L 1 KR 384/17

Land
Freistaat Sachsen
Sozialgericht
Sächsisches LSG
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
1
1. Instanz
SG Leipzig (FSS)
Aktenzeichen
S 3 KR 346/15
Datum
2. Instanz
Sächsisches LSG
Aktenzeichen
L 1 KR 384/17
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
Versorgung mit einem Therapiedreirad

Zu den Voraussetzungen des Anspruchs eines schwerbehinderten Kindes auf Versorgung mit einem Therapiedreirad nach dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung und nach dem
Eingliederungshilferecht.
I. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 6. Februar 2017 aufgehoben.

II. Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom 16. Oktober 2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 4. August 2015 verurteilt, den Kläger mit einem Therapiedreirad "Schuchmann Momo" zu versorgen.

III. Die Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist die Versorgung des Klägers mit einem Therapiedreirad.

Der 2011 geborene Kläger ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 100. Die Merkzeichen "G", "aG", "B" und "H" sind zuerkannt. Er leidet an einem hypoxischen Hirnschaden mit (u.a.) spastischer tetraplegischer Zerebralparese und Störung der Motorik sowie einer geistigen Behinderung. Nachdem anfangs Geh- und Stehunfähigkeit sowie Rumpfinstabilität bestand, kann der Kläger aktuell selbständig sitzen und mit Hilfe kurzzeitig laufen und stehen. Durch die Beklagte ist er (u.a.) mit einem Reha-Buggy, einem Steh-/Lauftrainer und zwei Therapiestühlen versorgt. Er lebt zusammen mit seiner jüngeren Schwester im Haushalt der alleinerziehenden Mutter; die Familie bezieht Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Aktuell besucht der Kläger eine Förderschule für geistig Behinderte, zuvor besuchte er eine integrative Kindertageseinrichtung mit spezieller Einzel- und Gruppenförderung.

Am 06.09.2014 stellte der den Kläger behandelnde Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin Dr. med. W ... eine ärztliche Verordnung über die Versorgung des Klägers mit einem Therapiedreirad (Modell Schuchmann Momo 12 Zoll) aus. Unter Vorlage eines Kostenvoranschlags der Firma V ... (1.581,57 EUR) beantragte der Kläger am 06.10.2014 bei der Beklagten die Versorgung mit dem verordneten Hilfsmittel.

Nach Einholung einer Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK – Stellungnahme Dipl.-Med. U ... vom 13.10.2014) lehnte die Beklagte den Antrag ab (Bescheid vom 16.10.2014). Eine Genehmigung komme nicht in Betracht, da dem Kläger ein freies Sitzen nicht möglich sei und er den Kopf nur bedingt halten könne (Verweis auf ein Pflegegutachten aus dem Jahr 2013). Empfohlen würden Behandlungen im Rahmen von Heilmittelverordnungen.

Hiergegen wandte sich der Kläger mit Widerspruch vom 22.10.2014. Die Mutter des Klägers verwies darauf, dass der Kläger das Therapiedreirad erfolgreich ausprobiert habe. Dieses sei mit einer Rumpfführung ausgestattet; der Kläger sei hiermit gut zurechtgekommen und habe gerade auch nach längerem Fahren (ca. 30 Minuten auf dem Fußweg in der Nähe des Wohnsitzes) viel Freude an der Nutzung gezeigt. Zur weiteren Bestätigung wurde ein Erprobungsbericht der Firma V ... beigefügt. Vorgelegt wurde zudem eine Stellungnahme des behandelnden Kinderarztes, der die Versorgung mit dem Therapiedreirad nochmals ausdrücklich befürwortete. Heilmittel erhalte der Kläger bereits in komplexer Anzahl im Rahmen der Frühförderung.

Nach Einholung von zwei weiteren Stellungnahmen des MDK (Stellungnahmen Dr. med. T ... vom 09.02.2015 und 05.05.2015) wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück (Widerspruchsbescheid vom 04.08.2015). Im hier betroffenen Bereich des mittelbaren Behinderungsausgleichs beschränke sich die Leistungspflicht der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) auf einen sog. Basisausgleich, Anspruch auf eine Optimalversorgung bestehe nicht. Vorliegend habe der MDK in mehreren Gutachten bestätigt, dass aus sozialmedizinischer Sicht keine medizinische Indikation für ein Therapiedreirad bestehe. Es bestünden erhebliche Zweifel an der Fähigkeit des Klägers, dieses sicher – ohne Eigen-/Fremdgefährdung – zu bedienen.

Hiergegen hat der Kläger am 14.08.2015 Klage zum Sozialgericht (SG) Leipzig erhoben mit der er begehrt hat, ihn mit dem ärztlich verordneten Hilfsmittel zu versorgen. Aufgrund seiner Behinderung sei ihm die Nutzung eines handelsüblichen Kinderdreirads/-fahrrads nicht möglich. Er sei dazu in der Lage, das beantragte Therapiedreirad sicher zu nutzen; er habe dieses erfolgreich erprobt. Die den (nach Aktenlage erstellten) Stellungnahmen des MDK zugrunde gelegten Feststellungen aus dem Pflegegutachten von 2013 seien nicht mehr aktuell, wie der Befund des behandelnden Kinderarztes belege. Das Therapiedreirad diene zum einen der Muskelkräftigung sowie der Schulung von Koordination und Gleichgewichtssinn und ergänze hiermit die ebenfalls durchgeführte physiotherapeutische Behandlung. Zum anderen solle mit dem Gefährt die Erschließung eines gewissen körperlichen Freiraums – auch und gerade im Freien – und die Einbindung in den Alltag, insbesondere in das Familienleben, erreicht werden. Dass die Nutzung hierbei regelmäßig unter der Aufsicht einer Bezugsperson erfolgen müsse, stehe der sozialen Integration nicht entgegen. Dies sei bei jüngeren Kindern regelmäßig der Fall.

Mit Urteil vom 06.02.2017 hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger habe nach § 33 Abs. 1 Satz 1 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) keinen Anspruch auf das begehrte Hilfsmittel. Das Hilfsmittel sei weder zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung noch zum Behinderungsausgleich erforderlich. Die erforderliche Krankenbehandlung sei vorrangig durch Maßnahmen der Physikalischen Therapie sicherzustellen; ein ärztlicher Therapieplan zum Einsatz des Hilfsmittels existiere nicht. Dass durch die Nutzung des Hilfsmittels u.U. allgemein eine Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit erreicht werden könne, vermöge einen Anspruch als Hilfsmittel zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung nicht zu begründen. Auch unter dem Gesichtspunkt des mittelbaren Behinderungsausgleichs bestehe kein Anspruch auf das Hilfsmittel. Eine Leistungspflicht der GKV bestehe insoweit nur, wenn ein Grundbedürfnis des täglichen Lebens betroffen sei. Vorliegend sei die Möglichkeit zur (passiven) Fortbewegung des Klägers im sozialen Nahbereich durch den Reha-Buggy sichergestellt. Ein weitergehender Behinderungsausgleich sei nicht erforderlich. Das Radfahren einschließlich der damit verbundenen Empfindungen gehöre nicht zu den vom Leistungsumfang der GKV umfassten Grundbedürfnisse. Auch zu Integrationszwecken bedürfe es der Versorgung mit dem Therapiedreirad nicht. Der Kläger erhalte bereits Einzel- und Gruppenförderung in einer integrativen Kindertageseinrichtung unter Berücksichtigung eines individuell abgestimmten Förderplanes, der auch die Verbesserung der motorischen Fähigkeiten umfasse. Die Nutzung des Dreirades könne ohnehin nur unter Aufsicht erfolgen. Es bedürfe somit stets der Anwesenheit eines Erwachsenen, so dass weder eine Integration in das Lebensumfeld nicht behinderter Gleichaltriger erfolge noch die Eigenständigkeit des Klägers gefördert werde. Die Integration in den Familienverband könne auch durch andere Maßnahmen als das begehrte Therapiedreirad bewerkstelligt werden. Vor diesem Hintergrund bestehe auch kein Anspruch nach dem Recht der Eingliederungshilfe. Es sei nicht erkennbar, dass das nur unregelmäßig nutzbare Therapiedreirad über die bereits vorhandenen Hilfen hinaus einen zusätzlichen wesentlichen Beitrag zur Teilhabe des Klägers am Leben in der Gesellschaft leisten könne.

Gegen das ihm am 27.02.2017 zugestellte Urteil des SG hat der Kläger am 27.03.2017 Berufung eingelegt, mit der er sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgt.

Er sei zwischenzeitlich umgezogen. Vor dem nunmehr bewohnten Haus befinde sich ein großer Hof, auf dem das Therapiedreirad – allein oder mit anderen Kindern – gefahrlos genutzt werden könne. Aufgrund der Fortentwicklung seiner Motorik und seiner körperlichen Kräfte sowie mehrerer Operation bestünden nunmehr – wie aus den beigefügten Befunden der behandelnden Ärzte hervorgehe – keine Zweifel darüber, dass er das Dreirad gefahrlos nutzen könne.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 06.02.2017 sowie den Bescheid der Beklagten vom 16.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.08.2015 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, den Kläger mit einem Therapiedreirad ("Schuchmann Momo") zu versorgen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt die angefochtene Entscheidung. Auch wenn nunmehr feststehe, dass der Kläger nach den stattgehabten Operationen problemlos eigenständig lange sitzen könne, bestehe der geltend gemachte Anspruch nicht – weder zur Sicherung des Erfolgs einer Krankenbehandlung noch zum Behinderungsausgleich.

Der Senat hat als Träger der Eingliederungshilfe den am jetzigen Wohnort örtlich zuständigen Träger (Beigeladene zu 1) und den am ehemaligen Wohnort örtlich zuständigen Träger (Beigeladener zu 2) zum Verfahren beigeladen.

Die Beigeladenen haben keine eigenen Anträge gestellt.

Die Beigeladene zu 1 hält für einen etwaigen Anspruch des Klägers auf das Hilfsmittel als Leistung der sozialen Teilhabe den Beigeladenen zu 2 für örtlich zuständig, da der Kläger im Zeitpunkt der Entstehung der Bedarfslage in dessen örtlichen Zuständigkeitsbereich gewohnt habe (Verweis auf Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 24.01.1994 – 5 C 47/91 – juris). Im Übrigen fehle es an der Notwendigkeit der Hilfsmittelversorgung zu Eingliederungszwecken.

Der Beigeladene zu 2 verweist auf die vorrangige Leistungspflicht der Beklagten als erstangegangenem Rehabilitationsträger. Nach § 14 Abs. 2 Satz 1 Neuntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IX) sei die Beklagte zur umfassenden Prüfung des Anspruch auf der Grundlage aller in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen verpflichtet.

Beigezogen waren die Verwaltungsvorgänge der Beklagten. Auf diese und auf die Gerichtsakte wird ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die Berufung des Klägers hat Erfolg. Sie ist zulässig und begründet. Das SG hat die Klage zu Unrecht abgewiesen. Der Kläger hat Anspruch auf die Versorgung mit einem Therapiedreirad "Schuchmann Momo". Dies allerdings nicht nach dem Recht der GKV, sondern nach dem Recht der Eingliederungshilfe.

1. Streitgegenständlich im Verfahren ist – neben dem Urteil des SG – der Bescheid vom 16.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.08.2015, mit dem die Beklagte es abgelehnt hat, den Kläger mit einem Therapiedreirad der Marke "Schuchmann Momo" zu versorgen. Gegen diese Entscheidung der Beklagten wendet sich der Kläger zulässigerweise im Wege der kombinierten Anfechtungs- und Leistungsklage nach § 54 Abs. 1 und 4, § 56 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Da sich der Kläger das beantragte Hilfsmittel bislang nicht selbst beschafft hat, ist der Anspruch nach der Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung zu beurteilen (Bundessozialgericht [BSG], Urteil vom 25.06.2009 – B 3 KR 2/08 R – juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 08.08.2019 – B 3 KR 21/18 R – juris Rn. 29). Hierbei ist der Versorgungsanspruch nach allen in Betracht kommenden Rechtsgrundlagen zu prüfen. Dies gilt – neben einem Anspruch als Leistung zur (kurativen) Krankenbehandlung – zunächst für einen Anspruch als Leistung zur medizinischen Rehabilitation, für den die Beklagte originär zuständig ist (§ 6 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 5 Nr. 1 SGB IX). Darüber hinaus ist die Prüfung aber auch auf alle Rechtsgrundlagen zu erstrecken, die in der konkreten Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind. Hierzu gehören insbesondere Ansprüche als Leistung zur Teilhabe am Arbeitsleben oder an Bildung (§ 5 Nr. 2 und 4 SGB IX) sowie ein Anspruch als Leistung zur sozialen Teilhabe (§ 5 Nr. 5 SGB IX). Denn mangels Weiterleitung des Rehabilitationsantrags nach § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX (in der hier noch anzuwendenden, bis zum 31.12.2017 geltenden Fassung [a.F.]) begründet sich eine umfassende Prüfungs- und ggf. auch Leistungszuständigkeit der beklagten Krankenkasse als zuerst angegangene Leistungsträgerin (sog. leistende Rehabilitationsträgerin; vgl. die Legaldefinition in § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX in der seit 01.01.2018 geltenden Fassung des Bundesteilhabegesetzes [BTHG]), die sich im Außenverhältnis zum Versicherten auf alle Rechtsgrundlagen erstreckt, die überhaupt in dieser Bedarfssituation rehabilitationsrechtlich vorgesehen sind (siehe hierzu BSG, Urteil vom 08.08.2019 – B 3 KR 21/18 R – juris Rn. 32).

2. Der Bescheid vom 16.10.2014 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 04.08.2015 ist rechtswidrig. Die Beklagte hat den Antrag des Klägers auf Versorgung mit einem Therapiedreirad "Schuchmann Momo" zu Unrecht abgelehnt. Der Kläger hat Anspruch auf die begehrte Hilfsmittelversorgung.

a) Der Anspruch folgt allerdings nicht aus dem Recht der GKV. Hiernach haben Versicherte gemäß § 33 Abs. 1 Satz 1 SGB V Anspruch auf Versorgung mit Hilfsmitteln, die im Einzelfall erforderlich sind, um den Erfolg einer Krankenbehandlung zu sichern, einer drohenden Behinderung vorzubeugen oder eine Behinderung auszugleichen, soweit die Hilfsmittel nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen oder nach § 34 Abs. 4 SGB V ausgeschlossen sind.

Auch wenn Dreiräder und Fahrräder auch durch nicht behinderte Menschen genutzt werden, handelt es sich bei dem vorliegend streitgegenständlichen Therapiedreirad nicht um einen allgemeinen Gebrauchsgegenstand des täglichen Lebens. Denn Geräte, die für die speziellen Bedürfnisse kranker oder behinderter Menschen entwickelt und hergestellt worden sind und von diesem Personenkreis ausschließlich oder ganz überwiegend benutzt werden, sind grundsätzlich nicht als allgemeine Gebrauchsgegenstände des täglichen Lebens anzusehen (BSG, Urteil vom 16.04.1998 – B 3 KR 9/97 R – juris Rn. 17).

aa) Zutreffend ist das SG davon ausgegangen, dass es sich bei dem begehrten Therapiedreirad nicht um ein Hilfsmittel handelt, das den Erfolg einer Krankenbehandlung sichern soll (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB V). Das BSG hat bereits entschieden, dass bewegliche sächliche Mittel zur Förderung oder Ermöglichung der Mobilisation nur in besonders gelagerten Fällen Hilfsmittel "zur Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung" i.S.v. § 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 1 SGB V sein können. Der Sicherung des Erfolgs der Krankenbehandlung dient ein bewegliches sächliches Mittel nur dann, wenn es spezifisch im Rahmen einer ärztlich verantworteten Krankenbehandlung eingesetzt wird, um zu deren Erfolg beizutragen. Hierbei ist nicht jedwede gesundheitsfördernde Betätigung als spezifischer Einsatz im Rahmen einer ärztlich verordneten Krankenbehandlung anzusehen. Einen fehlenden engen Bezug zu einer konkreten Krankenbehandlung weisen gesundheitsförderliche Maßnahmen auf, die (nur) allgemein auf die Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit, die Mobilisierung von Restfunktionen des behinderten Menschen, die Erhöhung der Ausdauer und Belastungsfähigkeit sowie die Hilfe bei der Krankheitsbewältigung zielen (BSG, Urteil vom 08.08.2019 – B 3 KR 21/18 R – juris Rn. 22; BSG, Urteil vom 15.03.2018 – B 3 KR 4/16 R – juris Rn. 43; BSG, Urteil vom 07.10.2010 – B 3 KR 5/10 R – juris Rn. 21). So liegt die Sache jedoch hier. Der behandelnde Kinderarzt empfiehlt das Therapiedreirad zur Muskelkräftigung und zur Verbesserung der körperlichen Leistungsfähigkeit als Ergänzung zu den – ohnehin durchgeführten – Heilmitteltherapien (Physiotherapie, Ergotherapie). Der Kläger selbst verweist auf die Schulung des Gleichgewichtssinns und der motorischen Fähigkeiten. Ein spezifischer Bezug zu einer ärztlich verantworteten Krankenbehandlung aufgrund eines konkreten ärztlichen Therapieplans liegt nicht vor. Insbesondere ersetzt die (gelegentliche) Nutzung des Hilfsmittels nicht die ohnehin (dauerhaft) erforderliche Physiotherapie. Vielmehr soll das Therapiedreirad allgemeinen Trainingszwecken dienen, indem es den Muskelaufbau fördert sowie die Motorik und die Koordinationsfähigkeit verbessert, so dass mit der Hilfsmittelnutzung lediglich allgemeine gesundheitsfördernde Zwecke verfolgt werden.

bb) Krankenversicherungsrechtlich kommt damit nur ein Anspruch auf Hilfsmittelversorgung als Leistung zum Zweck des Behinderungsausgleichs (§ 33 Abs. 1 Satz 1 Var. 3 SGB V) in Betracht. Leistungen zum Zweck des Behinderungsausgleichs sind allerdings nicht unbegrenzt von der GKV zu erbringen. Vielmehr ist deren Aufgabenbereich im Rahmen der medizinischen Rehabilitation von den Aufgabenbereichen anderer Rehabilitationsträger und der Eigenverantwortung der Versicherten abzugrenzen. Die GKV hat nicht jegliche Folgen von Behinderung in allen Lebensbereichen durch Hilfsmittel auszugleichen. Im Bereich des von ihr zu erfüllenden Behinderungsausgleichs bemisst sich die originäre Leistungszuständigkeit der GKV nach dem Zweck des Hilfsmittels, wenn es die Auswirkungen der Behinderung im gesamten täglichen Leben beseitigt oder mindert und damit der Befriedigung eines allgemeinen Grundbedürfnisses des täglichen Lebens und einem möglichst selbstbestimmten und selbstständigen Leben dient. Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen zählen u.a. das Gehen und Stehen sowie das Erschließen eines gewissen körperlichen und geistigen Freiraums. Für den Versorgungsumfang, insbesondere Qualität, Quantität und Diversität, kommt es entscheidend auf den Umfang der mit dem begehrten Hilfsmittel zu erreichenden Gebrauchsvorteile im Hinblick auf das zu befriedigende Grundbedürfnis an. Es besteht Anspruch auf die im Einzelfall ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Hilfsmittelversorgung, nicht jedoch auf eine Optimalversorgung. Im Ergebnis kommt es daher auf den Umfang der mit dem Hilfsmittel zu erreichenden Gebrauchsvorteile an, ohne dass hierfür maßgeblich die Unterscheidung zwischen unmittelbarem und mittelbarem Behinderungsausgleich heranzuziehen wäre (BSG, Urteil vom 07.05.2020 – B 3 KR 7/19 R – juris Rn. 27). Zu den allgemeinen Grundbedürfnissen des täglichen Lebens gehört auch die Erhaltung der Mobilität des behinderten Menschen in dem Sinne, dass diesem zu ermöglichen ist, sich den Nahbereich der Wohnung in zumutbarer und angemessener Weise mit einem Hilfsmittel zu erschließen. In den Nahbereich einbezogen ist der Raum, in dem die üblichen Alltagsgeschäfte in erforderlichem Umfang erledigt werden. Hierzu gehören nach einem abstrakten Maßstab die allgemeinen Versorgungswege (Einkauf, Post, Bank) ebenso wie die gesundheitserhaltenden Wege (Aufsuchen von Ärzten, Therapeuten, Apotheken) und auch elementare Freizeitwege. Maßgebend für den von der GKV insoweit zu gewährleistenden Behinderungsausgleich ist grundsätzlich der Bewegungsradius, den ein nicht behinderter Mensch üblicherweise noch zu Fuß erreicht (BSG, a.a.O., Rn. 28). Nicht vom Leitungsumfang der GKV umfasst ist dagegen die Fähigkeit, weitere Wegstrecken, vergleichbar einem Radfahrer, Jogger oder Wanderer, zu bewältigen (BSG, Urteil vom 28.05.2011 – B 3 KR 12/10 R – juris Rn. 17; BSG, Urteil vom 16.09.1999 – B 3 KR 8/98 R – juris Rn. 17 ff.). Denn auch wenn das Radfahren in breiten Bevölkerungsschichten zum normalen Lebensstandard gehört, geht hiermit keine Verpflichtung der GKV einher, dem behinderten Menschen eine dem Radfahren vergleichbare Fortbewegungsmöglichkeit als bloße Freizeitbetätigung zu eröffnen (BSG, Urteil vom 16.09.1999 – B 3 KR 9/98 R – juris Rn. 19 f.). Das Umwelterlebnis, Geschwindigkeitsempfinden, Gleichgewichtsgefühl oder sonstige positive Erleben zählt nicht zu den Grundbedürfnissen, wenn die Fortbewegung im Nahbereich anderweitig sichergestellt ist (BSG, Urteil vom 26.03.2003 – B 3 KR 26/02 R – juris Rn. 15).

Letzteres ist vorliegend der Fall. Der Kläger benötigt das Therapiedreirad seinen eigenen Angaben zufolge nicht dazu, um sich mit dessen Hilfe die Wege im sozialen Nahbereich zu erschließen. Die Mobilität im Nahbereich ist vielmehr bereits auf andere Art und Weise gewährleistet. Der Schultransport wird durch einen Fahrdienst sichergestellt. Für Wege im Wohnumfeld oder in der Schule steht der Reha-Buggy zur Verfügung, der von der Mutter oder der Lehrerin geschoben wird. Das alleinige Zurücklegen von Versorgungswegen, gesundheitserhaltenden Wegen oder elementaren Freizeitwegen, die, wie oben dargelegt, den Bewegungsradius im sozialen Nahraum kennzeichnen, ist dem Kläger aufgrund seines Alters und seiner Behinderung ohnehin nicht möglich; er benötigt stets eine Begleitperson. Ausweislich der vorgelegten Befundberichte erfolgte zudem – zumindest in der Zeit unmittelbar nach den durchgeführten (Hüft-)Operationen – eine Mobilisierung des Klägers im Rollstuhl. Zweck des begehrten Hilfsmittels ist demnach vorliegend nicht die Sicherstellung des Grundbedürfnisses der Mobilität im sozialen Nahbereich. Vielmehr soll das Hilfsmittel der Freizeitgestaltung dienen; der Einsatz soll insbesondere zum Spielen auf dem Hofgelände erfolgen. Denn (nur) hier kann der Kläger das Hilfsmittel eigenständig nutzen, sei es zur alleinigen Beschäftigung oder auch zum gemeinsamen Spiel mit Freunden, Klassenkameraden oder Nachbarskindern.

Eine Leistungspflicht der GKV ergibt sich auch nicht unter dem Gesichtspunkt des Grundbedürfnisses der Teilnahme an der sonst üblichen Lebensgestaltung Gleichaltriger als Bestandteil des sozialen Lernprozesses (siehe hierzu BSG, Urteil vom 16.04.1998 – B 3 KR 9/97 R – juris Rn. 19). Das BSG hat hierzu entschieden, dass sich in der Entwicklungsphase von Kindern und Jugendlichen – zumindest bis zur Vollendung des 15. Lebensjahres – die unterschiedlichen Lebensbereiche nicht in der Weise trennen lassen wie bei Erwachsenen, nämlich in die Bereiche Beruf, Gesellschaft und Freizeit (BSG, Urteil v. 23.07.2002 – B 3 KR 3/02 R – juris Rn. 13). Allerdings, so das BSG, kommt auch bei Kindern und Jugendlichen ein Leistungsanspruch nach dem Recht der GKV nur in Betracht, wenn "das begehrte Dreirad mehr als bloßer Fahrradersatz" (BSG, Urteil v. 23.07.2002 – B 3 KR 3/02 R – juris Rn. 14) und "nicht nur dem Bereich der Freizeitgestaltung zuzurechnen" (BSG, Urteil vom 16.04.1998 – B 3 KR 9/97 R – juris Rn. 19) ist. Letzteres ist indes vorliegend der Fall. Angesichts der Behinderung des Klägers bedarf dieser stets der Beaufsichtigung/Begleitung durch eine Bezugsperson. Ein selbständiges Bewegen im Nahbereich wird ihm auch durch das begehrte Hilfsmittel nicht ermöglicht (vgl. hierzu BSG, Urteil vom 26.03.2003 – B 3 KR 26/02 R – juris Rn. 15). Die (unregelmäßige) Nutzung des Hilfsmittels zum Spielen im Hof stellt sich als bloße Freizeitbetätigung dar, die nicht zu den allgemeinen Grundbedürfnissen gehört (BSG, Urteil vom 16.09.1999 – B 3 KR 9/98 R – juris Rn. 19). Insoweit verbleibt es bei dem Grundsatz, dass Aufgabe der GKV allein die medizinische Rehabilitation ist, also die möglichst weitgehende Wiederherstellung der Gesundheit und der Organfunktionen einschließlich der Sicherung des Behandlungserfolgs, um ein selbständiges Leben führen und die Anforderungen des Alltags meistern zu können. Eine darüber hinausgehende berufliche oder – wie hier – soziale Rehabilitation, die ebenfalls die Versorgung mit einem Hilfsmittel umfassen kann, ist hingegen Aufgabe anderer Sozialleistungssysteme. Für den hier betroffenen Bereich der sozialen Teilhabe ist dies das Recht der Eingliederungshilfe (BSG, Urteil vom 16.09.1999 – B 3 KR 9/98 R – juris Rn. 15; BSG, Urteil vom 06.08.1998 – B 3 KR 3/97 R – juris Rn. 13).

b) Anders als vom SG angenommen besteht der geltend gemachte Anspruch als Leistung zur sozialen Teilhabe (§ 5 Nr. 5 SGB IX). Wie bereits dargelegt war der erhobene Anspruch im Hinblick auf die Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX auch auf dieser Rechtsgrundlage von der Beklagten zu prüfen, auch wenn die Erbringung derartiger Leistungen grundsätzlich den Trägern der Eingliederungshilfe – und damit den Beigeladenen – obliegt (§ 6 Abs. 1 Nr. 7 SGB IX). Leistungen zur sozialen Teilhabe werden insbesondere als besondere Leistungen zur selbstbestimmten Lebensführung für Menschen mit Behinderungen – Eingliederungshilfe – erbracht. Somit ist, da für die rechtliche Beurteilung, wie oben dargelegt, die aktuelle Sach- und Rechtslage maßgeblich ist, das klägerische Begehren anhand der §§ 90 ff. SGB IX (Teil 2 SGB IX – vgl. §§ 53 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch [SGB XII] in der bis zum 31.12.2019 geltenden Fassung) zu prüfen.

aa) Leistungen der Eingliederungshilfe – zu denen gemäß § 102 Abs. 1 Nr. 4 SGB IX die Leistungen zur sozialen Teilhabe gehören – erhalten gemäß § 99 SGB IX Personen nach § 53 Abs. 1 und 2 SGB XII in der am 31.12.2019 geltenden Fassung. Dies sind (u.a.) Personen, die durch eine Behinderung wesentlich in ihrer Fähigkeit, an der Gesellschaft teilzuhaben, eingeschränkt sind, wenn und soweit nach der Besonderheit des Einzelfalles, insbesondere nach Art oder Schwere der Behinderung, Aussicht besteht, dass die Aufgabe der Eingliederungshilfe erfüllt werden kann (§ 53 Abs. 1 Satz 1 SGB XII a.F.). Zu diesem Personenkreis gehört der Kläger, der aufgrund seiner geistigen, körperlichen und motorischen Einschränkungen als Folge eines hypoxischen Hirnschadens als schwerbehinderter Mensch wesentlich an der gleichberechtigten Teilhabe an der Gesellschaft gehindert ist. Besondere Aufgabe der Eingliederungshilfe ist es, eine Behinderung oder deren Folgen zu beseitigen oder zu mildern und die behinderten Menschen in die Gesellschaft einzugliedern (§ 53 Abs. 3 Satz 1 SGB XII a.F.). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Gesetzgeber mit dem seit 01.01.2018 geltenden BTHG den Behinderungsbegriff in § 2 SGB IX entsprechend dem Verständnis der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK) neu gefasst und dabei dem Wechselwirkungsansatz noch mehr Gewicht beigemessen hat als nach dem bis dahin geltenden Recht. Im Vordergrund steht das Ziel der Teilhabe (Partizipation) an den verschiedenen Lebensbereichen sowie die Stärkung der Möglichkeiten einer individuellen und den persönlichen Wünschen entsprechenden Lebensplanung und -gestaltung unter Berücksichtigung des Sozialraums (BSG, Urteil vom 08.08.2019 – B 3 KR 21/18 R – juris Rn. 29 m.w.N. zu den Gesetzesmaterialien). Hierbei ist das Wunsch- und Wahlrecht in § 8 SGB IX gesetzlich ausgestaltet.

Insoweit hat das BSG bereits zur alten Rechtslage vor Inkrafttreten des BTHG (§§ 53 ff. SGB XII a.F.) entschieden, dass die Frage, in welchem Maß und durch welche Aktivitäten ein behinderter Mensch am Leben in der Gemeinschaft teilnimmt, abhängig ist von seinen individuellen Bedürfnissen unter Berücksichtigung seiner Wünsche. Es gelte ein individueller und personenzentrierter Maßstab, der regelmäßig einer pauschalierenden Betrachtung des Hilfefalls entgegenstehe (BSG, Urteil vom 12.12.2013 – B 8 SO 18/12 R – juris Rn. 15). Ziel der Eingliederungshilfe sei es, dem behinderten Menschen die in seiner Altersgruppe üblichen gesellschaftlichen Kontakte mit Menschen zu ermöglichen. Zu erfüllen seien hierbei nachvollziehbare soziale Teilhabebedürfnisse, die nicht über die Bedürfnisse eines nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen hinausgehen. Etwas anderes gelte nur dann, wenn es sich um Wünsche handele, deren Verwirklichung in der Vergleichsgruppe der nicht behinderten, nicht sozialhilfebedürftigen Erwachsenen in der gleichen Altersgruppe als unangemessen gelten (etwa wegen der damit regelmäßig verbundenen Kosten) und die damit der Teilhabe nicht dienen können; insoweit bestimmten nicht die Vorstellungen der Behörde oder des Gerichts die Reichweite und Häufigkeit der Teilhabe des behinderten Menschen (BSG, Urteil vom 08.03.2017 – B 8 SO 2/16 R – juris Rn. 22 f.).

Dies zugrunde legend hat der Kläger Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel als Leistung der sozialen Teilhabe (§ 102 Abs. 1 Nr. 4 i.V.m. § 84 Abs. 1 Satz 1 SGB IX). Sowohl das Fahren mit einem Dreirad als auch (im fortgeschrittenen Alter) das Fahren mit einem Fahrrad stellt – allein oder in der Gruppe – auch bei nichtbehinderten Kindern und Jugendlichen eine gängige Freizeitbeschäftigung in allen Altersgruppen und in allen gesellschaftlichen Schichten dar. Es ist zum einen Freizeitvergnügen, trägt aber auch zur allgemeinen körperlichen Fitness sowie – insbesondere bei Kindern – zur Schulung von Motorik, Koordination und Gleichgewichtssinn bei und ist daher auch bei nicht behinderten Menschen unter gesundheitlichen Aspekten zu begrüßen. Erst recht gilt dies für vorerkrankte oder behinderte Menschen, bei denen diesem Aspekt im Hinblick auf die Aufrechterhaltung eines (Rest-)Leistungsvemögens besondere Bedeutung zukommt. Entsprechendes gilt für Kinder und Jugendliche, die aufgrund einer Behinderung Entwicklungsrückstände aufholen müssen und in diesem Zusammenhang einer besonderen Förderung und eines intensivierten Trainings ihrer Fähigkeiten bedürfen. Der Wunsch eines behinderten Kindes, dies mithilfe eines Therapiedreirads zu tun, stellt ein ebenso nachvollziehbares wie angemessenes Teilhabebedürfnis dar, so dass die tatbestandlichen Voraussetzungen für einen Anspruch auf Versorgung mit dem begehrten Hilfsmittel als Leistung der sozialen Teilhabe erfüllt sind.

bb) Zu den Leistungen der Eingliederungshilfe ist ein Beitrag nach Maßgabe des Neunten Kapitels des Zweiten Teils des SGB IX aufzubringen (§ 92 SGB IX). Der Kläger und seine Mutter verfügen jedoch als Bezieher von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nicht über einzusetzendes Einkommen (§§ 135 bis 138 SGB IX) oder Vermögen (§§ 139, 140 SGB IX), so dass eine auch nur anteilige Beteiligung an den Kosten des Therapiedreirads nicht in Betracht kommt.

3. Auf die Berufung des Klägers war daher die erstinstanzliche Entscheidung aufzuheben und der Klage stattzugeben. Hierbei kann dahinstehen, ob ein Erstattungsanspruch der Beklagten gegen den Träger der Eingliederungshilfe – sofern ein solcher Anspruch überhaupt geltend gemacht werden wird – gegen die Beigeladene zu 1 oder gegen den Beigeladenen zu 2 zu richten wäre. Für eine Zuständigkeit der Beigeladenen zu 1 spricht insoweit, dass maßgeblicher Beurteilungszeitpunkt für den klägerischen Anspruch die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ist. Hieran knüpft die Verpflichtung der Beklagten zur "Erbringung" der Leistung an. Für eine Zuständigkeit des Beigeladenen zu 2 spricht demgegenüber, dass in dessen Zuständigkeitsbereich die Antragstellung erfolgte (vgl. § 98 Abs. 1 Satz 1, § 108 Abs. 1 SGB IX). Indes bedarf die Frage, welcher Träger der Eingliederungshilfe für die Leistungserbringung örtlich zuständig gewesen wäre, vorliegend keiner Klärung. Vielmehr ist die Beantwortung dieser Frage einem Rechtsstreit über einen Erstattungsanspruch – sofern ein solcher von der Beklagten geltend gemacht wird – vorbehalten. Denn Sinn der Regelung des § 14 Abs. 2 Satz 1 SGB IX ist es gerade, derartige Kompetenzstreitigkeiten nicht auf dem Rücken des behinderten Menschen auszutragen. Dieser soll die begehrte Leistung, soweit hierauf materiell-rechtlich ein Anspruch besteht, möglichst zügig vom leistenden Rehabilitationsträger erhalten. Die Frage, welcher Rehabilitationsträger originär zuständig ist, ist dann – im Anschluss hieran – im Rahmen der Geltendmachung von Erstattungsansprüchen zwischen den Rehabilitationsträger (§ 16 SGB IX) zu klären.

4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

5. Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.
Rechtskraft
Aus
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