L 6 SF 745/04

Land
Freistaat Thüringen
Sozialgericht
Thüringer LSG
Sachgebiet
Sonstige Angelegenheiten
Abteilung
6
1. Instanz
-
Aktenzeichen
-
Datum
-
2. Instanz
Thüringer LSG
Aktenzeichen
L 6 SF 745/04
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Leitsätze
1. Die gerichtliche Festsetzung der einem Sachverständigen zu gewährenden Entschädigung darf sich nicht auf die Höhe des allein zwischen den Beteiligten streitigen Stundensatzes beschränken (vgl. Thüringer Landessozialgericht vom 10. Januar 2005 - Az.: L 6 SF 979/04; OLG München vom 27. September 1995 - Az.: 11 W 2160/95).

2. Das Gericht ist an die Höhe der einzelnen Berechnungselemente der Kostenrechnung eines Sachverständigen nicht gebunden; es kann lediglich keine höhere als die beantragte Gesamtentschädigung zusprechen.

3. Ist der medizinische Anteil der vom Sachverständigen zu prüfenden Akten höher als 25 v.H., sind diese mit allgemeinem und medizinischen Teil getrennt zu erfassen und unterschiedlich zu bewerten (vgl. Thüringer Landessozialgericht vom 4. August 2003 - Az.: L 6 SF 275/03 und vom 1. August 2003 - Az.: L 6 SF 220/03). In einer Stunde kann ein Sachverständiger ca. 100 Blatt mit allgemeinem oder ca. 50 Blatt mit medizinischem Inhalt durchsehen.

4. Eine Erhöhung der zu gewährenden Sachverständigenentschädigung nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b 2. Alt. ZuSEG um 50 v.H. ist dann erforderlich, wenn entsprechende Leistungen des Berufssachverständigen üblicherweise viel höher vergütet werden als dies in § 3 Abs. 2 ZuSEG vorgesehen ist und damit die übliche Vergütung nicht überschritten wird (vgl. Thüringer Landessoziagericht vom 10. Januar 2005 - Az.: L 6 SF 979/04 und vom 17. Februar 2004 - Az.: L 6 SF 757/03; VGH Baden-Württemberg vom 7. Oktober 2002 - Az.: 14 S 702/01; a. A. LSG Nordrhein-Westfalen vom 10. April 2000- Az.: L 4 B 14/99).
Die Entschädigung für das Gutachten des Antragsgegners vom 5. Mai 2004 wird auf 909,48 EUR festgesetzt.

Der Beschluss ist unanfechtbar.

Gründe:

I.

In dem Berufungsverfahren V. K .../. Freistaat Thüringen (Az.: L 5 SB 704/03) beauftragte der Vorsitzende des 5. Senats des Thüringer Landessozialgerichts den Antragsgegner, Arzt für Orthopädie und Mitarbeiter eines privaten Gutachtensinstituts, mit Beweisanordnung vom 2. März 2004 mit der Erstellung eines Gutachtens nach ambulanter Untersuchung. Übersandt wurden ihm 199 Blatt Akten (Gerichtsakte 168 Blatt, Verwaltungsakte 31 Blatt).

Der Antragsgegner fertigte unter dem 5. Mai 2004 sein Gutachten auf insgesamt 22 Blatt. In seiner Kostenrechnung vom 27. Mai 2004 machte er insgesamt 909,48 EUR geltend (10 Stunden Sachverständigenaufwand zu einem Stundensatz von 46,00 EUR (= 460,00 EUR), Erhöhung um 50 v.H. nach § 3 Abs. 3 Buchst. b ZuSEG (= 230,00 EUR), Schreib- und Kopiergebühren 73,85 EUR, Portoauslagen 20,17 EUR, MWSt 125,46 EUR). Bezüglich der Einzelheiten wird auf Blatt 26 f. des Kostenhefts verwiesen.

Mit Verfügung vom 17. Juni 2004 wies der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle diesen Betrag zur Zahlung an.

Am 2. September 2004 hat der Antragsteller beantragt, die Entschädigung für das Gutachten vom 5. Mai 2004 auf 857,26 EUR festzusetzen und zur Begründung ausgeführt, nach der ständigen Rechtsprechung der Thüringer Kostensenate könne das mittelschwierige Gutachten nur mit einem Stundensatz von 43,00 EUR entschädigt werden.

Der Antragsteller beantragt,

die Entschädigung für das Gutachten vom 5. Mai 2004 auf 857,26 EUR festzusetzen.

Der Antragsgegner beantragt,

die Entschädigung für das Gutachten vom 5. Mai 2004 auf 909,48 EUR festzusetzen.

Nach seiner Ansicht sind die Sätze des ZuSEG angesichts der Kostenentwicklung in der gesamten Bundesrepublik ab Beginn 2002 zu erhöhen (vgl. Landessozialgericht (LSG) Niedersachsen-Bremen am 27. Januar 2003 - Az.: L 4 SF 17/02). Insofern sei für ein mittelschweres Gutachten – wie hier - ein Stundensatz von 46,00 EUR festzusetzen. Dieser Rechtsprechung hätten sich das Verwaltungsgericht (VG) Kassel (Beschluss vom 31. August 2004 - Az.: 7 J 2038/02), das Landgericht Marburg (Beschluss vom 13. Januar 2004 – Az.: 2 O 356/00) und das Amtsgericht Einbeck (Beschluss vom 10. Mai 2004 – Az.: 1 F 251/02) angeschlossen. Es entspreche einer grundgesetzlichen Vorgabe, dass eine "Einheitlichkeit der Lebensbedingung" in allen Bundesländern zumindest anzustreben sei. Auch habe der Antragsteller am 22. Dezember 2003 in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Gotha (Az.: S 5 SF 2937/03) ein Anerkenntnis über einen Stundensatz von 46,00 EUR abgegeben. Zusätzlich unverständlich sei für ihn dessen Begehren, wenn parallel zu dem anhängigen Verfahren der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle weiterhin seine Rechnungen auf der Stundenbasis von 46,00 EUR anstandslos akzeptiere.

Der Urkundsbeamte der Geschäftsstelle hat dem Antrag des Antragstellers nicht abgeholfen (Verfügung vom 2. September 2004) und ihn dem Senat zur Entscheidung vorgelegt.

II.

Der Antrag ist nach § 16 Abs. 1 des Gesetzes über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen (ZuSEG) zulässig. Diese Vorschrift ist anwendbar, weil der Auftrag dem Antragsgegner vor dem 1. Juli 2004 erteilt worden ist (vgl. § 25 Satz 1 des Gesetzes über die Vergütung von Sachverständigen, Dolmetscherinnen, Dolmetschern, Übersetzerinnen und Übersetzern sowie die Entschädigung von ehrenamtlichen Richterinnen, ehrenamtlichen Richtern, Zeuginnen, Zeugen und Dritten (Justizvergütungs- und –entschädigungsgesetz - JVEG)).

Der Antrag ist im Ergebnis unbegründet.

Grundsätzliche Bedenken gegen den Antrag bestehen nicht. Ein (unterstellter) Erstattungsanspruch ist nicht verjährt (Verjährungsfrist nach § 15 Abs. 6 ZuSEG, § 10 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes (GKG) a.F.: vier Jahre nach Ablauf des Kalenderjahres, in dem die Zahlung erfolgt ist). Anhaltspunkte dafür, dass sich der Antragsteller in seinem Anerkenntnis vom 22. Dezember 2003 in einem Verfahren vor dem Sozialgericht Gotha (Az.: S 5 SF 293/03) für weitere Fälle gebunden hat, sind nicht ersichtlich. Dass der Urkundsbeamte des Thüringer Landessozialgerichts im Verlauf des anhängigen Verfahrens anstandslos Rechnungen des Antragsgegners mit einem Stundensatz von 46,00 EUR beglichen hat, ist unerheblich. Es ist – mangels Begleitschreiben - schon nicht ersichtlich, dass er diesen höheren Stundensatz tatsächlich akzeptiert hat; die Zahlung belegt nur die Akzeptanz des gesamten Rechnungsbetrags. Zudem könnten der Freistaat und die ihn vertretende Bezirksrevisorin dadurch auch nicht gebunden werden. Nicht anzuzweifeln ist allerdings, dass diese Verfahrensweise (insbesondere die kommentarlose Akzeptierung der Rechnungen) während des Verfahrens für den Antragsgegner verwirrend sein muss (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Januar 2005 – Az.: L 6 SF 979/04).

Bei seiner Entscheidung hat der Senat alle für die Bemessung der Entschädigung maßgeblichen Umstände zu überprüfen, unabhängig davon, ob sie der Antragsteller aufgegriffen hat (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 17. Mai 2004 – Az.: L 6 SF 732/03, 17. Februar 2004 – Az.: L 6 SF 757/03, 1. August 2003 – Az.: L 6 SF 220/03 in: MedSach 2004, 102 f. und vom 3. März 2003 - Az.: L 6 B 25/02 SF; Meyer/Höver/Bach, Gesetz über die Entschädigung von Zeugen und Sachverständigen, 22. Auflage 2002, § 16 Rdnr. 9.2), weil die Entschädigung des gerichtlichen Sachverständigen nur insgesamt erfolgen kann. Insofern darf sich die Überprüfung nicht auf die Höhe des allein zwischen den Beteiligten streitigen Stundensatzes beschränken (vgl. Senatsbeschluss vom 10. Januar 2005 – Az.: L 6 SF 979/04, OLG München vom 27. September 1995 – Az.: 11 W 2160/95, nach juris; Hartmann in Kostengesetze, 32. Auflage 2002, § 16 ZSEG Rdnr. 17) ...

Nach § 3 Abs. 2 Satz 1 ZuSEG beträgt die Entschädigung eines Sachverständigen für jede Stunde der erforderlichen Zeit 25 EUR bis 52 EUR. Für die Bemessung des Stundensatzes sind der Grad der erforderlichen Fachkenntnisse, die Schwierigkeit der Leistung, ein nicht anderweitig abzugeltender Aufwand für die notwendige Benutzung technischer Vorrichtungen und besondere Umstände maßgebend, unter denen das Gutachten zu erarbeiten war.

Nach der ständigen Rechtsprechung des erkennenden Senats (vgl. u.a. Beschlüsse vom 11. März 2004 – Az.: L 6 980/03, 3. März 2003, a.a.O., 14. Januar 2002 - Az.: L 6 B 38/01 SF, 8. Januar 2001 - Az.: L 6 B 41/00 SF, 16. Juli 1999 - Az.: L 6 SF 201/98, 17. Mai 1999 - Az.: L 6 B 2/98 SF) ist der Zeitaufwand erforderlich, den ein Sachverständiger mit durchschnittlicher Befähigung und Erfahrung bei sachgemäßer Auftragserledigung mit durchschnittlicher Arbeitsintensität benötigt. Grundsätzlich wird davon ausgegangen, dass die Angaben des Sachverständigen über die tatsächlich benötigte Zeit richtig sind. Ein Anlass zur Nachprüfung besteht dann, wenn der angesetzte Zeitaufwand im Verhältnis zur erbrachten Leistung ungewöhnlich hoch ist. Wenn die üblichen Erfahrungswerte (insgesamt) mehr als 15 v.H. überschritten werden, erfolgt eine Nachprüfung im Wege der so genannten Vergleichsberechnung.

Die Aufteilung der Sachverständigenleistung erfolgt entsprechend dem Thüringer "Merkblatt über die Entschädigung von medizinischen Sachverständigen" grundsätzlich in fünf Bereichen: a) Aktenstudium und vorbereitende Arbeiten, b) Erhebung der Vorgeschichte, c) notwendige Untersuchungen, d) Abfassung der Beurteilung, e) Diktat sowie Durchsicht des Gutachtens.

Im vorliegenden Fall hätte der Antragsgegner angesichts der ihm übersandten Unterlagen und unter Berücksichtigung der üblichen Erfahrungswerte einen Zeitaufwand von bis zu ca. 11,6 Stunden ansetzen können. Sein Ansatz in der Kostenrechnung (10 Stunden) unterschreitet ihn. Gebunden ist der Senats an die Höhe der einzelnen Berechnungselemente seiner Kostenrechnung aber nicht (vgl. Senatsbeschlüsse vom 17. Februar 2004, a.a.O., 14. November 2002 – Az.: L 6 SF 83/02 und 1. März 2001 – Az.: L 6 B 55/00 SF; Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 16 Rdnr. 9.2). Er kann lediglich keine höhere als die beantragte Gesamtentschädigung zusprechen (§ 15 Abs. 1 ZuSEG).

Für das Aktenstudium hätte der Senat einen Arbeitsaufwand bis zu 3 Stunden akzeptiert. Ein Sachverständiger benötigt nach der ständigen Senatsrechtsprechung für das Aktenstudium und vorbereitende Maßnahmen einschließlich der Fertigung von Notizen und Exzerpten im Durchschnitt einen Zeitaufwand von etwa einer Stunde für etwa 80 Blatt mit ca. 1/4 medizinischem Inhalt (vgl. u.a. Beschlüsse vom 10. Januar 2005, a.a.O., 11. Februar 2003 - Az.: L 6 B 6/03 SF und 24. November 1999 – Az.: L 6 SF 549/99). Im vorliegenden Fall war der medizinische Anteil der Unterlagen allerdings höher: Der Antragsgegner hatte insgesamt 199 Blatt mit 97 Blatt mit medizinischem Inhalt durchzusehen. Das sind ca. 48 v.H. der Akten.

Ist der medizinische Anteil der zu prüfenden Akten höher als 25 v.H., erhöht sich zwangsläufig der Zeitaufwand für den medizinischen Sachverständigen. Der Senat hat entschieden (vgl. u.a. Beschlüsse vom 4. August 2003 – Az.: L 6 SF 275/03 und vom 1. August 2003, a.a.O.), dass dann - in Abweichung vom Normalfall – die Akten mit allgemeinem und mit medizinischem Inhalt getrennt zu erfassen und unterschiedlich zu bewerten sind. Im Regelfall benötigt ein medizinischer Sachverständiger für die Durchsicht von 100 Aktenblättern mit allgemeinem Inhalt ca. 1 Stunde. Für die Durchsicht medizinischer Unterlagen ist der doppelte Zeitaufwand anzusetzen, d.h. für 50 Blatt etwa 1 Stunde (vgl. Beschluss vom 11. März 2004, a.a.O.; LSG Niedersachsen-Bremen vom 31. Juli 2002 – Az.: L 4 SF 6/01, nach juris). Dies führt im vorliegenden Fall dazu, dass für das Aktenstudium bis zu 3 Stunden erstattet werden könnten. Der Antragsgegner hat selbst lediglich 2 Stunden angesetzt.

Bedenken gegen den Ansatz für die Erhebung der Vorgeschichte und die Untersuchung (insgesamt 3 Stunden) bestehen nicht.

Für die Abfassung der Beurteilung (ca. 7 Blatt) wäre ein Zeitansatz von bis zu 2,3 Stunden akzeptabel gewesen (tatsächlicher Ansatz: 2 Stunden). Sie umfasst die Beantwortung der vom Gericht gestellten Beweisfragen und die nähere Begründung, also den Teil des Gutachtens, den das Gericht bei seiner Entscheidung verwerten kann, um ohne medizinischen Sachverstand seine Entscheidung begründen zu können, also die eigentlichen Ergebnisse des Gutachtens einschließlich ihrer argumentativen Begründung. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist hierfür bei einem durchschnittlichen Gutachter ein Zeitaufwand von in der Regel 3 Seiten pro Stunde angemessen (vgl. u.a. Senatsbeschlüsse vom 4. August 2003 – Az.: L 6 SF 275/03, 1. August 2003, a.a.O., und 16. Juli 1999, a.a.O.).

Für Diktat, Durchsicht und Korrektur des Gutachtens hätten unter Berücksichtigung der nicht notwendigen Wiederholung der Aktenlage auf ca. 2,5 Blatt (vgl. Beschlüsse vom 11. März 2004, a.a.O., 4. August 2003 – Az.: L 6 SF 275/03 und 1. August 2003, a.a.O.; Marx "Medizinische Begutachtung", 6. Auflage 1992, S. 18; Schröter "Qualitätssicherung in der Begutachtung" in: "Begutachtungen der Haltungs- und Bewegungsorgane", hrs. von Rompe und Erlenkämper, 3. Auflage 1998, S. 283) bis zu ca. 3,3 Stunden Aufwand berücksichtigt werden können. Angesetzt hat der Antragsgegner nur 3 Stunden.

Der Senat lässt dahingestellt, ob der von dem Antragsgegner geforderte Stundensatz von 46,00 EUR (statt 43,00 EUR) zu erstatten ist. Nach der ständigen Rechtsprechung der Thüringer Kostensenate (vgl. u.a. Senatsbeschluss 3. Juli 2001 – Az.: L 6 B 14/01 SF, Beschlüsse des 2. Senats vom 21. Februar 1996 – Az.: L-2/S-1/95 und des 5. Senats vom 19. September 1995 – Az.: L-5/B-17/94) erfolgt die Aufteilung des Gebührenrahmens des ZuSEG entsprechend den erforderlichen Fachkenntnisse (Titel oder die Dienststellung eines Sachverständigen sind unerheblich, vgl. Senatsbeschlüsse vom 6. August 2003 – Az.: L 6 SF 315/03 und 14. November 2002, a.a.O.) in vier gleichgroßen Schwierigkeitsstufen:

Erste Stufe: Einfachste Leistungen und einfache Gutachten zu leicht überschaubaren Vorgängen (25,00 EUR). Zweite Stufe: Leichte medizinische Gutachten, zu deren Erstattung wissenschaftliche Fachkenntnisse erforderlich sind, die Diagnose aber verhältnismäßig leicht zu stellen ist und die Beweisfragen ohne sonderliche Mühe zu beantworten sind; erforderlich sind durchschnittliche ärztliche oder sonstige akademische Fachkenntnisse (34,00 EUR). Dritte Stufe: Mittelschwierige medizinische Gutachten, bei denen die Zuordnung der gesundheitlichen Störung zu einem Krankheitsbegriff (Diagnose) oder die Frage der Krankheitsursache (Ätiologie) oder die Beurteilung des Leistungsvermögens eingehendere Überlegungen erfordern. Es handelt sich um Leistungen mit dem Leitbild des Facharztes oder sonstigen Spezialisten (43,00 EUR). Vierte Stufe: Schwierige medizinische Gutachten, bei denen der Sachverständige umfassende und vielseitige bzw. vielschichtige Überlegungen anstellen muss. In erster Linie handelt es sich um schwierige Zusammenhangsgutachten aus den Gebieten der Unfall- und Kriegopferversorgung mit dem Leitbild des Universitätsprofessors (52,00 EUR).

Hier handelte es sich um ein mittelschwieriges wissenschaftliches Gutachten nach der dritten Stufe. Dies wird auch von den Beteiligten nicht bestritten.

Eine Auseinandersetzung mit dem Beschluss des LSG Niedersachsen-Bremen vom 27. Januar 2003 (Az.: L 4 SF 17/02, in: MedSach 2003, 124 f.) erübrigt sich. Bei einem möglichen Zeitaufwand bis zu 11,6 Stunden übersteigt auch bei dem Stundensatz von 43,00 EUR (wie vom Antragsteller zugestanden) der mögliche (498,00 EUR) den geforderten Betrag (460,00 EUR). Da grundsätzlich keine höhere als die verlangte Entschädigung gezahlt werden kann (§ 15 Abs. 1 ZuSEG), erübrigt sich eine Entscheidung über nicht zu erstattende Beträge.

Der Ansatz ist nach § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b 2. Alt. ZuSEG um 50 v.H. zu erhöhen. Der Antragsgegner ist Berufssachverständiger, weil er sein Einkommen ausschließlich aus seiner Gutachtertätigkeit bezieht. Das hat der 2. Senat des Thüringer Landessozialgerichts bereits in den Beschlüssen vom 21. Februar 1996 anerkannt (Az.: L-2/S-11/95 und Az.: L-2/S-13/95). Der Senat ist diesen Entscheidungen gefolgt (vgl. Beschluss vom 10. Januar 2005, a.a.O.) und hält daran fest.

Nach dem Wortlaut des § 3 Abs. 3 Satz 1 Buchst. b 2. Alt. ZuSEG steht die Bemessung der Höhe des Zuschlags im Ermessen des Senats. Die Höhe richtet sich nach dem Einkommensverlust, den der Berufssachverständige im konkreten Fall durch Inanspruchnahme durch das Gericht erleidet (vgl. Senatsbeschluss vom 17. Februar 2004 – Az.: L 6 SF 757/03; VGH Baden-Württemberg vom 7. Oktober 2002 – Az.: 14 S 702/01, nach juris). Für die teilweise vertretene Ansicht, die Erhöhungsmöglichkeit komme nur dann in Betracht, wenn ein unzumutbarer Einkommensverlust eintrete (so LSG Nordrhein-Westfalen vom 10. April 2000 – Az.: L 4 B 14/99 in: Breithaupt 2000, S. 519, 522 f.: bei einem Minderverdienst von mehr als 25 v.H.), ist dem Gesetz kein Anhalt zu entnehmen (so auch VGH Baden-Württemberg vom 7. Oktober 2002, a.a.O.). Die Voraussetzung des nicht zumutbaren Einkommensverlustes bezieht sich allein auf Absatz 3 Satz 1 Buchs. b 1. Alt. Wird eine solche Einschränkung ohne gesetzliche Grundlage vorgenommen, zwingt dies die Berufssachverständigen zur Hinnahme eines hohen und vom Gesetz nicht vorgesehenen Einkommensverlusts (so auch Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 3 Rdnr. 46.8.).

Es kann dahingestellt werden, ob bei den Berufssachverständigen bei gerichtlicher Inanspruchnahme bereits gesetzlich ein Einkommensverlust vermutet wird (so OLG Hamm vom 25. Mai 1972 – Az.: 3 Ws 273/71 in: NJW 1972, 1533, 1534; Meyer/Höver/Bach, a.a.O., § 3 Rdnr. 46.8; a.A. VGH Baden-Württemberg vom 7. Oktober 2002, a.a.O.). Dann ist er aber möglichst bei tatsächlichem Vorliegen auszugleichen. Der Senat hat sich der Ansicht des VGH Baden-Württemberg vom 7. Oktober 2002 angeschlossen (Senatsbeschluss vom 17. Februar 2004, a.a.O.), dass eine Erhöhung um 50 v.H. dann erforderlich ist, wenn entsprechende Leistungen des Berufssachverständigen üblicherweise viel höher vergütet werden als dies in § 3 Abs. 2 ZuSEG vorgesehen ist und damit die übliche Vergütung nicht überschritten wird.

Unstreitig und zu erstatten sind die Schreibgebühren, Portoauslagen und die MWSt.

Der Beschluss ist unanfechtbar (§ 16 Abs. 5 ZuSEG, § 177 SGG).
Rechtskraft
Aus
Saved