L 19 (12) AL 236/04

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Arbeitslosenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Dortmund (NRW)
Aktenzeichen
S 33 AL 127/04
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 19 (12) AL 236/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 7a AL 50/05 R
Datum
Kategorie
Urteil
Bemerkung
Zurückverweisung. Neues Az. L 19 AL 11/06, dieses erledigt durch Zurücknahme
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.07.2004 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass auch der Bescheid von Januar 2004 geändert und die Beklagte verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 24.12.2003 bis 31.12.2003 Arbeitslosengeld in Höhe von 190,68 Euro wöchentlich und für die Zeit ab 01.01.2004 bis 15.03.2004 in Höhe von 194,95 Euro wöchentlich zu gewähren. Die Beklagte hat auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die ungeminderte Auszahlung von Arbeitslosengeld. Die Beklagte hat eine Minderung des Anspruchs um 1050,00 Euro verfügt, welche sie mit einer verspäteten Arbeitsuchendmeldung begründet.

Der 1965 geborene Kläger stand vom 22.09. bis 23.12.2003 in einem Arbeitsverhältnis bei der Firma G, welches laut Arbeitsvertrag von vornherein bis zum 22.12.2003 befristet war. Zuvor bezog der Kläger vom 19.12.2002 bis 21.09.2003 Arbeitslosengeld nach einem wöchentlichen Bemessungsentgelt von 525 Euro. Grundlage dieses Anspruchs für insgesamt 360 Tage war eine Beschäftigung vom 02.05.2000 bis 18.12.2002. Ausweislich der Arbeitsbescheinigung vom 20.12.2002 erzielte der Kläger im Abrechnungszeitraum vom 12/01 bis 11/02 einen Bruttoverdienst von 27.204,47 Euro. Am 22.09.2003 bestand noch ein Restanspruch für 83 Tage.

Am 15.12.2003 meldete sich der Kläger erneut arbeitslos und beantragte die Zahlung von Arbeitslosengeld.

Mit einem Schreiben vom 22.12.2003 teilte die Beklagte dem Kläger mit, dass eine Anspruchsminderung erfolge, weil er sich 76 Tage verspätet arbeitsuchend gemeldet habe und somit seinen Verpflichtungen aus § 37 b Drittes Buch Sozialgesetzbuch (SGB III) nicht nachgekommen sei. Nach § 140 SGB III mindere sich der Anspruch um 35,00 Euro für jeden Tag der verspäteten Meldung, höchstens jedoch für 30 Tage, hier mithin um 1050,00 Euro. Die Minderung erfolge indem der Minderungsbetrag auf die halbe Leistung angerechnet werde. Die Anrechnung beginne am 24.12.2003 und sei voraussichtlich am 10.03.2004 beendet.

Mit Bescheid vom 29.12.2003 bewilligte die Beklagte dem Kläger Arbeitslosengeld ab dem 24.12.2003 nach einem Bemessungsentgelt in Höhe von 525,00 Euro wöchentlich in der Leistungsgruppe A, allgemeiner Leistungssatz in Höhe von 190,68 Euro wöchentlich für die Restanspruchsdauer von 83 Tagen. Gleichzeitig setzte sie den Zahlbetrag unter Bezugnahme auf das Schreiben vom 22.12.2003 auf 95,34 Euro wöchentlich fest.

Dagegen legte der Kläger am 12.01.2004 Widerspruch ein. Zur Begründung führte er aus, ihm sei am 22.09.2003 noch nicht klar gewesen, dass das Beschäftigungsverhältnis zum 23.12.2003 tatsächlich gelöst werde. Er habe gehofft, dass bis zuletzt noch Aufträge bei dem Arbeitgeber eingehen würden, die die Arbeitslosigkeit abwenden könnten. Erst als dies gegen Mitte Dezember nicht absehbar gewesen sei, sei ihm seitens des Arbeitgebers definitiv mitgeteilt worden, dass es bei der Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 23.12.2003 bleibe. Nach diesem Zeitpunkt habe er sich unverzüglich arbeitsuchend gemeldet. Es entspreche dem Grundgedanken des § 37 b SGB III, wenn der Versicherte sich erst zu dem Zeitpunkt arbeitsuchend melde, zu dem er definitiv wisse, dass sein Arbeitsverhältnis aufgelöst werde. Zur weiteren Begründung legte er ein Schreiben seines Arbeitgebers mit folgendem Inhalt vor:

"Sehr geehrte Damen und Herren, Herr U, war in dem vergangenen Jahr in unserem Unternehmen als Maler- und Lackierergeselle tätig. Aufgrund einer wirklich angespannten wirtschaftlichen Lage konnten wir Herrn U im letzten Jahr nur mit einer Befristung, zum vorerst 23.12.2003, be-schäftigen. Wir haben diesen Schritt aus Vorsicht gewählt und von Anfang an in Aussicht gestellt, sollte sich die Lage verbessern, Herrn U auch ggf. über die Befristung hinaus weiter zu beschäftigen. Während seiner Beschäftigung war Herr U in Kassel auf einer für uns extrem wichtigen Terminbaustelle tätig. Den dort tätigen Mitarbeitern hätten wir wirklich nur in äußerst dringenden Fällen Urlaub gewähren können, das war auch den Mitarbeitern selbst sehr klar. In einer so schwierigen Zeit, sind auch wir sehr froh und dankbar, wenn die Beschäftigten "mitziehen" und den Ernst der Lage erkennen. Herr U hat nicht einen Tag gefehlt. Wir haben nun erfahren, das Sie ihm das Arbeitslosengeld wegen einer verspäteten Meldung kürzen wollen. Herr U war von einer Verlängerung ausgegangen, und hat sich unverzüglich bei Ihnen gemeldet, als sich herauskristallisierte, das wir ihm doch keine Verlängerung anbieten können. Wir möchten Sie bitten von einer Kürzung der Bezüge abzusehen. Mit freundlichen Grüßen".

Mit Bescheid vom Januar 2004 passte die Beklagte den Anspruch auf Arbeitslosengeld ab dem 1.1.2004 an die LeistungsentgeltVO 2004 an. Es ergab sich ein neuer Zahlbetrag dem Grunde nach in Höhe von wöchentlich 194,95 Euro. Soweit ersichtlich, wurde der Zahlbetrag aufgrund der verfügten Minderung auf die Hälfte dieses Betrages festgesetzt und bis zum 08.03.2004 auch nur zur Hälfte gezahlt.

Mit Widerspruchsbescheid vom 25.02.2004 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Dagegen hat der Kläger am 25.03.2004 vor dem Sozialgericht (SG) Dortmund Klage erhoben. Er hat sein bisheriges Vorbringen wiederholt und vertiefend vorgetragen, dass ihm seitens des Arbeitgebers bei Vertragsabschluss unmissverständlich klar gemacht worden sei, dass die Befristung nur für den Fall gelten solle, dass bis zu dem angegebenen Zeitpunkt keine verbesserte Auftragslage eingetreten sei. Die Vertragsparteien seien - wie bereits mehrfach in der Vergangenheit - auch im vorliegenden Falle davon ausgegangen, dass die Befristung des Arbeitsverhältnisses nur für den Fall gelten solle, dass keine weiteren Aufträge eingehen würden. Insofern sei erst am 15.12.2003 absehbar gewesen, dass eine Verlängerung des Arbeitsverhältnisses nicht eintreten würde.

Der Kläger hat beantragt,

die Beklagte in Abänderung des Bescheides vom 29.12.2003 unter Aufhebung des Bescheides vom 22.12.2003 jeweils in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.02.2004 zu verurteilen, dem Kläger ab dem 24.12.2003 Arbeitslosengeld ohne Anrechnung eines Minderungsbetrages gemäß § 140 SGB III zu zahlen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das SG hat durch Urteil vom 26.07.2004 die angefochtenen Bescheide aufgehoben und die Beklagte antragsgemäß verurteilt. Zur Begründung hat es folgendes ausgeführt: Eine Verletzung der in § 37 b SGB III normierten Obliegenheit könne nur dann angenommen werden, wenn die verspätete Meldung schuldhaft, also zumindest fahrlässig herbeigeführt worden sei. Dies setze wiederum voraus, dass die dem Versicherten auferlegte Obliegenheit hinreichend bestimmt ist. In Fällen der Arbeitsuchendmeldung nach befristeten Arbeitsverhältnissen könne ein Verschulden schon deshalb nicht festgestellt werden, weil sich aus dem Gesetz in keiner Weise ergebe, bis zu welchem Zeitpunkt die Meldung zu erfolgen habe. Während § 37 b Satz 1 SGB III für Personen, deren Versicherungspflichtverhältnisse (durch Kündigung) ende, noch klar regele, dass die Meldung beim Arbeitsamt "unverzüglich nach Kenntnis des Beendigungszeitpunkts" zu erfolgen habe, lege § 37 b Satz 2 SGB III für befristete Arbeitsverhältnisse lediglich fest, dass die Meldung frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen hat. Bis zu welchem Zeitpunkt die Meldung spätestens zu erfolgen habe, sei dem Gesetz hingegen nicht zu entnehmen. Die seitens der Beklagten vertretene Auffassung, die Meldung habe in diesen Fällen binnen 7 Tagen nach dem in § 37 b Satz 2 SGB III genannten frühesten Zeitpunkt zu erfolgen, finde im Gesetz keine Stütze. Könne dem § 37 b SGB III aber aufgrund der insofern unklaren Formulierung nicht entnommen werden, bis wann die Arbeitsuchendmeldung in Fällen befristeter Arbeitsverhältnisse spätestens zu erfolgen habe, so könne dem Kläger eine Obliegenheitsverletzung nicht vorgeworfen werden, wenn dieser sich erst relativ kurz vor Ablauf der Befristung arbeitsuchend melde. Denn die Obliegenheiten der betreffenden Arbeitnehmer seien in diesen Fällen gesetzlich nicht hinreichend deutlich definiert. Das Gericht gehe daher davon aus, dass die Sanktionsfolge des § 140 SGB III aufgrund der unbestimmten Regelung in Fällen der Arbeitsuchendmeldung bei befristeten Arbeitsverhältnissen in § 37 b Satz 2 SGB III generell nicht eintreten könne.

Das Urteil ist der Beklagten am 16.08.2004 zugestellt worden. Am 01.09.2004 hat sie dagegen Berufung eingelegt und zur Begründung im Wesentlichen folgendes ausgeführt: Um der Regelung des § 37b S. 1 SGB III Genüge zu tun, hätte sich der Kläger bereits unverzüglich am 05.11.2003 bei der Beklagten arbeitslos melden müssen. Für den Fall eines befristeten Arbeitsverhältnisses sehe § 37 b S. 2 SGB III einschränkend vor, dass im Falle eines befristeten Arbeitsverhältnisses die Meldung frühestens drei Monate vor dessen Beendigung zu erfolgen habe. Ausgehend vom vereinbarten Beendigungszeitpunkt 22.12.2003 hätte sich der Kläger frühestens ab 22.09.2003 melden müssen. Da er aber erst zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses am 04.11.2003 vom definitiven Ende des Arbeitsverhältnisses erfahren habe, komme vorliegend die Regelung des § 37 b S. 1 SGB III in Betracht, die grundsätzlich auch auf befristete Arbeitsverhältnisse anzuwenden sei. Nur eine Meldung bis 05.11.2003 hätte als unverzüglich i.S.d. §§ 37b, 140 SGB III angesehen werden können.

Die Beklagte beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 26.07.2004 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Klarstellend erklärt er, für die Zeit bis 31.12.2003 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von 190,68 Euro wöchentlich und für die Zeit vom 01.01.2004 bis 15.03.2004 in Höhe von 194,95 Euro wöchentlich geltend zu machen. In der Sache hält er das Urteil des SG für zutreffend. Ergänzend trägt er vor, dass ihm die gesetzliche Regelung in § 37 b SGB III nicht bekannt gewesen sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakten der Beklagten Bezug genommen. Diese Akten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Entscheidungsgründe:

Die im Hinblick auf die Höhe der Minderung des Arbeitslosengeldes (1.050 Euro) zulässige Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Streitgegenstand der Klage ist die Zahlung höheren Arbeitslosengeldes. Die Bewilligung des Arbeitslosengeldes erfolgte durch Bescheid vom 29.12.2003, der allerdings durch Bescheid vom Januar 2004 ersetzt wurde. Durch diesen Bescheid erfolgte nicht nur die Anpassung der Leistungshöhe an die LeistungsentgeltVO 2004, sondern es ist auch der Minderungsbetrag geändert worden. Der Bescheid vom Januar 2004 ist somit nach § 86 Sozialgerichtsgesetz (SGG) Gegenstand des Widerspruchsverfahrens geworden und mit einzubeziehen. Dass die Beklagte im Widerspruchsbescheid nicht darüber entschieden hat, steht einer Einbeziehung des Bescheides durch das Berufungsgericht nicht entgegen. Denn diese Einbeziehung entspricht nach Auffassung des Senats dem Willen der Beteiligten, was insoweit ausreicht (vgl. BSGE 61, 45, 48; Urteil des Senats vom 14.03.2005 - L 19 (12) AL 203/04 - ). Demgegenüber enthält der vom SG in den Tenor mit aufgenommene "Bescheid" vom 22.12.2003 für sich genommen keine Regelung, stellt somit also keinen eigenständig anfechtbaren Verwaltungsakt dar (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urteile vom 22.09.2004 - L 5 AL 1986/04 - und 03.11.2004 - L 5 AL 3835/04). Denn durch dieses Schreiben wird die Minderung lediglich in Aussicht gestellt und begründet.

In der Sache ist die Berufung unbegründet. Jedoch ist die Leistung, die der Kläger tatsächlich begehrt, zur Klarstellung im Tenor genau bezeichnet worden. Die Entscheidung allein über ein Berechnungselement der Leistung (hier die Minderung nach § 140 SGB III) wäre als so genannte Elementenfeststellungsklage unzulässig (vgl. dazu nur BSG vom 09.12.2004 - B 7 AL 24/04 R -).

Der Kläger hat für die Zeit vom 24.12.2003 bis 31.12.2003 einen Anspruch auf Arbeitslosengeld in Höhe von 190,68 Euro wöchentlich und für die Zeit ab 1.1.2004 bis 15.03.2004 in Höhe von 194,95 Euro wöchentlich.

Nach § 117 Abs. 1 SGB III in der hier anwendbaren Fassung, die bis zum 31.12.2004 in Kraft war, hat Anspruch auf Arbeitslosengeld ein Arbeitnehmer, der arbeitslos ist, sich arbeitslos gemeldet hat und die Anwartschaftszeit erfüllt. Der Kläger hat sich vorliegend zum 24.12.2003 arbeitslos gemeldet. Es ist auch nicht zweifelhaft, dass er im streitigen Zeitraum tatsächlich arbeitslos war, wovon auch die Beklagte ausgegangen ist, da sie Arbeitslosengeld tatsächlich bewilligt hat.

Die Anwartschaftszeit hat der Kläger durch seine befristete Beschäftigung vom 22.09.2003 bis 23.12.2003 zwar nicht erfüllt. Jedoch war ein Stammrecht auf Arbeitslosengeld am 19.12.2002 entstanden mit einer Anspruchsdauer von 360 Kalendertagen, weil der Kläger in der Zeit vor dem 19.12.2002 die Anwartschaftszeit erfüllt hatte. Der Anspruch aus diesem Stammrecht ist hinsichtlich der Dauer durch den Arbeitslosengeldbezug vom 19.12.2002 bis 21.09.2003 nur um 277 Tage gemindert worden (§ 128 Abs. 1 Nr 1 SGB III), so dass noch ein Restsanspruch für 83 Tage bestand, den der Kläger ab dem 24.12.2003 geltend machen konnte.

Grundlage der Berechung der Anspruchshöhe ist ein Bemessungsentgelt von 525 Euro, das aufgrund des im Abrechnungszeitraum vom 12/01 bis 11/02 erzielten Bruttoverdienstes von 27.204,47 Euro zutreffend ermittelt wurde und bereits der Arbeitslosengeldbewilligung ab dem 19.12.2002 zugrunde gelegen hatte. Der Leistungssatz ergibt sich unter Berücksichtigung der Leistungsgruppe A ohne Kindermerkmal für das Jahr 2003 aus der LeistungsentgeltVO 2003 (190,68 Euro wöchentlich) und für das Jahr 2004 aus der Leistungsent-geltVO 2004 (194,95 Euro wöchentlich).

Entgegen der Auffassung der Beklagten ist keine Minderung des Zahlbetrages nach § 140 SGB III wegen verspäteter Meldung eingetreten. Nach § 140 S. 1 SGB III mindert sich das Arbeitslosengeld, das dem Arbeitslosen auf Grund des Anspruchs zusteht, der nach der Pflichtverletzung entstanden ist, wenn sich der Arbeitslose entgegen § 37 b SGB III nicht unverzüglich arbeitsuchend gemeldet hat.

Vorliegend tritt eine Minderung bereits deshalb nicht ein, weil nicht um einen Anspruch gestritten wird, der "nach" der Pflichtverletzung entstanden ist. Denn mit Anspruch in diesem Sinne kann nach der allgemeinen Systematik und nach den Begrifflichkeiten des SGB III nur das Stammrecht gemeint sein, nicht aber der Anspruch auf Auszahlung der konkreten Leistung (ausführlich zu dieser Unterscheidung BSG, Urteil vom 21.06.2001 - B 7 AL 54/00 R -, Rz 17). Entsprechende Regelungen zum Anspruch im Sinne des Stammrechts enthalten die §§ 117, 128 und 147 SGB III. Nur bezogen auf das Stammrecht macht der Hinweis in § 140 S. 1 SGB III auf einen "nach der Pflichtverletzung" entstanden Anspruch überhaupt Sinn (so im Ergebnis auch SG Duisburg, 8. Februar 2005 - S 12 AL 40/04; SG Aachen, 5. November 2004, S 8 AL 128/04; SG Kassel, 5. November 2004, S 17 AL 2141/04; Coseriu/Jakob, PK-SGB III, § 140 Rz 15; Winkler in Gagel, § 140 SGB III Rz 5; Brand in Niesel, § 140 SGB III, Rz 3; Valgolio in Hauck/Noftz, § 140 SGB III, Rz 13; ähnlich, aber eher unklar Voelzke in Kasseler Handbuch zum Arbeitsförderungsrecht, § 12 Rz 506 und Spellbrink in Eicher/Schlegel § 140 SGB III Rz 37 f.). Wäre jeder Zahlungsanspruch gemeint, hätte es des Hinweises auf den "entstandenen Anspruch" nicht bedurft. Eine Minderung setzt einen bestehenden Zahlungsanspruch als Bezugspunkt notwendigerweise voraus.

Der Beklagten ist zwar einzuräumen, dass ein Abstellen auf den Zahlungsanspruch - mit der Folge, dass das Stammrecht sogar mehrfach gemindert werden könnte - dem Sinn und Zweck der Reglung, wie er sich den Gesetzesmaterialien entnehmen lässt (vgl. etwa BT-Drucks. 15/25, S. 27) eher entsprechen würde (dazu Sauer in Jahn, § 140 SGB III, Rz. 20). Nach Auffassung des Senats hat dieses Argument gegenüber der grammatikalischen und systematischen Auslegung jedoch zurückzutreten.

Ein Anspruch iSd. § 140 S. 1 SGB III entsteht danach mit Erfüllung der Vorraussetzungen des § 117 SGB III. Er erlischt unter den Vorraussetzungen des § 147 Abs. 1 SGB III, nämlich mit der Entstehung eines neuen Anspruchs (Nr. 1) oder wenn Sperrzeiten von insgesamt 21 Wochen nach der Entstehung eingetreten sind (Nr. 2).

Hier ist der Anspruch des Klägers auf Arbeitslosengeld bereits am 19.12.2002 entstanden. Die Beschäftigungszeit des Klägers vom 22.09.2003 bis 23.12.2003 reichte mangels ausreichend neuer Anwartschaftszeiten nicht aus, um einen neuen Anspruch entstehen zu lassen. Dies ergibt sich aus § 123 SGB III iVm. § 124 Abs. 2 SGB III, wonach eine Rahmenfrist nicht in eine vorangegangene Rahmenfrist hineinreicht, in der der Arbeitslose eine Anwartschaftszeit erfüllt hatte (vgl. Söhngen in Eicher/Schlegel, § 124 SGB III, Rz. 32). Konsequenterweise wurde dem Kläger daher auch nur der nicht verbrauchte Restanspruch von 83 Tagen bewilligt. Der Anspruch des Klägers war mithin vor der fraglichen Pflichtverletzung - der nach Auffassung der Beklagten verspäteten Arbeitsuchendmeldung am 15.12.2003 - entstanden.

Der Senat teilt aber auch die Auffassung des SG, dass dem Kläger keine Pflichtverletzung nach § 37 b SGB III vorgeworfen werden kann. Die Regelung in § 37 b S. 2 SGB III für befristete Arbeitsverhältnisse, die vorsieht dass die Meldung "jedoch frühestens drei Monate vor der Beendigung zu erfolgen" hat, ist tatsächlich so unklar (aA LSG Baden-Württenberg, 3.11.2004, L 5 AL 3835/04; vgl auch Coseriu/Jakob, PK-SGB III, § 37 Rz 11 ff), dass der Verpflichtete nicht erkennen kann, was von ihm gefordert wird. Zur Begründung im Einzelnen wird auf das Urteil des SG Bezug genommen und insofern gemäß § 153 Abs. 2 SGG von weiteren Ausführungen abgesehen.

Die Kostenentscheidung folgt aus den §§ 183, 193 SGG.

Die Revision wird wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage gemäß § 160 Abs. 2 Ziffer 1 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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