Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Düsseldorf (NRW)
Sachgebiet
Sozialhilfe
Abteilung
29
1. Instanz
SG Düsseldorf (NRW)
Aktenzeichen
S 29 SO 49/05 ER
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Beschluss
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, durch geeignete Maßnahmen dafür Sorge zu tragen, dass der Antragsteller ab sofort wieder Energielieferungen von einem Versorgungsunternehmen erhält. Die Antragsgegnerin trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten um die Wiederaufnahme der Energiezufuhr zu der Wohnung des Antragstellers. Die Beigeladene ist eine 50,1 prozentige Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin.
Für seine jetzige Wohnung bezog der Antragsteller seit 17.04.2003 Strom und Gas von der Beigeladenen, den örtlichen Stadtwerken. Bereits seit Vertragsbeginn wurden angeforderte Zahlungen teilweise gar nicht oder erst nach erfolgter Mahnung erheblich verspätet geleistet. Die Energieversorgung wurde erstmalig am 26.11.2003 seitens der Beigeladenen eingestellt. Die Wiederinbetriebnahme erfolgte nach Zahlung der Rückstände am 27.11.2003. Überfällige Forderungen wurden weiter angemahnt unter Hinweis auf eine bevorstehende Versorgungseinstellung bei Nichtzahlung. Aus der Jahresabrechnung der Beigeladenen für den Zeitraum vom 22.01.2004 bis 19.01.2005 ergab sich eine Nachforderung der Beigeladenen gegen den Antragsteller in Höhe von 592,84 Euro. Zudem setzte die Beigeladene die ab 13.06.2005 zweimonatlich fällig werdenden Abschläge auf 269,- Euro fest. Der Antragsteller zahlte am 02.03.2005 100,- Euro, am 29.04.2005 100,- Euro, am 03.06.2005 200,- Euro und am 31.08.2005 50,- Euro. Seit Mai 2005 erhält er von der BSHF T Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Am 19.09.2005 stellte die Beigeladene die Energiezufuhr an den Antragsteller wegen nicht beglichener Energiekostenrückstände ein. Eine Wiederaufnahme der Energiezufuhr bei bloßer Ratenzahlung lehnte sie ab. Daraufhin wurde der Antragsteller zunächst bei der BSHF T vorstellig und bat um Übernahme der Energiekostenrückstände. Diese lehnte eine Übernahme jedoch ab und verwies den Antragsteller an die Antragsgegnerin. Allerdings veranlasste die BSHF T, dass ab 01.10.2005 von den dem Antragsteller zustehenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende 135,- Euro monatlich direkt an die Beigeladene ausgezahlt werden.
Am 19.09.2005 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Energiekostenrückstände. Mit Bescheid vom 20.09.2005 lehnte diese seinen Antrag ab. Eine Übernahme rückständiger Stromkosten könne unter den Voraussetzungen des § 34 SGB XII zwar grundsätzlich durch den örtlichen kommunalen Träger der Sozialhilfe erfolgen. Allerdings sei diesem Ermessen eingeräumt. Hier habe der Antragsteller die Energiekostenrückstände selbst verschuldet. Zudem habe er gezeigt, dass er kein eigenes Interesse an der Beseitigung der Notlage habe. Nicht einmal die für Energiekosten vorgesehenen Beträge seines Arbeitslosengeldes II habe er zweckgemäß verwandt. Am 28.09.2005 erhob der Antragsteller Widerspruch. Da er sowohl ohne Strom als auch Heizung dastehe, bestehe erhebliche Gesundheitsgefahr. Auch durch sein bisheriges Verhalten habe er gezeigt, dass er sehr wohl ein Interesse habe, selbst seine Notlage zu beenden.
Am 00.00.0000 hat der Antragsteller Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er nimmt Bezug auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren. Weitere Zahlungen seien ihm nicht möglich gewesen, da Ende Juni seine Katze dringend stationärer tierärztlicher Behandlung bedurft habe. Die Kosten habe vorläufig der Verein Tiere in Not T übernommen, er habe den Betrag in Höhe von 200,- Euro jedoch abzuzahlen. Hinzu kämen noch Nachbehandlungskosten in Höhe von bislang 79,90 Euro. Zudem warte er bereits seit einem dreiviertel Jahr auf ein amtsärztliches Zeugnis, um sodann einen Ein-Euro-Job aufnehmen zu können. Außerdem habe er noch Zahlungen an die Antragsgegnerin zu leisten, da diese die Mietkaution für seine Wohnung übernommen habe. Derzeit könne er weder waschen, noch putzen, noch sich selber gründlich waschen. Auch warmes Essen könne er sich nicht bereiten. Wegen der Kühle in seiner Wohnung sei er bereits gesundheitlich beeinträchtigt – Erkältung, Hals- und Magenschmerzen. Bei der Gewährung eines Darlehens durch die Antragsgegnerin, sei er in der Lage 25,- Euro monatlich zurückzuzahlen. Sollte sich an seiner finanziellen Situation etwas ändern, werde er die Zahlungen auch umgehend erhöhen.
Er beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verurteilen, rückständige Stromkosten in Höhe von 577,52 Euro zu übernehmen, hilfsweise die Übernahme der Kosten als Darlehen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Eine Einflussnahme der Antragsgegnerin als Gesellschafterin auf die Beigeladene, scheide aus, da die Stromsperrung verhältnismäßig gewesen sei. Zudem habe keine hinreichende Aussicht bestanden, dass der Antragsteller seinen Verpflichtungen in Zukunft nachkommen werde. Zudem widerspreche eine derartige Einflussnahme dem Wesen einer GmbH. Gesellschafterbeschlüsse seien nur in Sachen von grundlegender Bedeutung vorgesehen. Der Antragsteller könne aus den Aufsichtspflichten der Antragsgegnerin als Gesellschafterin keine eigenen Ansprüche herleiten.
Die Beigeladene trägt vor, wenn der Bürger finanziell nicht mehr in der Lage sei, die Energiekosten zu zahlen, sei es sinnvoll, diese Angelegenheit der Sozialverwaltung zu übertragen. Sobald die Energiekostenrückstände – gleichgültig von wem – beglichen seien, werde sie die Energiezufuhr wieder aufnehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und der BSHF T Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in dem tenorierten Umfange Erfolg. Er ist zulässig und begründet. Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist der Fall, wenn dem Antragsteller gegen den Antragsgegner ein Anspruch (sogenannter Anordnungsanspruch) zusteht, dessen vorläufige Durchsetzung dringlich ist (sogenannter Anordnungsgrund). Die vorläufige Befriedigung des Anspruchs anzuordnen kommt dabei aber nur in Betracht, wenn dem Antragsteller sonst unzumutbare Nachteile entstünden (Ausnahme vom Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache). Dies ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu ermitteln (Landesozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.04.2005, AZ: L 9 B 6/05 SO ER). Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Der Antragsteller hat zunächst einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, ist dem Antragsteller unzumutbar. Denn er hat nachvollziehbar dargelegt, dass er ohne Strom und Gas weder warme Mahlzeiten zu sich nehmen, noch die Körperhygiene in ausreichendem Maße durchführen oder auch nur für hygienische Zustände in seiner Wohnung sorgen könne. Hinzu kommt, dass angesichts der kühler werdenden Witterung, eine hinreichende Wohnungstemperatur nicht sichergestellt ist. Die vom Antragsteller vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind angesichts dieser Umstände glaubhaft, eine Auskurierung erscheint derzeit beinahe aussichtslos.
Es besteht auch ein Anordnungsanspruch. Dieser ist identisch mit dem geltend gemachten materiellen Anspruch, welcher begründet erscheint. Es kann dahinstehen, ob sich aus § 34 Abs. 1 S. 1 Zweite Alternative SGB XII überhaupt Ansprüche auf Übernahme von Energiekostenrückständen herleiten lassen und ob hier eine Reduzierung des der Antragsgegnerin eingeräumten Ermessens auf Null vorläge. Denn jedenfalls hat der Antragsteller ein grundrechtlich garantiertes Recht auf Energielieferung im absolut erforderlichen Maße. Dieser Anspruch folgt aus dem Grundrecht auf körperliche Unversehrheit, dem grundrechtlichen Schutz der Wohnung und der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot, Artikel 2 Abs. 2 S. 1, 13 Abs. 1 und 1 Abs. 3 i. V. m. Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz (vgl. Landesozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.07.2005, AZ: L 1 B 7/05 SO ER; Sozialgericht Düsseldorf, Beschluss vom 31.08.2005, AZ: S 35 SO 189/05 ER). Die Antragssgegnerin ist schon nach Artikel 1 Abs. 3 Grundgesetz grundrechtsgebunden. Wie § 1 des SGB XII deutlich macht, ist aber auch das gesamte SGB XII einfachgesetzliche Ausformung der Verpflichtung des Staates ein menschenwürdiges Leben zu gewährleisten. Zu einem solchen gehört auch, seinen hygienischen Grundbedürfnissen nachgehen zu können. Außerhalb der Sommermonate ist hierfür warmes Wasser als erforderlich anzusehen. In Herbst und Winter ist aber insbesondere eine temperierbare Unterkunft von elementarer Bedeutung. Dem Antragsteller fehlt jede auch nur behelfsmäßige Möglichkeit hierzu, da ihm sowohl die Gas- als auch die Stromzufuhr gesperrt wurde. Angesichts kürzer werdender Tage ist seine nach Art. 13 Grundgesetz geschützte Wohnung ohne elektrisches Licht praktisch nur noch als (unbeheizter) Schlafplatz nutzbar.
Das Gericht verkennt nicht, dass der Antragsteller die Energiekostenrückstände durch sein Verhalten im Jahre 2004 möglicherweise provoziert hat. Auch hat der Antragsteller in der Vergangenheit nicht sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Selbsthilfekräfte mobilisiert, wenn er zunächst Behandlungskosten seines Haustieres zahlt, bevor er seine künftige Energieversorgung sicherstellt. Allerdings hat die Antragsgegnerin ausreichende Möglichkeiten, ein derartiges Verhalten des Antragstellers in der Zukunft zu unterbinden. Künftig auflaufenden Energiekostenrückständen kann schon dadurch effektiv entgegengewirkt werden, dass die BSHF T nunmehr unmittelbar an die Energieversorger leistet. Dieses Maß an Sicherheit für den Energieversorger, ermöglicht zumindest den Versorgungsvertragsabschluss mit einem anderen am Markt tätigen Energieversorger. Auch besteht die Möglichkeit, die Energiezufuhrt auf Guthabenbasis umzustellen. Sei dies durch Münzzähler oder durch andere technische Vorrichtungen, die nur ein zuvor bezahltes Energiekontingent zur Verfügung stellen. Sollte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Darlehen gewähren oder ihren Einfluss als Mehrheitsgesellschafterin der Beigeladenen geltend machen, steht es ihr frei, die Energiezufuhr davon abhängig zu machen, dass der Antragsteller der von ihm vorgeschlagenen Ratenzahlungsvereinbarung in Höhe von 25,- Euro monatlich nachkommt. Das Gericht hat den Tenor des Beschlusses hinsichtlich der konkreten Methode der Wiederherstellung der Energiezufuhr bewusst offen gehalten, um der Antragsgegnerin zu ermöglichen, künftige Energiekostenrückstände des Antragstellers zu vermeiden und dessen Selbsthilfemöglichkeiten vollumfänglich einzubinden.
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich das Gericht nicht der Auffassung der Beigeladenen anzuschließen vermag, aufgelaufene Energiekosten finanziell überforderter Bürger, seien von der Sozialverwaltung und damit dem Steuerzahler zu tragen. Vielmehr erscheint fraglich, ob die Energieversorger die ihnen zur Verfügung stehenden technischen Mittel zur Vermeidung erheblicher Energiekostenrückstände ausreichend nutzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
Gründe:
I. Die Beteiligten streiten um die Wiederaufnahme der Energiezufuhr zu der Wohnung des Antragstellers. Die Beigeladene ist eine 50,1 prozentige Tochtergesellschaft der Antragsgegnerin.
Für seine jetzige Wohnung bezog der Antragsteller seit 17.04.2003 Strom und Gas von der Beigeladenen, den örtlichen Stadtwerken. Bereits seit Vertragsbeginn wurden angeforderte Zahlungen teilweise gar nicht oder erst nach erfolgter Mahnung erheblich verspätet geleistet. Die Energieversorgung wurde erstmalig am 26.11.2003 seitens der Beigeladenen eingestellt. Die Wiederinbetriebnahme erfolgte nach Zahlung der Rückstände am 27.11.2003. Überfällige Forderungen wurden weiter angemahnt unter Hinweis auf eine bevorstehende Versorgungseinstellung bei Nichtzahlung. Aus der Jahresabrechnung der Beigeladenen für den Zeitraum vom 22.01.2004 bis 19.01.2005 ergab sich eine Nachforderung der Beigeladenen gegen den Antragsteller in Höhe von 592,84 Euro. Zudem setzte die Beigeladene die ab 13.06.2005 zweimonatlich fällig werdenden Abschläge auf 269,- Euro fest. Der Antragsteller zahlte am 02.03.2005 100,- Euro, am 29.04.2005 100,- Euro, am 03.06.2005 200,- Euro und am 31.08.2005 50,- Euro. Seit Mai 2005 erhält er von der BSHF T Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Am 19.09.2005 stellte die Beigeladene die Energiezufuhr an den Antragsteller wegen nicht beglichener Energiekostenrückstände ein. Eine Wiederaufnahme der Energiezufuhr bei bloßer Ratenzahlung lehnte sie ab. Daraufhin wurde der Antragsteller zunächst bei der BSHF T vorstellig und bat um Übernahme der Energiekostenrückstände. Diese lehnte eine Übernahme jedoch ab und verwies den Antragsteller an die Antragsgegnerin. Allerdings veranlasste die BSHF T, dass ab 01.10.2005 von den dem Antragsteller zustehenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende 135,- Euro monatlich direkt an die Beigeladene ausgezahlt werden.
Am 19.09.2005 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin die Übernahme der Energiekostenrückstände. Mit Bescheid vom 20.09.2005 lehnte diese seinen Antrag ab. Eine Übernahme rückständiger Stromkosten könne unter den Voraussetzungen des § 34 SGB XII zwar grundsätzlich durch den örtlichen kommunalen Träger der Sozialhilfe erfolgen. Allerdings sei diesem Ermessen eingeräumt. Hier habe der Antragsteller die Energiekostenrückstände selbst verschuldet. Zudem habe er gezeigt, dass er kein eigenes Interesse an der Beseitigung der Notlage habe. Nicht einmal die für Energiekosten vorgesehenen Beträge seines Arbeitslosengeldes II habe er zweckgemäß verwandt. Am 28.09.2005 erhob der Antragsteller Widerspruch. Da er sowohl ohne Strom als auch Heizung dastehe, bestehe erhebliche Gesundheitsgefahr. Auch durch sein bisheriges Verhalten habe er gezeigt, dass er sehr wohl ein Interesse habe, selbst seine Notlage zu beenden.
Am 00.00.0000 hat der Antragsteller Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt. Er nimmt Bezug auf seinen Vortrag im Widerspruchsverfahren. Weitere Zahlungen seien ihm nicht möglich gewesen, da Ende Juni seine Katze dringend stationärer tierärztlicher Behandlung bedurft habe. Die Kosten habe vorläufig der Verein Tiere in Not T übernommen, er habe den Betrag in Höhe von 200,- Euro jedoch abzuzahlen. Hinzu kämen noch Nachbehandlungskosten in Höhe von bislang 79,90 Euro. Zudem warte er bereits seit einem dreiviertel Jahr auf ein amtsärztliches Zeugnis, um sodann einen Ein-Euro-Job aufnehmen zu können. Außerdem habe er noch Zahlungen an die Antragsgegnerin zu leisten, da diese die Mietkaution für seine Wohnung übernommen habe. Derzeit könne er weder waschen, noch putzen, noch sich selber gründlich waschen. Auch warmes Essen könne er sich nicht bereiten. Wegen der Kühle in seiner Wohnung sei er bereits gesundheitlich beeinträchtigt – Erkältung, Hals- und Magenschmerzen. Bei der Gewährung eines Darlehens durch die Antragsgegnerin, sei er in der Lage 25,- Euro monatlich zurückzuzahlen. Sollte sich an seiner finanziellen Situation etwas ändern, werde er die Zahlungen auch umgehend erhöhen.
Er beantragt,
die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung zu verurteilen, rückständige Stromkosten in Höhe von 577,52 Euro zu übernehmen, hilfsweise die Übernahme der Kosten als Darlehen.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abzulehnen.
Eine Einflussnahme der Antragsgegnerin als Gesellschafterin auf die Beigeladene, scheide aus, da die Stromsperrung verhältnismäßig gewesen sei. Zudem habe keine hinreichende Aussicht bestanden, dass der Antragsteller seinen Verpflichtungen in Zukunft nachkommen werde. Zudem widerspreche eine derartige Einflussnahme dem Wesen einer GmbH. Gesellschafterbeschlüsse seien nur in Sachen von grundlegender Bedeutung vorgesehen. Der Antragsteller könne aus den Aufsichtspflichten der Antragsgegnerin als Gesellschafterin keine eigenen Ansprüche herleiten.
Die Beigeladene trägt vor, wenn der Bürger finanziell nicht mehr in der Lage sei, die Energiekosten zu zahlen, sei es sinnvoll, diese Angelegenheit der Sozialverwaltung zu übertragen. Sobald die Energiekostenrückstände – gleichgültig von wem – beglichen seien, werde sie die Energiezufuhr wieder aufnehmen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen Verwaltungsakten der Antragsgegnerin und der BSHF T Bezug genommen.
II. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in dem tenorierten Umfange Erfolg. Er ist zulässig und begründet. Nach § 86 b Abs. 2 S. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der Hauptsache eine einstweilige Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn die Regelung zur Abwehr wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Dies ist der Fall, wenn dem Antragsteller gegen den Antragsgegner ein Anspruch (sogenannter Anordnungsanspruch) zusteht, dessen vorläufige Durchsetzung dringlich ist (sogenannter Anordnungsgrund). Die vorläufige Befriedigung des Anspruchs anzuordnen kommt dabei aber nur in Betracht, wenn dem Antragsteller sonst unzumutbare Nachteile entstünden (Ausnahme vom Verbot der Vorwegnahme der Hauptsache). Dies ist im Rahmen einer summarischen Prüfung zu ermitteln (Landesozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 21.04.2005, AZ: L 9 B 6/05 SO ER). Anordnungsanspruch und -grund sind glaubhaft zu machen (§ 86 b Abs. 2 S. 4 SGG i. V. m. § 920 Abs. 2 ZPO). Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt.
Der Antragsteller hat zunächst einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht. Die Entscheidung in der Hauptsache abzuwarten, ist dem Antragsteller unzumutbar. Denn er hat nachvollziehbar dargelegt, dass er ohne Strom und Gas weder warme Mahlzeiten zu sich nehmen, noch die Körperhygiene in ausreichendem Maße durchführen oder auch nur für hygienische Zustände in seiner Wohnung sorgen könne. Hinzu kommt, dass angesichts der kühler werdenden Witterung, eine hinreichende Wohnungstemperatur nicht sichergestellt ist. Die vom Antragsteller vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen sind angesichts dieser Umstände glaubhaft, eine Auskurierung erscheint derzeit beinahe aussichtslos.
Es besteht auch ein Anordnungsanspruch. Dieser ist identisch mit dem geltend gemachten materiellen Anspruch, welcher begründet erscheint. Es kann dahinstehen, ob sich aus § 34 Abs. 1 S. 1 Zweite Alternative SGB XII überhaupt Ansprüche auf Übernahme von Energiekostenrückständen herleiten lassen und ob hier eine Reduzierung des der Antragsgegnerin eingeräumten Ermessens auf Null vorläge. Denn jedenfalls hat der Antragsteller ein grundrechtlich garantiertes Recht auf Energielieferung im absolut erforderlichen Maße. Dieser Anspruch folgt aus dem Grundrecht auf körperliche Unversehrheit, dem grundrechtlichen Schutz der Wohnung und der Menschenwürde in Verbindung mit dem Sozialstaatsgebot, Artikel 2 Abs. 2 S. 1, 13 Abs. 1 und 1 Abs. 3 i. V. m. Artikel 20 Abs. 1 Grundgesetz (vgl. Landesozialgericht Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 15.07.2005, AZ: L 1 B 7/05 SO ER; Sozialgericht Düsseldorf, Beschluss vom 31.08.2005, AZ: S 35 SO 189/05 ER). Die Antragssgegnerin ist schon nach Artikel 1 Abs. 3 Grundgesetz grundrechtsgebunden. Wie § 1 des SGB XII deutlich macht, ist aber auch das gesamte SGB XII einfachgesetzliche Ausformung der Verpflichtung des Staates ein menschenwürdiges Leben zu gewährleisten. Zu einem solchen gehört auch, seinen hygienischen Grundbedürfnissen nachgehen zu können. Außerhalb der Sommermonate ist hierfür warmes Wasser als erforderlich anzusehen. In Herbst und Winter ist aber insbesondere eine temperierbare Unterkunft von elementarer Bedeutung. Dem Antragsteller fehlt jede auch nur behelfsmäßige Möglichkeit hierzu, da ihm sowohl die Gas- als auch die Stromzufuhr gesperrt wurde. Angesichts kürzer werdender Tage ist seine nach Art. 13 Grundgesetz geschützte Wohnung ohne elektrisches Licht praktisch nur noch als (unbeheizter) Schlafplatz nutzbar.
Das Gericht verkennt nicht, dass der Antragsteller die Energiekostenrückstände durch sein Verhalten im Jahre 2004 möglicherweise provoziert hat. Auch hat der Antragsteller in der Vergangenheit nicht sämtliche ihm zur Verfügung stehenden Selbsthilfekräfte mobilisiert, wenn er zunächst Behandlungskosten seines Haustieres zahlt, bevor er seine künftige Energieversorgung sicherstellt. Allerdings hat die Antragsgegnerin ausreichende Möglichkeiten, ein derartiges Verhalten des Antragstellers in der Zukunft zu unterbinden. Künftig auflaufenden Energiekostenrückständen kann schon dadurch effektiv entgegengewirkt werden, dass die BSHF T nunmehr unmittelbar an die Energieversorger leistet. Dieses Maß an Sicherheit für den Energieversorger, ermöglicht zumindest den Versorgungsvertragsabschluss mit einem anderen am Markt tätigen Energieversorger. Auch besteht die Möglichkeit, die Energiezufuhrt auf Guthabenbasis umzustellen. Sei dies durch Münzzähler oder durch andere technische Vorrichtungen, die nur ein zuvor bezahltes Energiekontingent zur Verfügung stellen. Sollte die Antragsgegnerin dem Antragsteller ein Darlehen gewähren oder ihren Einfluss als Mehrheitsgesellschafterin der Beigeladenen geltend machen, steht es ihr frei, die Energiezufuhr davon abhängig zu machen, dass der Antragsteller der von ihm vorgeschlagenen Ratenzahlungsvereinbarung in Höhe von 25,- Euro monatlich nachkommt. Das Gericht hat den Tenor des Beschlusses hinsichtlich der konkreten Methode der Wiederherstellung der Energiezufuhr bewusst offen gehalten, um der Antragsgegnerin zu ermöglichen, künftige Energiekostenrückstände des Antragstellers zu vermeiden und dessen Selbsthilfemöglichkeiten vollumfänglich einzubinden.
Nur der Vollständigkeit halber sei darauf hingewiesen, dass sich das Gericht nicht der Auffassung der Beigeladenen anzuschließen vermag, aufgelaufene Energiekosten finanziell überforderter Bürger, seien von der Sozialverwaltung und damit dem Steuerzahler zu tragen. Vielmehr erscheint fraglich, ob die Energieversorger die ihnen zur Verfügung stehenden technischen Mittel zur Vermeidung erheblicher Energiekostenrückstände ausreichend nutzen.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer analogen Anwendung der §§ 183, 193 Abs. 1 S. 1 SGG.
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