S 10 KR 64/05

Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
SG Regensburg (FSB)
Sachgebiet
Krankenversicherung
Abteilung
10
1. Instanz
SG Regensburg (FSB)
Aktenzeichen
S 10 KR 64/05
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
-
Datum
-
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Klage gegen den Bescheid vom 06.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 wird abgewiesen.

II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand:

Die Beteiligten streiten um die Anrechnung einer Kapitalleistung aus einer betrieblichen Altersversorgung auf die Beiträge des Klägers zur Krankenversicherung und Pflegeversicherung.

Mit Schreiben vom 30.06.2004 meldete das Unternehmen Deutscher Herold Lebensversicherung AG in Ausführung seiner Mitteilungspflicht der Beklagten die Leistungsauszahlung im Rahmen einer betrieblichen Altersversorgung. Der Auszahlungstermin war auf 01.06.2004 festgelegt. Die Kapitalzahlung aus der Versicherungsleistung belief sich auf 24.662,49 EUR. Mit Bescheid vom 06.07.2004 rechnete die Beklagte diese Kapitalleistung zu Einhundertzwanzigstel auf die monatliche Beitragspflicht zur Kranken- und Pflegeversicherung des Klägers um, sodass sich ab 01.07.2004 ein Beitragsteil für die Krankenversicherung von 30,62 EUR und für die Pflegeversicherung von 3,49 EUR, also insgesamt 34,11 EUR ergab. Der Versicherungsschein war ausgefertigt am 17.04.1985 mit Versicherungsbeginn zum 01.03.1985. Die Versicherungsdauer war auf 19 Jahre festgelegt. Die Versicherung war als Vario-Dynamik-Police bezeichnet, Versicherungsnehmer und versicherte Person war der Kläger.

Gegen den oben genannten Bescheid legte der Kläger am 21.07.2004 Widerspruch ein. Er wies darauf hin, dass die Laufzeit für die Direktversicherung des Deutschen Herold falsch berechnet wurde, da diese Direktversicherung vorher eine Lebensversicherung war mit einer Laufzeit bis 29.10.1996 und somit bei seinem Arbeitgeber zu Sozialbeiträgen herangezogen wurde. Erst ab dem 30.10.1996 erfolgte die Umstellung zur Direktversicherung, was eine Laufzeit für die Berechnung ab dem genannten Datum ausmache. Im Rahmen der Ermittlungen der Beklagten im Widerspruchsverfahren teilte der Deutsche Herold der Beklagten am 29.11.2004 mit, dass der Versicherungsvertrag im Rahmen der betrieblichen Altersversorgung über den seinerzeitigen Arbeitgeber Dehn und Söhne für den Kläger abgeschlossen wurde. Zum 01.06.1996 wurde der Vertrag auf den Kläger privat übertragen und ab diesem Zeitpunkt als Privatvertrag geführt. Es handle sich dabei um eine Direktversicherung. Beigelegt war eine Vereinbarung zwischen dem Kläger und seinem seinerzeitigen Arbeitgeber, wonach in Abänderung des Arbeitsvertrages mit Wirkung vom 19.02.1996 der Anspruch des Klägers als Arbeitnehmer auf Einmalzahlungen einhalbjährlich in Höhe von 1.008,- DM als Anspruch auf Versicherungsschutz in Form einer Direktversicherung gewährt wurde. Mit Widerspruchsbescheid vom 27.01.2005 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Die Leistungen aus der betrieblichen Altersversorgung seien für 120 Monate auf die Beiträge des Klägers umzurechnen, wobei es unerheblich sei, wer die Leistungen der betrieblichen Altersversorgung im Ergebnis finanziert habe und diese somit Versorgungsbezüge auch dann darstellen würden, soweit sie auf Beiträgen des Arbeitnehmers beruhen. Der Versorgungsanspruch sei unteilbar. Diese Unteilbarkeit liege nicht nur dann vor, wenn der Versicherungsvertrag durch die Beschäftigung begründet und nach dem Ausscheiden vom Versicherten fortgesetzt würde, sondern auch dann, wenn der Versicherungsvertrag ursprünglich von dem Versicherten begründet wurde und dann in eine Direktversicherung übergeführt wurde.

Dagegen erhob der Kläger zum Sozialgericht Regensburg am 22.02.2005 Klage. Er begehrt, dass er nur ab November 1996 zu Leistungen herangezogen werde, da seine Versicherung zunächst nicht priviligiert gewesen sei. Die Beklagte wies demgegenüber darauf hin, dass ab 01.01.2004 alle Kapitalleistungen, die der Altersversorgung dienen, der Beitragspflicht unterliegen würden und Voraussetzung nur der Bezug zum früheren Erwerbsleben sei.

Der Prozessbevollmächtigte des Klägers beantragt,

die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 06.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2004 zu verurteilen, den Kläger von Beitragsleistungen aus der Versicherung bis einschließlich Oktober 1996 freizustellen.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Im Übrigen wird zur Ergänzung des Tatbestandes Bezug genommen auf die Gerichtsakte sowie auf die Verwaltungsakte der Beklagten. Sämtlicher Inhalt war Gegenstand der Entscheidungsfindung.

Entscheidungsgründe:

Das Gericht konnte gemäß § 105 Sozialgerichtsgesetz (SGG) mit Gerichtsbescheid entscheiden, da die Angelegenheit keine besondere Schwierigkeit rechtlicher und tatsächlicher Art aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten wurden dazu gehört.

Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 54 Abs. 1 Satz 1 1. Alternative SGG zulässig. Soweit vom Kläger ein Freistellungsanspruch darüberhinaus begehrt wird, ist dieser nicht erforderlich, da mit einer teilweisen Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide zum Ende Oktober 1996 das Begehren des Klägers erfüllt werden kann.

Die Klage ist jedoch nicht begründet. Gemäß § 229 Abs. 1 Satz 1 Nr. 5 Sozialgesetzbuch 5. Buch (SGB V) - bei versicherungspflichtigen Rentnern anwendbar über § 237 Satz 2 SGB V - bestimmt, dass als beitragspflichtige Einnahmen diejenigen Versorgungsbezüge anzusehen sind, soweit sie zur Altersversorgung erzielt werden. Renten aus der betrieblichen Altersversorgung sind dabei ausdrücklich genannt. Nach Satz 3 dieser Vorschrift gilt 1/120stel der Leistung als monatlicher Zahlbetrag der Versorgungsbezüge, längstens für 120 Monate, wenn an die Stelle der Versorgungsbezüge eine nicht regelmäßig wiederkehrende Leistung tritt oder eine solche Leistung vor Eintritt des Versicherungsfalls vereinbart bzw. zugesagt wurde. Diese Modalität wurde durch Gesetz vom 14.11.2003 eingefügt, gilt ab 01.01.2004. Nach der Verlautbarung der Spitzenverbände vom 12.02.2004 über die beitragsrechtliche Behandlung solcher Versorgungsbezüge nach diesem GKV-Modernisierungsgesetz (GMG) ist der im Gesetz verwandte Begriff der Versorgungsbezüge dahingehend zu verstehen, dass an eine frühere Erwerbstätigkeit angeknüpft wird. Hierunter fallen Leistungen der Altersversorgung, die unmittelbar oder mittelbar aus Anlass eines früheren Arbeitsverhältnisses zufließen. Nach der neugefassten Vorschrift des § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V würden somit auch Kapitalleistungen darunter fallen. Es kommt darauf an, dass der Versorgungsbezug mit dem Berufsleben des Versicherten in Zusammenhang stünde. Leistungen aus einer Direktversicherung sind dazuzurechnen.

Nach Auffassung des Gerichts ist der Bescheid vom 06.07.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27.01.2005 nicht zu beanstanden, da er Ausfluss der genanten Vorschriften bzw. der genannten Verlautbarung der Spitzenverbände ist, die dem Gericht als überzeugend erscheint. Damit ist nicht ausschlaggebend, ob der Versicherungsvertrag nach dem Beschäftigungsverhältnis vom Versicherten fortgesetzt wurde oder ursprünglich - wie hier - vom Versicherten begründet wurde und dann (hier zum 30.10.1996) in eine Direktversicherung überführt wurde. Schon die abgegebene Vereinbarung über die Umwandlung von Barlohn in Versicherungsschutz vom 21.02.1996 des ehemaligen Arbeitgebers des Klägers spricht unstreitig von einer Direktversicherung. Die Leistung des Arbeitgebers ist nach dem seinerzeit gültigen § 1 Abs. 2 BetrAVG als Direktversicherung begründet worden. Nach der gefestigten Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes (BSG vom 11.10.2001, B 12 KR 4/00 R) gehören Renten auch dann zur betrieblichen Altersversorgung, soweit sie selbst finanziert sind. Es macht keinen Unterschied, dass es sich im vorliegenden Fall um eine Kapitalversicherung aus einer Direktversicherung handelt, da nach dem ab dem 01.01.2004 geltenden § 229 Abs. 1 Satz 3 SGB V diese Einmalzahlung auf 120 Monate zu verteilen ist. Im Übrigen ist zu bemerken, dass die genannte Rechtsprechung sich ohnehin nicht sklavisch an die Definition des § 1 BetrAVG hält, sondern den Begriff der betrieblichen Altersversorgung als eigenständig auslegt. Im Übrigen hat das BSG in der genannten Entscheidung ausgeführt, dass der Beitragspflicht sogar nicht entgegenstehen würde, wenn die Mittel für die freiwillige Versicherung selbst aufgebracht und der Arbeitgeber sich daran nicht beteiligt hätte. Im Übrigen wird die Beitragspflichtigkeit der betrieblichen Altersversorgung und die Tragung der Beiträge allein vom Versicherten schon mit Urteil des BSG vom 06.02.1992 (Aktenzeichen 12 RK 37/91) bestätigt. Für die nunmehr gegebene Rechtslage nach dem GMG hat das Landessozialgericht Rheinland-Pfalz am 09.05.2005 (Aktenzeichen L 5 ER 7/05 KR) bereits entschieden, dass die Heranziehung von Lebensversicherungsbezügen aus einer betrieblichen Direktversicherung zur Beitragsbemessung auch hinsichtlich bereits vor den Inkrafttreten dieses Gesetzes geschlossener Direktversicherungsverträge verfassungsrechtlich unbedenklich sei, auch wenn die Lebensversicherung erst nach dem 01.01.2004 fällig geworden ist. Dieser Ansicht schließt sich das Gericht an. In besagter LSG-Entscheidung ist nachvollziehbar ausgeführt, dass die Direktversicherung einen Versorgungsbezug im Sinne des § 229 SGB V darstellt. Die bis 31.12.2003 geltende Rechtslage zu Kapitalleistungen, wie sie das BSG ausgelegt hat (BSG 25.08.2004, B 12 KR 30/03 R) ist somit zum 01.01.2004 überholt. Verfassungsrechtliche Bedenken wurden durch den Kläger nicht dargetan, wären auch nach Auffassung des Gerichts nicht gegeben. Bezüglich der Rückwirkung der neuen Norm ist mit dem LSG davon auszugehen, dass ein erhebliches öffentliches Interesse an der Neufassung des § 229 SGB V auch im vorliegenden Fall besteht. Ebenso kann kein Verstoß gegen Artikel 14 Grundgesetz erkannt werden, da eine übermäßige Belastung des Klägers schon durch den insgesamten Beitragssatz von 34,11 EUR nicht zu erkennen ist. Nachdem es somit unerheblich ist, wer die Rente bzw. die Kapitallebensversicherung finanziert hat und wie sie steuerlich behandelt wird, kann die Klage auch bezüglich des Zeitraumes bis 30.10.1996 keinen Erfolg haben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.
Rechtskraft
Aus
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