L 4 KA 53/18

Land
Schleswig-Holstein
Sozialgericht
Schleswig-Holsteinisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
4
1. Instanz
SG Kiel (SHS)
Aktenzeichen
S 13 KA 381/15
Datum
2. Instanz
Schleswig-Holsteinisches LSG
Aktenzeichen
L 4 KA 53/18
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Mai 2018 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert wird auf 3.155,92 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über Honorarkürzungen für das Quartal IV/2010 im Rahmen der Wirtschaftlichkeitsprüfung. Der Kläger ist seit März 1976 zur vertragszahnärztlichen Versorgung mit Vertragsarztsitz in L zugelassen. Die Gemeinsame Prüfungsstelle für den Bereich der Kassenzahnärztlichen Vereinigung S informierte den Kläger mit Schreiben vom 19. April 2012 über die Wirtschaftlichkeitsprüfung seiner konservierend-chirurgischen Abrechnungen des Quartals IV/2010. Mit Prüfbescheid vom 8. August 2013 wurde dem Kläger nach Beschluss der 1. Beratungskommission der Gemeinsamen Prüfungsstelle vom 22. Mai 2013 seine Honorarforderung für das Quartal IV/2010 um 3.386 Punkte gekürzt. Das Kürzungsvolumen folgte aus der Kürzung der abgerechneten BEMA-Z-Positionen 105 (Mu) und 106 (sK) auf 180% des Durchschnitts der Zahnärzte in S Gegen diesen ihm am 9. August 2013 zugestellten Bescheid erhob der Kläger am selben Tag Widerspruch, zu dessen Begründung er schriftlich und in der mündlichen Verhandlung vor dem Beklagten im Wesentlichen Einwände gegen die statistische Vergleichsprüfung geltend machte: die von ihm vor dem BSG erstrittenen Entscheidungen zur Nichtberücksichtigung von Nullabrechnungen seien nicht beachtet worden. Etliche Zahlen der Vergleichsstatistik wiesen Werte unter 0 auf. Fehlerhaft seien auch die in der Statistik für den Landesdurchschnitt auftauchenden Werte unter 1%. Die Statistik stimme eher, wenn alle Zahnärzte einer Berechnung von 100 Patienten gleich 1 Leistung entsprächen. Praxen mit unterschiedlicher Größe würden in einen Topf geworfen. Die Zahlen seien intransparent, insbesondere bezüglich der Berücksichtigung von Leistungen, die nicht so häufig erbracht würden unter Berücksichtigung von sehr kleinen, scheinschwachen Praxen. Im Übrigen sei die Abrechnungsprüfung verfristet, insbesondere verjährt und jedenfalls verwirkt. Ausführungen zu den einzelnen gekürzten Positionen erfolgten nicht. Dem Kläger wurden von dem Beklagten die ursprünglichen und korrigierten von der Beigeladenen zu 6) erstellten Statistiken zu den Landesdurchschnittswerten für das streitige Quartal übersandt. Nach Rücksprache mit der Beigeladenen zu 6) erläuterte der Beklagte, dass die zahnarztbezogenen Einzelleistungsstatistiken nullstellenbereinigt seien, wie sich aus dem Kopf der Statistik ergebe. Nur die Abrechnungen der Praxen, die die jeweilige BEMA-Z-Position mindestens einmal abgerechnet hätten, seien einbezogen worden. Dies folge auch aus der Gesamtdarstellung der Statistik. Der Landesdurchschnitt könne bei Positionen mit geringer Leistungsanzahl auch unter 1% liegen. Der Beklagte entschied in seiner Sitzung am 10. Dezember 2014 über den Widerspruch des Klägers und verringerte das Kürzungsvolumen im Hinblick auf die Korrektur der Statistik vom 18. Februar 2014 auf 3.302 Punkte. Diesen Beschluss fertigte er mit Prüfbescheid vom 4. Mai 2015 aus. Die Prüfung sei auf der Grundlage einer statistischen Vergleichsprüfung durchgeführt und durch eine intellektuelle Betrachtung, die medizinisch-ärztliche Gesichtspunkte berücksichtige, ergänzt worden. Die der Entscheidung zugrunde liegende Statistik sei fehlerfrei und nullstellenbereinigt. Auch sei die Grenze der statistischen Vergleichsprüfung bei besonders kleinen Praxen mit einer Fallzahl von weniger als 20% der landesweiten durchschnittlichen Fallzahl bei dem Kläger nicht erreicht. Die Prüfung des Gesamtfallwerts des Klägers in Punkten pro Versichertem (insgesamt 386) führe zu dem Ergebnis, dass er den landesweiten durchschnittlichen Fallwert von 72,05 Punkten mit 72,83 Punkten um deutlich weniger als 30% überschritten habe. Es seien jedoch bei der Einzelleistungsprüfung für die BEMA-Z-Positionen 105 und 106 signifikante Auffälligkeiten erkennbar: Position Anzahl der Leistungen Praxisabrechnungswert Landesdurchschnittswert Abweichung 105 254 65,80% 15,78% 316,98% 106 313 81,09% 14,07% 476,33%

Bei einer Bewertung der Überschreitung der Abrechnungswerte bei den einzelnen BEMA-Z-Positionen müsse der Grenzwert für die Annahme eines offensichtlichen Missverhältnisses in der Regel höher angesetzt werden als beim Grenzwert für den Gesamtfallwert. Bei einzelnen BEMA-Z-Positionen komme der Therapiefreiheit des Zahnarztes ein größeres Gewicht zu als bei dem Gesamtfallwert, bei dem durch die Gesamtbetrachtung bereits ein gewisser Ausgleich im Rahmen der Therapiefreiheit erfolge. Unterschiedliche Diagnosen und Behandlungsmethoden der Zahnärzte wirkten sich naturgemäß bei Einzelleistungsvergleichen stärker aus, sodass unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des BSG bei den Einzelpositionen 105 und 106 ein Grenzwert vom Durchschnitt plus 50% angenommen werde, da der Leistungsbereich beschränkt sei und die Leistungen im Durchschnitt regelmäßig erbracht würden. Der bereits von der Prüfungsstelle angenommene Maßstab vom Durchschnitt plus 80 % bleibe zugunsten des Klägers bestehen. Im Übrigen habe er keine Praxisbesonderheiten vorgetragen, die sein abweichendes Leistungsverhalten rechtfertigen könnten. Auch von Amts wegen zu berücksichtigende Umstände seien aus den Unterlagen nicht erkennbar. Der Bescheid vom 8. August 2013 sei innerhalb der geltenden 4-jährigen Frist ergangen, da der Honorarbescheid für das Quartal IV/2010 im März 2011 zugestellt worden sei. Die Geltendmachung der Kürzung sei auch nicht verwirkt, weil kein Vertrauenstatbestand geschaffen worden sei, auf dessen Grundlage der Kläger darauf habe vertrauen dürfen nicht mehr in Anspruch genommen zu werden. Der reale Kürzungsbetrag belief sich für das Quartal IV/2010 auf 3.155,92 EUR. Mit seiner am 5. Juni 2015 beim Sozialgericht Kiel erhobenen Klage hat der Kläger unter Wiederholung und Vertiefung seines bisherigen Vorbringens ausgeführt, dass eine Statistik herangezogen werde, welche nur Überschreitungen aufweise, nicht jedoch eine solche, die auch Unterschreitungen zeige. Damit seien die Gesamtumstände, insbesondere die nur unwesentliche Überschreitung seines Gesamtfallwert sowie seine erheblich unter dem Durchschnitt liegende Fallzahl, nicht gewürdigt worden. Das statistische Material werde fehlerhaft angewendet, was sich daran zeige, dass etwa die Hälfte der angegebenen Abrechnungspositionen eine Gesamtfallzahl pro Praxis von unter 0 aufweise, sodass es zwingend eines individuellen Statistikkorrekturfaktors bedürfe. Medizinische Leistungen könnten nicht quotiert werden. Es gehe um andere Fragen als die, ob 20% der durchschnittlichen Fallzahl erreicht würden und dabei gleichzeitig mindestens 100 Behandlungsfälle vorlägen. Für den Nachweis der statistischen Fehler, die der Wirtschaftlichkeitsprüfung zugrunde lägen, hat der Kläger beantragt, ein mathematisches Sachverständigengutachten einzuholen. Der Kläger hat beantragt, den Beschluss des Beklagten vom 10. Dezember 2014, ausgefertigt am 4. Mai 2015, aufzuheben. Der Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Unter Wiederholung seiner Begründung im angefochtenen Bescheid hat er seine Argumentation vertieft, die Einwände des Klägers gegen die für die Prüfung herangezogene Statistik seien nicht gerechtfertigt. Im Übrigen seien die Leistungen 105 und 106 BEMA-Z mit einer landesweiten Abrechnungsfrequenz von 15,78% und 14,07% übliche Behandlungsmaßnahmen. Das Problem der Nullabrechner stelle sich daher gar nicht. Die Beigeladenen haben keinen Antrag gestellt. Der Beigeladene zu 6) hat darauf hingewiesen, dass die Grundlagen der statistischen Vergleichsprüfung – auch in Bezug auf die Grenzwerte und die Prüfung unterdurchschnittlicher Praxen – bereits mehrfach durch das BSG bestätigt worden seien. Die Statistik enthalte entgegen der Aussage des Klägers keine Abrechnungswerte unter 0%; dies sei nach statistischen Grundsätzen tatsächlich nicht möglich. Statistische Werte von unter 1% ergäben sich dann, wenn eine Leistung bei einer Fallzahl von über 100 weniger als einmal in 100 Fällen abgerechnet worden sei. Nach ständiger Rechtsprechung seien auch solche Leistungen in den Vergleich einzubeziehen, deren Abrechnungsfrequenz unter 5% liege, wenn die Vergleichsgruppe nullstellenbereinigt sei und eine hinreichende Größe aufweise. Die Leistungen nach 105 und 106 BEMA-Z seien im Landesdurchschnitt häufiger als in 5% der Fälle abgerechnet. Das Sozialgericht hat die Klage aufgrund mündlicher Verhandlung mit Urteil vom 23. Mai 2018 abgewiesen. Diese Entscheidung hat es unter Darlegung der vom BSG entwickelten Grundsätze für die Wirtschaftlichkeitsprüfung in der vertragszahnärztlichen Versorgung nach Durchschnittswerten im Wesentlichen wie folgend begründet: Der angefochtene Beschluss sei formell rechtmäßig, da die Beklagte die Anforderungen an die Begründung der Entscheidung beachtet habe. Der entscheidungserhebliche Sachverhalt sei zutreffend ermittelt und der Entscheidung zugrunde gelegt worden. Die nach § 296 Abs. 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) erstellte Statistik sei ausgewertet und um Nullabrechner bereinigt worden, d.h. der Kläger werde nicht mit Praxen verglichen, die die streitigen BEMA-Z-Positionen nicht abrechneten. Das statistische Datenmaterial habe nicht um einen "sog. individuellen statistischen Korrekturfaktor" – wie der Kläger ihn begehre – bereinigt werden müssen, weil eine solche Vorgehensweise weder mathematisch oder denklogisch notwendig noch für die Zwecke der Wirtschaftlichkeitsprüfung geboten sei. Eine mathematische oder statistische Notwendigkeit bestehe nicht derart, dass eine nach statistischen Grundsätzen erhobene und ausgewertete Statistik per se individuell angepasst werden müsse, um aus für das Vergleichs-kollektiv repräsentativem Datenmaterial ein individuelles Datenmaterial zu erhalten, welches dann die Grundlage für die aus- und bewertende Verarbeitung im Einzelfall bilde; anderenfalls handele es sich dann nicht mehr um eine Darstellung der tatsächlich erhobenen, analysierten und ausgewerteten Daten, sondern um deren Bewertung. Dem vom Kläger angeführten "mathematischen Äquivalenzprinzip" sei zudem Rechnung getragen worden, weil sowohl der individuelle Durchschnittswert des Arztes als auch der landesweite Gruppendurchschnittswert berechne, wie oft die einzelnen BEMA-Z-Positionen bezogen auf 100 Patienten erbracht worden seien. Durch diesen Bezug auf 100 Patienten ohne Nullabrechner werde die denklogische Vergleichbarkeit des individuellen Leistungsverhaltens und des Leistungsverhaltens der Gruppe hergestellt. Durch die begehrte arztindividuelle Anpassung würde der landesweite Gruppendurchschnitt verfälscht werden. Es sei nicht geboten, zur Prüfung der mathematischen Richtigkeit der Statistik oder zu dem Gebot eines individuellen Korrekturfaktors dem Beweisantrag des Klägers zu folgen. Denn nach § 296 Abs. 1 Nr. 6 SGB V seien die Ist-Zahlen zu übermitteln. Zudem ziele sein Beweisantrag nicht auf das Feststellen von Tatsachen oder mathematischen Grundsätzen, sondern auf eine bestimmte und rechtlich relevante Bewertung der erhobenen Daten. Schließlich sei es eine rechtliche Frage, ob seine unterdurchschnittliche Fallzahl zu berücksichtigen sei, und keine Frage der Richtigkeit der verwendeten statistischen Grundlagendaten und deren mathematischer Auswertung. Die erhobene Statistik spiegele die durchschnittliche Verbreitung einer Einzelleistung auf alle Praxen wider, die diese Leistung tatsächlich erbrächten, ohne dass ein Zusammenhang zwischen einer unterdurchschnittlichen Fallzahl und der Abrechnungshäufigkeit einer Einzelleistung – wie auch die Statistik des Klägers zeige – hergestellt werden könne. Denn der Effekt, dass in einer durchschnittlichen oder gar überdurchschnittlichen Praxis die Anzahl der "verdünnenden Patienten" sich auf den durchschnittlichen individuellen Fallwert senkend auswirken könne, sei für den Vergleich der individuellen Häufigkeit der Einzelleistungen in einer Praxis mit der durchschnittlichen Häufigkeit der Einzelleistungen in der Gruppe nicht unbedingt feststellbar, zumal die Statistik um die Nullabrechner bereinigt sei. Der Kläger sei unter Anwendung der Kriterien des BSG, die auch für die wirtschaftliche Abrechnung von Einzelleistungen gelte, trotz unterdurchschnittlicher Fallzahl einer statistischen Vergleichsprüfung zu unterziehen, da seine Fallzahl deutlich über 20% der durchschnittlichen Fallzahl liege und deutlich mehr als 100 Fälle umfasse. Da Einzelpraxen und Gemeinschaftspraxen gemeinsam für den Landesdurchschnitt ausgewertet worden seien und beide Praxisformen gegenüber dem Patienten als Einheit aufträten, führe auch dies nicht zu einer fehlerhaften Statistik. Die Vergleichsgruppe der Vertragszahnärzte sei homogen und ausreichend groß. Der Beklagte habe eine Vergleichsgruppe – ohne Nullabrechner – gebildet, die die streitigen Ziffern 105 und 106 abgerechnet habe. Diese Leistungen seien von 100% der Vergleichsgruppe – damit deutlich mehr als 50% der Fachgruppenmitglieder – abgerechnet worden. Im Übrigen weise die Verbreitung der streitigen Ziffern mit 15,78% für die BEMA-Z-Position 105 und 14,07% für die BEMA-Z-Position 106 die nach dem BSG erforderliche Verbreitung von mindestens 5% bis 6% auf. Praxisbesonderheiten, die von Amts wegen hätten berücksichtigt werden können, seien nicht ersichtlich. Unter Darlegung der Rechtsprechung des BSG hat das Sozialgericht weiter ausgeführt, dass auch die Annahme der Schwelle zur offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit bei 80% über den entsprechenden Durchschnittswerten der Fachgruppe keinen rechtlichen Bedenken begegne. Die von der Beigeladenen zu 6) herangezogene Statistik, welche die Vergleichsgrundlage für die individuelle Häufigkeit der Einzelleistungen bilde, müsse nicht um einen wertenden "individuellen statistischen Korrekturfaktor" korrigiert werden, weil der Einzelfall des Klägers keine Anhaltspunkte biete, von der Rechtsprechung des BSG abzuweichen. Vielmehr würde die Berücksichtigung eines solchen statistischen Korrekturfaktors die Unterschiede zwischen der Praxis des Klägers gegenüber dem Durchschnitt nivellieren und – wie die Beispielsrechnung des Klägers zeige – zu einer Anhebung des für ihn maßgeblichen (individuellen) Landesdurchschnitts führen. Dann bedürfe es jedoch nicht mehr eines großzügigen Aufschlages auf den Durchschnitt. Ein solcher individueller Landesdurchschnitt würde die Festsetzung des Grenzwertes zur Festlegung des offensichtlichen Missverhältnisses deutlich senken, so dass möglicherweise bereits eine Kürzung auf 150% oder sogar weniger des Landesdurchschnitts beurteilungsfehlerfrei wäre. Der Kläger könne sich schließlich weder auf Verjährung noch auf Verwirkung berufen, weil die maßgebliche vierjährige Ausschlussfrist gewahrt worden sei. Gegen das ihm am 12. Juni 2018 zugestellte Urteil hat der Kläger am 6. Juli 2018 Berufung beim Schleswig-Holsteinischen Landessozialgericht eingelegt, zu deren Begründung er im Wesentlichen sein bisheriges Vorbringen betreffend des aus seiner Sicht erforderlichen individuellen Statistikkorrekturfaktors wiederholt. Vertiefend führt er hierzu aus, dass die der Entscheidung des Beklagten zugrunde liegende Statistik die Realitäten des Abrechnungsverhaltens der Zahnärzte nicht widerspiegele, sondern ein verzerrtes Bild des wirtschaftlichen Verhaltens der Zahnarztpraxen, insbesondere zu Lasten der Praxen mit unterdurchschnittlichen Fallzahlen und zu Gunsten solcher mit überdurchschnittlichen Fallzahlen, zeige. Eine Vergleichbarkeit von Zahnarztpraxen hinsichtlich ihres Abrechnungsverhaltens erfordere gerade die Berücksichtigung der Fallzahlen der Praxis. Es gehe ihm insgesamt darum, in welcher Weise die Zahlen unabhängig von den Fallzahlen einer Zahnarztpraxis zur Beurteilung der Wirtschaftlichkeit oder Unwirtschaftlichkeit der Behandlungsweise herangezogen werden dürften, ohne dass das mathematische Äquivalenzprinzip beachtet worden sei. Dies hätte das Sozialgericht durch die Einholung eines Sachverständigengutachtens aufklären müssen. Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Kiel vom 23. Mai 2018 sowie den Beschluss des Beklagten vom 10. Dezember 2014, ausgefertigt mit Bescheid vom 4. Mai 2015, aufzuheben. Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verweist im Wesentlichen auf die im angefochtenen Urteil aus seiner Sicht zutreffenden Entscheidungsgründe des Sozialgerichts. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte und die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist statthaft (§ 143 Sozialgerichtsgesetz – SGG) und form- sowie fristgerecht (§ 151 Abs. 1 SGG) eingegangen.

Die Berufung ist unbegründet. Das Sozialgericht Kiel hat die Klage zu Recht und mit zutreffender Begründung abgewiesen. Der Beschluss des Beklagten vom 10. Dezember 2014, ausgefertigt am 4. Mai 2015, für das Quartal IV/2010 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Begründung des Sozialgerichts macht sich der Senat nach eigener Prüfung zu Eigen und verweist auf diese, § 153 Abs. 2 SGG. Das Sozialgericht hat die rechtlichen Grundlagen der Wirtschaftlichkeitsprüfung zutreffend dargestellt. Aus dem Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren folgt keine abweichende Beurteilung.

Eine Verjährung oder Verwirkung der Prüfmaßnahme ist entgegen der Ansicht des Klägers nicht eingetreten. Nach ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 25. März 2015 – B 6 KA 22/14 R – SozR 4-2500 § 85 Nr. 82) ist die Überprüfung einer Honorarabrechnung innerhalb einer Frist von 4 Jahren nach Erlass des Honorarbescheides zulässig. Die hierzu entwickelten Fallalternativen, die innerhalb dieser Frist einen Vertrauensschutz begründen und eine Honorarrückrechnung verbieten (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005 – B 6 KA 17/05 RSozR 4-2500 § 85 Nr. 22; Urteil vom 8. Februar 2006 – B 6 KA 12/05 R – juris), liegen nicht vor. Insbesondere führt alleine ein Schweigen oder ein Nicht-Handeln der Behörde innerhalb der Frist von 4 Jahren nicht zur Verwirkung der Prüfmaßnahme. Vielmehr erfordert ein Verwirken eine aktive Handlung, aus der der Vertragsarzt den berechtigten Schluss ziehen kann, die Honorarforderung werde nicht mehr überprüft oder seine Abrechnung werde gebilligt (Urteil des Senats vom 12. Dezember 2017 – L 4 KA 37/15; Urteil vom 18. Juli 2017 – L 4 KA 17/15 - juris).

Eine Beratung hatte vor der Honorarrückforderung nicht zwingend vorauszugehen. Zwar sieht § 8 Abs. 1 der zwischen den Vertragspartnern auf Landesebene abgeschlossenen Prüfvereinbarung vom 9. März 2009 vor, dass vorrangig geprüft werden soll, ob eine gezielte Beratung des Vertragszahnarztes ausreicht, um in Zukunft die Wirtschaftlichkeit der vertragszahnärztlichen Versorgung der Versicherten durch diesen zu sichern. Die Vorschrift beinhaltet aber keine zwingende Vorgabe, sondern sie regelt als sogenannte "Soll-Vorschrift" ein Verfahren, das regelmäßig durchgeführt werden soll. In begründeten Ausnahmefällen kann von einer Beratung vor einer Honorarrückforderung auch abgewichen werden. Eine solche Ausnahme liegt im Fall des Klägers vor. Dieser trägt selbst vor, dass er seit vielen Jahren durch den Beklagten auf seine wirtschaftliche Behandlungsweise überprüft wird und dass er in den Verfahren vornehmlich Argumente gegen die Durchführung des statistischen Vergleichs vorbringt. Daher sind ihm die Belange und die Notwendigkeit einer wirtschaftlichen Behandlungsweise bekannt und es bedurfte keiner vorangehenden Beratung (vgl. BSG, Urteil vom 28. April 2004 B 6 KA 24/03 R - juris; zu § 106 Abs. 5 Satz 2 SGB V: BSG, Urteil vom 28. Oktober 2015 – B 6 KA 45/14 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 53; Urteil vom 6. Mai 2009 B 6 KA 3/08 R - juris).

Der Beklagte hat die Wirtschaftlichkeitsprüfung materiell richtig durchgeführt. Er hat sich dabei zutreffend an den Grundsätzen einer statistischen Wirtschaftlichkeitsprüfung orientiert. § 106 Abs. 2 Satz 4 SGB V in der hier maßgeblichen Fassung des Gesundheitsstrukturgesetzes vom 21. Dezember 1992 (BGBl. I, 2266; die Änderung der Vorschrift durch das Gesetz vom 19. Dezember 2001 – BGBl. I, 3773 – hat insofern keine Änderung erbracht) eröffnet den Vertragspartnern auf Landesebene die Möglichkeit, über die in Satz 1 geregelten Prüfungen hinaus weitere Prüfungen zu vereinbaren. Die Überprüfung der Wirtschaftlichkeit der zahnärztlichen Leistungen nach Durchschnittswerten ist in § 9 Abs. 1 der Prüfvereinbarung vom 9. März 2009, die ihre Rechtsgrundlage in § 106 Abs. 3 Satz 1 SGB V hat, vorgesehen (vgl. dazu BSG, Urteil vom 9. April 2008 – B 6 KA 34/07SozR 4-2500 § 106 Nr. 18). Eine Überprüfung im Wege des arithmetischen Vergleichs ist als Prüfmethode anerkannt, da die Vertragszahnärzte im Hinblick auf die konservierend-chirurgischen Leistungen eine homogene statistische Gruppe bilden (BSG, Urteil vom 14. Dezember 2005 – B 6 KA 4/05 RSozR 4-2500 § 106 Nr. 12; BSG, Urteil vom 2. Juni 1987 – 6 RKa 23/86SozR 2200 § 368n Nr. 48). Nach den hierzu von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen ist die statistische Vergleichsprüfung hierfür die Regelprüfmethode. Dabei werden die Abrechnungswerte des Zahnarztes mit denjenigen seiner Fachgruppe bzw. mit denen einer nach verfeinerten Kriterien gebildeten engeren Vergleichsgruppe im selben Quartal verglichen. Dies wird durch die so genannte intellektuelle Betrachtung ergänzt, bei der medizinisch-zahnärztliche Gesichtspunkte berücksichtigt werden. Dadurch werden typischerweise die umfassendsten Erkenntnisse über die Wirtschaftlichkeit des Behandlungsverhaltens erlangt. Ergibt die Prüfung, dass der Behandlungsaufwand des Zahnarztes je Fall bei dem Gesamtfallwert, bei Sparten- oder Einzelleistungswerten in einem offensichtlichen Missverhältnis zum durchschnittlichen Aufwand der Vergleichsgruppe steht, hat dies die Wirkung eines Anscheinsbeweises für die Unwirtschaftlichkeit. Ein offensichtliches Missverhältnis ist anzunehmen, wenn sich im Regelfall die Abrechnungswerte nicht mehr durch Unterschiede in der Praxisstruktur oder in den Behandlungsnot¬wendigkeiten erklären lassen (BSG vom 15. November 1995 – 6 RKa 4/95, SozR 3-2500 § 106 Nr. 31; 21. Mai 2003 – B 6 KA 32/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 1). Die Überprüfung der Unwirtschaftlichkeit ist nicht notwendigerweise allein am Gesamtfallwert des Arztes auszurichten. Da die Wirtschaftlichkeit der vertragsärztlichen Versorgung im Sinne des § 12 Abs. 1 SGB V als hohes und wichtiges Rechtsgut im Rahmen der vertragsärztlichen Versorgung zu beachten ist und die Prüfgremien in § 106 SGB V einen zwingenden Prüfauftrag haben, ist eine Wirtschaftlichkeitsüberprüfung dann, wenn dies notwendig ist, auch an einzelnen Leistungssparten oder einzelnen Leistungsziffern auszurichten. Denn ein Vertragsarzt ist verpflichtet, nicht nur insgesamt, sondern auch in allen Teilbereichen seines Behandlungsverhaltens wirtschaftlich zu arbeiten (BSG vom 27. Juni 2007 – B 6 KA 44/06 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 17). Die Prüfung von Einzelleistungsziffern setzt jedoch voraus, dass diese für die Fachgruppe typisch sind, d. h. dass die Anzahl der diese Leistung ausführenden Ärzte im Vergleich zur Fachgruppe insgesamt sowie die Anwendungshäufigkeit beim geprüften Arzt und bei den übrigen ausführenden Ärzten einen statistischen Vergleich zulassen und im konkreten Fall verlässliche Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung möglich sind (BSG vom 16. Juli 2003 – B 6 KA 45/02 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 3). Bei der Überprüfung der wirtschaftlichen Behandlungsweise nach Einzelleistungsziffern darf jedoch der Gesamtfallwert nicht in der Weise außer Acht gelassen werden, dass das Gesamt-behandlungsverhalten des Zahnarztes unberücksichtigt bleibt. Denn es besteht die Möglichkeit, dass eine Mehrabrechnung einzelner Leistungsziffern gegenüber dem Fachgruppendurchschnitt gleichwohl mit einer Wirtschaftlichkeit des Gesamtbehandlungsverhaltens einhergeht, weil beispielsweise Praxisbesonderheiten den Mehraufwand erfordern oder kompensierende Einsparungen dadurch bewirkt werden (BSG vom 2. Juni 1987 – 6 RKa 23/86, SozR 2200 § 368n Nr. 48; Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 18/11 R, SozR 4-2500 § 106 Nr. 34). Dabei obliegt die Darlegungs- und Feststellungslast für derartige besondere, einen höheren Behandlungsaufwand rechtfertigende atypische Umstände grundsätzlich dem Zahnarzt, wenn seine Abrechnungszahlen im Bereich der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit liegen. Die Prüfgremien sind allerdings zu Ermittlungen von Amts wegen hinsichtlich solcher Umstände verpflichtet, die typischerweise innerhalb der Fachgruppe unterschiedlich und daher augenfällig sind (vgl. BSG vom 8. Mai 1985 6 RKa 24/83, USK 85190). Bei der Wahl der Prüfmethode und bei der Annahme der offensichtlichen Unwirtschaftlichkeit haben die Prüfgremien einen Beurteilungsspielraum, der nur in eingeschränkter Weise durch die Gerichte überprüft werden kann. Die Kontrolle der Gerichte beschränkt sich darauf, ob das Verwaltungsverfahren ordnungsmäßig durchgeführt worden ist, der Verwaltungsentscheidung ein richtiger und vollständig ermittelter Sachverhalt zugrunde liegt, die Verwaltung die Grenzen eingehalten hat, die sich bei der Auslegung des unbestimmten Rechtsbegriffs "Wirtschaftlichkeit" ergeben und ob die Prüfgremien ihre Subsumtionserwägungen so verdeutlicht und begründet haben, dass im Rahmen des Möglichen die zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist (BSG vom 19. Oktober 2011 – B 6 KA 38/10 R, SozR 4 2500 § 106 Nr. 33).

Diese Vorgaben hat der Beklagte zutreffend angewendet. Die Leistungen nach Ziffer 105 und Ziffer 106 BEMA-Z sind für eine Einzelleistungsprüfung geeignet (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 – B 6 KA 44/02 R – juris). Sie sind für die Fachgruppe repräsentativ, die sie durchschnittlich in 15,78% (105) und 14,07% (106) der Fälle und vom Kläger in 65,80% (254 mal) und 81,09% (313 mal) abgerechnet wurden. Sie sind daher für einen statistischen Vergleich geeignet. Die Abrechnung der Gebührenpositionen durch den Kläger ist auch offensichtlich unwirtschaftlich. Die Abrechnung des Klägers liegt bei 316,98% des Fachgruppendurchschnitts (105) beziehungsweise 476,33% (106). Eine Überschreitung um 100% ist als Anhalt für eine offensichtliche Unwirtschaftlichkeit jedenfalls anerkannt. Das BSG hat bei Einzelleistungen zum Teil bereits bei einer Überschreitung des Fachgruppendurchschnitts um 50% oder 40% als offensichtlich unwirtschaftlich angesehen (BSG vom 16. Juli 2003, aaO). Ein Anhalt dafür, dass die Leistungen Ausdruck einer besonderen Behandlungsweise oder eine Praxisbesonderheit des Klägers wäre, ist von ihm nicht dargetan und aus den Unterlagen einschließlich der Abrechnungsstatistik nicht ersichtlich. Vielmehr beschränkt sich der Vortrag des Klägers auf die Methodik der statistischen Überprüfung und erstreckt sich nicht auf den Inhalt der Gebührenziffern und das ihnen zugrundeliegende Behandlungsverhalten.

Der Senat folgt nicht dem Ansatz des Klägers, als Maßstab für die Wirtschaftlichkeitsprüfung im Wege der statistischen Vergleichsprüfung genüge der arithmetische Durchschnitt der Fachgruppe grundsätzlich nicht, sondern es müsse eine Statistik generiert werden, in welcher der jeweils ausgewiesene Landesdurchschnittswert jeder Einzelleistung mit dem Faktor "durchschnittliche Fallzahl der Gruppe durch Fallzahl des jeweiligen Vertragsarztes" multipliziert werden, um hieraus für jede Einzelposition einen arztpraxisbezogenen individuellen Landesdurchschnittswert zu erhalten, der im Rahmen der Prüfung der Wirtschaftlichkeit bzw. Unwirtschaftlichkeit heranzuziehen wäre. Denn dieses von dem Kläger geforderte Vorgehen widerspricht § 296 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 SGB V. Darin ist bestimmt, dass die Beigeladene zu 6) dem Beklagten die Häufigkeit der abgerechneten Gebührenposition unter Angabe des entsprechenden Fachgruppendurchschnitts mitzuteilen habe. Dementsprechend und sinngebend sind auch diese Daten bei der Vergleichsprüfung heranzuziehen.

Wie das BSG in seiner Rechtsprechung, welcher der Senat folgt, bereits geklärt hat, besteht die Wirtschaftlichkeitsprüfung nur zu einem Teil (erster Prüfungsabschnitt) in einer Prüfung der Grundlagen der Vergleichbarkeit (vgl. zu den verschiedenen Stufen der Wirtschaftlichkeitsprüfung BSG, Urteil vom 21. März 2012 – B 6 KA 17/11 R – SozR 4-2500 § 106 Nr. 35; BSG, Urteil vom 2. Juni 1987 6 RKa 23/86 – juris), d.h. die tatsächlichen "Ist"-Verhältnisse einer Arztgruppe haben keinen absoluten Aussagewert für das rechtliche "Soll"-Gebot der wirtschaftlichen Betrachtungsweise (BSG a.a.O.). Die Prüfgremien können sich vielmehr mit einem "gröberen" Raster beim statistischen Vergleich zufriedengeben, weil den Besonderheiten einer Arztpraxis in einem sich anschließenden weiteren Prüfungsabschnitt nachgegangen werden muss. Es mag zwar zutreffen, dass ein individueller Korrekturfaktor oder auch andere mathematisch-statistische Korrektive das wirtschaftliche Verhalten der Arztgruppe besser darstellen können; hierauf kommt es jedoch bei der Wirtschaftlichkeitsprüfung nicht an. Untersucht werden soll nicht das wirtschaftliche Verhalten der Vergleichsgruppe als solches, sondern bei einem offensichtlichen Missverhältnis des durchschnittlichen Praxiswertes im Verhältnis zum durchschnittlichen Landeswert für eine Einzelposition folgt vielmehr die Vermutung der Unwirtschaftlichkeit, welche sich in einem weiteren Prüfschritt widerlegen lässt. Der Senat hält es hierbei für maßgeblich, dass die von dem Kläger geforderte Methode nicht der Datenerhebung, sondern der Interpretation der Abrechnungswerte dient. Diese Bewertung ist aber nicht Gegenstand des Vergleichs der Abrechnungshäufigkeit des Klägers mit der der Vergleichsgruppe, der in dem ersten Prüfungsschritt stattfindet.

Die von dem Kläger geforderte Korrektur mittels eines "individuellen statistischen Korrekturfaktors" erweist sich demnach für die Zwecke der Wirtschaftlichkeitsprüfung als nicht angezeigt. Allerdings stellt sich die Anwendung eines solchen individuellen Korrekturfaktors für Arztpraxen mit unterdurchschnittlichen Fallzahlen als abmilderndes Korrektiv dar und wirkt sich demnach hier zu Gunsten des Klägers aus. Ein statistisches Korrektiv hat das BSG in seiner zitierten Rechtsprechung im Hinblick auf Praxen mit unterdurchschnittlicher Fallzahl jedoch nicht für erforderlich gehalten. Dies ist nach Auffassung des Senats auch nicht notwendig, da sich der statistische Einzelleistungsvergleich auf die Abrechnungshäufigkeit der Vergleichsgruppe je 100 Behandlungsfälle bezieht. Lediglich für Praxen, deren Fallzahl weniger als 20% der durchschnittlichen Fallzahl beträgt oder deren Fallzahl kleiner als 100 ist, hat das BSG die Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnitts-werten ausgeschlossen. Letzteres trifft auf die Praxis des Klägers jedoch nicht zu.

Der Heranziehung der erstellten Statistik zum Zwecke der statistischen Vergleichsprüfung steht ebenfalls nicht entgegen, dass diese Statistik bei einer Vielzahl von Einzelpositionen einen Landesdurchschnitt aller Praxen, die diese Einzelposition im streitigen Quartal abgerechnet haben, unter 1% (und nicht wie der Kläger ausführt von unter 0) ausweist. Die von dem Kläger vorgebrachte Begründung, dass sich ein Vertragszahnarzt hinsichtlich der Abrechnung einer solchen Position "sofort" dem Verdacht der unwirtschaftlichen Behandlungsweise aussetzt, da die Abrechnung eines Leistungsfalles bzw. weniger Leistungsfälle zu einem Überschreiten im 4-stelligen Prozentbereich führt, trifft nicht zu. Denn in einem solchen Fall sind verlässliche Aussagen zur Wirtschaftlichkeit der Leistungserbringung auf dem statistischen Wege schlicht nicht mehr möglich, so dass eine Wirtschaftlichkeitsprüfung nach Durchschnittswerten in der Regel ausscheidet. Es dürfte sich dann schon nicht mehr um für die gebildete Vergleichsgruppe typische und von einem größeren Teil der Fachgruppenmitglieder regelmäßig in nennenswerter Zahl erbrachte Leistungen handeln. Auch wäre die verlangte Abrechnungshäufigkeit von 5% bis 6%, welche zwar keine absolute Untergrenze bildet, deutlich unterschritten. Dies hat das BSG in ständiger Rechtsprechung (vgl. BSG, Urteil vom 16. Juli 2003 – B 6 KA 45/02 R – juris Rn. 21) wiederholt dargelegt und bestätigt.

Letztlich ist die Frage der Unwirtschaftlichkeit keine Frage der statistischen Methode – wobei es sich bei der sog. statistischen Vergleichsprüfung anhand von Durchschnittswerten streng genommen nicht um eine statistische Methodik handelt, sondern der rechnerisch ermittelte Durchschnitt (arithmetisches Mittel bzw. einfacher Häufigkeitsdurchschnitt, vgl. Clemens in: Engelmann/Schlegel, jurisPK-SGB V, 3. Aufl. 2016, § 106 Rn. 48) wird als Maßstab der Wirtschaftlichkeitsprüfung herangezogen –, sondern eine (rechtliche) Wertungsfrage. Insofern hat das Sozialgericht auch nicht gegen § 103 SGG verstoßen, indem es die beantragte Einholung eines mathematisch-statistischen Sachverständigengutachtens abgelehnt hat. Die Frage, welche statistische Grundlage für die Vergleichsprüfung heranzuziehen ist, ist eine rechtliche. Die Frage, welche statische Methode ein wirtschaftliches Verhalten der Facharztgruppe realitätsnäher abbilden würde, ist für die hier zu treffende Entscheidung damit nicht erforderlich. Dem Kläger kann zwar darin zugestimmt werden, dass er seine Patientinnen und Patienten nicht nach statistischen Vorgaben behandeln soll. Die statistischen Parameter sind jedoch nicht bei der Behandlung, sondern als Mittel zur Überprüfung von deren Wirtschaftlichkeit heranzuziehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 154 Abs. 1 Verwaltungsgerichtsordnung.

Gründe für die Zulassung der Revision im Sinne des § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor. Der Senat hat der Entscheidung die Rechtsprechung des BSG zur Wirtschaftlichkeitsprüfung zugrunde gelegt.

Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 Gerichtskostengesetz.

Rechtsmittelbelehrung und Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

I. Rechtsmittelbelehrung

Diese Entscheidung kann nur dann mit der Revision angefochten werden, wenn sie nachträglich vom Bundessozialgericht zugelassen wird. Zu diesem Zweck kann die Nichtzulassung der Revision durch das Landessozialgericht mit der Beschwerde angefochten werden.

Die Beschwerde ist von einem bei dem Bundessozialgericht zugelassenen Prozessbevollmächtigten innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung schriftlich oder in elektronischer Form beim Bundessozialgericht einzulegen. Sie muss bis zum Ablauf der Monatsfrist beim Bundessozialgericht eingegangen sein und die angefochtene Entscheidung bezeichnen.

Postanschriften des Bundessozialgerichts: bei Brief und Postkarte 34114 Kassel

bei Eilbrief, Telegramm, Paket und Päckchen Graf-Bernadotte-Platz 5 34119 Kassel

Die elektronische Form wird durch Übermittlung eines elektronischen Dokuments gewahrt, das für die Bearbeitung durch das Gericht geeignet ist und

- von der verantwortenden Person qualifiziert elektronisch signiert ist und über das Elektronische Gerichts- und Verwaltungspostfach (EGVP) eingereicht wird oder

- von der verantwortenden Person signiert und auf einem sicheren Übermittlungsweg gem. § 65a Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) eingereicht wird.

Weitere Voraussetzungen, insbesondere zu den zugelassenen Dateiformaten und zur qualifizierten elektronischen Signatur, ergeben sich aus der Verordnung über die technischen Rahmenbedingungen des elektronischen Rechtsverkehrs und über das besondere elektronische Behördenpostfach (Elektronischer-Rechtsverkehr-Verordnung - ERVV) in der jeweils gültigen Fassung. Über das Justizportal des Bundes und der Länder (www.justiz.de) können weitere Informationen über die Rechtsgrundlagen, Bearbeitungsvoraussetzungen und das Verfahren des elektronischen Rechtsverkehrs abgerufen werden.

Als Prozessbevollmächtigte sind nur zugelassen

1. Rechtsanwälte,

2. Rechtslehrer an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule eines Mitgliedstaates der Europäischen Union, eines anderen Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder der Schweiz, die die Befähigung zum Richteramt besitzen,

3. selbstständige Vereinigungen von Arbeitnehmern mit sozial- oder berufspolitischer Zwecksetzung für ihre Mitglieder,

4. berufsständische Vereinigungen der Landwirtschaft für ihre Mitglieder,

5. Gewerkschaften und Vereinigungen von Arbeitgebern sowie Zusammenschlüsse solcher Verbände für ihre Mitglieder oder für andere Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder,

6. Vereinigungen, deren satzungsgemäße Aufgaben die gemeinschaftliche Interessenvertretung, die Beratung und Vertretung der Leistungsempfänger nach dem sozialen Entschädigungsrecht oder der behinderten Menschen wesentlich umfassen und die unter Berücksichtigung von Art und Umfang ihrer Tätigkeit sowie ihres Mitgliederkreises die Gewähr für eine sachkundige Prozessvertretung bieten, für ihre Mitglieder,

7. juristische Personen, deren Anteile sämtlich im wirtschaftlichen Eigentum einer der in den Nrn. 3 bis 6 bezeichneten Organisationen stehen, wenn die juristische Person ausschließlich die Rechtsberatung und Prozessvertretung dieser Organisation und ihrer Mitglieder oder anderer Verbände oder Zusammenschlüsse mit vergleichbarer Ausrichtung und deren Mitglieder entsprechend deren Satzung durchführt, und wenn die Organisation für die Tätigkeit der Bevollmächtigten haftet.

Die Organisationen zu Nrn. 3 bis 7 müssen durch Personen mit Befähigung zum Richteramt handeln.

Behörden und juristische Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse sowie private Pflegeversicherungsunternehmen können sich durch eigene Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt oder durch Beschäftigte mit Befähigung zum Richteramt anderer Behörden oder juristischer Personen des öffentlichen Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten Zusammenschlüsse vertreten lassen. Ein Beteiligter, der nach Maßgabe der Nrn. 1 bis 7 zur Vertretung berechtigt ist, kann sich selbst vertreten.

Die Beschwerde ist innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Entscheidung von einem zugelassenen Prozessbevollmächtigten schriftlich oder in elektronischer Form zu begründen.

In der Begründung muss dargelegt werden, dass

- die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - die Entscheidung von einer zu bezeichnenden Entscheidung des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - ein zu bezeichnender Verfahrensmangel vorliegt, auf dem die angefochtene Entscheidung beruhen kann.

Als Verfahrensmangel kann eine Verletzung der §§ 109 und 128 Abs. 1 Satz 1 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) nicht und eine Verletzung des § 103 SGG nur gerügt werden, soweit das Landessozialgericht einem Beweisantrag ohne hinreichende Begründung nicht gefolgt ist.

II. Erläuterungen zur Prozesskostenhilfe

Für das Beschwerdeverfahren gegen die Nichtzulassung der Revision kann ein Beteiligter Prozesskostenhilfe zum Zwecke der Beiordnung eines Rechtsanwalts beantragen.

Der Antrag kann von dem Beteiligten persönlich gestellt werden; er ist beim Bundessozialgericht schriftlich oder in elektronischer Form einzureichen oder mündlich vor dessen Geschäftsstelle zu Protokoll zu erklären.

Dem Antrag sind eine Erklärung des Beteiligten über seine persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse (Familienverhältnisse, Beruf, Vermögen, Einkommen und Lasten) sowie entsprechende Belege beizufügen; hierzu ist der für die Abgabe der Erklärung vorgeschriebene Vordruck zu benutzen. Der Vordruck ist kostenfrei bei allen Gerichten erhältlich. Er kann auch über das Internetportal des Bundessozialgerichts (www.bsg.bund.de) heruntergeladen und ausgedruckt werden.

Im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs ist der Vordruck in Papierform auszufüllen, zu unterzeichnen, einzuscannen, qualifiziert zu signieren und dann in das elektronische Gerichtspostfach des Bundessozialgerichts zu übermitteln.

Falls die Beschwerde nicht schon durch einen zugelassenen Prozessbevollmächtigten eingelegt ist, müssen der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe und die Erklärung über die persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse nebst den Belegen innerhalb der Frist für die Einlegung der Beschwerde beim Bundessozialgericht eingegangen sein.

Ist dem Beteiligten Prozesskostenhilfe bewilligt worden und macht er von seinem Recht, einen Rechtsanwalt zu wählen, keinen Gebrauch, wird auf seinen Antrag der beizuordnende Rechtsanwalt vom Bundessozialgericht ausgewählt.

III. Ergänzende Hinweise

Der Beschwerdeschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt werden. Das Bundessozialgericht bittet darüber hinaus um zwei weitere Abschriften. Dies gilt nicht im Rahmen des elektronischen Rechtsverkehrs.

Vors. Richter am LSG Richterin am LSG Richterin am Sozialgericht
Rechtskraft
Aus
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