S 2 AL 4180/19

Land
Baden-Württemberg
Sozialgericht
SG Karlsruhe (BWB)
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Karlsruhe (BWB)
Aktenzeichen
S 2 AL 4180/19
Datum
2. Instanz
LSG Baden-Württemberg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Leitsätze
1.) Die Gewährung einer Prämie nach § 131 Abs. 3 SGB III setzt nicht voraus, dass der oder die Nachfragende noch nicht über einen staatlich anerkannten Berufsabschluss verfügt.
2.) Die Prämie ist auch nicht ausgeschlossen, wenn durch die Weiterbildung eine höhere Qualifikation erreicht wird (Aufstiegsweiterbildung).
3.) Einzelfallentscheidung zur Prämiengewährung bei Ausbildung zum staatlich anerkannten Arbeitserzieher im Sinne der Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Arbeitserziehung (APrOArbErz) des Landes Baden-Württemberg vom 18. Juli 2017
Der Bescheid vom 01.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2019 wird aufgehoben und die Beklagte verurteilt, der Klägerin eine Weiterbildungsprämie von 1.500,00 EUR zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat der Klägerin 3/5 der außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Gründe:

Tatbestand:

Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Weiterbildungsprämie von 2.500,00 EUR. Die Klägerin absolvierte von 2010 bis 2013 erfolgreiche eine Ausbildung zur Friseurin. Nachdem die Beklagte ihr unter dem 14.08.2017 einen Bildungsgutschein nach § 81 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) ausgestellt hatte, nahm die Klägerin vom 04.10.2017 bis 18.08.2019 an einer von der Beklagten als Kostenträger geförderten beruflichen Rehabilitationsmaßnahme an der Berufsfachschule F-gGmbH mit dem Ziel der Weiterbildung zur Arbeitserzieherin teil und absolvierte die staatliche Abschlussprüfung erfolgreich mit einem Notenschnitt von 1,9. Am 01.10.2019 begann die Klägerin nach Vortrag ihres Bevollmächtigten mit der "Absolvierung des Anerkennungsjahrs". Unter Vorlage des Versetzungszeugnisses vom 30.09.2018 und des Abschlusszeugnisses vom 18.09.2019 beantragte die Klägerin die Gewährung einer Weiterbildungsprämie für das Bestehen einer Zwischenprüfung in Höhe von 1.000,00 EUR und für das Bestehen einer Abschlussprüfung in Höhe von 1.500,00 EUR. Mit Bescheid vom 01.10.2019 lehnte die Beklagte den Antrag ab. Für das Berufsbild der Arbeitserzieherin bestehe kein Anspruch auf Weiterbildungsprämie, weil der Weiterbildungsberuf auf eine vorherige Berufsausbildung aufbaue. Die Klägerin widersprach dem mit der Begründung, Klassenkammeraden hätten ihres Wissens die Prämie erhalten. Auch habe ihr ein Mitarbeiter der Beklagten das Antragsformular mit dem Hinweis gegeben, es bestehe ein Anspruch auf die Prämie. Mit Widerspruchsbescheid vom 21.11.2019 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Prämie erhalte nach § 131a Abs. 3 SGB III, wer an einer nach § 81 SGB III geförderten beruflichen Weiterbildung, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führe, teilnehme. Die Klägerin habe eine Umschulung zur staatlich anerkannten Arbeitserzieherin an einer Berufsfachschule absolviert. Es handle sich nicht um eine Ausbildung in einem Ausbildungsberuf nach dem Berufsausbildungsgesetz, denn Voraussetzung für die Zulassung sei in der Regel eine abgeschlossene zweijährige Berufsausbildung. Der Beruf könne damit nicht unmittelbar nach dem Abschluss der allgemeinbildenden Schule begonnen werden, sondern setze eine zweijährige Berufsausbildung voraus. Entsprechend werde kein Abschluss in einem Ausbildungsberuf erreicht. Hiergegen hat die Klägerin am 16.12.2019 Klage zum Sozialgericht (SG) Karlsruhe erhoben. Die Klägerin ist der Auffassung, sie habe eine Ausbildung zur Arbeitserzieherin absolviert und somit, wie von § 131a SGB III verlangt, eine Ausbildung in einem Ausbildungsberuf abgeschlossen. Sie habe gerade keine Weiterbildung in dem von ihr bereits abgeschlossenen Ausbildungsberuf genossen. Sie habe auch keine Fortbildung genossen, die für sich genommen keinen Ausbildungsabschluss beinhalte. Der Abschluss beinhalte die Befähigung zur Arbeitserzieherin und sei somit ein abgeschlossener Ausbildungsberuf. Sie sei während des gesamten Ausbildungsvorganges und auch davor von einem Mitarbeiter der Beklagten beraten worden. Es sei ihr nicht nur die Auszahlung der Prämie in Aussicht gestellt, sondern diese Prämie konkret zugesagt worden. Die Klägerin lässt sinngemäß beantragen, den Bescheid der Beklagten vom 01.10.2019 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 21.11.2019 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihre eine Weiterbildungsprämie in Höhe von 2.500,00 EUR zu bezahlen. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Bei der Weiterbildung zum Arbeitserzieher handele es sich um eine reine Aufstiegsfortbildung, für die grundsätzlich keine Weiterbildungsprämie gezahlt werden könne. Es handle sich um einen Weiterbildungsberuf, der bereits eine abgeschlossene, mindestens zweijährige Berufsausbildung als Zugangsvoraussetzung habe. Diese Auffassung entspreche der Weisungslage der Beklagten, eine Änderung sei in absehbarer Zeit nicht zu erwarten. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Prozessakte nebst beigezogener Verwaltungsakte verwiesen. Diese waren Gegenstand der Beratung und Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

A.) Die Entscheidung konnte nach § 124 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ohne mündliche Verhandlung ergehen, nachdem die Beteiligten einem entsprechenden Vorgehen schriftlich zugestimmt haben. B.) Die form- und fristgerecht zum örtlich und sachlich zuständigen Sozialgericht erhobene Klage ist als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage im Sinne von § 54 Abs. 1, 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthaft, weil bei Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des § 131a SGB III ein Rechtsanspruch auf die Prämiengewährung besteht. Die Klage ist aber nur teilweise begründet. Die Klägerin hat (nur) Anspruch auf Gewährung einer Weiterbildungsprämie nach § 131a Abs. 3 Nr. 2 SGB III in Höhe von 1.500,00 EUR. Im Übrigen ist die Klage unbegründet. I.) Eine schriftliche Zusicherung im Sinne von § 34 SGB X ist nicht ersichtlich. II.) Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die an einer nach § 81 SGB III geförderten beruflichen Weiterbildung teilnehmen, die zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf führt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist, erhalten nach § 131a SGB III folgende Prämien, wenn die Maßnahme vor Ablauf des 31. Dezember 2020 beginnt: 1. nach Bestehen einer in diesen Vorschriften geregelten Zwischenprüfung eine Prämie von 1.000,00 EUR und 2. nach Bestehen der Abschlussprüfung eine Prämie von 1.500,00 EUR III.) Die Weiterbildung hat auch zu einem Abschluss in einem Ausbildungsberuf geführt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist. 1.) Die Ausbildung zur Arbeitserzieherin ist in der Verordnung des Sozialministeriums über die Ausbildung und Prüfung an Berufsfachschulen für Arbeitserziehung (Ausbildungs- und Prüfungsverordnung Arbeitserziehung - APrOArbErz) vom 18. Juli 2017 geregelt. Nach dessen § 2 Abs. 1 S. 1 APrOArbErz dauert die Schulausbildung in Vollzeit zwei Jahre und bei Teilzeitausbildung drei Jahre. Sie besteht nach § 2 Abs. 1 S. 2 APrOArbErz aus theoretischem und praktischem Unterricht im Umfang von mindestens 1800 Stunden und mindestens 600 Stunden angeleiteter Fachpraxis in einer geeigneten Praxiseinrichtung. Die schulische Ausbildung endet nach § 2 Abs. 2 APrOArbErz mit einer staatlichen Abschlussprüfung (§ 10ff, 30 Abs. 1 Nr. 1 APrOArbErz). Diese umfasst nach § 10 Abs. 1 APrOArbErz einen theoretischen (zwei schriftliche Prüfungsarbeiten unter Klausurbedingungen und eine mündliche Prüfung) und einen fachpraktischen Teil (schriftliche Ausarbeitung und eine fachpraktische Durchführung einschließlich Reflexion, die in einer geeigneten Einrichtung nach § 1 Absatz 2 stattfinden soll). Im Anschluss an die schulische Ausbildung ist nach § 2 Abs. 3 APrOArbErz ein Berufspraktikum in einer geeigneten Praxiseinrichtung abzuleisten, wobei dieses ein Jahr dauert und mindestens 1400 Stunden umfasst. Am Ende des Berufspraktikums wird ein Kolloquium (§ 27 APrOArbErz) durchgeführt, in dem geprüft wird, ob die in der theoretischen und angeleiteten fachpraktischen Ausbildung und im Berufspraktikum vermittelten Kenntnisse und Fertigkeiten in der Arbeitserziehung in der praktischen Arbeit angewendet werden können und die erforderlichen Fach- und Verwaltungskenntnisse für die Tätigkeit als Arbeitserzieherin oder Arbeitserzieher vorliegen. Die Führung der Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannte Arbeitserzieherin" bedarf nach § 29 Abs. 1 S. 1 APrOArbErz der Erlaubnis. Diese ist nach § 30 Abs. 1 APrOArbErz auf Antrag zu erteilen, wenn die antragstellende Person (1) die staatliche Abschlussprüfung (sic) bestanden, (2) sich in einem Berufspraktikum bewährt, (3) das Kolloquium bestanden hat, (4) sich nicht eines Verhaltens schuldig gemacht hat, aus dem sich die Unzuverlässigkeit zur Ausübung des Berufs ergibt, (5) in gesundheitlicher Hinsicht zur Ausübung des Berufs geeignet ist und (6) über die für die Ausübung des Berufs erforderlichen deutschen Sprachkenntnisse verfügt und dies in geeigneter Weise nachweist. 2.) Der Beruf der staatlich anerkannten Arbeitserzieherin bzw. des staatlich anerkannten Arbeitserziehers ist mit Blick hierauf auch vom Bundesinstitut für Berufsbildung in der Bekanntmachung des Verzeichnisses der anerkannten Ausbildungsberufe und des Verzeichnisses der zuständigen Stellen vom 25. August 2020 unter Ziff. 2.2.2. (Landesrechtlich geregelte Berufe im Gesundheits- und Sozialwesen sowie sozialpflegerische und sozialpädagogische) unter Nr. 5 ausdrücklich aufgeführt. III.) Die Klägerin hat auch an einer nach § 81 SGB III geförderten beruflichen Weiterbildung teilgenommen 1.) Die Beklagte hat unter dem 14.08.2017 einen entsprechenden Bildungsgutschein ausgestellt und die Kosten für die Maßnahme getragen. 2.) Die von der Beklagten gewählte Auslegung des Begriffs der "nach § 81 geförderten beruflichen Weiterbildung" (sofern man ihn überhaupt als unbestimmten Rechtsbegriff ansehen will und nicht ausschließlich von einer Verweisung auf den Anwendungsbereich einer anderen Vorschrift ausgeht) dahingehend, dass eine Förderung bei bereits bestehendem Berufsabschluss ausgeschlossen oder eine Weiterbildung als "Aufstiegsweiterbildung" nicht erfasst wäre, ist nicht mit geltendem Recht zu vereinbaren. Eine solche Auslegung verstößt gegen Wortlaut, Systematik und Sinn und Zweck von § 131 Abs. 3 SGB III. a.) Zu beachten ist zunächst, dass der in § 81 SGB III und § 131a Abs. 3 SGB III verwendete Begriff "berufliche Weiterbildung" bereits vom einfachen Wortverständnis her auch die Erlangung einer höheren Qualifikation mitumfasst. Systematisch verdeutlicht § 180 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB III ("erweitert") dieses Verständnis. b.) Zu beachten ist ferner, dass § 81 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 3 SGB III in der bis zum 28.05.2020 geltenden Fassung (a.F.) noch wie folgt formuliert war: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern (Alt. 1) eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden (Alt. 2) oder weil bei ihnen wegen fehlenden Berufsabschlusses die Notwendigkeit der Weiterbildung anerkannt ist (Alt. 3), 2. die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten hat und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind. Erst die ab dem 20.05.2020 geltenden Fassung (n.F.) des Gesetzes zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Arbeitsförderung vom 20.05.2020 (BGBl I 2020, 1044) lautet nur noch: Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer können bei beruflicher Weiterbildung durch Übernahme der Weiterbildungskosten gefördert werden, wenn 1. die Weiterbildung notwendig ist, um sie bei Arbeitslosigkeit beruflich einzugliedern (Alt. 1) oder eine ihnen drohende Arbeitslosigkeit abzuwenden (Alt. 2), 2. die Agentur für Arbeit sie vor Beginn der Teilnahme beraten hat und 3. die Maßnahme und der Träger der Maßnahme für die Förderung zugelassen sind." Grundlage für die Änderung war nach der Gesetzesbegründung (BT-Drucks. 19/17740 – Seite 39 zu Nr. 13a und b), dass die Voraussetzungen für eine Förderung des Nachholens eines Berufsabschlusses (bis dahin in § 81 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 3 SGB III a. F geregelt) zusammenfassend im neuen Absatz 2 der Vorschrift geregelt werden sollten. Soweit der Gesetzgeber § 81 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 Alt. 1 und Alt. 2 unverändert gelassen hat, bestehen damit keine vernünftigen Zweifel daran, dass diese auch (weiterhin) Fälle erfassen, in denen bereits ein Berufsabschluss besteht, weil die Fälle ohne Berufsausbildung nun § 81 Abs. 2 n.F. SGB III unterfallen sollen. c.) Nachdem die Prämie des § 131a Abs. 3 SGB III tatbestandlich (lediglich) voraussetzt, dass "an einer nach § 81 SGB III geförderten beruflichen Weiterbildung" teilgenommen wird, ohne eine Einschränkung auf § 81 Abs. 1 S. 1 Alt. 3 SGB III a.F. oder § 81 Abs. 2 SGB III n.F. zu enthalten, lässt sich die Argumentation der Beklagten, Personen mit bereits erfolgreich absolviertem Berufsabschluss würden nicht erfasst, weder vom Wortlaut des § 131a Abs. 3 SGB III i.V.m. § 81 SGB III, noch systematisch nachvollziehen. Dass der Gesetzgeber § 81 SGB III erst kürzlich durch das Gesetz zur Förderung der beruflichen Weiterbildung im Strukturwandel und zur Weiterentwicklung der Arbeitsförderung vom 20.05.2020 systematisch umstrukturiert hat, ohne gleichzeitig bei § 131a Abs. 3 SGB III flankierende Einschränkungen vorzunehmen, spricht zusätzlich gegen das Verständnis der Beklagten. d.) Nachdem § 131a Abs. 3 SGB III seit seiner Einführung im Wesentlichen (lediglich der erforderliche Beginn der Maßnahme wurde zeitlich nach hinten verschoben von 2020 auf 2023) unverändert geblieben ist, muss auch die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift in den Blick genommen werden (BT-Drucksache 65/16, Seite 24f), welche wie folgt lautet: Die Teilnahme an einer mehrjährigen, abschlussbezogenen Weiterbildung stellt für erwachsene Teilnehmerinnen und Teilnehmer hohe Anforderungen an Motivation und Durchhaltevermögen. Dies gilt für Arbeitslose, aber insbesondere auch für beschäftigte Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer mit Betreuungs- und Familienpflichten. Mit der Einführung von Erfolgsprämien für das Bestehen einer durch Gesetz oder Verordnung geregelten Zwischenprüfung und der Abschlussprüfung soll die Motivation erhöht werden, eine von Agenturen für Arbeit geförderte abschlussbezogene berufliche Weiterbildung aufzunehmen, durchzuhalten und erfolgreich abzuschließen. Die Prämienzahlung honoriert damit Lernbereitschaft und Durchhaltevermögen der Teilnehmenden. Die Prämien sind nach § 11a SGB II nicht als Einkommen zu berücksichtigen. Zwar sind Umschülerinnen und Umschüler nach dem Berufsbildungsgesetz beziehungsweise der Handwerksordnung nicht verpflichtet, an einer Zwischenprüfung teilzunehmen. Die Teilnahme kann aber gleichwohl Bestandteil des Weiterbildungs- beziehungsweise Umschulungsvertrages sein und damit den bisherigen Leistungsstand dokumentieren. Für trägerinterne Leistungsüberprüfungen finden die Prämienregelungen keine Anwendung. Bei Ausbildungsberufen mit gestreckter Abschlussprüfung wird der erste Teil der Abschlussprüfung der Zwischenprüfung gleichgestellt. Die Regelung gilt nach § 444a Absatz 2 für abschlussbezogene berufliche Weiterbildungen, die nach dem 31. Juli 2016 beginnen. Soweit die Gesetzesbegründung "Umschülerinnen und Umschüler" als Prämienempfänger adressiert, bei denen nach § 48 Abs. 2 Nr. 2 Berufsbildungsgesetz (BBiG) eine Zwischenprüfung entfällt, weil eine abgeschlossene Berufsausbildung im Umfang von mindestens zwei Jahren anzurechnen ist, verdeutlicht dies abermals, dass Personen mit Vorliegen einer abgeschlossenen Berufsausbildung nach der Intention des Gesetzgebers nicht grundsätzlich von einer Prämie ausgeschlossen seien sollten. Die Klarstellung, dass eine Prämie an diese Umschüler unter gewissen Umständen zu gewähren seien kann, belegt vielmehr das Gegenteilt. Soweit die Gesetzesbegründung festhält, dass abschlussbezogene "Weiterbildungen" hohe Anforderungen an Motivation und Durchhaltevermögen stellen, ist klargestellt, dass eben nicht nur die Erlangung eines erstmaligen Berufsabschlusses oder die Erlangung eines gleichwertigen Abschlusses in einem anderen Bereich (Umschulung) nach § 131 Abs. 3 SGB III prämienfähig sind, sondern gerade auch die Erweiterung beruflicher Kenntnisse im Sinne von § 180 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB III und der damit einhergehende höhere Abschluss im Sinne einer Aufstiegsweiterbildung. V.) Die Klägerin hat auch eine Abschlussprüfung bestanden. Nach § 30 Abs. 1 Nr. 1 APrOArbErz stellt die erfolgreich absolvierte staatliche Prüfung ausdrücklich eine "Abschlussprüfung" dar. Dass die nach § 30 Abs. 1 APrOArbErz erforderliche Erlaubnis zur Führung der Berufsbezeichnung "Staatlich anerkannte Arbeitserzieherin" als weitere Voraussetzung das (anschließende) Absolvieren eines Berufspraktikums mit erfolgreich bestandenem Kolloquium voraussetzt, führt nicht zu einer anderen Bewertung. Insoweit kann die Klägerin die Abschlussprämie von 1.500,00 EUR nach § 131a Abs. 3 Nr. 2 SGB III beanspruchen. VI.) Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Gewährung einer Prämie nach § 131a Abs. 3 Nr. 1 SGB III. Die APrOArbErz sieht weder eine gestreckte Abschlussprüfung in zwei Teilen gemäß § 48 Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 2 BBiG, noch eine Zwischenprüfung im Sinne von § 48 BBiG vor. Grund hierfür dürfte sein, dass zwingende Aufnahmevoraussetzung nach § 7 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 APrOArbErz eine abgeschlossene mindestens zweijährige Berufsausbildung ist, so dass in (zumindest entsprechender) Anwendung von § 48 Abs. 2 Nr. 2 BBiG auf eine Zwischenprüfung bzw. die gleichwertige gestreckte Abschlussprüfung verzichtet werden kann. Entsprechend steht der Klägerin eine Prämie nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 SGB III nicht zu. Zu diesem Ergebnis muss auch das Landessozialgericht Baden-Württemberg (Urteil vom 12. November 2019 – L 13 AL 142/19 –, juris) gelangen, wenn es die Prämie nach § 131 Abs. 3 Nr. 1 SGB III ausschließlich dann einräumen will, wenn die Ausbildungsordnung eine Zwischenprüfung ausdrücklich vorsieht. Ob dem dort postulierten Ausschluss einer Prämie bei gestreckter Abschlussprüfung gefolgt werden kann oder ob der eindeutigen Gesetzesbegründung (Sinn und Zweck) gegenüber dem wohl lediglich vermeintlich entgegenstehenden Wortlaut auch mit Blick auf systematische Erwägungen (eine gestreckte Abschlussprüfung steht einer Zwischenprüfung im Ergebnis gleich, vgl. § 48 Abs. 2 Nr. 1, § 5 Abs. 2 Nr. 2 BBiG) den Vorrang einzuräumen ist, kann vorliegend dahinstehen, weil eine gestreckte Abschlussprüfung gerade nicht vorgesehen ist. Die Kammer ist aufgrund des eindeutigen Wortlauts von § 30 Abs. 1 Nr. 1 APrOArbErz auch davon überzeugt, dass die Abschlussprüfung nicht etwa als Zwischenprüfung im Sinne von § 131a Abs. 3 Nr. 1 SGB III verstanden und das spätere Kolloquium bzw. Einverständnis zum Führen der Berufsbezeichnung als Abschluss im Sinne von § 131a Abs. 3 Nr. 2 SGB III gewertet werden kann. C.) Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt das Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen.
Rechtskraft
Aus
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