L 1 KR 50/13

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Dresden (FSS)
Aktenzeichen
S 18 KR 351/12
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 50/13
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Bestimmung einer Schiedsperson - kein Schiedsverfahren auf Verbandsebene in der häuslichen Krankenpflege

1. Ein einzelner Leistungserbringer hat im Bereich der häuslichen Krankenpflege nicht das Recht, ein Schiedsverfahren gegen einen Krankenkassenverband mit Wirkung für dessen Mitgliedskassen herbeizuführen.
2. Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist bei der Klage auf Bestimmung einer Schiedsperson der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung.
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. Januar 2013 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten des Berufungsverfahrens mit Ausnahme der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

IV. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,00 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Streitig ist die Bestimmung einer Schiedsperson für die Durchführung eines Schiedsverfahrens über die Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege.

Die Klägerin betreibt ein auf die Erbringung von Leistungen der häuslichen Intensivpflege, namentlich der speziellen Krankenbeobachtung nach Nr. 24 der Anlage zur Häuslichen Krankenpflege-Richtlinie (HKP-Richtlinie), spezialisiertes Unternehmen. Aufgrund eines mit dem Beigeladenen zu 1 (noch unter der Bezeichnung Verband der Angestellten-Krankenkassen e.V.) und dem Arbeiter-Ersatzkassen-Verband e.V. am 18./.20.09.2001 geschlossenen Vertrages nach §§ 132, 132a Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) nimmt die Klägerin an der Versorgung der Versicherten der zu 2 bis 7 beigeladenen Ersatzkassen mit Leistungen der häuslichen Krankenpflege im Sinne des § 37 SGB V teil. Für diese Leistungen schlossen die Klägerin und die namens und im Auftrag ihrer Mitgliedskassen handelnden Ersatzkassenverbände unter dem 31.10./09.11.2006 eine Vergütungsvereinbarung, die allerdings für Leistungen der Leistungsgruppe VI (spezielle Krankenbeobachtung) das Entgelt nicht bezifferte, sondern dieses Einzelfallentscheidungen vorbehielt.

Am 08.02.2012 kündigte die Klägerin die Vergütungsvereinbarung vom 09.11.2006 unter Verweis auf das fehlende Entgelt für die Leistungsgruppe VI und forderte den Beigeladenen zu 1 auf, bis 22.02.2012 Verhandlungen über die bundesweise Vergütung von Leistungen der außerklinischen Intensivpflege aufzunehmen. Nachdem der Beigeladene zu 1 Vertragsverhandlungen unter Hinweis auf das fehlende Mandat seiner Mitgliedskassen abgelehnt hatte, beantragte die Klägerin am 01.03.2012 beim Bundesversicherungsamt der Beklagten die Bestimmung einer Schiedsperson gemäß § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V in der bis 31.12.2016 geltenden Fassung (a.F.) für ein mit dem Beigeladenen zu 1 durchzuführendes Schiedsverfahren; der Beigeladene zu 1 bedürfe hierfür keiner Bevollmächtigung durch seine Mitgliedskassen, vielmehr hätten diese gemäß § 212 Abs. 5 SGB V einen Bevollmächtigten zu benennen.

Mit Bescheid vom 13.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14.05.2012 lehnte die Beklagte die Bestimmung einer Schiedsperson ab. Nach § 132a Abs. 2 SGB V a.F. obliege der Abschluss von Verträgen über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung den Krankenkassen selbst. Der Beigeladenen zu 1 sei für die Verhandlungen nicht ermächtigt. Da mit ihm wirksame Vertragsverhandlung nicht durchgeführt werden könnten, liege auch keine Nichteinigung im Sinne von § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V a.F. vor.

Hiergegen hat die Klägerin am 15.06.2012 beim Sozialgericht Dresden (SG) Klage erhoben. Da der Beigeladene zu 1 den Vertrag nach §§ 132, 132a SGB V vom 18./.20.09.2001 nicht als Bevollmächtigter, sondern – zumindest auch – im eigenen Namen geschlossen habe, sei er selbst Vertragspartner für die Vergütungsverhandlungen. Dies entspreche auch der Praxis in anderen Bundesländern. Eine Vergütungsvereinbarung mit dem Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste e.V. habe der Beigeladene zu 1 ohne Nachweis von Verhandlungsvollmachten als gemeinsamer Bevollmächtigter der Beigeladenen zu 2 bis 7 – allerdings unter Ausklammerung der Leistungsgruppe VI – geschlossen.

Der Beklagte hat erwidert, entscheidend sei nicht, ob ein Vertrag zwischen Klägerin und Beigeladenem zu 1 bestehe, sondern, dass zwischen beiden wirksame Vertragsverhandlungen über die Vergütung von Intensivpflegeleistungen nicht geführt werden könnten. Denn die Abschlussberechtigung liege nach § 132a Abs. 2 SGB V a.F. allein bei den Krankenkassen. Allein auf dieses Verhältnis sei bei der Einsetzung einer Schiedsperson abzustellen. Insoweit fehle es an einer Nichteinigung. Der Beigeladene zu 1 hätte allenfalls als Bevollmächtigter auftreten können, was hier aber nicht der Fall sei. Der Beigeladene zu 1 habe nicht einmal den Rechtsschein einer Bevollmächtigung gesetzt, weil er mit der Klägerin auch nicht über eine Vergütung der Intensivpflegeleistungen verhandelt habe. Sie – die Beklagte – habe auch nicht ersatzweise einen Bevollmächtigten für die Beigeladenen zu 2 bis 7 zu benennen. Mangels gemeinsam und einheitlich zu regelnder Materie liege ein Fall des § 212 Abs. 5 Satz 6 SGB V nicht vor.

Mit Urteil vom 30.01.2013 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf Bestimmung einer Schiedsperson für ein Schiedsverfahren mit dem Beigeladenen zu 1. Ein Schiedsverfahren, für das die Beklagte nach § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V a.F. eine Schiedsperson zu bestimmen hätte, sei nur statthaft, wenn es in den Vertragsverhandlungen zwischen den in § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. genannten Vertragsparteien nicht zu einer Einigung über die dort genannten Inhalte gekommen sei. Diese Voraussetzungen seien hier nicht erfüllt. Der Beigeladene zu 1 sei als Verband der Ersatzkassen (§ 212 Abs. 5 SGB V) keine Krankenkasse und damit keine geeignete Vertragspartei einer Vereinbarung nach § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. Die Möglichkeit, Verträge statt mit den Ersatzkassen (auch) mit deren Verbänden zu schließen, sehe § 132a SGB V – anders als § 303 Abs. 1 Satz 1 SGB V – nicht vor. Zwar schließe das Gesetz nicht aus, dass die Vertragsverhandlungen auf Verbandsebene geführt würden. In diesem Fall handelten die Verbände jedoch als Bevollmächtigte der von ihnen vertretenen Krankenkassen, die allein Vertragsparteien seien. Ohne Bedeutung sei, ob die Vereinbarung vom 18./.20.09.2001 mit dem Beigeladenen zu 1 als Vertragspartei zustande gekommen sei oder nicht doch mit den durch ihn vertretenen Ersatzkassen. Entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1 für die angestrebte Preisvereinbarung nicht die richtige Vertragspartei wäre. Aus diesem Grunde könne sich die Klägerin auch nicht auf § 164 Abs. 2 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) berufen. Zwar habe der Beigeladene zu 1 den Vertrag vom 18./20.01.2001 ohne ausdrücklichen Hinweis auf seine Vertreterrolle geschlossen. Doch habe sich bereits damals unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, dass der Beigeladene zu 1 eine Befugnis zum Abschluss von Verträgen nur als Vertreter der Krankenkassen habe ausüben können. Zudem sei die Vergütung von Intensivpflegeleistungen im Vertrag vom 18./20.01.2001 nicht geregelt. Sie sei sogar aus der Vergütungsvereinbarung vom 31.10./09.11.2006 – der die Ersatzkassenverbände zutreffend als Bevollmächtigte ausweise – ausgeklammert. Einer Abschlusskompetenz in eigener Zuständigkeit habe sich der Beigeladene zu 1 bezüglich der Vergütung von Intensivpflegeleistungen nie berühmt. Schließlich wäre eine Vergütungsvereinbarung unmittelbar mit dem Beigeladenen zu 1 als Vertragspartei für die Klägerin ohne Nutzen, da sie die Ersatzkassen nicht binde würde, gegen die sich aber die Vergütungsansprüche der Klägerin richteten. Selbst wenn der Beigeladene zu 1 befugt wäre, als Vertreter seiner Mitgliedskassen mit Pflegediensten über die Vergütung von Intensivpflegeleistungen zu verhandeln, käme ein Schiedsverfahren nur mit den vertretenen Krankenkassen, nicht aber mit deren Vertreter als Vertragspartei in Betracht. Zudem habe der Beigeladene zu 1 eine Vertretungsmacht für Verhandlungen über die Vergütung von Intensivpflegeleistungen konsequent in Abrede gestellt und die Klägerin keine Belege dafür benennen können, dass er jemals mit anderen Pflegediensten solche Vergütungen für seine Mitgliedskassen ausgehandelt hätte. Nichts anderes folge aus § 212 Abs. 5 Satz 6 SGB V. Diese Vorschrift regele nur die Vertretung der Ersatzkassen, nicht die Sachlegitimation des Beigeladenen zu 1, Verträge in eigenem Namen mit Wirkung für die Mitgliedskassen schließen zu dürfen und damit selbst Beteiligter eines Schiedsverfahrens nach § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V a.F. zu sein. Zudem seien die Verträge nach § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F. gerade nicht einheitlich und gemeinsam abzuschließen.

Hiergegen richtet sich die Klägerin mit ihrer am 27.02.2013 eingelegten Berufung. Es sei Sache des Beigeladenen zu 1, sich im Rahmen seiner Aufgaben zu betätigen und dies nach außen kenntlich zu machen. Verstoße er dagegen, könne das ihr – der Klägerin – nicht vorgehalten werden. Vielmehr müsse sie als privater Leistungserbringer davon ausgehen können, dass der Beigeladene zu 1 als Träger hoheitlicher Gewalt beim Abschluss von Verträgen in rechtlich zulässiger Weise handele. Der Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V a.F. sei ein einheitlicher Vertrag; ein gesonderter Vergütungsvertrag, für den der Beigeladene zu 1 nicht die richtige Vertragspartei wäre, existiere nicht. Der Beigeladene zu 1 sei jedenfalls nach § 164 Abs. 2 BGB i.V.m. § 69 Abs. 1 Satz 3 SGB V selbst und unmittelbar Partei des einheitlichen Vertrages nach § 132a Abs. 2 SGB V a.F. vom 18./.20.09.2001 geworden. Um Verhandlungen über die Einzelheiten dieses Vertrages zu führen, bedürfe es keiner Vollmachten der Beigeladenen zu 2 bis 7. Vielmehr habe der Beigeladene zu 1 als Vertragspartei mit ihr – der Klägerin – die Vergütungen als wesentlichen Teil des Vertrages vom 18./.20.09.2001 mit Wirkung für die Beigeladenen zu 2 bis 7 zu verhandeln und abzuschließen.

Die Klägerin beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Dresden vom 30. Januar 2013 aufzuheben und die Beklagte unter Aufhebung seines Bescheides vom 13. April 2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 14. Mai 2012 zu verpflichten, über den Antrag der Klägerin unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu entscheiden, hilfsweise die Revision zuzulassen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Zur Beurteilung, ob der Beigeladene zu 1 zum Abschluss der von der Klägerin angestrebten Vergütungsvereinbarung berechtigt sei, müsse auf die zu schließende, künftige Vereinbarung abgestellt werden und nicht darauf, wer unter welchen Umständen 2001 den Vertrag nach § 132a SGB V geschlossen habe. Die jetzt streitige Vergütung sei nicht Bestandteil der Vereinbarung im Jahr 2001 gewesen und aus dem Vertrag im Jahr 2006 ausdrücklich ausgeklammert worden. Unerheblich sei, ob es sich um bei dem Vertrag nach § 132a Abs. 2 SGB V a.F. um einen zwangsläufig einheitlichen Vertrag handele oder nicht. Entscheidend sei, dass der Beigeladene zu 1 für Verträge nach § 132a Abs. 2 SGB V a.F. keine eigenständige Abschlusskompetenz habe, solange er nicht von den ihm zugehörigen Krankenkassen bevollmächtigt werde.

Die Beigeladenen haben sich in der Sache nicht geäußert.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die beigezogenen Verwaltungsakten der Beklagten, die vorgelegen haben, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung der Klägerin ist unbegründet.

Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Die zulässigerweise erhobene Anfechtungs- und Verpflichtungsklage ist unbegründet. Denn die Klägerin hat keinen Anspruch auf Bestimmung einer Schiedsperson für ein gegen die Beigeladene zu 1 zu führendes Schiedsverfahren über die Vergütung von Leistungen der häuslichen Krankenpflege. Zur Begründung verweist der Senat gemäß § 153 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf die zutreffenden Gründe der erstinstanzlichen Entscheidung, die er sich nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu Eigen macht. Ergänzend ist Folgendes auszuführen:

1. Bei einer Anfechtungs- und Verpflichtungsklage – wie sie hier richtigerweise gegen die Ablehnung der Bestimmung einer Schiedsperson durch die Beklagte erhoben wurde – ist maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage der Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 54 Rn. 34; Groß/Castendiek in: Lüdtke/Berchtold, 5. Aufl., § 54 Rn. 47; Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 54 Rn. 98). Dies gilt auch, soweit der Verwaltung – wie hier bei der Auswahl der Schiedsperson (dazu Landessozialgericht Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18.01.2013 – L 1 KR 341/11 – juris Rn. 56) – ein Ermessen zusteht (Keller in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer/Schmidt, SGG, 12. Aufl., § 54 Rn. 34a; Schenke/Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung [VwGO], 24. Aufl. § 113 Rn. 217; anderer Ansicht Bieresborn in: Roos/Wahrendorf, SGG, § 54 Rn. 61; Böttiger in: Breitkreuz/Fichte, SGG, 2. Aufl., § 54 Rn. 98). Zu beachten ist allerdings, dass für die Bestimmung des anzuwendenden Rechts zunächst das materielle Recht maßgeblich ist; erst wenn dieses nicht die Maßgeblichkeit eines anderen Zeitpunktes bestimmt, kommen die prozessrechtlichen Grundsätze zur Anwendung (BSG, Urteil vom 29.11.2017 – B 6 KA 31/16 R – juris Rn. 21). Ausgehend davon ist im vorliegenden Fall § 132a SGB V in der ab 01.01.2019 geltenden Fassung (n.F.) anzuwenden, in die die umfassenden Änderungen der Vorschrift durch das Dritte Pflegestärkungsgesetz vom 23.12.2016 (BGBl. I S. 3191) eingegangen sind. Durch die zwischenzeitlichen Gesetzesänderungen hat sich die Rechtslage allerdings nicht in entscheidungserheblicher Weise geändert: Die hier maßgeblichen Regelungen, die bis zum 31.12.2016 im Absatz 2 des § 132a SGB V enthalten waren, sind zum 01.01.2017 in dessen Absatz 4 überführt und um die neuen Sätze 6, 11 und 12 ergänzt worden, auf die es im vorliegenden Fall indessen nicht ankommt.

2. Von Gesetzes wegen kann der zu 1 beigeladene Ersatzkassenverband nicht Partei des von der Klägerin angestrebten Schiedsverfahrens sein. Hieran hat sich durch die Neufassung des § 132a SGB V zum 01.01.2017 nichts geändert.

Gemäß § 132a Abs. 4 Satz 8 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V a.F.) bestimmt die für die vertragschließende Krankenkasse zuständige Aufsichtsbehörde eine Schiedsperson, wenn sich die Vertragsparteien nicht auf eine Schiedsperson zur Festlegung des Inhalts eines Vertrages über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung einigen können (§ 132a Abs. 4 Satz 7 i.V.m. Satz 1 SGB V n.F. = § 132a Abs. 2 Satz 6 i.V.m. Satz 1 SGB V a.F.). Ein Schiedsverfahren, für das die Beklagte nach § 132a Abs. 4 Satz 8 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 7 SGB V a.F.) eine Schiedsperson zu bestimmen hätte, ist nur statthaft, wenn es in den Verhandlungen zwischen den in § 132a Abs. 4 Satz 1 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.) genannten Vertragsparteien nicht zu einer Einigung über die dort genannten Inhalte gekommen ist. Zu diesen Vertragsparteien gehört der zu 1 beigeladene Ersatzkassenverband nach wie vor nicht.

Nach § 132a Abs. 4 Satz 1 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.) schließen "die Krankenkassen" über die Einzelheiten der Versorgung mit häuslicher Krankenpflege, über die Preise und deren Abrechnung und die Verpflichtung der Leistungserbringer zur Fortbildung Verträge "mit den Leistungserbringern". Nach dieser klaren gesetzlichen Regelung sind Parteien solcher Verträge der einzelne Pflegedienst einerseits und die einzelne Krankenkasse andererseits, nicht aber deren Verbände (BSG, Urteil vom 29.06.2017 – B 3 KR 31/15 R – juris Rn. 40; Altmiks in: Kasseler Kommentar, § 132a SGB V Rn. 27; Luthe in: Hauck/Noftz, § 132a SGB V Rn. 11). Dies schließt es allerdings nicht aus, dass sich Pflegedienst oder Krankenkasse durch ihre jeweiligen Verbände bei den Vertragsverhandlungen und dem Vertragsschluss vertreten lassen (Ammann in: BeckOK-SozR, § 132a SGB V Rn. 15). Eine solche Bevollmächtigung verlangt das Gesetz den Krankenkassen im Bereich der häuslichen Krankenpflege nicht ab – auch nicht in § 212 Abs. 5 Satz 6 SGB V, der voraussetzt, dass das Gesetz den Krankenkassen einen gemeinsamen und einheitlichen Vertragsschluss auf Landesebene vorschreibt, was bei den Verträgen nach § 132a Abs. 4 Satz 1 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.) gerade nicht der Fall ist. Bei einer Vertretung durch Verbände erfolgt der Vertragsschluss zwar auf Verbandsebene (Schneider in: jurisPK-SGB V, 3. Aufl., § 132a Rn. 14); Vertragsparteien bleiben aber der einzelne Pflegedienst und die einzelne Krankenkasse.

Obwohl Leitbild des Gesetzes im Bereich der häuslichen Krankenpflege der Einzelvertrag des einzelnen Pflegedienstes mit der einzelnen Krankenkasse ist, hat das BSG aus Gründen der Praktikabilität und der Verwaltungsvereinfachung auch kollektive Verträge von Verbänden der Krankenkassen mit Gruppen von Leistungserbringern bzw. deren Verbänden zugelassen (BSG, Urteil vom 20.04.2016 – B 3 KR 18/15 R – juris Rn. 15; Urteil vom 25.11.2010 – B 3 KR 1/10 R – juris Rn. 39). Solchen Kollektivverträgen können die einzelnen Leistungserbringer beitreten. Mit dem Beitritt wird der Versorgungsvertrag zwischen dem einzelnen Leistungserbringer und der Krankenkasse wirksam, wobei der Inhalt des Versorgungsvertrags durch den Kollektivvertrag bestimmt wird, soweit mit den Beitrittserklärungen nichts Abweichendes vereinbart ist (BSG, Urteil vom 29.06.2017 – B 3 KR 31/15 R – juris Rn. 41; Urteil vom 17.07.2008 – B 3 KR 23/07 R – juris Rn. 26). Der Beitritt ist kein "Vertragsbeitritt" im zivilrechtlichen Sinne (Ricken, SGb 2009, 417, 419). Der Beitritt wird auch nicht durch einseitige Erklärung des Leistungserbringers bewirkt; vielmehr gibt der Leistungserbringer mit der Erklärung, dem Kollektivvertrag beizutreten, ein Angebot auf Abschluss eines Versorgungsvertrages nach § 132a SGB V ab, das die Krankenkasse nach Prüfung der Voraussetzungen für einen wirksamen Beitritt annimmt (BSG, Urteil vom 24.01.2008 – B 3 KR 2/07 R – juris Rn. 24; ungenau dagegen: BSG, Urteil vom 29.06.2017 – B 3 KR 31/15 R – juris Rn. 41). Mit Annahme des Beitritts kommt zwischen dem einzelnen Leistungserbringer und der einzelnen Krankenkasse ein Versorgungsvertrag zustande, dessen Inhalt durch den Kollektivvertrag festgelegt wird (Altmiks in: Kasseler Kommentar, § 132a SGB V Rn. 27).

Das in § 132a Abs. 4 Sätze 7 bis 9 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Sätze 6 bis 8 SGB V a.F.) gesetzlich vorgesehene Konfliktlösungsmodell knüpft an das Einzelvertragsmodell des § 132a Abs. 4 Satz 1 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.) an. Daher haben nur der einzelne Pflegedienst und die einzelne Krankenkasse das gesetzliche Recht zur Herbeiführung des Schiedsspruchs. Dafür spricht maßgeblich der Wortlaut von § 132a Abs. 4 Satz 7 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 6 SGB V a.F.), der im Konfliktfall die Festlegung des Vertragsinhalts durch eine "von den Vertragspartnern" zu bestimmende unabhängige Schiedsperson vorsieht. Zusammenschlüsse oder Verbände von Leistungserbringern oder Krankenkassen werden dagegen im gesetzlichen Konfliktlösungsmodell der häuslichen Krankenpflege nicht erwähnt (BSG, Urteil vom 29.06.2017 – B 3 KR 31/15 R – juris Rn. 43). Dies gilt auch für Versorgungsverträge, deren Inhalt – wie aufgezeigt – kollektivvertraglich ausgestaltet ist. Zwar mag es in diesen Fällen naheliegend erscheinen, die Konfliktlösung auf der Verbandsebene anzustreben. Erzwingen kann dies der einzelne Pflegedienst aber nicht. Vielmehr berechtigt ihn das Gesetz allein, ein Schiedsverfahren auf der Einzelvertragsebene, d.h. gegen die einzelne Krankenkasse, zu initiieren – und dies gerade auch für kollektivvertraglich geregelte Materien (BSG, Urteil vom 29.06.2017 – B 3 KR 31/15 R – juris Rn. 43 ff.).

Das von der Klägerin mit der Klage geltend gemachte Recht eines einzelnen Leistungserbringers, ein Schiedsverfahren gegen einen Krankenkassenverband mit Wirkung für deren Mitgliedskassen herbeizuführen, ist dem Gesetz im Bereich der häuslichen Krankenpflege dagegen fremd.

3. Ein solches Recht kann die Klägerin auch nicht aus den von ihr mit den Beigeladenen geschlossenen Verträgen herleiten.

Soweit die Klägerin diesbezüglich im Berufungsverfahren hervorhebt, ein Vertrag nach § 132a Abs. 4 Satz 1 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.) sei ein notwendig einheitlicher Vertrag, ist ihr insoweit Recht zu geben, als die Regelung von Versorgungsberechtigung und Vergütungsanspruch eine sachlogische Einheit bildet – und zwar auch dann, wenn diese Regelung in verschiedenen Vertragsurkunden erfolgt. Vertragliche Regelungen von Versorgung und Vergütung auf Verbandsebene müssen allerdings auch die verbandsangehörigen Krankenkassen binden, wenn sie für einen Leistungserbringer von Nutzen sein sollen. Denn dieser kann nur von den einzelnen Krankenkassen für die Versorgung von deren Versicherten eine Vergütung beanspruchen, nicht aber von deren Verband. Eine Bindung der zu 2 bis 7 beigeladenen Ersatzkassen an einen allein von deren zu 1 beigeladenem Verband geschlossenen Vertrag nach § 132a Abs. 4 Satz 1 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Satz 1 SGB V a.F.) ist – anders als die Klägerin meint – durch Beitritt infolge jahrelanger Erfüllung nicht erreichbar. Denn Verträge nach § 132a SGB V sind solche des öffentlichen Rechts (BSG, Urteil vom 25.09.2001 – B 3 KR 15/00 R – juris Rn. 11), für die daher das Schriftformerfordernis des § 56 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch gilt (BSG, Urteil vom 22.11.2012 – B 3 KR 10/11 R – juris Rn. 18), weshalb ihre Geltung nur durch schriftliche Beitrittserklärungen auf andere erstreckt werden kann (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2017 – B 3 KR 31/15 R – juris Rn. 41). Eine schriftliche Beitrittserklärung der Ersatzkassen zu dem am 18./.20.09.2001 geschlossenen Vertrag könnte allenfalls der Vergütungsvereinbarung vom 31.10./09.11.2006 entnommen werden. Nach dem in § 132a Abs. 4 Sätze 7 bis 9 SGB V n.F. (= § 132a Abs. 2 Sätze 6 bis 8 SGB V a.F.) gesetzlich vorgesehenen Konfliktlösungsmodell könnten dann indessen Schiedsverfahren nur gegen die einzelnen Ersatzkassen initiiert werden, nicht aber gegen den Ersatzkassenverband (vgl. BSG, Urteil vom 29.06.2017 – B 3 KR 31/15 R – juris Rn. 43 ff.). Der Vergütungsvereinbarung vom 31.10./09.11.2006 Beitrittserklärungen der einzelnen Ersatzkassen zu einem am 18./.20.09.2001 von den Ersatzkassenverbänden im eigenen Namen geschlossenen Vertrag zu entnehmen, erscheint allerdings ohnehin sehr gekünstelt. Viel näher liegt es, in der Vergütungsvereinbarung vom 31.10./09.11.2006 eine Klarstellung zu erblicken, dass die Ersatzkassenverbände bereits den Vertrag vom 18./.20.09.2001 als Bevollmächtigte der Ersatzkassen geschlossen haben.

Davon dass die Grundlage ihrer Rechtsbeziehungen mit den Ersatzkassen allein ein einheitlicher Vertrag mit deren Verband ist, geht die Klägerin selbst nicht mehr aus. Nach den Ausführungen ihres Geschäftsführers in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat die Klägerin mit sämtlichen beigeladenen Ersatzkassen zumindest Vergütungsverhandlungen geführt, teilweise mündeten diese in Vergütungsvereinbarungen, teilweise in Schiedsverfahren. So hat die Klägerin mit der zu 2 beigeladenen BARMER bereits 2011 eine Vergütungsvereinbarung abgeschlossen, die inzwischen gekündigt sei; die Bestimmung einer Schiedsperson habe das Bundesversicherungsamt der Beklagten abgelehnt, weil noch nicht ernsthaft genug verhandelt worden sei. Mit der zu 3 beigeladenen Techniker Krankenkasse habe die Klägerin im November 2018 eine Vergütungsvereinbarung für intensivpflegerische Leistungen geschlossen. Diesem Vertrag sei die zu 5 beigeladene Kaufmännische Krankenkasse beigetreten. In Bezug auf die zu 4 beigeladene DAK-Gesundheit sei im Dezember 2018 ein Schiedsspruch ergangen, gegen den diese Klage erhoben habe. Mit der zu 6 beigeladenen Hanseatischen Krankenkasse und der zu 7 beigeladenen Handelskrankenkasse liefen die Verhandlungen noch.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 2 VwGO. Die Kosten der Beigeladenen sind nach § 162 Abs. 3 VwGO nicht erstattungsfähig, da sie keinen Antrag gestellt haben (vgl. BSG, Urteil vom 31.05.2006 – B 6 KA 62/04 R – juris Rn. 19).

Gründe für die Zulassung der Revision (§ 160 Abs. 2 SGG) liegen nicht vor.

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 52 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz.
Rechtskraft
Aus
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