L 5 R 678/03

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Rentenversicherung
Abteilung
5
1. Instanz
SG Landshut (FSB)
Aktenzeichen
S 12 RJ 1447/97 A
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 5 R 678/03
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 5 RJ 210/05 B
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30. Juni 2003 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand:

Streitgegenstand ist die Gewährung von Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit bzw. Erwerbsunfähigkeit, hilfsweise Berufsunfähigkeit.

Der am 1947 geborene Kläger ist kroatischer Staatsangehöriger mit Wohnsitz in seiner Heimat. Er hat dort von 1966 bis 1968 und von 1983 bis Mai 1996 mit Unterbrechungen Versicherungszeiten zurückgelegt und bezieht seit 01.06.1996 Invalidenrente.

Im Versicherungskonto der Beklagten sind zwischen März 1969 und Januar 1984 Versicherungszeiten gespeichert. Nach den Ermittlungen im Berufungsverfahren stellt sich der berufliche Werdegang in Deutschland wie folgt dar:

10.03.1975 bis Dezember 1976: angelernter Arbeiter/Bediener von Drehautomaten/Firma W.G. GmbH & Co.KG

24.01.1977 bis 26.05.1977: Dreher/Maschinenfabrik Gl.

Oktober/November 1977, Januar 1978, April bis Juni 1978 und August bis November 1978: unterschiedliche Arbeitgeber

Juni 1979 bis November 1979: Handelsvertreter für Firma L April bis Juli 1980 und April/Mai 1981: Tätigkeit bei einer Tiefbaufirma, die unter der von der Beklagten angegebenen Adresse nicht erreichbar ist

März 1982 bis Februar 1983: Leiharbeiter bei einer Firma für Zentralheizungen, die über keine Unterlagen mehr verfügt.

Ab Februar 1983: Arbeitslosigkeit.

Im Zusammenhang mit seinem Rentenantrag vom 22.11.1996 gab der Kläger an, keine Ausbildung durchlaufen zu haben. Gegenüber der Invalidenkommission, die ihn am 12.12.1996 untersuchte, erklärte er, in Deutschland als Bauarbeiter tätig gewesen zu sein. Die Kommission kam im Gutachten vom 17.02.1997 nach Auswertung zahlreicher Fremdbefunde zu dem Ergebnis, bei dem Kläger lägen ein Zustand nach Gehirnschlag 1994, ein Bluthochdruck und degenerative Veränderungen der Hals- und Lendenwirbelsäule vor, weswegen er als Bauarbeiter nur noch unter zwei Stunden täglich arbeiten könne. Leichte Arbeiten zu ebener Erde ohne Wechsel- oder Nachtschicht, ohne besonderen Zeitdruck, ohne häufiges Heben, Tragen oder Bewegen von Lasten und ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und die Verantwortung könnten erbracht werden. Der Prüfarzt der Beklagten hielt leichte Arbeiten ohne einseitige Körperhaltung, ohne Schicht- und Nachtdienst, ohne besonderen Zeitdruck, nicht auf Leitern und Gerüsten und in trockener, temperierter Umgebung für vollschichtig zumutbar. Daraufhin lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit Bescheid vom 06.05.1997 ab.

Gegen den Widerspruchsbescheid vom 19.08.1997 hat der Kläger am 05.11.1997 Klage erhoben. Das Sozialgericht hat drei fachärztliche Untersuchungen veranlasst. Dr.Sch. hat in seinem orthopädischen Gutachten vom 27.09.1998 degenerative Veränderungen an der rechten Hüfte und am Knie diagnostiziert und nur eine leichtere Bewegungseinschränkung der Lendenwirbelsäule sowie eine leichte Behinderung des Gehvermögens festgestellt. Leichte bis mittelschwere Arbeiten können seines Erachtens vollschichtig verrichtet werden. Im neuropsychiatrischen Gutachten Dr.Dr.W. vom 28.09.1998 heißt es, es lägen ein pseudoradikuläres Schmerzsyndrom der unteren Lendenwirbelsäule ohne Nervenwurzelreizerscheinungen, ein Zustand nach intermittierender Durchblutungsstörung der hirnversorgenden Arterien mit geringen Restbeschwerden und Gelegenheitsanfälle aus dem epileptischen Formenkreis sowie Splitterverletzungen am linken Bein vor. Leichte Arbeiten seien unter Berücksichtigung qualitativer Einschränkungen vollschichtig zumutbar. Der zumutbare Arbeitsweg dürfte bei 500 m liegen. Keine zusätzlichen Funktionsminderungen hat der Internist Dr.P. in seinem Gutachten vom 28. und 29.09.1998 genannt.

Nachdem der Kläger zwei orthopädische Atteste aus seiner Heimat über die Leistungsunfähigkeit für körperliche Tätigkeiten vorgelegt hatte, hat das Gericht erneut drei fachärztliche Untersuchungen veranlasst. Sie haben am 14. und 15.05.2001 stattgefunden. Der Neurologe und Psychiater R. hat leichte bis mittelschwere Tätigkeiten in wechselnder Körperhaltung ohne besonderen Zeitdruck, Schichtdienst, ohne besondere Anforderungen an die nervliche Belastbarkeit und an die linke Hand zu ebener Erde für vollschichtig zumutbar erachtet. Dr.Sch. hat in seinem orthopädisch/rheumatologischen Gutachten vom 15.05.2001 zunehmende degenerative Veränderungen der Wirbelsäule und eine Zunahme der Krampfaderbeschwerden konstatiert und nur noch leichte Vollzeittätigkeiten im Sitzen, kurzfristig im Stehen und Gehen, für möglich gehalten. Dem hat sich der Internist Dr.P. angeschlossen.

Aus weiteren orthopädischen Kurzberichten der behandelnden Ärzte hat Dr.Sch. in seiner Stellungnahme vom 22.01.2002 keine Begründung für die geltend gemachte Einschränkung der Gehstrecke erkennen können. Die ergänzend vorgelegte Krankengeschichte einer orthopädischen Ambulanz vom 02.04.2002 enthält laut Stellungnahme des Dr.Sch. vom 15.04.2002 lediglich eine Beschwerdeschilderung, keinerlei objektiven Befund.

Die Beklagte hat angesichts der Leistungseinschränkungen keine Verpflichtung zur Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit bejaht und berufskundliche Stellungnahmen zum Anforderungsprofil einfacher körperlicher Tätigkeiten überreicht. Demgegenüber hat der Klägerbevollmächtigte eingewandt, die Umstellungsfähigkeit des Klägers sei ebensowenig geklärt wie seine psychische Belastbarkeit.

Das Sozialgericht hat die Klage am 30.06.2003, gestützt auf die Gutachten der Sachverständigen und ausgehend von der vollschichtigen Leistungsfähigkeit des Klägers, abgewiesen. Der Kläger genieße keinen Berufsschutz und ihm sei der Arbeitsmarkt entsprechend den Ausführungen der Beklagten nicht verschlossen.

Gegen dieses am 21.11.2003 zugestellte Urteil hat der Kläger am 17.12.2003 Berufung eingelegt, die mit Schriftsatz vom 20.02. 2004 begründet worden ist. Geltend gemacht wurde ein eingeschränktes Gehvermögen sowie die Summierung unüblicher Leistungseinschränkungen. Zur Anpassungs- und Umstellungsfähigkeit auf andere Tätigkeiten und zum Vorhandensein der von der Beklagten genannten Tätigkeiten auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt seien Sachverständigengutachten einzuholen. Ausweislich eines Attestes vom 24.09.2003 sei eine stufenweise Verschlechterung der Befunde mit erschwerter Bewegungsfähigkeit des linken Beines eingetreten.

Der Senat hat drei weitere fachärztliche Untersuchungen veranlasst, die am 05.07.2004 in München stattgefunden haben. Dr.K. hat in seinem nervenfachärztlichen Gutachten vom 06.07.2004 folgende seit September 1996 bestehende Gesundheitsstörungen festgestellt:

Zustand nach Schlaganfall der rechten Hirnseite im Jahre 1994 mit vorübergehender sensomotorischen Halbseitensymptomatik links; restitutio ad integrum.

Lendenwirbelsäulensyndrom ohne fassbare radikulär zuzuordnende Reiz- oder Ausfallserscheinungen.

Seines Erachtens sind dem Kläger leichte Arbeiten aus wechselnden Ausgangspositionen ohne Akkord- und Schichtarbeit vollschichtig zumutbar. Eine Einschränkung der ortsüblichen Anmarschwege sei nicht gegeben.

Der Orthopäde Dr.S. hat in seinem Gutachten vom 05.07. 2004 folgende Diagnosen gestellt:

Lumboischialgie links (Lendenwirbelsäulen - Beinbeschwerden links)

Hüftgelenksarthrose links,

beginnende Kniegelenksarthrose rechts,

Cervikobrachialgie links. Nacken-Schulter-Arm-Syndrom links, hyperostotische Spondylose Typ Forestier - Ott (Verknöcherung der Brustwirbelsäule).

Diskrete Restbeschwerden linker Arm bei Verdacht auf stattgehabten Schlaganfall.

Diskrete Restbeschwerden nach Splitterverletzung linker Unterschenkel.

Seines Erachtens ist der Kläger nur noch eingeschränkt über 6 Stunden und mehr leistungsfähig. "Aus rein orthopädischer Sicht müsste der Zustand des Klägers die Bewältigung einer Gehbelastung (viermal 500 m zum Arbeitsplatz) gegebenenfalls auch unter Verwendung von orthopädischen Hilfsmitteln in Form einer Gehhilfe noch zulassen".

Dr.E. hat in seinem Gutachten vom 30.07.2004 einen arteriellen Hypertonus mit hypertensiver Herzerkrankung, Gefäßrisikofaktoren, eine Aorteninsuffizienz Grad 1 bei Klappensklerose sowie den Verdacht auf eine Angiodysplasie am rechten Bein und Gesäß festgestellt. Zusammenfassend hat er unter Berücksichtigung der übrigen Gutachten folgende Einschränkungen genannt: Nurmehr leichte körperliche Tätigkeiten aus wechselnden Ausgangspositionen, nicht auf Leitern und Gerüsten, ohne häufiges Treppensteigen, Akkord und Schichtarbeit. Zu vermeiden seien das Heben und Tragen von schweren Lasten, Tätigkeiten mit häufigen Zwangshaltungen und häufigem Bücken, Tätigkeiten dauerhaft im Freien und bei Hitze und Kälte. Der Kläger könne ab November 1996 unter Berücksichtigung aller drei Fachgutachten noch täglich acht Stunden arbeiten und er sei in der Lage, viermal am Tag Wegstrecken von über 500 m in angemessener Geschwindigkeit zurückzulegen.

Dagegen hat der Klägerbevollmächtigte eingewandt, das Gehvermögen sei nicht zutreffend beurteilt. Hierfür könne als Zeugnis die Aussage des den Kläger seinerzeit begleitenden Dolmetschers angeboten werden.

Die Beklagte hat eine Stellungnahme des Chirurgen Dr.S1. veranlasst, der den Auffassungen der Sachverständigen voll zugestimmt hat.

Der Kläger beantragt,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30.06.2003 sowie den Bescheid vom 06.06.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.08.1997 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm aufgrund des Antrages vom 22.11.1996 Rente wegen Erwerbs-, zumindest wegen Berufsunfähigkeit, zu gewähren; hilfsweise, den Dolmetscher G.P. als Zeugen hinsichtlich seiner Gehfähigkeit zu vernehmen. Darüberhinaus verweist er auf den Berufungsschriftsatz vom 20.04.2004 wegen weiterer Anträge.

Die Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30.06.2003 zurückzuweisen.

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf den Inhalt der Beklagtenakten, der Akten des Sozialgerichts Landshut sowie der Berufungsakten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die statthafte, form- und fristgerecht eingelegte Berufung ist zulässig, erweist sich jedoch als unbegründet. Das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 30.06.2003 ist ebensowenig zu beanstanden wie der Bescheid der Beklagten vom 06.05.1997 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 19.08.1997. Der Kläger hat keinen Anspruch auf Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit. Er ist weder berufsunfähig noch erwerbsunfähig.

Maßgebende Rechtsgrundlage für einen Rentenanspruch des Klägers sind entsprechend der Antragstellung am 22.11.1996 die §§ 43, 44 SGB VI in der bis 31.12.2000 maßgebenden Fassung (§ 300 Abs.2 SGB VI). Danach ist berufsunfähig ein Versicherter, dessen Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung auf weniger als die Hälfte derjenigen von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten herabgesunken ist (§ 43 Abs.2 Satz 1 SGB VI). Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können (§ 43 Abs.2 Satz 2 SGB VI). "Bisheriger Beruf" ist in der Regel die der Versicherungspflicht zugrundeliegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer ausgeübt hat (Vgl. BSG SozR 2200 § 1246 Nr.130, 164 m.w.N.). Dabei sind Beschäftigungen, die in nicht der Europäischen Union oder dem Europäischen Wirtschaftsraum angehörigen Staaten ausgeübt wurden, für die Bestimmung des bisherigen Berufs unbeachtlich (BSGE 50, 165). Maßgebend ist daher für den Kläger, der dem deutsch-kroatischen Versicherungsabkommen unterliegt, lediglich das Versicherungsleben in Deutschland.

Zuletzt war der Kläger bei einer Firma für Zentralheizungen und davor für eine Tiefbaufirma tätig. In welcher Funktion er dort tätig war, ist nicht mehr zu ermitteln. Dass der Kläger - angeblich immer - als Dreher tätig war, ist lediglich für die Zeit vom 24.01. bis 26.05.1977 nachgewiesen. Bei dem von ihm angegebenen weiteren Arbeitgeber, der Fa. Wilhelm Geldbach GmbH & Co. KG, war er lediglich als angelernter Arbeiter tätig. Über diese Tätigkeit vom 10.03.1975 bis 29.12.1976 hat der Arbeitgeber umfangreiche Auskünfte erteilt. Es hat sich dabei um die Bedienung von Drehautomaten/-Maschinen in der Produktion gehandelt, die nach einer Anlernzeit von vier Wochen ausgeübt und entsprechend als angelernte Tätigkeit entlohnt worden ist.

Auch wenn der Kläger im Anschluss an die Tätigkeit bei der Fa.Wilhelm Geldbach im erlernten Beruf tätig geworden ist, kann dieser Beruf bei der Beurteilung der Berufsunfähigkeit nicht als Hauptberuf gewertet werden. Der Hauptberuf ist regelmäßig die der Versicherungspflicht zugrunde liegende Berufstätigkeit, die der Versicherte zuletzt auf Dauer, d.h. mit dem Ziel verrichtet hat, sie bis zum Erreichen der Altersgrenze oder bis zum Eintritt der auf Krankheit oder Behinderung beruhenden Unfähigkeit auszuüben (BSG, Urteil vom 29. Juli 2004 Az.: B 4 RA 5/04 R). Eine zuletzt ausgeübte geringerwertige Tätigkeit ist dann unbeachtlich, wenn die vorangegangene höherwertige Tätigkeit aus gesundheitlichen Gründen aufgegeben wurde (BSG, Urteil vom 5. August 2004 Az.: B 13 RJ 7/04 R m.w.N.). Hierfür ergeben sich keinerlei Hinweise. Der Kläger war im Anschluss an die Tätigkeit bei der Maschinenfabrik Glückauf kurzfristig bei verschiedenen Arbeitgebern und schließlich vom 01.06.1979 bis 30.11.1979 bei der Fa. Lux als Handelsvertreter tätig. Der Kläger schließlich hat bei der ersten Untersuchung durch die Invalidenkommission im Jahre 1997 angegeben, in Deutschland überwiegend als Bauarbeiter tätig gewesen zu sein. Nach alledem ist er als einfacher angelernter Arbeiter auf den allgemeinen Arbeitsmarkt verweisbar.

Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht auch aus, derartige Tätigkeiten vollschichtig zu verrichten.

Mit dieser Beurteilung stützt sich der Senat auf die ausführlichen und überzeugenden Gutachten der Sachverständigen Dres.K., S. und E., die die zahlreich vorhandenen Vorbefunde sorgfältig gewürdigt und ihre Beurteilung schlüssig begründet haben. Sie haben den Kläger persönlich untersucht und ihn in Übereinstimmung mit den im Klageverfahren zugezogenen Doktoren Sch., P., W. und R. für in der Lage gehalten, einen Achtstundentag mit den üblichen Arbeitspausen zu bewältigen. Im langjährigen Klageverfahren ist der Kläger mehrfach ambulant untersucht worden, so dass ein umfassendes Leistungsbild gewonnen werden konnte.

Zwar erhält der Kläger in seiner Heimat seit 01.06.1996 Invalidenrente. Berufs- und Erwerbsunfähigkeit sind jedoch allein nach den deutschen Rechtsvorschriften und entsprechend den hier ent- wickelten sozialmedizinischen Grundsätzen festzustellen. Etwas anderes, insbesondere eine Bindung an die Entscheidung anderer Rentenversicherungsträger, ergibt sich auch nicht aus dem bis zum Inkrafttreten des deutsch-kroatischen Sozialversicherungsabkommens am 01.12.1998 weitergeltenden zwischenstaatlichen Sozialversicherungsabkommen mit Jugoslawien. Im Interesse der Gleichbehandlung mit deutschen Versicherten ist es unerlässlich, dass der Beurteilung der neutralen und kompetenten deutschen Sachverständigen ein höherer Beweiswert zukommt als der der Invalidenkommission. Zudem haben die dortigen Ärzte einen Einsatz auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt nicht ausgeschlossen, insbesondere keine zeitliche Limitierung genannt.

Die Invalidenkommission hat an erster Stelle ihrer Diagnosen ein psychoorganisches Syndrom nach Schlaganfall im Jahre 1994 genannt. Im Rahmen der in Deutschland durchgeführten drei nervenärztlichen Untersuchungen konnte eine Restsymptomatik des Schlaganfalls von 1994 mit einer vorübergehenden Halbseitensymptomatik links nicht mehr nachgewiesen werden. Es ist somit von einer völligen Ausheilung auszugehen. Insbesondere konnte das in Kroatien diagnostizierte hirnorganische Psychosyndrom nicht bestätigt werden. Der Kläger machte vielmehr einen hirnorganisch völlig unauffälligen Eindruck.

Sowohl im Klage- als auch im Berufungsverfahren standen die Wirbelsäulenbeschwerden und die zunehmenden Schmerzen beim Gehen im Vordergrund. Im Rahmen der orthopädischen Begutachtung wurden degenerative Veränderungen an der Wirbelsäule, dem Hüftgelenk links, der Halswirbelsäule und am Kniegelenk nachgewiesen. Röntgenologisch fanden sich keine schwerwiegenden Veränderungen an der Wirbelsäule. Es fehlt auch eine auffällige neurologische Symptomatik im Sinn von Wurzelreizzeichen oder Gefühlsstörungen. Die Beschwerden beim Gehen wurden von den Sachverständigen in einen Kausalzusammenhang mit einer Lumboischialgie, einem entzündlichen Spreizfuß und einer Plantarwarze gebracht. Dabei ist zu berücksichtigen, dass der entzündliche Spreizfuß und auch die Stechwarze am rechten Kleinzehenballen durch eine geeignete Einlagenversorgung bzw. eine dermatologische Behandlung zu beheben sind und daher funktionell nicht schwerwiegend ins Gewicht fallen. Angesichts der Beinverschmächtigung rechts, des muskulären Hartspannes der Lendenwirbelsäule und der linksseitigen Hüftgelenksarthrose ist eine Einschränkung der Arbeitsbelastbarkeit auf leichte bis mittelschwere Tätigkeiten aus wechselnder Ausgangslage, ohne Besteigen von Treppen, Leitern und Gerüsten sowie ohne Anforderungen an Gang- und Standsicherheit anzunehmen. Zu vermeiden sind darüber hinaus das Heben, Tragen und Bewegen von Lasten, Zwangshaltungen des Rumpfes und häufiges Bücken.

Die von allen Sachverständigen bemerkte Gefäßmissbildung im Bereich des rechten Beines ist funktionell bedeutungslos. Die nach der letzten Untersuchung in Deutschland in Kroatien durchgeführten Untersuchungen haben keinen Anhalt für eine Gefäßerkrankung ergeben. Die Beschwerden werden vielmehr einer rechtsseitigen Lumboischialgie zugeordnet, die bereits vom Orthopäden Dr.S. diagnostiziert worden ist. Damit hat sich die Annahme der Sachverständigen bestätigt, dass durch die venösen Veränderungen keine schwerwiegende Beeinträchtigung verursacht wird.

Unabhängig von der diagnostischen Zuordnung der venösen Anomalie im Bereich des rechten Beines ergaben sich bis auf eine geringfügige Muskelverminderung keine objektivierbaren Hinweise für eine höhergradige Schonung des rechten Beines. Insbesondere sprach die deutliche Beschwielung beider Fußsohlen dafür, dass sich der Kläger nach wie vor regelmäßig körperlich belastet. Das vom Kläger bei der Untersuchung durch Dr.K. demonstrierte Gangbild ist in dieser Form organisch nicht nachvollziehbar. Weder klinisch noch elekromyographisch ergaben sich irgendwelche Anhaltspunkte für eine umschriebene Wurzelschädigung im Bereich lumbaler Nervenwurzeln. Auch der Orthopäde Dr.S. hat darauf hingewiesen, dass Beschwerdebild und Befund nicht in Einklang zu bringen seien.

Die körperliche Belastbarkeit des Klägers ist auf internistischem Fachgebiet durch ein Hochdruckleiden in Verbindung mit einer hypertensiven Herzerkrankung eingeschränkt. Ausgeschlossen sind daher schwere und auch dauerhaft mittelschwere Tätigkeiten. Keine zusätzliche Leistungseinschränkung wird hingegen durch die diagnostizierte Aorteninsuffizienz Grad 1 bewirkt, da sie sich hämodynamisch nicht auswirkt. Ebensowenig sind die Gefäßrisikofaktoren wie Adipositas, Hyperlipidämie und Nikotinkonsum vorerst zu berücksichtigen.

Zusammenfassend kann der Kläger lediglich leichte körperliche Tätigkeiten aus wechselnden Ausgangspositionen heraus verrichten. Nicht mehr möglich sind Tätigkeiten auf Leitern und Gerüsten, mit häufigem Treppensteigen, im Akkord und in Schichtarbeit. Zu vermeiden sind das Heben und Tragen von schweren Lasten, häufige Zwangshaltungen und häufiges Bücken. Ebenso sind Arbeiten dauerhaft im Freien und bei Hitze und Kälte ausgeschlossen. Im positiven kann er noch leichte Tätigkeiten in ungezwungener Körperhaltung zu ebener Erde in geschlossenen und temperierten Räumen vollschichtig erbringen. Mit diesem Restleistungsvermögen ist der Kläger in der Lage, eine Vielzahl von Tätigkeiten zu verrichten, wie sie üblicherweise von ungelernten Arbeitern gefordert werden. Entgegen der Ansicht des Klägerbevollmächtigten ist von keiner Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen auszugehen. Diese ist nur in Betracht zu ziehen, wenn die Fähigkeit des Versicherten, zumindest körperlich leichte Arbeit mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, zusätzlich in erheblichem Umfang eingeschränkt ist. Der Ausschluss von Tätigkeiten, die im Akkord oder im Schichtdienst zu erbringen sind, zählt nicht zu den Einschränkungen, die die konkrete Benennung einer Verweisungstätigkeit zur Folge haben (BSG - Großer Senat - Beschluss vom 19.12. 1996 in SozR 3-2600 § 44 mit Verweis auf BSG SozR 2200 § 1246 Nr.117). Die weiteren, beim Kläger vorliegenden Einschränkungen wie das Heben und Tragen von Lasten, häufige Zwangshaltung, Bücken und häufiges Treppensteigen schränken das Feld leichter körperlicher Arbeit nicht zusätzlich ein, weil diese bereits von dem Erfordernis "körperlich leichte Arbeit" erfasst werden. Im übrigen fehlen Anhaltspunkte für eine krankheitsbedingt eingeschränkte Umstellungsfähigkeit und haben die Funktionsprüfungen der Hände zuletzt keine Auffälligkeiten ergeben. Angesichts uneingeschränkten Seh- und Hörvermögens und erhaltener Funktionsfähigkeit der Hände erscheinen daher Verrichtungen wie z.B. Zureichen, Abnehmen, Bedienung von Maschinen, Aufsicht und Kontrolle möglich. Die Prüfung einer Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen erübrigt sich daher ebenso wie die Benennung einer konkreten Verweisungstätigkeit (vgl. BSG, Urteil vom 11.05.1999 in NZS 2000 S.96). Die Beweisanträge des Klägerbevollmächtigten zur fehlenden Verweisbarkeit auf eine Pförtnertätigkeit gehen daher ins Leere.

Der Kläger, der sonach keinen Anspruch auf Rente wegen Berufsunfähigkeit hat, weil er zumutbare Verweisungstätigkeiten verrichten kann, hat erst recht keinen Anspruch auf Rente wegen Erwerbsunfähigkeit gemäß § 44 Abs.1 SGB VI a.F. bzw. § 43 SGB VI, weil er die noch strengeren Voraussetzungen des Begriffs der Erwerbsunfähigkeit bzw. der vollen Erwerbsminderung nicht erfüllt. Das vorhandene Restleistungsvermögen gestattet es ihm, mittels einer regelmäßigen Erwerbstätigkeit mehr als geringfügige Einkünfte zu erzielen. Weil davon auszugehen ist, dass der Kläger noch acht Stunden vollschichtig tätig sein kann, scheidet auch ein Anspruch nach dem ab 1. Januar 2001 geltenden § 43 SGB VI aus, der Renten wegen Erwerbsminderung erst vorsieht, wenn der Versicherte außer Stande ist, mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

Ob dem Kläger in Deutschland - nur hierauf kann es ankommen - ein Arbeitsplatz tatsächlich vermittelt werden könnte, ist rechtlich unerheblich, weil vollschichtig einsetzbar Versicherten der Arbeitsmarkt offen steht und das Risiko der Arbeitsplatzvermittlung von der gesetzlichen Arbeitslosenversicherung und nicht von der gesetzlichen Rentenversicherung zu tragen ist (vgl. u.a. BSG in SozR 3-2200 § 1246 Nr.50). Entscheidend ist, dass der Kläger die vollschichtige Tätigkeit unter betriebsüblichen Bedingungen erbringen kann, weil zusätzliche Pausen nicht erforderlich sind und die Anmarschwege zur Arbeit problemlos zurückgelegt werden können.

Zwar hat Dr.Dr.W. in seinem Gutachten vom 28.09.1998 den zumutbaren Arbeitsweg auf 500 m geschätzt und sich Dr.S. in seinem Gutachten vom 05.07.2004 nicht klar für die Zumutbarkeit des notwendigen Anmarschweges von viermal 500 m täglich ausgesprochen. Die durchgeführten Untersuchungen haben jedoch keine Erklärung für das Ausmaß des während der Begutachtung etwas demonstrativ dargestellten Beschwerdebilds ergeben. Insbesondere haben die in Kroatien durchgeführten Untersuchungen der Gefäßveränderungen keine Bestätigung des von Dr.E. geäußerten Verdachts auf eine Angiodysplasie ergeben. Eine Wegebeschränkung aufgrund der bis an die Fußsohle reichenden Venenfüllung ist daher nicht plausibel. Mangels faßbarer radikulär zuzuordnender Reiz- oder Ausfallserscheinungen scheidet auch das Lendenwirbelsäulensyndrom als Ursache aus, so dass die Zweifel am Ausmaß des krankheitsbedingten Gehvermögens zu Lasten des Klägers gehen. Diese Zweifel können auch nicht durch die Einvernahme des Dolmetschers beseitigt werden, der den Kläger zu den Untersuchungen begleitet hat. Entscheidend ist, dass das demonstrierte Gangbild nicht nachvollziehbar ist.

Aus diesen Gründen war die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe, die Revision zuzulassen, sind nicht ersichtlich.
Rechtskraft
Aus
Saved