L 16 KR 537/14

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
16
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 11 KR 470/10
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 16 KR 537/14
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.06.2014 wird zurückgewiesen. Der Kläger trägt die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3) des Berufungsverfahrens und unter Änderung des Urteils des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.06.2014 auch die Kosten des ersten Rechtszugs. Im Übrigen sind Kosten nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten über die Feststellung der Sozialversicherungspflicht der Tätigkeit des Klägers als Handelsvertreter im Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.08.2009.

Der 1951 geborene Kläger schloss im Februar 1985 mit der C-Bausparkasse einen Vertrag über die Tätigkeit als freier Bausparkassenvertreter mit der Bezeichnung Bezirksleiter. Durch Vertrag vom 15.12.1993 wurde diese Tätigkeit für die C Bausparkasse AG fortgesetzt, die 2005/6 von der Postbank übernommen worden ist, so dass das Vertragsverhältnis auf deren Finanzierungs AG (im Folgenden einheitlich Beigeladene zu 3)) übertragen worden ist.

Nach § 1 dieses Vertrages konnte der Kläger über seine Arbeitszeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit frei bestimmen. Er hatte als Bezirksleiter sein selbstständiges Gewerbe ordnungsgemäß anzumelden und seine steuerlichen Verpflichtungen selbst zu erfüllen (§ 1 Abs. 2).

Er war verpflichtet, für das Bausparen zu werben, Anträge auf Abschluss von Bausparverträgen und auf Erhöhung bereits bestehender Verträge zu vermitteln sowie Interessenten und Bausparer in seinem Werbegebiet in allen Bausparfragen zu beraten und zu betreuen (§ 2 Nr. 1). Er hatte als Bezirksleiter seine Dienste in Person zu leisten und konnte Mitarbeiter im Innendienst beschäftigen, worüber die Beigeladene zu 3) zu informieren war, die nur aus wichtigem Grund ihre Zustimmung verweigern konnte (§ 2 Nr. 2). Als Bezirksleiter hatte er die gesetzlichen Bestimmungen, insbesondere das Bausparkassengesetz mit den dazugehörigen Verordnungen sowie die Allgemeinen Bedingungen für Bausparverträge (Bausparbedingungen), die Arbeitsrichtlinien von C/C A und die Vereinbarung über die Werbung der Bausparkassen zu beachten. Er war verpflichtet, sich an die ihm von C oder deren Beauftragten erteilten fachlichen Weisungen zu halten (§ 2 Nr. 3). Er hatte erforderlichenfalls darauf hinzuweisen, dass er selbstständig tätig sei (§ 2 Nr. 4).

Ihm war ein bestimmtes Gewerbegebiet (Vertriebsstelle N) zugewiesenen, außerhalb dessen er keine aktive Werbung bis auf besondere Ausnahmen vornehmen durfte (§ 3).

Während der Dauer des Vertragsverhältnisses durfte der Kläger ohne schriftliche Zustimmung weder für ein von ihm selbst noch von Dritten betriebenes gleichen oder ähnlichen Geschäftszwecken dienendes Unternehmen mittelbar oder unmittelbar tätig sein; die Zustimmung konnte jederzeit widerrufen werden (§ 4 Nr. 1). Die Übernahme sonstiger Tätigkeiten für andere Unternehmen oder die Ausübung anderer Tätigkeiten war der Beigeladenen zu 3) unverzüglich schriftlich vor Aufnahme anzuzeigen; ihre Beendigung konnte von dieser verlangt werden, wenn sie die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen beeinträchtigte (§ 4 Nr. 2).

Als Bezirksleiter war der Kläger verpflichtet, bei allen Finanzierungen primär die Angebote und Finanzierungsmöglichkeiten der Beigeladenen zu 3) sowie der anderen Unternehmen ihrer Gruppe einzusetzen bzw. die Finanzierungsprogramme und Mittel der Kooperationspartner zu berücksichtigen (§ 5 Nr. 1). Er hatte die zuständigen Mitarbeiter im Führungsaußendienst bzw. der Beigeladenen zu 3) über alle wichtigen Vorgänge im Gewerbegebiet, soweit sie für die Tätigkeit Bedeutung hatten, regelmäßig und auf besondere Anforderungen mündlich oder fernmündlich oder schriftlich zu informieren (§ 5 Nr. 2). Er hatte für die ordnungsgemäße Aufbewahrung aller geschäftlichen Unterlagen, die sich unmittelbar oder mittelbar aus seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3) ergaben, zu sorgen (§ 5 Nr. 3). Er hatte die Beigeladene zu 3) unverzüglich zu unterrichten, wenn er länger als eine Woche an der Ausübung seiner Tätigkeit verhindert war und jeden über eine Woche hinausgehenden Urlaub mindestens zwei Wochen vor Urlaubsantritt anzuzeigen (§ 5 Nr. 9).

Für die Akquisitionstätigkeit wurde eine Vergütung gemäß den jeweils gültigen Vergütungsübersichten gezahlt (§ 10 Nr. 1). Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 15.12.1993 nebst Anlagen Bezug genommen.

Unter dem 30.12.1999 erfolgte als ergänzende Vereinbarung zum Bezirksleitervertrag die Ernennung des Klägers zum Verkaufsleiter. Nach § 1 Nr. 2 des Vertrages übernahm der Verkaufsleiter zusätzlich zu seinen Verpflichtungen aus dem Bezirksleitervertrag einen Betreuungsauftrag für die ihm neben seinen eigenen Bezirksleiterwerbegebiet zugeordneten Betreuungsgebiete.

Zuvor hatte die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund; Beigeladene zu 1)) den Kläger mit Bescheid vom 22.09.1999 auf seinen Antrag von der Versicherungspflicht in der Rentenversicherung als arbeitnehmerähnlicher Selbständiger ab dem 01.01.1999 befreit.

Mit Schreiben vom 04.09.2007 wies die Beigeladene zu 3) den Kläger darauf hin, dass die Neuausrichtung des Konzern sowie veränderte gesetzlichen Rahmenbedingungen Anpassungen der Handelsvertreterverträge erforderlich machten. Die wesentlichen Gründe seien die Veräußerung der Versicherungssparte, die sukzessive Überleitung der Produktpalette von der C Bank auf die Postbank mit gleichzeitiger Erweiterung des Produktangebotes und die Beachtung der Bestimmungen aus der Versicherungsver-mittlerrichtlinie. Diese Veränderungen führten weder zu einer Einschränkung ihrer bisherigen Tätigkeit noch veränderten sich hierdurch Provisionsregelungen.

Nachdem die Beigeladene zu 3) schon zum 31.12.2008 die Vereinbarung über die Gewährung eines Zuschusses für die Unterhaltung der vom Kläger betriebenen Geschäftsstelle in N gekündigt hatte, kündigte sie auch den Handelsvertretervertrag mit Wirkung zum 31.08.2009. Die dagegen am 17.08.2009 erhobene Kündigungsschutzklage wies das Arbeitsgericht N mit Urteil vom 11.11.2009 (00 Ca 00/09) ab. Es verneinte ein Arbeitsverhältnis zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3). Die Berufung des Klägers wies das Landesarbeitsgericht E mit Urteil vom 01.04.2010 (00 Sa 00/10) zurück. Es ließ offen, ob ein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Der Kläger habe die Rechtsunwirksamkeit der Kündigung jedenfalls nicht rechtzeitig geltend gemacht.

Im April 2009 stellte der Kläger bei der Beigeladenen zu 1) Antrag auf Feststellung seines sozialversicherungsrechtlichen Status. Mit Bescheid vom 24.04.2009 lehnte diese den Antrag ab, weil für die Beurteilung von Vertragsverhältnissen, die wie hier vor dem 01.01.1999 begründet worden seien, die Einzugsstelle weiterhin zuständig sei.

Nach Weiterleitung des Antrages an die Beklagte stellte diese mit Bescheid vom 08.07.2009 fest, der Kläger sei in seiner Tätigkeit als Bezirksleiter bei der Beigeladenen zu 3) als Selbstständiger zu beurteilen. Auf den Widerspruch des Klägers stellte die Beklagte mit Bescheid vom 04.08.2009 unter Aufhebung des Bescheides vom 08.07.2009 fest, dass dieser ab dem 1. Januar 2005 als Arbeitnehmer anzusehen sei. Zur Begründung führte sie nunmehr aus, aufgrund der Schilderungen des Klägers, dass er für keinen anderen Arbeitgeber ohne Zustimmung der Beigeladenen zu 3) hätte arbeiten dürfen, sei eine Ausschließlichkeit gegeben. Die tägliche Arbeitszeit sei durch den Arbeitgeber vorgeschrieben worden. Somit habe hier eine Abhängigkeit gegenüber der Beigeladenen zu 3) vorgelegen. Dadurch, dass der Kläger keine Mitarbeiter für den Verkauf, die am Umsatz des Unternehmens beteiligt gewesen seien, ohne vorherige Absprache mit seinem Arbeitgeber habe einstellen dürfen, hätten eine unternehmerische Tätigkeit und ein Unternehmerrisiko nicht vorgelegen.

Hiergegen legte die Beigeladene zu 3) am 10.09.2009 Widerspruch ein. Die Schilderungen des Klägers bezüglich der Arbeitszeit und der Einstellung von Mitarbeitern seien nicht zutreffend. Dieser habe einen eigenen Angestellten einstellen können, der auch im Verkauf hätte tätig werden können. Nur aus Kostengründen werde dies in der Praxis von den Vermittlern nicht in Erwägung gezogen. Eine tägliche Arbeitszeit sei durch den Auftraggeber nicht vorgegeben worden. Vielmehr habe es Vereinbarungen unter den Vermittlern gegeben, wer zu welcher Zeit für seine Kunden in der Geschäftsstelle anwesend sei. Dies diene allein dazu, den Kunden eine Orientierung zu geben, wann der Vermittler ihres Vertrauens in der Geschäftsstelle anzutreffen sei. Es sei zwar richtig, dass der Kläger ausschließlich für sie (Beigeladene zu 3)) als selbstständiger Handelsvertreter tätig gewesen sei. Hieraus resultiere jedoch keine Unselbstständigkeit. Vielmehr sei der Kläger als arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger anzusehen. Dies sei auch in zahlreichen Statusfeststellungsverfahren durch die Deutsche Rentenversicherung bestätigt worden. Ein arbeitnehmerähnlicher Selbstständiger sei lediglich rentenversicherungspflichtig. Die Zahlungen an den Rentenversicherungsträger seien durch den Selbstständigen vorzunehmen. Als Nachweis fügte die Beigeladene zu 3) ein Schreiben der ehemaligen Bundesversicherungsanstalt für Angestellte vom 14.02.2000 zur versicherungsrechtlichen Beurteilung der Berater der C Bausparkasse AG und der C Immobilien GmbH bei.

Daraufhin hob die Beklagte mit Bescheid vom 12.10.2009 den Bescheid vom 04.08.2009 auf und beurteilte den Kläger in seiner Tätigkeit als Bezirksleiter bei der Beigeladenen zu 3) als Selbstständigen.

Der Kläger legte am 13.10.2009 Widerspruch ein und trug zur Begründung vor, bis zum 31.08.2009 Verkaufsleiter und somit in einer anderen Funktion tätig gewesen zu sein als ein normaler Berater, wie er im Bescheid der Bundesversicherungsanstalt für Angestellte gemeint sei. Zudem sei der Bescheid fast zehn Jahre alt. Die Bedingungen und die tatsächlichen Gegebenheiten hätten sich entscheidend verändert und seien nicht mehr mit den heutigen vergleichbar. Es habe Weisungen hinsichtlich der Arbeitszeiten, persönliche Abhängigkeiten, umfangreiche Berichtspflichten, Verpflichtungen zur Nutzung bestimmter EDV-Programme, Mindestvorgaben, verbindliche Erfolgspläne mit Sanktionen, Verpflichtungen zur Abarbeitung von Adresslisten usw. gegeben.

Mit Schreiben vom 16.11.2009 teilte die Beklagte dem Kläger mit, bei dem Bescheid vom 04.08.2009 habe es sich um einen rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsakt gehandelt, welchen sie mit Bescheid vom 12.10.2009 gemäß § 49 SGB X zurückgenommen habe. Grundlage hierfür sei die Anfechtung des Bescheides durch einen Dritten (Arbeitgeber). Auch bei der erneuten Prüfung der Unterlagen käme sie zu keinem anderen Ergebnis. Bei der Tätigkeit als Bezirksleiter für die Beigeladene zu 3) habe es sich um eine selbstständige Tätigkeit gehandelt.

Mit (formlosem) Bescheid vom 08.04.2010 ergänzte die Beklagte ihren Bescheid vom 12.10.2009 dahin, dass der Kläger auch in der Zeit vom 01.01.1985 bis zum 31.08.2009 seine Tätigkeit als selbständiger Handelsvertreter ausgeübt und daher nicht der Sozialversicherungspflicht als Beschäftigter unterlegen habe. Im Rahmen der Ermessensausübung habe sie im vorliegenden Fall das öffentliche Interesse der Versichertengemeinschaft an einer korrekten versicherungsrechtlichen Beurteilung und einer damit verbundenen ordnungsgemäßen Beitragszahlung gegenüber dem Vertrauen des Klägers auf den Bestand der fehlerhaften Entscheidung abgewogen. Hierbei habe sie berücksichtigt, dass es sich bei der strittigen Entscheidung nicht um eine einmalige Reglung, sondern um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung handele. Ein Aufrechterhalten der fehlerhaften Entscheidung würde zudem dem Grundsatz der Gleichbehandlung aller Versicherten widersprechen. Das öffentliche Interesse an einer Rücknahme und die Herstellung eines gesetzeskonformen Zustandes seien daher besonders groß.

Durch Widerspruchsbescheid vom 07.05.2010 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Sie führte u.a. aus, der Kläger habe im Zeitraum vom 01.01.1985 bis zum 31.08.2009 nicht der Sozialversicherungspflicht als Beschäftigter unterlegen, weil die Merkmale überwögen, die für eine selbständige Tätigkeit sprächen. Nach dem Vertretervertrag sei er berechtigt gewesen, seine Arbeitszeit und die Art der Durchführung seiner Tätigkeit frei zu gestalten. Eine Weisungsbefugnis seines Arbeitgebers über Art und Zeit der Tätigkeit habe nicht bestanden. Die Öffnungszeiten der Geschäftsstelle habe er eigenständig festgelegt. Die Tatsache, dass der Kläger sich im Rahmen der Tätigkeit an Richtlinien der Beigeladenen zu 3) habe halten müssen, lasse nicht den Schluss zu, dass er seine Tätigkeit im Rahmen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses ausgeübt habe. Vorgaben, die auch Selbstständigen zur Erfüllung ihrer Aufträge notwendigerweise zu erteilen seien, seien mit der Weisungsgebundenheit, die ein Beschäftigungsverhältnis kennzeichneten, nicht gleichzusetzen. Auch die Festlegung eines Mindestvolumens sei mit dem Status als Selbständiger vereinbar. Darüber hinaus sei nicht erkennbar, dass der Kläger einen verbindlichen Erfolgsplan, der mit Sanktionsregelungen verbunden gewesen sei, zu erfüllen gehabt habe. Auch die Verpflichtung zur Berichterstattung führe nicht zur Annahme eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses, da es sich hierbei um die übliche Pflicht eines Handelsvertreters gemäß § 86 HGB handele. Dass eine Teilnahmepflicht an Veranstaltungen des Unternehmens bestanden habe, sei ebenfalls nicht zu erkennen. Vielmehr sei vertraglich geregelt gewesen, dass dem Kläger lediglich die Möglichkeit geboten worden sei, an Fortbildungs- und Trainingsmaßnahmen teilzunehmen. Ferner sei aus den vorgelegten Unterlagen ersichtlich, dass er eine angebotene Fortbildungsmaßnahme durchaus auch abgelehnt habe. Zudem habe er ein unternehmerisches Risiko getragen, welchem für die Beurteilung seiner Tätigkeit als Selbstständiger ein besonderes Gewicht zukomme. Er habe eine Vergütung nur für tatsächlich geleistete Arbeit erhalten, Ausfallszeiten seien nicht vergütet worden. Er habe weder einen Anspruch auf Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall noch auf bezahlten Urlaub gehabt.

Dagegen hat der Kläger am 02.06.2010 Klage beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf erhoben und zur Begründung vorgetragen, seine Arbeitnehmereigenschaft ergebe sich u.a. daraus, dass auf Veranlassung der Beigeladenen zu 3) die Büroöffnungszeiten hätten verlängert werden müssen. Auch spreche für eine abhängige Beschäftigung das tägliche Absprechen/Kontrollieren der Verkaufstermine mit seinen zugeordneten Verkäufern, monatliche Orga-Gespräche mit dem Vertriebsdirektor sowie seine Einbindung in die Arbeitsorganisation und in den Arbeitsablauf der Beigeladenen zu 3). Dabei seien insbesondere die Hierarchiestufen, die Aufnahme in die Mitarbeitertelefonliste zu nennen sowie auch der Umstand, nur zugelassene EDV-Software benutzen zu dürfen. Weiter gehe beispielsweise aus dem Schreiben "Führungsgrundsätze" vom 07.08.2008 hervor, wie weit die Weisungsgebundenheit gefasst worden sei. Das Statusfeststellungsverfahren habe er nicht schon früher in die Wege geleitet, weil er nicht vorgehabt habe, seine Tätigkeit aufzugeben.

Der Kläger hat beantragt,

die Bescheide der Beklagten vom 08.07.2009 und 12.10.2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2010 aufzuheben.

Die Beklagte, die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 3) haben beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte hat insoweit auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheides verwiesen und sieht sie sich durch die arbeitsgerichtlichen Urteile in ihrer Auffassung bestätigt.

Die Beigeladene zu 1) hat darauf hingewiesen, dass ihre Ausführungen vom 14.02.2000 immer noch zutreffend seien. Erneute Überprüfungen zur Statusfeststellung von Beratern der Beigeladenen zu 3) hätten nicht stattgefunden.

Die Beigeladene zu 2) hat sich, ohne einen Antrag zu stellen, den Ausführungen der Beklagten angeschlossen.

Die Beigeladene zu 3) hat geltend gemacht, aufgrund der Ausführungen des Arbeitsgerichts N, die vom Landesarbeitsgericht nicht beanstandet worden seien, stehe fest, dass zwischen dem Kläger und ihr kein Arbeitsverhältnis bestanden habe. Dieser sei vielmehr als selbstständiger Handelsvertreter unter Vertrag gewesen. Er habe seine steuerlichen Verpflichtungen selbst erfüllt und seinen Status als Handelsvertreter im Sinne der §§ 84, 92 HGB erst nach Ausspruch der Kündigung angezweifelt. Die Arbeitnehmereigenschaft lasse sich nicht aus seinem Vertrag herleiten. So entsprächen die vertraglich vereinbarten Kündigungsfristen denen des § 89 Abs. 1 HGB und lieferten nicht das gewünschte Indiz für das Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft. Auch wenn der Kläger in gewisser Art und Weise in ihren Betrieb eingegliedert gewesen sei, begründe dies nicht seine Arbeitnehmereigenschaft. Denn eine gewisse Eingliederung sei erforderlich, damit die vertraglich geforderten Leistungen überhaupt erbracht werden könnten. Vorgaben hinsichtlich der Öffnungszeiten der Geschäftsstelle habe es von ihrer Seite nie gegeben, ebenso wenig habe sie vorgeschrieben, wie viele Verkaufstermine vorzunehmen gewesen seien. Sofern er darauf hinweise, dass er weisungsgebunden gewesen sei, übersehe der Kläger, dass ihm fachliche Weisungen im Rahmen des Auftragsrechts hätten erteilt werden können.

Mit Urteil vom 17.06.2014 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Beklagte habe zutreffend mit den angefochtenen Bescheiden das Bestehen eines versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3) verneint. Das Gesamtbild der Arbeitsleistung des Klägers für die Beigeladene zu 3) entspreche nicht dem einer Beschäftigung im Sinne des § 7 SGB IV. Denn der Kläger sei in der ab dem 01.01.1985 ausgeübten Beschäftigung als Handelsvertreter und Bezirksleiter bei der Beigeladenen zu 3) nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis tätig gewesen. Dies ergebe sich aus einer Abwägung der Gesamtumstände. Insbesondere sei auch nicht erkennen, dass, wie der Kläger vorgetragen habe, im Laufe der Jahre, insbesondere ab dem Jahr 2005 eine derartige Änderung in dem Verhältnis zur Beigeladenen zu 3) eingetreten sei, die zu einer anderen rechtlichen Beurteilung seiner Tätigkeit führe. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe Bezug genommen.

Gegen das ihm am 05.08.2014 zugestellte Urteil hat der Kläger am 01.09.2014 Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er unter Beifügung eines Anlagenkonvoluts, auf welches Bezug genommen wird, im Wesentlichen vor, zumindest seit 2005 habe er seine Tätigkeit nicht mehr frei gestalten können. Das SG habe nicht berücksichtigt, dass er neben den im Tatbestand erwähnten Vergütungen noch weitere verbindlich vereinbarte Zahlungsansprüche gegen die Beigeladene zu 3) gehabt habe, nämlich auf Zahlung eines monatlichen Mietkostenzuschusses seit dem 01.04.2006 von 1.224,50 EUR, ferner im Monatsdurchschnitt der letzten fünf Jahre Bestandsentwicklungsprämien von 523,00 EUR, Erfolgsplanzahlungen von 1.640,00 EUR und Superprovisionen aufgrund von Zahlungen der Unterorganisation in Höhe von 1.761,00 EUR. Es sei auch unzutreffend, dass ihm ein Anspruch auf Entgeltfortzahlung nicht zugestanden habe. Schon im § 10 des ursprünglichen Handelsvertretervertrages sei vereinbart worden, dass der Bezirksleiter einen Anspruch auf Zahlung des Aufwendungszuschusses und der Provisionsgarantie im Urlaubs- und Krankheitsfalle bis zur Dauer von drei Monaten habe. Als Verkaufsleiter seien ihm während einer Erkrankung Provisionen seiner Untervertreter, Bestandsprovisionen und solche aus bereits vorbereiteten Geschäften zugeflossen. Mithin habe er im Falle einer Krankheit sehr wohl Vergütungen unabhängig von der tatsächlich geleisteten Arbeit erhalten.

Den Einsatz von Eigenkapital, welcher auch mit der Gefahr eines Verlustes verbunden gewesen sei, habe er nicht zu tragen gehabt. Die Büroräume habe er gemietet, eine vollständige Büroausstattung bestehend aus je einem Schreib- und Beistelltisch, einem Aktenschrank, einer Hängeregistratur, einem Drehsessel und einem Aktenbock habe ihm die Beigeladene zu 3) unentgeltlich zur Verfügung gestellt.

Der für ihn zuständige Verkaufsdirektor der Beigeladenen zu 3) habe in deren Namen Inhalt, Durchführung, Zeit und Ort der Tätigkeit bestimmt. Er sei verpflichtet gewesen, sein Büro ausschließlich im Gewerbegebiet der Beigeladenen zu 3) zu unterhalten, so dass er nicht befugt gewesen sei, den Ort seiner Tätigkeit selbstständig auszuwählen.

Er sei ausschließlich für einen (einzigen) Unternehmer tätig geworden und habe sich in wirtschaftlicher Abhängigkeit von ihm nach dessen Weisungen wie ein Arbeitnehmer richten müssen. Einfirmenhandelsvertreter stellten ein typisches Beispiel für Scheinselbstständige dar. Nach der Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) seien sie entweder (unmittelbar) als Arbeitnehmer oder aber zumindest als arbeitnehmerähnliche Personen einzuordnen (Hinweis auf BAG in NJW 1997, 2973).

Insbesondere habe das SG außer Betracht gelassen, dass er nicht berechtigt gewesen sei, Mitarbeiter im Außendienst, die seine Umsätze hätten positiv beeinflussen können, zu beschäftigen. Seine Befugnis zur Einstellung von Mitarbeitern habe sich nur auf solche im Innendienst (Schreibkräfte, Reinigungskräfte etc.) beschränkt. Selbst hierzu habe es noch der Genehmigung der Beigeladenen zu 3) bedurft. Alle diese Umstände zeigten, dass er seine Arbeitszeit und die Durchführung seiner Tätigkeiten gerade nicht frei habe bestimmen können.

Der Kläger beantragt, das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 17.06.2014 zu ändern und die Bescheide der Beklagten vom 12.10.2009 und 08.04.2010, beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2010 aufzuheben, soweit seine Statusfeststellung ab dem 01.01.2005 betroffen ist.

Die Beklagte, die Beigeladene zu 1) und die Beigeladene zu 3) beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte hält die erstinstanzliche Entscheidung für zutreffend. Ihrer Auffassung nach habe der Kläger in seiner Berufungsbegründung keine neuen entscheidungserhebliche Aspekte genannt.

Die Beigeladene zu 3) erachtet die Entscheidung des SG ebenfalls für rechtmäßig. Dass der Kläger seit 2005 seine Tätigkeit nicht mehr frei habe gestalten können, sei unzutreffend. Das SG habe deutlich aufgezeigt, dass das Gegenteil der Fall gewesen sei. Die Möglichkeit, Provisionen zu verändern, sei im Übrigen ein Indiz, das gegen eine Arbeitnehmereigenschaft oder gegen eine Beschäftigung im sozialversicherungs-rechtlichen Verhältnis spreche. Arbeitsverträge können nicht einseitig abgeändert werden. Der Umstand, dass der Kläger nur berechtigt gewesen sei, Mitarbeiter im Innendienst zu beschäftigen, sei ebenso wenig ein Indiz für eine abhängige sozialversicherungspflichtige Beschäftigung wie die Pflicht zur persönlichen Leistungserbringung. Die im Berufungsverfahren eingereichten Unterlagen rechtfertigten ebenfalls keine andere Beurteilung. Hinsichtlich der Einzelheiten der Begründung wird auf den Schriftsatz der Beigeladenen zu 3) vom 12.03.2015 verwiesen.

Die Beigeladene zu 2) hat keine inhaltliche Stellungnahme abgegeben und keinen Antrag gestellt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Klägers ist unbegründet. Zu Recht hat das SG die Klage abgewiesen. Der Kläger wird durch die angefochtenen Bescheide im Sinne des § 54 Abs. 2 SGG nicht beschwert. Diese sind rechtmäßig. Der Kläger stand als Handelsvertreter und Verkaufsleiter in dem noch streitigen Zeitraum vom 01.01.2005 bis 31.08.2009 nicht in einem versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis zur Beigeladenen zu 3).

Statthafte Klageart ist die Anfechtungsklage. Bei Aufhebung der Bescheide vom 12.10.2009 und 08.04.2010, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 07.05.2010, wäre der Bescheid vom 04.08.2009, in dem festgestellt worden ist, dass der Kläger ab dem 01.01.2005 als Arbeitnehmer anzusehen ist, wieder wirksam.

Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind formell und materiell nicht zu beanstanden. Die Beklagte hat rechtmäßig den Bescheid vom 04.08.2009 mit den Bescheiden vom 12.10.2009 und 08.04.2010 gemäß § 49 SGB X in Verbindung mit § 45 SGB X zurückgenommen. Nach § 49 SGB X gelten § 45 Abs. 1 bis 4, §§ 47 und 48 nicht, wenn ein begünstigender Verwaltungsakt, der von einem Dritten angefochten worden ist, während des Vorverfahrens oder während des sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens aufgehoben wird, soweit dadurch dem Widerspruch abgeholfen oder der Klage stattgegeben wird. Diese Voraussetzungen liegen vor. Die Beklagte hatte mit Bescheid vom 04.08.2009 auf den Antrag des Klägers im Rahmen des Statusfeststellungsverfahrens festgestellt, dass dieser als Arbeitnehmer ab dem 01.01.2005 anzusehen ist. Die Entscheidung war für den Kläger ausschließlich begünstigender Natur, auch wenn Statusfeststellungen in der Regel sowohl begünstigende als auch belastende Elemente aufweisen, weil infolge dieser Entscheidung hier lediglich Rechte für den Kläger begründet worden sind, ohne dass er gleichzeitig Beitragslasten oder anderen Verpflichtungen unterworfen worden wäre (vgl. auch Leopold in jurisPK-SGB X, § 49 Rn. 25). Dieser Bescheid ist von der Beigeladenen zu 3) als Dritter angefochten worden mit dem Ergebnis, dass ihrem Widerspruch mit Bescheid vom 12.10.2009 stattgegeben worden ist

Der Rechtmäßigkeit der Rücknahme des Bescheides vom 04.08.2009 steht nicht entgegen, dass die Beklagte den Kläger vor der Aufhebung dieses Bescheides nicht angehört hat. Gemäß § 41 Abs. 1 Nr. 3 SGB X ist eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 nichtig macht, unbeachtlich, wenn die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Das Fehlen der Anhörung ist dadurch geheilt worden, dass der Kläger im Widerspruchsverfahren zu den entscheidungserheblichen Tatsachen Gelegenheit zur Äußerung hatte und hiervon auch Gebrauch gemacht hat (zur Nachholung der Anhörung vgl. Schütze in von Wulffen/Schütze, Kommentar zum SGB X, 8. Auflage 2014, § 41 Rn. 15).

Eine Ermessensausübung ist ebenfalls erfolgt, so dass dahinstehen kann, ob bei einer Aufhebung nach den §§ 45, 47 in Verbindung mit § 49 SGB X die Entscheidung im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht, wobei auch Vertrauensgesichtspunkte zu berücksichtigen sind (so Schütze a.a.O., § 49 Rn. 2; offengelassen von BSG, SozR 4-1300 § 45 Nr. 14 Rn. 43). Zwar ist dem Bescheid vom 12.10.2009 eine Ermessensausübung nicht zu entnehmen. Diese ist jedoch rechtzeitig und in ausreichender Weise unter Abwägung des Interesses des Klägers und dem Bedürfnis an der Herstellung eines rechtmäßigen Zustandes mit Bescheid vom 08.04.2010 innerhalb des Verwaltungsverfahrens nachgeholt worden (§ 41 Abs. 2 i.V.m. § 41 Abs. 1 Nr. 2 SGB X).

Die angefochtenen Verwaltungsentscheidungen sind auch materiell rechtmäßig. Die Beklagte hat zutreffend festgestellt, dass das Gesamtbild der Arbeitsleistung des Klägers für die Beigeladene zu 3) nicht dem einer Beschäftigung im Sinne des § 7 Abs. 1 SGB IV entspricht. Denn der Kläger hat in der noch streitigen Zeit vom 01.01.2005 bis zum 31.08.2009 als Bezirks- und Verkaufsleiter bei der Beigeladenen zu 3) keine versicherungspflichtige Beschäftigung ausgeübt.

Beurteilungsmaßstab für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung ist § 7 Abs. 1 SGB IV. Danach ist die Beschäftigung die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG (vgl. zuletzt Urteile vom 18.11.2015, B 12 KR 16/13 R, und 11.11.2015, B 12 KR 13/14 R, B 12 KR 10/13 R und B 12 R 2/14 alle unter juris) setzt Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Diese Weisungsgebundenheit kann eingeschränkt und zur "funktionsgerecht dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess" verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, richtet sich ausgehend von den genannten Umständen nach dem Gesamtbild der Tätigkeit und hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG Urteil vom 30.10.2013, B 12 KR 17/11 R, Rn. 23 m.w.N. = juris; zum Handelsvertreter Urteil vom 29.01.1981, SozR 2400 § 2 Nr. 16 = juris). Ob eine wertende Zuordnung zum Typus der Beschäftigung gerechtfertigt ist, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (BSG, Urteil vom 19.08.2015, B 12 KR 9/14 R, Rn. 23 = juris).

Nach den Vorschriften des HGB ist Handelsvertreter, wer als selbstständiger Gewerbetreibender ständig damit betraut ist, für einen anderen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen (§ 84 Abs. 1 Satz 1 HGB). Selbstständig ist, wer im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann (Satz 2). Wer, ohne selbstständig im Sinne des Absatzes 1 zu sein, ständig damit betraut ist, für einen Unternehmer Geschäfte zu vermitteln oder in dessen Namen abzuschließen, gilt als Angestellter (§ 84 Abs. 2 HGB).

Bei der gebotenen Abwägung sprechen die überwiegenden Umstände unter Berücksichtigung der vertraglichen Regelungen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3), wie sie im Rahmen des rechtlich Zulässigen vollzogen worden sind, für eine selbstständige Tätigkeit. Eine Änderung im Verlaufe seiner Tätigkeit, die die Annahme einer Beschäftigung rechtfertigen könnte, wie vom Kläger für die Zeit ab 2005 behauptet, ist auch unter Berücksichtigung der im Berufungsverfahren vom Kläger übersandten Unterlagen nicht zu erkennen.

Nach dem hier maßgeblichen Arbeitsvertrag in seiner Fassung vom 15.12.1993 und der ergänzenden Vereinbarungen vom 30.12.1999 und 01.08.2007 unterlag der Kläger keinen Beschränkungen bei der Gestaltung seiner Arbeitszeit. Der Vertrag enthielt weder Vorgaben zum Anfang noch zum Ende der Arbeitszeit, sondern sah in § 1 (Vorbemerkung) vor, dass der Kläger hierüber frei zu bestimmen habe. Zwar ist dieser Umstand zur Abgrenzung selbstständiger von unselbstständiger Außendienstmitarbeit weniger aussagekräftig, weil der Prinzipal in der Regel auch gegenüber abhängig beschäftigten Außendienstmitarbeitern im Hinblick auf die wegen der Kundenwünsche erforderliche flexible Arbeitszeit auf eine feste Arbeitszeit verzichtet (BAG, Urteil vom 15.12.1999, BAGE 93, 112-131 = juris Rn. 52), es verbleibt gleichwohl bei dem fehlenden diesbezüglichen Weisungsrecht.

Auch der Umfang der Arbeitszeit war dem Kläger nicht vorgegeben. Allerdings war er nach § 4 Nr. 5 des Vertrages im Interesse einer umfassenden Kundenbetreuung, intensiven Marktbearbeitung und Erschließung neuer Kundenkreise verpflichtet, die Produkte und Dienstleistungen der Unternehmen der Beigeladenen zu 3) entsprechend den "Unternehmenszielsetzungen" vorrangig und aktiv anzubieten, zu vermitteln und zu verkaufen. Dass der Handelsvertreter die Interessen des Unternehmens wahrzunehmen hat, folgt jedoch schon aus § 86 Abs. 1 HGB. Auch die Verpflichtung zum vorrangigen Tätigwerden bedeutet keine Festlegung des Arbeitsumfangs, weil hieraus kein bestimmtes Arbeitssoll resultiert, dessen Nichterreichen vertraglich sanktioniert gewesen wäre.

Schließlich konnte der Kläger seinen Urlaub hinsichtlich sowohl der zeitlichen Lage als auch seines Umfangs frei bestimmen und musste diesen lediglich dem Unternehmen ab einem bestimmten Umfang anzeigen (§ 5 Nr. 9), was abhängig Beschäftigten regelmäßig nicht gestattet ist.

Der Kläger unterlag auch bezüglich seines Arbeitsortes keinem vertraglichen Weisungsrecht, wie es gegenüber abhängig Beschäftigten üblich ist. Ein bestimmter Ort nach Straße oder Stadtteil, an dem er sein Büro zu unterhalten hatte, war durch den Vertrag nicht vorgegeben, ebenso wenig die Nutzung von oder der Aufenthalt in bestimmten Räumen.

Allerdings war dem Kläger ein bestimmter Arbeitsbezirk, der insoweit auch eine gewisse Vorgabe für den Ort des Büros beinhaltete, zugeteilt. Dieses ist jedoch mit der Stellung eines selbstständigen Handelsvertreters vereinbar, wie sich schon aus § 87 Abs. 2 HGB ergibt (BSG, SozR 2400 § 2 Nr. 16 = juris Rn. 27; BAG a.a.O. Rn. 61).

Auch die weitere Gestaltung der Tätigkeit, die nach § 1 des Vertrages ebenfalls vom Kläger frei zu bestimmen war, unterlag nicht dem Weisungsrecht des Unternehmens, wie es bei einem abhängigen Außendienstmitarbeiter anzunehmen ist. Dabei ist zunächst festzuhalten, dass der selbstständige Handelsvertreter bei der Gestaltung seiner Tätigkeit nur im Wesentlichen frei zu sein braucht (BSG a.a.O. Rn. 19). Für eine persönliche Abhängigkeit spricht zwar zunächst, dass der Kläger keine Außendienstmitarbeiter beschäftigten durfte, mithin seine Arbeitsleistung im Außendienst in Person zu erbringen hatte. Aus der Verpflichtung zur persönlichen Leistungserbringung folgt jedoch nicht automatisch, dass der Betreffende Arbeitnehmer ist, weil die Auslegungsregel des § 613 Satz 1 BGB, wonach der zur Dienstleistung Verpflichtete die Dienste im Zweifel in Person zu leisten hat, auch für freie Dienstverträge gilt (BAG, Urteil vom 26.05.1999, NZA 1999, 983-986 = juris Rn. 53). Darüber hinaus war der Kläger berechtigt, eigene Mitarbeiter im Innendienst zu beschäftigen. Hierüber hatte er die Beigeladene zu 3) lediglich zu informieren. Diese war nur aus wichtigem Grund berechtigt, die Zustimmung zu einer derartigen Einstellung zu verweigern. Damit konnte der Kläger aber wesentliche Teile seiner Arbeitsorganisation frei gestalten und Tätigkeiten durch Dritte ausüben lassen.

Der Kläger unterlag auch ansonsten bezüglich der konkreten Arbeitsgestaltung keinen Weisungen, die ihn als persönlich abhängig vom Unternehmen erscheinen lassen. Die Bindung des Handelsvertreters an Weisungen und Richtlinien seines Auftraggebers berührt seine persönliche Selbständigkeit nicht, solange die Einschränkungen noch Raum für eine im Wesentlichen freie Gestaltung seiner Tätigkeit lassen (BSG a.a.O. Rn. 29). Hierbei ist insbesondere zu berücksichtigen, dass in der Versicherungswirtschaft wegen der außerordentlichen Vielgestaltigkeit und Schwierigkeit des Versicherungsrechts und des hohen finanziellen Risikos der Rahmen für zulässige Weisungen nicht zu eng gezogen werden darf (BAG, Urteil vom 20.09.2000, BAGE 95, 324-331 = juris Rn. 22). Vertragliche Pflichten des Versicherungsvertreters, die lediglich Konkretisierungen der Vorgaben aus § 86 HGB oder aufsichts- und wettbewerbsrechtlichen Vorschriften sind, können keine Weisungsabhängigkeit als Arbeitnehmer begründen (BAG, Urteil vom 15.12.1999, BAGE 93, 132-150 = juris). Der Grad zulässiger Kontrolle wird überschritten, wenn der Vertreter verpflichtet wird, umfangreich und in engen zeitlichen Intervallen über seine Tätigkeit Bericht zu erstatten, und das Unternehmen damit die Möglichkeit erhält, ihn zu überprüfen und die selbstbestimmte Gestaltung seiner Tätigkeit zu beeinträchtigen (BAG a.a.O. Rn. 88). Eine derartige Einschränkung in der Gestaltung der Tätigkeit des Klägers lag nicht vor. Dem steht auch nicht die von dem Kläger vorgebrachte Verpflichtung zur Erstellung von Wochenberichten und Kundenlisten entgegen. Diese Verpflichtung resultiert bereits aus § 86 Abs. 2 HGB und ist Ausfluss des Interesses der Beigeladenen zu 3) an einer möglichst umfassenden und effektiven Vermittlung von Versicherungsverträgen (§ 86 Abs. 1 HGB). Nach § 86 Abs. 2 HGB hat der Handelsvertreter dem Unternehmer die erforderlichen Nachrichten zu geben, namentlich ihm von jeder Geschäftsvermittlung und von jedem Geschäftsabschluss unverzüglich Mitteilung zu machen. Eine gewisse Eingliederung in den Betrieb der Beigeladenen zu 3) war bereits deshalb notwendig, um die vertraglich geforderten Leistungen überhaupt erbringen zu können. Insoweit ist es durchaus erforderlich, Organisationswege einzuhalten, ohne insoweit die selbständige Tätigkeit aufzugeben. Auch die Erreichbarkeit eines Vermittlers darf festgelegt werden, um diese potentiellen Kunden bekannt zu geben.

Die Verpflichtung, eine bestimmte EDV-Software zu benutzen, steht der Selbstständigkeit ebenfalls nicht entgegen. Gemäß § 86a Abs. 1 HGB hat der Unternehmer dem Handelsvertreter die zur Ausübung seiner Tätigkeit erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Hierzu gehört auch spezielle Software für den Zugang zu den für die Vermittlung erforderlichen aktuellen Unternehmensdaten (Hopt in Baumbach/Hopt, Kommentar zum HGB, 36. Auflage 2014, § 86a Rn. 5, vgl. auch BGH, Urteil vom 04.05.2011, VIII ZR 11/10, Rn. 30 = juris).

Auch die Regelung des § 5 Abs. 3 des Vertrages, wonach der Kläger Unterlagen ordnungsgemäß aufzubewahren und Geschäftsunterlagen vor Einsichtnahme Dritter zu schützen hat, spricht nicht gegen seine Selbständigkeit. Eine solche Regelung ist bereits deshalb sinnvoll, weil der Kläger über Kundenlisten verfügte, die ein Geschäftsgeheimnis darstellen. Inwieweit sich daraus ein Indiz für eine nichtselbständige Tätigkeit des Klägers ergeben soll, vermag der Senat in Übereinstimmung mit dem SG nicht zu erkennen.

Die in den Verträgen zwischen dem Kläger und der Beigeladenen zu 3) geregelten Kündigungsfristen begründen kein Indiz für das Vorliegen einer Arbeitnehmereigenschaft. Sie entsprechen denen des § 89 Abs. 1 HGB.

Schließlich folgen auch aus der ergänzenden Vereinbarung über die Verkaufsleitertätigkeit vom 30.12.1999 keine weitergehenden Einschränkungen. Danach führte der Kläger nämlich die Rekrutierung neuer Verkäufer und die Einsatzsteuerung in Abstimmung mit dem zuständigen Bezirksdirektor durch. Der Begriff Abstimmung beinhaltet aber kein einseitiges Weisungsrecht seitens Letzterem.

Der Kläger trug schließlich auch ein entsprechendes Unternehmerrisiko, weil die Beigeladene zu 3) lediglich die Hälfte der nachgewiesenen Aufwendungen für Werbung und Verkaufsförderung übernahm und erst später einen Mietkostenzuschuss gewährt hat, den sie, wie auch geschehen, jederzeit wieder zurücknehmen konnte. Darüber hinaus musste er selbst für seine finanzielle Absicherung in Zeiten eines Arbeitsausfalls wie bei Krankheitstagen etc. sorgen. Soweit der Kläger hinsichtlich der Entgeltfortzahlung im Falle einer Krankheit auf § 10 Nr. 3 des zunächst abgeschlossenen seit 1985 bzw. 1989 geltenden Vertrages - Fortzahlung des Aufwendungszuschusses und der Provisionsgarantie bis zu drei Monaten im Verhinderungsfall wegen Urlaubs, Krankheit oder sonstigen Gründen - verweist, fehlt eine solche Regelung in dem hier allein noch maßgeblichen Vertrag vom 15.12.1993. Dass dem Kläger aus der Verkaufsleitertätigkeit in solchen Zeiten noch Provisionen zufließen konnten, ändert nichts daran, dass eine Absicherung durch das Unternehmen nicht erfolgte und er das Risiko einer ausreichenden Einnahmeerzielung trug.

Auch die tatsächliche Gestaltung des Vertragsverhältnisses lässt keine Weisungsmacht des Unternehmens erkennen, die entgegen den vertraglichen Regelungen die Abhängigkeit des Klägers begründet hätte. Sein Vortrag, dass er ein bestimmtes Mindestsoll auf hohem Niveau zu erreichen gehabt hätte, lässt nicht erkennen, dass er tatsächlich in der Gestaltung seiner Arbeitszeit nicht mehr hinreichend frei gewesen wäre. Ebenso wenig folgt aus den von ihm vorgetragenen Aufforderungen und Beanstandungen bezüglich der Teilnahme an bestimmten Besprechungen und Veranstaltungen sowie Abschluss von Vereinbarungen und Erstellung von Analysen etc., dass die Beigeladene zu 3) dem Kläger insoweit Weisungen erteilt hat. Er verweist selbst darauf, dass lediglich ein bestimmtes Verhalten von ihm erwartet und dessen Nichteinhaltung gerügt worden ist, er sich aber hieran nicht gehalten hat, ohne dass hieraus jeweils konkrete für ihn nachteilige Konsequenzen folgten. Die Erwartungshaltung des Prinzipals ist aber nicht gleichzusetzen mit dem Weisungsrecht eines Arbeitgebers. Dabei ist festzuhalten, dass der Kläger noch mit Fax vom 27.10.2008 den Mitarbeiter der Beigeladenen zu 3), Gehlen, darauf verwiesen hat, dass er nicht sein Angestellter sei.

Schließlich steht der Beurteilung des Senats auch nicht entgegen, dass der Kläger als sog. Einfirmenvertreter hauptberuflich nur für die Beigeladene zu 3) tätig war. Dies machte ihn zwar wirtschaftlich von ihr abhängig, begründet aber noch keine - für die Frage der Versicherungspflicht allein erhebliche - persönliche Abhängigkeit (BSG a.a.O. Rn. 26 unter Hinweis auf § 92a Abs. 1 HGB, der ausdrücklich eine vertragliche Regelung zulässt, dass der Handelsvertreter nicht für weitere Unternehmen tätig sein darf, und die aus § 86 HGB folgende Interessenwahrungspflicht, die ein Wettbewerbsverbot begründet).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Dem Kläger waren trotz seiner Kostenprivilegierung auch die Kosten der Beigeladenen zu 3) aufzuerlegen. Die Aufwendungen von Beigeladenen sind grundsätzlich erstattungsfähig (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage 2014, § 193 Rn. 3b). Es entspricht nicht der Billigkeit, nach § 183 SGG kostenprivilegierte Beteiligte auch gegenüber einer beigeladenen natürlichen oder juristischen Person von einer Erstattung außergerichtlicher Kosten freizustellen (vgl. BSG, Urteil vom 02.11.2011, B 12 KR 34/11 B, Rn. 14; BSG, Urteil vom 06.09.2007, B 14/7b AS 60/06 R, Rn. 18 beide unter juris). Der Senat kann insoweit auch die Kostenentscheidung des Sozialgerichts zu Ungunsten des Klägers ändern. Das Verbot der reformatio in peius gilt nicht für Kostenentscheidungen, auch wenn, wie vorliegend, die Beigeladene zu 3) kein Rechtsmittel eingelegt hat (vgl. BSG, Urteil vom 25.01.2006, B 12 KR 12/05 R; BSG, Urteil vom 05.10.2006, B 10 LW 5/05 R; BSG, Urteil vom 10.09.1987, 10 RAr 10/86 alle unter juris).

Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, sind nicht gegeben.
Rechtskraft
Aus
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