Land
Freistaat Bayern
Sozialgericht
Bayerisches LSG
Sachgebiet
Unfallversicherung
Abteilung
3
1. Instanz
SG München (FSB)
Aktenzeichen
S 9 U 353/99
Datum
2. Instanz
Bayerisches LSG
Aktenzeichen
L 3 U 429/05
Datum
3. Instanz
Bundessozialgericht
Aktenzeichen
-
Datum
-
Kategorie
Urteil
I. Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 wird zurückgewiesen insoweit, als das Sozialgericht die Klage gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 15.03.2000 abgewiesen hat.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Akteneinsicht in die bei dem Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten über die Firma K. geführten Akten bzw. in die in diesen Akten enthaltenen Messprotokolle der Gießerei der Firma K. hat.
Der 1959 geborene Kläger beantragte am 02.01.1998 bei der Beklagten die Anerkennung einer Berufskrankheit. Ärztliche Anzeigen über eine Berufskrankheit erfolgten am 14.01.1999 durch den Lungenfacharzt Dr. B. , am 23.09.1999 durch den Allergologen Dr. F. , am 13.09.1999 durch den praktischen Arzt Dr. T. und am 13.10.1999 durch den praktischen Arzt Dr. C ... Der Kläger führte eine Anzahl von Erkrankungen wie u.a. Müdigkeit, Schmerzen, innere Unruhe, geschwächtes Immunsystem, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Atemprobleme, depressive Verstimmung, Schlafstörung und eine Beckenthrombose auf die berufliche Tätigkeit bei der Firma K. im Zeitraum von 1985 bis 1992 zurück. Dort sei er in der Gießerei, Härterei, Formerei, Putzerei, Kernmacherei, Dreherei und Schweißerei ungeschützt toxischen Stoffen sowie Lärm und Staub ausgesetzt gewesen. Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte die Berichte des Technischen Aufsichtsdienstes vom 11.09.1998 und 22.09.1998 sowie das gewerbeärztliche Gutachten der Dr. S. vom 29.10.1998 ein, die ausführte, der Kläger habe zwar Kontakt zu allen in der Gießerei eingesetzten Schadstoffen gehabt, eine lang andauernde Exposition gegen einzelne Stoffe sei jedoch nicht gegeben, eine berufsbedingte Ursache der vielgestaltigen Beschwerden des Versicherten daher nicht wahrscheinlich. Am 28.10.1998 beantragte der Kläger die Einsichtnahme in die Messprotokolle der Gießerei der Firma K ... Mit Bescheid vom 26.11.1998 lehnte die Beklagte es ab, dem Kläger Leistungen wegen einer Berufskrankheit und aufgrund der Berufskrankheitenverordnung (BKV) zu gewähren.
Mit Bescheid vom 25.01.1999 lehnte die Beklagte auch den Antrag des Klägers auf Einsichtnahme in die Messprotokolle der Gießerei der Firma K. ab. In den im Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes erwähnten Messprotokollen seien Daten enthalten, die den gesamten Bereich der Gießerei der Firma K. betreffen würden. Von dem Recht auf Akteneinsicht würden nicht die Daten umfasst, die nicht den speziellen Arbeitsplatz des Klägers betreffen würden. Die Ergebnisse der Messungen im Bereich der Gießerei der Firma K. gehörten vielmehr zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die den Sozialdaten gleichstünden und somit nur unter bestimmten hier nicht vorliegenden Voraussetzungen übermittelt werden dürften. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 29.01.1999 Widerspruch mit der Begründung, die Messprotokolle würden seinen direkten Arbeitsplatz bzw. Einsatzort betreffen, sie seien deshalb der ihn betreffenden Akte zuzuführen. Die genaue Kenntnis der betreffenden Akte sei zur Geltendmachung seiner rechtlichen Interessen erforderlich. Die Messergebnisse könnten bei den künftigen Zusammenhangsgutachten von den Sachverständigen berücksichtigt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.1999 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.01.1999 zurück. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stünden personenbezogenen Daten gleich, ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Messprotokolle der Gießerei der Firma K. bestünde deshalb nicht. Gleichzeitig wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.11.1998 zurückgewiesen.
Gegen die Bescheide vom 26.11.1998 und 25.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.05.1999 hat der Kläger am 19.05.1999 Klage zum Sozialgericht München erhoben und beantragt, diese Bescheide aufzuheben, das Vorliegen einer Berufskrankheit ab dem Jahre 1991 anzuerkennen und die Herausgabe von Unterlagen über die Schadstoffbelastung in der Gießerei der Firma K. zu veranlassen.
Am 02.02.2000 beantragte der Kläger erneut die Einsicht in die bei dem Technischen Aufsichtsdienst über die Firma K. geführten Akten mit der Begründung, Versicherte hätten im Rahmen eines berufsgenossenschaftlichen Verfahrens wegen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht auch in Firmenakten zur Geltendmachung, Wahrnehmung und Verteidigung der rechtlichen Interessen.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 02.03.2000 ab und führte aus, eine Behörde sei zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit die darin enthaltenen Vorgänge wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen geheim gehalten werden müssten. Die Akten des Technischen Aufsichtsdienstes würden auch Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse weiterer Versicherter enthalten, die dem Kläger bei einer Akteneinsicht zugänglich würden. Für eine solche Datenübermittlung bedürfe es einer hier nicht gegebenen gesetzlichen Übermittlungsbefugnis. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch vom 07.03.2000 führte der Kläger aus, die Rechtsauffassung der Beklagten bezüglich des Akteneinsichtsrechts sei nicht nachvollziehbar. Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse weiterer Versicherter würden sich mit Sicherheit ohne großen Aufwand aus der Akte des Technischen Aufsichtsdienstes aussortieren lassen, sie könnten auch geschwärzt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2000 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.03.2000 zurück. Der Einwand, die Unterlagen könnten entfernt oder geschwärzt werden, sei nicht verständlich, da nur noch die betreffenden Unterlagen übrig blieben, welche sich auch in der Erkrankungs- bzw. Leistungsakte befänden, in die der Kläger Einsicht genommen hätte. Die Frage der Einsichtnahme in die Messprotokolle der Firma K. sei im Übrigen bereits Gegenstand der früheren Widerspruchsentscheidung vom 05.05.1999 gewesen und im Rahmen des anhängigen Sozialgerichtsverfahrens zu entscheiden.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 hat das Sozialgericht u.a. die Klagen gegen den Bescheid vom 25.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.05.1999 und gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 abgewiesen. Das Begehren des Klägers auf Akteneinsicht der Beklagten sei nicht begründet, weil die Beklagte insoweit den Geheimhaltungspflichten der Gewerbeordnung unterliege.
Gegen den Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 hat der Kläger Berufung eingelegt und weiterhin die mit Bescheid vom 25.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.1999 und die mit Bescheid vom 02.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 abgelehnte Akteneinsichtsnahme begehrt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 13.08.2003 und des Bescheids vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 zu verurteilen, ihm Einsichtnahme in die beim Präventionsdienst der Beklagten über die Firma K. geführten Akten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts München, der Akten des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, weil die Klage gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 unzulässig ist.
Das Sozialgericht hatte mit Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 unter anderem über die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 25.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.05.1999 zu entscheiden. Diese Entscheidung des Sozialgerichts betrifft den Streit über das Vorliegen eines Anspruchs auf Einsichtnahme in die Messprotokolle der Gießerei der Firma K. , die Inhalt der bei der Beklagten geführten Betriebsakte über die Firma K. sind.
Der weitere Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000, mit dem der Antrag des Klägers auf Einsicht in die Betriebsakte des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten abgelehnt wurde, erging nach Erhebung der Klage vom 19.05.1999 und wurde gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens.
§ 96 Abs.1 SGG bestimmt, dass ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens wird, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer nur dann, wenn in seine Regelung, also den Verfügungssatz eingegriffen wird und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (BSG, Urteil vom 20.11.2003 - B 13 RJ 43/02 R).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Durch den Bescheid vom 02.03.2000 griff die Beklagte in den Verfügungssatz des Bescheides vom 25.01.1999 ein. Im Bescheid vom 25.01.1999 lautete der Verfügungssatz, der Antrag auf Einsichtnahme in die Messprotokolle der Firma K. werde abgelehnt. Dagegen wurde dem Kläger mit Bescheid vom 02.03.2000 mitgeteilt, Einsicht in die bei dem Technischen Aufsichtsdienst über die Firma K. geführten Akten könne nicht gewährt werden. Die Messprotokolle sind Teil der Betriebsakte, sodass die Regelung mit Bescheid vom 02.03.2000 die im Bescheid vom 25.01.1999 getroffene mit umfasst. Der Bescheid vom 02.03.2000 trat also zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses an die Stelle des Bescheids vom 25.01.1999.
Es liegt somit keine Identität der Streitgegenstände vor, die die Anwendbarkeit des § 96 SGG ausschließen würde, auch wenn der Klagegrund, mit dem der Kläger darlegt, wie er den Klageantrag rechtfertigen will, jeweils auf den gesetzlichen Regelungen des Akteneinsichtsrechts beruht.
Ein Bescheid, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, kann nicht mehr isoliert angefochten werden, weil eine Klageänderung kraft Gesetzes vorliegt. Der Kläger kann diese Wirkung nicht ausschließen (BSG 11, 146, 147 f.; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 12).
Über einen dem Kläger zustehenden Anspruch auf Akteneinsicht in die vom Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten geführten Betriebsakte über die Firma K. ist gegebenenfalls im Berufungsverfahren zu entscheiden, im dem der Kläger die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit begehrt.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Bundessozialgerichts in seinem Urteil zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Akteneinsicht vom 10.12.1992 - 11 RAr 71/91 - die Regelung des § 44a Satz 1 VwGO zur Anwendung bringt, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelf geltend gemacht werden können. Bei § 44a Satz 1 VwGO handelt es sich um einen Rechtsgedanken des allgemeinen Verfahrensrechts, das Verwaltungsverfahren nicht durch die isolierte Anfechtung von einzelnen Verfahrenshandlungen zu verzögern oder zu erschweren (vgl. auch BayLSG, Urteil vom 07.08.1980 - L 9 AL 164/78; KassKomm-Krasney § 25 SGB X Rdnr.13 m.w.N.). Auch deshalb ist die Klage gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 unzulässig.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.08.2003 war somit zurückzuweisen, insoweit als das Sozialgericht die Klage gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 abgewiesen hat.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
II. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand:
Streitig ist, ob der Kläger einen Anspruch auf Akteneinsicht in die bei dem Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten über die Firma K. geführten Akten bzw. in die in diesen Akten enthaltenen Messprotokolle der Gießerei der Firma K. hat.
Der 1959 geborene Kläger beantragte am 02.01.1998 bei der Beklagten die Anerkennung einer Berufskrankheit. Ärztliche Anzeigen über eine Berufskrankheit erfolgten am 14.01.1999 durch den Lungenfacharzt Dr. B. , am 23.09.1999 durch den Allergologen Dr. F. , am 13.09.1999 durch den praktischen Arzt Dr. T. und am 13.10.1999 durch den praktischen Arzt Dr. C ... Der Kläger führte eine Anzahl von Erkrankungen wie u.a. Müdigkeit, Schmerzen, innere Unruhe, geschwächtes Immunsystem, Konzentrationsstörungen, Schwindel, Atemprobleme, depressive Verstimmung, Schlafstörung und eine Beckenthrombose auf die berufliche Tätigkeit bei der Firma K. im Zeitraum von 1985 bis 1992 zurück. Dort sei er in der Gießerei, Härterei, Formerei, Putzerei, Kernmacherei, Dreherei und Schweißerei ungeschützt toxischen Stoffen sowie Lärm und Staub ausgesetzt gewesen. Zur Aufklärung des Sachverhalts holte die Beklagte die Berichte des Technischen Aufsichtsdienstes vom 11.09.1998 und 22.09.1998 sowie das gewerbeärztliche Gutachten der Dr. S. vom 29.10.1998 ein, die ausführte, der Kläger habe zwar Kontakt zu allen in der Gießerei eingesetzten Schadstoffen gehabt, eine lang andauernde Exposition gegen einzelne Stoffe sei jedoch nicht gegeben, eine berufsbedingte Ursache der vielgestaltigen Beschwerden des Versicherten daher nicht wahrscheinlich. Am 28.10.1998 beantragte der Kläger die Einsichtnahme in die Messprotokolle der Gießerei der Firma K ... Mit Bescheid vom 26.11.1998 lehnte die Beklagte es ab, dem Kläger Leistungen wegen einer Berufskrankheit und aufgrund der Berufskrankheitenverordnung (BKV) zu gewähren.
Mit Bescheid vom 25.01.1999 lehnte die Beklagte auch den Antrag des Klägers auf Einsichtnahme in die Messprotokolle der Gießerei der Firma K. ab. In den im Bericht des Technischen Aufsichtsdienstes erwähnten Messprotokollen seien Daten enthalten, die den gesamten Bereich der Gießerei der Firma K. betreffen würden. Von dem Recht auf Akteneinsicht würden nicht die Daten umfasst, die nicht den speziellen Arbeitsplatz des Klägers betreffen würden. Die Ergebnisse der Messungen im Bereich der Gießerei der Firma K. gehörten vielmehr zu den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen, die den Sozialdaten gleichstünden und somit nur unter bestimmten hier nicht vorliegenden Voraussetzungen übermittelt werden dürften. Gegen diesen Bescheid erhob der Kläger am 29.01.1999 Widerspruch mit der Begründung, die Messprotokolle würden seinen direkten Arbeitsplatz bzw. Einsatzort betreffen, sie seien deshalb der ihn betreffenden Akte zuzuführen. Die genaue Kenntnis der betreffenden Akte sei zur Geltendmachung seiner rechtlichen Interessen erforderlich. Die Messergebnisse könnten bei den künftigen Zusammenhangsgutachten von den Sachverständigen berücksichtigt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 05.05.1999 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 25.01.1999 zurück. Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse stünden personenbezogenen Daten gleich, ein Anspruch auf Einsichtnahme in die Messprotokolle der Gießerei der Firma K. bestünde deshalb nicht. Gleichzeitig wurde der Widerspruch gegen den Bescheid vom 26.11.1998 zurückgewiesen.
Gegen die Bescheide vom 26.11.1998 und 25.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.05.1999 hat der Kläger am 19.05.1999 Klage zum Sozialgericht München erhoben und beantragt, diese Bescheide aufzuheben, das Vorliegen einer Berufskrankheit ab dem Jahre 1991 anzuerkennen und die Herausgabe von Unterlagen über die Schadstoffbelastung in der Gießerei der Firma K. zu veranlassen.
Am 02.02.2000 beantragte der Kläger erneut die Einsicht in die bei dem Technischen Aufsichtsdienst über die Firma K. geführten Akten mit der Begründung, Versicherte hätten im Rahmen eines berufsgenossenschaftlichen Verfahrens wegen des Grundrechts auf informationelle Selbstbestimmung ein uneingeschränktes Akteneinsichtsrecht auch in Firmenakten zur Geltendmachung, Wahrnehmung und Verteidigung der rechtlichen Interessen.
Die Beklagte lehnte diesen Antrag mit Bescheid vom 02.03.2000 ab und führte aus, eine Behörde sei zur Gestattung der Akteneinsicht nicht verpflichtet, soweit die darin enthaltenen Vorgänge wegen der berechtigten Interessen der Beteiligten oder dritter Personen geheim gehalten werden müssten. Die Akten des Technischen Aufsichtsdienstes würden auch Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse weiterer Versicherter enthalten, die dem Kläger bei einer Akteneinsicht zugänglich würden. Für eine solche Datenübermittlung bedürfe es einer hier nicht gegebenen gesetzlichen Übermittlungsbefugnis. Mit dem hiergegen eingelegten Widerspruch vom 07.03.2000 führte der Kläger aus, die Rechtsauffassung der Beklagten bezüglich des Akteneinsichtsrechts sei nicht nachvollziehbar. Einzelangaben über persönliche und sachliche Verhältnisse weiterer Versicherter würden sich mit Sicherheit ohne großen Aufwand aus der Akte des Technischen Aufsichtsdienstes aussortieren lassen, sie könnten auch geschwärzt werden. Mit Widerspruchsbescheid vom 15.03.2000 wies die Beklagte den Widerspruch gegen den Bescheid vom 02.03.2000 zurück. Der Einwand, die Unterlagen könnten entfernt oder geschwärzt werden, sei nicht verständlich, da nur noch die betreffenden Unterlagen übrig blieben, welche sich auch in der Erkrankungs- bzw. Leistungsakte befänden, in die der Kläger Einsicht genommen hätte. Die Frage der Einsichtnahme in die Messprotokolle der Firma K. sei im Übrigen bereits Gegenstand der früheren Widerspruchsentscheidung vom 05.05.1999 gewesen und im Rahmen des anhängigen Sozialgerichtsverfahrens zu entscheiden.
Mit Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 hat das Sozialgericht u.a. die Klagen gegen den Bescheid vom 25.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.05.1999 und gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 abgewiesen. Das Begehren des Klägers auf Akteneinsicht der Beklagten sei nicht begründet, weil die Beklagte insoweit den Geheimhaltungspflichten der Gewerbeordnung unterliege.
Gegen den Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 hat der Kläger Berufung eingelegt und weiterhin die mit Bescheid vom 25.01.1999 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 05.05.1999 und die mit Bescheid vom 02.03.2000 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 abgelehnte Akteneinsichtsnahme begehrt.
Der Kläger beantragt sinngemäß, die Beklagte unter Aufhebung des Gerichtsbescheids vom 13.08.2003 und des Bescheids vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 zu verurteilen, ihm Einsichtnahme in die beim Präventionsdienst der Beklagten über die Firma K. geführten Akten zu gewähren.
Die Beklagte beantragt, die Berufung als unbegründet zurückzuweisen.
Wegen des Vorbringens der Beteiligten im Einzelnen und zur Ergänzung des Tatbestands wird im Übrigen auf den Inhalt der beigezogenen Akten der Beklagten und des Sozialgerichts München, der Akten des Bayer. Landessozialgerichts sowie auf den Inhalt der vorbereitenden Schriftsätze Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung des Klägers ist zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet, weil die Klage gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 unzulässig ist.
Das Sozialgericht hatte mit Gerichtsbescheid vom 13.08.2003 unter anderem über die Rechtmäßigkeit des Bescheids vom 25.01.1999 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 05.05.1999 zu entscheiden. Diese Entscheidung des Sozialgerichts betrifft den Streit über das Vorliegen eines Anspruchs auf Einsichtnahme in die Messprotokolle der Gießerei der Firma K. , die Inhalt der bei der Beklagten geführten Betriebsakte über die Firma K. sind.
Der weitere Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000, mit dem der Antrag des Klägers auf Einsicht in die Betriebsakte des Technischen Aufsichtsdienstes der Beklagten abgelehnt wurde, erging nach Erhebung der Klage vom 19.05.1999 und wurde gemäß § 96 SGG Gegenstand des Klageverfahrens.
§ 96 Abs.1 SGG bestimmt, dass ein neuer Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens wird, wenn nach Klageerhebung der Verwaltungsakt durch einen neuen abgeändert oder ersetzt wird. Geändert oder ersetzt wird ein Bescheid immer nur dann, wenn in seine Regelung, also den Verfügungssatz eingegriffen wird und damit die Beschwer des Betroffenen vermehrt oder vermindert wird (BSG, Urteil vom 20.11.2003 - B 13 RJ 43/02 R).
Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Durch den Bescheid vom 02.03.2000 griff die Beklagte in den Verfügungssatz des Bescheides vom 25.01.1999 ein. Im Bescheid vom 25.01.1999 lautete der Verfügungssatz, der Antrag auf Einsichtnahme in die Messprotokolle der Firma K. werde abgelehnt. Dagegen wurde dem Kläger mit Bescheid vom 02.03.2000 mitgeteilt, Einsicht in die bei dem Technischen Aufsichtsdienst über die Firma K. geführten Akten könne nicht gewährt werden. Die Messprotokolle sind Teil der Betriebsakte, sodass die Regelung mit Bescheid vom 02.03.2000 die im Bescheid vom 25.01.1999 getroffene mit umfasst. Der Bescheid vom 02.03.2000 trat also zur Regelung desselben Rechtsverhältnisses an die Stelle des Bescheids vom 25.01.1999.
Es liegt somit keine Identität der Streitgegenstände vor, die die Anwendbarkeit des § 96 SGG ausschließen würde, auch wenn der Klagegrund, mit dem der Kläger darlegt, wie er den Klageantrag rechtfertigen will, jeweils auf den gesetzlichen Regelungen des Akteneinsichtsrechts beruht.
Ein Bescheid, der gemäß § 96 SGG Gegenstand des Verfahrens geworden ist, kann nicht mehr isoliert angefochten werden, weil eine Klageänderung kraft Gesetzes vorliegt. Der Kläger kann diese Wirkung nicht ausschließen (BSG 11, 146, 147 f.; BSG SozR 3-2500 § 85 Nr 12).
Über einen dem Kläger zustehenden Anspruch auf Akteneinsicht in die vom Technischen Aufsichtsdienst der Beklagten geführten Betriebsakte über die Firma K. ist gegebenenfalls im Berufungsverfahren zu entscheiden, im dem der Kläger die Anerkennung und Entschädigung einer Berufskrankheit begehrt.
Der Senat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass das Bundessozialgerichts in seinem Urteil zur Geltendmachung eines Anspruchs auf Akteneinsicht vom 10.12.1992 - 11 RAr 71/91 - die Regelung des § 44a Satz 1 VwGO zur Anwendung bringt, wonach Rechtsbehelfe gegen behördliche Verfahrenshandlungen nur gleichzeitig mit den gegen die Sachentscheidung zulässigen Rechtsbehelf geltend gemacht werden können. Bei § 44a Satz 1 VwGO handelt es sich um einen Rechtsgedanken des allgemeinen Verfahrensrechts, das Verwaltungsverfahren nicht durch die isolierte Anfechtung von einzelnen Verfahrenshandlungen zu verzögern oder zu erschweren (vgl. auch BayLSG, Urteil vom 07.08.1980 - L 9 AL 164/78; KassKomm-Krasney § 25 SGB X Rdnr.13 m.w.N.). Auch deshalb ist die Klage gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 unzulässig.
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts München vom 13.08.2003 war somit zurückzuweisen, insoweit als das Sozialgericht die Klage gegen den Bescheid vom 02.03.2000 in der Fassung des Widerspruchsbescheids vom 15.03.2000 abgewiesen hat.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 SGG.
Gründe, die Revision gemäß § 160 Abs. 2 SGG zuzulassen, liegen nicht vor.
Rechtskraft
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