L 7 V 27/01

Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
LSG Nordrhein-Westfalen
Sachgebiet
Entschädigungs-/Schwerbehindertenrecht
Abteilung
7
1. Instanz
SG Detmold (NRW)
Aktenzeichen
S 15 BL 73/99
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
L 7 V 27/01
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
B 9 V 4/02 R
Datum
-
Kategorie
Urteil
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 07.05.2001 abgeändert. Die Klage wird insoweit abgewiesen, als der Kläger die Auszahlung der Kleiderverschleißzulage begehrt. Im übrigen wird die Berufung zurückgewiesen. Die Beklagte trägt die Hälfte der Kosten des Klägers. Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand:

Der Kläger begehrt die Auszahlung der Führzulage nach § 14 Bundesversorgungsgesetz (BVG) und der Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG im Wege eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X).

Beim 1920 geborenen Kläger stellte der Beklagte zuletzt mit Bescheid vom 05.08.1977 als Schädigungsfolgen "Erblindung beider Augen, Verlust des linken Armes, Verlust der Zähne 1 rechts, 1 bis 2 links im Oberkiefer, 1 rechts und 1 links im Unterkiefer, vegetative Störungen" fest.

Der Beklagte bewilligte dem Kläger u. a. eine Versorgungsgrundrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 100 v.H., eine Schwerstbeschädigtenzulage, eine Ausgleichsrente, eine Pflegezulage nach Stufe IV, eine Beihilfe für fremde Führung nach § 14 BVG und einen Pauschbetrag für Kleider- und Wäschemehrverschleiß nach § 15 BVG (Bewertungszahl 29).

Seit dem 01.08.1996 ist der Kläger dauernd in einem Pflegeheim untergebracht.

Seit November 1996 zahlt der Beklagte dem Kläger die Versorgungsbezüge in Höhe der Grundrente aus.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 05.11.1996 verfügte der Beklagte 1) die Übernahme der Heimpflegekosten, soweit sie die Unterkunft, Verpflegung und Betreuung einschließlich notwendiger Pflege umfassen, unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge mit Wirkung vom 01.08.1996 und 2) die Auszahlung eines Betrages in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten an den Kläger mit Wirkung zum 01.08.1996.

Mit Bescheid vom 18.12.1996 stellte der Beklagte die Höhe der Versorgungsbezüge für die Zeit vom 01.08. bis 30.10.1996 fest. Mit Bescheid vom 30.04.1997 wurden die vom Kläger vorgeleisteten Heimunterbringungskosten für die Zeit vom 01.11. bis 31.12.1996 erstattet.

Durch Bescheid vom 17.6.1997 wurden die Versorgungsbezüge nach § 56 BVG auf 5.882,- DM ohne Berücksichtigung der Heimpflegekosten erhöht. Mit Bescheid vom 07.08.1997 wurden die Versorgungsbezüge (Grundrente, Ausgleichsrente, Kleiderverschleißzulage, Schwerstbeschädigtenzulage Stufe VI, Führzulage, Pflegezulage Stufe IV) ab 01.07.1997 unter Aufhebung des Bescheides vom 17.6.1997 und Berufung auf § 48 Sozialgesetzbuch 10. Buch (SGB X) auf einen Betrag von 4.973,- DM neu festgestellt. In dem Bescheid heißt es u. a.: da die Heimunterbringungskosten vom Beklagten getragen würden, stehe nur die Grundrente zu.

Durch Bescheid vom 18.6.1998 erfolgt die Anpassung der Versorgungsbezüge ohne Berücksichtigung der Heimpflegekosten. Mit Bescheid vom 24.07.1998 wurden die Versorgungsbezüge ab 01.07.1998 unter Aufhbung des Bescheides vom 18.6.1998 und Berufung auf §48 SGB X neu feststellt.

Im Oktober 1998 beantragte der Kläger beim Beklagten die Auszahlung der Führzulage nach § 14 BVG und des Pauschbetrages nach § 15 BVG nach § 44 SGB X. Er trug vor, in dem rechtskräftigen Urteil des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen vom 23.06.1998, L 6 V 61/97, sei der Anspruch auf Auszahlung der Führzulage bei Heimunterbringung anerkannt worden. Dem Urteil komme grundsätzliche Bedeutung zu, da die Bundesrepublik beigeladen gewesen und die Revision nicht zugelassen worden sei. In analoger Anwendung bestehe auch ein Anspruch auf Auszahlung der Kleiderverschleißzulage. Der Pflegesatz der Pflegeeinrichtung beinhalte nicht den durch die Schädigung verursachten außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung und Wäsche. Mit Bescheid vom 12.10.1998 lehnte der Beklagte unter Berufung auf § 44 SGB X den Antrag des Klägers auf Gewährung einer Führzulage und eines Pauschbetrages für außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung und Wäsche ab. Die Führzulage und Kleiderverschleißpauschale gehörten nicht zum Leistungskatalog des § 35 Abs. 6 BVG.

Dagegen legte der Kläger Widerspruch ein. Er legte dar, die aufgrund des Heimpflegevertrages zu erbringenden Leistungen beinhalteten nicht die ausschließlich wegen den Schädigungsfolgen zustehenden Zulagen nach §§ 14, 15 BVG. Die Pflegeeinrichtung stelle nicht die dem Kriegsblinden zustehende fremde Führung sicher, der schädigungsbedingte Kleider- und Wäschemehrverschleiß bestehe unverändert. Am 25.05.1999 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück.

Mit der am 14.06.1999 vor dem Sozialgericht (SG) Detmold erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt.

Er hat im wesentlichen sein Vorbringen aus dem Verwaltungs- und Widerspruchsverfahren wiederholt.

Mit Urteil vom 07.05.2001 hat das SG Detmold den Beklagten unter Aufhebung des Bescheides vom 12.10.1998 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.1999 verurteilt, unter Abänderungen der Bescheide vom 05.11. und 18.12.1996, 30.04. und 07.08.1997 sowie 24.07.1998 die Führzulage nach § 14 BVG und die Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG auch nach Übernahme der Heimpflegekosten an den Kläger zu zahlen.

Bei Erlass der Bescheide, in denen die Anrechnung der Führzulage und Kleiderverschleißpauschale auf die Heimpflegekosten erfolgt sei, habe der Beklagte das Recht unrichtig angewandt und deshalb die Führzulage und die Kleiderverschleißpauschale zu Unrecht nicht an den Kläger bezahlt. Es schließe sich der Rechtsprechung des 6. und 10. Senates des Landessozialgerichts Nordrhein-Westfalen (Urteil vom 23.06.1998, L 6 V 61/97 und Urteil vom 21.06.1995, L 10 V 53/94) an, wonach einem Blinden die Beihilfe für fremde Führung auch nach Übernahme der Heimunterbringungskosten nach § 35 Abs. 6 BVG n.F. zustehe. Die Anrechnung der Führzulage nach § 14 BVG auf die Kosten der nicht nur vorübergehenden Heimpflege sei mit dem Wortlaut, der Systematik und dem Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung nicht in Einklang zu bringen. Ebenfalls gehöre die Kleiderverschleißpauschale nicht zu den Versorgungsbezügen, auf die die Heimpflegekosten gemäß § 35 Abs. 6 S. 1 BVG angerechnet würden. Hiergegen spräche wie bei der Frage der Anrechnung der Führzulage die Systematik sowie Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung. Die Kleiderverschleißpauschale sei nicht anders zu behandeln als die Führzulage. Sie gehöre nach der Systematik des § 9 BVG weder zur Beschädigtenrente noch zur Pflegezulage, sondern zur Heil- und Krankenbehandlung. Sie diene wie die Beihilfe für fremde Führung anderen Zwecken als die Pflegezulage nach § 35 BVG. Bei der Kleiderverschleißpauschale handele es sich ebenfalls um eine pauschale Abgeltung eines Sonderaufwandes für Blinde. Ein außergewöhnlicher Verschleiß an Kleidung und Wäsche durch die anerkannten Folgen der Schädigung falle während der Heimpflege wie bei der häuslichen Pflege an. Die auf durch das Heim laut Heimvertrag gewährten Regelleistungen deckten den außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung und Wäsche nicht ab.

Gegen das am 18.06.2001 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 12.07.2001 Berufung beim Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen eingelegt.

Er vertritt die Auffassung, dass der in § 35 Abs. 6 BVG verwandte Begriff "Versorgungsbezüge" identisch mit dem in der Überschrift zu § 56 BVG verwandten Begriff "Anpassung der Versorgungsbezüge" ist, wobei die Zulagen nach §§ 14 und 15 BVG von § 56 BVG erfasst seien. Eine Differenzierung des Inhaltes des vom Gesetzgeber in § 35 Abs. 6 BVG und § 56 BVG verwandten Begriffes "Versorgungsbezüge", wie vom SG vorgenommen, sei nicht gerechtfertigt. Die Leistungen nach §§ 14, 15 BVG hätten mit anderen "Versorgungsbezügen" gemeinsam, dass sie in Monatsbeiträgen als Geldleistung erbracht würden. In der Gesetzessystematik seien sie zwar den Vorschriften über die "Heilbehandlung, Versehrtenleibesübungen und Krankenbehandlung" zu geordnet. Es handele sich bei diesen monatlich gezahlten Geldleistungen aber nicht um Leistungen der Heilbehandlung, sondern um "rentenähnliche Leistungen" eigener Art. Allerdings stehe die Führzulage der Heilbehandlung im Sinne der orthopädischen Versorgung insofern nahe, als die Versorgung mit einem Blindenführhund zur Versorgung mit Hilfsmitteln und damit zur Heilbehandlung zu rechnen sei. Auch bei der in § 15 BVG getroffenen Regelung bestehe insofern ein Zusammenhang mit den Regelungen über die Heilbehandlung, als bei einer Vielzahl der mit dieser Vorschrift berücksichtigten Verschleißtatbestände davon ausgegangen werden müsse, dass die Benutzung bestimmter im Rahmen der orthopädischen Versorgung zur Verfügung gestellten Hilfsmittel regelmäßig zu einem erhöhten Kleider- oder Wäscheverschleiß führe. Andererseits bestehe die Zielrichtung der in §§ 14 und 15 BVG getroffenen Regelungen darin, den schädigungsbedingten Mehraufwand abzugelten, der einem Versorgungsberechtigten in den von diesen erfassten Lebensbereichen entstehe. Die Zielrichtung dieser Leistungen weise damit Parallelen mit der Zielrichtung der Grundrente auf, die nach allgemeiner Auffassung u.a. die Funktion habe, die Mehraufwendungen auszugleichen, die der Versorgungsberechtigung infolge der Schädigung im Vergleich zu einem gesunden Menschen habe. § 35 Abs. 6 Satz 2 BVG ordne an, dass dem Beschädigten im Falle der nicht nur vorübergehenden Heimpflege von" seinen Versorgungsbezügen zur Bestreitung seiner sonstigen Bedürfnisse ein Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten ... zu belassen" sei. Nach dem klaren Wortlaut sei damit für "die sonstigen Bedürfnisse" des Beschädigten, die nicht Gegenstand der Heimpflege seien, als Geldleistung ein "Betrag in Höhe der Grundrente eines Erwerbsunfähigen Beschädigten" (nicht: "die Grundrente") vorgesehen. Die Regelung sei nicht auf einen Teil der sonstigen Bedürfnisse beschränkt. Die Annahme, dass wegen bestimmter persönlicher Bedürfnisse daneben noch weitere Geldleistungen wie die Führzulage nach § 14 BVG oder der Pauschbetrag nach § 15 BVG zustehen solle, lasse sich nicht mit dieser Gesetzesformulierung vereinbaren.

Der Beklagte und die Beigeladene beantragen,

das Urteil des Sozialgerichts Detmold vom 07.05.2001 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Er hält die erstintanzliche Entscheidung für zutreffend.

Der Senat hat die Bundesrepublik Deutschland beigeladen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und B- Akten des Beklagten Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet.

Das SG hat den Beklagten zu Unrecht verurteilt, an den Kläger nach Übernahme der Heimunterbringungskosten die Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG weiter auszuzahlen. Im Übrigen ist die Berufung unbegründet.

Streitgegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 12.10.1998 i.d.F. des Widerspruchsbescheides vom 28.05.1999, in dem der Beklagte die Auszahlung der Kleiderverschließpauschale nach § 15 BVG und der Führzulage nach § 14 BVG nach Übernahme der Heimunterbringungskosten im Rahmen eines Überprüfungsverfahrens nach § 44 SGB X abgelehnt hat.

Nach § 44 Abs. 1 Satz 1 SGB X ist ein Verwaltungsakt, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, mit Wirkung für die Vergangenheit zurückzunehmen, wenn sich im Einzelfall ergibt, dass bei seinem Erlass das Recht unrichtig angewandt oder von einem Sachverhalt ausgegangen worden ist, der sich als unrichtig erweist und insoweit Sozialleistungen zu Unrecht erbracht worden sind.

Mit Bescheid vom 05.11.1996 hat der Beklagte die Übernahme der Heimpflegekosten nach § 35 Abs. 6 BVG unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge mit Wirkung vom 01.08.1996 und die Auszahlung eines Betrages in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten an den Kläger mit Wirkung zum 01.08.1996 verfügt. Bei diesem Bescheid handelt es sich um einen Grundlagen bescheid hinsichtlich der Gewährung der Leistung nach § 35 Abs. 6 BVG.

Der Bescheid vom 05.11.1996 ist insoweit materiell rechtmäßig, als der Beklagte die bewilligte Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG auf die Kosten der Heimunterbringung nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.V. angerechnet hat. Die Anrechnung der Führzulage nach § 14 BVG auf die Kosten der Heimunterbringung ist rechtswidrig.

§ 35 Abs. 2 BVG i.d.F. bis zum 31.03.1990 (a.F.) sah vor, dass die Kosten der nicht nur vorübergehenden Anstaltspflege eines Beschädigten vom Beklagten unter Anrechnung auf die Versorgungsbezüge übernommen werden. Unter dem in § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG a.F. verwandten Begriff "Versorgungsbezüge" sind nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.09.1983, 9a RV 28/92) alle Ansprüche, die ein Beschädigter ohne die Anstaltspflege nach dem BVG realisieren kann, zu verstehen. Dazu gehören u.a. die Grundrente, die Schwerstbeschädigtenzulage, die Pflegezulage, die Ausgleichsrente und der Berufsschadensausgleich. Gemeinsames Merkmal der vom BSG aufgezählten Leistungen ist, dass es sich um wiederkehrende Geldleistungen i.S.v. § 11 Sozialgesetzbuch 1. Buch (SGB I) handelt, die an der jährlichen Anpassung nach § 56 BVG teilnehmen, wobei sich die Zielsetzung der Leistungen zumindest teilweise unterscheiden und mit der der Pflegezulage nach § 35 BVG nicht deckungsgleich sind. Die Kleiderverschleißpauschale ist nach gefestigter Rechtsprechung des BSG (Urteil vom 21.09.1983, 9a Rvi 2/82; Urteil vom 21.09.1983, 9 RV 28/92; Urteil vom 08.10.1987, 9a Rvi 5/85) als Teil der Versorgungsbezüge i.S.v. § 35 Abs. 2 BVG a.F. auf die Kosten der Anstaltspflege anzurechnen. Dies hat das BSG u.a. mit dem Gesichtspunkt "Ausschluss der Doppelversorgung" begründet, da der Zweck der Kleiderverschleißpauschale - pauschale Abgeltung des durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursachten außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung und Wäsche - und die Zielrichtung der Anstaltspflege - Sicherstellung aller menschlichen Grundbedürfnisse, einschließlich der Stellung von Kleidung und Wäsche - eine Deckungsgleichheit besteht. Mit der Änderung des § 35 BVG durch das KOV-Struktur G 1990 (BGBl. I S. 582) ist nach Auffassung des Senates keine Änderung der Rechtslage hinsichtlich der Anrechenbarkeit der Kleiderverschleißpauschale eingetreten. Zwar ist durch die Neuregelung der übernahmefähigen Kosten einer Heimpflege in § 35 Abs. 7 Satz 1 BVG i.d.F. vom 01.04.1990 (n.F.) bzw. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. der Gesichtspunkt "Ausschluss der Doppelversorgung" entfallen. Denn in § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. sind die übernahmefähigen Kosten einer Heimpflege auf die Aufwendungen zur Unterkunft, Verpflegung und Betreuung, einschließlich der notwendigen Kosten für eine Pflege, beschränkt worden. Die Definition der übernahmefähigen Heimkosten entspricht dem Begriff der Unterbringung i.S.v. § 1 Abs. 1 Satz 1 Heimgesetz n.F., gültig ab dem 01.08.1990, wonach eine Unterbringung in einem Heim neben der Überlassung der Unterkunft die Gewährung oder Vorhaltung von Verpflegung und Betreuung umfasst (BT-Drucksache 11/5831 S. 15). Der Umfang der Betreuung nach dem Heimgesetz, welche die Pflege als gesteigerte Form der Betreuung mitumfasst, ergibt sich aus dem vertraglichen Leistungsangebot wobei aus der besonderen Zielgruppe, die der Heimträger mit der Einrichtung erreichen will. Aufwendungen für Bekleidung, Wäsche und Schuhwerk gehören nicht mehr zu den Kosten der Heimpflege i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F ... Alle übrigen Bedürfnisse, die nicht zu den übernahmefähigen Kosten i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. zählen, sind "sonstige Bedürfnisse" i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 2 BVG n.F., zu deren Deckung einem Beschädigten als Selbstbehalt ein Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten von den ihm zustehenden Versorgungsbezügen belassen wird.

Die Kleiderverschleißpauschale unterfällt aber weiterhin dem in § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. verwandten Begriff der "Versorgungsbezüge". Der in § 35 Abs. 2 Satz 1 BVG a.F. verwendete Begriff "Versorgungsbezüge", d.h. alle wiederkehrenden Geldleistungen i.S.v. § 11 SGB I, die ein Beschädigter als Anspruch nach dem BVG realisieren kann, ist inhaltlich in die Neuregelung des § 35 BVG betreffend die Heimpflege übernommen worden. Weder aus der Gesetzesbegründung noch aus der Konzeption des § 35 Abs. 6 BVG n.F. ist ein Wille des Gesetzgebers zur inhaltlichen Änderung des Begriffes erkennbar. Daher sind nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. in der Regel alle nach dem BVG an den Beschädigten auszuzahlenden wiederkehrenden Geldleistungen i.S.v. § 11 SGB I auf die als wiederkehrende generalisierte Sachleistung gewährte Heimpflege anzurechnen. Leistungen der Heil- und Krankenbehandlung nach § 10 ff. BVG einschließlich der Leistungen der orthopädischen Versorgung nach § 13 BVG, die grundsätzlich als Sachleistung erbracht werden, bleiben im Falle der Heimpflege anrechnungsfrei. Bei der Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG handelt es sich nicht um Leistungen einer Kranken- oder Heilbehandlung, sondern diese Leistung stellt eine besondere Leistung dar, die denen der Heil- und Krankenbehandlung nahesteht (BT-Drucksache V/1216 S. 3). Die Kleiderverschleißpauschale gilt pauschal einem konkreten materiellen schädigungsbedingten Mehrbedarf ab, der insbesondere durch die Folgen der orthopädischen Versorgung mit Hilfsmitteln entsteht. Sie bezweckt die Abgeltung des durch die anerkannten Schädigungsfolgen verursachten außergewöhnlichen Verschleiß an Kleidung und Wäsche. Sie soll eine Bedarfslage abdecken, die sich nicht an dem gesamten Leidenszustand orientiert, sondern funktionsbezogen den durch die Schädigungsfolgen bedingten Verschleiß umfasst, insbesondere den durch das Tragen von orthopädischen Hilfsmitteln nach § 13 BVG verursachten. Die Kleiderverschleißpauschale ist keine Sachleistung wie der Leistungen der Kranken- und Heilbehandlung, sondern es handelt sich um eine wiederkehrende Geldleistung, die "rentenähnlichen Charakter" hat und an den jährlichen Anpassungen nach § 56 BVG teilnimmt. Die Inkongruenz der Leistungen der Heimpflege nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. und der Kleiderverschleißpauschale nach § 15 BVG spricht nicht gegen eine Zurechnung der Kleiderverschleißpauschale zu den "Versorgungsbezügen". Die Art der Leistungen - Gewährung der Heimpflege als generalisierte Sachleistung sowie der anrechenbaren Versorgungsbezüge als Geldleistungen - ist nicht deckungsgleich. Ebenso ist die Zielsetzung anderer Versorgungsbezüge i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. wie z.B. die Grundrente und der Berufsschadensausgleich, zumindest teilweise mit dem der Heimpflege nicht kongruent. Während die Leistungen nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. die Sicherstellung des durch die anerkannten Schädigungsfolgen mitverursachten erhöhten Pflegeaufwandes in Form der Heimpflege durch die Übernahme der Aufwendungen für Unterkunft, Verpflegung und Betreuung bezweckt, dient die Grundrente nicht nur zur Deckung des materiellen schädigunsbedingten Mehrbedarfes, sondern auch als immaterielle Entschädigung; der Berufsschadensausgleich bezweckt den Ausgleich eines beruflichen Schadens. Den Bestimmungen des BVG kann auch nicht der allgemeine Grundgedanke entnommen werden, das geldwerte Ansprüche, die zur Befriedigung eines konkreten schädigungsbedingten Mehrbedarfes eines Beschädigten dienen, von der Anrechnung nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. ausgenommen bleiben. Nach der Konzeption des § 35 Abs. 6 BVG n.F. soll einem Beschädigten von den Versorgungsbezügen, also den wiederkehrenden geldwerten Leistungen nach dem BVG, ein Selbstbehalt in Höhe des Betrages einer Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten, d.h. nach einer MdE um 100 v.H., zur Deckung seiner sonstigen Bedürfnisse verbleiben, unabhängig davon, welche geldwerten Leistungen aus welchem Grund ihm zustehen. Dabei unterfallen dem Begriff "sonstige Bedürfnisse" i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 2 BVG n.F. nach dem Willen des Gesetzgebers alle Bedürfnisse eines Beschädigten (BT-Drucksache XI/5831 S. 15), also auch der schädigungsbedingte Mehrbedarf. Zusammenfassend ist festzustellen, dass die Kleiderverschleißpauschale wegen ihres Charakters als wiederkehrende Geldleistung i.S.v. § 11 SGB I, einen Versorgungsbezug i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. darstellt.

Entgegen der Auffassung des Beklagten und der Beigeladenen ist die Führzulage nach § 14 BVG nicht auf die Kosten einer Heimpflege nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG anzurechnen. Zwar handelt es sich bei der Führzulage ebenso wie bei der Kleiderverschleißpauschale um eine der Heil- und Krankenbehandlung nahestehende, wiederkehrende Geldleistung i.S.v. § 11 SGB I, die einen konkreten materiellen schädigungsbedingten Mehrbedarf abdeckt und an der jährlichen Anpassung nach § 56 BVG teilnimmt. Die Führzulage bezweckt pauschal die Abdeckung der Kosten des Unterhalts eines Führhundes, der im Rahmen der orthopädischen Versorgung nach § 13 BVG einem Blinden gestellt wird. Sie dient alternativ auch der pauschalen Abgeltung des im Einzelnen nicht feststellbaren Aufwandes für die Führung durch fremde Personen. Der Blinde soll durch die fremde Führung die Möglichkeit erhalten, seinen häuslichen Bereich selbstständig zu verlassen und sich außerhalb seines Hauses verhältnismäßig frei zu bewegen, wobei der Führhund oder die Führungshilfe als "quasi-orthopädisches Hilfsmittel" als teilweiser Ausgleich des verlorenen Sehvermögens anzusehen ist. Die fremde Führung gleicht zeitweise und für bestimmte Lebensvorgänge das verlorene Sehvermögen aus. Die Führung ergänzt die Pflege insoweit, als die Pfegekraft nach § 35 BVG von der ständigen Notwendigkeit, einen Blinden zu begleiten, entlastet wird. Die Führzulage ermöglicht erst das Bewegen außerhalb des Pflegebereichs und sichert eine Selbstständigkeit des Blinden bei solchen Verrichtungen des täglichen Lebens, zu denen fremde Hilfe, Pflege und Wartung i.S.v. § 35 BVG nicht benötigt werden, wie z.B. Teilnahme an kulturellen Veranstaltungen, Ferienaufenthalten, Teilnahme an Fortbildungen oder Kuren (vgl. BSG, Urteil vom 29.11.1973, 10 RV 69/73; Urteil vom 15.07.1992, 9a RV 9/91). Dabei ist der Kreis der Anspruchsberechtigten nach § 14 BVG auf diejenigen Beschädigten beschränkt, bei denen eine Blindheit als Folge einer Schädigung anerkannt ist, also der Verlust des Sehvermögens in Gesamtheit durch Schädigungsfolgen verursacht worden ist. Bei anderen Beschädigten, die für die Aufnahme von Beziehungen zur Umwelt und die Teilnahme am kulturellen Leben ebenfalls wie Blinde i.S.v. § 14 BVG auf die Führung durch fremde Personen im Einzelfall angewiesen sind, wie z.B. Blinde, deren Blindheit durch den schädigungsunabhängigen Verlust des Sehvermögens auf einem Auge mitverursacht worden ist, geistig Behinderte, Hirnverletzte oder Amputierte, sind die Aufwendungen für die Führung durch fremde Personen nach dem Willen des Gesetzgebers durch die übrigen Leistungen nach dem BVG, insbesondere durch die Grundrente, die Schwerstbeschädigtenzulage und die Pflegezulage nach § 35 BVG abgedeckt, auch wenn das Erfordernis einer Begleitperson ebenso wie bei Blinden nach § 14 BVG auf Schädigungsfolgen beruht. Im Fall der Heimpflege nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F.müssen Beschädigte, die nicht zum Kreis der Blinden i.S.v. § 14 BVG gehören, die Aufwendungen für die Führung durch fremde Personen aus dem Selbstbehalt nach § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG n.F. bestreiten. Bei der Führzulage nach § 14 BVG handelt es sich um eine Privilegierung einer bestimmten Gruppe von Beschädigten, die auf Grund einer gesetzgeberischen Entscheidung bessergestellt sind als andere Beschädigte. Wegen des Charakters der Führzulage nach § 14 BVG als gesetzgeberische gewollte Privilegierung einer bestimmten Gruppe von Beschädigten unterfällt die Führungszulage nicht dem Begriff "Versorgungsbezüge" i.S.v. § 35 Abs. 6 Satz 1 BVG und bleibt damit auf die Kosten der Heimpflege anrechnungsfrei ( vgl. LSG NW, Urteil vom 21.06.1995, L 10 V 53/94; BSG, Beschluss vom 06.03.1996, 9 BV 115/95; LSG NW, Urteil vom 23.06.1998, L 6 V 61/97).

Bei den Bescheiden vom 18.12.1996, 30.04.1997, 07.08.1997 und 24.07.1998 handelt es sich um Folgebescheide zum Grundlagenbescheid vom 05.11.1996, soweit in ihnen die Anrechnung der Versorgungsbezüge auf die Kosten der Heimpflege nach § 35 BVG und die Beschränkung des an den Kläger auszuzahlenden Betrages auf den Betrag in Höhe der Grundrente eines erwerbsunfähigen Beschädigten mitgeregelt ist. Insoweit haben die Bescheide keinen eigenständigen Regelungsinhalt.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 183, 193 SGG.

Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache wird die Revision nach § 160 Abs. 2 SGG zugelassen.
Rechtskraft
Aus
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