S 2 P 9/04

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Regensburg (FSB)
Sachgebiet
Pflegeversicherung
Abteilung
2
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 2 P 9/04
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 12 P 3/04 R
Datum
Kategorie
Urteil
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Sprungrevision wird zugelassen.

Tatbestand:

Streitig ist zwischen den Beteiligten, ob die Klägerin trotz der Tatsache, dass sie auf Kosten des Sozialhilfeträgers in ei- nem Pflegeheim untergebracht ist, berechtigt ist, als freiwilliges Mitglied der Pflegeversicherung der Beklagten beizutre- ten.

Die 1925 geborene Klägerin wird seit 31.05.2002 in einem Pflegeheim stationär gepflegt, die Kosten des Aufenthaltes trägt der Bezirk Oberpfalz als Träger der überörtlichen Sozialhilfeverwaltung. Die Klägerin steht unter Betreuung, bei ihr liegen die Voraussetzungen der Pflegestufe I vor, sie bezieht ein Altersruhegeld von etwa 200,- EURO, wegen fehlender Vorversiche- rungszeiten ist sie weder pflichtversichert noch freiwillig in der gesetzlichen Krankenversicherung versichert noch privat bei einem Krankenversicherungsunternehmen, bisher ist die Klägerin auch weder Mitglied einer sozialen noch einer privaten Pflegeversicherung.

Auf Anregung der Sozialverwaltung des Bezirks Oberpfalz erklärte der Betreuer der Klägerin am 12.06.2002 bei der Beklagten rückwirkend zum 01.04.2001 den Beitritt zur freiwilligen Pflegeversicherung, gleichzeitig wurde die Gewährung von Leistungen bei stationärer Pflege beantragt, gleichzeitig versicherte der Betreuer, die Klägerin beziehe keine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, sie könne die Beiträge zur Pflegeversicherung aus eigenen Mitteln bezahlen.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom 13.06.2002 stellte die Beklagte fest, dass eine Beitrittsmöglichkeit zur freiwilligen Pflegeversicherung für die Klägerin nicht bestehe, da von diesem gesetzlich normierten Beitrittsrecht Personen ausgenommen seien, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem Bundessozialhilfegesetz bezögen, sowie Personen, die selbst nicht in der Lage seien, einen Beitrag zu zahlen, die Klägerin sei folglich, da sie zu Lasten des Sozialhilfeträgers stationär untergebracht sei, vom Beitrittsrecht ausgeschlossen.

Hiergegen erhob der Betreuer der Klägerin am 24.06.2002 Widerspruch mit der Begründung, die gesetzliche Regelung des § 26 a SGB XI schließe lediglich die Personen vom Beitrittsrecht zur Pflegeversicherung aus, die laufende Hilfe zum Unterhalt nach Abschnitt 2 des Bundessozialhilfegesetzes (BSHG) erhielten, sowie solche, die nicht in der Lage seien, einen Beitrag zu zahlen, diese Ausschlussgründe lägen im Falle der Klägerin nicht vor. Sie erhalte keine laufende Hilfe zum Lebensunterhalt, sondern Hilfe zur Pflege in besonderen Lebenslagen nach Abschnitt 3 des BSHG, auch wenn bei einer Heimunterbringung die Hilfe zur Pflege den in der Einrichtung gewährten Lebensunter- halt einschließe, erhielten diese Heimbewohner Hilfe zur Pflege nach § 68 BSHG, vom Ausschluss betroffen könnten jedoch nur die Personen sein, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach Abschnitt 2 des BSHG erhielten. Zudem sei die Klägerin in der Lage, Beiträge zur freiwilligen Pflegeversicherung aus dem vorhandenen Einkommen zu zahlen, da der Sozialhilfeträger verpflichtet sei, aus dem Einkommen des Hilfebedürftigen die Beträge freizulassen, die zur Beitragszahlung erforderlich seien.

Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 28.11.2002 den Rechtsbehelf aus den Gründen des angefochtenen Bescheides zurück.

Hiergegen erhob der Betreuer am 23.12.2002 Klage unter Wiederholung der Gründe des Widerspruches.

Die Beklagte beantragte die Klage abzuweisen, zur Begründung legte sie ein Schreiben des Bundesministeriums für Gesundheit an den Senator für Arbeit, Frauen, Gesundheit, Jugend und Soziales der Freien Hansestadt Bremen vom 08.05.2002 vor, worin die Rechtsauffassung dargelegt wird, auch diejenigen Personen, die im Rahmen der Sozialhilfe Hilfe in besonderen Lebenslagen erhielten, seien vom Beitritt zur Pflegeversicherung ausgeschlossen.

Auf Anfrage des Gerichts erteilten die Beteiligten ihr Einverständnis zu einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, der Betreuer der Klägerin beantragte im Schriftsatz vom 10.02.2004 gegen die Entscheidung des Gerichtes die Sprungrevision zuzulassen, mit Schriftsatz vom 02.03.2004 erklärte die Beklagte ihr Einverständnis mit der Sprungrevision.

Beigezogen und zum Gegenstand der Entscheidungsfindung gemacht wurden die Akten der Beklagten sowie die erledigte Streitakte S 2 P 127/02, auf deren Inhalt sowie auf den Inhalt der gegenständlichen Streitakte wird hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nicht begründet, die Klägerin ist nicht berechtigt, als freiwilliges Mitglied der Pflegeversicherung der Beklagten beizutreten.

Nach § 26 a SGB XI sind Personen mit Wohnsitz im Inland, die nicht pflegeversichert sind, weil sie zum Zeitpunkt der Einführung der Pflegeversicherung am 01.01.1995 trotz Wohnsitz im Inland keinen Tatbestand der Versicherungspflicht oder der Mitversicherung in der sozialen oder privaten Pflegeversicherung erfüllten, berechtigt, die freiwillige Mitgliedschaft bei einer der nach § 48 Abs. 2 SGB XI wählbaren sozialen Pflegekasse zu beantragen oder einen Pflegeversicherungsvertrag mit einem privaten Versicherungsunternehmen abzuschließen. Nach § 26 a Abs. 1 Satz 2 SGB XI sind hiervon jedoch ausgenommen Personen, die laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG beziehen, sowie Personen, die nicht selbst in der Lage sind, einen Beitrag zu zahlen. Die Klägerin ist nach dieser Vorschrift vom Beitrittsrecht der Pflegeversicherung ausgeschlossen, da sie laufende Hilfe zum Lebensunterhalt nach dem BSHG bezieht.

Nach § 21 Abs. 1 BSHG kann Hilfe zum Lebensunterhalt durch laufende und einmalige Leistungen gewährt werden. Nach Ansicht des Betreuers der Klägerin seien als laufende Leistungen im Sinne des § 26 a Abs. 1 Satz 2 SGB XI nur Leistungen nach § 22 Abs. 1 BSHG zu betrachten. Dies trifft jedoch nach Ansicht des Gerich- tes nicht zu, vielmehr ergibt sich bereits aus § 22 Abs. 1 Satz 1 BSHG, dass laufende Leistungen im Sinne des § 26 a Abs. 1 Satz 2 SGB XI auch solche Leistungen des Sozialhilfeträgers sind, die bei Heimunterbringung gewährt werden. § 22 Abs.1 Satz 1 BSHG sagt aus, dass laufende Leistungen zum Lebensunterhalt außerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen nach Regelsätzen gewährt werden, daraus ergibt sich für das Gericht zwingend, dass auch laufende Leistungen zum Lebensunterhalt innerhalb von Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen zu gewähren sind. Dies wird letztlich bestätigt durch § 27 BSHG, der sich zwar unter der Überschrift "Hilfe in besonderen Lebenslagen" befindet, aber in Absatz 3 bestimmt, dass dann, wenn die Hilfe in einer Anstalt, in einem Heim oder einer gleichartigen Einrichtung oder in einer Einrichtung zur teilstationären Betreuung gewährt wird, die Hilfe in besonderen Lebenslagen auch den in der Einrichtung gewährten Lebensunterhalt einschließlich der einmaligen Leistungen nach Abs. 2 der Vorschrift umfasst, d.h. laufende Hilfe zum Lebensunterhalt wird auf Kosten des Sozialleistungsträgers auch bei Heimunterbringung erbracht. Daraus ergibt sich, dass laufende Leistungen im Sinne des § 21 Abs. 1 BSHG in Anstalten, Heimen und gleichartigen Einrichtungen in Höhe der Unterbringungskosten, vermin- dert um den Betrag des einzusetzenden Einkommens, gewährt wird (vgl. hierzu Schulte, Trenck-Hinterberger, Sozialhilfe, 2. Auflage, Seite 178). Bestärkt wird diese Auslegung durch das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes vom 03.04.2001 (1 BvR 81/98), wonach ein Zugangsrecht zur Pflegeversicherung für den nicht pflegeversicherten Personenkreis zu schaffen ist, der auch im Pflegefall keinen Anspruch auf Hilfe gegen einen Sozialleistungsträger, also auch nicht gegen die Sozialhilfe hat. Weiterhin spricht für die von der Beklagten vorgenommene Auslegung des § 26 a Abs. 1 Satz 2 SGB XI die Gesetzesbegründung zu dieser Vorschrift, wonach die o.g. Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes nicht auf ein Gesetz zur Entlastung der Sozialhilfe abzieht, sondern auf ein Gesetz zum Schutz derer, die im Pflegefall weder die Möglichkeit haben, Versicherungsleistungen zu erhalten, noch Leistungen der Hilfe zur Pflege von einem Sozialleistungsträger (vgl. Bundestagsdrucksachen 14/7473 zu Art.1 Nr. 1 c "§ 26 a - neu -").

Aus den obengenannten Gründen ist die Entscheidung der Beklagten nicht zu beanstanden, die Klage war daher abzuweisen, zur weiteren Begründung wird Bezug genommen auf den Inhalt der Bescheide der Beklagten (§ 136 Abs. 3 SGG).

Die Kammer konnte ohne mündliche Verhandlung entscheiden, da die Beteiligten dem zugestimmt haben (§ 124 Abs. 2 SGG).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Die Sprungrevision war gemäß § 161 Abs. 2 SGG zuzulassen, da die Streitsache grundsätzliche Bedeutung hat (§ 160 Abs.2 Nr. 1 SGG), soweit der entscheidenden Kammer ersichtlich, liegen obergerichtlich entschiedene Fälle nicht vor.

-
Rechtskraft
Aus
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