S 9 KR 1014/16

Land
Hamburg
Sozialgericht
SG Hamburg (HAM)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
9
1. Instanz
SG Hamburg (HAM)
Aktenzeichen
S 9 KR 1014/16
Datum
2. Instanz
LSG Hamburg
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 6.750,12 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 6.11.2015 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. 2. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens zu 58,68 %; die Klägerin trägt sie zu 41,32 % 3. Der Streitwert wird auf 11.502,45 EUR festgesetzt.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um Krankenhausvergütung i.H.v.11.502,45 EUR. Grundlage ist die Behandlung des Versicherten der Beklagten S.P., der im Alter von damals 34 Jahren vom 20.2.2015 bis 8.4.2015 in vollstationärer Behandlung im Haus der Klägerin in der Klinik für Persönlichkeits- und Traumafolgestörungen behandelt wurde. Die hierfür gestellten Rechnungen hatte die Beklagte zunächst bezahlt, am 6.11.2015 jedoch die volle Summe wieder mit anderen unstreitigen Forderungen verrechnet nach einer Beratung durch den MDK, der der Auffassung war, es habe sich um eine primäre Fehlbelegung gehandelt. Mit der Klage vom 25.5.2016 verfolgt die Klägerin das Begehren der Bezahlung ihrer Forderung und weist darauf hin, dass es sich bei der Station, auf der der Patient behandelt worden sei, um eine Station mit hoher Spezialisierung auf Patienten mit Persönlichkeitsstörungen und Traumafolgestörungen handele, die wegen der Schwere der Symptomatik und/oder Komorbidität anderswo nicht (ausreichend) behandelt werden könnten. So werde geschlossene Unterbringung vermieden. Dies werde ermöglicht durch eine hohe Personalbindung mit der Möglichkeit, dass auch abends und nachts Pflegepersonal ständig intervenieren könne. Auf der Station gebe es sowohl teil- als auch vollstationäre Therapieplätze. Die Patienten würden durchgängig vom selben Therapeutenteam behandelt. Stets werde dabei auch testpsychologische Diagnostik durchgeführt. Bei dem Patienten habe eine schwere depressive Episode bestanden. Im Übrigen habe er Alkohol in hohem Ausmaß konsumiert. Zuvor sei der Patient seit 8.12.2014 bis 20.1.2015 ebenfalls im Haus der Klägerin stationär behandelt worden und zwischenzeitlich an die hausinterne psychiatrische Institutsambulanz angebunden gewesen. Er sei regelmäßig zu den Gesprächen erschienen. Diese hätten ihn jedoch nicht ausreichend stabilisieren können. Er sei elektiv mit der Diagnose einer schweren depressiven Episode am 20.2.2015 erneut mit gedrückter und verzweifelter Stimmung, Antriebsmangel und Interessen- und Freudverlust aufgenommen worden. Er sei mit dem Antidepressivum S. behandelt und damit die depressive Episode gebessert worden. Es habe eine gesetzliche Betreuung mit seinem Einverständnis eingerichtet werden können.

Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 11.502,45 EUR nebst 5 % Zinsen seit dem 6.11.2015 zu zahlen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen. Sie hat im Rahmen des Klageverfahrens den MDK nochmals beteiligt und ihm die Krankenakte des Patienten hierzu vorgelegt. In einem weiteren sozialmedizinischen Gutachten vom 15.2.2017 (nach Erstgutachten von Dr. Bartsch vom 19.9.2015) hat der MDK neue medizinische Aspekte gesehen. Anders als im psychopathologischen Aufnahmebefund des Entlassungsberichts könne anhand der Verlaufsdokumentation des Behandlerteams in der Krankenakte die depressive Symptomatik mit Rückzugsneigung, Vermeidungsverhalten und eine ausgeprägte Fassade nachvollzogen werden. Deswegen sei die Indikation für eine teilstationäre Behandlung nachvollziehbar, nicht jedoch eine Behandlung in vollstationärem Setting, wie hier geschehen. Der Patient sei offenbar ausreichend stabil für eine tagesklinische Behandlung gewesen. Es sei trotz durchgängiger Grundanspannung im Behandlungsverlauf nicht zu schwerwiegenden akuten Krisen gekommen. Die Bedarfsmedikation mit S1 habe nicht eingesetzt werden müssen. Er habe von Anfang an nachts durchgeschlafen und keinen Gesprächsbedarf außerhalb der Therapien gehabt. Aus den Belastungserprobungen sei er zuverlässig zurückgekehrt.

Mit Beweisanordnung vom 13.3.2017 hatte das Gericht zunächst Professor Dr. H. mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt. Nachdem dieser jedoch die Beurteilung der Erkrankung des Patienten nicht für sein Gebiet der Expertise gehalten hat, hat das Gericht die Beweisanordnung mit Beschluss vom 9.5.2017 dahingehend geändert, dass nunmehr Dr. W. (Oberbergklinik) mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt worden ist.

In seinem Gutachten vom 22.8.2017 hat Dr. W. nach ausführlicher Darstellung der Aktenlage folgende Diagnosen für den Patienten gestellt: • Rezidivierende depressive Störung mittelgradiger Ausprägung • Alkoholmissbrauch. Es folgen sodann ausführliche Darstellungen der Krankheitsbilder, insbesondere einer Depression, einer Persönlichkeitsstörung, einer narzisstischen Persönlichkeitsstörung, einer paranoiden Persönlichkeitsstörung, einer Borderline-Persönlichkeitsstörung, einer selbstunsicheren, ängstlich vermeidenden Persönlichkeitsstörung sowie einer kombinierten Persönlichkeitsstörung. Diese Erkrankungen sind teilweise entweder von der Klinik für den Patienten benannt, jedoch nach Auffassung von Dr. W. teilweise nicht mit ausreichender Diagnostik dokumentiert worden oder, wie die kombinierte Persönlichkeitsstörung, vom MDK angenommen worden, wobei nach Auffassung des Sachverständigen auch hierfür genauere Diagnosen erforderlich gewesen wären. Der Sachverständige geht jedoch davon aus, dass trotz teilweise fehlender Dokumentation eine Persönlichkeitsstörung beim Patienten vorgelegen habe. Er sei mit den Mitteln eines Krankenhauses behandelt worden und auch in einer Weise, die zur Heilung geeignet sei. Der Sachverständige benennt sodann die Kriterien sowohl der S 3-Leitlinie zur Behandlung von Depressionen als auch die Kriterien der S 3-Leitlinie für die Behandlung von Alkoholmissbrauch. Die Behandlung habe diesen Standards entsprochen.

Sodann kommt der Sachverständige jedoch zu dem Schluss, dass das Behandlungsziel auch durch eine tagesklinische Behandlung hätte erreicht werden können. Es sei von der Klinik richtig gewesen, den Betroffenen nach dem ersten Aufenthalt an die psychiatrische Institutsambulanz anzubinden. Dennoch sei trotz der Behandlung ein zunehmendes depressives Syndrom beschrieben worden. Vor diesem Hintergrund und auch wegen der vermuteten schweren Komplexität der Erkrankung könne auch nachvollzogen werden, dass das vorliegende Setting nochmals habe verändert werden müssen. Der Patient hätte zu diesem Zeitpunkt (zumindest zunächst) teilstationär behandelt werden müssen, auch um festzustellen, ob dieses ausreiche. Tägliches Fahren in eine Tagesklinik sei ihm offenbar möglich gewesen, da er auch regelhaft die Institutsambulanz habe aufsuchen können. Akute Krisen seien nicht aufgetreten und auch nicht beschrieben worden. Nicht eindeutig seien die Angaben in der Krankenakte, wo einerseits beschrieben sei, dass es sich um eine geplante (elektive) Aufnahme gehandelt habe und andererseits in der Zusammenfassung von einer Krisenintervention gesprochen werde.

Das beschriebene gestörte Interaktionsverhalten des Patienten sei im Übrigen nicht ausreichend dokumentiert. Das dokumentierte Verhalten deute nicht auf eine kombinierte Persönlichkeitsstörung, oder, wie von der Klinik dokumentiert auf eine narzisstische Persönlichkeitsstörung, paranoide oder Borderline-Persönlichkeitsstörung oder ängstlich vermeidende Persönlichkeitsstörung. Es fehle auch an einer begründenden Diagnostik hierfür.

Es gebe lediglich ein klassisches Interaktionsverhalten depressiver Patienten mit sozialem Rückzug.

Das Gericht hat sodann die Beteiligten befragt, ob sie bereit seien, sich auf der Basis teilstationärer Behandlung zu vergleichen. Dies hat die Beklagte abgelehnt und sich hierzu auf eine Entscheidung des LSG Hamburg vom 25.2.2016 (L 1 KR 138/13) bezogen, die sie vorgelegt hat. Im Einzelnen wird auf die Entscheidung verwiesen. Der Prozessbevollmächtigte der Klägerin hat mitgeteilt, dass diese Entscheidung des LSG vor der Entscheidung des BSG vom 19.4.2016 (B 1 KR 21/15 R) ergangen sei. Danach sei teilstationäre Behandlung nicht als ein "aliud" sondern als eine wesensgleiche Teilleistung anzusehen (Rdn. 14). Die Beklagte habe danach Vergütung für teilstationäre Behandlung zu leisten. Hierzu hat der Prozessbevollmächtigte der Klägerin eine fiktive Abrechnung mit einem Endbetrag von 6.750,12 EUR vorgelegt und erklärt, dass die Klägerin bereit sei, sich auf dieser Basis zu einigen.

Die Beklagte hat sich jedoch weiterhin auf die Entscheidung des LSG Hamburg bezogen und sodann Bezug genommen auf die von der Klägerin zitierte BSG-Entscheidung und eine Passage wörtlich zitiert, in der es um die Abgrenzung von Krankenhausbehandlung zu ambulanter Behandlung geht.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 31.7.2019 sind Sachverhalt und Rechtslage nochmals ausführlich mit den Beteiligten erörtert worden. Hinsichtlich des Inhalts der mündlichen Verhandlung wird auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.

Entscheidungsgründe:

Die nach § 54 Abs. 5 Sozialgerichtsgesetz (SGG) statthafte (vgl. BSG, Urteil vom 08.11.2011 – B 1 KR 8/11 R –) und auch sonst zulässige Leistungsklage hat auch in der Sache teilweise Erfolg. Die Klägerin hat Anspruch zwar nicht auf die gesamte eingeklagte Vergütung in Höhe von 11. 502,45 EUR, jedoch auf streitige Restvergütung in Höhe von 6.750,12 EUR nebst Zinsen von 5 % seit 06.11.2015. In dieser Höhe hat die Beklagte zu Unrecht mit einer anderen unstreitigen Forderung gegen die zuvor vollständig bezahlte Rechnung betreffend den Patienten S.P. aufgerechnet.

Anspruchsgrundlage für den Vergütungsanspruch der Klägerin ist § 109 Abs. 4 Satz 3 SGB V i.V.m. § 17b Abs. 1 Satz 10 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG), § 7 Satz 1 Nr. 1, § 9 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) und der Fallpauschalenvereinbarung (FPV) 2015 sowie den von den regionalen Vertragspartnern vereinbarten Allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung vom 19. Dezember 2002 (im Folgenden: Vertrag nach § 112 SGB V) in Betracht.

Die Zahlungsverpflichtung einer Krankenkasse entsteht - unabhängig von einer Kostenzusage - unmittelbar mit Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten kraft Gesetzes, wenn die Versorgung wie im vorliegenden Fall in einem zugelassenen Krankenhaus durchgeführt wird und - was zwischen den Beteiligten unstreitig ist - im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 SGB V erforderlich ist. Die Krankenhausvergütung bemisst sich dabei nach vertraglichen Fallpauschalen auf gesetzlicher Grundlage (zum Ganzen ausführlich BSG, Urteil vom 8. November 2011, B 1 KR 8/11 R, SozR 4-5560 § 17b Nr. 2; BSG, Urteil vom 6. März 2012 - B 1 KR 15/11 R -). Die Zahlungsverpflichtung der Krankenkasse entsteht mit der Inanspruchnahme der Leistung durch den Versicherten. Der Behandlungspflicht der zugelassenen Krankenhäuser im Sinne des § 109 IV S. 2 SGB V steht ein Vergütungsanspruch gegenüber, der auf der Grundlage der gesetzlichen Ermächtigung in den §§ 16 und 17 Krankenhausfinanzierungsgesetz nach Maßgabe der Bundespflegesatz-verordnung in der Pflegesatzvereinbarung zwischen Krankenkasse und Krankenhausträgern festgelegt ist. Der Zahlungsanspruch des Krankenhauses korrespondiert in der Regel mit dem Anspruch des Versicherten auf Krankenhausbehandlung. Demgemäß müssen bei dem Versicherten bei der Behandlung im Krankenhaus grundsätzlich die – hier unstreitig gegebenen - versicherungsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme von Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sowie Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit vorliegen.

Mit dem zunächst erfolgten Ausgleich der von der Klägerin gestellten Rechnung hat die Beklagte den Vergütungsanspruch der Klägerin aus § 109 IV S. 3 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zunächst erfüllt.

Im vorliegenden Fall ist ein Vergütungsanspruch der Klägerin in Höhe von 6.750,12 EUR (wieder) entstanden, als die Beklagte den Gesamtbetrag nachträglich wieder mit einer unstreitigen Forderung verrechnet hat. Im gesamten Behandlungszeitraum war zwar nicht vollstationäre Krankenhausbehandlung des Versicherten im Sinne des § 39 SGB V, jedoch teilstationäre Behandlung erforderlich.

Dabei ist unter Krankenhausbehandlungsbedürftigkeit ein Krankheitszustand zu verstehen, dessen Behandlung den Einsatz der besonderen Mittel eines Krankenhauses erforderlich macht. Eine Krankenkasse ist nach § 109 IV S. 3 SGB V in Verbindung mit der jeweiligen Pflege¬satzvereinbarung demnach verpflichtet, die vereinbarten Entgelte zu zahlen, wenn eine Versorgung im Krankenhaus durchgeführt worden und im Sinne von § 39 SGB V erforder¬lich gewesen ist (vgl. BSG vom 10.4.2008 – B 3 KR 20/07 R).

Für den Versicherten P. war im gesamten Behandlungszeitraum Krankenhausbehandlung erforderlich, jedoch nicht als vollstationäre Behandlung. Dies entnimmt die Kammer dem überzeugenden Gutachten des Sachverständigen DR. W ...

Gemäß § 39 I S. 2 SGB V besteht für gesetzlich Krankenversicherte ein Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem Krankenhaus, wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambu¬lante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die Krankheit muss dem¬nach behandlungsbedürftig sein und ihr muss mit den spezifischen Mitteln des Kranken¬hauses zu begegnen sein, um sie zu heilen, zu bessern, eine Verschlimmerung zu ver¬hüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Als besondere Mittel des Krankenhauses gelten dabei eine apparative Mindestausstattung, ein geschultes Pflegepersonal und ein jederzeit präsenter bzw. rufbereiter Arzt. Dabei kommt es nicht auf den Einsatz all die¬ser Mittel an. Es ist vielmehr eine Gesamtbetrachtung vorzunehmen. Bei einer psychiatri¬schen Erkrankung kann der Einsatz von krankenhausspezifischen Geräten in den Hinter¬grund treten und allein der notwendige Einsatz von Ärzten, therapeutischen Hilfskräften und Pflegepersonal sowie die Art der Medikation die Notwendigkeit einer stationären Be-handlung begründen (vgl. BSG vom 13.5.2004 – B 3 KR 18/03 R). Ob einem Versicherten voll- oder teilstationäre Krankenhausbehandlung zu gewähren ist, richtet sich dabei allein nach den medizinischen Erfordernissen (vgl BSGE 99, 111 = SozR 4-2500 § 39 Nr 10, RdNr 15; BSGE 96, 161 = SozR 4-2500 § 13 Nr 8, RdNr 23). Die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit haben im Streitfall uneingeschränkt zu überprüfen, ob eine stationäre Krankenhausbehandlung aus medizinischen Gründen notwendig ist (stRspr, vgl nur BSGE 102, 172 = SozR 4-2500 § 109 Nr 13, RdNr 20 f).

Bei dem Versicherten P. war im gesamten Zeitraum Krankenhausbehandlung erforderlich. Er wurde mit den Mitteln eines psychiatrischen Krankenhauses behandelt, um seine Erkrankungen zu heilen, sie zu bessern, eine Verschlimmerung zu ver¬hüten oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Er wurde auf einer Station mit hoher Spezialisierung auf Patienten mit Persönlichkeitsstörungen und Traumafolgestörungen behandelt. Er litt nach dem Sachverständigengutachten an einer rezidivierenden depressiven Störung mittelgradiger Ausprägung sowie an Alkoholmissbrauch. Weiterhin geht der Sachverständige Dr. W. davon aus, dass auch eine Persönlichkeitsstörung bei ihm vorlag. Die Kriterien einer schweren depressiven Erkrankung lagen bei ihm nach dem Gutachten des Sachverständigen, dem die Kammer auch insoweit folgt, nicht vor.

Zur Behandlung dieser Erkrankungen hatte er –nach den von dem gerichtlichen Sachverständigen herangezogenen und überzeugend ausgewerteten maßgeblichen Leitlinien - jedoch nur Anspruch auf teilstationäre Krankenhausbehandlung. Teilstationäre Behandlung sei notwendig gewesen, so Dr. W., da der Patient trotz Anbindung an die psychiatrische Institutsambulanz ein zunehmendes depressives Syndrom entwickelt hatte. Vor diesem Hintergrund und auch wegen der vermuteten schweren Komplexität der Erkrankung habe das vorliegende (ambulante) Setting nochmals verändert werden müssen.

Teilstationäre Behandlung sei aber (zumindest zunächst) auch ausreichend gewesen. Tägliches Fahren in eine Tagesklinik sei ihm offenbar möglich gewesen, da er auch regelhaft die Institutsambulanz habe aufsuchen können. Akute Krisen seien nicht aufgetreten und auch nicht beschrieben worden. Der Patient hätte zu diesem Zeitpunkt teilstationär behandelt werden müssen, auch um festzustellen, ob dieses ausreiche. Dem folgt auch der MDK in seiner Stellungnahme zu dem gerichtlichen Gutachten.

Die Klägerin hat Anspruch auf Vergütung ihrer Rechnung in Höhe von 6.750,12 EUR nebst Zinsen. Da teilstationäre Krankenhausbehandlung hier erforderlich war, hätte die Beklagte nicht mit dem vollen ursprünglich von der Klägerin geltend gemachten Rechnungsbetrag aufrechnen dürfen, sondern lediglich mit demjenigen Teil der Forderung der Klägerin, der die hier fiktiv errechneten Kosten einer teilstationären Behandlung übersteigt, nämlich in Höhe von 4.752,33 EUR.

Der Anspruch der Klägerin auf die Bezahlung der Forderung in Höhe von 6.750,12 EUR ist auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil es sich bei teilstationärer Behandlung um etwas gänzlich anderes als bei vollstationärer Behandlung handelt, um ein so genanntes "aliud". Anders als die Beklagte ausführt, ergibt sich dies für die Kammer auch nicht auf Grund der von der Beklagten herangezogenen Entscheidung des Landessozialgerichts Hamburg LSG Hamburg vom 25.2.2016 (L 1 KR 138/13), denn jene betrifft eine ganz andere Konstellation, nämlich eine Behandlung unter Bedingungen, bei denen vollstationäre und teilstationäre Behandlung räumlich ganz voneinander abgegrenzt waren, während auf der Station, auf der sich der Versicherte P. befand, sowohl vollstationäre, als auch teilstationäre Plätze vorhanden waren. Ebenso erfolgte hier auch bei den vollstationären Patienten eine umfangreiche Konfrontation mit Alltagsbelastungen z.B. durch viele Belastungserprobungen. Auch die Konzepte der auf die stationäre Behandlung folgenden Weiterbehandlung durch die Therapeuten der Station, ist hier für voll- und teilstationäre Patienten gleich. Es ist nicht erkennbar, inwiefern hier der teilstationären Behandlung auf dieser Station ganz andere Konzepte zu Grunde gelegt würden, die z.B. Hospitalisierung vermeiden würden. Dass dort Patienten sowohl nach teilstationären wie nach vollstationären Aufenthalten häufig mehrfach behandelt werden müssen, liegt nach Auffassung der Kammer an der Schwere der dort behandelten Erkrankungen.

Im Übrigen ergibt sich für die Kammer aus der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 19.4.2016 (B 1 KR 21/15 R, Rdn. 14, juris) eindeutig, dass die teilstationäre Behandlung als wesensgleiche Teilleistung der vollstationären Behandlung anzusehen ist. Dort heißt es im Einzelnen: "Teilstationäre Krankenhausversorgung unterfällt dementsprechend - als im Vergleich zu vollstationärer Krankenhausbehandlung wesensgleiche Teilleistung - dem Rechtsregime des Qualitätsgebots für Krankenhausleistungen (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 137c SGB V), nicht jenem der vertragsärztlichen Versorgung (insbesondere § 2 Abs 1 S 3, § 12 Abs 1, § 70 Abs 1, § 135 SGB V). Teilstationäre Behandlung ist nicht kostengünstig vertragsärztlich sicherzustellen (§ 72, § 72a, § 75 SGB V), sondern aufwändiger durch zugelassene Krankenhäuser (§§ 107 bis 109 SGB V) und zweiseitige Verträge (§ 112 SGB V)."

Der weitere Inhalt der genannten Randziffer der Entscheidung des BSG, den die Beklagte zitiert hat, betrifft nicht die Abgrenzung zwischen voll- und teilstationärer Krankenhausbehandlung, sondern diejenige zwischen Krankenhausbehandlung und ambulanter Behandlung: "Dementsprechend ist teilstationäre Behandlung nicht im Rahmen der vertragsärztlichen Vergütung zu bezahlen (vgl insbesondere § 72 Abs 2, § 75 Abs 7 und Abs 7a, § 82 Abs 2, § 85, §§ 87 bis 87e SGB V), sondern nach den Regeln der Krankenhausvergütung (vgl sogleich, cc). Der im Regelungssystem angelegte Vorrang der vertragsärztlichen vor der stationären, auch teilstationären Versorgung wurzelt in den Kostenvorteilen der vertragsärztlichen Versorgung, im Kern also im Wirtschaftlichkeitsgebot (vgl entsprechend zu § 39 SGB V: Gesetzentwurf der Bundesregierung eines Gesundheits-Reformgesetzes, BT-Drucks 11/2237 S 177 zu § 38 Abs 1 des Entwurfs: "Vorrang der preisgünstigen ambulanten Behandlung")."

Ähnlich deutlich wie hier angenommen äußert sich das BSG auch in einer weiteren Entscheidung, BSG B 1 KR 26/17 R Rdn. 15 f, juris; in der das BSG bei Notwendigkeit teilstationärer Behandlung, wie sie im vorliegenden Fall durch das Gutachten belegt ist, unmittelbar den Vergütungsanspruch des Krankenhauses aus § 39 SGB V ableitet. § 39 SGB V benenne vollstationäre Behandlung nur beispielhaft: "Die Krankenhausbehandlung wird vollstationär, teilstationär, vor- und nachstationär (§ 115a SGB V) sowie ambulant (§ 115b SGB V) erbracht. Versicherte haben Anspruch auf vollstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus (§ 108 SGB V), wenn die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich ist, weil das Behandlungsziel nicht durch teilstationäre, vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann (vgl § 39 Abs 1 S 1 und 2 SGB V). c) Sinngemäß gilt nach dem Regelungszweck Entsprechendes für den Anspruch Versicherter auf teilstationäre Behandlung in einem zugelassenen Krankenhaus: In diesem Fall muss die Aufnahme nach Prüfung durch das Krankenhaus erforderlich sein, weil das Behandlungsziel nicht durch vor- und nachstationäre oder ambulante Behandlung einschließlich häuslicher Krankenpflege erreicht werden kann. Die gesetzliche Regelung des § 39 Abs 1 S 2 SGB V spricht nur beispielhaft die vollstationäre Behandlung an. Die Regelung ist Ausdruck des umfassend geltenden Wirtschaftlichkeitsgebots (§ 12 Abs 1 SGB V)."

Die Höhe des Ver¬gütungsanspruches für teilstationäre Behandlung ist nicht be¬stritten worden.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 12 und 14 des Vertrages über die allgemeinen Bedingungen der Krankenhausbehandlung Hamburg. Er besteht nach der Verrechnung mit einer anderen Forderung seit dem 06.11.2015.

Im Übrigen war die Klage abzuweisen. Die von der Klägerin geltend gemachte schwere depressive Erkrankung des Versicherten, die für eine vollstationäre Behandlung womöglich gesprochen hätte, lässt sich anhand der vorgelegten Dokumentation nicht ausreichend belegen. Auch insoweit folgt die Kammer dem Gutachten von Dr. W., der sich ausführlich anhand der Krankenakte mit den Leitlinien und etwaigen Differentialdiagnosen auseinandergesetzt hat.

Die Kostenverteilung entspricht dem Obsiegen und Unterliegen zur Hauptsache.
Rechtskraft
Aus
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