet den Beklagten und die Gerichte im Hinblick auf die tatbestandliche Voraussetzung einer vorsätzlich, rechtswidrigen Gewalttat lediglich bei der Beurteilung ebendieser Schädigungsfolgen, nicht aber bei der Prüfung weiterer Schädigungsfolgen (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 3/13 R, juris Rn. 18; Urteil vom 08.11.2007 - B 9/9a V 1/06 R, juris Rn. 26; Urteil vom 09.12.1998 - B 9 V 46/97 R, juris Rn 11 f.; Urteil vom 09.12.1998 - B 9 V 45/97 R, juris Rn 11 f.; Urteil vom 14.03.1972 - 9 RV 388/71, juris Rn. 29 ff.; Urteil vom 27.11.1962 - 11 RV 276/62, juris Rn. 10; vgl. auch BSG, Urteil vom 03.11.1961 - 8 RV 1337/59, juris Rn. 17 ff.). Dies gilt umso mehr, als eine isolierte Feststellung, dass ein tätlicher Angriff i.S.d. OEG vorliegt, unzulässig ist (vgl. BSG, Urteil vom 16.12.2014 - B 9 V 1/13 R, juris Rn. 12 ff.). Allein die Ausführungen des BSG in seinem Urteil vom 22.06.1967 (9 RV 188/66, juris Rn. 12 ff.) könnten anders verstanden werden, wenn es dort unter Rn. 17 heißt: "Einer solchen Verschlimmerung ist der Fall gleichzustellen, daß die Auswirkungen des schädigenden Ereignisses (Unfall) in der Leidensbezeichnung nicht vollständig erfaßt worden sind, etwa weil sich weitere Folgen der anerkannten Schädigung erst später bemerkbar machten." Allerdings hat sich derselbe Senat in der bereits erwähnten späteren Entscheidung vom 14.03.1972 (9 RV 388/71, juris Rn. 29) - und in den ebenfalls bereits zitierten weiteren Entscheidungen - im hier vertretenen Sinne geäußert. Ob es sich dabei um eine Klarstellung oder eine Rechtsprechungsänderung gehandelt hat, kann dahinstehen.

Die bereits anerkannten Schädigungsfolgen sind zutreffend nach den Vorgaben der damaligen AHP bzw. den nunmehr gültigen VMG bewertet worden. Anhaltspunkte für Verschlimmerungen sind nicht ersichtlich. Dies ergibt sich aus den überzeugenden Feststellungen der im Verwaltungsverfahren der VBG und zum Teil auch im Klageverfahren gegen die DRV gehörten Sachverständigen Dr. P und Prof. Dr. Dr. T2. Danach bedingt die anerkannte PTBS (gerade) einen GdS von 30, was in Übereinstimmung steht mit Teil B Nr. 3.7 VMG sowie den Vorgaben des Ärztlichen Sachverständigenbeirats Versorgungsmedizin beim Bundesministerium für Arbeit und Soziales in seinem Beschluss vom 06./07.11.2008 "PTBS - Klinik und Begutachtung". Der Tinnitus bedingt ausweislich der Gutachten und nach Maßgabe von Teil B Nr. 5.3 VMG einen GdS von 10, woraus sich unter Beachtung von Teil A Nr. 3.d.ee. Satz 1 VMG insgesamt ein GdS von 30 ergibt. Soweit ein Teil der bestehenden psychischen Beschwerden dem Tinnitus zugerechnet würde, was für diesen isoliert eine höhere Bewertung ermöglichen könnte, änderte auch dies nichts am Gesamt-GdS, da dann jedenfalls entsprechend den überzeugenden Ausführungen von Dr. P von erheblichen Überschneidungen auszugehen wäre.

Soweit der Kläger unter Bezug auf die Stellungnahme von Dr. P im Rentenverfahren meint, dieser habe eine zu einer Höherbewertung führende Verschlimmerung festgestellt, verkennt er, dass Dr. P im Rentenverfahren nur nach Aktenlage gehört worden ist und eine Chronifizierung des Leidens bereits in seinem Gutachten für die VBG angenommen und in die dortige Bewertung einbezogen hatte. In der Stellungnahme nach Aktenlage im Rentenverfahren nahm er die Verschlechterung bzw. Chronifizierung entsprechend ab einem Zeitpunkt vor seiner Untersuchung für die VBG an. Erst unter Berücksichtigung dieser Chronifizierung war es möglich, trotz einer gewissen Stabilisierung im zeitlichen Verlauf und weitgehend intakten sozialen Verhältnissen überhaupt eine stärker behindernde Störung und damit einen GdS von 30 anzunehmen.

Eine spätere Verschlimmerung ist nicht ersichtlich. In ihren Befundberichten aus 2008 für den Beklagten und 2010 im zugrunde liegenden Klageverfahren bestätigte die behandelnde Psychotherapeutin eine "gleichbleibende MdE".

b) Besonderes berufliches Betroffensein

Eine Erhöhung des GdS wegen besonderen beruflichen Betroffenseins nach § 30 Abs. 2 BVG scheitert aus denselben Gründen wie die Anerkennung weiterer Schädigungsfolgen, also daran, dass gar kein tätlicher Angriff im Sinne von § 1 OEG vorliegt.

Wenn nach der dargestellten Rechtsprechung des Bundessozialgerichts zwar nicht bei der Prüfung der Verschlimmerung anerkannter Schädigungsfolgen, wohl aber bei der Prüfung weiterer Schädigungsfolgen die tatbestandlichen Voraussetzungen des Grundanspruchs zu prüfen sind, dann gilt dies auch für die Prüfung von § 30 Abs. 2 BVG. Dass es sich hierbei um keinen abtrennbaren Streitgegenstand handelt, wie ebenfalls bereits dargestellt, steht dem deshalb nicht entgegen, da auch weitere Schädigungsfolgen innerhalb des Streitgegenstandes "Grundrente" nur ein Begründungselement darstellen.

Im Übrigen liegt auch kein besonderes berufliches Betroffensein vor.

Gemäß § 30 Abs. 2 BVG ist der Grad der Schädigungsfolgen höher zu bewerten, wenn Beschädigte durch die Art der Schädigungsfolgen im vor der Schädigung ausgeübten oder begonnenen Beruf, im nachweisbar angestrebten oder in dem Beruf besonders betroffen sind, der nach Eintritt der Schädigung ausgeübt wurde oder noch ausgeübt wird. Das ist insbesondere der Fall, wenn 1. auf Grund der Schädigung weder der bisher ausgeübte, begonnene oder nachweisbar angestrebte noch ein sozial gleichwertiger Beruf ausgeübt werden kann, 2. zwar der vor der Schädigung ausgeübte oder begonnene Beruf weiter ausgeübt wird oder der nachweisbar angestrebte Beruf erreicht wurde, Beschädigte jedoch in diesem Beruf durch die Art der Schädigungsfolgen in einem wesentlich höheren Ausmaß als im allgemeinen Erwerbsleben erwerbsgemindert sind, oder 3. die Schädigung nachweisbar den weiteren Aufstieg im Beruf gehindert hat.

Jedenfalls nach den Ausführungen von Dr. P kommt hier eine wesentliche Ursächlichkeit der anerkannten Schädigungsfolgen für das Ausscheiden des Klägers aus seinem Beruf in Betracht (vgl. zum Wesentlichkeitsbegriff im Rahmen von § 30 Abs. 2 BVG BSG, Urteil vom 28.05.1997 - 9 RV 25/95, juris Rn. 15). Und ein schädigungsbedingtes Ausscheiden aus dem Beruf bedeutet regelmäßig ein besonderes berufliches Betroffensein.

Je älter der Beschädigte aber ist, "um so schwieriger wird es, den Nachweis schädigungsbedingten Ausscheidens zu erbringen, weil mit zunehmendem Lebensalter auch Nichtbeschädigte aus unterschiedlichen, auch für Beschädigte geltenden Gründen in immer größerer Zahl das Erwerbsleben aufgeben. Etwa mit Erreichen des 60. Lebensjahres verschlechtert sich die Beweislage entscheidend zu Lasten des Beschädigten. Anders als bei einem Beschädigten mittleren Lebensalters fehlen ab dann regelmäßig äußere Anhaltspunkte dafür, daß der schädigungsbedingte Motivanteil für das Ausscheiden aus dem Erwerbsleben wesentlich ist, weil sich Beschädigte und Nichtbeschädigte aus den verschiedensten, auch gebündelten Motiven bei diesem Schritt ununterscheidbar gleichförmig verhalten" (BSG, Urteil vom 12.12.1995 - 9 RV 9/95, juris Rn. 14). Das Ausmaß dieser Schädigung kann zudem "nur beurteilt werden, wenn die wirtschaftlichen und sonstigen Nachteile des Beschädigten in Betracht gezogen werden ... Dabei sind neben dem Alter und den persönlichen und beruflichen Verhältnissen des Betroffenen insbesondere seine Einkommensverhältnisse zu berücksichtigen." (BSG, Urteil vom 14.03.1975 - 10 RV 189/74, juris Rn. 17 a.E.). Jedenfalls bei nicht geringfügigen Einkommen wird eine im Sinne von § 30 Abs. 2 BVG erhebliche wirtschaftliche Einbuße bei 20% gesehen (vgl. BSG, Urteil vom 22.04.1998 - B 9 V 23/97 R, juris Rn. 11).

Ein Vergleich des zu versteuernden Einkommens im Jahr 1999, an dessen Ende die Schädigung erfolgte, weswegen sie auf das Jahreseinkommen keinen relevanten Einfluss mehr haben konnte, mit dem Einkommen, das der Kläger in den folgenden Jahren erzielte - wobei das Einkommen aus Gewerbebetrieb 2000 sogar noch höher lag als 1999 - und das gerade wegen der Schädigung erzielt wurde, zeigt, dass letzteres deutlich höher war. Den ca. 83.000 DM an Einnahmen aus Gewerbetrieb 1999 stehen insbesondere gegenüber Verletztengeld der VBG von 2001 bis 2005 in Höhe von zuletzt mehr als 5.000 EUR monatlich, monatlich mehr als 1.000 EUR aus privaten Berufsunfähigkeitsversicherungen bis 2006, Rentenleistungen der VBG in Höhe von mehr als 1.000 EUR auf Dauer und Erwerbsminderungsrente ab 2004 in Höhe von mehr als 700 EUR (zur Berücksichtigungsfähigkeit der Erwerbsminderungsrente im Rahmen der vergleichenden Betrachtung bei Ausscheiden aus dem Beruf vgl. BSG, a.a.O., Rn. 18).

Der Zeitpunkt der mutmaßlich schädigungsbedingten Beendigung der beruflichen Tätigkeit liegt im 56. Lebensjahr des Klägers und damit zumindest nah am 60. Lebensjahr. Dass er auch ohne Schädigung vor Beginn der Regelaltersrente aus dem Berufsleben ausgeschieden wäre, liegt insofern nahe, als mehrere Lebensversicherungen in den Jahren 2006 und 2007 ausgezahlt wurden.

Der Hinweis des Klägers, er habe schädigungsbedingt weniger in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen können, führt zu keinem anderen Ergebnis. Die ab 2010 mit gut 700 EUR monatlich ausgezahlte Altersrente belegt ebenso wie der Umstand, dass der Kläger bereits 1998 - und damit vor der Schädigung - nur noch den Mindestbeitrag in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlte, dass Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung nach seinen Planungen nicht der entscheidende Faktor für seine Altersversorgung waren. Die ab 2004 von der Bausparkasse T gezahlte Rente lag betragsmäßig mit etwas über 200 EUR monatlich noch deutlich darunter. Angesichts der Geringfügigkeit dieser Rente im Vergleich mit der Altersvorsorge im Übrigen sowie dem Umstand, dass bei Fortführung der Vertragsbeziehungen mit der Bausparkasse nur noch für wenige Jahre Beiträge gezahlt worden wären, fällt die mutmaßliche Verringerung dieses Rentenanspruchs nicht ins Gewicht. Sowohl aus der gesetzlichen Rentenversicherung, als auch von der Bausparkasse wurden Rentenleistungen aufgrund des vorzeitigen Ausscheidens aus dem Berufsleben zudem bereits deutlich vor dem Beginn der Regelaltersrente gezahlt.

c) Ruhen

Selbst wenn ein besonderes berufliches Betroffensein anzunehmen wäre, käme allenfalls eine Erhöhung des GdS um 10 in Betracht. Eine nicht nur besondere, sondern außergewöhnliche Betroffenheit, die eine Erhöhung um mehr als 10 rechtfertigt (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 14.03.1975 - 10 RV 189/74, juris Rn. 16 a.E.), ist bei den dargestellten finanziellen Verhältnissen, dem Zeitpunkt der Schädigung kurz vor dem 60. Lebensjahr sowie der ohnehin geplanten Beendigung des Erwerbslebens und dem durch den am untersten Rand der Rentenberechtigung liegenden GdS (vgl. § 31 Abs. 1 BVG) zum Ausdruck kommenden moderaten Ausmaß der Schädigung ausgeschlossen. Insofern liegt ein völlig anderer Fall vor als der vom Kläger angeführte, der der Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg vom 10.05.2012 (L 11 VE 47/09, juris Rn. 87 f.) zugrunde lag, in dem der dortige Kläger nach der Schädigung SGB II-Leistungen bezog und bei dem der medizinische GdS 60 betrug.

Rentenleistungen nach einem GdS von 40 beliefen sich vom 01.07.2001 bis 30.06.20202 auf 305 DM monatlich, heute auf 212 EUR monatlich und blieben damit deutlich hinter den Rentenleistungen der VBG zurück. Wegen der Ruhensregel des § 65 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BVG wäre der Beklagte also selbst bei Annahme eines besonderen beruflichen Betroffenseins nicht zur Zahlung verpflichtet.

2) Ausgleichsrente

Eine Ausgleichsrente nach § 32 BVG scheitert schon daran, dass sie Schwerbeschädigten vorbehalten ist, was gemäß § 31 Abs. 2 BVG einen GdS von 50 voraussetzt, der hier selbst bei Annahme eines besonderen beruflichen Betroffenseins nicht vorläge.

3) Berufsschadensausgleich

Berufsschadensausgleich nach § 30 Abs. 3 ff. BVG scheitert ebenfalls am fehlenden Grundanspruch nach § 1 OEG. Anders als weitere Schädigungsfolgen und besonderes berufliches Betroffensein handelt es sich beim Berufsschadensausgleich um einen von der Grundrente verschiedenen Streitgegenstand (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 08.07.1980 - 9 RV 20/79, juris Rn. 17). Bindet die Anerkennung einer Schädigungsfolge schon bei der Prüfung anderer Begründungselemente des Grundrentenanspruchs nicht an die Bejahung des Schädigungstatbestandes, so gilt dies erst recht nicht bei einer anderen, einen eigenen Streitgegenstand darstellenden Versorgungsleistung.

Selbst wenn der Anspruch auf Berufsschadensausgleich nicht am fehlenden Grundanspruch nach § 1 OEG scheitern würde, stünde dem Kläger kein Berufsschadensausgleich zu. Insoweit nimmt der Senat Bezug auf die Berechnungen des Beklagten in seinem Vermerk vom 15.11.2010.

Ein Renten-BSA kommt schon deshalb nicht in Betracht, weil der Kläger selbständig war (vgl. Urteil des erkennenden Senats vom 16.11.2018 - L 13 VK 1/17, juris Rn. 49 m.w.N.).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Zulassung der Revision beruht auf § 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG. Der erkennende Senat misst der Frage grundsätzliche Bedeutung bei, ob und in welchem Umfang die Anerkennung einer Schädigungsfolge bzw. eines Grundrentenanspruchs den Leistungsträger bei der Prüfung weiterer Begründungselemente des Grundrentenanspruchs (insbesondere dem besonderen beruflichen Betroffensein) und bei der Prüfung weiterer Versorgungsleistungen wie dem Berufsschadensausgleich im Hinblick auf die Tatbestandsvoraussetzung der vorsätzlich, rechtswidrigen Gewalttat bindet.
Rechtskraft
Aus
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