L 11 SB 38/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 42 SB 751/94
Datum
-
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 SB 38/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Beteiligten haben einander außergerichtliche Kosten des Rechtsstreits nicht zu erstatten.

Gründe:

I.

Streitig war die Höhe des beim Kläger bestehenden Grades der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG).

Auf Antrag des 1935 geborenen Klägers und nach Einholung eines medizinischen Gutachtens von Dr. Y vom 9. Juni 1993 stellte das Versorgungsamt II Berlin durch Bescheid vom 9. September 1993 beim Kläger einen GdB von 40 fest. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies das Landesamt für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt - durch Widerspruchsbescheid vom 22. Februar 1994 zurück. Mit seiner beim Sozialgericht Berlin am 15. März 1994 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren auf Zuerkennung eines GdB von mindestens 60 mit der Begründung weiter verfolgt, er sehe infolge der Augenerkrankung nur noch sehr schlecht, habe ein chronisches Nierenleiden und insbesondere die Beschwerden von Seiten der Wirbelsäule, der Kniegelenke wie auch der Füße seien unterbewertet worden. Hierzu reichte der Kläger diverse Atteste seiner behandelnden Ärzte ein. Das Sozialgericht trat in umfangreiche medizinische Ermittlungen ein und holte Befund- und Behandlungsberichte des behandelnden Orthopäden Dr. U vom 22. September 1994 und 17. Dezember 1996, der Augenärztin Dr. H vom 29. September 1994, des Urologen Dr. A vom 15. Oktober 1994, des Internisten Dr. Ki vom 1. März 1995, des praktischen Arztes B vom 2. April 1995 und des Nervenarztes Dr. l vom 17. Dezember 1996 ein und zog ein für den MDK erstelltes Gutachten von Dr. R vom 27. Februar 1995, den Operationsbericht betreffend das rechte Kniegelenk vom 10. März 1995 und Kopien der medizinischen Unterlagen der LVA Oberfranken und Mittelfranken bei. Anschließend erstellte der Allgemeinmediziner Dr. med. B im Auftrage des Sozialgerichts ein sozialmedizinischen Sachverständigengutachten vom 2. Januar 1996. Hierbei kam Dr. B nach Untersuchung des Klägers und Würdigung aller Vorbefunde zu dem Ergebnis, die beim Kläger vorliegende Behinderung rechtfertige insgesamt nur einen GdB von 40. Im Hinblick auf die zwischenzeitlich notwendig gewordene nervenärztliche Behandlung könnte eventuell noch ein entsprechendes fachärztliches Sachverständigengutachten erforderlich sein. Durch Beweisanordnung vom 20. Mai 1998 beauftragte das Sozialgericht den Nervenarzt Dr. Br mit der Erstellung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens, welches jedoch nicht zu Stande kam, da der Kläger die jeweiligen Untersuchungstermine versäumte und auch nach entsprechendem richterlichen Hinweis auf seine Mitwirkungspflichten kein Interesse an einer weiteren Begutachtung bekundete. Nach Anhörung wies das Sozialgericht durch Gerichtsbescheid vom 25. Juni 1999 die Klage mit der Begründung ab, nach dem Ergebnis der medizinischen Beweisaufnahme und unter Berücksichtigung der Kriterien des Schwerbehindertenrechtes sei ein höherer GdB als 40 für den Behinderungszustand des Klägers nicht gerechtfertigt. Eine weitere Sachaufklärung sei dem Gericht mangels Mitwirkung des Klägers verwehrt gewesen. Mit Beschluss vom gleichen Tage hob das Sozialgericht zudem die Beweisanordnung vom 20. Mai 1998 mangels Mitwirkung des Klägers auf.

Gegen den ihm am 14. Juli 1999 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. August 1999 Berufung eingelegt und sich zur Begründung insbesondere auf die am 15. Juli 1999 im Universitätsklinikum Benjamin Franklin durchgeführte operative Entfernung eines Prostatakarzinoms bezogen. Insoweit hat er Atteste seiner behandelnden Ärzte sowie die Epikrise der Urologischen Klinik und Poliklinik im Universitätsklinikum Benjamin Franklin vom 6. August 1999 eingereicht. Nach Prüfung der vorgelegten medizinischen Unterlagen hat das Landesamt für Gesundheit und Soziales Berlin - Versorgungsamt - durch Bescheid vom 2. November 1999 als weitere Behinderung beim Kläger das "radikaloperativ behandelte Prostataleiden mit Lymphknotenentfernung im Stadium der Heilungsbewährung" anerkannt und den GdB für die Zeit ab Juli 1999 auf 70 heraufgesetzt. Der Beklagte hat durch Schriftsatz vom 5. November 1999 den Rechtsstreit insoweit für erledigt erklärt. Nach Terminsanberaumung durch den Senat hat der Kläger mit Schriftsatz vom 1. Februar 2000 ebenfalls den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt und darum gebeten, eine angemessene Kostenentscheidung zu treffen.

Dem Beklagten ist Gelegenheit zur Stellungnahme gegeben worden. Er lehnt eine Übernahme der außergerichtlichen Kosten des Klägers mit der Begründung ab, die Verwaltungsbehörde habe keinen Anlass zur Klageerhebung gegeben und die Anhebung des GdB auf 70 beruhe auf einer später eingetretenen Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers.

II.

Der Kläger hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf Erstattung der ihm entstandenen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits.

Nach § 193 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) ist über die außergerichtlichen Kosten eines ohne Urteil beendeten Rechtsstreites auf Antrag durch Beschluss zu entscheiden. Der Rechtsstreit ist durch angenommenes Teilanerkenntnis (§§ 153 Abs. 1, 101 Abs. 2 SGG) sowie durch übereinstimmende Erklärung der Erledigung in der Hauptsache (§ 202 SGG i.V.m. § 91a Abs. 1 Satz 1 Zivilprozessordnung -ZPO-) beendet worden. Das Gericht befindet über die Kostenerstattung nach sachgemäßem Ermessen unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, wobei es in der Regel der Billigkeit entspricht, dass die Kostenlast dem Grad des Unterliegens des Beklagten in der Hauptsache folgt. Nach dem Rechtsgrundsatz des § 93 ZPO sind Kosten nicht zu erstatten, wenn der Beklagte keine Veranlassung zur Klage gegeben hat und der Klageanspruch sofort anerkannt wird.

Wie das Sozialgericht in dem angefochtenen Gerichtsbescheid vom 25. Juni 1999 zutreffend und ausführlich dargelegt hat, konnte die Klage im Hinblick auf das Ergebnis der ausführlichen medizinischen Ermittlungen, insbesondere auf das Sachverständigengutachten von Dr. B vom 2. Januar 1996 keinen Erfolg haben. Die erst nach Zustellung des Gerichtsbescheides am 14. Juli 1999 dokumentierte Verschlimmerung des Gesundheitszustandes des Klägers durch Hinzutritt eines weiteren Leidens - des operativ behandelten Prostatakarzinoms - hätte auch durch einen entsprechenden, an das Versorgungsamt gerichteten Neufeststellungsantrag nach § 48 Zehntes Sozialgesetzbuch (SGB X) außerhalb des Klage- bzw. Berufungsverfahrens geltend gemacht werden können. Nach Mitteilung der hierfür maßgeblichen Befunde hat der Beklagte unter Einhaltung einer angemessenen Prüfungsfrist die eingetretene Verschlimmerung des Gesundheitszustandes umgehend durch den Abhilfebescheid vom 2. November 1999 anerkannt. Von daher hat der Beklagte keine Veranlassung für das Klage- bzw. Berufungsverfahren gegeben. Im Übrigen hat der Kläger durch seine fehlende Mitwirkung bei Aufklärung des Sachverhaltes zu einer erheblichen Verzögerung des erstinstanzlichen Verfahrens beigetragen. Weder ist er zur Untersuchung bei dem Sachverständigen Dr. Br erschienen, noch hat er seine neue Anschrift rechtzeitig dem Gericht mitgeteilt. Von daher sind Umstände, die eine Belastung des Beklagten mit den außergerichtlichen Kosten des Klägers rechtfertigen würden, nicht ersichtlich.

Dieser Beschluss kann nicht mit der Beschwerde an das Bundessozialgericht angefochten werden, § 177 SGG.
Rechtskraft
Aus
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