L 2 RA 124/01

Land
Berlin-Brandenburg
Sozialgericht
LSG Berlin-Brandenburg
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Cottbus (BRB)
Aktenzeichen
S 13 RA 663/97
Datum
2. Instanz
LSG Berlin-Brandenburg
Aktenzeichen
L 2 RA 124/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Cottbus vom 07. September 1999 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Kläger begehrt von der Beklagten die Feststellung über einen Anspruch auf Zusatzrente aus der zusätzlichen Altersversorgung der Ballettmitglieder der DDR und die Anerkennung der Zeit vom 27. September 1977 bis zum 31. Dezember 1991, in der er eine berufsbezogene Zuwendung für Ballettmitglieder erhalten hat nach dem Anspruchs- und Anwartschaftsüberführungsgesetz - AAÜG.

Der am ... 1937 geborene Kläger erhielt von November 1977 bis Dezember 1991 eine berufsbezogene Zuwendung für Ballettmitglieder in Höhe von zuletzt 341,66 DM. Daneben war er von 1979 bis 1990 als Dozent freiberuflich tätig. Auf seinen Antrag auf Überführung von Zusatzversorgungsanwartschaften als Ballettmitglied vom 25. Februar 1997 hin stellte die Beklagte mit Bescheid vom 12. Juni 1997 die vom Kläger erzielten Arbeitsentgelte für den Zeitraum vom 11. Mai 1967 bis 26. September 1977 und Arbeitsausfalltage vom 27. September 1977 bis 14. November 1977 fest. Die Zeit vom 11. Mai 1967 bis 31. August 1976 gelte als Zeit der Zugehörigkeit zu dem Versorgungssystem der Ballettmitglieder.

Hiergegen legte der Kläger Widerspruch mit der Begründung ein, die von der Beklagten vorgenommene Kürzung der Entgelte auf die Beitragsbemessungsgrenze sei rechtswidrig.

Gegen den zurückweisenden Widerspruchsbescheid vom 16. September 1997 hat der Kläger am 01. Oktober 1997 Klage erhoben, zusätzlich geltend gemacht, die Zeit, in der er als Dozent gearbeitet habe und zusätzlich eine berufsbezogene Zuwendung erhalten habe, sei ebenfalls in die gesetzliche Rentenversicherung einzubeziehen, und schriftsätzlich beantragt,

die Beklagte - unter Aufhebung des Überführungsbescheides vom 12. Juni 1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16. September 1997 - zu verpflichten, einen neuen Bescheid - unter Berücksichtigung der Ansprüche des Klägers auf Rente und auf zusätzliche Altersversorgung in der Höhe, in der in der DDR die Ansprüche rechtmäßig erworben wurden, insbesondere ohne Begrenzung, die derzeit verfassungswidrig unter Anwendung des AAÜG vorgesehen ist sowie angepasst an die neuen wirtschaftlichen Verhältnisse - zu erteilen.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Das Sozialgericht hat mit Urteil vom 07. September 1999 die Klage abgewiesen:

Soweit sich der Kläger mit einer Klage gegen eine Kürzung der Arbeitsentgelte nach §§ 6, 7 AAÜG unter Berücksichtigung der Beitragsbemessungsgrenze wende, sei die Klage unzulässig, da eine verbindliche Entscheidung der Beklagten nicht vorliege. Diese habe erst der Rentenversicherungsträger zu treffen. Dies habe das Bundessozialgericht - BSG - bereits 1996 erkannt (4 RA 7/95).

Soweit der Kläger die Einbeziehung der Zeit des Bezugs einer berufsbezogenen Zuwendung für Ballettmitglieder als Zugehörigkeit zum Zusatzversorgungssystem geltend mache, sei die Klage zulässig, jedoch nicht begründet. Nach der Rechtsprechung des BSG (4 BS 4/93) habe es sich bei der berufsbezogenen Zuwendung nicht um eine Zusatzversorgung gehandelt. Im Einzelnen hat das Sozialgericht hierzu ausgeführt:

"Rechtsgrundlage für die zusätzliche Altersversorgung der Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen war die Anordnung vom 01. September 1976 über die Gewährung einer berufsbezogenen Zuwendung an Ballettmitglieder. Diese Anordnung ist im Juni 1983 durch eine neue Anordnung des Ministers für Kultur ersetzt worden, deren Fortgeltung bis zum 31. Dezember 1991 im Einigungsvertrag geregelt war (Anlage II, Kapitel VIII, Sachgebiet H Abschn. III Nr. G.). Die vorgenannten Anordnungen sahen als berufsbezogene Zuwendungen

a) eine betriebliche Leistung als Zuwendung des Arbeitgebers bei Ausscheiden aus dem Tänzerberuf nach mindestens 15 Berufsjahren oder aus medizinischen Gründen und

b) eine Zusatzversorgung durch die Staatliche Versicherung der DDR bei Erreichen der Altersgrenze oder bei Eintritt der Invalidität vor.

Hinsichtlich des Anspruchs auf Zahlung der berufsbezogenen Zuwendung über den 31. Dezember 1991 hinaus hat das BSG durch Beschluss vom 24. August 1994 (Az. 4 BS 4/93) die Auffassung vertreten, dass es sich hierbei nicht um eine Zusatzversorgung, sondern um eine "sonstige Geldzuwendung" des Arbeitgebers, die aus Betriebsmitteln finanziert worden sei und in engem Sachzusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis als Tänzer gestanden habe. Die Regelungen der Anordnung seien daher dem Arbeitsrecht zuzuordnen, der Rechtsweg zu den Sozialgerichten sei nicht gegeben. Dieser Rechtsauffassung schließt sich das Gericht ausdrücklich an. Der geltend gemachte Anspruch auf Gewährung einer berufsbezogenen Zuwendung gegenüber der Beklagten kann unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt durchgesetzt werden, weil die Beklagte keine arbeitsrechtlichen Funktionen gegenüber dem Kläger als ehemaligem Ballettmitglied zu erfüllen hat."

Gegen dieses, den Bevollmächtigten des Klägers am 01. Oktober 1999 zugestellte Urteil haben diese am 04. Oktober 1999 Berufung eingelegt.

Das Landessozialgericht hat durch Beschluss vom 17. Dezember 1999 auf Antrag aller Beteiligten das Ruhen des Verfahrens angeordnet, um die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts in der Sache 1 BvR 2216/96 abzuwarten.

Nach In-Kraft-Treten des 2. AAÜG-Änderungsgesetzes haben die Bevollmächtigten des Klägers beantragt, das Verfahren wieder aufzunehmen.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Cottbus (Az. S 13 RA 663/97) sowie der Überführungsbescheid vom 12.06.1997 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.09.1997 werden aufgehoben.

Die Berufungsbeklagte (im Folgenden Beklagte) wird verpflichtet, einen neuen Feststellungsbescheid zu erteilen, aus dem hervorgeht, dass die Ansprüche des Klägers auf Zusatzrente aus der zusätzlichen Altersversorgung der Ballettmitglieder im Rahmen der Anordnung über die Gewährung einer berufsbezogenen Zuwendung an Ballettmitglieder in staatlichen Einrichtungen der DDR in vollem Umfang neben seinen Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung berücksichtigt werden, damit die Berechnung der Alterssicherungsansprüche, insbesondere ohne die derzeit durch das AAÜG umgesetzte verfassungswidrige Begrenzung der Altersversorgung erfolgen und eine Vollversorgung gewährt werden kann.

Die Beklagte wird verpflichtet, die bbZ-Leistungszeiten des Klägers vom 27.09.1977 bis 31.12.1991 als AAÜG-Zeiten anzuerkennen und über die anerkannten Zeiten einen neuen Feststellungsbescheid zu erteilen.

Die Kosten werden der Beklagten auferlegt.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das angefochtene Urteil für zutreffend und durch das Bundesverfassungsgericht für bestätigt.

Die Klageerweiterung zweiter Instanz in dem Antrag zu 2. (Systementscheidung) sei nicht sachdienlich.

Der Bevollmächtigte des Klägers ist mit Schreiben vom 04. Januar 2002 auf die Möglichkeit hingewiesen worden, die Berufung durch einstimmigen Beschluss der Berufsrichter zurückzuweisen und hat hierzu mit Schriftsatz vom 09. Januar 2002 Stellung genommen.

Wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten zur Versicherungsnummer ..., die Gegenstand der Beratung gewesen ist, sowie die Gerichtsakten Bezug genommen.

II.

Die statthafte Berufung ist form- und fristgerecht erhoben, somit insgesamt zulässig. Der Senat konnte über sie durch Beschluss gemäß § 153 Abs. 4 Sozialgerichtsgesetz (SGG) entscheiden, nachdem die Beteiligten hierzu gehört worden sind.

Die Berufung ist nicht begründet.

Soweit der Kläger nunmehr in seinem Klageantrag zu 2. begehrt, neben seinen Ansprüchen aus der gesetzlichen Rentenversicherung von der Beklagten Leistungen aus dem geschlossenen Zusatzversorgungssystem für Ballettmitglieder zu beziehen, liegt darin keine Klageänderung in der Form der Klageerweiterung, da der Kläger schon vor dem Sozialgericht beantragt hatte, ihm Leistungen der gesetzlichen Rentenversicherung und aus der Versorgung der Balletttänzer zu gewähren, sich also auch erstinstanzlich bereits gegen die so genannte Systementscheidung gewendet hat. Das Sozialgericht hat hierüber auch entschieden und die Klage in vollem Umfang abgewiesen. Dies ist rechtlich nicht zu beanstanden, denn es gibt für diese Regelungen keine gesetzliche Grundlage, weshalb einfach-rechtlich ein solcher Anspruch gegen die Beklagte nicht besteht. Insoweit wendet sich der Kläger gegen die Überführung seiner Ansprüche in die gesetzliche Rentenversicherung und stellt damit erneut die so genannte Systementscheidung in Frage, die vom Bundesverfassungsgericht in den Entscheidungen 1 BvL 32/95 und 1 BvR 2105/95 am 28. April 1999 bestätigt wurde. Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht in seinem Nichtannahmebeschluss in Sachen einer ebenfalls vom hiesigen Bevollmächtigten vertretenen Klägerin festgestellt, dass insbesondere auch die Versorgung der Ballettmitglieder verfassungskonform geschlossen wurde (Bundesverfassungsgericht vom 02. Juli 2002 - 1 BvR 1944/97 -).

Im Übrigen, nämlich insoweit das Sozialgericht zutreffend darlegt, es liege eine arbeitsrechtliche Streitigkeit vor, sieht der Senat von einer weiteren Darlegung der Entscheidungsgründe ab, da er die Berufung aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 153 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG; dem Kläger oder seinem Bevollmächtigten Kosten gemäß § 192 Abs. 1 Satz 2 SGG aufzuerlegen, ist im Verfahren nach § 153 Abs. 4 SGG nicht möglich, weil dies den Hinweis auf Rechtsmissbrauch in einem Termin voraussetzt. Es erscheint nicht prozessökonomisch, lediglich hierfür einen Termin anzuberaumen (§ 192 Abs. 1 Ziffer 2 SGG), vielmehr ist das vom Senat gewählte Beschlussverfahren eher geeignet, der Klägerin eine mögliche Belastung mit entsprechenden Kosten zu ersparen.

Für die Zulassung der Revision liegt keiner der in § 160 SGG bezeichneten Gründe vor.
Rechtskraft
Aus
Saved