L 6 RJ 761/01

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
6
1. Instanz
SG Altenburg (FST)
Aktenzeichen
S 17 RJ 990/00
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 RJ 761/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
Der Beschluss über die Ablehnung eines Antrages auf Protokollberichtigung ist ausschließlich von dem Richter, der das Protokoll unterschrieben hat, zu unterzeichnen (vgl. LSG Berlin vom 25. März 2003 - Az.: L 6 B 120/02 RA), nicht aber von der in der Sitzung zugezogenen Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (entgegen BayVGH vom 9. Februar 2000 - Az.: 12 C 99.1576 und vom 21. September 1998 - Az.: 24 C 98.1989).
Der Antrag des Klägers, das Protokoll der Sitzung vom 8. November 2004 auf Blatt 3 2. Absatz zu berichtigen, wird abgelehnt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

In dem Berufungsverfahren des Klägers gegen die Landesversicherungsanstalt Thüringen fand am 8. November 2004 eine Sitzung des 6. Senats des Thüringer Landessozialgerichts statt. Seite 3 des von dem Vorsitzenden des 6. Senats und der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle unterzeichneten Protokolls enthält folgenden 2. Absatz:

"Daraufhin erklärt der Kläger: "Ich nehme meine Berufung bezüglich der Zeit von 1955 bis 1956, die allein noch Gegenstand dieses Berufungsverfahrens ist, zurück und erkläre den Rechtsstreit für erledigt".

v.u.g."

Das Protokoll wurde den Beteiligten übersandt.

Mit Schriftsatz vom 1. Dezember 2004 hat der Kläger die Berichtigung des Protokolls beantragt und ausgeführt, er habe "auf Drängen" des Richters seinen Berufungsantrag für die Zeit von 1955 bis 1956 zurückgenommen. Aber alle anderen offenen Punkte, die nicht Gegenstand der Verhandlung gewesen seien, seien nicht erledigt. Er habe auch nicht geäußert, dass er "alles zurücknehme". Somit sei der o.g. Satz im Protokoll nicht richtig. Es seien noch einige wichtige Punkte offen, die in einem gerichtlichen Berufungsverfahren entschieden werden sollten.

Die Beklagte hat in ihrer Stellungnahme vom 28. Januar 2005 angegeben, das Sitzungsprotokoll sei eindeutig; von einem Irrtum könne nicht ausgegangen werden.

Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle hat in einem Aktenvermerk vom 2. Februar 2005 wie folgt Stellung genommen: "Der Vorsitzende des 6. Senats hat mir zu dem Sachverhalt in das Sitzungsprotokoll diktiert. Dies wurde von mir niedergeschrieben. Danach wurde der Text nochmals vorgelesen und vom Kläger genehmigt."

II.

Nach § 164 Abs. 1 der Zivilprozessordnung i.V.m. § 122 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) können Unrichtigkeiten des Protokolls jederzeit berichtigt werden. Vor der Berichtigung sind nach § 164 Abs. 2 ZPO die Parteien zu hören.

Die Entscheidung über die Ablehnung der Protokollberichtigung erfolgt mit Beschluss (vgl. Stöber in Zöller, Zivilprozessordnung, 23. Auflage 2002, § 164 Rdnr. 10), der ausschließlich von dem Richter, der das Protokoll unterschrieben hat, zu unterzeichnen ist (vgl. LSG Berlin vom 25. März 2003 – Az.: L 6 B 120/02 RA, nach juris; Stöber in Zöller, Zivilprozessordnung, 23. Auflage 2002, § 164 Rdnr. 10), nicht aber von der in der Sitzung zugezogenen Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (so aber BayVGH vom 9. Februar 2000 – Az.: 12 C 99.1576, nach juris; BayVGH vom 21. September 1998 – Az.: 24 C 98.1989, nach juris; Hartmann in Baumbach, Zivilprozessordnung, 63. Auflage 2005, § 164 Rdnr. 13). Ein gemeinsamer formeller Beschluss des Richters und der Urkundsbeamtin kommt – im Gegensatz zum gemeinsamen Berichtigungsvermerk (d.h. einer bloßen Richtigstellung, vgl. Hartmann in Baumbach, a.a.O., § 164 Rdnr. 9), – nicht in Betracht. Dann möglicherweise erforderliche rechtliche Ausführungen sind dem Urkundsbeamten nicht zumutbar.

Auch § 164 Abs. 3 Satz 2 ZPO, der die Unterschrift des Richters und des zugezogenen Urkundsbeamten der Geschäftsstelle fordert, begründet einen gemeinsamen Beschluss nicht; er regelt nur den Fall, dass die Berichtigung tatsächlich (durch Vermerk) erfolgt. Auch die Ausführungen im Beschluss des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwG) vom 14. August 1980 (Az.: 6 CB 72/80, nach juris) steht der hier vertretenen Ansicht nicht entgegen (so aber wohl BayVGH vom 9. Februar 2000, a.a.O., und vom 21. September 1998, a.a.O.). Dort wird nur dargelegt, dass die Entscheidung über eine Protokollberichtigung von Vorsitzendem und Urkundsbeamten in Übereinstimmung allein (d.h. ohne die übrigen Berufsrichter) zu treffen ist, was sich für eine positive Entscheidung schon aus dem Gesetzeswortlaut ergibt. Dass die Ablehnung durch gemeinsamen Beschluss zu erfolgen hat, ist der Entscheidung nicht zu entnehmen (obwohl die Vorinstanz im Fall des BVerwG so gehandelt hatte).

Die vom Kläger behauptete Unrichtigkeit des Protokolls besteht nicht. Die im Protokoll auf Seite 3 enthaltene und beanstandete Erklärung (Absatz 2) wurde in Anwesenheit des Klägers von dem Unterzeichner zum Protokoll der Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle diktiert, von dieser nochmals wortwörtlich vorgelesen und von dem Kläger ausdrücklich genehmigt (§§ 162 Abs. 1, 160 Abs. 3 Nr. 8 ZPO). Dementsprechend wurde in das Protokoll das Kürzel "v.u.g." (= vorgelesen und genehmigt) aufgenommen. Dass der Kläger dieser Erklärung zugestimmt hat, erwähnt die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in ihrem Aktenvermerk und ist auch dem Unterzeichner noch erinnerlich.

Es ist zwar richtig, dass der Unterzeichner die Ausführungen des Klägers nicht wortgenau aufgenommen sondern zusammengefasst und damit abgeändert in das Protokoll diktiert hat. Erheblich ist dies aber nicht, denn der Kläger hat die Erklärung nach Verlesung durch die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in der niedergelegten Formulierung ausdrücklich genehmigt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
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