L 1 KA 2/20 B ER

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Vertragsarztangelegenheiten
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 25 KA 18/20 ER
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KA 2/20 B ER
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
sachlich-rechnerische Richtigstellung - Abrechnung unter unzutreffender lebenslanger Arztnummer

1. Gibt ein Vertragsarzt bei der Honorarabrechnung gegenüber der Kassenärztlichen Vereinigung die lebenslange Arztnummer (LANR) eines angestellten Arztes an, der die abgerechneten Leistungen tatsächlich nicht erbracht hat, ist ein Vertrauensausschlusstatbestand im Sinne des § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X verwirklicht.
2. Auch bei einer internen Vertretung in einer Vertragsarztpraxis mit mehreren angestellten Ärzten ist immer die LANR derjenigen Person anzugeben, die die abgerechneten Leistungen tatsächlich erbracht hat.
I. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 23. Januar 2020 wird zurückgewiesen.

II. Der Antragsteller trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

III. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 54.046,17 EUR festgesetzt.

Gründe:

I.

Der Antragsteller begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen einen Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheid für Honorarzahlungen in Höhe von 216.184,67 EUR.

Der Antragsteller nahm im Jahr 2016 als Facharzt für Innere Medizin mit Vertragsarztsitz in C an der hausärztlichen Versorgung teil. In seiner Praxis waren in dieser Zeit fünf Ärzte, denen jeweils eine eigene Lebenslange Arztnummer (LANR) zugewiesen war, angestellt, unter anderem der Arzt G ... (LANR ...).

Am 23.04.2018 ging bei der Landesgeschäftsstelle der Antragsgegnerin eine anonyme Anzeige gegen den Antragsteller ein, wonach u.a. der angestellte Arzt im Zeitraum Januar/Februar 2016 bis November 2016 krank gewesen sei und Krankengeld bezogen habe, der Antragsteller jedoch gleichwohl Leistungen auf diesen abgerechnet habe. Mit Schreiben vom 17.12.2018 fragte die Antragsgegnerin bei dem Arzt G ... an, worauf dieser laut Telefonvermerk vom 11.01.2019 mitteilte, dass er von 29.01.2016 bis zu seinem Ausscheiden am 15.10.2016 arbeitsunfähig und auch nicht stundenweise in der Praxis des Antragstellers tätig gewesen sei. Mit Schreiben vom 02.07.2019 beantragte die Antragsgegnerin die Bezirksgeschäftsstelle D deswegen die Einleitung einer anlassbezogenen Plausibilitätsprüfung. Daraufhin forderte der dortige Plausibilitätsausschuss den Antragsteller zur Stellungnahme auf (Schreiben vom 05.08.2019). Der Antragsteller habe der Antragsgegnerin weder mitgeteilt, dass der angestellte Arzt von 29.01.2016 bis einschließlich 15.10.2016 erkrankt gewesen sei, noch sei eine Vertretung angezeigt bzw. genehmigt worden. Mit Schreiben vom 04.09.2019 meldeten sich die Prozessbevollmächtigten für den Antragsteller, beantragten Einsicht in die Verwaltungsakten und Verlängerung der zum 08.09.2019 gesetzten Stellungnahmefrist. Fristverlängerung wurde von der Bezirksgeschäftsstelle D bis 25.10.2019 gewährt.

Unabhängig davon stellte die Antragsgegnerin mit vom Vorstandsvorsitzenden unterzeichneten Bescheid der Landesgeschäftsstelle vom 17.09.2019 Abrechnungsverstöße in den Quartalsabrechnungen für 2016 fest und forderte vom Antragsteller gestützt auf § 45 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) die Rückzahlung vertragsärztlichen Honorars in Höhe von 216.184,67 EUR für vertragsärztliche Leistungen, die unter der LANR. des G ... abgerechnet worden waren. Die Abrechnung dieser Leistungen während der Arbeitsunfähigkeit des angestellten Arztes vom 29.01.2016 bis zum 15.10.2016 sei nicht gerechtfertigt gewesen. Auf Vertrauen könne sich der Antragsteller nicht berufen, da die Honorarabrechnung auf Angaben beruhe, die er vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlichen Punkten unrichtig oder unvollständig gemacht habe. Der Antragsteller habe die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide gekannt.

Auf den Widerspruch des Antragstellers vom 17.10.2019 listete die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 28.10.2019 die konkreten Abrechnungen auf und hörte den Antragsteller zu den Überzahlungen unter der LANR des Herrn G ... explizit an. Die damaligen Prozessbevollmächtigten äußerten sich im Rahmen des Widerspruchsverfahrens mit Schreiben vom 15.11.2019. Mit Widerspruchsbescheid vom 19.12.2019 wies die Antragsgegnerin den Widerspruch zurück.

Am 10.01.2020 hat der Antragsteller dagegen beim Sozialgericht Dresden Klage erhoben (S 25 KA 13/20) und am 14.01.2020 die Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes beantragt.

Zur Begründung hat er vorgetragen, die Antragsgegnerin habe die Jahresfrist des § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X für die Rücknahme der Honorarbescheide versäumt, weil sie bereits am 23.04.2018 darüber in Kenntnis gesetzt worden sei, dass der angestellte Arzt krank gewesen sei, die Praxis aber gleichwohl voll auf ihn abgerechnet habe. Die Antragsgegnerin sei habe es unterlassen, die subjektiven Voraussetzungen für eine Rücknahmeentscheidung nach § 45 SGB X zu ermitteln bzw. mit diesen Ermittlungen zumindest zu beginnen. Der Bescheid vom 17.09.2019 sei außerdem formell rechtswidrig, da er nicht vom Plausibilitätsausschuss der Bezirksgeschäftsstelle D der Antragsgegnerin, sondern entgegen § 10 Abs. 1 und § 11 Abs. 4 der Verfahrensordnung der Antragsgegnerin über den Inhalt und die Durchführung der Plausibilitätsprüfungen gemäß § 106d Abs. 2 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) von der Landesgeschäftsstelle der Antragsgegnerin im Auftrag des Vorstandsvorsitzenden als unzuständiger Behörde erlassen worden sei. Der Antragsteller sei vor Erlass des Bescheides nicht ordnungsgemäß nach § 24 Abs. 1 SGB X angehört, der Anhörungsmangel auch nicht geheilt worden. Schließlich sei es zulässig, im Wege einer sog. "internen Vertretung" Leistungen auch durch Kollegen der Praxis erbringen zu lassen, die dem angestellten Arzt rechtswirksam zugerechnet würden. Die für Berufsausübungsgemeinschaften geltende Vorschrift des § 32 Ärzte-ZV gelte für die interne Vertretung eines in einer Einzelpraxis angestellten Arztes entsprechend. Darauf habe der Antragsteller vertraut. Daher könne ihm nicht vorgeworfen werden, er habe die Honorarabrechnung vorsätzlich oder grob fahrlässig falsch erstellt oder er habe die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes gekannt. Jedenfalls könne in Anbetracht der komplizierten Rechtslage dem Antragsteller nicht unterstellt werden, dass er bei der Wahl einer falschen Arztnummer die Abrechnung vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht oder die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide gekannt habe. Da die Honorarbescheide nicht wirksam für die Vergangenheit aufgehoben worden seien, bestehe kein Erstattungsanspruch nach § 50 Abs. 1 SGB X.

Der Antragsgegner ist dem Antrag entgegengetreten und hat vorgetragen, das anonyme Schreiben allein habe noch nicht die fristauslösende Kenntnis von den die Rechtswidrigkeit der Honorarbescheide begründenden Tatsachen bewirkt. Auf die Frist komme es nicht an, da die Honorarbescheide in einer Frist von vier Jahren berichtigt werden dürften. Der Erlass von Honorarberichtigungsbescheiden sei nicht den Plausibilitätsausschüssen vorbehalten. Die zunächst unterbliebene Anhörung sei mit dem Schreiben vom 28.10.2019 wirksam nachgeholt worden. Welche konkreten Leistungen der Antragsteller unter der Arztnummer abgerechnet habe, müsse er selbst wissen. Eine "interne Vertretung" rechtfertige nicht den Ansatz von Gebührenordnungspositionen unter einer unzutreffenden Arztnummer. Eine Zurechnung von Leistungen sei insoweit nicht möglich. Die Abrechnung unter ein und derselben Betriebsstättennummer ändere daran nichts. Die krankheitsbedingte Abwesenheit sei anzeigepflichtig gewesen.

Mit Beschluss vom 23.01.2020 hat das Sozialgericht den Antrag auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage gegen den Bescheid der Beklagten vom 17.09.2019 abgelehnt, weil die im Hauptsacheverfahren angefochtenen Bescheide offensichtlich rechtmäßig seien. Die Rechtmäßigkeit der Honorarkorrektur hänge nicht davon ab, ob die Voraussetzungen des § 45 SGB X erfüllt seien. Rechtsgrundlage für die Rückforderung als solche sei § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Zur nachträglichen Berichtigung der Honorarabrechnung sei die Antragsgegnerin unmittelbar auf Grundlage von § 106d Abs. 1 und Abs. 2 Satz 1 1. Halbsatz SGB V berechtigt. Sie habe die Honorarkorrektur nicht im Ergebnis einer Plausibilitätsprüfung vorgenommen. Eines solchen vorgeschalteten Verfahrens zum Auffinden von Unrichtigkeiten der Abrechnung habe es nicht bedurft, da die Antragsgegnerin auf Grund der ihr vorliegenden Erkenntnisse unmittelbar habe feststellen können, dass die unter der Arztnummer des angestellten Arztes angesetzten Leistungen falsch abgerechnet worden seien, um die bereits bestandskräftigen Honorarbescheide richtig zu stellen. Sodann führt das Sozialgericht aus, weshalb für die Korrektur der bestandskräftigen Honorarbescheide nicht der Ablauf der in § 106d Abs. 5 Satz 3 SGB V in der Fassung des Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 06.05.2019 geregelten zweijährigen Frist, sondern der vierjährigen Ausschlussfrist nach der bisherigen Rechtsprechung maßgeblich sei. Die Honorarkorrektur sei rechtmäßig, weil die Abgeltung der im Zeitraum vom 29.01.2016 bis zum 15.10.2016 unter der Arztnummer des angestellten Arztes abgerechneten Leistungen unrichtig gewesen sei. Die in den betreffenden Quartalen unter dieser Arztnummer abgerechneten Leistungen könnten nicht wie angesetzt durch den angestellten Arzt G ... erbracht worden sein. Die erbrachten Leistungen seien nicht richtig, d.h. unter der Arztnummer des tatsächlich tätig gewordenen Arztes, abgerechnet worden. Aus § 37a Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 44 Abs. 7 Satz 1 BMV-Ä folge die Verpflichtung, die vertragsärztlichen Leistungen bei der Abrechnung unter Angabe der Arztnummer zu kennzeichnen. Dies gelte nach § 37a Abs. 1 Satz 2 und § 44 Abs. 7 Satz 2 BMV-Ä auch für Leistungen, die von angestellten Ärzten erbracht würden. Indem der Antragsteller vertragsärztliche Leistungen unter der Arztnummer eines angestellten Arztes abgerechnet habe, der diese Leistungen in diesem Zeitraum nicht erbracht haben könne, weil er – unbestritten – arbeitsunfähig gewesen sei, habe er unrichtig abgerechnet. Die Auffassung des Antragstellers, wonach die interne Vertretung eines Arztes durch andere Mitglieder einer Berufsausübungsgemeinschaft zulässig sei, ohne dass die Vertretungsregelungen des § 32 Ärzte-ZV eingriffen, treffe nicht zu. Der Bundesmantelvertrag ordne auch in Berufsausübungsgemeinschaften und Praxen mit angestellten Ärzten trotz der Zurechnung zu dieser Abrechnungseinheit ausnahmslos eine individuelle Kennzeichnungspflicht an. Eine Fremdzurechnung bei der Kennzeichnung sei unzulässig. Gerade weil auch bei der praxisinternen Vertretung eines angestellten Arztes die Leistungen ohnehin dem Praxisinhaber zugerechnet würden, bestehe weder Anlass noch Rechtfertigung, die von einem angestellten oder Vertragsarzt der Praxis als interner Vertreter eines erkrankten angestellten Arztes erbrachten Leistungen unzutreffend mit der Arztnummer des abwesenden Arztes zu kennzeichnen. Eine solche falsche Kennzeichnung lasse sich deshalb nur mit dem Ziel der Verschleierung der Identität des tatsächlich tätig gewordenen Arztes zum Zwecke der Täuschung bei der Abrechnungsprüfung über die sachlich-rechnerische Richtigkeit, Plausibilität und Wirtschaftlichkeit erklären. Wenngleich es für die sachlich-rechnerische Richtigstellung hier nicht auf die von § 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 und 3 SGB X geforderte Bösgläubigkeit ankomme, so sei der unlogische Vortrag des Antragstellers auch nicht geeignet, den Eindruck von Gutgläubigkeit zu vermitteln. Aus der Obliegenheit des Antragstellers, die Abrechnung der Leistungen seiner angestellten Ärzte mit der zutreffenden Arztnummer zu kennzeichnen, folge zugleich, dass die Antragsgegnerin nicht verpflichtet gewesen sei, dem Antragsteller im Rahmen der Anhörung näher aufzuschlüsseln, welche einzelnen Ansätze aus diesem Grund falsch gewesen sein sollen. Denn hierbei handele es sich um Umstände, die dem Antragsteller als zur Abrechnung verpflichtetem Praxisinhaber und Dienstherren des angestellten Arztes aus eigener Anschauung bekannt sein müssten. Wie sich die Rückforderung nach der Berechnung der Antragsgegnerin zusammensetze, habe diese dem Antragsteller mit Übersendung der Anlagen zum Anhörungsschreiben vom 28.10.2019 in prüffähiger Weise verdeutlicht. Dem rechtlichen Gehör sei deshalb Genüge getan. Auf Grund des groben systematischen Fehlers sei die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung aufgehoben und die Quartalsabrechnung des Antragstellers jedenfalls hinsichtlich der mit der Arztnummer des angestellten Arztes gekennzeichneten Positionen insgesamt korrumpiert. Es sei Sache des Antragstellers gewesen, detailliert darzulegen und zu beweisen, dass der angestellte Arzt in den betreffenden Quartalen trotz Krankschreibung doch einzelne Leistungen, die unter seiner Arztnummer angesetzt wurden, selbst erbracht habe. Diesen Beleg sei der Antragsteller schuldig geblieben. Da keine Gründe ersichtlich seien, aus denen die Vollziehung für den Antragsteller eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte im Sinne des § 86a Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zur Folge hätte, bleibe es bei der Vollziehbarkeit der Honorarrückforderung.

Gegen diesen Beschluss hat der Antragsteller am 19.02.2020 beim Sächsischen Landessozialgericht Beschwerde eingelegt. Zur Begründung trägt die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers vor, es sei unzutreffend, dass ein Arzt immer unter seiner Arztnummer die Leistungen angeben müsse und bezieht sich hierzu auf Rechtsprechung des BSG (Hinweis auf B 6 KA 46/17 R und B 6 KA 49/02 R). Es sei nicht zu beanstanden, dass die Zuordnung der Leistungen bei den Patienten des Herrn G ... durch andere Ärzte erbracht worden seien. Es sei auch nicht fehlerhaft, die LANR des Arztes anzugeben, der kurzfristig erkrankt sei. Dies sei der typische Fall einer Vertretungssituation des § 32 Ärzte–ZV: der Vertreter sei oftmals kein Vertragsarzt und erbringe Leistungen für den Vertretenen unter der LANR des Vertretenen. Tatsächlich habe sich die Krankheit von Herrn G ... zwar immer nur als kurzfristige, dann aber doch als langwieriger Ausfall gestaltet. Es sei nicht ersichtlich gewesen, dass mit der ersten Krankschreibung im Januar sich ein Totalausfall ergeben könnte. Bis zur Kündigung des Arbeitsverhältnisses sei eine interne Vertretung angezeigt und geboten gewesen. Der LANR werde eine zu große Bedeutung beigemessen. Ferner sei die Jahresfrist versäumt, weil die Antragsgegnerin am 23.04.2018 von dem Vorgang erfahren habe. Da die Rückforderung nicht im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung erfolge, komme es auf deren Fristen nicht an. Im Übrigen bezieht sie sich auf das bisherige Vorbringen.

Der Antragsteller beantragt sinngemäß, den Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 23.01.2020 aufzuheben und die aufschiebende Wirkung der Klage S 25 KA 13/20 gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.09.2019 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.12.2019 bezüglich der Rückforderung von Honorarzahlungen aus den Quartalen 1/2016, 2/2016, 3/2016 und 4/2016 in Abänderung der Honorarbescheide vom 25.07.2016, vom 25.10.2016, vom 25.01.2017 und 25.04.2017 in Höhe von insgesamt 216.184,67 EUR anzuordnen.

Die Antragsgegnerin hat sich im Beschwerdeverfahren nicht geäußert, aber Vollstreckungsmaßnahmen bereits eingeleitet.

Infolge von Plausibilitätsprüfungen sind zu den Honorarabrechnungen des Antragstellers für die Quartale 4/2013 bis 1/2018 Honorarkorrekturbescheide ergangen, die Gegenstand gerichtlicher Klageverfahren beim Sozialgericht Dresden sind. Zusätzlich sind die vier Quartale des Jahres 2016 Gegenstand des Eilverfahrens S 25 KA 147/19 ER beim Sozialgericht Dresden gewesen (Beschluss vom 21.11.2019). Die Staatsanwaltschaft D ... ermittelt gegen den Antragsteller wegen Betruges ().

Dem Senat haben die Gerichtsakten beider Rechtszüge, die Gerichtsakte des Verfahrens S 25 KA 13/20 und die Verwaltungsakte der Antragsgegnerin vorgelegen.

II.

Die zulässige Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts vom 23.01.2020 ist unbegründet.

Zu Recht hat das Sozialgericht es abgelehnt, die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers vom 10.01.2020 (S 25 KA 13/20) gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 17.09.2020 anzuordnen.

Nach § 86b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, auf Antrag die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Dabei entscheidet das Gericht nach summarischer Prüfung unter Abwägung der widerstreitenden Interessen sowie Berücksichtigung der in § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG niedergelegten Grundsätze. Danach soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. Da der Gesetzgeber in § 86a Abs. 2 SGG insoweit ein Regel-Ausnahme-Verhältnis statuiert hat, hat grundsätzlich das öffentliche Interesse an der Vollziehung Vorrang. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit bestehen daher nur, wenn ein Erfolg im Hauptsacheverfahren wahrscheinlicher ist als ein Misserfolg, da eine gerichtliche Entscheidung das genannte Regel-Ausnahme-Verhältnis und die darin liegende gesetzliche Risikoverteilung zu Lasten des Betroffenen unterliefe, setzte sie die Vollziehung bereits dann aus, wenn der Erfolg des Rechtsbehelfs ebenso wahrscheinlich wie der Misserfolg, der Ausgang des Hauptsacheverfahrens also offen ist (st. Rspr., vgl. Sächsisches Landessozialgericht &61531;LSG&61533;, Beschluss vom 22.02.2016 – L 1 KR 217/15 B ER – juris Rn. 54; Keller in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl. 2017, § 86a Rn. 27a).

Gemäß § 86a Abs. 2 Nr. 4 SGG i.V.m. § 87b Abs. 2 Satz 6 SGB V haben Widerspruch und Anfechtungsklage gegen die Honorarfestsetzung sowie gegen deren Änderung oder Aufhebung keine aufschiebende Wirkung. Ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Richtigstellungs- und Rückforderungsbescheides der Antragsgegnerin vom 17.09.2019 kann der Senat nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen aber auch ausreichenden summarischen Prüfung nicht feststellen.

Der Bescheid ist formell rechtmäßig. Zwar hat die Antragsgegnerin den Antragsteller vor Erlass des Richtigstellungsbescheides vom 17.09.2019, der ihn zur Rückzahlung von 216.184,67 EUR verpflichtete, nicht gemäß § 24 Abs. 1 SGB X angehört. Dieser Verfahrensmangel ist unbeachtlich, weil die Anhörung im Rahmen des Widerspruchsverfahrens wirksam nachgeholt worden ist (§ 41 Abs. 1 Nr. 3 i.V.m. Abs. 2 SGB X). Die Heilung eines Anhörungsmangels kann während des Widerspruchsverfahrens erfolgen, wenn dem Betroffenen hinreichende Gelegenheit gegeben wird, sich zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern (Bundessozialgericht &61531;BSG&61533;, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R – juris Rn. 20, Urteil vom 29.11.2017 – B 6 KA 33/16 R – juris Rn. 16 m.w.N.). Das war hier der Fall. Die Antragsgegnerin hatte sowohl im Bescheid vom 17.09.2019 alle entscheidungserheblichen Tatsachen mitgeteilt als auch im weiteren Schreiben vom 28.10.2010 sogar noch die konkreten Abrechnungen unter der LANR des Herrn G ... aufgelistet. Der Antragsteller hatte somit im Rahmen des Widerspruchsverfahrens ausreichend Gelegenheit, vor Erlass des Widerspruchsbescheides hierzu sachgerecht Stellung zu nehmen.

Rechtsgrundlage für eine Korrektur rechtswidriger vertragsärztlicher Honorarbescheide ist ausschließlich die bereichsspezifische Sonderregelung in § 106d Abs. 2 SGB V, die unabhängig von der Wahrung oder Nichtwahrung der Ausschlussfrist die allgemeine Befugnisnorm für eine Rücknahme rechtswidrig begünstigender Verwaltungsakte in § 45 SGB X verdrängt (BSG, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R – juris Rn. 24). Im Rahmen des Berichtigungsverfahrens sind die speziellen Vertrauensschutztatbestände des § 45 Abs. 2 i.V.m. Abs. 4 SGB X entsprechend heranzuziehen (BSG, Urteil vom 15.05.2019 – B 6 KA 65/17 R – juris Rn. 23). Die nachträgliche Korrektur eines Honorarbescheids nach den Vorschriften über die sachlich-rechnerische Richtigstellung ist zwar nicht mehr möglich, wenn die Ausschlussfrist für eine Honorarrückforderung von vier Jahren abgelaufen ist (BSG, Urteil vom 28.08.2013 – B 6 KA 50/12 R – juris Rn. 24 m.w.N.). Daran hat sich durch die Einfügung eines neuen § 106d Abs. 5 Satz 3 SGB V mit dem Terminservice- und Versorgungsgesetz (TSVG) vom 06.05.2019 (BGBl. I 646) nichts geändert (BSG, Urteil vom 15.05.2019 – B 6 KA 63/17 R – juris Rn. 34). Erst seit 11.05.2019 gilt die Frist von zwei Jahren seit Erlass des betroffenen Honorarbescheids. Eine Rücknahme des Honorarbescheides ist jedoch unter Berücksichtigung der Vertrauensausschlusstatbestände des § 45 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. Abs. 4 Satz 1 SGB X auch nach Ablauf der Frist möglich (BSG, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R – juris Rn. 29).

Vorliegend kommt es nicht darauf an, ob die bisherige vierjährige Frist oder die seit 11.05.2019 geltende kürzere Frist des § 106d Abs. 5 Satz 3 SGB V in der Fassung des TSVG anzuwenden ist. Denn der Antragsteller kann sich nicht auf Vertrauensschutz i.S.d. § 45 Abs. 2 Satz 2 SGB X berufen, weil die ihn begünstigenden Honorarbescheide für die vier Quartale 2016 auf Angaben beruhten, die er vorsätzlich oder zumindest grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat (§ 45 Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 SGB X). § 45 Abs. 2 Satz 3 SGB X normiert in verallgemeinerungsfähiger Weise diejenigen Sachverhalte, bei denen nach der Wertung des Gesetzgebers ein schutzwürdiges Vertrauen, das die Rücknahme eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsaktes hindert, nicht anerkannt werden kann (sog. Vertrauensausschlusstatbestände). Liegen sie vor, sind Korrekturen von rechtswidrigen Bescheiden auch rückwirkend möglich (vgl. für Regelleistungsvolumen-Zuweisungsbescheide: BSG, Urteil vom 15.05.2019 – B 6 KA 65/17 R – juris Rn. 25).

Die Honorarbescheide der Antragsgegnerin vom 25.07.2016 für das 1. Quartal 2016, vom 25.10.2016 für das 2. Quartal 2016, vom 25.01.2017 für 3. Quartal 2016 und vom 25.04.2017 für das 4. Quartal 2016, mit denen dem Antragsteller die ärztlichen Leistungen vergütet wurden, waren von Anfang an rechtswidrig, weil darin Leistungen vergütet wurden, die – falls sie überhaupt erbracht wurden – jedenfalls nicht von dem Arzt erbracht worden waren, dessen LANR in der Abrechnung angegeben war. Abrechenbar und vergütungsfähig sind aber nur solche Leistungen, die in Übereinstimmung mit den für die vertragsärztliche Versorgung geltenden Vorschriften erbracht werden. Wird eine unzulässige Abrechnung festgestellt, erfolgt die Rückforderung zu Unrecht erbrachter Leistungen nach § 50 Abs. 1 SGB X.

Zu den Pflichten, deren Verletzung eine sachlich-rechnerische Richtigstellung zur Folge hat, gehört die nach § 15 Abs. 1, § 28 Abs. 1 SGB V, § 32 Abs. 1 Satz 1 Ärzte-ZV, § 15 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte (BMV-Ä) gebotene persönliche Erbringung der vertragsärztlichen Leistung durch den Vertragsarzt selbst. Das bedeutet, dass die vertragsärztlichen Leistungen nur durch genau die Ärztinnen und Ärzte erbracht werden dürfen, auf die sich etwaige Anstellungsgenehmigungen und die Zulassungen als Vertragsarzt beziehen (BSG, Urteil vom 30.10.2019 – B 6 KA 9/18 R – juris Rn. 14 m.w.N.). Bereits vor Einführung der "Lebenslangen Arztnummer" (LANR) zum 01.07.2008 gemäß § 37a, § 44 Abs. 7 BMV-Ä bestand demzufolge die Pflicht zur arztbezogenen Kennzeichnung z.B. der durch ein Medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) abgerechneten Leistungen (BSG, Urteil vom 30.10.2019 – B 6 KA 9/18 R – juris Rn. 17). Gemäß § 37a Abs. 1 Satz 2, § 44 Abs. 7 Satz 2 BMV-Ä hat auch bei angestellten Ärzten die Abrechnung der vertragsärztlichen Leistungen unter Angabe der Arztnummer des angestellten Arztes zu erfolgen. Denn die hohe Qualität der vertragsärztlichen Versorgung kann nur gewährleistet werden, wenn die Leistungen von demjenigen persönlich erbracht werden, der auf der Grundlage der Regelungen über die Zulassung bzw. Ermächtigung oder Anstellung von Leistungserbringern als befähigt angesehen worden ist, qualitätsgerechte Leistungen zu gewährleisten (BSG, Urteil vom 21.03.2012 – B 6 KA 22/11 R – juris Rn. 37 m.w.N.). Daraus folgt, dass selbst im Vertretungsfall nur die LANR derjenigen Person anzugeben ist, die die Leistung tatsächlich erbracht hat. Mitnichten erfolgt die Angabe der LANR "nur" – so die Prozessbevollmächtigte des Antragstellers –, um Leistungen einer speziellen Kassenärztlichen Vereinigung zuzuordnen. Sie selbst zitiert Rechtsprechung des BSG, aus der sich eindeutig die Funktion der lebenslangen Arztnummer ergibt, nämlich: die Zuordnung jeder einzelnen Behandlungsmaßnahme zu einem bestimmten Arzt zu ermöglichen (BSG, Urteil vom 27.06.2018 – B 6 KA 46/17 R – juris Rn. 30).

Soweit der Antragsteller vorträgt, die Leistungen hätten unter der LANR des damals erkrankten Herrn G ... erbracht werden dürfen, trifft dies nicht zu. Richtig ist, dass die Rechtsprechung des BSG, nach der es sich bei der gegenseitigen (internen) Vertretung der Partner einer Berufsausübungsgemeinschaft (BAG) nicht um eine Vertretung i.S.d. § 32 Ärzte-ZV handelt, auf MVZ und die dort angestellten Ärzte übertragbar ist (BSG, Urteil vom 30.10.2019 – B 6 KA 9/18 R – juris Rn. 27). Selbst wenn diese Rechtsprechung darüber hinaus auf angestellte Ärzte eines Vertragsarztes (§ 95 Abs. 9 Satz 1 SGB V) übertragbar wäre, erlaubt dies nicht die Kennzeichnung der ärztlichen Leistung in der Honorarabrechnung mit der LANR eines Arztes, der diese Leistung in Wirklichkeit nicht erbracht hat. Denn gerade eine derartige interne Vertretung, die – wie hier – der Kassenärztlichen Vereinigung nicht angezeigt worden ist – kann dazu führen, dass das MVZ bei einer Plausibilitätsprüfung auf der Grundlage arztbezogener Quartalszeitprofile auffällig wird, weil ein angestellter Arzt die zeitlichen Grenzen der ihm genehmigten Beschäftigung überschritten hat; mit einer rechtlich zulässigen internen Vertretung kann im Rahmen einer Plausibilitätsprüfung die Auffälligkeit aber nur erklärt werden, wenn der (angestellte) Arzt, der die Vertretung übernommen hat, tatsächlich in der Lage war, die unter seiner Arztnummer abgerechneten Leistungen zu erbringen (BSG, Urteil vom 30.10.2019 – B 6 KA 9/18 R – juris Rn. 31). Dies setzt natürlich voraus, dass bei der Abrechnung die LANR der internen Vertretung angegeben worden ist.

Dem Antragsteller wird also nicht zum Vorwurf gemacht, dass – wie er behauptet – die Patienten des Herrn G ... von anderen Ärztinnen und Ärzte der Praxis behandelt wurden. Dies könnte – allerdings nur für die Dauer von drei Monaten (vgl. BSG, Urteil vom 30.10.2019 – B 6 KA 9/18 R – juris Rn. 30) – ohne weiteres zulässig gewesen sein. Möglicherweise verfügten die Ärztinnen oder Ärzte, falls sie tatsächlich die Leistungen, die unter der LANR des Herrn G ... abgerechnet wurden, erbracht haben, auch über die erforderliche Qualifikation, genau diese ärztlichen Leistungen zu erbringen. Dies im Hinblick auf die erforderliche Qualitätssicherung zu überprüfen, wird der Antragsgegnerin (und der Staatsanwaltschaft) dadurch erschwert und ggf. unmöglich gemacht, dass erst durch umfangreiche Befragungen jedes einzelnen Patienten zu ermitteln ist, ob und wenn ja durch welchen Arzt oder welche Ärztin die Versicherten tatsächlich behandelt wurden.

Zu den Grundpflichten eines Vertragsarztes gehört nach ständiger Rechtsprechung eine gewissenhafte, peinlich genaue Leistungsabrechnung. Diese Pflicht zur stets korrekten Leistungsabrechnung hat einen besonders hohen Stellenwert; denn das Abrechnungs- und Honorierungssystem der vertragsärztlichen Versorgung baut auf Vertrauen auf (vgl. auch Hessisches LSG, Urteil vom 24.07.2019 – L 4 KA 24/17 – juris Rn. 44). Der Honorierung werden die Angaben der Leistungserbringer über die von ihnen erbrachten Leistungen zugrunde gelegt, so dass man auf deren Richtigkeit vertrauen können muss: Dies ist ein Fundament des Systems der vertragsärztlichen Versorgung (BSG, Urteil vom 21.03.2012 – B 6 KA 22/11 R – juris Rn. 35). Der Arzt verstößt hiergegen, wenn er Leistungen abrechnet, die er entweder nicht oder nicht vollständig oder nicht selbst erbracht hat (vgl. schon BSG, Urteil vom 24.11.1993 – 6 RKa 70/91 – juris Rn. 2 m.w.N.). Dasselbe gilt, wenn – wie hier – bei der Abrechnung Angaben gemacht werden, die nicht dem tatsächlichen Geschehen entsprechen können.

Nicht nachvollziehbar ist das Vorbringen des Antragstellers, er sei der Meinung gewesen, eine interne Vertretung des infolge Krankheit verhinderten Arztes, dessen LANR angegeben worden war, wäre zulässig. Denn selbst wenn eine interne Vertretung durch einen anderen angestellten Arzt oder den Antragsteller selbst möglich gewesen wäre, so hätte es das Gebot der peinlich genauen Abrechnung erfordert, dass für die jeweiligen ärztlichen Leistungen die LANR derjenigen Personen angegeben werden, die die Leistungen in Wirklichkeit erbracht haben. Warum der Antragsteller meint, er müsse nicht die LANR desjenigen bei ihm angestellten Arztes angeben, der die abgerechnete Leistung erbracht hat, bleibt offen. Dass es sich – so sein Vorbringen – um Patienten von Herrn G ... gehandelt habe, ist insoweit insbesondere für die Kennzeichnung in der Honorarabrechnung völlig unerheblich.

Vorliegend steht mit der im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes ausreichenden Sicherheit fest, dass der damals beim Antragsteller angestellte Arzt G ...in der Zeit vom 29.01.2016 bis zum 15.10.2016 in der Praxis des Antragstellers keinerlei ärztliche Leistungen erbracht hat. Demzufolge war die Angabe der LANR in den Abrechnungen, die der Antragsteller für diesen Zeitraum bei der Antragsgegnerin eingereicht hatte, falsch. Der Antragsteller bestreitet weder, dass dieser Arzt in dieser Zeit krank geschrieben war, noch behauptet er, dass dieser Arzt in dieser Zeit ärztliche Leistungen an Patienten der Praxis erbracht hat. Damit steht fest, dass der Antragsteller wusste, dass dieser Arzt keine ärztlichen Leistungen in seiner Praxis erbracht hat. Auch war es nicht so, dass er keine LANR angegeben hat, sondern die LANR eines Arztes, der die betreffende Leistung sicher nicht erbracht hat, so dass die Angabe dieser LANR in den Abrechnungen seitens des Antragstellers wissentlich falsch war. Es liegt auf der Hand, dass die LANR eines Arztes, der die abgerechneten Leistungen nicht erbracht hat, bei einer Abrechnung gegenüber der Antragsgegnerin nicht angegeben werden darf. Hierzu bedarf es keiner vertieften Kenntnis vertragsärztlicher Regularien.

Zu Recht hat bereits das Sozialgericht darauf hingewiesen, dass die ins Feld geführte Rechtsprechung des BSG zu Honorarabrechnungen aus der Zeit vor 2008 und damit vor Einführung der LANR stammt. Seit Einführung der LANR gibt es keinen Grund, auch im Falle einer internen Vertretung jeweils die LANR der Ärztin oder des Arztes bei der Honorarabrechnung anzugeben, die oder der die ärztlichen Leistungen tatsächlich erbracht hat. Dies setzt ersichtlich auch das BSG voraus, indem es ausführt, dass auch bei einer rechtlich zulässigen internen Vertretung zu prüfen ist, ob der Vertreter in der Lage war, die unter seiner Arztnummer (Hervorhebung durch den Senat) abgerechneten Leistungen zu erbringen (BSG, Urteil vom 30.10.2019 – B 6 KA 9/18 R – juris Rn. 31). Wie das Sozialgericht geht auch der Senat davon aus, dass es vorliegend für die falsche Kennzeichnung von – vermeintlich – erbrachten ärztlichen Leistungen nur einen Grund geben kann: die Verschleierung von tatsächlichen Abläufen mit dem Ziel, einer Überprüfung von Honorarabrechnungen zu entgehen.

Ermessen musste die Antragsgegnerin bei Erlass des Richtigstellungsbescheides nicht ausüben, weil die bereichsspezifische Sonderregelung zur Korrektur vertragsärztlicher Honorarbescheide in § 106d Abs. 2 Satz 1 SGB V – anders als § 45 SGB X – keine Verpflichtung zur Ermessensausübung vorsieht, sondern eine gebundene Entscheidung enthält (BSG, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R – juris Rn. 31 m.w.N.).

Schließlich hat die Antragsgegnerin mit Erlass des Bescheides am 17.09.2019 auch die einjährige Frist zur Rücknahme gemäß § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X gewahrt. Nach dieser Vorschrift muss die Aufhebung eines rechtswidrig begünstigenden Verwaltungsakts mit Wirkung für die Vergangenheit innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen erfolgen, welche die Rücknahme rechtfertigen. § 45 Abs. 4 Satz 2 SGB X ist auch bei sachlich-rechnerischen Richtigstellungen im Vertragsarztrecht nach Ablauf der Ausschlussfrist entsprechend anwendbar ist (BSG, Urteil vom 21.03.2018 – B 6 KA 47/16 R – juris Rn. 39 m.w.N.). Die den Beginn der Jahresfrist bestimmende Kenntnis ist anzunehmen, wenn die Behörde mangels vernünftiger objektiv gerechtfertigter Zweifel eine hinreichend sichere Informationsgrundlage bezüglich sämtlicher für die Rücknahmeentscheidung notwendiger Tatsachen hat; hierzu gehören auch alle Tatsachen, die die besonderen Rücknahmevoraussetzungen beschreiben (BSG, Urteil vom 24.10.2018 – B 6 KA 34/17 R – juris Rn. 33 m.w.N.). Vorliegend kommt es daher nicht auf den Eingang der anonymen Anzeige bei der Antragsgegnerin im April 2018 an, sondern frühestens nach der telefonischen Mitteilung des Herrn G ... selbst am 11.01.2019, dass er in der Zeit vom 29.01.2016 bis zum 15.10.2016 in der Praxis des Antragstellers keinerlei ärztliche Leistungen erbracht hat, hatte die Antragsgegnerin die entsprechende Tatsachenkenntnis, so dass der Richtigstellungsbescheid noch vor Ablauf der Jahresfrist erlassen wurde.

Zweifel an der Rechtmäßigkeit der nachträglichen Richtigstellung der Honorarbescheide für die Quartale 1/2016 bis 4/2016 hinsichtlich aller Leistungen, die der Antragsteller unter der LANR 253281601 abgerechnet hat, berechtigte die Antragsgegnerin gemäß § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X auch zur Rückforderung des von ihr zu viel gezahlten Honorarbetrags.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i.V.m. § 154 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung.

Die Entscheidung über den Streitwert folgt aus § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 47 Abs. 1 und 2, § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz (GKG); sie entspricht derjenigen des erstinstanzlichen Verfahrens.

Diese Entscheidungen sind nicht mit der Beschwerde anfechtbar (§ 177 SGG und § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
Rechtskraft
Aus
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