Land
Nordrhein-Westfalen
Sozialgericht
SG Köln (NRW)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
19
1. Instanz
SG Köln (NRW)
Aktenzeichen
S 19 KR 76/05
Datum
2. Instanz
LSG Nordrhein-Westfalen
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
Die Beschlüsse der Beklagten vom 22.07.2004 und 18.01.2005 werden aufgehoben. Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um aufsichtsrechtliche Beanstandungen.
Der Kläger ist im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung. Ihm ist - u. a. unter Beteiligung der Beigeladenen - aufgegeben, Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen (§ 137 c Abs. 1 Buch V des Sozialgesetzbuches - SGB V -). Bei einem negativen Bewerten erlässt der Kläger eine entsprechende Richtlinie. Sie hat er dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) vorzulegen, der sie innerhalb von 2 Monaten nach Vorlage beanstanden kann (§ 94 Abs. 1 SGB V).
Unter dem 30.08.2001 beantragte die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, die Protonentherapie zu beraten. Diese ist ein Hochpräzisionsstrahlen-Therapieverfahren, das bei onkologischen Erkrankungen eingesetzt wird. Dabei werden durch einen Teilchenbeschleuniger die positiv geladenen, massereichen Teile des Atomkerns mit mehr als halber Lichtgeschwindigkeit auf den Körper gerichtet und können, da sie ihre maximale Energie erst kurz vor deren Verlust entfalten, sehr zielgenau den zu bestrahlenden Tumor treffen. Dadurch wird der gesunde Organismus wesentlich mehr geschont als bei der herkömmlichen Photonen- oder Röntgenbestrahlung. Auch dringen Protonenstrahlen im Gegensatz zu Photonenstrahlen (nur) begrenzt in das Gewebe ein; hinter dem sogenannten "Bragg"-Punkt ist keine Bestrahlung mehr nachweisbar. Deshalb ermöglicht die Protonentherapie sehr hohe Strahlendosen, ohne dass gesundes, den Tumor umgebendes Gewebe geschädigt wird. Für die Beschaffung einer Protonenbestrahlungsanlage ist eine Investition von ca. 150.000.000,- Euro erforderlich.
Mit Beschluss vom 11.05.2004 stellte der Kläger fest, dass die Protonentherapie bei der Indikation "Ästhesioneuroblastom" derzeit weder allein noch in Kombination mit einer anderen Therapie die Kriterien des § 137 c SGB V (Erforderlichkeit für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten) erfüllt und damit keine Leistung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Er ordnete sie in die Richtlinie zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus gemäß § 137c SGB V ein, Anlage B "Nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden." Dort sind solche Methoden aufgeführt, die nicht als Krankenhausbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden dürfen (Ziffer 3.4).
Mit Beschluss vom 16.11.2004 traf der Kläger die gleiche Feststellung für die Protonentherapie bei der Indikation "Mammakarzinom" und ordnete sie ebenfalls in die Anlage B der oben genannten Richtlinie ein.
Die entsprechenden Abschlussberichte hatte der Kläger (mit Stand vom 06.04.2004 bzw. 17.09.2004) jeweils mit seiner Entscheidung dem BMGS vorgelegt. Die dagegen gerichteten Einwände des Ministeriums beriet der Kläger, blieb aber bei seinen Bewertungen.
Mit Bescheiden vom 22.07.2004 und 18.01.2005 beanstandete die Beklagte die Beschlüsse des Klägers.
Gegen die erste Beanstandung betreffend die Indikation Ästhesioneuroblastom hat der Kläger am 00.00.0000 Klage erhoben. Sie wurde zunächst unter dem Az.: S 00 KA 00/00 geführt, später jedoch nicht mehr als Angelegenheit der Vertragsärzte betrachtet und in jenen Anteil der Kammer 19 übernommen, der sich mit dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung befasst. Dort wurde sie unter dem Az.: S 00 KR 00/00 geführt.
Gegen die Entscheidung von Januar 2005 betreffend die Indikation Mammakarzinom hat der Kläger am 00.00.0000 Klage erhoben. Sie erhielt zunächst ein KR-Aktenzeichen (S 00 KR 00/00), wurde später aber der Kassenarztkammer zugeordnet (S 00 KA 0/00). Schließlich ist sie jedoch ebenfalls - wie die Klage vom August des Vorjahres - als Angelegenheit der Sozialversicherung (gesetzliche Krankenversicherung) unter dem Az.: S 00 KR 00/00 behandelt worden. Beide Streitigkeiten hat die Kammer zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung miteinander verbunden. Sie werden nur noch unter dem Az.: S 00 KR 00/00 geführt. Der Kläger trägt vor, die beanstandeten Richtlinienbeschlüsse zum Ausschluss der Protonentherapie seien fehlerfrei getroffen: Für den Indikationsbereich Ästhesioneuroblastom sei diese Therapie auszuschließen, weil es keinerlei belastbare Belege für die Wirksamkeit der Behandlung bei dieser Indikation gebe; die einzig relevante Publikation von Fitzek habe keinen Aussagewert, weil sie lediglich 10 Patienten mit einem Ästhesioneuroblastom beobachtet habe, keine Aussage über die Wirksamkeit der Protonentherapie in dieser Indikation treffe und auch sonst schwerwiegende methodische Mängel aufweise; bei dem Indikationsbereich Mammakarzinom gebe es keinerlei Unterlagen von Gewicht, geschweige belastbare Studien, die die Wirksamkeit der Protonentherapie nach Anwenden bei dieser Indikation bestätigen würden; selbst nach Angaben des Betreibers der bisher einzigen Anlage zur Protonenbestrahlung in Deutschland gebe es derzeit keine Hinweise, dass die Therapie in diesem Indikationsbereich jemals angewandt worden sei; richtig sei zwar, dass die Protonentherapie zur Behandlung des Ästhesioneuroblastoms und des Mamma-Ca nicht nachweisbar unwirksam sei; darauf komme es jedoch nicht an, sondern vielmehr darauf, ob bei der vorhandenen Nachweislage die Protonentherapie für die Behandlung des Ästhesioneuroblastoms bzw. des Mamma-Ca dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche; nach dem Zweck des § 137 c SGB V habe er - der Kläger - zu verhindern, dass medizinisch fragwürdige Leistungen zu Lasten der sozialen Krankenversicherung erbracht würden; dieser Aufgabe könne der Kläger nicht gerecht werden, wenn bei nicht hinreichender Evidenz für die Wirksamkeit einer Methode kein Ausschluss möglich sei, zumal aus ethischen aber auch praktischen Gründen kaum Studien zu finden seien, die die Unwirksamkeit einer Methode belegen; maßgeblich sei allein, ob der Kläger aufgrund eines zutreffenden Beurteilungsmaßstabes objektiv richtig entschieden habe; dabei habe er - der Kläger - keine ausführlichen Überlegungen zur strahlentherapeutischen Toxizität der Protonentherapie in seine Entscheidung einfließen lassen; es sei denklogisch ausgeschlossen, eine Methode, deren Heilwirkung ungewiss sei, nur deshalb als wirksam anzusehen, weil sie (gegenüber einer Referenzmethode) geringere unerwünschte Nebenwirkungen habe; auch wenn das Ästhesioneuroblastom selten auftrete, was auch für Subgruppen des Mammakarzinoms gelte, könne auf eine valide Datenlage nicht verzichtet werden, es sei denn, die Therapie habe sich letztlich in der Praxis durchgesetzt; davon aber könne in beiden Indikationsbereichen nicht die Rede sein.
Der Kläger beantragt,
die Beanstandungen der Beklagten vom 22.07.2004 und 18.01.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, der Kläger habe den Unterschied in den Regelungen der §§ 137 c Abs. 1 Satz 1 SGB V und 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V hinsichtlich ihrer Auswirkungen nicht gesehen; lediglich bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im ambulanten Bereich sehe das Gesetz eine Anerkennungsentscheidung vor (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), für den Krankenhaussektor aber eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt; der Gesetzgeber habe klar zum Ausdruck gebracht, dass die Entscheidung über den Verbleib einer Methode im stationären Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung nicht allein am Stand der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Wirksamkeit und Nutzen orientiert werden dürfe; daraus folge die Beweislast für die Feststellung nach § 137 c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V, dass eine Methode für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinische Erkenntnisse nicht erforderlich sei; dies aber habe die Überprüfung der Behandlungsmethode durch den Kläger nicht zeigen können. Darüber hinaus seien die Richtlinienbeschlüsse zu beanstanden, weil sie auf einem aus wissenschaftlicher Sicht unvertretbaren Bewertungskonzept basieren würden, nämlich a) einer unzulässigen Verkürzung des Konzepts einer umfassenden evidenzbasierten Methodenbewertung, b) überzogenen Anforderungen an das dem Nutzennachweis zu Grunde zu legende Evidenzniveau sowie c) einer unvollständigen Ermittlung des Sachverhalts; abgesehen von der sogenannten "externen Evidenz" aus Studien hätte der Kläger u. a. die Schwere und Seltenheit einer Krankheit, die Erfolgsaussichten und Risiken der üblichen Strahlentherapie, die fachlich notwendige Differenzierung nach Patientensubgruppen und die Notwendigkeit der patientenindividuellen Therapieplanung berücksichtigen müssen; dem gegenüber habe der Kläger angesichts der Seltenheit des Ästhesioneuroblastoms sowie einiger Subgruppen des Mammakarzinoms überzogene Anforderungen an das Evidenzniveau des Nutzennachweises zu Grunde gelegt und damit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt; schließlich habe der Kläger den Aspekt der strahlenbedingten Toxizität jedenfalls nicht genug abwägend bewertet; der entscheidende Fortschritt der Protonentherapie bestehe gerade im Vermeiden der unerwünschten Strahlenbelastung des gesunden Gewebes; es genüge nicht, diesen entscheidungserheblichen Umstand nur in Themengruppen zu behandeln; das Entscheidungsgrenium des Klägers habe die Verringerung der unerwünschten Strahlenbelastung einer Protonentherapie gegenüber der herkömmlichen Bestrahlung zumindest nicht hinreichend in die Überlegungen einbezogen, obgleich der strahlenbedingten Toxizität eine zentrale Rolle bei der Behandlungsplanung zukomme.
Im Übrigen tritt der Beklagte den Ausführungen der Beigeladenen zu 9) bei. Diese schließt sich dem Antrag des Beklagten an und trägt vor: Indem das Gesetz die "Berücksichtigung" des medizinischen Erkenntnisstandes vorschreibe, sei ausgedrückt, dass dieser Erkenntnisstand nicht alleiniges Kriterium zur Beurteilung einer Heilmethode sei und es deshalb dem Kläger im Rahmen des § 137 c SGB V nicht genügen könne festzustellen, dass hinreichende Belege für deren Nutzen nicht vorliegen würden; so habe der Kläger versäumt zu prüfen und zu bewerten, ob die Methode nicht trotz der Zweifel am wissenschaftlichen Nachweis ihrer Wirksamkeit insbesondere für eine ausreichende Versorgung der Versicherten erforderlich sei; zutreffend beanstande deshalb die Beklagte, dass der Kläger keine über die Nutzenbewertung hinausgehende Gesamtbewertung im Versorgungskontext getroffen habe; der Kläger trage aber die Beweislast, dass er die für den Ausschluss einer Methode erforderliche umfassende Prüfung und Gesamtabwägung vorgenommen habe; seine Aufgabe wäre gewesen, bei seiner Prüfung und Gesamtabwägung die Entscheidungsgrundlagen unter Einbeziehung Sachverständiger und der Patientenvertreter zu eruieren und selbst zu dokumentieren, statt sich auf das Auffinden und Bewerten von Studien zu beschränken; da beim Ästhesioneuroblastom oder Subgruppen des Mammakarzinoms mit großer Wahrscheinlichkeit keine Studien zu erwarten seien, hätte der Kläger abwägen müssen, ob die Protonentherapie bei dem genannten Patientenkreis eher von Nutzen oder von Schaden sei; insofern habe der Beklagte das auf der unvollständigen Bewertung beruhende Ergebnis des Klägers beanstandet; die Rechtsaufsicht umfasse auch die Prüfung, ob die vom Kläger bei seiner Tätigkeit zugrunde gelegten Kriterien und Maßstäbe sachgerecht und vollständig waren und ob der Kläger insoweit seiner Rechtspflicht zu einer umfassenden Prüfung nachgekommen sei; zu Recht weise der Beklagte deshalb auf die Strahlenschutzverordnung hin, die auch vom Kläger zu beachten sei; es erscheine unerlässlich, die Nebenwirkungsaspekte der Protonentherapie im Vergleich zur konventionellen Strahlentherapie differenziert zu analysieren und darzustellen; alle drei vom Kläger bewerteten Studien würden aber belegen, dass bei der Protonenbestrahlung nach brusterhaltender Therapie gesundes Gewebe im Vergleich zur konventionellen Bestrahlung geringer durch Strahlen belastet werde; eine dieser Studien behandele gerade Patientinnen mit geometrisch schwieriger, konkaver Brustform, bei denen es besonders problematisch sei, mit konventioneller Strahlentherapie gesunde Risikoorgane zu schonen; auch wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die lokale Strahlentherapie zu einer erhöhten kardialen und sonstigen Mortalität führe, wodurch die Reduktion der brustkrebsbedingten Mortalität aufgehoben werde; schließlich hätten – da keine tragfähigen Studien zur Protonentherapie beim Ästhesioneuroblastom und zum Mamma-Ca existieren würden – zum Bewerten des therapeutischen Nutzens der Therapie bei diesen Indikationen Kenntnisse aus anderen Tumorarten ähnlicher Pathologie einbezogen werden müssen; auch dies sei ein zur Beanstandung berechtigendes Bewertungsdefizit.
Die Beigeladenen zu 5) und 6) - federführend für die übrigen Spitzenverbände der Krankenkassen - unterstützen den Kläger, ohne selbst einen eigenen Antrag zu stellen: Zwar könnten von Krankenhäusern auch noch nicht wissenschaftlich anerkannte Methoden zu Lasten der GKV angewandt werden; diese Möglichkeit aber ende, wenn der Kläger nach § 137 c SGB V festgestellt habe, dass eine Methode unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung nicht erforderlich sei; Maßstab einer solchen Prüfung bzw. Entscheidung sei der für das gesamte Leistungsrecht maßgebende Grundsatz der Wirtschaftlichkeit; er könne nur greifen, wenn der jeweilige Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse beachtet würde; bei Prüfung und Entscheidung auf dem Gebiet des Krankenhaussektors seien dieselben Grundsätze wie in § 135 Abs. 1 SGB V anzuwenden; wenn auch das Gesetz bei Krankenhausleistungen auf einen Erlaubnisvorbehalt für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden verzichte, ändere dies nichts daran, dass nach dem gesetzgeberischen Konzept die Frage des medizinischen Nutzens und der wissenschaftlichen Akzeptanz von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch einen sachverständigen Ausschuss abschließend und verbindlich geklärt würde.
Dem schließt sich der Beigeladene zu 2) an, ebenfalls ohne einen eigenen Antrag zu stellen.
Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem alle Beteiligten unter Hinweis darauf geladen waren, dass auch bei Ausbleiben eines Vertreters oder Bevollmächtigten verhandelt, Beweis erhoben und entschieden werden könne, ist für die Beigeladenen zu 1) – 8) niemand aufgetreten.
Schließlich hat sich in dem Rechtsstreit u. a. der Betreiber des S Q1 Therapy Centers (S) N geäußert; es ist die erste Anlage in Deutschland und Europa, in der Tumore mit der Protonentherapie behandelt werden können: Er hält es einerseits für fehlerhaft, wenn der Kläger sich für seine Entscheidung auf Studien zu einzelnen Indikationen beschränke, zum anderen auch für fehlerhaft, wenn er die naturwissenschaftlichen Grundlagen einer Behandlungsmethode wie etwa der Physik und der Biologie außer Betracht lasse. Er hat ein Rechtsgutachten eingereicht, das F für den Betreiber des S im Dezember 2004 erstattet hat: "Protonentherapie als GKV-Krankenhausbehandlung. Zur Zulässigkeit von Protonentherapie als Tumorstrahlentherapie im Rahmen der GKV-Krankenhausbehandlung unter besonderer Berücksichtigung von Entscheidungskriterien, Erkenntnisgrundlagen und Beweismaßstäben für Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 91 SGB V hinsichtlich Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus nach § 137c SGB V".
Der Kläger hat ein Rechtsgutachten seiner Stabsstelle Recht vorgelegt "Der Wirksamkeitsnachweis bei der Prüfung nach § 137 c SGB V". Die Kammer hat C, Leiter der Kinderonkologie und Hämatologie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Klinikums der Universität L zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 ist er zu der Studienlage bezüglich der Protonentherapie in den Indikationen Ästhesioneuroblastom und Mammakarzinom gehört worden und inwieweit es medizinisch-wissenschaftlich vertretbar ist, bei der Bewertung der Protonentherapie (nur) die aktuelle Studienlage heranzuziehen bzw. inwieweit es unvertretbar ist, vorrangig auf eine Datenlage abzustellen, auch wenn sie im Hinblick auf die Seltenheit einer Erkrankung lückenhaft ist. Ferner hat er die Fragen beantwortet, wie sich die strahlenbedingte Toxizität der unterschliedlichen Strahlentherapien, eine Differenzierung nach Patientensubgruppen und die Erkenntnisse der Protonentherapie bei anderen Karzinomarten als dem Ästhesioneuroblastom und dem Mammakarzinom auf die Nutzenbewertung der Protonentherapie bei diesen Indikationen auswirken. Wegen seiner Beurteilung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Während der Befragung des Sachverständigen hat die Kammer ferner Q2 gehört der für den Kläger aufgetreten ist, I1 von der Beklagten und T1 und T2 von der Beigeladenen zu 9) sowie X vom S N. Auch ihre Beurteilung ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift.
Schließlich hat die Kammer zu der Frage, inwieweit der Strahlenschutzaspekt in den Abschlusssitzungen des Beklagten erörtert wurde, Beweis erhoben durch Anhören der Frau T2 als Zeugin. Wegen ihrer Bekundungen wird ebenfalls auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Obgleich im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht alle Beteiligten vertreten waren, konnte die Kammer verhandeln, Beweis erheben und entscheiden. Auch die Beigeladenen zu 1) bis 8) waren in der Ladung über diese Möglichkeit unterrichtet. Sie ergibt sich aus der in den §§ 124 Abs. 1, 126, 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) getroffenen Regelung.
Die Kammer hat mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Versicherten und dem der Arbeitgeber entschieden (§ 12 Abs. 2 Satz 1 SGG). Dies ist jene Besetzung, die in Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung vorgeschrieben ist. Zwar sieht § 12 Abs. 3 SGG in den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechtes eine Besetzung unter Beteiligung der Krankenkassen und der Vertragsärzte bzw. Vertragspsychotherapeuten vor. Der vorliegende Rechtsstreit hat mit den in dieser Vorschrift genannten Angelegenheiten gemein, dass die Entscheidung des Beklagten in eine solche der gemeinsamen Selbstverwaltung eingreift. Sie wurde vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz-GMG) vom 14.11.2003 nahezu vollständig unter Beteiligung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ausgeübt. Dies war der Grund, weshalb die Streitigkeiten auch zunächst als solche des Vertragsarztrechtes angesehen wurden. Mit Einrichten des Klägers als des Gemeinsamen Bundesausschusses ist § 91 SGB V aber u. a. dahin geändert, dass bei Beschlüssen nach § 137 c SGB V an Stelle der Vertreter der KBV Vertreter der Beigeladenen zu 9) mitwirken. Damit aber haben die Richtlinien des Klägers, soweit sie das Ergebnis seiner Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus betreffen, keinen Bezug mehr zum Vertragsarztrecht. Weder sind bei den von der Beklagten beanstandeten Entscheidungen Vertragsärzte (auch nur im weiteren Sinne) beteiligt gewesen, noch wirken sich die Entscheidungen des Klägers auf das Recht der Vertragsärzte aus. Schließlich ist von der Richtlinienentscheidung auch die vertragsärztliche Versorgung nicht tatsächlich betroffen. Denn die Bereiche der ambulanten und stationären Versorgung sind (noch) so getrennt, dass eine sektorübergreifende Versorgung gesetzlich Krankenversicherter ausgeschlossen ist, jedenfalls soweit, dass man nicht von einem auch nur teilweise kongruenten Leistungsangebot sprechen kann. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass § 137c Abs. 1 SGB V durch das Gesetz vom 14.11.2003 (BGB l. I Seite 2190) mit Wirkung vom 01.01.2004 auch dahin neu gefasst ist: Der frühere Satz 3 des 1. Absatzes ist fortgefallen. Damit war dem früheren Beteiligten nach Satz 1 (dem Ausschusses Krankenhaus) aufgegeben, Arbeitsplan und Bewertungsergebnisse mit dem damaligen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen insoweit abzustimmen, als er neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im ambulanten Bereich zu bewerten hatte (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Dem Gesetzgeber schien es nicht mehr notwendig, dass der Kläger sektorübergreifende Gesichtspunkte bei der Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus berücksichtigt.
Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht erhobenen Klagen sind begründet. Die angefochtenen Beschlüsse der Beklagten mussten aufgehoben werden, weil sie rechtswidrig sind. Zu Unrecht beanstandet das BMGS – als Vertreter der Beklagten - die Einordnung der Protonentherapie für die Indikationen "Ästhesioneuroblastom" und "Mammakarzinom" in die Anlage B der Verfahrensregeln zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus. Die mit den Klagen angegriffenen Maßnahmen der Rechtsaufsicht sind rechtswidrig, weil der Kläger mit seinen – von der Beklagten beanstandeten – Beschlüssen vom 11.05.2004 und 16.11.2004 das in § 137c Abs. 1 SGB V normierte Recht nicht verletzt hat.
Alle Überlegungen haben dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Gesetz dem Kläger eine ihm eigene rechtssetzende Aufgabe zuweist. Der staatlich-demokratische Gesetzgeber hat durch ein dichtes Netz gesetzlicher Bestimmungen zwar die wesentlichen Entscheidungen auch dazu getroffen, welche Leistungen nach welchen Maßstäben bei Eintritt des Versicherungsfalles zu erbringen sind. Die Versorgungsbedürfnisse innerhalb des umfassenden Schutzes, den die gesetzliche Krankenversicherung gewähren will, ändern sich mit der Weiterentwicklung medizinischer Behandlungsmethoden und der Fortentwicklung medizinischer Erkenntnisse - teilweise greifen die Bedürfnisse diesen Entwicklungen sogar voraus. Dies erfordert eine flexible Rechtskonkretisierung. Sie ist der gemeinsamen Selbstverwaltung übertragen. Zur sachgerechten Lösung dieser Aufgabe nutzt das Gesetz die körperschaftlich aggregierten Interessen mit den jeweils spezifischen Verantwortungszusammenhängen und dem besonderen Sachverstand der an der Krankenversicherung Beteiligten. Alle daraus resultierenden Kräfte spannt er im Kläger ein und optimiert sie, indem er ihn entsprechend dem jeweiligen Bewertungsgegenstand unterschiedlich zusammensetzt (vgl. Hase "verfassungsrechtliche Bewertung der Normsetzung durch den GBA" in: MedR 2005, 391, 393).
Aus dieser Position des Klägers im Netz der gesetzlichen Bestimmungen des SGB V sowie der Begleitgesetze des SGB IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung) und SGB X (Verwaltungsverfahren) folgen Grund und Grenzen der Aufsichtstätigkeit des Beklagten. Einerseits befugt jede Selbstverwaltung zu eigenverantwortlichem, selbstständigen Verwaltungshandeln und gewährt damit einen eigenen Wirkungskreis. Andererseits handelt es sich bei einer Selbstverwaltung um die gesetzesgebundene Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Wie jede juristische Person des öffentlichen Rechts steht deshalb auch die Selbstverwaltung unter staatlicher Aufsicht mit dem Ziel, einerseits die umfassende Wahrung der Rechtsmäßigkeit ihrer selbstverwalteten Tätigkeit zu prüfen, andererseits zu gewährleisten, dass die übertragenen Aufgaben auch wahrgenommen werden und so die Funktionsfähigkeit des Selbstverwaltungskörpers gesichert wird. Diese Aufsichtsziele sind in § 92 Abs. 10 und § 94 Abs. 1 SGB V kodifiziert, wobei dem BMGS nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift insbesondere das Beanstandungsrecht eingeräumt ist. Im Hinblick auf die Aufgabenteilung zwischen dem Kläger als Träger mittelbarer Staatsverwaltung und dem BMGS als Organ der unmittelbaren Staatsverwaltung folgt, dass dieses in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde den dem Kläger vom Gesetz zugewiesenen eigenen Wirkungskreis zu beachten hat. Er besteht in der Eigenverantwortlichkeit seiner Normsetzung einschließlich der damit zusammenhängenden Einschätzungsprärogative. Die Aufsicht der Beklagten hat das Ziel, die Bindung der Rechtssetzung des Klägers an Recht und Gesetz sicher zu stellen. Nur wenn der Kläger rechtswidrig handelt, darf das BMGS jenes ihm zugesprochene Aufsichtsmittel der Beanstandung einsetzen. Die gerichtliche Prüfung der Entscheidungen des Klägers vom Mai und November 2004 hat jedoch ergeben, dass sie fehlerfrei sind.
Bei ihrer Kontrolle der von der Beklagten beanstandeten Entscheidung wiederum hatte die Kammer zu berücksichtigen, dass dem Kläger, wie schon erwähnt, die Bewertung des Leistungsgeschehens (auch) im Rahmen der Krankenhausbehandlung übertragen ist. Zwar bestimmt § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass der Gemeinsame Bundesausschuss "überprüft", ob die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden sollen, für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten "erforderlich" sind, wobei er den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse berücksichtigen muss. Schon bei dem Begriff des "allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse" zweifelt die Kammer, ob damit ein unbestimmter Gesetzesbegriff aufgestellt ist (so aber Hase a.a.O. Seite 396 m.w.N.). Denn auch die medizinischen Erkenntnisse sind von Wertungen geprägt, die mit gleich gültigen Begründungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. Diese Frage jedoch brauchte die Kammer im vorliegenden Fall nicht zu erörtern. Denn da die Protonentherapie erst seit ca. 10 Jahren praktikabel eingesetzt wird, in der Bundesrepublik Deutschland dagegen bisher noch nicht, allenfalls kaum, kann in Bezug auf sie von einem "allgemein" anerkannten Stand der Erkenntnisse (noch) nicht gesprochen werden. Der Begriff der Erforderlichkeit dagegen ist zur Konkretisierung seines rechtlichen Inhalts im Kontext der gesamten Vorschrift zu sehen. In der Überschrift des § 137c SGB V beschreibt der Gesetzgeber selbst die Tätigkeit des Klägers als "Bewertung" von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus. Dies drückt aus, dass die Überprüfung einer Methode im Hinblick auf ihre Erforderlichkeit ein von wissenschaftlichen Wertungen bestimmter Vorgang ist, der eine eigenständige Wirksamkeitsbeurteilung voraussetzt. Daraus folgt nach Auffassung der Kammer, dass auch der Begriff des Erforderlichen von dieser Wertung geprägt ist. Damit wiederum korrespondiert, dass mit der gesetzlichen Ermächtigung zur Normsetzung ein Gestaltungs- und Beurteilungsraum zugewiesen ist. Daraus wiederum folgt, dass der Kläger als Normgeber einen eigenen, gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbaren Wertungs- und Entscheidungsbereich hat (BSG, Urteil vom 16.09.1997 – 1 RK 32/95 – in: USK 97 108). Deswegen sieht sich auch die Kammer nur berechtigt zu überprüfen, ob der Kläger den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die Grenzen der Beurteilungsermächtigung eingehalten und keine falschen Wertmaßstäbe zugrundegelegt hat (vgl. dazu OVG Berlin, Beschluss vom 28.01.1987 – OVG 5 S 1.87 – in: VUR 1987, 333 ff.). Vergleichbare Grundsätze hat auch das Bundessozialgericht für den Wertungsvorgang des Klägers herausgestellt und - nur - überprüft, ob der Ausschuss alle verfügbaren Beurteilungsgrundlagen ausgeschöpft hat, keine Differenzierungen eingeführt hat, die auf eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidungen hinaus laufen und keine sachfremden Erwägungen in seine abwägende Entscheidung eingeflossen sind. Zusätzlich fordert diese Rechtssprechung, dass die Entscheidung in einem rechtsstaatlichen Verfahren formal und ordnungsgemäß zu Stande gekommen ist (BSG, Urteil vom 16.09.1997 – 1 RK 32/95 – in: USK 97 108) Unter Berücksichtigung dieser Kontrollmaßstäbe erweisen sich die beanstandeten Entscheidungen nicht als defizitär.
Zunächst ist bereits der Weg nicht zu beanstanden, auf dem der Kläger zu dem für sich betrachtet zulässigen Ergebnis gekommen ist. So ist das innere Verwaltungsverfahren nicht etwa dadurch mit einem Mangel belastet, dass der Kläger Tatbestandsmerkmale durch schlüssige Beweise nicht hinreichend gesichert hätte, die ihn zu der von ihm gewählten Rechtsfolge berechtigen. Dem Kläger obliegt keine Beweislast für Feststellungen nach § 137c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V, dass eine Methode für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht erforderlich ist, wie dies die Beklagte meint. Das ergibt folgende methodologische Reflexion: Jede Entscheidung in einer Rechtssache ist ein logischer Schluss. Dabei sind innerhalb eines abstrakten Rechtssatzes (Obersatz) rechtserhebliche Tatsachen wesentlich (Untersatz), die zu einer Schlussfolgerung berechtigen (vgl. Kern, Strafverfahrensrecht, 1967, § 24 A). Das Beweisen ist jene Tätigkeit, die dem Zweck dient, die Überzeugung von der Wahrheit (oder Unwahrheit) einer Behauptung zu verschaffen (Jauering, Zivilprozessrecht, 2002, § 49 I; Belzer, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2001, Rdnr. 1; Roxin, Strafverfahrensrecht, 1998, § 24 Rdnr. 1). Der Beweis als Begriff der Rechtssprache ist also eine Sicherung der materiellen Wahrheit durch Feststellen aller dafür wesentlichen Tatsachen (vgl. Wolff, Verwaltungsrecht III, 1967, 239 f.), Beweis wird über Tatsachen erhoben (Schäfer, Praxis des Strafverfahrens, 2000, Rdnr. 924). Dies bedeutet, dass ein fraglicher Sachverhalt nicht nur als logisch abgeleitet wird, sondern aufgrund von Tatsachenfeststellungen als – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – gewiss erkannt wird. Stets dient der Beweis einer Darlegung, dass der fragliche Sachverhalt nicht anders sein kann als behauptet. Bei der gebundenen Verwaltungstätigkeit bedeutet dies: Ist der Sachverhalt festgestellt und kann er unter den Tatbestand des Gesetzes subsumiert werden, folgt die vom Gesetz an den Tatbestand geknüpfte Rechtsfolge. Dieser Systematik entspricht § 137c SGB V nur scheinbar. Zwar ordnet Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift den Erlass einer Richtlinie an, wenn die Überprüfung ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht. Wesentlich aber für die Rechtsfolge ist die Aufgabe des Klägers, eine Methode zu überprüfen, und zwar in dem Sinne, dass die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden "bewertet" werden. Bewertung und Beweis sind alternative Begriffe, sie sind nicht – auch nicht in Teilbereichen – kongruent. Das Bewerten ist eine wert- und bedeutungseinschätzende Tätigkeit, das Beweisen eine wahrheits-sichernde Tätigkeit; der Wertende entscheidet aufgrund einer Abwägung möglicherweise sogar gleichgewichtiger Faktoren. Aus dem Umstand, dass § 135 SGB V im Bereich des ambulanten Sektors bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt geregelt hat, im Krankenhaussektor dagegen auch neue Methoden grundsätzlich zugelassen sind, allerdings mit einem Ausschlussvorbehalt für den Beklagten, ergibt sich nichts dafür, dass der Kläger statt abwägend zu prüfen etwas zu beweisen hätte. Die Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt ändert nichts daran, dass nach dem Konzept des Gesetzes Nutzen und Akzeptanz von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auch im Krankenhausbereich durch einen sachverständigen Ausschuss abschließend und verbindlich geklärt wird (BSG, Urteil vom 19.02.2003 – B 1 KR 1/02 R – in: USK 2003-73). Auch § 137c SGB V überträgt dem Kläger, die in der Krankenhausbehandlung erbrachten Leistungen nach Art und Qualität entsprechend den Maßstäben und Kriterien evidenzbasierter Medizin zu prüfen. Diese Tätigkeit entzieht sich einer Beweislast für die Nichterforderlichkeit einer Methode. Der Kläger trägt auch keine Beweislast für die Feststellung, dass Wirksamkeit und Nutzen einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nicht hinreichend belegt ist und die Methode deshalb nicht, noch nicht oder nicht mehr dem aktuellen medizinischen Standard entspricht – so aber die Beklagte in den streitigen Beanstandungen. Schon die Frage, ob eine Methode geeignet ist, einen regelwidrigen Gesundheitszustand zu heilen, zu bessern oder auch nur die Krankheitsbeschwerden zu lindern, bedarf einer Abwägung, nach welcher Evidenz die Eignung als hinreichend gesichert angesehen werden kann. Noch deutlicher wird das Erfordernis einer abwägenden Entscheidung, wenn der Kläger im Hinblick darauf, dass der Versicherte nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V die "notwendige" Krankenbehandlung beanspruchen kann, in seine Bewertung einbezieht, ob die geprüfte Methode mehr zu leisten vermag als eine Behandlungsalternative oder zumindest gleich viel. Schließlich verlangt die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung die Abwägung, ob eine vernünftige Relation zwischen den Kosten und dem (voraussichtlichen) Heilerfolg besteht oder es kostengünstigere Behandlungsmethoden gibt, die zum gleichen oder gar besseren Heilerfolg führen oder nur unwesentlich Geringeres zu leisten vermögen. Alle diese Bewertungen sind einer Beweisführung im engeren Sinne unzugänglich, woran auch der unterschiedliche Regel- Ausnahme- Grundsatz der §§ 135, 137c SGB V nichts ändert. Soweit die Beigeladene zu 9) vorträgt, es könne in keinem Falle genügen, den Stand der medizinischen Erkenntnisse in Bezug auf eine bestimmte Methode allein anhand vorliegender oder nichtvorliegender Evidenz der Stufe 1 beurteilen, reicht diese Frage nicht in den Problemkreis der Beweislast, sondern ist vielmehr im Bereich der Bewertungsfehler zu untersuchen, nämlich auf der letzten Stufe des inneren Verfahrens bei der Frage, ob bei der Bewertung ein Abwägungsdefizit zu beklagen ist. Schließlich hat der Kläger keine objektive Beweislast dahin, dass er die für den Ausschluss einer Methode erforderliche umfassende Prüfung und Gesamtabwägung vorgenommen hat. Wie bereits ausgeführt betrifft der Beweis Behauptungen für die Tatbestandsseite, an die das Gesetz eine Rechtsfolge knüpft. Die Beweislast regelt die Frage, wer den Beweis für die tatsächlichen Voraussetzungen zu führen hat, in der Regel derjenige, der sich auf die (ihm günstige) Rechtsnorm beruft. Abgesehen davon, dass im sozialgerichtlichen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz gilt und deshalb die Beteiligten keine (subjektive) Beweisführungspflicht haben, betrifft die im Schriftsatz der Beigeladenen zu 9) vom 13.06.2005 erwähnte Beweislast nicht die Behauptung eines Sachverhalts, der eine Rechtsfolge auslöst. Richtig ist, dass nach der Vorschrift des § 88 Abs. 2 SGB IV, die nach § 91 Abs. 10 SGB V entsprechend auf das Verhältnis der Beklagten zum Kläger anzuwenden ist, der Kläger seiner Aufsichtsbehörde auf Verlangen alle Unterlagen vorzulegen und alle Auskünfte zu erteilen hat, deren Kenntnis zur Ausübung des Aufsichtsrechts erforderlich sind. Dass aber der Kläger Unterlagen zurückgehalten oder Auskünfte verweigert hätte, ist weder vom Beklagten noch der Beigeladenen zu 9) vorgetragen. Wohl beklagen sie ein Defizit, wenn sie dem Kläger vorhalten, er habe sein Prüfen und Wägen allein an einer an Studien orientierten Nutzenbewertung orientiert. Auch wenn – wie sie meinen – eine über die studienorientierte Bewertung hinausgehende Prüfung notwendig gewesen wäre, betrifft dies allein ein Heranziehungs- und Abwägungsdefizit, keine Beweisfrage. Schließlich ist die Beklagte zur Beanstandung der ihr vorgelegten Richtlinien-entscheidungen nicht aus dem Gesichtspunkt berechtigt, der Kläger habe eine aus § 94 Abs. 1 i. V. m. § 91 Abs. 10 SGB V abgeleitete Darlegungspflicht verletzt. Richtig ist, dass die Aufsichtsbehörde ein umfassendes Auskunfts- und Einsichtsrecht hat (§ 88 Abs. 2 SGB IV i. V. m. 91 Abs. 10 SGB V). Dieses ist einzelfallbezogen, nämlich auf die jeweils beschlossene und sodann vorgelegte Richtlinie. Sachlich kann die Beklagte alle Auskünfte und Unterlagen verlangen, die den Weg des Klägers vom Überprüfungsantrag bis zum Richtlinienbeschluss transparent machen. Die damit korrespondierende Pflicht des Klägers umfasst jedoch nicht, dass seine Entscheidung begründet werden müsste; eine Begründungspflicht sieht das SGB X nur bei Verwaltungsakten vor. § 35 SGB X enthält dazu den Grundsatz und die Ausnahmen. Wenn nach Abs. 2 Nr. 5 der Regelung selbst ein Verwaltungsakt der Begründung nicht bedarf, wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird, so muss dies erst recht für Normsetzungen gelten, die eine weitergehende Allgemeinverbindlichkeit haben. Darüberhinaus ist der Beklagten – soweit die vom Kläger eingereichten Unterlagen zur Beurteilung seiner Tätigkeit nicht ausreichen - ausdrücklich das Recht eingeräumt, ergänzende Auskünfte zu verlangen.
Ebenso wie das förmliche Verwaltungsverfahren des Klägers, ist auch sein Bewertungsverfahren selbst mit keinem Mangel belastet.
Zunächst ist auch von der Beklagten nicht bestritten worden, dass der Kläger den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt hat und so alle verfügbaren Beurteilungsgrundlagen ausschöpfen konnte. Bei dieser Sachverhaltsermittlung hat sich der Kläger nicht nur auf die Suche nach Studien einer bestimmten Evidenzklasse beschränkt, sondern den Stand des Wissens insgesamt abgefragt. So enthält das Grundsatzgutachten "Hochpräzisionsstrahlentherapie", das mit Stand vom August 2001 vom Kompetenzzentrum Onkologie des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein durch Dr. med. Klaus Peter Tiele und Prof. Dr. med. Axel Heyll erstattet ist, ein Literaturverzeichnis von 22 Seiten. Darin sind auch die Meinungen anerkannter Experten und Einzelfallberichte enthalten. In der Darstellung der einzelnen Verfahren ist die Protonentherapie beschrieben, sind ihre Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen. Hinsichtlich der therapeutischen Wirkung sind allein Vorteile aufgeführt. Ein Nachteil wird lediglich in den erheblichen Investitionskosten gesehen. Insbesondere ist als Vorzug beschrieben, dass bei der Therapie von Tumoren das umliegende Gewebe gegenüber der Photonentherapie besonders geschont werden kann. Soweit die Beklagte und die Beigeladene zu 9) unter Strahlenschutzaspekten die Entscheidung des Klägers bemängeln, so stellen sie nicht auf eine mangelhafte Heranziehung von Tatsachen ab, sondern bemängeln die Auseinandersetzung damit auf der Abwägungsebene. Zwar sind zwischen der Erstattung des Gutachtens und der abschließenden Entscheidung des Klägers etwa 3 Jahre vergangen. Dass sich jedoch die Datenlage selbst in dieser Zeit geändert hätte, ließ sich den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht entnehmen. Insbesondere war dem Kläger bekannt, dass die Abteilung Klinische Radiologie und Strahlentherapie des Universitätsklinikums I2 in der Frage der Protonentherapie über die aktuellsten Kenntnisse verfügt. Bei der Suche nach einem Sachverständigen für den vorliegenden Rechtsstreit war der Kammer bekannt geworden, dass E aus I2 - Ärztlicher Direktor der o. g. Abteilung - in die Sachverständigenanhörung durch den Kläger einbezogen war. Dies war gerade der Grund, ihn nicht als gerichtlichen Sachverständigen zu bestellen, um keine Befangenheitsbesorgnisse aufkommen zu lassen. Schließlich ist weder vorgetragen noch sonst für die Kammer erkennbar, dass der Kläger gar falsche Daten herangezogen hätte. All dieses lässt nur einen Schluss zu: Der Kläger hat alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Gesichtspunkte zusammengetragen, die er für sein Prüfen und Wägen benötigte. Von einer unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhaltsermittlung kann nicht die Rede sein. Darüberhinaus ist nicht erkennbar – wie dies im übrigen auch weder von der Beklagten noch der Beigeladenen zu 9) vorgetragen wurde -, dass Gesichtspunkte berücksichtigt wären, die im Kontext mit der Beurteilungsermächtigung nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Auch von einem unzulässigen Überhang herangezogener Tatsachen kann nicht ausgegangen werden.
Letztlich sieht die Kammer den Beanstandungsgrund in dem Vorhalt, der Kläger habe das Für und Wider der Protonentherapie in den genannten Indikationsbereichen mangelhaft abgewogen. Auch dem jedoch vermochte die Kammer nicht zu folgen.
Zunächst ist aus den Erörterungen der Klagegegner – in Übereinstimmung mit den vom Bevollmächtigten des S zu den Akten gereichten Stellungnahmen – zu den unterschiedlichen Regelungsinhalten des § 135 SGB V und des § 137c SGB V nicht abzuleiten, der Kläger habe die Grenze seiner Beurteilungsermächtigung nicht eingehalten und so durch eine undifferenzierte Bewertung die gesetzgeberischen Entscheidungen rechtswidrig korrigiert. Dem liegt die Meinung zu Grunde, dass für die Anerkennung einer Methode im vertragsärztlichen Bereich nach § 135 Abs. 1 SGB V ein anderer Prüfmaßstab zu Grunde zu legen ist als beim Ausschluss einer Methode nach § 137c Abs. 1 SGB V für den stationären Bereich: Im ambulanten Bereich einer Methode könne die Anerkennung versagt werden, wenn ihr Nutzen aufgrund einer noch unklaren Evidenzlage nicht feststellbar sei; demgegenüber könne im stationären Bereich eine Behandlungsmethode erst dann abgelehnt werden, wenn ein klinisch relevanter Nutzen in methodisch geeigneten Studien mit ausreichender Power (statistischer Trennschärfe) nicht habe nachgewiesen werden können. Richtig ist, dass der Gesetzgeber den Erlaubnisvorbehalt zum Einführen neuer Methoden in die ambulante Versorgung für die Krankenhausbehandlung in einen Ausschlussvorbehalt umgekehrt hat. Zutreffend verweisen die Klagegegner auch darauf, dass damit eine innovationsfreundliche Regelung dahin geschaffen wurde, um den medizinischen Fortschritt in den Krankenhäusern nicht zu behindern. Daraus folgt jedoch nach Auffassung der Kammer nicht, dass sich der Bewertungsvorgang, den der Kläger zu leisten hat, bei Entscheidungen nach § 135 SGB V und § 137c SGB V wesentlich unterscheidet. Zwar ist der Kläger bei der Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im ambulanten Bereich an den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung gebunden, während er bei einer Wertung im Rahmen des § 137c SGB V den allgemein anerkannten Kenntnisstand lediglich berücksichtigen muss, dafür aber auch über die jeweilige Therapierichtung hinaus. Dies ändert zunächst jedoch nichts daran, dass sich die jeweiligen Abwägungsvorgänge nicht voneinander unterscheiden. Denn wenn es bei § 137c SGB V wesentliches Ziel des Gesetzgebers ist, in der stationären medizinischen Versorgung "medizinisch fragwürdige Leistungen" zu vermeiden (BT – Drs. 15/1525, Seite 126), so kann aus der Umkehrung von Regel und Ausnahme zwischen anwendbaren Methoden im ambulanten und stationären Bereich nicht geschlossen werden, für jenen reichen Zweifel an der Methode, für diesen aber (nur) gesicherte Kenntnisse aus, um diese Methode nicht Gegenstand des gesetzlichen Leistungskataloges werden bzw. sein zu lassen. Wenn gleichzeitig jetzt der Kläger ebenso wie sein Vorgänger bei seinen Entscheidungen (nach § 137c SGB V) einerseits dafür Sorge zu tragen hat, dass der medizinische Fortschritt in den Krankenhäusern nicht behindert wird (BT-Drucks. 14/ 1245 S. 90), er andererseits fragwürdige Leistungen ausschließen soll, ist er einem Spannungsfeld ausgesetzt, das im Lichte des in sich einheitlichen Leistungs- und Leistungserbringungsrecht zu lösen ist. Denn jenes Spannungsfeld, in dem sich der Kläger befindet, ist nur Segment eines Konfliktes, der die gesamte GKV durchzieht: Umfassender Risikoschutz auf der einen, Finanzierbarkeit auf der anderen Seite. Diesen natürlichen Interessengegensatz zwischen Versicherten, Leistungserbringern und Versicherern will das Gesetz durch den mehrfachen Bezug auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse ebenso lösen wie durch das (noch öfter erwähnte) Wirtschaftlichkeitsgebot. Dieser Lösungsansatz zwingt nach Auffassung der Kammer zu der (teleologischen) Auslegung, dass die Bewertungsvorgänge bei Prüfungen nach §§ 135 und 137c SGB V denselben Maßstäben unterliegen. Widrigenfalls nämlich würden prinzipiell ambulante Leistungen auf Dauer in das Krankenhaus gedrängt und dort erbracht, denen der GBA bereits nach § 135 SGB V die Anerkennung verweigert hat. Es liegt aber auf der Hand, dass ambulant erbringbare Leistungen unwirtschaftlich sind, wenn sie an eine stationäre Aufnahme geknüpft werden. Eine naheliegende Fehlentwicklung zeigt der vorliegende Rechtsstreit deutlich: Die derzeitige Datenlage zwingt den GBA auch nach Auffassung der Klagegegner nicht, die Protonentherapie bei den hier behandelten Indikationen in die Anlage A der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden einzuordnen, in der die anerkannten Methoden für die ambulante Behandlung aufgeführt sind. Nach Angaben des gerichtlichen Sachverständigen ist aber die Protonentherapie beim Mammakarzinom und beim Ästhesioneuroblastom (hier jedenfalls für Erwachsene) eine ambulant erbringbare Leistung. Sie würde also bei einem flächendeckenden Angebot in den stationären Sektor gedrängt. Darüberhinaus würde der Forschungsdrang paralysiert, wenn ein abwartendes Beobachten den Schub zu Studien ersetzt. Darauf hat Q2 zutreffend hingewiesen. Schließlich ist es nicht Aufgabe der GKV, die Forschung zu finanzieren (vgl. BSG, Urteil vom 22.07.2004 – B 2 KR 21/03 R – in: USK 2004 – 63). Demgegenüber entspricht es gerade dem Einspannen der Interessengegensätze, die noch nicht allgemein anerkannten Methoden im Krankenhausbereich nur so lange erbringen zu lassen, bis einer der Beigeladenen einen Prüfungsantrag stellt. Dadurch werden einerseits Innovationen nicht schon im Anfangsstadium abgewürgt, andererseits aber auch nur so lange erbracht, wie sie eine der im Gesetz genannten Interessengruppen nicht als Dauerbelastung empfindet. Dies gilt umso mehr, als der frühere 2. Halbsatz des § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V gestrichen ist, wonach von einer negativen Ausschlussbewertung Studien unberührt blieben. Deshalb läuft es auch nicht auf eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung hinaus, wenn der Kläger für die von ihm durch den Prüfantrag der Krankenkassen ausgelöste Prüfverpflichtung die ihm zugänglichen Studien und Meinungen daraufhin auswertet, ob der Nutzen der Protonentherapie in den Indikationsbereichen Ästhesioneuroblastom und Mammakarzinom hinreichend belegt ist oder nicht doch (noch) als fragwürdige Leistung anzusehen ist.
Schließlich sind die Richtlinienbeschlüsse zur Protonentherapie in den Indikationsbereichen Ästhesioneuroblastom und Mammakarzinom nicht deshalb zu beanstanden, weil sie – wie die Beklagte und die Beigeladene zu 9) meinen – auf einem aus wissenschaftlicher Sicht unvertretbaren Bewertungskonzept beruhen. Der Kläger hat nicht gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen.
Zunächst hat er nicht das Konzept einer umfassenden evidenzbasierten Methodenbewertung verkürzt. Die Kammer stützt sich insoweit auf die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen. Er bestätigt zunächst das Ermittlungsergebnis des Klägers, dass es letztlich nur eine Studie zur Wirksamkeit der Protonentherapie beim Ästhesioneuroblastom gibt, und zwar jene, die der Kläger für seine Beurteilung herangezogen hat, nämlich die von Fitzek und anderen aus dem Jahre 2002. Diese Studie stuft der Sachverständige hinsichtlich ihrer Aussagekraft als sehr eingeschränkt ein. Dies begründet er damit, dass die Probanden keinem einheitlichen Studiendesign unterworfen waren. Dieses Problem erläuterte Q2 dahin, dass die Patienten nicht nur mit Protonen sondern auch mit Photonen bestrahlt worden waren. Kann das Ästhesioneuro-blastom – so der Sachverständige – ohnehin nur mit einem Strauß von Maßnahmen angegangen werden (Operation, Chemotherapie und Bestrahlung), erfordert die gültige Aussagekraft zu Alternativen eines Therapieteils, dass in diesem Teil die zu beurteilende Alternativen nicht gemeinsam eingesetzt werden. Deshalb ist es in sich schlüssig, wenn Q2 urteilt, dass bei einer mit Protonen und Photonen kombinierten Bestrahlung über den Wert der einen oder anderen Therapie keine Aussagen getroffen werden können. Dies wiederum stützt die Meinung des C, die Studie von Fitzek u. a. könne über den therapeutischen Nutzen der Protonentherapie nur Hinweise geben, jedoch keinen tragfähigen Evidenznachweis erbringen. Allerdings hat C auch bekundet, es sei bei der patientenindividuellen Therapieplanung zu kurz gegriffen, ausschließlich auf die Studien zu schauen; auch der theoretische Wirkansatz, die therapeutische Praxis, die nationale und internationale Verbreitung sowie alle Aussagen über die Methode fließen in die Konzeptplanung ein. All dies aber tritt in ihrer Bedeutung zurück, wenn keine Studien vorliegen. Da aber eine – in der Regel – wirksame Alternative bekannt ist, nämlich die Photonenbestrahlung (dazu unten), bleibt die Protonentherapie – ebenfalls in der Regel – eine zweifelhafte Methode, eben auch bei der patientenindividuellen Therapieplanung. Dass sie in einem sehr seltenen oder gar singulären Fall alternativlos ist, zwingt nicht zur allgemeinen Anerkennung. Ebenso wie in der Gesetzesanwendung Lücken erkannt und geschlossen werden, sind auch Lücken der untergesetzlichen Norm über jene Grundsätze auszufüllen, die die Rechtsordnung bei dem "off label use" im Bereich der Arzneimittelversorgung und dem Systemversagen bei Heilmethoden im vertragsärztlichen Bereich entwickelt hat.
Ein konzeptionelles Abwägungsdefizit liegt auch nicht darin, dass der Kläger die Protonentherapie zur herkömmlichen Photonenbestrahlung in Bezug gesetzt hat. Auch dies folgt aus den Bekundungen des gerichtlichen Sachverständigen, der – trotz der Bösartigkeit des Ästhesioneuroblastoms – die Erfolgsquote bei einer Therapie zwischen 50 und 70 von Hundert beziffert. Da die Protonentherapie erst seit ca. 10 Jahren praktikabel verwertbar ist, in der Bundesrepublik Deutschland aber in diesem Zeitraum langfristig kein entsprechender Therapieplatz verfügbar war, kann die Erfolgsquote nur mit dem Therapiebündel unter Verwenden der herkömmlichen Bestrahlungsmethoden erzielt sein. Die bisherige Therapie hat sich also in der therapeutischen Praxis als günstig herausgestellt. Insofern ist - nach Auffassung der Kammer - der Kläger aus wissenschaftlicher Sicht auch berechtigt, trotz des theoretisch günstigen Gedankenansatzes für die Protonentherapie im Hinblick auf die Eingrenzbarkeit des Bestrahlungsfeldes, sie nicht als erforderlich im Sinne des § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V anzusehen, wenn eine mit herkömmlichen Methoden zumindest vergleichbare Heilkraft gesichert ist. Dies wird weiter durch die Aussage des Sachverständigen gestützt, dass der theoretische Ansatz eines Therapiekonzeptes nicht viel hilft, weil sich in der Praxis immer wieder zeigt, dass ein gedanklicher Heileffekt sich in der therapeutischen Umsetzung nicht als tragfähig erweist. Zutreffend hat in der Beweisaufnahme X auf den unbestreitbaren Vorteil der Protonentherapie hingewiesen, mit der die zu bestrahlende Region dreidimensional sehr genau begrenzt werden kann. Dieser Vorteil aber wird nach Angaben des C dadurch wieder zu einem guten Teil zunichte gemacht, weil sich – was auch X bestätigt – in der Regel nicht genau feststellen lässt, wo genau der Tumor liegt und wie weit er sich ausgebreitet hat. Auch ist die Folgerung des X schlüssig, dass jedenfalls mit der Protonentherapie genau zu bestimmen ist, dass jenes Gewebe geschont werden kann, von dem der Therapeut weiß, dass es nicht tumorös befallen ist. Es bleibt aber die medizinisch wissenschaftliche Unsicherheit, ob die Protonentherapie das tumoröse Gewebe ebenso zerstört wie die Photonentherapie. Wenn aber im Hinblick auf den primärtherapeutischen Effekt die Protonentherapie anzuwenden ebenso falsch sein kann wie sie nicht anzuwenden, sie also, wie der Sachverständige konkretisiert, "genau der falsche Weg sein kann", während es eine erprobte Alternativmethode gibt, sieht es die Kammer nicht als Bewertungsfehler, wenn der Kläger die Protonentherapie bei der Behandlung des Ästhesioneuroblastoms als fragwürdige Leistung ansieht. Gerade solche aber auszuschließen umfasst der mit § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss zugebilligte Bewertungsraum.
Gleiches gilt für die Protonentherapie bei der Indikation Mammakarzinom. Im Gegensatz zum Ästhesioneuroblastom erkranken an dieser Tumorform nach Angaben des Sachverständigen sehr viele Patientinnen. Wenn der Sachverständige aus der hohen Anzahl an Erkrankungsfällen schließt, dass man für eine positive Bewertung der Protonentherapie auf Evidenzstudien kaum werde verzichten dürfen, so ist dieses insofern schlüssig, als die Befürworter dieser Therapie beim Ästhesioneuroblastom sich gerade darauf gestützt haben, dass eine valide Datenlage kaum zu erwarten sei und deshalb – so vor allem Frau T2 – es ethisch unvertretbar sei, sie auszuschließen. Im Übrigen aber ist in der Wissenschaft viel überlegt worden, inwieweit auch gerade in Grenzbereichen dieser Erkrankung die Protonentherapie gegenüber jener mit Photonen einen therapeutischen Vorteil hat. Wenn C aber dazu erklärt, weder in der Literatur noch bei der Befragung anderer Kliniken festgestellt zu haben, dass Frauen mit einem Mammakarzinom überhaupt schon in nennenswerter Zahl mit Protonen behandelt worden seien, so stimmt dies mit den Recherchen des Klägers überein. Insoweit ist auch die Beklagte und mit ihm die Beigeladene zu 9) der Auffassung, dass der Ausschluss jedenfalls bei Subgruppen fehlerhaft sei. Dazu wiederum gibt der Sachverständige an, dass bei der Untergruppe junger Patientinnen der Tumor in der Regel so aggressiv ist, dass ohnehin eine engbegrenzte Strahlentherapie kontraindiziert ist. Bei älteren Patientinnen dagegen, etwa mit einer geometrisch schwierigen Brustform, sind zwar keine Nachteile der Protonentherapie gegenüber der Photonentherapie bekannt, andererseits aber liegen irgendwie geartete Erkenntnisse über die Protonentherapie beim Mammakarzinom nicht vor. Dazu wiederum bezeichnet es der gerichtlichen Sachverständige als wissenschaftliches Vorgehen, bei einer Heilmethode zunächst für die große Indikationsgruppe zu bewerten, inwieweit die Methode dort Vorteile oder Nachteile hat. Erst wenn dies gesichert ist – durch Daten gesichert –, überlegt sich der Wissenschaftler, wie die Methode in Subgruppen angewandt wird und wo sie ihren besonderen Effekt entfalten kann. Wenn er den umgekehrten Weg als unwissenschaftlich bezeichnet, lässt sich die Vorgehensweise des Klägers nicht beanstanden, für Subgruppen keine besondere Prüfung vorgenommen zu haben. Auch hier gilt: Gibt es keine Erkenntnisse über die Wirkung der Protonentherapie beim Mammakarzinom, berechtigt dies, sie der Gruppe der zweifelhaften Methoden zuzurechnen. Insofern hat der Kläger den ihm gesetzlich zugebilligten Bewertungsraum nicht dadurch im Sinne eines Abwägungsdefizits unausgeschöpft gelassen, dass er die kardiale Übersterblichkeit bei bestimmten Untergruppen des Mammakarzinoms unberücksichtigt ließ, wie T1 bemängelte. Im Übrigen hat der Sachverständige dazu ergänzt, dass die Studien, die jene Nebenwirkung belegen, relativ alt sind und im Hinblick auf den photonentherapeutischen Fortschritt an Nachweiskraft verloren haben.
Schließlich folgt aus der Sachverständigenbeurteilung, dass der Kläger zu Recht die unterschiedliche Toxizität nicht nachhaltig in seine Bewertung einbezogen hat. Auch hier gilt nach Angaben des gerichtlichen Sachverständigen, dass sich der Negativfaktor unerwünschter Nebenwirkungen vernünftigerweise erst dann in die Bewertung einbeziehen lässt, wenn auch die Wirkungen bekannt sind. Ausdrücklich als unwissenschafltich bezeichnet er, theoretische (erwünschte) Wirkungen mit tatsächlichen (unerwünschten) Nebenwirkungen zu vergleichen und umgekehrt. Aus der Aussage der Zeugin T2 ergibt sich jedenfalls, dass der Kläger auch in seiner Schlussberatung und entscheidenden Sitzung den Vorteil der Protonenbestrahlung hinsichtlich der geringeren Toxizität nicht übersehen hat – wenn er auch nicht so nachhaltig beraten wurde, wie die Zeugin es für notwendig erachtet. Aus den schriftlichen Äußerungen des Bevollmächtigten der Betreiber einer Protonenanlage lässt sich schließen, dass auch in den Vorbereitungen zur Entscheidung der Gesichtspunkt der systembedingt genaueren Strahlungsbegrenzung durch die Protonenstrahler eingeflossen ist. Denn die Bedeutung der Wirkunterschiede wird mit einem Aufsatz von Debus belegt "Biologische Wirksamkeit von Protonenstrahlen im Vergleich zu Photonenstrahlen in der klinischen Anwendung" - aktualisiert 2003. Jener E ist aber – wie oben erwähnt - in die Beratungen des Klägers eingebunden gewesen.
Soweit das Werten des Klägers auf medizinisch-wissenschaftlicher Grundlage beruht, hat die Kammer seine Entscheidung auch auf ihre Plausibilität hin geprüft. Nach Auffassung der Kammer ist eine wertende Verwaltungsentscheidung plausibel, wenn sie auf einer vertretbaren Meinung des jeweils herangezogenen Wissenschaftsbereich gründet. Vertretbar ist nach der bisherigen Rechtsprechung der Kammer eine wissenschaftliche Beurteilung, wenn sie – weil in sich schlüssig ist und gerade nicht dem jeweiligen wissenschaftlichen Grundkonsens widerspricht - auch von jenen akzeptiert wird, die eine Gegenposition beziehen und dies ebenfalls nach gutem wissenschaftlichen Brauch. Dass die in den Entscheidungen des Klägers zum Ausdruck kommende medizinisch-wissenschaftliche Meinung vertretbar ist, nämlich die Protonentherapie in den Indikationen Ästhesioneuroblastom und Mamm-Ca als von zweifelhafter Wirkung anzusehen, folgt ebenfalls aus dem Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen. Er bestätigt dem Kläger, dass bei Bewertungen therapeutischer Methoden "ernsthaft und intelligent" nur vorangegangen werden kann, wenn valide Daten vorliegen. Liegen solche nicht vor, so kann über eine Methode keine positive Aussage getroffen werden. Ist aber eine positive Bewertung nicht möglich, kann die Leistung als zweifelhaft angesehen werden.
Die Kammer folgt den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, weil zunächst seine Beurteilung keinen Widerspruch in sich enthält, obgleich dem gerichtlichen Gutachter während seiner Anhörung die wissenschaftlichen Gegenmeinungen des Beklagten (I1), der Beigeladenen zu 9) (S2 und T1) und des Leistungsanbieters (X) vorgehalten wurden. An seiner fachlichen Qualifikation zu zweifeln sah die Kammer aus doppeltem Grund keinen Anlass. Bezüglich des Ästhesioneuroblastoms ist er als Leiter der Kinderonkologie des Zentrums für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Klinikum der Universität L als sach- und fachkundig ausgewiesen. Aufgrund seines akademischen Grades ist von seiner theoretischen Fachkunde auszugehen, aufgrund seiner Position als Zentrumsleiter der Kinderonkologie von einer reichen praktischen Erfahrung. Darüber hinaus hatte sich die Kammer auf der Suche nach einem hinreichend qualifizierten Sachverständigen an den Dekan der Medizinischen Fakultät des Klinikums der Universität zu L gewandt, T3. Er hat C empfohlen, weil er seines Erachtens "die Kriterien der Überparteilichkeit und exzellenten Sachkunde" in der Frage der Protonentherapie auf sich vereint. Auch für die Beurteilung der Frage, inwieweit die Protonentherapie beim Mammakarzinom dem Stand des Wissen entspricht, hält die Kammer ihn für sachverständig. Die Beweisfragen nämlich gingen dahin, inwieweit es medizinisch-wissenschaftlich vertretbar ist, die Wirkung der Protonentherapie als belegt anzusehen und inwieweit eine unzureichende Datenlage die Beurteilung beeinflusst, auch unter den Gesichtspunkten der Seltenheit einer Erkrankung und unterschiedlichen Toxizitäten der Protonen- und Photonentherapie. Dazu hat er zur Behandlung des Mammakarzinoms Unterlagen aus dem Jahre 2005 vorgelegt und damit auf die jüngsten Erkenntnisse Bezug genommen. Die Frage aber, in welcher Weise von einer Indikationsgruppe auf Subgruppen oder umgekehrt wissenschaftliche Schlüsse gezogen werden, ist keine Frage der Indikation sondern eine allgemein methodologische Fragestellung. Für sie aber ist C sachkundig. Besonders wegen dieser, dem gerichtlichen Sachverständigen auch extern bescheinigten Sachkunde und Unabhängigkeit hat die Kammer seiner Beurteilung den Vorzug gegenüber den abweichenden gutachtlichen Meinungen gegeben, die in der Beweisaufnahme von den übrigen Ärzten dargelegt wurden – auch wenn sie in sich schlüssig waren.
Weiteren Beweis zu erheben, wie dieses die Beklagte beantragt hat, sah die Kammer keinen Anlass.
Bezüglich der Strahlengesichtspunkte ist der Sachverhalt geklärt. Die Kammer hat zwei Teilnehmer an der Abschlusssitzung gehört; die Aussage der Zeugin T2 weist aus, dass der Kläger den Gesichtspunkt behandelt hat. Nach dem Urteil der gerichtlichen Sachverständigen brauchte das Thema nicht vertieft zu werden, weil der Wirksamkeitsnachweis der für die Entscheidung vorrangige Gesichtspunkt ist. Dass der Kläger Kenntnisse aus anderen Indikationsbereichen hatte, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass er solche positiv bewertet hat. Inwieweit sie nachhaltig in der Abschlusssitzung erörtert und abgewogen wurden ist nicht entscheidungserheblich, weil sich – so der gerichtliche Sachverständige – von der Wirkung der Therapie in einem bestimmten Indikationsbereich nicht auf die gleiche oder gar dieselbe in einem anderen Bereich schließen lässt.
Zu guter Letzt sind die von der Beklagten beanstandeten Entscheidungen des Klägers nicht defizitär, weil er sie nicht entsprechend § 21 Abs. 4 seiner Verfahrensordnung ausgesetzt hat mit der Maßgabe, dass innerhalb einer von ihm gesetzten Frist der Nutzennachweis mittels klinischer Studien geführt werden kann. Solche Studien sind in naher Zukunft, wie Satz 1 der Vorschrift verlangt, nicht zu erwarten. Beim Ästhesioneuroblastom hält selbst die Beigeladene zu 9) sie für ausgeschlossen. Dem hat der gerichtliche Sachverständige zwar nicht zugestimmt. Er verweist darauf, dass auch bei einer geringeren Anzahl von Probanden Studien an verschiedenen Zentren möglich sind, soweit diese entsprechend vernetzt werden. Ein solches Vorgehen ist seinen Angaben zufolge auch schon international durchgeführt worden. Gleichwohl aber hält er eine Studie für unwahrscheinlich. Gleiches gilt für die 2. Indikation. Zwar erkranken am Mamm-Ca viele Patientinnen, aber nur wenige, für die die Protonentherapie auf Grund ihrer spezifischen biologischen und physikalischen Wirkungen wesentlich sein kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um aufsichtsrechtliche Beanstandungen.
Der Kläger ist im System der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) ein Organ der gemeinsamen Selbstverwaltung. Ihm ist - u. a. unter Beteiligung der Beigeladenen - aufgegeben, Untersuchungs- und Behandlungsmethoden zu bewerten, die zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden oder angewandt werden sollen (§ 137 c Abs. 1 Buch V des Sozialgesetzbuches - SGB V -). Bei einem negativen Bewerten erlässt der Kläger eine entsprechende Richtlinie. Sie hat er dem Bundesministerium für Gesundheit und Soziale Sicherung (BMGS) vorzulegen, der sie innerhalb von 2 Monaten nach Vorlage beanstanden kann (§ 94 Abs. 1 SGB V).
Unter dem 30.08.2001 beantragte die Arbeitsgemeinschaft der Spitzenverbände der Krankenkassen, die Protonentherapie zu beraten. Diese ist ein Hochpräzisionsstrahlen-Therapieverfahren, das bei onkologischen Erkrankungen eingesetzt wird. Dabei werden durch einen Teilchenbeschleuniger die positiv geladenen, massereichen Teile des Atomkerns mit mehr als halber Lichtgeschwindigkeit auf den Körper gerichtet und können, da sie ihre maximale Energie erst kurz vor deren Verlust entfalten, sehr zielgenau den zu bestrahlenden Tumor treffen. Dadurch wird der gesunde Organismus wesentlich mehr geschont als bei der herkömmlichen Photonen- oder Röntgenbestrahlung. Auch dringen Protonenstrahlen im Gegensatz zu Photonenstrahlen (nur) begrenzt in das Gewebe ein; hinter dem sogenannten "Bragg"-Punkt ist keine Bestrahlung mehr nachweisbar. Deshalb ermöglicht die Protonentherapie sehr hohe Strahlendosen, ohne dass gesundes, den Tumor umgebendes Gewebe geschädigt wird. Für die Beschaffung einer Protonenbestrahlungsanlage ist eine Investition von ca. 150.000.000,- Euro erforderlich.
Mit Beschluss vom 11.05.2004 stellte der Kläger fest, dass die Protonentherapie bei der Indikation "Ästhesioneuroblastom" derzeit weder allein noch in Kombination mit einer anderen Therapie die Kriterien des § 137 c SGB V (Erforderlichkeit für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten) erfüllt und damit keine Leistung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung ist. Er ordnete sie in die Richtlinie zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus gemäß § 137c SGB V ein, Anlage B "Nicht anerkannte Untersuchungs- und Behandlungsmethoden." Dort sind solche Methoden aufgeführt, die nicht als Krankenhausbehandlung zu Lasten der gesetzlichen Krankenkassen erbracht werden dürfen (Ziffer 3.4).
Mit Beschluss vom 16.11.2004 traf der Kläger die gleiche Feststellung für die Protonentherapie bei der Indikation "Mammakarzinom" und ordnete sie ebenfalls in die Anlage B der oben genannten Richtlinie ein.
Die entsprechenden Abschlussberichte hatte der Kläger (mit Stand vom 06.04.2004 bzw. 17.09.2004) jeweils mit seiner Entscheidung dem BMGS vorgelegt. Die dagegen gerichteten Einwände des Ministeriums beriet der Kläger, blieb aber bei seinen Bewertungen.
Mit Bescheiden vom 22.07.2004 und 18.01.2005 beanstandete die Beklagte die Beschlüsse des Klägers.
Gegen die erste Beanstandung betreffend die Indikation Ästhesioneuroblastom hat der Kläger am 00.00.0000 Klage erhoben. Sie wurde zunächst unter dem Az.: S 00 KA 00/00 geführt, später jedoch nicht mehr als Angelegenheit der Vertragsärzte betrachtet und in jenen Anteil der Kammer 19 übernommen, der sich mit dem Recht der gesetzlichen Krankenversicherung befasst. Dort wurde sie unter dem Az.: S 00 KR 00/00 geführt.
Gegen die Entscheidung von Januar 2005 betreffend die Indikation Mammakarzinom hat der Kläger am 00.00.0000 Klage erhoben. Sie erhielt zunächst ein KR-Aktenzeichen (S 00 KR 00/00), wurde später aber der Kassenarztkammer zugeordnet (S 00 KA 0/00). Schließlich ist sie jedoch ebenfalls - wie die Klage vom August des Vorjahres - als Angelegenheit der Sozialversicherung (gesetzliche Krankenversicherung) unter dem Az.: S 00 KR 00/00 behandelt worden. Beide Streitigkeiten hat die Kammer zur gemeinsamen Behandlung und Entscheidung miteinander verbunden. Sie werden nur noch unter dem Az.: S 00 KR 00/00 geführt. Der Kläger trägt vor, die beanstandeten Richtlinienbeschlüsse zum Ausschluss der Protonentherapie seien fehlerfrei getroffen: Für den Indikationsbereich Ästhesioneuroblastom sei diese Therapie auszuschließen, weil es keinerlei belastbare Belege für die Wirksamkeit der Behandlung bei dieser Indikation gebe; die einzig relevante Publikation von Fitzek habe keinen Aussagewert, weil sie lediglich 10 Patienten mit einem Ästhesioneuroblastom beobachtet habe, keine Aussage über die Wirksamkeit der Protonentherapie in dieser Indikation treffe und auch sonst schwerwiegende methodische Mängel aufweise; bei dem Indikationsbereich Mammakarzinom gebe es keinerlei Unterlagen von Gewicht, geschweige belastbare Studien, die die Wirksamkeit der Protonentherapie nach Anwenden bei dieser Indikation bestätigen würden; selbst nach Angaben des Betreibers der bisher einzigen Anlage zur Protonenbestrahlung in Deutschland gebe es derzeit keine Hinweise, dass die Therapie in diesem Indikationsbereich jemals angewandt worden sei; richtig sei zwar, dass die Protonentherapie zur Behandlung des Ästhesioneuroblastoms und des Mamma-Ca nicht nachweisbar unwirksam sei; darauf komme es jedoch nicht an, sondern vielmehr darauf, ob bei der vorhandenen Nachweislage die Protonentherapie für die Behandlung des Ästhesioneuroblastoms bzw. des Mamma-Ca dem allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse entspreche; nach dem Zweck des § 137 c SGB V habe er - der Kläger - zu verhindern, dass medizinisch fragwürdige Leistungen zu Lasten der sozialen Krankenversicherung erbracht würden; dieser Aufgabe könne der Kläger nicht gerecht werden, wenn bei nicht hinreichender Evidenz für die Wirksamkeit einer Methode kein Ausschluss möglich sei, zumal aus ethischen aber auch praktischen Gründen kaum Studien zu finden seien, die die Unwirksamkeit einer Methode belegen; maßgeblich sei allein, ob der Kläger aufgrund eines zutreffenden Beurteilungsmaßstabes objektiv richtig entschieden habe; dabei habe er - der Kläger - keine ausführlichen Überlegungen zur strahlentherapeutischen Toxizität der Protonentherapie in seine Entscheidung einfließen lassen; es sei denklogisch ausgeschlossen, eine Methode, deren Heilwirkung ungewiss sei, nur deshalb als wirksam anzusehen, weil sie (gegenüber einer Referenzmethode) geringere unerwünschte Nebenwirkungen habe; auch wenn das Ästhesioneuroblastom selten auftrete, was auch für Subgruppen des Mammakarzinoms gelte, könne auf eine valide Datenlage nicht verzichtet werden, es sei denn, die Therapie habe sich letztlich in der Praxis durchgesetzt; davon aber könne in beiden Indikationsbereichen nicht die Rede sein.
Der Kläger beantragt,
die Beanstandungen der Beklagten vom 22.07.2004 und 18.01.2005 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie meint, der Kläger habe den Unterschied in den Regelungen der §§ 137 c Abs. 1 Satz 1 SGB V und 135 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB V hinsichtlich ihrer Auswirkungen nicht gesehen; lediglich bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im ambulanten Bereich sehe das Gesetz eine Anerkennungsentscheidung vor (Verbot mit Erlaubnisvorbehalt), für den Krankenhaussektor aber eine Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt; der Gesetzgeber habe klar zum Ausdruck gebracht, dass die Entscheidung über den Verbleib einer Methode im stationären Leistungsumfang der gesetzlichen Krankenversicherung nicht allein am Stand der allgemein anerkannten wissenschaftlichen Erkenntnisse über Wirksamkeit und Nutzen orientiert werden dürfe; daraus folge die Beweislast für die Feststellung nach § 137 c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V, dass eine Methode für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinische Erkenntnisse nicht erforderlich sei; dies aber habe die Überprüfung der Behandlungsmethode durch den Kläger nicht zeigen können. Darüber hinaus seien die Richtlinienbeschlüsse zu beanstanden, weil sie auf einem aus wissenschaftlicher Sicht unvertretbaren Bewertungskonzept basieren würden, nämlich a) einer unzulässigen Verkürzung des Konzepts einer umfassenden evidenzbasierten Methodenbewertung, b) überzogenen Anforderungen an das dem Nutzennachweis zu Grunde zu legende Evidenzniveau sowie c) einer unvollständigen Ermittlung des Sachverhalts; abgesehen von der sogenannten "externen Evidenz" aus Studien hätte der Kläger u. a. die Schwere und Seltenheit einer Krankheit, die Erfolgsaussichten und Risiken der üblichen Strahlentherapie, die fachlich notwendige Differenzierung nach Patientensubgruppen und die Notwendigkeit der patientenindividuellen Therapieplanung berücksichtigen müssen; dem gegenüber habe der Kläger angesichts der Seltenheit des Ästhesioneuroblastoms sowie einiger Subgruppen des Mammakarzinoms überzogene Anforderungen an das Evidenzniveau des Nutzennachweises zu Grunde gelegt und damit den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt; schließlich habe der Kläger den Aspekt der strahlenbedingten Toxizität jedenfalls nicht genug abwägend bewertet; der entscheidende Fortschritt der Protonentherapie bestehe gerade im Vermeiden der unerwünschten Strahlenbelastung des gesunden Gewebes; es genüge nicht, diesen entscheidungserheblichen Umstand nur in Themengruppen zu behandeln; das Entscheidungsgrenium des Klägers habe die Verringerung der unerwünschten Strahlenbelastung einer Protonentherapie gegenüber der herkömmlichen Bestrahlung zumindest nicht hinreichend in die Überlegungen einbezogen, obgleich der strahlenbedingten Toxizität eine zentrale Rolle bei der Behandlungsplanung zukomme.
Im Übrigen tritt der Beklagte den Ausführungen der Beigeladenen zu 9) bei. Diese schließt sich dem Antrag des Beklagten an und trägt vor: Indem das Gesetz die "Berücksichtigung" des medizinischen Erkenntnisstandes vorschreibe, sei ausgedrückt, dass dieser Erkenntnisstand nicht alleiniges Kriterium zur Beurteilung einer Heilmethode sei und es deshalb dem Kläger im Rahmen des § 137 c SGB V nicht genügen könne festzustellen, dass hinreichende Belege für deren Nutzen nicht vorliegen würden; so habe der Kläger versäumt zu prüfen und zu bewerten, ob die Methode nicht trotz der Zweifel am wissenschaftlichen Nachweis ihrer Wirksamkeit insbesondere für eine ausreichende Versorgung der Versicherten erforderlich sei; zutreffend beanstande deshalb die Beklagte, dass der Kläger keine über die Nutzenbewertung hinausgehende Gesamtbewertung im Versorgungskontext getroffen habe; der Kläger trage aber die Beweislast, dass er die für den Ausschluss einer Methode erforderliche umfassende Prüfung und Gesamtabwägung vorgenommen habe; seine Aufgabe wäre gewesen, bei seiner Prüfung und Gesamtabwägung die Entscheidungsgrundlagen unter Einbeziehung Sachverständiger und der Patientenvertreter zu eruieren und selbst zu dokumentieren, statt sich auf das Auffinden und Bewerten von Studien zu beschränken; da beim Ästhesioneuroblastom oder Subgruppen des Mammakarzinoms mit großer Wahrscheinlichkeit keine Studien zu erwarten seien, hätte der Kläger abwägen müssen, ob die Protonentherapie bei dem genannten Patientenkreis eher von Nutzen oder von Schaden sei; insofern habe der Beklagte das auf der unvollständigen Bewertung beruhende Ergebnis des Klägers beanstandet; die Rechtsaufsicht umfasse auch die Prüfung, ob die vom Kläger bei seiner Tätigkeit zugrunde gelegten Kriterien und Maßstäbe sachgerecht und vollständig waren und ob der Kläger insoweit seiner Rechtspflicht zu einer umfassenden Prüfung nachgekommen sei; zu Recht weise der Beklagte deshalb auf die Strahlenschutzverordnung hin, die auch vom Kläger zu beachten sei; es erscheine unerlässlich, die Nebenwirkungsaspekte der Protonentherapie im Vergleich zur konventionellen Strahlentherapie differenziert zu analysieren und darzustellen; alle drei vom Kläger bewerteten Studien würden aber belegen, dass bei der Protonenbestrahlung nach brusterhaltender Therapie gesundes Gewebe im Vergleich zur konventionellen Bestrahlung geringer durch Strahlen belastet werde; eine dieser Studien behandele gerade Patientinnen mit geometrisch schwieriger, konkaver Brustform, bei denen es besonders problematisch sei, mit konventioneller Strahlentherapie gesunde Risikoorgane zu schonen; auch wäre zu berücksichtigen gewesen, dass die lokale Strahlentherapie zu einer erhöhten kardialen und sonstigen Mortalität führe, wodurch die Reduktion der brustkrebsbedingten Mortalität aufgehoben werde; schließlich hätten – da keine tragfähigen Studien zur Protonentherapie beim Ästhesioneuroblastom und zum Mamma-Ca existieren würden – zum Bewerten des therapeutischen Nutzens der Therapie bei diesen Indikationen Kenntnisse aus anderen Tumorarten ähnlicher Pathologie einbezogen werden müssen; auch dies sei ein zur Beanstandung berechtigendes Bewertungsdefizit.
Die Beigeladenen zu 5) und 6) - federführend für die übrigen Spitzenverbände der Krankenkassen - unterstützen den Kläger, ohne selbst einen eigenen Antrag zu stellen: Zwar könnten von Krankenhäusern auch noch nicht wissenschaftlich anerkannte Methoden zu Lasten der GKV angewandt werden; diese Möglichkeit aber ende, wenn der Kläger nach § 137 c SGB V festgestellt habe, dass eine Methode unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung nicht erforderlich sei; Maßstab einer solchen Prüfung bzw. Entscheidung sei der für das gesamte Leistungsrecht maßgebende Grundsatz der Wirtschaftlichkeit; er könne nur greifen, wenn der jeweilige Stand der medizinisch-wissenschaftlichen Erkenntnisse beachtet würde; bei Prüfung und Entscheidung auf dem Gebiet des Krankenhaussektors seien dieselben Grundsätze wie in § 135 Abs. 1 SGB V anzuwenden; wenn auch das Gesetz bei Krankenhausleistungen auf einen Erlaubnisvorbehalt für neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden verzichte, ändere dies nichts daran, dass nach dem gesetzgeberischen Konzept die Frage des medizinischen Nutzens und der wissenschaftlichen Akzeptanz von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden durch einen sachverständigen Ausschuss abschließend und verbindlich geklärt würde.
Dem schließt sich der Beigeladene zu 2) an, ebenfalls ohne einen eigenen Antrag zu stellen.
Die übrigen Beteiligten haben sich nicht geäußert. Auch im Termin zur mündlichen Verhandlung, zu dem alle Beteiligten unter Hinweis darauf geladen waren, dass auch bei Ausbleiben eines Vertreters oder Bevollmächtigten verhandelt, Beweis erhoben und entschieden werden könne, ist für die Beigeladenen zu 1) – 8) niemand aufgetreten.
Schließlich hat sich in dem Rechtsstreit u. a. der Betreiber des S Q1 Therapy Centers (S) N geäußert; es ist die erste Anlage in Deutschland und Europa, in der Tumore mit der Protonentherapie behandelt werden können: Er hält es einerseits für fehlerhaft, wenn der Kläger sich für seine Entscheidung auf Studien zu einzelnen Indikationen beschränke, zum anderen auch für fehlerhaft, wenn er die naturwissenschaftlichen Grundlagen einer Behandlungsmethode wie etwa der Physik und der Biologie außer Betracht lasse. Er hat ein Rechtsgutachten eingereicht, das F für den Betreiber des S im Dezember 2004 erstattet hat: "Protonentherapie als GKV-Krankenhausbehandlung. Zur Zulässigkeit von Protonentherapie als Tumorstrahlentherapie im Rahmen der GKV-Krankenhausbehandlung unter besonderer Berücksichtigung von Entscheidungskriterien, Erkenntnisgrundlagen und Beweismaßstäben für Entscheidungen des Gemeinsamen Bundesausschusses nach § 91 SGB V hinsichtlich Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus nach § 137c SGB V".
Der Kläger hat ein Rechtsgutachten seiner Stabsstelle Recht vorgelegt "Der Wirksamkeitsnachweis bei der Prüfung nach § 137 c SGB V". Die Kammer hat C, Leiter der Kinderonkologie und Hämatologie für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Klinikums der Universität L zum gerichtlichen Sachverständigen ernannt. In der mündlichen Verhandlung vom 00.00.0000 ist er zu der Studienlage bezüglich der Protonentherapie in den Indikationen Ästhesioneuroblastom und Mammakarzinom gehört worden und inwieweit es medizinisch-wissenschaftlich vertretbar ist, bei der Bewertung der Protonentherapie (nur) die aktuelle Studienlage heranzuziehen bzw. inwieweit es unvertretbar ist, vorrangig auf eine Datenlage abzustellen, auch wenn sie im Hinblick auf die Seltenheit einer Erkrankung lückenhaft ist. Ferner hat er die Fragen beantwortet, wie sich die strahlenbedingte Toxizität der unterschliedlichen Strahlentherapien, eine Differenzierung nach Patientensubgruppen und die Erkenntnisse der Protonentherapie bei anderen Karzinomarten als dem Ästhesioneuroblastom und dem Mammakarzinom auf die Nutzenbewertung der Protonentherapie bei diesen Indikationen auswirken. Wegen seiner Beurteilung wird auf die Sitzungsniederschrift Bezug genommen.
Während der Befragung des Sachverständigen hat die Kammer ferner Q2 gehört der für den Kläger aufgetreten ist, I1 von der Beklagten und T1 und T2 von der Beigeladenen zu 9) sowie X vom S N. Auch ihre Beurteilung ergibt sich aus der Sitzungsniederschrift.
Schließlich hat die Kammer zu der Frage, inwieweit der Strahlenschutzaspekt in den Abschlusssitzungen des Beklagten erörtert wurde, Beweis erhoben durch Anhören der Frau T2 als Zeugin. Wegen ihrer Bekundungen wird ebenfalls auf die Sitzungsniederschrift verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Obgleich im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht alle Beteiligten vertreten waren, konnte die Kammer verhandeln, Beweis erheben und entscheiden. Auch die Beigeladenen zu 1) bis 8) waren in der Ladung über diese Möglichkeit unterrichtet. Sie ergibt sich aus der in den §§ 124 Abs. 1, 126, 127 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) getroffenen Regelung.
Die Kammer hat mit je einem ehrenamtlichen Richter aus dem Kreis der Versicherten und dem der Arbeitgeber entschieden (§ 12 Abs. 2 Satz 1 SGG). Dies ist jene Besetzung, die in Kammern für Angelegenheiten der Sozialversicherung vorgeschrieben ist. Zwar sieht § 12 Abs. 3 SGG in den Kammern für Angelegenheiten des Vertragsarztrechtes eine Besetzung unter Beteiligung der Krankenkassen und der Vertragsärzte bzw. Vertragspsychotherapeuten vor. Der vorliegende Rechtsstreit hat mit den in dieser Vorschrift genannten Angelegenheiten gemein, dass die Entscheidung des Beklagten in eine solche der gemeinsamen Selbstverwaltung eingreift. Sie wurde vor Inkrafttreten des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Modernisierungsgesetz-GMG) vom 14.11.2003 nahezu vollständig unter Beteiligung der Kassenärztlichen Bundesvereinigung (KBV) ausgeübt. Dies war der Grund, weshalb die Streitigkeiten auch zunächst als solche des Vertragsarztrechtes angesehen wurden. Mit Einrichten des Klägers als des Gemeinsamen Bundesausschusses ist § 91 SGB V aber u. a. dahin geändert, dass bei Beschlüssen nach § 137 c SGB V an Stelle der Vertreter der KBV Vertreter der Beigeladenen zu 9) mitwirken. Damit aber haben die Richtlinien des Klägers, soweit sie das Ergebnis seiner Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus betreffen, keinen Bezug mehr zum Vertragsarztrecht. Weder sind bei den von der Beklagten beanstandeten Entscheidungen Vertragsärzte (auch nur im weiteren Sinne) beteiligt gewesen, noch wirken sich die Entscheidungen des Klägers auf das Recht der Vertragsärzte aus. Schließlich ist von der Richtlinienentscheidung auch die vertragsärztliche Versorgung nicht tatsächlich betroffen. Denn die Bereiche der ambulanten und stationären Versorgung sind (noch) so getrennt, dass eine sektorübergreifende Versorgung gesetzlich Krankenversicherter ausgeschlossen ist, jedenfalls soweit, dass man nicht von einem auch nur teilweise kongruenten Leistungsangebot sprechen kann. Dabei war auch zu berücksichtigen, dass § 137c Abs. 1 SGB V durch das Gesetz vom 14.11.2003 (BGB l. I Seite 2190) mit Wirkung vom 01.01.2004 auch dahin neu gefasst ist: Der frühere Satz 3 des 1. Absatzes ist fortgefallen. Damit war dem früheren Beteiligten nach Satz 1 (dem Ausschusses Krankenhaus) aufgegeben, Arbeitsplan und Bewertungsergebnisse mit dem damaligen Bundesausschuss der Ärzte und Krankenkassen insoweit abzustimmen, als er neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im ambulanten Bereich zu bewerten hatte (§ 92 Abs. 1 Satz 2 Nr. 5 SGB V). Dem Gesetzgeber schien es nicht mehr notwendig, dass der Kläger sektorübergreifende Gesichtspunkte bei der Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus berücksichtigt.
Die zulässigen, insbesondere form- und fristgerecht erhobenen Klagen sind begründet. Die angefochtenen Beschlüsse der Beklagten mussten aufgehoben werden, weil sie rechtswidrig sind. Zu Unrecht beanstandet das BMGS – als Vertreter der Beklagten - die Einordnung der Protonentherapie für die Indikationen "Ästhesioneuroblastom" und "Mammakarzinom" in die Anlage B der Verfahrensregeln zur Bewertung von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus. Die mit den Klagen angegriffenen Maßnahmen der Rechtsaufsicht sind rechtswidrig, weil der Kläger mit seinen – von der Beklagten beanstandeten – Beschlüssen vom 11.05.2004 und 16.11.2004 das in § 137c Abs. 1 SGB V normierte Recht nicht verletzt hat.
Alle Überlegungen haben dem Umstand Rechnung zu tragen, dass das Gesetz dem Kläger eine ihm eigene rechtssetzende Aufgabe zuweist. Der staatlich-demokratische Gesetzgeber hat durch ein dichtes Netz gesetzlicher Bestimmungen zwar die wesentlichen Entscheidungen auch dazu getroffen, welche Leistungen nach welchen Maßstäben bei Eintritt des Versicherungsfalles zu erbringen sind. Die Versorgungsbedürfnisse innerhalb des umfassenden Schutzes, den die gesetzliche Krankenversicherung gewähren will, ändern sich mit der Weiterentwicklung medizinischer Behandlungsmethoden und der Fortentwicklung medizinischer Erkenntnisse - teilweise greifen die Bedürfnisse diesen Entwicklungen sogar voraus. Dies erfordert eine flexible Rechtskonkretisierung. Sie ist der gemeinsamen Selbstverwaltung übertragen. Zur sachgerechten Lösung dieser Aufgabe nutzt das Gesetz die körperschaftlich aggregierten Interessen mit den jeweils spezifischen Verantwortungszusammenhängen und dem besonderen Sachverstand der an der Krankenversicherung Beteiligten. Alle daraus resultierenden Kräfte spannt er im Kläger ein und optimiert sie, indem er ihn entsprechend dem jeweiligen Bewertungsgegenstand unterschiedlich zusammensetzt (vgl. Hase "verfassungsrechtliche Bewertung der Normsetzung durch den GBA" in: MedR 2005, 391, 393).
Aus dieser Position des Klägers im Netz der gesetzlichen Bestimmungen des SGB V sowie der Begleitgesetze des SGB IV (Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung) und SGB X (Verwaltungsverfahren) folgen Grund und Grenzen der Aufsichtstätigkeit des Beklagten. Einerseits befugt jede Selbstverwaltung zu eigenverantwortlichem, selbstständigen Verwaltungshandeln und gewährt damit einen eigenen Wirkungskreis. Andererseits handelt es sich bei einer Selbstverwaltung um die gesetzesgebundene Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben. Wie jede juristische Person des öffentlichen Rechts steht deshalb auch die Selbstverwaltung unter staatlicher Aufsicht mit dem Ziel, einerseits die umfassende Wahrung der Rechtsmäßigkeit ihrer selbstverwalteten Tätigkeit zu prüfen, andererseits zu gewährleisten, dass die übertragenen Aufgaben auch wahrgenommen werden und so die Funktionsfähigkeit des Selbstverwaltungskörpers gesichert wird. Diese Aufsichtsziele sind in § 92 Abs. 10 und § 94 Abs. 1 SGB V kodifiziert, wobei dem BMGS nach Satz 2 der letztgenannten Vorschrift insbesondere das Beanstandungsrecht eingeräumt ist. Im Hinblick auf die Aufgabenteilung zwischen dem Kläger als Träger mittelbarer Staatsverwaltung und dem BMGS als Organ der unmittelbaren Staatsverwaltung folgt, dass dieses in seiner Funktion als Aufsichtsbehörde den dem Kläger vom Gesetz zugewiesenen eigenen Wirkungskreis zu beachten hat. Er besteht in der Eigenverantwortlichkeit seiner Normsetzung einschließlich der damit zusammenhängenden Einschätzungsprärogative. Die Aufsicht der Beklagten hat das Ziel, die Bindung der Rechtssetzung des Klägers an Recht und Gesetz sicher zu stellen. Nur wenn der Kläger rechtswidrig handelt, darf das BMGS jenes ihm zugesprochene Aufsichtsmittel der Beanstandung einsetzen. Die gerichtliche Prüfung der Entscheidungen des Klägers vom Mai und November 2004 hat jedoch ergeben, dass sie fehlerfrei sind.
Bei ihrer Kontrolle der von der Beklagten beanstandeten Entscheidung wiederum hatte die Kammer zu berücksichtigen, dass dem Kläger, wie schon erwähnt, die Bewertung des Leistungsgeschehens (auch) im Rahmen der Krankenhausbehandlung übertragen ist. Zwar bestimmt § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V, dass der Gemeinsame Bundesausschuss "überprüft", ob die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden, die im Rahmen einer Krankenhausbehandlung angewandt werden sollen, für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung der Versicherten "erforderlich" sind, wobei er den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse berücksichtigen muss. Schon bei dem Begriff des "allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse" zweifelt die Kammer, ob damit ein unbestimmter Gesetzesbegriff aufgestellt ist (so aber Hase a.a.O. Seite 396 m.w.N.). Denn auch die medizinischen Erkenntnisse sind von Wertungen geprägt, die mit gleich gültigen Begründungen zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können. Diese Frage jedoch brauchte die Kammer im vorliegenden Fall nicht zu erörtern. Denn da die Protonentherapie erst seit ca. 10 Jahren praktikabel eingesetzt wird, in der Bundesrepublik Deutschland dagegen bisher noch nicht, allenfalls kaum, kann in Bezug auf sie von einem "allgemein" anerkannten Stand der Erkenntnisse (noch) nicht gesprochen werden. Der Begriff der Erforderlichkeit dagegen ist zur Konkretisierung seines rechtlichen Inhalts im Kontext der gesamten Vorschrift zu sehen. In der Überschrift des § 137c SGB V beschreibt der Gesetzgeber selbst die Tätigkeit des Klägers als "Bewertung" von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Krankenhaus. Dies drückt aus, dass die Überprüfung einer Methode im Hinblick auf ihre Erforderlichkeit ein von wissenschaftlichen Wertungen bestimmter Vorgang ist, der eine eigenständige Wirksamkeitsbeurteilung voraussetzt. Daraus folgt nach Auffassung der Kammer, dass auch der Begriff des Erforderlichen von dieser Wertung geprägt ist. Damit wiederum korrespondiert, dass mit der gesetzlichen Ermächtigung zur Normsetzung ein Gestaltungs- und Beurteilungsraum zugewiesen ist. Daraus wiederum folgt, dass der Kläger als Normgeber einen eigenen, gerichtlich nur eingeschränkt kontrollierbaren Wertungs- und Entscheidungsbereich hat (BSG, Urteil vom 16.09.1997 – 1 RK 32/95 – in: USK 97 108). Deswegen sieht sich auch die Kammer nur berechtigt zu überprüfen, ob der Kläger den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt, die Grenzen der Beurteilungsermächtigung eingehalten und keine falschen Wertmaßstäbe zugrundegelegt hat (vgl. dazu OVG Berlin, Beschluss vom 28.01.1987 – OVG 5 S 1.87 – in: VUR 1987, 333 ff.). Vergleichbare Grundsätze hat auch das Bundessozialgericht für den Wertungsvorgang des Klägers herausgestellt und - nur - überprüft, ob der Ausschuss alle verfügbaren Beurteilungsgrundlagen ausgeschöpft hat, keine Differenzierungen eingeführt hat, die auf eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidungen hinaus laufen und keine sachfremden Erwägungen in seine abwägende Entscheidung eingeflossen sind. Zusätzlich fordert diese Rechtssprechung, dass die Entscheidung in einem rechtsstaatlichen Verfahren formal und ordnungsgemäß zu Stande gekommen ist (BSG, Urteil vom 16.09.1997 – 1 RK 32/95 – in: USK 97 108) Unter Berücksichtigung dieser Kontrollmaßstäbe erweisen sich die beanstandeten Entscheidungen nicht als defizitär.
Zunächst ist bereits der Weg nicht zu beanstanden, auf dem der Kläger zu dem für sich betrachtet zulässigen Ergebnis gekommen ist. So ist das innere Verwaltungsverfahren nicht etwa dadurch mit einem Mangel belastet, dass der Kläger Tatbestandsmerkmale durch schlüssige Beweise nicht hinreichend gesichert hätte, die ihn zu der von ihm gewählten Rechtsfolge berechtigen. Dem Kläger obliegt keine Beweislast für Feststellungen nach § 137c Abs. 1 Satz 1 und 2 SGB V, dass eine Methode für eine ausreichende, zweckmäßige und wirtschaftliche Versorgung unter Berücksichtigung des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse nicht erforderlich ist, wie dies die Beklagte meint. Das ergibt folgende methodologische Reflexion: Jede Entscheidung in einer Rechtssache ist ein logischer Schluss. Dabei sind innerhalb eines abstrakten Rechtssatzes (Obersatz) rechtserhebliche Tatsachen wesentlich (Untersatz), die zu einer Schlussfolgerung berechtigen (vgl. Kern, Strafverfahrensrecht, 1967, § 24 A). Das Beweisen ist jene Tätigkeit, die dem Zweck dient, die Überzeugung von der Wahrheit (oder Unwahrheit) einer Behauptung zu verschaffen (Jauering, Zivilprozessrecht, 2002, § 49 I; Belzer, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung im Zivilprozess, 2001, Rdnr. 1; Roxin, Strafverfahrensrecht, 1998, § 24 Rdnr. 1). Der Beweis als Begriff der Rechtssprache ist also eine Sicherung der materiellen Wahrheit durch Feststellen aller dafür wesentlichen Tatsachen (vgl. Wolff, Verwaltungsrecht III, 1967, 239 f.), Beweis wird über Tatsachen erhoben (Schäfer, Praxis des Strafverfahrens, 2000, Rdnr. 924). Dies bedeutet, dass ein fraglicher Sachverhalt nicht nur als logisch abgeleitet wird, sondern aufgrund von Tatsachenfeststellungen als – mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit – gewiss erkannt wird. Stets dient der Beweis einer Darlegung, dass der fragliche Sachverhalt nicht anders sein kann als behauptet. Bei der gebundenen Verwaltungstätigkeit bedeutet dies: Ist der Sachverhalt festgestellt und kann er unter den Tatbestand des Gesetzes subsumiert werden, folgt die vom Gesetz an den Tatbestand geknüpfte Rechtsfolge. Dieser Systematik entspricht § 137c SGB V nur scheinbar. Zwar ordnet Absatz 1 Satz 2 dieser Vorschrift den Erlass einer Richtlinie an, wenn die Überprüfung ergibt, dass die Methode nicht den Kriterien nach Satz 1 entspricht. Wesentlich aber für die Rechtsfolge ist die Aufgabe des Klägers, eine Methode zu überprüfen, und zwar in dem Sinne, dass die Untersuchungs- und Behandlungsmethoden "bewertet" werden. Bewertung und Beweis sind alternative Begriffe, sie sind nicht – auch nicht in Teilbereichen – kongruent. Das Bewerten ist eine wert- und bedeutungseinschätzende Tätigkeit, das Beweisen eine wahrheits-sichernde Tätigkeit; der Wertende entscheidet aufgrund einer Abwägung möglicherweise sogar gleichgewichtiger Faktoren. Aus dem Umstand, dass § 135 SGB V im Bereich des ambulanten Sektors bei neuen Untersuchungs- und Behandlungsmethoden ein Verbot mit Erlaubnisvorbehalt geregelt hat, im Krankenhaussektor dagegen auch neue Methoden grundsätzlich zugelassen sind, allerdings mit einem Ausschlussvorbehalt für den Beklagten, ergibt sich nichts dafür, dass der Kläger statt abwägend zu prüfen etwas zu beweisen hätte. Die Erlaubnis mit Verbotsvorbehalt ändert nichts daran, dass nach dem Konzept des Gesetzes Nutzen und Akzeptanz von Untersuchungs- und Behandlungsmethoden auch im Krankenhausbereich durch einen sachverständigen Ausschuss abschließend und verbindlich geklärt wird (BSG, Urteil vom 19.02.2003 – B 1 KR 1/02 R – in: USK 2003-73). Auch § 137c SGB V überträgt dem Kläger, die in der Krankenhausbehandlung erbrachten Leistungen nach Art und Qualität entsprechend den Maßstäben und Kriterien evidenzbasierter Medizin zu prüfen. Diese Tätigkeit entzieht sich einer Beweislast für die Nichterforderlichkeit einer Methode. Der Kläger trägt auch keine Beweislast für die Feststellung, dass Wirksamkeit und Nutzen einer Untersuchungs- oder Behandlungsmethode nicht hinreichend belegt ist und die Methode deshalb nicht, noch nicht oder nicht mehr dem aktuellen medizinischen Standard entspricht – so aber die Beklagte in den streitigen Beanstandungen. Schon die Frage, ob eine Methode geeignet ist, einen regelwidrigen Gesundheitszustand zu heilen, zu bessern oder auch nur die Krankheitsbeschwerden zu lindern, bedarf einer Abwägung, nach welcher Evidenz die Eignung als hinreichend gesichert angesehen werden kann. Noch deutlicher wird das Erfordernis einer abwägenden Entscheidung, wenn der Kläger im Hinblick darauf, dass der Versicherte nach § 27 Abs. 1 Satz 1 SGB V die "notwendige" Krankenbehandlung beanspruchen kann, in seine Bewertung einbezieht, ob die geprüfte Methode mehr zu leisten vermag als eine Behandlungsalternative oder zumindest gleich viel. Schließlich verlangt die Wirtschaftlichkeitsbeurteilung die Abwägung, ob eine vernünftige Relation zwischen den Kosten und dem (voraussichtlichen) Heilerfolg besteht oder es kostengünstigere Behandlungsmethoden gibt, die zum gleichen oder gar besseren Heilerfolg führen oder nur unwesentlich Geringeres zu leisten vermögen. Alle diese Bewertungen sind einer Beweisführung im engeren Sinne unzugänglich, woran auch der unterschiedliche Regel- Ausnahme- Grundsatz der §§ 135, 137c SGB V nichts ändert. Soweit die Beigeladene zu 9) vorträgt, es könne in keinem Falle genügen, den Stand der medizinischen Erkenntnisse in Bezug auf eine bestimmte Methode allein anhand vorliegender oder nichtvorliegender Evidenz der Stufe 1 beurteilen, reicht diese Frage nicht in den Problemkreis der Beweislast, sondern ist vielmehr im Bereich der Bewertungsfehler zu untersuchen, nämlich auf der letzten Stufe des inneren Verfahrens bei der Frage, ob bei der Bewertung ein Abwägungsdefizit zu beklagen ist. Schließlich hat der Kläger keine objektive Beweislast dahin, dass er die für den Ausschluss einer Methode erforderliche umfassende Prüfung und Gesamtabwägung vorgenommen hat. Wie bereits ausgeführt betrifft der Beweis Behauptungen für die Tatbestandsseite, an die das Gesetz eine Rechtsfolge knüpft. Die Beweislast regelt die Frage, wer den Beweis für die tatsächlichen Voraussetzungen zu führen hat, in der Regel derjenige, der sich auf die (ihm günstige) Rechtsnorm beruft. Abgesehen davon, dass im sozialgerichtlichen Verfahren der Amtsermittlungsgrundsatz gilt und deshalb die Beteiligten keine (subjektive) Beweisführungspflicht haben, betrifft die im Schriftsatz der Beigeladenen zu 9) vom 13.06.2005 erwähnte Beweislast nicht die Behauptung eines Sachverhalts, der eine Rechtsfolge auslöst. Richtig ist, dass nach der Vorschrift des § 88 Abs. 2 SGB IV, die nach § 91 Abs. 10 SGB V entsprechend auf das Verhältnis der Beklagten zum Kläger anzuwenden ist, der Kläger seiner Aufsichtsbehörde auf Verlangen alle Unterlagen vorzulegen und alle Auskünfte zu erteilen hat, deren Kenntnis zur Ausübung des Aufsichtsrechts erforderlich sind. Dass aber der Kläger Unterlagen zurückgehalten oder Auskünfte verweigert hätte, ist weder vom Beklagten noch der Beigeladenen zu 9) vorgetragen. Wohl beklagen sie ein Defizit, wenn sie dem Kläger vorhalten, er habe sein Prüfen und Wägen allein an einer an Studien orientierten Nutzenbewertung orientiert. Auch wenn – wie sie meinen – eine über die studienorientierte Bewertung hinausgehende Prüfung notwendig gewesen wäre, betrifft dies allein ein Heranziehungs- und Abwägungsdefizit, keine Beweisfrage. Schließlich ist die Beklagte zur Beanstandung der ihr vorgelegten Richtlinien-entscheidungen nicht aus dem Gesichtspunkt berechtigt, der Kläger habe eine aus § 94 Abs. 1 i. V. m. § 91 Abs. 10 SGB V abgeleitete Darlegungspflicht verletzt. Richtig ist, dass die Aufsichtsbehörde ein umfassendes Auskunfts- und Einsichtsrecht hat (§ 88 Abs. 2 SGB IV i. V. m. 91 Abs. 10 SGB V). Dieses ist einzelfallbezogen, nämlich auf die jeweils beschlossene und sodann vorgelegte Richtlinie. Sachlich kann die Beklagte alle Auskünfte und Unterlagen verlangen, die den Weg des Klägers vom Überprüfungsantrag bis zum Richtlinienbeschluss transparent machen. Die damit korrespondierende Pflicht des Klägers umfasst jedoch nicht, dass seine Entscheidung begründet werden müsste; eine Begründungspflicht sieht das SGB X nur bei Verwaltungsakten vor. § 35 SGB X enthält dazu den Grundsatz und die Ausnahmen. Wenn nach Abs. 2 Nr. 5 der Regelung selbst ein Verwaltungsakt der Begründung nicht bedarf, wenn eine Allgemeinverfügung öffentlich bekannt gegeben wird, so muss dies erst recht für Normsetzungen gelten, die eine weitergehende Allgemeinverbindlichkeit haben. Darüberhinaus ist der Beklagten – soweit die vom Kläger eingereichten Unterlagen zur Beurteilung seiner Tätigkeit nicht ausreichen - ausdrücklich das Recht eingeräumt, ergänzende Auskünfte zu verlangen.
Ebenso wie das förmliche Verwaltungsverfahren des Klägers, ist auch sein Bewertungsverfahren selbst mit keinem Mangel belastet.
Zunächst ist auch von der Beklagten nicht bestritten worden, dass der Kläger den Sachverhalt zutreffend und vollständig ermittelt hat und so alle verfügbaren Beurteilungsgrundlagen ausschöpfen konnte. Bei dieser Sachverhaltsermittlung hat sich der Kläger nicht nur auf die Suche nach Studien einer bestimmten Evidenzklasse beschränkt, sondern den Stand des Wissens insgesamt abgefragt. So enthält das Grundsatzgutachten "Hochpräzisionsstrahlentherapie", das mit Stand vom August 2001 vom Kompetenzzentrum Onkologie des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Nordrhein durch Dr. med. Klaus Peter Tiele und Prof. Dr. med. Axel Heyll erstattet ist, ein Literaturverzeichnis von 22 Seiten. Darin sind auch die Meinungen anerkannter Experten und Einzelfallberichte enthalten. In der Darstellung der einzelnen Verfahren ist die Protonentherapie beschrieben, sind ihre Vor- und Nachteile gegeneinander abgewogen. Hinsichtlich der therapeutischen Wirkung sind allein Vorteile aufgeführt. Ein Nachteil wird lediglich in den erheblichen Investitionskosten gesehen. Insbesondere ist als Vorzug beschrieben, dass bei der Therapie von Tumoren das umliegende Gewebe gegenüber der Photonentherapie besonders geschont werden kann. Soweit die Beklagte und die Beigeladene zu 9) unter Strahlenschutzaspekten die Entscheidung des Klägers bemängeln, so stellen sie nicht auf eine mangelhafte Heranziehung von Tatsachen ab, sondern bemängeln die Auseinandersetzung damit auf der Abwägungsebene. Zwar sind zwischen der Erstattung des Gutachtens und der abschließenden Entscheidung des Klägers etwa 3 Jahre vergangen. Dass sich jedoch die Datenlage selbst in dieser Zeit geändert hätte, ließ sich den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen nicht entnehmen. Insbesondere war dem Kläger bekannt, dass die Abteilung Klinische Radiologie und Strahlentherapie des Universitätsklinikums I2 in der Frage der Protonentherapie über die aktuellsten Kenntnisse verfügt. Bei der Suche nach einem Sachverständigen für den vorliegenden Rechtsstreit war der Kammer bekannt geworden, dass E aus I2 - Ärztlicher Direktor der o. g. Abteilung - in die Sachverständigenanhörung durch den Kläger einbezogen war. Dies war gerade der Grund, ihn nicht als gerichtlichen Sachverständigen zu bestellen, um keine Befangenheitsbesorgnisse aufkommen zu lassen. Schließlich ist weder vorgetragen noch sonst für die Kammer erkennbar, dass der Kläger gar falsche Daten herangezogen hätte. All dieses lässt nur einen Schluss zu: Der Kläger hat alle entscheidungsrelevanten Tatsachen und Gesichtspunkte zusammengetragen, die er für sein Prüfen und Wägen benötigte. Von einer unvollständigen oder unzutreffenden Sachverhaltsermittlung kann nicht die Rede sein. Darüberhinaus ist nicht erkennbar – wie dies im übrigen auch weder von der Beklagten noch der Beigeladenen zu 9) vorgetragen wurde -, dass Gesichtspunkte berücksichtigt wären, die im Kontext mit der Beurteilungsermächtigung nicht hätten berücksichtigt werden dürfen. Auch von einem unzulässigen Überhang herangezogener Tatsachen kann nicht ausgegangen werden.
Letztlich sieht die Kammer den Beanstandungsgrund in dem Vorhalt, der Kläger habe das Für und Wider der Protonentherapie in den genannten Indikationsbereichen mangelhaft abgewogen. Auch dem jedoch vermochte die Kammer nicht zu folgen.
Zunächst ist aus den Erörterungen der Klagegegner – in Übereinstimmung mit den vom Bevollmächtigten des S zu den Akten gereichten Stellungnahmen – zu den unterschiedlichen Regelungsinhalten des § 135 SGB V und des § 137c SGB V nicht abzuleiten, der Kläger habe die Grenze seiner Beurteilungsermächtigung nicht eingehalten und so durch eine undifferenzierte Bewertung die gesetzgeberischen Entscheidungen rechtswidrig korrigiert. Dem liegt die Meinung zu Grunde, dass für die Anerkennung einer Methode im vertragsärztlichen Bereich nach § 135 Abs. 1 SGB V ein anderer Prüfmaßstab zu Grunde zu legen ist als beim Ausschluss einer Methode nach § 137c Abs. 1 SGB V für den stationären Bereich: Im ambulanten Bereich einer Methode könne die Anerkennung versagt werden, wenn ihr Nutzen aufgrund einer noch unklaren Evidenzlage nicht feststellbar sei; demgegenüber könne im stationären Bereich eine Behandlungsmethode erst dann abgelehnt werden, wenn ein klinisch relevanter Nutzen in methodisch geeigneten Studien mit ausreichender Power (statistischer Trennschärfe) nicht habe nachgewiesen werden können. Richtig ist, dass der Gesetzgeber den Erlaubnisvorbehalt zum Einführen neuer Methoden in die ambulante Versorgung für die Krankenhausbehandlung in einen Ausschlussvorbehalt umgekehrt hat. Zutreffend verweisen die Klagegegner auch darauf, dass damit eine innovationsfreundliche Regelung dahin geschaffen wurde, um den medizinischen Fortschritt in den Krankenhäusern nicht zu behindern. Daraus folgt jedoch nach Auffassung der Kammer nicht, dass sich der Bewertungsvorgang, den der Kläger zu leisten hat, bei Entscheidungen nach § 135 SGB V und § 137c SGB V wesentlich unterscheidet. Zwar ist der Kläger bei der Bewertung neuer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im ambulanten Bereich an den jeweiligen Stand der wissenschaftlichen Erkenntnisse in der jeweiligen Therapierichtung gebunden, während er bei einer Wertung im Rahmen des § 137c SGB V den allgemein anerkannten Kenntnisstand lediglich berücksichtigen muss, dafür aber auch über die jeweilige Therapierichtung hinaus. Dies ändert zunächst jedoch nichts daran, dass sich die jeweiligen Abwägungsvorgänge nicht voneinander unterscheiden. Denn wenn es bei § 137c SGB V wesentliches Ziel des Gesetzgebers ist, in der stationären medizinischen Versorgung "medizinisch fragwürdige Leistungen" zu vermeiden (BT – Drs. 15/1525, Seite 126), so kann aus der Umkehrung von Regel und Ausnahme zwischen anwendbaren Methoden im ambulanten und stationären Bereich nicht geschlossen werden, für jenen reichen Zweifel an der Methode, für diesen aber (nur) gesicherte Kenntnisse aus, um diese Methode nicht Gegenstand des gesetzlichen Leistungskataloges werden bzw. sein zu lassen. Wenn gleichzeitig jetzt der Kläger ebenso wie sein Vorgänger bei seinen Entscheidungen (nach § 137c SGB V) einerseits dafür Sorge zu tragen hat, dass der medizinische Fortschritt in den Krankenhäusern nicht behindert wird (BT-Drucks. 14/ 1245 S. 90), er andererseits fragwürdige Leistungen ausschließen soll, ist er einem Spannungsfeld ausgesetzt, das im Lichte des in sich einheitlichen Leistungs- und Leistungserbringungsrecht zu lösen ist. Denn jenes Spannungsfeld, in dem sich der Kläger befindet, ist nur Segment eines Konfliktes, der die gesamte GKV durchzieht: Umfassender Risikoschutz auf der einen, Finanzierbarkeit auf der anderen Seite. Diesen natürlichen Interessengegensatz zwischen Versicherten, Leistungserbringern und Versicherern will das Gesetz durch den mehrfachen Bezug auf den allgemein anerkannten Stand der medizinischen Erkenntnisse ebenso lösen wie durch das (noch öfter erwähnte) Wirtschaftlichkeitsgebot. Dieser Lösungsansatz zwingt nach Auffassung der Kammer zu der (teleologischen) Auslegung, dass die Bewertungsvorgänge bei Prüfungen nach §§ 135 und 137c SGB V denselben Maßstäben unterliegen. Widrigenfalls nämlich würden prinzipiell ambulante Leistungen auf Dauer in das Krankenhaus gedrängt und dort erbracht, denen der GBA bereits nach § 135 SGB V die Anerkennung verweigert hat. Es liegt aber auf der Hand, dass ambulant erbringbare Leistungen unwirtschaftlich sind, wenn sie an eine stationäre Aufnahme geknüpft werden. Eine naheliegende Fehlentwicklung zeigt der vorliegende Rechtsstreit deutlich: Die derzeitige Datenlage zwingt den GBA auch nach Auffassung der Klagegegner nicht, die Protonentherapie bei den hier behandelten Indikationen in die Anlage A der Richtlinie zur Bewertung medizinischer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden einzuordnen, in der die anerkannten Methoden für die ambulante Behandlung aufgeführt sind. Nach Angaben des gerichtlichen Sachverständigen ist aber die Protonentherapie beim Mammakarzinom und beim Ästhesioneuroblastom (hier jedenfalls für Erwachsene) eine ambulant erbringbare Leistung. Sie würde also bei einem flächendeckenden Angebot in den stationären Sektor gedrängt. Darüberhinaus würde der Forschungsdrang paralysiert, wenn ein abwartendes Beobachten den Schub zu Studien ersetzt. Darauf hat Q2 zutreffend hingewiesen. Schließlich ist es nicht Aufgabe der GKV, die Forschung zu finanzieren (vgl. BSG, Urteil vom 22.07.2004 – B 2 KR 21/03 R – in: USK 2004 – 63). Demgegenüber entspricht es gerade dem Einspannen der Interessengegensätze, die noch nicht allgemein anerkannten Methoden im Krankenhausbereich nur so lange erbringen zu lassen, bis einer der Beigeladenen einen Prüfungsantrag stellt. Dadurch werden einerseits Innovationen nicht schon im Anfangsstadium abgewürgt, andererseits aber auch nur so lange erbracht, wie sie eine der im Gesetz genannten Interessengruppen nicht als Dauerbelastung empfindet. Dies gilt umso mehr, als der frühere 2. Halbsatz des § 137c Abs. 1 Satz 2 SGB V gestrichen ist, wonach von einer negativen Ausschlussbewertung Studien unberührt blieben. Deshalb läuft es auch nicht auf eine Korrektur der gesetzgeberischen Entscheidung hinaus, wenn der Kläger für die von ihm durch den Prüfantrag der Krankenkassen ausgelöste Prüfverpflichtung die ihm zugänglichen Studien und Meinungen daraufhin auswertet, ob der Nutzen der Protonentherapie in den Indikationsbereichen Ästhesioneuroblastom und Mammakarzinom hinreichend belegt ist oder nicht doch (noch) als fragwürdige Leistung anzusehen ist.
Schließlich sind die Richtlinienbeschlüsse zur Protonentherapie in den Indikationsbereichen Ästhesioneuroblastom und Mammakarzinom nicht deshalb zu beanstanden, weil sie – wie die Beklagte und die Beigeladene zu 9) meinen – auf einem aus wissenschaftlicher Sicht unvertretbaren Bewertungskonzept beruhen. Der Kläger hat nicht gegen allgemein anerkannte Bewertungsmaßstäbe verstoßen.
Zunächst hat er nicht das Konzept einer umfassenden evidenzbasierten Methodenbewertung verkürzt. Die Kammer stützt sich insoweit auf die Beurteilung des gerichtlichen Sachverständigen. Er bestätigt zunächst das Ermittlungsergebnis des Klägers, dass es letztlich nur eine Studie zur Wirksamkeit der Protonentherapie beim Ästhesioneuroblastom gibt, und zwar jene, die der Kläger für seine Beurteilung herangezogen hat, nämlich die von Fitzek und anderen aus dem Jahre 2002. Diese Studie stuft der Sachverständige hinsichtlich ihrer Aussagekraft als sehr eingeschränkt ein. Dies begründet er damit, dass die Probanden keinem einheitlichen Studiendesign unterworfen waren. Dieses Problem erläuterte Q2 dahin, dass die Patienten nicht nur mit Protonen sondern auch mit Photonen bestrahlt worden waren. Kann das Ästhesioneuro-blastom – so der Sachverständige – ohnehin nur mit einem Strauß von Maßnahmen angegangen werden (Operation, Chemotherapie und Bestrahlung), erfordert die gültige Aussagekraft zu Alternativen eines Therapieteils, dass in diesem Teil die zu beurteilende Alternativen nicht gemeinsam eingesetzt werden. Deshalb ist es in sich schlüssig, wenn Q2 urteilt, dass bei einer mit Protonen und Photonen kombinierten Bestrahlung über den Wert der einen oder anderen Therapie keine Aussagen getroffen werden können. Dies wiederum stützt die Meinung des C, die Studie von Fitzek u. a. könne über den therapeutischen Nutzen der Protonentherapie nur Hinweise geben, jedoch keinen tragfähigen Evidenznachweis erbringen. Allerdings hat C auch bekundet, es sei bei der patientenindividuellen Therapieplanung zu kurz gegriffen, ausschließlich auf die Studien zu schauen; auch der theoretische Wirkansatz, die therapeutische Praxis, die nationale und internationale Verbreitung sowie alle Aussagen über die Methode fließen in die Konzeptplanung ein. All dies aber tritt in ihrer Bedeutung zurück, wenn keine Studien vorliegen. Da aber eine – in der Regel – wirksame Alternative bekannt ist, nämlich die Photonenbestrahlung (dazu unten), bleibt die Protonentherapie – ebenfalls in der Regel – eine zweifelhafte Methode, eben auch bei der patientenindividuellen Therapieplanung. Dass sie in einem sehr seltenen oder gar singulären Fall alternativlos ist, zwingt nicht zur allgemeinen Anerkennung. Ebenso wie in der Gesetzesanwendung Lücken erkannt und geschlossen werden, sind auch Lücken der untergesetzlichen Norm über jene Grundsätze auszufüllen, die die Rechtsordnung bei dem "off label use" im Bereich der Arzneimittelversorgung und dem Systemversagen bei Heilmethoden im vertragsärztlichen Bereich entwickelt hat.
Ein konzeptionelles Abwägungsdefizit liegt auch nicht darin, dass der Kläger die Protonentherapie zur herkömmlichen Photonenbestrahlung in Bezug gesetzt hat. Auch dies folgt aus den Bekundungen des gerichtlichen Sachverständigen, der – trotz der Bösartigkeit des Ästhesioneuroblastoms – die Erfolgsquote bei einer Therapie zwischen 50 und 70 von Hundert beziffert. Da die Protonentherapie erst seit ca. 10 Jahren praktikabel verwertbar ist, in der Bundesrepublik Deutschland aber in diesem Zeitraum langfristig kein entsprechender Therapieplatz verfügbar war, kann die Erfolgsquote nur mit dem Therapiebündel unter Verwenden der herkömmlichen Bestrahlungsmethoden erzielt sein. Die bisherige Therapie hat sich also in der therapeutischen Praxis als günstig herausgestellt. Insofern ist - nach Auffassung der Kammer - der Kläger aus wissenschaftlicher Sicht auch berechtigt, trotz des theoretisch günstigen Gedankenansatzes für die Protonentherapie im Hinblick auf die Eingrenzbarkeit des Bestrahlungsfeldes, sie nicht als erforderlich im Sinne des § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V anzusehen, wenn eine mit herkömmlichen Methoden zumindest vergleichbare Heilkraft gesichert ist. Dies wird weiter durch die Aussage des Sachverständigen gestützt, dass der theoretische Ansatz eines Therapiekonzeptes nicht viel hilft, weil sich in der Praxis immer wieder zeigt, dass ein gedanklicher Heileffekt sich in der therapeutischen Umsetzung nicht als tragfähig erweist. Zutreffend hat in der Beweisaufnahme X auf den unbestreitbaren Vorteil der Protonentherapie hingewiesen, mit der die zu bestrahlende Region dreidimensional sehr genau begrenzt werden kann. Dieser Vorteil aber wird nach Angaben des C dadurch wieder zu einem guten Teil zunichte gemacht, weil sich – was auch X bestätigt – in der Regel nicht genau feststellen lässt, wo genau der Tumor liegt und wie weit er sich ausgebreitet hat. Auch ist die Folgerung des X schlüssig, dass jedenfalls mit der Protonentherapie genau zu bestimmen ist, dass jenes Gewebe geschont werden kann, von dem der Therapeut weiß, dass es nicht tumorös befallen ist. Es bleibt aber die medizinisch wissenschaftliche Unsicherheit, ob die Protonentherapie das tumoröse Gewebe ebenso zerstört wie die Photonentherapie. Wenn aber im Hinblick auf den primärtherapeutischen Effekt die Protonentherapie anzuwenden ebenso falsch sein kann wie sie nicht anzuwenden, sie also, wie der Sachverständige konkretisiert, "genau der falsche Weg sein kann", während es eine erprobte Alternativmethode gibt, sieht es die Kammer nicht als Bewertungsfehler, wenn der Kläger die Protonentherapie bei der Behandlung des Ästhesioneuroblastoms als fragwürdige Leistung ansieht. Gerade solche aber auszuschließen umfasst der mit § 137c Abs. 1 Satz 1 SGB V dem Gemeinsamen Bundesausschuss zugebilligte Bewertungsraum.
Gleiches gilt für die Protonentherapie bei der Indikation Mammakarzinom. Im Gegensatz zum Ästhesioneuroblastom erkranken an dieser Tumorform nach Angaben des Sachverständigen sehr viele Patientinnen. Wenn der Sachverständige aus der hohen Anzahl an Erkrankungsfällen schließt, dass man für eine positive Bewertung der Protonentherapie auf Evidenzstudien kaum werde verzichten dürfen, so ist dieses insofern schlüssig, als die Befürworter dieser Therapie beim Ästhesioneuroblastom sich gerade darauf gestützt haben, dass eine valide Datenlage kaum zu erwarten sei und deshalb – so vor allem Frau T2 – es ethisch unvertretbar sei, sie auszuschließen. Im Übrigen aber ist in der Wissenschaft viel überlegt worden, inwieweit auch gerade in Grenzbereichen dieser Erkrankung die Protonentherapie gegenüber jener mit Photonen einen therapeutischen Vorteil hat. Wenn C aber dazu erklärt, weder in der Literatur noch bei der Befragung anderer Kliniken festgestellt zu haben, dass Frauen mit einem Mammakarzinom überhaupt schon in nennenswerter Zahl mit Protonen behandelt worden seien, so stimmt dies mit den Recherchen des Klägers überein. Insoweit ist auch die Beklagte und mit ihm die Beigeladene zu 9) der Auffassung, dass der Ausschluss jedenfalls bei Subgruppen fehlerhaft sei. Dazu wiederum gibt der Sachverständige an, dass bei der Untergruppe junger Patientinnen der Tumor in der Regel so aggressiv ist, dass ohnehin eine engbegrenzte Strahlentherapie kontraindiziert ist. Bei älteren Patientinnen dagegen, etwa mit einer geometrisch schwierigen Brustform, sind zwar keine Nachteile der Protonentherapie gegenüber der Photonentherapie bekannt, andererseits aber liegen irgendwie geartete Erkenntnisse über die Protonentherapie beim Mammakarzinom nicht vor. Dazu wiederum bezeichnet es der gerichtlichen Sachverständige als wissenschaftliches Vorgehen, bei einer Heilmethode zunächst für die große Indikationsgruppe zu bewerten, inwieweit die Methode dort Vorteile oder Nachteile hat. Erst wenn dies gesichert ist – durch Daten gesichert –, überlegt sich der Wissenschaftler, wie die Methode in Subgruppen angewandt wird und wo sie ihren besonderen Effekt entfalten kann. Wenn er den umgekehrten Weg als unwissenschaftlich bezeichnet, lässt sich die Vorgehensweise des Klägers nicht beanstanden, für Subgruppen keine besondere Prüfung vorgenommen zu haben. Auch hier gilt: Gibt es keine Erkenntnisse über die Wirkung der Protonentherapie beim Mammakarzinom, berechtigt dies, sie der Gruppe der zweifelhaften Methoden zuzurechnen. Insofern hat der Kläger den ihm gesetzlich zugebilligten Bewertungsraum nicht dadurch im Sinne eines Abwägungsdefizits unausgeschöpft gelassen, dass er die kardiale Übersterblichkeit bei bestimmten Untergruppen des Mammakarzinoms unberücksichtigt ließ, wie T1 bemängelte. Im Übrigen hat der Sachverständige dazu ergänzt, dass die Studien, die jene Nebenwirkung belegen, relativ alt sind und im Hinblick auf den photonentherapeutischen Fortschritt an Nachweiskraft verloren haben.
Schließlich folgt aus der Sachverständigenbeurteilung, dass der Kläger zu Recht die unterschiedliche Toxizität nicht nachhaltig in seine Bewertung einbezogen hat. Auch hier gilt nach Angaben des gerichtlichen Sachverständigen, dass sich der Negativfaktor unerwünschter Nebenwirkungen vernünftigerweise erst dann in die Bewertung einbeziehen lässt, wenn auch die Wirkungen bekannt sind. Ausdrücklich als unwissenschafltich bezeichnet er, theoretische (erwünschte) Wirkungen mit tatsächlichen (unerwünschten) Nebenwirkungen zu vergleichen und umgekehrt. Aus der Aussage der Zeugin T2 ergibt sich jedenfalls, dass der Kläger auch in seiner Schlussberatung und entscheidenden Sitzung den Vorteil der Protonenbestrahlung hinsichtlich der geringeren Toxizität nicht übersehen hat – wenn er auch nicht so nachhaltig beraten wurde, wie die Zeugin es für notwendig erachtet. Aus den schriftlichen Äußerungen des Bevollmächtigten der Betreiber einer Protonenanlage lässt sich schließen, dass auch in den Vorbereitungen zur Entscheidung der Gesichtspunkt der systembedingt genaueren Strahlungsbegrenzung durch die Protonenstrahler eingeflossen ist. Denn die Bedeutung der Wirkunterschiede wird mit einem Aufsatz von Debus belegt "Biologische Wirksamkeit von Protonenstrahlen im Vergleich zu Photonenstrahlen in der klinischen Anwendung" - aktualisiert 2003. Jener E ist aber – wie oben erwähnt - in die Beratungen des Klägers eingebunden gewesen.
Soweit das Werten des Klägers auf medizinisch-wissenschaftlicher Grundlage beruht, hat die Kammer seine Entscheidung auch auf ihre Plausibilität hin geprüft. Nach Auffassung der Kammer ist eine wertende Verwaltungsentscheidung plausibel, wenn sie auf einer vertretbaren Meinung des jeweils herangezogenen Wissenschaftsbereich gründet. Vertretbar ist nach der bisherigen Rechtsprechung der Kammer eine wissenschaftliche Beurteilung, wenn sie – weil in sich schlüssig ist und gerade nicht dem jeweiligen wissenschaftlichen Grundkonsens widerspricht - auch von jenen akzeptiert wird, die eine Gegenposition beziehen und dies ebenfalls nach gutem wissenschaftlichen Brauch. Dass die in den Entscheidungen des Klägers zum Ausdruck kommende medizinisch-wissenschaftliche Meinung vertretbar ist, nämlich die Protonentherapie in den Indikationen Ästhesioneuroblastom und Mamm-Ca als von zweifelhafter Wirkung anzusehen, folgt ebenfalls aus dem Gutachten der gerichtlichen Sachverständigen. Er bestätigt dem Kläger, dass bei Bewertungen therapeutischer Methoden "ernsthaft und intelligent" nur vorangegangen werden kann, wenn valide Daten vorliegen. Liegen solche nicht vor, so kann über eine Methode keine positive Aussage getroffen werden. Ist aber eine positive Bewertung nicht möglich, kann die Leistung als zweifelhaft angesehen werden.
Die Kammer folgt den Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen, weil zunächst seine Beurteilung keinen Widerspruch in sich enthält, obgleich dem gerichtlichen Gutachter während seiner Anhörung die wissenschaftlichen Gegenmeinungen des Beklagten (I1), der Beigeladenen zu 9) (S2 und T1) und des Leistungsanbieters (X) vorgehalten wurden. An seiner fachlichen Qualifikation zu zweifeln sah die Kammer aus doppeltem Grund keinen Anlass. Bezüglich des Ästhesioneuroblastoms ist er als Leiter der Kinderonkologie des Zentrums für Kinderheilkunde und Jugendmedizin des Klinikum der Universität L als sach- und fachkundig ausgewiesen. Aufgrund seines akademischen Grades ist von seiner theoretischen Fachkunde auszugehen, aufgrund seiner Position als Zentrumsleiter der Kinderonkologie von einer reichen praktischen Erfahrung. Darüber hinaus hatte sich die Kammer auf der Suche nach einem hinreichend qualifizierten Sachverständigen an den Dekan der Medizinischen Fakultät des Klinikums der Universität zu L gewandt, T3. Er hat C empfohlen, weil er seines Erachtens "die Kriterien der Überparteilichkeit und exzellenten Sachkunde" in der Frage der Protonentherapie auf sich vereint. Auch für die Beurteilung der Frage, inwieweit die Protonentherapie beim Mammakarzinom dem Stand des Wissen entspricht, hält die Kammer ihn für sachverständig. Die Beweisfragen nämlich gingen dahin, inwieweit es medizinisch-wissenschaftlich vertretbar ist, die Wirkung der Protonentherapie als belegt anzusehen und inwieweit eine unzureichende Datenlage die Beurteilung beeinflusst, auch unter den Gesichtspunkten der Seltenheit einer Erkrankung und unterschiedlichen Toxizitäten der Protonen- und Photonentherapie. Dazu hat er zur Behandlung des Mammakarzinoms Unterlagen aus dem Jahre 2005 vorgelegt und damit auf die jüngsten Erkenntnisse Bezug genommen. Die Frage aber, in welcher Weise von einer Indikationsgruppe auf Subgruppen oder umgekehrt wissenschaftliche Schlüsse gezogen werden, ist keine Frage der Indikation sondern eine allgemein methodologische Fragestellung. Für sie aber ist C sachkundig. Besonders wegen dieser, dem gerichtlichen Sachverständigen auch extern bescheinigten Sachkunde und Unabhängigkeit hat die Kammer seiner Beurteilung den Vorzug gegenüber den abweichenden gutachtlichen Meinungen gegeben, die in der Beweisaufnahme von den übrigen Ärzten dargelegt wurden – auch wenn sie in sich schlüssig waren.
Weiteren Beweis zu erheben, wie dieses die Beklagte beantragt hat, sah die Kammer keinen Anlass.
Bezüglich der Strahlengesichtspunkte ist der Sachverhalt geklärt. Die Kammer hat zwei Teilnehmer an der Abschlusssitzung gehört; die Aussage der Zeugin T2 weist aus, dass der Kläger den Gesichtspunkt behandelt hat. Nach dem Urteil der gerichtlichen Sachverständigen brauchte das Thema nicht vertieft zu werden, weil der Wirksamkeitsnachweis der für die Entscheidung vorrangige Gesichtspunkt ist. Dass der Kläger Kenntnisse aus anderen Indikationsbereichen hatte, ergibt sich schon aus dem Umstand, dass er solche positiv bewertet hat. Inwieweit sie nachhaltig in der Abschlusssitzung erörtert und abgewogen wurden ist nicht entscheidungserheblich, weil sich – so der gerichtliche Sachverständige – von der Wirkung der Therapie in einem bestimmten Indikationsbereich nicht auf die gleiche oder gar dieselbe in einem anderen Bereich schließen lässt.
Zu guter Letzt sind die von der Beklagten beanstandeten Entscheidungen des Klägers nicht defizitär, weil er sie nicht entsprechend § 21 Abs. 4 seiner Verfahrensordnung ausgesetzt hat mit der Maßgabe, dass innerhalb einer von ihm gesetzten Frist der Nutzennachweis mittels klinischer Studien geführt werden kann. Solche Studien sind in naher Zukunft, wie Satz 1 der Vorschrift verlangt, nicht zu erwarten. Beim Ästhesioneuroblastom hält selbst die Beigeladene zu 9) sie für ausgeschlossen. Dem hat der gerichtliche Sachverständige zwar nicht zugestimmt. Er verweist darauf, dass auch bei einer geringeren Anzahl von Probanden Studien an verschiedenen Zentren möglich sind, soweit diese entsprechend vernetzt werden. Ein solches Vorgehen ist seinen Angaben zufolge auch schon international durchgeführt worden. Gleichwohl aber hält er eine Studie für unwahrscheinlich. Gleiches gilt für die 2. Indikation. Zwar erkranken am Mamm-Ca viele Patientinnen, aber nur wenige, für die die Protonentherapie auf Grund ihrer spezifischen biologischen und physikalischen Wirkungen wesentlich sein kann.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197 a SGG.
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