L 11 SB 29/99

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
11
1. Instanz
SG Berlin (BRB)
Aktenzeichen
S 44 SB 1980/96
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 11 SB 29/99
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 1999 wird zurückgewiesen. Die Beteiligten haben einander für das Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten darüber, ob der Kläger die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "H" für Hilflosigkeit erfüllt.

Der 1949 geborene Kläger leidet u. a. an einer Wirbelsäulenerkrankung und an Krankheitserscheinungen auf psychiatrischem Gebiet. Zuletzt mit bindendem Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt - vom 21. Februar 1995 hatte der Beklagte folgende Funktionsbeeinträchtigungen anerkannt:

a) Fehlhaltung und degenerative Veränderungen in allen Abschnitten der Wirbelsäule mit Funktionsbehinderung, geringer im Halswirbelsäulen-, Brustwirbelsäulen-, stärker im Lendenwirbelsäulen-Bereich mit verminderter Belastungsfähigkeit nach 3-maliger Bandscheibenoperation im Bereich der Lendenwirbelsäule, therapieresistentes chronisches Schmerzsyndrom als Folge von Narbengewebe mit Wurzelirritation S 1 mit sensibler Störung;

b) psychische Behinderung;

Gleichzeitig stellte er einen Grad der Behinderung (GdB) nach dem Schwerbehindertengesetz (SchwbG) von 80 sowie die gesundheitlichen Voraussetzungen für die Anerkennung des Merkzeichens "G" fest. Am 5. Juni 1995 beantragte der Kläger unter Hinweis auf die Verschlimmerung seiner Beschwerden im Bereich der Halswirbelsäule mit daraus resultierenden Gleichgewichtsstörungen die Neufeststellung seiner Behinderungen. Zugleich beantragte er die Zuerkennung des Merkzeichens "B". Der Beklagte holte daraufhin eine Stellungnahme des Internisten Dr. Ne. vom 28. November 1995 ein. Darin stützte sich dieser auf ein ihm vorliegendes Gutachten zu einem Pflegegeldverfahren, welches die Ärztin für Allgemeinmedizin Ca. am 25. September 1995 zum Antrag des Klägers auf Gewährung von Pflegegeld nach Berliner Landesrecht erstellt hatte. Gestützt auf diese ärztlichen Stellungnahmen lehnte der Beklagte mit Bescheid des Versorgungsamtes II Berlin vom 11. Dezember 1995 den Verschlimmerungsantrag des Klägers ab. Am 14. Dezember 1995 legte der Kläger hiergegen Widerspruch ein und führte u.a. unter Bezugnahme auf das vorgenannte Pflegegutachten aus, er brauche bei mehreren Verrichtungen Hilfe. Insbesondere sei er bei der Benutzung öffentlicher Verkehrsmittel auf Hilfe angewiesen, da er an Gehstützen gehen müsse. Zugleich stützte er sich auf ein Attest des behandelnden Allgemeinmediziners Sk. vom 6. März 1996. Zur Aufklärung des Sachverhalts holte der Beklagte eine gutachterliche Stellungnahme der Ärztin Dr. McC. vom 13. Januar 1996 ein und zog eine gutachterliche Stellungnahme der Ärztin Z. -St. vom 23. Februar 1996 aus dem Pflegegeldverfahren des Klägers bei. Mit Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt - vom 11. November 1996 wies der Beklagte den Widerspruch zurück.

Mit seiner am 21. November 1996 bei dem Sozialgericht Berlin erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiter verfolgt, die Zuerkennung eines höheren GdB und des Merkzeichens "B" zu erreichen. Außerdem hat er geltend gemacht, bei ihm seien die gesundheitlichen Merkmale des Nachteilsausgleiches Merkzeichen "H" erfüllt, da er ständig der täglichen Hilfe bei einer Reihe personenbezogener Verrichtungen des täglichen Lebens bedürfe. Auf Grund richterlicher Beweisanordnung hat der Facharzt für Neurochirurgie H. den Kläger am 13. Juli 1998 in der Zeit von 9.55 Uhr bis 11.45 Uhr im Rahmen eines Hausbesuches in der Wohnung des Klägers untersucht und am 25. August 1998 ein medizinisches Sachverständigengutachten erstattet, in welchem er zunächst zu den Voraussetzungen eines höheren GdB und des Merkzeichens "B" Stellung genommen hat. Im Auftrage des Beklagten haben sich am 11. September 1998 dessen Versorgungsarzt, der Arzt für Orthopädie Dr. Li., und am 17. September 1998 die Versorgungsärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. D. schriftlich geäußert. Mit Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt - vom 8. Oktober 1998 hat der Beklagte mit Wirkung ab Juni 1995 die Voraussetzungen des Merkzeichens "B" zuerkannt. Mit Schriftsatz vom 6. November 1998 hat der Kläger sodann den Rechtsstreit im Hinblick auf das Merkzeichen "B" für erledigt erklärt. Auf Grund richterlicher Beweisanordnung hat am 27. Dezember 1998 der Sachverständige H. eine ergänzende gutachtliche Stellungnahme zur Frage der Hilflosigkeit des Klägers abgegeben. Hierin hat er, ausgerichtet an einem detaillierten Fragenkatalog zu den einzelnen Verrichtungen, die Hilflosigkeit des Klägers aus medizinischer Sicht verneint.

Nach vorangegangener Anhörung des Klägers hat das Sozialgericht mit Gerichtsbescheid vom 25. Juni 1999 die Klage abgewiesen und dem Beklagten 2/5 der außergerichtlichen Kosten des Verfahrens auferlegt. Zur Begründung hat das Gericht ausgeführt, die Voraussetzungen für die Zuerkennung eines höheren GdB bzw. des Merkzeichens "H" seien nicht erfüllt. Hierbei hat sich das Gericht insbesondere auf die Gutachten des Sachverständigen H. vom 25. August und vom 27. Dezember 1998 gestützt.

Gegen diesen ihm am 14. Juli 1999 zugestellten Gerichtsbescheid hat der Kläger am 16. Juli 1999 Berufung bei dem Landessozialgericht Berlin eingelegt und diese mit Schriftsatz vom 29. Oktober 1999 begründet. Darin hat er einerseits ausgeführt, mit Ausnahme des bereits anerkannten Merkzeichens "B" werde der Gerichtsbescheid in vollem Umfang zur Überprüfung durch das Berufungsgericht gestellt, andererseits jedoch lediglich beantragt, den Beklagten zu verurteilen, ihn - den Kläger- als hilflos anzuerkennen. Nach richterlichem Hinweis vom 7. Januar 2000, dass vorliegend nur die Voraussetzungen des Merkzeichens "H" im Streit seien, hat der Kläger durch weitere Schriftsätze vom 13. Januar und vom 22. März 2000 ausdrücklich nur die Zuerkennung des Merkzeichens "H" beantragt.

Aus dem Vorbringen des Klägers schließt der Senat auf dessen Antrag,

den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Berlin vom 25. Juni 1999 sowie den Bescheid des Versorgungsamtes Berlin vom 11. Dezember 1995 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt - vom 1. November 1996 und den Bescheid des Landesamtes für Gesundheit und Soziales - Versorgungsamt - vom 8. Oktober 1998 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, zu Gunsten des Klägers ab dem 1. Juni 1995 die Voraussetzungen des Merkzeichens "H" festzustellen.

Der Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.

Am 18. November 1999 hat ein Termin zur mündlichen Verhandlung stattgefunden, zu dem der Kläger nicht erschienen ist. In diesem Termin hat der Senat dem Kläger durch Beschluss aufgegeben, binnen 2 Wochen mitzuteilen, ob und von welcher Behörde er Pflegegeld erhält sowie ob, wo und unter welchem Aktenzeichen im Jahre 1995 oder danach ein Verfahren wegen der Gewährung von Pflegegeld anhängig gewesen ist. Mit Schriftsatz vom 6. Dezember 1999 hat der Kläger hierzu mitgeteilt, er könne das Aktenzeichen nicht nennen, weil er zu Hause nicht so viel Papier lagern könne. Am 7. Januar 2000 hat der Berichterstatter des Senats den Kläger darauf hingewiesen, dass zur Vorbereitung eines möglichen medizinischen Sachverständigengutachtens der Senat die im Beschluss vom 18. November 1999 genannten Informationen über ein noch laufendes Pflegegeldverfahren benötige. Der Kläger wurde darauf hingewiesen, dass diese Informationen für die weitere medizinische Sachaufklärung erforderlich seien und dass ohne die ordnungsgemäßen Mitteilungen des Klägers über ein etwaiges Pflegegeld-Verfahren im vorliegenden Rechtsstreit keine weitere medizinische Sachaufklärung, insbesondere auch keine medizinische Begutachtung, erfolgen könne. Mit Schriftsatz vom 13. Januar 2000 hat der Kläger daraufhin das Aktenzeichen des Oberverwaltungsgerichts Berlin, bei welchem der Pflegegeld-Rechtsstreit des Klägers damals anhängig war, mitgeteilt. Der Senat hat sodann die Akten des Oberverwaltungsgerichts Berlin beigezogen und Befundberichte der behandelnden Ärzte des Klägers, Dr. Be. und Dr. Sa., eingeholt. In einem weiteren Termin zur mündlichen Verhandlung am 20. Juli 2000, bei welchem die ärztlichen Befundberichte sowie die Akten des Oberverwaltungsgerichts Berlin vorgelegen haben, hat der Senat den Rechtsstreit vertragt, weil noch ein Beschwerdeverfahren des Klägers bei dem Bundessozialgericht anhängig war.

Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2000 hat der Kläger sein Einverständnis zur Einholung der ärztlichen Befundberichte und zur Beiziehung der Akten des Oberverwaltungsgerichts Berlin widerrufen. Daraufhin hat der Senat die eingeholten Befundberichte in geschlossene Umschläge genommen und die Akten des Oberverwaltungsgerichts Berlin nicht mehr als Gegenstand des vorliegenden Rechtstreites behandelt.

Durch Beschluss vom 15. August 2000 hat der Senat ein gegen die ständige Senatsvorsitzende gerichtetes Befangenheitsgesuch als unbegründet zurückgewiesen und zwei weitere Befangenheitsgesuche als unzulässig verworfen. Hiergegen hat der Kläger am 21. August 2000 Beschwerde eingelegt. Mit Verfügung vom 25. August 2000 hat die ständige Senatsvorsitzende den Kläger darauf hingewiesen, dass eine Beschwerdemöglichkeit gegen den Beschluss vom 15. August 2000 nicht gegeben sei. Vor Eintritt in die mündliche Verhandlung vom 31. August 2000, zu der der Kläger wiederum nicht erschienen war, hat der Senat durch Beschluss die Einwendungen des Klägers vom 21. August 2000 zurückgewiesen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird Bezug genommen auf die zwischen den Beteiligten gewechselten Schriftsätze sowie die Verwaltungsakten des Beklagten, welche im Termin zur mündlichen Verhandlung vom 31. August 2000 vorgelegen haben und Gegenstand der Entscheidung gewesen sind.

Entscheidungsgründe:

Die Entscheidung konnte trotz Fernbleibens des Klägers vom Termin zur mündlichen Verhandlung ergehen, weil der Kläger gemäß § 126 Sozialgerichtsgesetz (SGG) auf diese Möglichkeit in der Ladung hingewiesen worden war. Der Senat sah sich auch nicht durch das Vorbringen des Klägers, er könne ohne fremde Hilfe nicht zum Termin erscheinen, gehindert, bereits in der Sache zu entscheiden. Denn der Kläger hat sein Fernbleiben vom Termin nicht genügend entschuldigt. Weder hat er ein ärztliches Attest vorgelegt, noch hat er die ihn am Erscheinen hindernde Erkrankung konkret benannt. Bereits in den Gründen des Beschlusses des Senats vom 15. August 2000 war der Kläger jedoch ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass er sein Fernbleiben vom Termin durch Vorlage eines ärztlichen Attestes entschuldigen müsse. Schließlich sah sich der Senat an einer Entscheidung in der Sache auch nicht durch die am 21. August 2000 erhobene Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss vom 15. August 2000 gehindert. Zum einen war der Kläger bereits durch richterliche Verfügung der ständigen Senatsvorsitzenden vom 25. August 2000 darauf hingewiesen worden, dass seine Beschwerde gegen den Beschluss vom 15. August 2000 unzulässig sei. Zum anderen hindert ein - in der Beschwerde weiterhin geltend gemachtes - Befangenheitsgesuch ohnehin den Senat nicht zwingend an einer Entscheidung in der Hauptsache. Denn lehnt ein geladener Beteiligter vor dem Termin zur mündlichen Verhandlung einen Richter des Landessozialgerichts ab, so darf er nicht darauf vertrauen, dass das Landessozialgericht zum angesetzten Termin nicht zur Sache verhandeln und entscheiden werde (Bundessozialgericht, Beschluss vom 1. August 2000, B 9 SB 24/00 B).

Gegenstand des Verfahrens, welches sich gemäß § 96 Abs. 1 SGG auch auf den Bescheid vom 8. Oktober 1998 erstreckt, ist allein der Streit über die Zuerkennung des Merkzeichens "H". Zwar hat der Kläger im Verwaltungsverfahren die Zuerkennung dieses Merkzeichens nicht ausdrücklich geltend gemacht, und im Widerspruchsbescheid des Landesamtes für Zentrale Soziale Aufgaben - Landesversorgungsamt - vom 1. November 1996 ist auf das Merkzeichen "H" auch nicht ausdrücklich eingegangen worden. Jedoch enthält dieser Widerspruchsbescheid die Formulierung, es ergäben sich auch keine Anhaltspunkte für das Vorliegen weiterer Merkzeichen, wodurch zumindest der Sache nach die Verwaltungsentscheidung auf das Merkzeichen "H" erstreckt worden ist. Der Kläger war berechtigt, sein Klageverfahren ausdrücklich auch auf dieses Merkzeichen zu beziehen. Nicht mehr Gegenstand des Verfahrens war hingegen die Höhe des GdB, auch wenn der Kläger im Rahmen seiner Berufungsbegründung vom 29. Oktober 1999 den Gerichtsbescheid zunächst zur vollen Überprüfung des Berufungsgerichts gestellt hatte. Denn der bereits in diesem Schriftsatz enthaltene ausdrückliche Antrag bezog sich allein auf das Merkzeichen "H". Außerdem war der Kläger durch richterliche Verfügung vom 7. Januar 2000 bereits ausdrücklich darauf hingewiesen worden, allein das Merkzeichen "H" sei Gegenstand des Verfahrens, und der Kläger hatte seinen entsprechenden Standpunkt in seinen Schriftsätzen vom 13. Januar und vom 22. März 2000 nochmals bekräftigt. Selbst wenn sich die Berufung des Klägers zunächst auf die Höhe des GdB mit erstreckt haben sollte, ist diese jedenfalls spätestens durch den Schriftsatz vom 13. Januar 2000 und bekräftigt durch Schriftsatz vom 22. März 2000 insoweit teilweise zurückgenommen worden.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Die Voraussetzungen für die Zuerkennung des Merkzeichens "H" für Hilflosigkeit sind in der Person des Klägers nicht erfüllt. Der Begriff der Hilflosigkeit ist geregelt in § 59 Abs. 1 Satz 4 Nr. 1 SchwbG in Verbindung mit § 33 Abs. 3 Satz 3, Abs. 6 Satz 2 Einkommenssteuergesetz - EStG -. Hiernach ist nur hilflos, wer für eine Reihe von häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages fremder Hilfe dauernd bedarf. Die Voraussetzungen hierfür werden im Einzelnen von den Anhaltspunkten für die ärztliche Gutachtertätigkeit im sozialen Entschädigungsrecht und nach dem Schwerbehindertengesetz des Bundesministeriums für Arbeit und Sozialordnung (AHP) umschrieben, und zwar in den AHP 1983 Nr. 21 Seite 29 ff und in den AHP 1996 Nr. 21 S. 36 ff. Zwar beruhen die AHP weder auf dem Gesetz noch auf einer Verordnung oder auch nur auf Verwaltungsvorschriften, so dass sie keinerlei Normqualität haben, dennoch sind sie als antizipierte Sachverständigengutachten anzusehen, die in der Praxis wie Richtlinien für die ärztliche Gutachtertätigkeit wirken, deshalb normähnliche Auswirkungen haben und im Interesse einer gleichmäßigen Rechtsanwendung wie untergesetzliche Normen von den Gerichten anzuwenden sind (Bundessozialgericht -BSG-, BSGE 72, 285, 286, BSG, Urteil vom 9. April 1997 - 9 RVs 4/95 - m.w.N.). Hiernach ist die Frage der Hilflosigkeit nicht allein nach dem medizinischen Befund zu beurteilen, sondern vielmehr unter Berücksichtigung aller in Betracht kommender Umstände des einzelnen Falles zu entscheiden, wobei auch von Bedeutung sein kann, welche Belastungen dem Behinderten nach Art und Ausdehnung des Leidens zugemutet werden dürfen. Die vorgenannten Voraussetzungen, unter denen die Hilflosigkeit bejaht werden kann, liegen in der Person des Klägers nicht vor. Das Sozialgericht hat hierzu im angefochtenen Gerichtsbescheid folgendes ausgeführt:

Diese Voraussetzungen sind auch erfüllt, wenn die Hilfe in Form einer Überwachung oder einer Anleitung zu den genannten Verrichtungen erforderlich ist oder wenn die Hilfe zwar nicht dauernd geleistet werden muss, jedoch eine ständige Bereitschaft der Hilfeleistung erforderlich ist.

Dabei sind gem. Abs. 3 Rdnr. 21 der AHP 1996 als häufig und regelmäßig wiederkehrende Verrichtungen zur Sicherung der persönlichen Existenz im Ablauf eines jeden Tages insbesondere Handlungen wie An- und Auskleiden, Nahrungsaufnahme, Körperpflege oder Verrichtungen der Notdurft zu verstehen. Darüber hinaus sind bei der Beurteilung der Frage der Hilflosigkeit auch notwendige körperliche Bewegung, geistige Anregung und Möglichkeiten zur Kommunikation zu berücksichtigen.

Schließlich muss allerdings nach den AnhP 96 Rdnr. 21 Abschn. 4 der Umfang der notwendigen Hilfe bei den häufig und regelmäßig wiederkehrenden Verrichtungen erheblich sein.

Dies ist dann der Fall, wenn die Hilfe dauernd für zahlreiche Verrichtungen, die häufig und regelmäßig wiederkehren, benötigt wird. Einzelne Verrichtungen, selbst wenn sie lebensnotwendig sind und im täglichen Lebensablauf wiederholt vorgenommen werden (z.B. Hilfe beim Anziehen einzelner Bekleidungsstücke, notwendige Begleitung bei Reisen und Spaziergängen, Hilfe im Straßenverkehr, einfache Wund- oder Heilbehandlung, Hilfe bei Heimdialyse ohne Notwendigkeit weiterer Hilfeleistung), genügen demgegenüber nicht. Auch Verrichtungen, die mit der Pflege der Person nicht unmittelbar zusammenhängen (z.B. im Bereich der hauswirtschaftlichen Versorgung), müssen außer Betracht bleiben.

Schließlich gilt gemäß Abs. 6 der Rand-Nr. 21, dass bei einer Reihe schwerer Behinderungen, die auf Grund ihrer Art und besonderen Auswirkungen regelhaft Hilfeleistungen in erheblichem Umfang erfordern, im allgemeinen ohne nähere Prüfung angenommen werden kann, dass die Voraussetzungen für das Vorliegen von Hilflosigkeit erfüllt sind. Gemäß Satz 2 dieses Absatzes gilt dies stets u.a. bei Querschnittslähmung und anderen Behinderungen, die auf Dauer und ständig - auch innerhalb des Wohnraumes- die Benutzung eines Rollstuhles erfordern.

Nach gründlicher und sorgfältiger Würdigung des Ergebnisses des gesamten Gerichts- wie auch des vorangegangenen Verwaltungsverfahrens gelangte das Gericht jedoch zu der Überzeugung, dass die vorgenannten Voraussetzungen im Falle des Klägers nicht gegeben sind. Zwar ist diesem ohne weiteres zuzugeben, dass er unter einem überaus erheblichen Schmerzsyndrom seitens der Lendenwirbelsäule leidet, wodurch auch insbesondere der Gebrauch der unteren Extremitäten nachvollziehbar in erheblicher Weise eingeschränkt wird, gleichwohl vermochte sich das Gericht insbesondere im Hinblick auf das Pflegegutachten der Frau Ca. vom 25. September 1995 und das Gutachten des gerichtlichen Sachverständigen Dr. H. vom 25. August 1998 sowie seiner weiteren Stellungnahme vom 27. Dezember 1998 nicht davon zu überzeugen, dass der Kläger infolge der festgestellten Gesundheitsstörungen ständig für eine Reihe häufig und regelmäßig wiederkehrender Verrichtungen des täglichen Lebens zur Sicherung seiner persönlichen Existenz im Ablaufe jeden Tages dauernd fremder Hilfe bedarf.

Wie auch insbesondere Dr. H. nach Begutachtung des Klägers in dessen eigener Wohnung sowie in Kenntnis und unter Berücksichtigung der ihm zur Verfügung gestellten Akten feststellen konnte und in seinem Gutachten sowie der nachgereichten gutachterlichen Stellungnahme ausführlich und nachvollziehbar geschildert hat, machen die festgestellten Leiden bei objektiver Betrachtungsweise einen Hilfebedarf lediglich hinsichtlich weniger Verrichtungen des täglichen Lebens zwingend erforderlich. Denn der für die Anerkennung einer Hilflosigkeit im Sinne der davor genannten Regelungen erforderlichen Fremdhilfe bedarf der Kläger lediglich bei der notwendigen körperlichen Bewegung (zumindest jeweils nach kurzer Zeit), beim Duschen, beim Einsteigen in bzw. dem Aussteigen aus der Badewanne sowie allenfalls in geringfügigem Maße beim Ankleiden und Auskleiden. Demgegenüber bedarf der Kläger keiner fremden Hilfe bei den meisten Vorgängen der Körperpflege (Waschen, Zahnpflege, Kämmen, Rasieren), dem Verrichten der Notdurft, der Kommunikation, den wesentlichen für die Ernährung erforderlichen Tätigkeiten wie der mundgerechten Zubereitung der Speisen sowie der Aufnahme der Speisen selber und schließlich auch im weiten Umfange dem An- und Auskleiden. Insofern vermochte das Gericht, auch wenn es unterstellt, dass der Kläger tatsächlich häufiger als andere Menschen gezwungen ist, sich zu baden bzw. zu duschen (vgl. insoweit das klägerische Schreiben vom 16. April 1999) sich nicht davon zu überzeugen, dass der tägliche Hilfebedarf des Klägers ein solches Maß erreicht hat, dass er als hilflos im Sinne der eingangs genannten Bestimmungen anzusehen wäre.

Der Senat weist die Berufung aus den vorgenannten Gründen des Sozialgerichts als unbegründet zurück und nimmt deshalb auf diese gemäß § 153 Absatz 2 SGG Bezug.

Auch das weitere Vorbringen des Klägers im Berufungsverfahren konnte zu keiner anderen Einscheidung führen. Zwar hat der Kläger geltend gemacht, der Sachverständige H. stütze sich zu wenig auf eigene Anschauungen und zu stark auf das vorangegangene Pflegegeldgutachten der Ärztin Dr. Ca ... Dies trifft jedoch nicht zu. Denn der Sachverständige H. hat den Kläger während eines fast zwei Stunden andauernden Zeitraumes persönlich eingehend untersucht. Zwar hat er erst in der ergänzenden Stellungnahme auch zu den Voraussetzungen des Merkzeichens "H" im Einzelnen Stellung genommen, doch konnte er sich dabei auch weiterhin auf die von ihm persönlich vorgenommene Untersuchung, die dabei erhobenen Befunde und die hieraus gezogenen Schlussfolgerungen stützen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Sachverständige bei der Begutachtung von einer unzureichenden oder unzutreffenden Einschätzung ausgegangen ist.

Gleichfalls nicht zu einer anderen Entscheidung führen konnte das Vorbringen des Klägers, sein Gesundheitszustand habe sich nach der Begutachtung durch den Sachverständigen H. weiter erheblich verschlechtert. Für den Senat ergeben sich keine Anhaltspunkte, die dafür sprechen könnten, der Gesundheitszustand des Klägers habe sich tatsächlich wesentlich verschlechtert. Abgesehen von den - nicht konkreten - eigenen Angaben des Klägers fehlen dem Senat hierzu jegliche objektivierbaren Anhaltspunkte. Der Kläger hat selber mitgeteilt, er befinde sich seit mehreren Jahren nicht mehr in ärztlicher Behandlung. Es ist nicht erkennbar, dass bei ihm eine weitere Behandlungsbedürftigkeit überhaupt bestanden hat und dass gar eine weitere Verschlechterung seiner Funktionsbeeinträchtigungen eingetreten ist. Der Senat sah sich auch nicht gedrängt, den vom Kläger angeregten Beweis in Gestalt eines weiteren Sachverständigengutachtens zu erheben. Die Einholung eines solchen Sachverständigengutachtens ist nicht geboten, wenn in Anbetracht eines bereits früher erstatteten Sachverständigengutachtens sich die Ermittlungen über den von damals bis heute bestehenden Gesundheitszustand nur dann mit Aussicht auf Erfolg anstellen lassen, wenn die behandelnden Ärzte des Klägers befragt und wenn weitere zwischenzeitlich erstellte Unterlagen beigezogen werden (BSG, Beschluss vom 11. Dezember 1990, 5 BJ 357/89). Entfällt die Beiziehung und Auswertung dieser Unterlagen, weil der Kläger die behandelnden Ärzte nicht von der Schweigepflicht entbindet und auch eine darüber hinausgehend erforderliche Entbindung von der Schweigepflicht nicht erklärt, so sind Ermittlungen in Gestalt eines weiteren Sachverständigengutachtens nicht anzustellen (BSG a.a.O.).

So verhält es sich auch im vorliegenden Fall. Bereits mit richterlicher Verfügung vom 7. Januar 2000 war der Kläger darauf hingewiesen worden, dass eine mögliche weitere Untersuchung durch einen Sachverständigen voraussetze, dass die Verwaltungs- oder Gerichtsvorgänge über das damals noch anhängige Pflegegeldverfahren beigezogen werden könnten. Dementsprechend hatte der Kläger ja auch zunächst der Beiziehung dieser Akten des Oberverwaltungsgerichts -OVG- Berlin zugestimmt, woraufhin der Senat diese Akten beigezogen und auch Befundberichte von den behandelnden Ärzten eingeholt hatte. Mit seinem Schriftsatz vom 26. Juli 2000 indessen hat der Kläger der Einholung bzw. Beiziehung dieser Befundberichte und Akten ausdrücklich widersprochen. Der Senat sieht sich hierdurch zwingend gehindert, die eingeholten Befundberichte und die beigezogenen Akten des OVG Berlin zu verwerten. Insbesondere sind nicht die Voraussetzungen erfüllt, wie sie dem Urteil des Bundessozialgerichts vom 24. Juni 1998 - Az.: B 9 SB 2/98 R - zugrunde gelegen haben. Denn während es im dort entschiedenen Fall lediglich an einer erneut formulierten Einverständniserklärung fehlte, die durch eine Einverständniserklärung aus dem Verwaltungsverfahren ersetzt werden konnte, hat vorliegend der Kläger schriftsätzlich und ausdrücklich der Beiziehung und Verwertung der vorgenannten Unterlagen widersprochen. Diese Erklärung beseitigte alle vorangegangenen Entbindungserklärungen und stellt ein zwingendes Verwertungshindernis dar.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Revision war nicht zuzulassen, denn Zulassungsgründe gemäß § 160 Abs. 2 SGG sind ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
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